zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

1.
Die Havelquellen.

Ueber den Ursprung der Havel ist vielfach gestritten worden. Wenn in den Lehrbüchern der Geographie gesagt wird, die Havel entspringe im Großherzogthum Meklenburg=Strelitz, so ist dies unrichtig, wie schon Lisch in Band III der Jahrbücher für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde S. 149 nachweist. Aber auch die von ihm gemachten Schlußfolgerungen können wir nur in beschränktem Maße als richtig anerkennen.

Auf Grund der im Urkundenbuch Band I Nr. 377 und in den Jahrbüchern Band III S. 206 abgedruckten, aber jedenfalls gefälschten Verleihungsurkunde von 1230, in der es heißt: "Freidorf mit 3 Seeen, die die Havelwaßer heißen" kommt Lisch zu dem Schluß, daß die Quelle der Havel in den drei bei dem jetzigen Bornhof liegenden Seeen, dem Bornsee, Trinnsee und Mühlensee, oder in den drei weiter südlich gelegenen Seeen, dem Tannensee, Dambecker See und Röthsee, zu suchen sei. Wäre die Urkunde von 1230 echt, so würden wir Veranlassung haben, die Havelquelle noch weiter nördlich in den beiden Seeen zu suchen, welche wiederholt neben dem Trinnsee und Mühlensee als zur Feldmark Freidorf gehörig

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

genannt werden, und an deren Ufern wir noch heute die Reste des alten Freidorf finden, dem Monninksee und Priester= oder Straßensee. Diese beiden Seeen, die in alter Zeit und bei höherem Wasserstande jedenfalls einen See gebildet haben, haben aber ihren Abfluß durch den Jungfernbach in den Mühlensee, in welchen auch der Bornsee und Trinnsee durch die Langebäk oder Priesterbäk abfließen. Der Mühlensee aber hat seinen Abfluß nicht nach Süden zur Havel, sondern nach Osten durch den Ankershäger Mühlenbach zur Tollense und durch sie in die Ostsee. Hart am Ufer des Mühlensees liegt, heute wenigstens, die Wasserscheide zwischen Tollense und Havel, zwischen Ostsee und Nordsee, wie dies von der kartographischen Abtheilung des Großen Generalstabes und dem Statistischen Amt des Deutschen Reiches in Berlin anerkannt ist. Der Weg von Ankershagen nach Speck kann an der Stelle, wo er hart am Ufer des Mühlensees vorbeiführt, als diese Linie bezeichnet werden, und wir müßten, um die Havelquelle mit Lisch in den unteren Bornhof=Ankershäger Seeen, oder um sie in den oberen Freidorfer Seeen zu suchen, annehmen, daß die Wasserscheide sich verändert, der Mühlensee in alten Zeiten seinen Abfluß durch das Diekenbruch und die Diekenseeen nach dem Dambecker See gehabt habe, sein heutiger Abfluß durch den Mühlenbach zur Tollense aber ein später künstlich angelegter sei. Daß in grauer Vorzeit der Mühlensee zur Havel abgeflossen sei, ist zwar nicht unwahrscheinlich, denn der Mühlenbach, der vom Mühlensee bis zum Mühlenteich sich in engem und tiefem Bette aber ganz grader Linie zwischen hohen Bergen durchzwängt, läßt seiner Beschaffenheit nach die Annahme wohl zu, daß er ein künstlicher Durchstich sei, angelegt, um dem die Ankershäger Mühlen treibenden Bache, der keine weiteren Zuflüsse gehabt, als die Ouellen am Mühlenteich und den aus dem Ankershagen=Pieverstorfer Torfmoor ihm zufließenden Graben, mehr Wasser zuzuführen. So lange die jetzige Ankershäger Mühle, die schon 1434 unter dem Namen "Neue Mühle" neben der an der Zahrener Scheide gelegenen sog. "Alten Mühle" Erwähnung findet, bestanden hat, und so lange der Mühlensee diesen Namen geführt hat, muß jedenfalls sein Abfluß zur Mühle und weiter zur Tollense stattgefunden haben, das Wasser des Mühlenteichs hätte die Neue Mühle nicht treiben können. Sehr glaublich erscheint die Annahme, daß der künstliche Durchstich resp. eine Vertiefung eines vorhandenen unbedeutenden Wasserlaufes gemacht sei, um an der jetzigen Stelle eine oberschlächtige Mühle anlegen zu können, da die alte Mühle an der Zahrener Grenze nach der Formation des Wiesenthales nur eine unterschlächtige gewesen sein kann und mit der Cultivirung des Landes an Triebkraft des dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Urwald entströmenden Wassers Einbuße erlitten haben wird. Die Möglichkeit dieser Wasserverhältnisse liegt aber jedenfalls hinter dem Jahr 1434 und, wie wir zeigen werden, sogar hinter dem Jahr 1273 zurück. Der, wie wir annehmen, gefälschten Urkunde von 1230 gegenüber, sagt nämlich die Confirmationsurkunde von 1273, abgedruckt im Urkundenbuch Band II Nr. 1284 und in Band III der Jahrbücher Seite 219: "Villam Vridorp cum tribus stagnis de quibus effluit aqua, que Havele nuncupatur", und dies entspricht den heutigen thatsächlichen Verhältnissen. Denn aus den drei im Diekenbruch liegenden kleinen Sumpfseeen, dem Kleinen Diekensee, dem Mittelsee und dem Großen Diekensee fließt das Wasser dem Dorfe Pieverstorf gegenüber in den Dambecker See ab, und die Generalstabskarten haben völlig recht, wenn sie diesen Wasserlauf als Lauf der Havel bezeichnen und die Ouelle der Havel in das Diekenbruch legen.

Als feststehend müssen wir daher annehmen, daß die Havel im Großherzogthum Meklenburg=Schwerin in dem heutigen Gebiete des Gutes Ankershagen entspringt, welches vor Alters der mit Ankershagen verbundenen Feldmark Freidorf zugehörte, von der ein Theil mit der alten Freidorfer Dorfstelle und den oberen Freidorfer Seeen, Mönchsee und Priester= oder Straßensee, Pertinenz des 1795 von Ankershagen abgetrennten Gutes Wendorf wurde.

Ankershagen.

A. Graf von Bernstorff.