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9. Urnenfeld auf der Feldmark Riekdahl, den Cramonstannen gegenüber.

Auf dem den Cramonstannen gegenüber an der Nordseite der Rostock=Tessiner Chaussee auf Riekdahler Feldmark belegenen früheren Exercierplatze nebst angrenzendem Acker ist augenscheinlich durch die Beackerung und die dort bis vor kurzem alljährlich vorgenommenen Pionierübungen der Rostocker Garnison ein altes Urnenfeld zerstört. Es liegt dort nämlich auf der Oberfläche im Sande zerstreut eine Menge theils durch den Haken, theils durch die erwähnten Schanzarbeiten ausgeworfener Urnenscherben. Auch wurden bei den letzteren Arbeiten mehrfach alte Brandstellen angegraben. Der Raum, auf welchem diese Scherben bisher gefunden wurden, erstreckt sich nach Westen bis an die Grenze des seitherigen Exercierplatzes, nach Norden circa 4-5 m über die Nordkante desselben hinaus auf den daranstoßenden Acker. Im Süden bildet die Tessiner Chaussee und im Osten eine von der Ostseite des "Einsiedlers" nach Norden hin quer über den Exercierplatz gezogene grade Linie die Grenze. Ob sich das Urnenfeld noch weiter nach Osten erstreckt, bedarf noch einer genaueren Untersuchung, da 1887 auch an der Ackerkante an der östlichen Seite des Exercierplatzes drei Urnenscherben gefunden wurden. Zwei dieser Scherben bestehen aus gebranntem, mit grobem Steingrus vermengtem Thon und sind grob gearbeitet, die eine durch und durch graubraun, die andere außen roth, innen dunkelgrau. Das dritte Stück ist eine gut gearbeitete, dünne, schwarze Scherbe aus hart gebranntem Thon mit feinem Steingruszusatz, vielleicht jüngeren Alters und von einem "Taterpott" stammend. Außerdem fanden sich dort noch eine der bekannten blaugrauen mittelalterlichen Scherben und ein Knochenstück.

Brandstellen sah ich bis jetzt fünf, sämmtlich in den Seitenwänden dort ausgehobener Schanzgräben. Vier derselben befanden sich an der Westkante des Platzes, lagen etwa 1/2 m unter der Erdoberfläche und bestanden aus einer mehr oder weniger festgefügten Pflasterung von im Feuer gewesenen Feldsteinen, deren Zwischenräume mit schwarzer, mit Holzkohlenstückchen vermischter Branderde ausgefüllt waren. Ueber dieser Pflasterung lagerte ebenfalls eine Schicht derartiger Branderde. Die fünfte, im November 1890 nordöstlich vom

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Einsiedler in der Nähe der Südkante des Urnenfeldes entdeckte Stelle zeigte das deutliche Bild einer senkrecht durchstochenen muldenförmigen Brandgrube. Ihre Tiefe betrug 1,5-1,6 m und ihr Durchmesser an der Oberfläche etwa 1,5 m. Sie hob sich durch ihre Färbung deutlich von dem anstehenden gelben Sande ab. Der untere Theil der Grube enthielt röthlich gebrannten Lehm und schwarze Kohlenerde, während der obere Theil mit bräunlichem, jedenfalls auch durch beigemischte Brand= oder Kohlenerde so gefärbtem Sand gefüllt war. Urnenreste oder dergl. wurden in keiner der fünf Stellen beobachtet.

Von den bisher auf diesem Urnenfelde gesammelten Alterthümern sind als sicher prähistorisch anzusprechen nur zwei durch einander vorkommende Sorten von Urnenscherben. Dieselben sind fast sämmtlich nur klein und meist schon mit alten, im Sande abgeriebenen Bruchkanten versehen.

Die Scherben der einen Art sind außen größten Theils roth, seltener grau oder bräunlich, und innen grau, bräunlich oder schwarz, sämmtlich stark mit grobem Steingrus durchsetzt, nicht sehr hart gebrannt und daher bröcklich, grob gearbeitet und vor allen Dingen außen überhaupt nicht und innen nur zum Theil, und dann auch nur schlecht, geglättet. Ihre Dicke beträgt 4-14 mm. Hierher gehören die meisten (140-150 Stück) der gefundenen Scherben, und zwar sind die wenigen größeren Stücke alle außen roth. Von den sonst durch und durch grauen Scherben zeigen fünf, darunter auch eine solche vom Gefäßrande, außen noch Spuren eines dünnen rothen und eine sechste innen noch Reste eines dünnen gelbbraunen Thonüberzuges. Unter den Randstücken kommen vier verschiedene Formen vor, und zwar:

  1. Rand in eine einfache, abgerundete, aufrechte Kante auslaufend,
  2. oben abgerundet und nach außen umgebogen,
  3. nach oben zu verdickt mit abgeplatteter Kante und
  4. oben abgeplattet und nach außen überstehend.

Von den beiden ersten Formen fanden sich je zwei, von den beiden letzteren je ein Stück. Bei zwei anderen dicht unter dem Rande abgebrochenen Scherben ist nur noch zu erkennen, daß der Rand nach außen umgebogen war. Die sechs hierher gehörigen Bodenstücke sind innen, wenn auch nur schlecht, geglättet, außen rauh und 10-14 mm dick. Der Boden ist innen platt, die äußere Bodenkante, soweit erhalten, abgerundet.

Die zweite Scherbenart ist durch und durch grau bezw. gelbbraun, 4-9 mm dick, ebenfalls mit grober Steingrusbeimengung versehen und meist schlecht gebrannt, aber sorgfältiger gearbeitet und beiderseits geglättet. Die Seitenwandung dieser Urnen scheint, nach

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zwei kleinen ziemlich stark gebogenen Scherben zu urtheilen, eine kräftigere Wölbung gehabt zu haben, als die der vorigen Art, deren Reste sämmtlich nur flach sind. Die hierher gehörigen Randformen sind den vorigen sehr ähnlich. Es wurden gefunden: vier nach außen umgebogene Stücke, davon eins mit abgerundeter und eins mit abgeplatteter Kante, während bei den beiden anderen das obere Ende abgebrochen ist, ferner eine Scherbe mit oben abgeplatteter und nach außen überstehender Kante sowie ein abgesplittertes Stück eines oben platten Randes. Bei zwei Scherben endlich verdickt sich der Rand nach oben zu allmählich so, daß die Stärke derselben von 3 mm an der unteren Bruchfläche bis zu 1 cm oben an der im Uebrigen abgerundeten aufrechten Kante zunimmt. Ein aus dem unteren Theile des Halses herausgebrochenes Stück, dessen Rand fehlt, ist unmittelbar unter dem ersteren mit einem rundlichen flach vorspringenden Absatze versehen. Das einzige vorhandene Bodenstück ist beiderseits platt. Die Urnen dieser zweiten Art scheinen übrigens bedeutend seltener gewesen zu sein, als die der ersten. Denn es wurden bisher zwischen den zahlreichen rauhen Scherben zerstreut nur 18-20 beiderseits geglättete Stücke gefunden.

Sämmtliche bisher erwähnten Urnenreste sind unverziert. Mit einer Verzierung, und zwar zwei flachen Horizontalrillen, ist überhaupt nur eine einzige alte Scherbe dort gefunden. Dieselbe ist außen und innen roth mit grauem Kern, besteht aus mit Steingrus vermischtem Thon, ist gut gearbeitet, beiderseits geglättet und stimmt vollkommen mit den Scherben unserer wendischen Burgwälle überein, während sie mit den bisher beschriebenen Urnenresten nur sehr wenig Aehnlichkeit hat. Ich möchte sie deshalb für eine spätere nicht zum Urnenfelde gehörige wendische Scherbe halten, welche entweder irgendwie hierher verschleppt wurde oder einem einzelnen später auf dem älteren Begräbnißplatze angelegten Wendengrabe entstammt.

Ebenfalls zweifelhaft, ob zum Urnenfelde gehörig, ist ein 1883 in dem bei den Schanzarbeiten ausgehobenen Sande gefundenes unverziertes auf der Außenseite zum Theil noch mit einer dicken Rußschicht überzogenes Randstück eines schwarzen Henkeltopfes. Es besteht aus fein geschlemmtem, hart gebranntem grauem Thon, ist außen und innen schwarz, sorgfältig gearbeitet und beiderseits geglättet. Der oben abgerundete 1 1/2 cm hohe Rand ist im Winkel von etwa 135° nach außen umgebogen. Unmittelbar unter der oberen Kante dieses Randes sitzt ein kleiner öhrartiger Henk von etwa 12-17 mm Breite und mit einem Oehrloch von ca. 12 mm Durchmesser. Da dies Stück von den übrigen dort gesammelten Urnenscherben ganz außerordentlich abweicht, und sich sonstige Ueberreste derartiger

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schwarzer Henkelgefäße daselbst bisher nicht weiter haben auffinden lassen, so ist es mir, wie gesagt, fraglich, ob wir es hier überhaupt mit einem alten prähistorischen Fundobjecte zu thun haben, oder ob dies Stück nicht vielleicht erst einer viel jüngeren Zeit angehört. Die erwähnte Scherbe hat nämlich mit einigen in Rostock ausgegrabenen Resten sog. "Taterpötte" manche Aehnlichkeit und könnte daher möglicher Weise auch erst von einem solchen herstammen, sei es nun, daß sie mit Müll bezw. Schutt oder sonst irgendwie aus der Stadt an ihren jetzigen Fundort gekommen ist, oder aber von einer der herumziehenden Zigeunerbanden (Tatern) herrührt, welche auf dem dortigen Felde und in den angrenzenden Cramonstannen noch bis in die jüngste Zeit häufiger lagerten.

Sicher jünger, wie das Urnenfeld, aber sind die zwischen den älteren Gefäßresten ebenfalls in ziemlicher Menge (70-80 Stück, darunter Scherben von Rand, Boden, Henken und Füßen sowie auch einige mit Horizontalrillen verzierte Stücke) vorkommenden hart gebrannten blaugrauen, grauen und bräunlichen Scherben ohne Steingrusbeimischung. Sie gehören offenbar erst dem jüngeren Mittelalter an und stammen aus der Stadt, da sie sich auf der Stadtfeldmark fast überall zerstreut finden. Auch eine Anzahl dünner, hart gebrannter, schwarzer und schwarzgrauer Stücke ohne oder mit nur geringem und ziemlich feinem Steingruszusatz dürfte hierher zu rechnen sein. Auch diese Scherbenart findet sich auf den Aeckern um Rostock häufiger und rührt wohl zum Theil von den oben erwähnten "Taterpötten" her. Mit dem gleichfalls oben aufgeführten Randstück eines schwarzen Henkeltopfes stimmen diese Gefäßreste ihrem Charakter nach jedoch augenscheinlich nicht überein.

Von den übrigen auf dem Urnenfelde gemachten Funden können nur die folgenden mit einiger Sicherheit als prähistorisch in Anspruch genommen werden:

1. Die Hälfte einer alten Quetschmühle. Es ist etwa die Hälfte eines mit einer muldenförmigen Ausschleifung versehenen, harten Steinblockes, dessen anderes Stück mit dem Reste der Ausschleifung fehlt.

2. Ein oben und unten abgeplatteter, sonst runder Feldstein von 10-11 cm Durchmesser und 4-7 cm Höhe, der wohl als Reibstein oder dergl. gedient hat.

3. Etwas Holzkohle und röthlich gebrannte Lehmstücke aus den Brandgruben, darunter ein kleines Stückchen mit einer ganzen Anzahl von Grashalm=Eindrücken.

Zweifelhaft wird das Alter schon bei einem kleinen, vollständig oxydirten, in zwei Theile zerbrochenen, scheinbar röhrenförmigen Stückchen Kupfer oder Bronce, während die sonst noch gefundenen

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Gegenstände: zwei stark verrostete Eisenstücke, einige kleine Reste von Thier=Knochen und =Zähnen und einige Schlacken, wohl ziemlich sicher der Neuzeit (aus der Stadt angefahrener Müll und Schutt) zuzurechnen sind.

Zum Schluß mag hier noch erwähnt werden, daß auch auf dem in nordwestlicher Richtung nicht weit von diesem Urnenfelde entfernten sog. Lehm= oder Krähenberge früher Urnenscherben gefunden sein sollen. Dieser Hügel liegt links vom Rostock=Riekdahler Wege dicht am Wiesenrande unmittelbar neben der Rahtkens'schen Dachpappenfabrik und sollen jene Scherben daselbst gefunden sein, bevor diese Fabrik hier angelegt wurde.