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LXXXIV Schwerin, 1. Juli 1919.
des
Vereins für Mecklenburgische
Geschichte und
Altertumskunde
über das Vereinsjahr vom 1. Juli 1918 bis dahin 1919.
| Inhalt: | Inhalt: Geschäftliche Mitteilungen. Anl. A: Veränderungen des Mitgliederbestandes im Vereinsjahr 1918/19 Anl. B: Zuwachs der Vereinsbibliothek. Anl. C: Zuwachs der Bildersammlung. Anl. D: Auszug aus der Rechnung für 1917/18. |
Im Vereinsjahr 1918/19, das der vorliegende Geschäftsbericht umfaßt, ist unser Volk einem schweren Geschick verfallen. Noch im Sommer 1918 auf der Höhe seiner Macht und durch die Offensiven gegen Frankreich und Italien emporgetragen zu kühnen Hoffnungen auf einen baldigen günstigen Abschluß des Völkerringens, ist es seit November 1918 zurückgeschleudert in eine staatliche und wirtschaftliche Ohnmacht ohne Gleichen in der deutschen Geschichte. Wahrlich so schroffe Gegensätze, daß sie fast unerträglich sind! Und doch dürfen wir nicht verzagen, doch müssen wir in unermüdlicher Arbeit den Boden bereiten helfen, daß die Zukunft für unsere Kinder und Kindeskinder lichter und reicher werde als die dunkle Gegenwart. Dazu möge auch unser Geschichtsverein mitwirken. Wir wollen aus der Vergangenheit lernen, was unseres Volkes Stolz und Größe war, aber aus ihr auch erkennen, was die Entfremdung herbeigeführt hat, die sich heute zwischen weiten Kreisen unseres Volkes auftut, und dann helfen, ein neues Deutsches Reich aufzubauen.
Daß in den Wirren, die auch unser Mecklenburger Heimatland nicht verschonten, die idealen Bestrebungen des Vereins zeitweilig zurücktreten mußten, lag auf der Hand. Es wird die Mitglieder daher nicht wundergenommen haben, daß die Einladungen zu Vorträgen im letzten Herbst ausblieben, und daß wir erst im Februar dieses Jahres die Vortragsabende in beschränktem Umfang wieder aufnahmen. Es wurden demnach im
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letzten Vereinsjahr nur zwei Vorträge gehalten. Geh. Archivrat Dr. Grotefend machte am 11. Februar 1919 Mitteilungen aus der Jugendzeit des Geldes. Er schilderte, wie ursprünglich der Warenaustausch allein herrschte, wie dann bestimmten Gegenständen eine Geldeigenschaft beigelegt wurde, bis schließlich das Geld in der Form der geprägten Münze aufkam. Der Vortrag war besonders zeitgemäß, weil wir gegenwärtig infolge der starken Entwertung des deutschen Geldes im Verkehr mit dem Ausland fast wieder auf den Urzustand, das Tauschgeschäft, zurückgekommen sind. Am 18. März trug Professor Dr. Josephi an der Hand von Lichtbildern und unter Berücksichtigung der Sammlung im Landesmuseum über die Spitzenkunst vor. Er bereitete durch seine Ausführungen über einen so anmutigen Gegenstand den Zuhörern, nicht zum mindesten den kunstverständigen Damen, einen sehr genußreichen Abend. Beide Vorträge fanden im Archivsaal statt.
Der Mitgliederstand ist in den ersten drei Quartalen des Vereinsjahrs noch etwas zurückgegangen, hat sich dann aber im letzten Vierteljahr durch Mitgliederwerbung in Schwerin erfreulicherweise so gehoben, daß wir nach Jahren zum ersten Mal wieder mit einem Gewinn abschließen. Wir haben durch Austritt 13 und durch den Tod 12 Mitglieder, zusammen 25 Mit-glieder, verloren und dagegen 44 neue Mitglieder gewonnen, so daß sich die Mitgliederzahl gegen das Vorjahr um 19 erhöht hat. Die Anlage A weist die Veränderungen der Mitgliederliste für 1918/19 im einzelnen nach.
Unter den Verstorbenen befindet sich unser langjähriges Vorstandsmitglied Hofrat Otto Schwerdtfeger, dessen am 14. April 1919 erfolgten Heimgang wir auf das tiefste beklagen. Geboren am 16. August 1852 in Schwerin als Sohn des Geh. Hofrats Schwerdtfeger, besuchte er das hiesige Gymnasium, studierte in Heidelberg, Göttingen, Leipzig und Rostock die Rechtswissenschaften und ließ sich 1879 nach bestandenem Advokatenexamen in Schwerin als Rechtsanwalt und Notar nieder. Im Herbst 1883 trat er beim Finanzministerium ein, wurde 1884 Ministerialregistrator, 1891 Ministerialsekretär, 1894 Regierungskommissar bei der Landeslotterie und 1903 Hofrat. Die vorbildliche Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue, die ihn in seinem Amte auszeichnete, ist auch uns im Verein zugute gekommen. Lange 29 Jahre hat er die Rechnungssachen des Geschichtsvereins geführt und darüber auf den Generalversammlungen berichtet,
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auch als Mitglied der Kommission zur Herausgabe des Mecklenburgischen Urkundenbuchs dieses vaterländische Unternehmen gefördert. Wir werden dieses trefflichen Mannes, dessen Bild den Jahresbericht schmückt, allezeit in Dankbarkeit gedenken.
Im Felde sind noch drei Mitglieder geblieben. Dr. Johannes Bachmann aus Pampow verunglückte am 16. Juli 1918 als Leutnant bei Schießübungen auf dem Artillerieschießplatz Jüterbogk. Mit ihm ist eine vielversprechende junge Kraft für die Wissenschaft verloren gegangen, die zweifellos auf dem Gebiete der Geschichtsforschung noch Tüchtiges geleistet hätte, und auf die auch das Archiv seine Hoffnung für die Zukunft gesetzt hatte.
Oberlehrer Werner Behncke aus Lage (Lippe-Detmold), ein geborener Schweriner, hat am 8. Aug. 1918 als Leutnant und Kompagnieführer sein junges Leben dem Vaterland geopfert.
Und am 13. Okt. 1918 ist der Hauptmann und Bataillonskommandeur Paul Berthold v. Kühlewein seinem schon 1914 bei Lüttich gefallenen Vetter, ebenfalls unserm Mitglied, im Tode gefolgt. Er erlag in einem Lazarett des Westens der Grippe, die er sich bei den Strapazen des Frontdienstes zugezogen hatte.
Ehre sei ihrem Andenken.
Weit über 25 Jahre gehörten außer dem Hofrat Schwerdtfeger unserm Verein an: der Pastor und frühere Prinzeninstruktor Wilhelmizu Hamburg, der Geh. Baurat Hamann in Schwerin, der durch seine Forschungen in mecklenburgischer Geschichte wohlbekannte Gymnasialprofessor Rische zu Ludwigslust und das korr. Mitglied Universitätsprofessor Geh. Medizinalrat Professor Dr. Merkel in Göttingen. Auch ihnen, wie den übrigen Verstorbenen, ist ein dankbares Gedenken in unserm Kreise sicher.
Gegenwärtig zählen wir 1 Ehrenmitglied, 15 korrespondierende und 491 ordentliche Mitglieder.
Die Vereinsarbeiten sind im letzten Geschäftsjahr unter dem Druck der politischen Ereignisse und unter andauernden Behinderungen im Druckereibetrieb nur langsam fortgeschritten. Für das 85. Jahrbuch ist uns eine längere Arbeit von Professor Dr. Beltz zugesagt, so daß nach längerer Pause auch die Vorgeschichte einmal wieder zu Wort kommt. Sie wird sich voraus-
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sichtlich mit dem reichen und wichtigen Körchower Fund beschäftigen.
In der Bearbeitung des Registers zu den Jahrbüchern 61-70 hat nun doch ein Personenwechsel eintreten müssen, weil sich herausgestellt hat, daß Landessekretär Zastrom in Rostock sich neben seinen Dienstgeschäften der Registerarbeit nicht widmen kann. Die Fortführung des Registers ist daher dem Archivregistrator Carow übertragen, der die Gewähr für sorgsame Arbeit bietet. Wie die früheren Registerbände, so wird auch dieser Band zur bequemen Benutzung der Jahrbücher beitragen.
Über das Urkundenbuch ist nicht viel Neues zu berichten Das Sammeln von Nachträgen für die ganze Zeit bis 1400 wird fortgesetzt, und es hat sich gezeigt, daß die systematische Durchsicht der Urkundenbücher der Nachbarländer und der Urkundenbestände unseres Archivs immer noch Stücke zutage fördert, die den Redakteuren trotz aller Sorgsamkeit bisher entgangen sind. Mit dem Druck wird voraussichtlich im nächsten Jahr angefangen werden, womit dann die Urkundensammlung bis Ende des 14. Jahrhunderts ihren Abschluß erlangt. Die Regestenarbeit für das 15. Jahrhundert ruht zurzeit.
Der Schriftenaustausch mit wissenschaftlichen Instituten und geschichtsforschenden Vereinen ist während des Krieges sehr zurückgegangen. Sind schon seit 1914 die Publikationen des feindlichen Auslands und Belgiens ausgeblieben, so sind seit Ende 1918 auch die aus Elsaß-Lothringen und aus dem besetzten Gebiet Posens ausgefallen. Besonders entbehren wir die Veröffentlichungen der rührigen Gesellschaft für lothringische Geschichte, die noch 1917 zahlreiche Vorträge in der großen Metzer Kriegsausstellung zum Besten der Kriegswohlfahrtspflege veranstaltete und am 13. Okt. 1918 ihr 30jähriges Bestehen feierte, und die Schriften der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, deren verdienstvoller Leiter Geheimat Prümers der drohenden Festsetzung in einem polnischen Konzentrationslager noch im letzten Augenblick entgangen ist. Ob der abgebrochene Tauschverkehr mit dem feindlichen Ausland wieder anzuknüpfen ist, steht noch sehr dahin. Wenn sich ein erträgliches Zusammenleben der Völker auch nach dem Frieden nicht anbahnt, so werden wir uns zu trösten wissen und in einem engeren Zusammenschluß der Vereine deutscher und neutraler Gebiete Ersatz suchen. Die Zugänge des letzten Vereinsjahrs sind in Anlage B zusammengestellt.
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Die Bildersammlung des Vereins ist um 21 Photographien von Gemälden und Miniaturbildnissen fürstlicher Personen bereichert worden, s. Anlage C.
Die 84. Generalversammlung fand am 29. April 1919 unter dem Vorsitz des Staatsministers Dr. Langfeld im Saale des Geheimen und Haupt-Archivs bei reger Beteiligung der Mitglieder statt. Sie brachte einen Vortrag des Geh. Regierungsrats Dr. Schuchhardt-Berlin über die Indogermanisierung Europas. Der Vortragende besprach zunächst die alte Theorie, daß aus Asien ein Urvolk auf schmalem Wege nach Europa ausgewandert sei und sich in Europa ausgebreitet habe. Allmählich sind Zweifel daran entstanden. Anthropologie und Archäologie haben hier Bresche gelegt. In unseren Gegenden wie auch in Dänemark beobachtete man, daß die Schädel in den Hünengräbern so schön langköpfig waren, wie sie die Bewohner dieser Gegenden noch jetzt auf ihren Schultern tragen. In Höhlen Frankreichs und Spaniens wurde eine uralte Kultur entdeckt. Im Hausbau wie im Totenkult trat eine fortlaufende Tradition hervor, die es nahelegte, die älteste Zeit nicht durch Jahrtausende von Jahren von uns zu trennen. In den an das Mittelmeer angrenzenden Ländern läßt sich eine Entwickelung von Westen nach Osten verfolgen. Auch nach Norden schlug die Kultur Westeuropas eine Welle, die sich dann im Verein mit einer donauländischen nach Südosten ausbreitete. Die letzte und blütenreichste, welche sich mit dem nordischen Strom vereinigte, zeitigte die griechische Kultur.
Den Geschäftsbericht über das Vereinsjahr 1918/19 und
für den heimgegangenen Rechnungsführer auch den
Kassenbericht über das Geschäftsjahr 1917/18
erstattete der Unterzeichnete. Die erste Abteilung
der Rechnung enthält die eigentlichen
Vereinseinnahmen und -ausgaben. Die reine Einnahme
(ohne den Kassenbestand aus vorigem Jahr) betrug
2981
, darunter 2652
Beiträge, das übrige aus dem Erlös
für verkaufte Druckschriften und aus Zinsen- Die
Ausgabe belief sich auf 3757
. Im einzelnen sind hervorzuheben:
2203
für den Druck des Jahrbuchs 81 Heft 1
und 492
an Honoraren für Beiträge zum
Jahrbuch. Die 2. Abteilung der Rechnung, die über
ein Vermächtnis des Freiherrn v. Biel auf Kalkhorst
gehalten wird, verzeichnet eine Zinseneinnahme von
88
und keine Ausgaben. Das Vermögen
betrug am 1. Juli 1918 zur 1. Abteilung der Rechnung
7411
, zur 2. Abteilung 2450
,
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wovon 4500
bei der Renterei belegt und 2500
auf Reichsschatzanweisung und
Reichskriegsanleihe angelegt sind. Die Rechnung, die
zur Einsicht der Mitglieder auslag, war von den
Vereinsrepräsentanten geprüft und richtig befunden.
Die Generalversammlung erteilte den Erben des
Hofrats Schwerdtfeger die erbetene Entlastung. Ein
Auszug aus der Rechnung ist in Anlage D zum Abdruck gekommen.
Die Vereinsbeamten: die beiden Sekretäre, der Bücherwart und der Bilderwart, die satzungsgemäß mit Ende des Vereinsjahrs ausschieden, wurden auf Vorschlag des Landgerichtspräsidenten Brückner wiedergewählt. Das erledigte Amt eines Rechnungsführers wurde dem Ministerialkontrolleur Hans Wichmann übertragen.
Ein Sommerausflug soll auch in diesem Jahr nicht unternommen werden.
| Präsident: | Staatsminister Dr. Langfeld, Exz. |
| Vizepräsident: | Staatsrat v. Blücher, Exz. |
| Erster Sekretair: | Geh. Archivrath Dr. Grotefend. |
| Zweiter Secretair: | Archivrat Dr. Stuhr. |
| Rechnungsführer: | Ministerialkontrolleur Wichmann. |
| Bücherwart: | Regierungsrat Dr. Voß. |
| Bilderwart: | Museumsdirektor Prof. Dr. Josephi. |
| Repräsentanten: | Geh. Ober=Finanzrat Dr. Balck. |
| Ministerialdirektor v. Prollius. | |
| Geh. Ministerialrat Krause. | |
| Landgerichtspräsident Brückner. |
Schwerin, 1. Juli 1919.
Der zweite Vereinssekretär:
Dr. Stuhr.
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Anlage A.
a) Eingetreten sind:
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b) Ihren Austritt haben erklärt:
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c) Verstorben sind:
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| Am 1. Juli 1918: | 1 Ehrenmitgl., | 16 korr. Mitgl., | 472 ord. Mitgl. |
| - 1 " " | +19 " " | ||
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| Am 1. Juli 1919: | 1 Ehrenmitgl., | 15 korr. Mitgl., | 491 ord. Mitgl. |
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Anlage B.
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Der Bibliothekar:
Dr. Voß.
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Anlage C.
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Der Bilderwart:
Dr. Josephi.
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Anlage D.
A. Erste Abteilung.
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