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VII.

Ueber

die

Saline zu Golchen oder Selz,

von

G. C. F. Lisch.


A m 18ten August 1170 erhielt das Domstift Havelberg zur Gründung des Klosters Broda von dem Fürsten Kasimir von Pommern auch die Saline zu Colchle oder Golchen (salina quae est in Colkle 1 ) geschenkt; diese Schenkung (salina quae est in Chochele) bestätigte im Jahre 1182 sein Bruder Bugislav 2 ) und am 27. Mai 1244 Kasimirs Enkel Barnim 3 ). Dann verschwindet diese Saline in der Geschichte des Klosters Broda.

Es ist die Frage, wo diese Saline gelegen habe. Schon v. Ledebur 4 ) macht auf die Saline aufmerksam und vermuthet die Lage derselben in den Dörfern Kogel zwischen Röbel und Plau, Klokow zwischen Waren und Neu=Strelitz oder Kakeldütt bei Alt=Strelitz. In unsern Jahrbüchern 5 ) ist die Untersuchung nicht weiter gediehen; sie bleiben bei der Vermuthung stehen, daß die Saline vielleicht bei Kakeldütt gelegen habe. Auch Kosegarten 6 ) meint, der Ort lasse sich nicht mehr nachweisen.


1) Vgl. Jahrb. III., S. 190.
2) Vgl. Jahrb. III., S. 203.
3) Vgl. Jahrb. III., S. 212.
4) Vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv, I., S. 188.
5) Vgl. Jahrb. III., S. 25.
6) Vgl. Codex Pomeraniae dipl. I., p. 76.
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Die bisher ausgesprochenen Vermuthungen stützen sich nur aus Aehnlichkeit des Namens Kolchle mit andern Namen ähnlichen Stammes und wahrscheinlich auf die nicht begründete Annahme, daß die Saline in der Nähe des Klosters Broda gelegen haben werde. Die geistlichen Stiftungen erhielten aber häufig Schenkungen in sehr entfernt liegenden Salzwerken, wie z. B. das Kloster Dargun in der Saline zu Colberg 1 ) und das Bisthum Schwerin und das Kloster Doberan in der Saline zu Lüneburg. Es darf auch nicht übersehen werden, daß man vielmehr neben Colchle noch nach einem Namen, welcher auf eine Saline deuten kann, zu suchen habe, als allein nach einem Orte, welcher den Namen Colchle geführt haben könne. Ferner ist die Saline in einer Gegend zu suchen, welche nach andern Vorkommenheiten salzhaltig ist.

Der Herr Ober=Medicinal=Rath Brückner zu Ludwigslust meint daher, die Saline habe in Vorpommern zu Selz bei Golchen, an der Tolense, nördlich von Treptow gelegen. Und für diese Annahme reden alle Gründe.

Die Saline ward dem Kloster Broda von den pommerschen Fürsten geschenkt und bestätigt und verschwindet aus der Geschichte mit der Zeit, als die Herzoge von Pommern ihre Besitzungen in dem Gebiete der jetzigen Großherzogthümer Meklenburg=Schwerin und Strelitz verlieren. Die Saline hat also wahrscheinlich in dem Gebiete gelegen, welches stets zu Pommern gehört hat. Das Kloster Dargun erhielt von den pommerschen Fürsten ebenfalls Antheil an einer Saline, welche im Lande Tolenze beim Dorfe Zulimar's Tessemeritsch 2 ) (quartam partem putei salis in Tolenz in praedio villae Zuillemari Tessemeris) lag 3 ). Die Lage dieses Dorfes ist nicht mehr bekannt; aber das Land Tolenze reichte nördlich bis gegen Demmin, denn die Zacharien=Mühle südlich von Demmin lag noch im Lande Tolenze 4 ) und das Kloster Dargun lag schon im Lande Circipene 5 ). Also lag die Saline Colchle in dem bei Pommern gebliebenen Theile des Landes Tolenze, d. h. in Vorpommern, westlich von dem Flusse Tollense. Und in der Richtung dieser Thalsenkung liegt, außer den beiden genannten, jetzt verschwundenen Salinen der Klöster Broda und


1) Vgl. Lisch Mekl. Urkunden I., S. 11.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I., S. 2, 11, 25, 78.
3) Das Kloster Dargun hatte im Lande Tolenze viele Besitzungen, z. B. zu Uthsedel, Brünsow, Toisin, Sarow, Schanzkow, Japsow, Plötz; vgl. Meklenb. Urk. Band I.
4) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I., S. 126.
5) Daselbst, S. 2, 56 u. s. w.
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Dargun, etwas weiter nordwestlich noch die Saline bei der meklenburgischen Stadt Sülz.

Daher ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Saline Colchle zu Selz bei Golchen gelegen habe, um so mehr, da der Name Colchle zu Golchen stimmt und Selz auf die Saline deutet. Der Name Selz deutet offenbar auf eine Saline. Aber auch der Name Col=chle oder Chol=chle scheint auf Salz zu deuten, da auch bei Chol= oder Col=berg, was Konewka freilich durch "am Ufer" 1 ) erklärt, eine Saline ist. Die in Jahrb. III, S. 25, Not. 2, gewagte Vergleichung einer ähnlichen Ortslage bei Brüel in Meklenburg, wo ebenfalls nicht weit von der Saline Sülten ein Golchen liegt, trifft nicht ganz zu. Zwar ist diese Sage nicht zu bestreiten; es stützte sich jedoch die Vergleichung vorzüglich darauf, daß das Golchen bei Brüel früher ebenfalls Colchle geheißen habe. Dies läßt sich aber nicht erweisen, da keine sehr alte Form für den Namen des Landgutes Golchen erhalten ist. Das dem Kloster Sonnenkamp geschenkte Dorf Colche oder Cholche 2 ) ist nämlich nach dem Heberegister des Klosters 3 ) mehr als wahrscheinlich das Dorf Köchelsdorf zwischen Wismar und Grevismühlen. Doch dem sei, wie ihm wolle, da an dieser Vergleichung nichts liegt: die Lage von Golchen und Selz in Vorpommern stimmt in jeder Hinsicht zu der alten Saline Colchle des Klosters Broda.

Das Vorhandensein von Salinen bei Golchen und Selz würde sich an der Salzflora ohne Zweifel erkennen lassen. Der naturkundige Herr Candidat Boll zu Neu=Brandenburg hat die Güte gehabt, die Flora von Golchen und Selz an Ort und Stelle zu untersuchen, aber bis jetzt noch nichts gefunden, was auf die Salzflora hindeuten könnte. Es muß also irgend einer glücklichern Forschung oder einem Zufalle vorbehalten bleiben, nach der Flora die Salzquellen, vielleicht an irgend einer versteckten Stelle, aufzufinden.

Es wäre noch möglich, daß die Saline Colchle bei dem südlich von Stavenhagen gelegenen Dorfe Sülten, welches seit alter Zeit dem Kloster Reinfelden gehörte, gelegen habe, da die Vogtei Stavenhagen, welche noch bis gegen das Ende des 13ten Jahrhunderts zu Pommern gehörte, noch im Lande Tollenze lag. Aber es fehlt hier an jeder weitern Unterstützung der Hypothese, die allein auf dem einen Namen beruht; denn wenn der


1) Vgl. Codex Pomeraniae dipl., I, p. 38, vgl. p. 85.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. II., S. 2, 5 und 16.
3) Vgl. daselbst S. 271.
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Herzog Bugislav von Pommern im Jahre 1282 der Stadt Stavenhagen, bei der Verpfändung des Landes an die Fürsten von Werle, die Privilegien bestätigt und derselben unter allen möglichen Gerechtigkeiten auch die Gerechtigkeit der Salinen, "Sülten", cum salinis, verleiht, so scheint dies nichts weiter zu sein, als eine gewöhnliche Aufzählung aller denkbaren Regalien; vielleicht aber mochte man die Auffindung von Salinen bei Stavenhagen vermuthen.

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