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7) Brandgrab von Rosenthal.
(Katalog=Nummer E 363.)
Bei dem Bauerngehöft Rosenthal bei Serrahn (zu Koppelow gehörig) im alten Circipanerlande ist im Sommer 1890 eine Stelle aufgedeckt, welche vermuthlich eine Grabstätte bildet. Nach einem von
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Herrn Dr. Raase in Rostock freundlichst mit den Funden übersandten Bericht fand sich am Abhange eines Hügels, 3 Meter über einer Thalmulde eine Kohlen= und Aschenschicht von ca. 3 1/2 Meter Durchmesser, in der Mitte etwa 35 cm stark. Im Mittelpunkt war eine Steinsetzung aus schwarzgebrannten Steinen; zwischen denselben lagen zerbrannte Knochen und Scherben von Thongefäßen. Diese stammen von einfachen, ohne Drehscheibe gearbeiteten Wendentöpfen; sie sind verziert mit regelmäßigen, dicht zusammenstehenden Kehlstreifen, im Charakter der jüngeren Keramik. Es ist höchst wahrscheinlich, daß hier die Reste einer Leichenbrandstätte aufgedeckt sind. Der Leichnam ist verbrannt, einige Töpfe ihm beigegeben ober nachgeworfen, für die Bergung der Gebeine aber keine Sorge getragen.
Nachrichten über Brandstellen mit Gefäßscherben erhält man, wenn man sich im Lande nach vorgeschichtlichen Funden umhört, außerordentlich oft; und in der großen Mehrzahl der Fälle, wo nicht ausdrücklich von zerbrannten Knochen die Rede ist, wird es sich ja um Herdstellen handeln. (Vergl. oben S. 214 über die Brandgruben von Finkenthal.) Begreiflicher Weise bleiben solche Fundstätten meist unbeachtet. Ist unsere Vermuthung richtig, so erklärt sich die verhältnißmäßige Seltenheit wendischer Grabstätten auf das einfachste. Die geringe Sorgfalt der Bestattung hat zu ihrer achtlosen Zerstörung geführt.
Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergiebt sich folgendes Resultat:
Ein Kulturzusammenhang der Wenden mit der altgermanischen Bevölkerung, deren Sitze sie einnahmen, ist nicht nachweisbar. Der Kulturzustand der baltischen Wenden bei ihrem ersten Auftreten ist ganz dunkel; sie befanden sich im Besitze einer Keramik, welche auf römischen Einfluß zurückgehen mag und deren beliebteste Decoration die Wellenlinie ist; eine Beeinflussung derselben durch die fränkische Keramik ist anzunehmen (Gefäßformen, Stempelverzierung, Spindelsteine). Eine Veränderung der Töpfereiprodukte ist erkennbar, aber im einzelnen noch nicht nachgewiesen: die Gefäße aus der letzten Periode (ca. 1000 - 1200) sind an der Herstellungsart (härterer Brand), Form (größere Schlankheit, ausgebogener Rand) und Verzierung (Kehlstreifen, Bodenzeichen) erkennbar. - Die Wenden sind hineingezogen in den arabischen Handel, der ihnen Werthmetall (Silber) und Schmucksachen brachte; im Gefolge davon hat sich ein nationales Zierstück, der Schläfenring, entwickelt. Die Metallbearbeitung beschränkt sich auf die Herstellung von Kleingerät in
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Bronze (zum Theil mit Tremolirstich verziert) und Eisen (Messer); Schwerter wurden aus Deutschland bezogen. Ein Gesammtbild der wendischen Industriethätigkeit zu gewinnen wird besonders dadurch unmöglich gemacht, daß von den Produkten der Textilindustrie und Holzschnitzerei, die bei den Wenden besonders beliebt gewesen zu sein scheinen, nichts erhalten ist.
Im Zeitalter der Ottonen äußert sich der deutsche Einfluß, besonders an dem massenhaften Erscheinen deutscher Münzen. Eine eigene Prägung haben die Wenden nicht gehabt. In derselben Zeit geht, wahrscheinlich durch christliche Einflüsse veranlaßt, eine Aenderung der Grabgebräuche vor sich, indem an Stelle der Verbrennung und regellosen Beisetzung der Leichenreste die Beerdigung, und zwar in Reihen, gewöhnlich mit westöstlicher Lage eintritt, doch ist diese Sitte nie zum völligen Siege gelangt. Außer diesen Skelettgräbern sind die Ansiedelungen, besonders die kleinen Pfahlbauanlagen und die zahlreichen, auch geschichtlich gesicherten Burgwälle die wichtigsten Punkte für wendische Alterthumskunde.