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II. Zur Baukunde.


Christliches Mittelalter.

Kirchliche Bauwerke.


Die Kirche und Pfarre zu Vellahn.

Von Dr. G. C. F. Lisch.

Die Kirche zu Vellahn, Amts Wittenburg bei Brahlstorf, ist eine der ältesten und merkwürdigsten Kirchen in ganz Meklenburg und vielleicht in Norddeutschland. Da die Kirche wegen Alter und Baufälligkeit zum Abbruch bestimmt ist, um einem neuen Bau Platz zu machen, so untersuchte ich sie am 20. Septbr. 1875 unter freundlicher Aufnahme und Führung des Herrn Präpositus Tapp und theile im Folgenden das Ergebniß meiner Forschung mit.

Die Kirche besteht aus zwei ganz verschiedenen Theilen. Das Schiff ist ein uralter Bau, welcher ganz aus Feldsteinen oder erratischen Granitblöcken aufgeführt ist. An dieses Schiff ist im Osten ungefähr um das Jahr 1400 ein Chor von zwei Gewölben Länge aus Ziegeln im gothischen Baustyle angebauet. Das Schiff war schon früh baufällig. Ein kurzer Visitations=Bericht vom J. 1554 lautet: "De kerkce tho Vellan. De kerke is seer buwfellig, kan nicht dröghe darinne staen."

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Die alte Kirche.

Die alte Kirche zu Vellahn, in der Grafschaft Schwerin im Lande Wittenburg, im Bisthum Ratzeburg, ist sehr alt Schon im Anfange des Jahres 1194 wird in der Urkunde des Bischofs Isfried von Ratzeburg die Pfarre zu Vellahn mit den meisten der eingepfarrten Dörfer aufgeführt, im Meklenb. Urkunden=Buch I Nr. 154, S. 153: "In prouincia Wittenburgh. In parrochia Vilan. Bansin. Domerace. Bralistorp. Paniz. Bolbruche." Es leidet keinen Zweifel, daß die Kirche damals schon gestanden hat und diese Kirche dieselbe ist, welche noch heute das Schiff der Kirche bildet. Dies wird unwiderleglich auch durch den Baustyl bewiesen.

Um den Schluß der Forschung zur Uebersicht und zum Leitfaden vorweg zu nehmen, so ist die Kirche, welche ganz aus Felsen oder Granitblöcken ausgeführt ist, eine dreischiffige sogenannte Pfeiler=Basilika von oblonger Form, ohne Kreuzschiff, im Rundbogen= oder romanischen Baustyl, also im Baustyl des Domes zu Ratzeburg.

Die Kirche besteht und bestand aus einem hohen, mit einer Bretterdecke belegten Mittelschiff und zwei sehr niedrigen und schmalen Seitenschiffen, welche mit einem Pultdache bedeckt waren. Das Licht erhielt das Mittelschiff oder die spätere Kirche meistentheils durch Oberlicht durch die hoch liegenden romanischen Fenster in den Seitenwänden. Die Seitenschiffe sind schon früh in Verfall gerathen. Das südliche Seitenschiff ist schon früh verfallen und abgebrochen, ohne daß davon irgendwo die Rede wäre; das Fundament der Seitenmauer liegt aber zum Theil noch in der Erde und ist noch erkennbar. Das nördliche Seitenschiff, welches sehr schmal und niedrig ist, steht freilich noch, ist aber stark verbauet und finster, baufällig und mit Schutt angefüllt. Es ward, wie noch heute, die "Abfeite" genannt, ohne daß ein Zweck angegeben wäre. In dem Visitations=Protocoll von 1704 heißt es: "Die Kirche hat an der Nordseite einen langen Gang, als eine Abseite gebauet." Um die Kirche ganz zu entstellen, ist nach dem Abbruche des südlichen Seitenschiffes und dem Abbruch des nördlichen Pultdaches das Dach des Mittelschiffes oder der nunmehrigen Kirche an der Nordseite über das nördliche Seitenschiff hinweg fast bis auf die Erde hinab heruntergeführt, so daß die Kirche von der Westseite ein ungethümliches Ansehen hat, während die Südseite frei steht. In dieser Abseite war noch "1704 im Norden unter der Orgel" eine "gewölbte Gerbekammer" oder Sakristei.

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Nach dem Abbruch des südlichen Seitenschiffes und dem Verfall des nördlichen Seitenschiffes wurden bedeutende Veränderungen mit dem Mittelschiffe vorgenommen, um Seitenwände zu gewinnen. Es wurden nämlich alle Arkaden und auch größtentheils die Fenster zum Oberlicht zugemauert. 1 ) Jedoch läßt sich der Baustyl noch ganz genau erkennen.

Das Mittelschiff oder die jetzige Kirche hat in jeder Seitenwand zur Verbindung mit den Seitenschiffen 6 Arkadenbogen im romanischen Baustyl gehabt, welche aus behauenen oder sorgfältig gewählten Keilsteinen von Granit aufgeführt sind. Auch die Arkadenpfeiler sind von großen rohen Granitblöcken aufgeführt und mit einer rohen Deckplatte von Granit bedeckt.

Genau über den 6 Arkadenbogen stehen an jeder Seite hoch in den Seitenwänden zu Oberlicht 6 Fenster im romanischen Baustyl, wie die Fenster des Ratzeburger Domes. Diese Fenster sind auch größtentheils zugemauert, mit Ausnahme von zweien und einem halben an der Westseite, welche noch nicht ganz zugemauert sind. Die Wölbungen der Fenster sind mit Kalk geputzt.

Durch diese Zumauerungen ward das Schiff natürlich fast ganz dunkel und erhielt ein wenig Licht nur durch die großen spitzbogigen Fenster des um das Jahr 1400 angebaueten gothischen Chors. Um diesem Uebelstande abzuhelfen sind am östlichen Ende der Südwand in den neuesten Zeiten zwei große spitzbogige Fenster mit Ziegeleinfassungen neben einander durchgebrochen.

Einen Thurm hat die Kirche wohl nie gehabt. Es ist wenigstens keine Spur und Nachricht davon zu finden. Schon im Visitations=Protocolle von 1704 heißt es: "Der gibel nach westen zu, welcher von Holtz und Mauersteinen aufgeführet, ist gantz im schlechten stande und verwichen und muß gantz neu gemachet werden. Es sind drey Klocken vorhanden. Die Glocken hangen unterm Dach, weil kein tuhrm vorhanden." Aehnlich ist der Zustand noch jetzt.

Im Osten des jetzigen Schiffes hat die Kirche ohne Zweifel eine halbkreisförmige Apsis gehabt. Diese ist aber schon in früher Zeit abgebrochen. Jedoch steht noch am östlichen Ende des Schiffes ein breiter rundbogiger Triumph=


1) Eine gleiche Anlage ward bei den uralten einschiffigen Ziegelkirchen zu Neuburg und Lübow beabsichtigt, in denen auch die rundbogigen Arkadenbogen in den Seitenmauern zugemauert sind. Die Anlagen sind hier aber nicht zur Ausführung gekommen. Vgl. Jahrb. XVIII, S. 287.
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bogen, an den sich der schmalere spitzbogige Triumphbogen des jungen Chores im Osten anlehnt.

In der Nähe des Triumphbogens ist an der Südseite eine niedrige viereckige Vorhalle oder Sakristei angebauet, welche noch jetzt das "Leichhaus" genannt wird. Ebenso heißt es im Visitations=Protocolle von 1704: "Eingangs zur Südseite ist ein Leichhauß, so wie die Kirche gemauert." Diese Vorhalle ist ganz von sehr großen, schon stark verwitternden Ziegeln gebauet und hat im Giebel Rundbogenblenden und einen alten Fries. Wahrscheinlich stammt diese Vorhalle noch aus der Zeit des Baues der ersten Kirche und führte in die ehemalige Apsis.

Kalkputz hat die alte Kirche nicht, wenigstens ist er jetzt an den Bogen nicht mehr wahrzunehmen. Die Wände sind nur leicht mit Kalk getüncht, so daß die Feldsteine in ihren Formen klar zu erkennen sind.

Diese höchst seltene und merkwürdige Kirche, welche bald zum Abbruch steht, macht daher einen seltsamen, mächtigen Eindruck, wie ein cyklopischer Bau. Romanische Felsenkirchen sind in Meklenburg außerordentlich selten. So viel mir nach vieljährigen Forschungen bekannt geworden und zu Gesicht gekommen ist, giebt es solche Kirchen in Dambeck (Minzow) bei Röbel, Papenhagen (Rambow) bei Malchin, beide Ruinen, Gr.=Wokern bei Teterow, Lübchin bei Gnoien (vgl. Jahrb. XXIII, S. 310 flgd.) und Frauenmark bei Crivitz (vgl. Jahrb. XXV, S. 282 flgd.) Alle diese Kirchen sind einschiffig und einfache Langhäuser. Aber die Kirche zu Vellahn ist die einzige dreischiffige und vielleicht die älteste Felsenkirche im Lande und daher für die Baugeschichte außerordentlich wichtig. Man würde jetzt (1875) wohl das siebenhundertjährige Jubiläum der Kirche feiern können.

Wegen dieses ungewöhnlichen Baues ist man in und um Vellahn mitunter wohl auf die Meinung gekommen, daß hier ein Kloster oder eine ähnliche größere geistliche Stiftung gestanden habe. Hiervon ist aber nirgends eine Spur zu finden. Es sind nur entferntere Beziehungen zu Klöstern zu finden gewesen.

Am 16. Mai 1218 schenkten der Graf Heinrich I. von Schwerin und seine Gemahlin Audacia dem Benedictiner=Mönchskloster vor Stade zur Beförderung der Verehrung des von dem Grafen heimgebrachten Heiligen Blutes 3 Hufen in dem Dorfe Vellahn mit einer jährlichen Hebung von 9 Scheffeln Erbsen und 12 Schillingen zu den Lieferungskosten (vgl. Jahrb. XIII, S. 320 und Urkunde Nr. XXXV), und am 6. März 1327 bestätigte der Graf Gunzelin VI.

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diese Schenkung (vgl. Jahrb. a. a. O. Urkunde Nr. XXXVIII). Diese Beziehung zu dem Kloster vor Stade mag entfernten Einfluß auf die kirchliche Entwickelung des Kirchspiels Vellahn gehabt haben; aber auf höhere kirchliche Stiftungen in Vellahn läßt sich hieraus nicht schließen.

Am 9. Juni 1279 bestätigten die Grafen Helmold und Nicolaus von Schwerin dem von ihnen sehr begünstigten nahe gelegenen Nonnenkloster Zarrentin alle Güter, darunter auch die Mühle bei Vellahn ("molendinum prope Vilan:" Meklenburg. Urk.=Buch, Bd. II, Nr. 1492, S. 604). Am 5. Juni 1346 aber vertauschte der Graf Nicolaus an das Kloster Zarrentin Hebungen aus Testorf gegen die Mühle zu Vellahn, welche das Kloster wegen großer Gewaltthätigkeiten ("prae nimia violencia") nicht ruhig besitzen konnte (vgl. Meklenb. Urk.=Buch Bd. X, Nr. 6659, S. 40).

Es sind nur Pfarrer in Vellahn bekannt geworden, welche bei der Größe und dem Alter der Pfarre allerdings ein besonderes Ansehen gehabt zu haben scheinen, da die Pfarrer ihren Rang nach dem Alter ihrer Pfarren einzunehmen pflegten und die Pfarre Vellahn jedenfalls eine der ältesten im Lande Wittenburg war. So erscheint z. B. am 9. Juni 1279, 9. April 1280 und 28. April 1297 ein Pfarrer Hugold in Vellahn ("rector ecclesiae und plebanus in Vilan") als Zeuge bei den Grafen von Schwerin zu Schwerin und Wittenburg und auch als Capellan der Grafen. Vgl. Meklenburg. Urkunden=Buch unter den angegebenen Daten. Der Pfarrer Hugold war vielleicht aus dem adeligen Geschlecht Behr in Festland Rügen, Land Barth, da dieser Name der eigenthümliche Vorname der Familie war.

Der Chor der Kirche.

Nach Verfall und Abbruch der alten Apsis ist im Osten der alten romanischen Kirche ein neuer Chorschluß für den Altarraum angebauet. Dieser Chor ist von Ziegeln im gothischen Baustyl ungefähr um das Jahr 1400 in der Breite des alten Schiffes aufgeführt, mit großen junggothischen Fenstern und gewölbt, zwei Gewölbe lang. Der spitzbogige Triumphbogen ist an den noch stehenden Triumphbogen der alten Kirche angelehnt. Weiter ist über diesen jüngern Bau nichts zu berichten. Das Visitations=Protocoll vom J. 1704 berichtet: "Die Kirche ist lang und schmahl. So weit das Cohr gehet, ist selbige von Mauersteinen gantz auf geführet. Der giebel nach Osten zu über

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das Cohr, von Mauersteinen gemacht, muß an der einen Seiten nothwendig repariret werden."

Das Dorf und Kirchspiel Vellahn.

Das Dorf Vellahn (in den ältesten Zeiten Vilan), welches schon 1194 genannt wird, ist eines der größten Dörfer im Lande, da es im J. 1230 schon 32 alte Bauerhufen hatte und jetzt nach dem Staatskalender an 70 Ansiedelungen verschiedener Art zählt, und hat wohl immer eine gewisse größere Bedeutung gehabt, wofür nicht allein die uralte und seltene Kirche, sondern auch drei noch bestehende Jahrmärkte zeugen, von denen der eine oder andere ohne Zweifel ein altes Kirchweihfest (Kirmeß) ist. Die größere Bedeutung mag darin liegen, daß es an einer alten großen Verkehrsstraße von der Elbe her (Boizenburg und Neuhaus) nach Wittenburg und weiter nach Schwerin liegt. Das Dorf war immer landesherrliches Eigenthum, aber die Bevölkerung war nicht allein eine bäuerliche, sondern die Landesherren besaßen früher in dem Dorfe auch einen eigenen Hof. Am 4. Septbr. 1458 verpfändete der Herzog Heinrich von Meklenburg dem Rath der Stadt Wittenburg 8 Lüb. Mark Hebungen aus seinem halben Hofe und dem Kruge ("an unseme gude unde dorpe Vyllan, alze an unseme haluen houe unde an unseme kroge"). Die Stadt Wittenburg besaß aber noch mehr in dem Dorfe. Am 8. Novbr. 1459 verpfändete die Stadt dem Doctor und Bürger Heinrich von Hacheden zu Lübek 14 Lüb. Mark Hebungen aus dem Dorfe Vellahn, wie die Herzoge das Dorf der Stadt verpfändet hatten ("alse unse gnedigen heren uns dat sulue dorp Villahn vor een underpand vorsegelt und gesatt hebben"), und am 30. April 1460 verpfändete die Stadt Wittenburg demselben Doctor und Bürger Heinrich von Hacheden und dem Bürger Hans Kerckring d. ä. zu Lübek 17 1/2 Lüb. Mark Hebungen aus dem Dorfe Vellahn für 500 Lüb. Mark, welche zum Nutzen der Herzoge gekehrt waren.

Das Kirchspiel Vellahn.

Das Kirchspiel ist sehr groß, das größte im Lande Wittenburg. Schon im J. 1194 wird es mit 6 einqepfarrten Dörfern aufgeführt; vgl. Meklenb. Urk.=Buch Bd. I, Nr. 154, S. 153.

Um das Jahr 1230 war das Kirchspiel ganz ausgebildet. Eine vollständige Uebersicht der 14 damals eingepfarrten Dörfer giebt das im Meklenb. Urk.=Buch Bd. I,

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Nr. 375, S. 368, nach dem Original ganz und im betreffenden Auszuge im Folgenden wieder abgedruckte Register der von dem Bischofe von Ratzeburg verliehenen Zehnten ("Ratzeburger Zehnten=Register") aus der Zeit 1230-1234.

In Parrochia Vilan.

Mansi:


XXXII. 1) Vilan ecclesia I, Fridericus II, Theodoricus II, prepositus habet IX.
XIIII. 2) Clodram Fridericus II, preter quos dimidia decima uacat episcopo.
XVI. 3) Tramme.
XII  4) Jesowe Burchardus II, preter quos dimidia decima uacat episcopo.
X. 5)  Gansethorp. 
 XIIII. 6) Melcohche dimidiam decimam habet Fridericus de Medenge.
X. 7) Dvssin Johannes Auca II, episcopo III uacant.
XII. 8) Bralizstorp ecclesia Uilan I, Luze I, prepositus IIII habet.
XX. 9) Domeratse Olricus II, tercia pars uacat preposito,
XVII. 10) Bansin idem Olricus II, tercia pars uacat preposito.
XII. 11) Bolbruke nullum beneficium est; dimidiam decimam habet prepositus.
 XIIII. 12) Panitz Walterus I, tercia pars uacat preposito.
XX. 13) Marsowe Wernerus II, VI uacant episcopo. [De duobus est questio].
XVIII. 14) Sekkevin Sviderus III; episcopo VI uacant.

Von Wichtigkeit ist die Auffindung dieser 14 Dörfer nach ihrem jetzigen Bestande. Manche sind untergegangen und als Dörfer verschwunden. Einige von diesen lassen sich vielleicht nach Archivforschungen und den Wahrnehmungen des ortskundigen Herrn Präpositus Tapp an dem Leitfaden des Ratzeburger Zehnten=Registers nachweisen, indem die Dörfer größtentheils offenbar in einer geographischen Reihen=

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folge von Osten durch Süden nach Westen und Norden aufzählt sind. Die Ortsnamen sind ohne Zweifel zum größten Theile wendisch.

1) Vilan ist Vellahn, in der Mitte des Pfarrsprengels.

2) Clodram ist Kloddram, östlich von Vellahn.

3) Tramme, auch noch 1335 im Ratzeburger Lehn=Register genannt, war bis jetzt unbekannt, ist aber sicher in Kloddram untergegangen. Tapp berichtet über die Lage Folgendes. Bei Kloddram in der Nähe der jetzigen Ruhethaler Scheide liegt ein niedriger Acker, welcher früher gewiß ein Bruch war und noch jetzt die "Trammer Horst" heißt. Noch bei Zeiten des jetzigen Besitzers von Kloddram lag in dieser Niederung ein Hügel, welchen er abtragen ließ und dabei noch viel Schutt, Reste von Geräthen, ein Pferdegebiß u. dgl., sowie einen mit eichenen Bohlen ausgesetzten verschütteten Brunnen fand. Mit dieser Nachricht stimmen auch Archivforschungen überein. Auf der im Staats=Archive aufbewahrten Original=Zeichnung der großen Schmettau'schen Karte von Meklenburg steht südöstlich von Kloddram zwischen Kloddram und Ruhethal noch eingetragen: "Dorfstelle von Tramm", was auf dem ausgegebenen Kupferstich der Karte fehlt, auf welchem überhaupt manche Flurnamen weggelassen sind. Nahe bei der "Dorfstelle" ist der "Galgenberg" verzeichnet.

4) Jesowe ist Jesow, östlich von Vellahn.

5) Gansethorp ist untergegangen. Nach Tapp's Meinung ist es das jetzige Gösfeld, ausgebauete Bauern von Düssin zwischer Düssin und Jesow, an einem Bache Gösbek, Welcher sich in einen Teich Gösdîk ergießt. In alter Zeit war es wohl ein Lehngut, da im Jahre 1230 ein Petrus de Gansethorp als Zeuge vorkommt.

6) Melcohche ist das jetzige Melkhof, wahrscheinlich aus dem wendischen Namen Melicow (russisch Malacow?) (=Malchow) verderbt.

7) Dussin ist Düssin, südlich von Vellahn.

8) Bralizstorp ist Brahlstorf, südlich bei Vellahn.

9) Domeratse ist Dammereetz.

10) Bansin ist Banzin, nördlich von Vellahn.

11) Bolbruke ist als Dorf untergegangen. Tapp möchte darin die Bruch=Mühle zwischen Vellahn und Brahlstorf, eine 1611 erbauete einzelne Mühle, erkennen (Bolbruk=Mühle?)

12) Panitz ist unter diesem Namen nicht mehr vorhanden. Tapp möchte das Feld in dem neueren Stoltenau,

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Erbpachtstelle und Büdnerei zwischen Vellahn und Bruch=Mühle, zu Dammereetz gehörend, suchen. Vielleicht könnte es auch Hof Garlitz sein. In dem Ratzeburger Lehn=Register vom 25. Julii 1335 (Mekl. Urk.=Buch VIII, Nr. 5612, S. 538) wird das Gut Peniz genannt. Mehr als wahrscheinlich ist Panitz oder Peniz das Stammgut der adeligen Familie von Pentz, welche von dem Gute den Namen hat.

13) Marsowe ist Marsow, nördlich von Vellahn.

14) Sekkevin ist bis jetzt unbekannt. Tapp sucht das untergegangene Dorf auf dem Felde von Goldenbow, nördlich von Vellahn, wo unweit der Windmühle auf dem alten "Haidberge" ein Ackerschlag liegt, welcher Siwîn genannt wird. Schmettau giebt nur den "Haidberg" an. Auf diesem Acker sollen nach der Sage die Marsower Kirchenglocken in der Erde gefunden sein.

Eine bedeutende Veränderung hat das Kirchspiel in den allerneuesten Zeiten erfahren, indem im Jahre 1870 zu Melkhof eine neue Kirche gebauet und eine Pfarre gegründet ist, zu welcher die Güter Melkhof, Jesow und Langenheide gelegt sind.

Die alte Ritterschaft im Kirchspiel Vellahn.

Das Kirchspiel Vellahn ist auch die Heimath und Wiege vieler alter rittermäßiger Familien, von denen mehrere ihren Namen von den ihnen gehörenden eingepfarrten Gütern tragen.

1) Die von Vellahn.

Am 25. Juli 1257 verlieh der Graf Gunzelin von Schwerin dem Kloster Zarrentin das Eigenthum des Dorfes Bantin im Lande Wittenburg, wie es der Ritter Friedrich von Vellahn ("Fridericus de Vilan miles honestus") besessen hatte. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. II, Nr. 801. - Dies ist wohl der Friedrich ("Fridericus"), ohne Zunamen, welcher nach dem Zehntregister 1230 die Zehnten von 2 Hufen in Vellahn und eben so viel in Kloddram hatte. Von Nachkommen ist nirgends die Rede.

2) Die von Brahlstorf.

Am 25. Juli 1257 war nach der bei Friederich von Vellahn angeführten Urkunde Albert von Brahlstorf ("Albertus de Bralestorpe") Zeuge bei dem Grafen Gunzelin von Schwerin. Am 6. März 1327 war bei dem Grafen Gunzelin von Schwerin unter den Zeugen auch des Grafen

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Marschall Heine von Brahlstorf ("Heynekinus de Bralestorpe, marscaicus noster"). Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. VII, Nr. 4813. Dies ist vielleicht derselbe Heine von Brahlstorf ("Heine Bralestorp"), welcher am 5. Juni 1346 bei dem Grafen Nicolaus von Schwerin unter den Zeugen auftrat. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. X, Nr. 6650. Am 22. Febr. 1334 wurden die Brüder von Brahlstorf ("fratres de Bralestorp") in Beziehung zu Gütern im Lande Wittenburg genannt im Meklb. Urk.=Buch Bd. VIII, Nr. 5496. Im J. 1335 hatte der Ritter Albert von Brahlstorf den halben Zehnten in Tessin zu Lehn. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. VIII, S. 538 Nach den Lehnacten starb im Jahre 1577 mit Heine von Brahlstorf, bis dahin auf Tessin im Amte Wittenburg, dem letzten seines Geschlechts, die Familie aus.

3) Die von Gansedorf.

Auch eine Familie von Gansedorf ("Gansethorp") gab es im Kirchspiel Vellahn, welche ohne Zweifel den Namen von dem untergegangenen gleichnamigen Dorfe, jetzt Gösfeld bei Düssin, trug. Dieses Dorf wird seinen Namen von dem bekannten Edlen Johannes Gans ("Johannes Auca") (von Putlitz) haben, welcher nach dem Ratzeburger Zehnten=Register 1230 die Zehnten von 2 Hufen in Düssin und eben so viel in der nahen Pfarre Pritzier in Warlitz hatte. Daß das Dorf Gansethorp von einer Person des Geschlechtes Gans den Namen trug, wird durch die hochdeutsche Sprachform bewiesen; denn wenn der Ort von dem Vogel Gans den Namen gehabt hätte, würde er ohne Zweifel Gosedorp gelautet haben, wie jetzt Gösfeld. In einem Vertrage zwischen den Meklenburgischen Fürsten und den Grafen von Schwerin vom 30. October 1230 ist unter den Zeugen auch Petrus von Gansedorf ("Petrus de Gansethorp"). Vgl. Meklb. Urk.=Buch I, Nr. 381. Von Nachkommen ist keine Spur zu finden.

4) Die von Jesow.

Die Familie von Jesow, welche ohne Zweifel den Namen von dem zu Vellahn eingepfarrten Gute Jesow führte, gehörte zu der vielnamigen großen und mächtigen Familien=Gruppe mit dem geschachten "Stral" (Pfeilspitze mit Widerhaken) im Schilde, welche, vorzüglich mit den Wulf von Schwarzenbek und den Scharffenberg an der Spitze, fast das ganze Land Sachsen=Lauenburg besaß und mit ihrer Macht, oft gewaltthätig, beherrschte, und von welcher einige Zweige, wie die

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von Jesow und von Züle, sich vom Lauenburgischen durch das Amt Wittenburg auch über Meklenburg verbreiteten. Am 25. Juni 1257 war Burchard von Jesow ("Burchardus de Gesowe") neben Albert von Brahlstorf Zeuge bei dem Grafen Gunzelin von Schwerin. Dies mag derselbe Burchard ohne Zunamen sein, welcher nach dem Ratzeburger Zehnten Register 1230 die Zehnten von 2 Hufen in Jesow hatte. Am 9. Juni 1279 war ein Burchard von Jesow Zeuge bei den Grafen von Schwerin in Wittenburg. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. II, Nr. 1492. Am 25. Februar 1296 war ein Ritter Burchard von Jesow unter den Burgmännern zu Wittenburg. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. III, Nr. 2384. Am 9. Octbr. 1316 war ein Ritter Burchard von Jesow ("Borchardus de Ihezowe") Mitgelober einer Schenkung in Wittenburg vor dem Grafen Nicolaus von Schwerin. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. VI, Nr. 3848. Am 1. Dec. 1358 war ein Marquard Jesow Burgmann in Wittenburg und besiegelte eine Urkunde mit einem Siegel mit einem Stral. In der Zeit 1309-1341 war ein Marquard von Jesow Bischof von Ratzeburg (vgl. Masch Bisth. Ratzeburg, S. 216 flgd.). Die Familie wird früh ausgestorben sein. Etwas später waren die von Penz Besitzer in dem Gute Jesow.

5) Die von Büle,

welche auch zu der Familiegruppe mit dem Stral im Schilde gehörten und sehr zahlreich und reich begütert waren, z. B. auf Gudow, hatten auch Besitzungen in Meklenburg (vgl. Jahrb. XIII, S. 349), namentlich im Amte Wittenburg, z. B. in Camin, und 17. Decb. 1396 auch in Vellahn und Marsow. Die Familie starb um die Mitte des 18. Jahrhunderts aus.

6) Die von Penz.

Bei weitem die bedeutendste Adelsfamilie in dem Kirchspiel Vellahn war die Familie von Penz, welche viele und große Güter nicht allein in diesem Kirchspiel, sondern auch weit umher besaß, und deren wahre Heimath das Kirchspiel Vellahn ist. Ohne Zweifel hat die Familie ihren Namen von dem schon im J. 1194 genannten Gute Paniz, in dem Kirchspiel Vellahn, in welchem Gute und anderen Gütern des Bisthums nach dem Ratzeburger Zehnten=Register ein Walter ("Walterus") Zehnten hatte. In dem Ratzeburger Lehn=Register von 1335 wird das Gut Peniz genannt; vgl.

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Meklb. Urk.=Buch Bd. VIII, Nr. 5612. Dies wird derselbe Walter sein, der nach dem Ratzeburger Zehnten=Register unter dem Namen Walter von Paniz ("Walterus de Paniz"), auch in dem Dorfe Kl.=Zecher in der Pfarre Seedorf Zehnten hatte. Da nun am 15. Febr. 1237 ein Walter von Penz ("Walterus de Penz") als Zeuge bei dem Fürsten Borwin in Rostock aufgeführt wird, so hat man diesen Walter als Stammvater der Familie von Penz in den Stammbäumen aufgenommen. Möglich wäre es aber auch, daß ein Ulrich ("Olricus") der Stammvater wäre, da solche in dem Ratzeburger Zehnten=Register 1230 als Zehnten=Inhaber zu Dammereez und Banzin genannt werden, indem der Vorname Ulrich der Familie v. Renz Jahrhunderte hindurch eigenthümlich war. Im Laufe der Zeit bis ins 16. Jahrhundert und darüber hinaus kamen die v. Penz zum ganzen oder theilweisen Besitz der Güter Dammereez, Düssin, Brahlstorf, Jesow, Banzin und anderer. Jm Jahre 1571 war Streit zwischen Vettern v. Penz wegen Theilung der von zwei Brüdern Helmold und Paschen v. Penz hinterlassenen 30 Güter im westlichen Meklenburg, unter denen auch Dammereez, Düssin, Brahlstorf, Jesow, Melkhof und Marsow aufgeführt werden. In den folgenden Zeiten sind alle diese Güter von der Familie v. Penz gekommen und besitzt dieselbe jetzt gar keine Güter mehr im westlichen Meklenburg.

7) Die von Marsow

stammten auch aus dem Kirchspiel Vellahn und hatten ihren Namen ohne Zweifel von dem Gute Marsow. Nach dem Ratzeburger Zehnten=Register 1230 hatte ein Werner ("Wernerus") die Zehnten von 2 Hufen in Marsow. Dies ist ohne Zweifel der Stammvater der von Marsow, da Werner der eigenthümliche Vorname dieser Familie war. Am 9. Juni 1279 waren die Ritter Werner und Heinrich von Marsow ("Wernerus et Hinricus dicti de Marsow, nostri milites") Zeugen in einer Urkunde der Grafen von Schwerin für das Kloster Zarrentin zu Wittenburg. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. II, Nr. 1492. Am 25. Juni 1321 bürgten die Ritter Werner von Marsow und Raven von Penz ("Wernerus de Marsow et Rauen de Penizce, milites") zu Gunsten des Grafen Heinrich von Schwerin. Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. VI, Nr. 4279. Im J. 1335 hatte nach dem Ratzeburger Lehnregister der Ritter Werner von Marsow ("Wernerus de Marsow miles") auch den halben Zehnten in Scharbow ("Scharbenowe"). Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. VIII,

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Nr. 5612, S. 538. Die Familie muß früh ausgestorben sein, da sie nicht weiter genannt wird, und später die von Züle Besitzungen in Marsow hatten, auch die von Penz 1571 im Besitz von Marsow waren. Die von Marsow führten einen aufgerichteten Steinbock im Wappen, vor dessen Kopf eine kleine Widerhaken=Pfeilspitze (Stral) steht; vgl. die Abbildung des Siegels vom J. 1341 im Meklb. Urk.=Buch Bd. VI, Nr. 4279, S. 610, Siegel Nr. 3. Es ist nicht unmöglich, daß dieses Beizeichen des Strals eine Anspielung auf eine Verwandtschaft mit den von Jesow und von Züle ist.

8) Die von Lützow

hatten auch Besitzungen im Kirchspiel Vellahn. Nach dem Ratzeburger Lehnregister war 1335 der Ritter Johann von Lützow Lehnträger von 2 Hufen in Peniz ("Johannes de Lutzowe miles de duobus mansis in Peniz"). Vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. VIII, Nr. 5612, S. 538. In späteren Zeiten hatten sie auch Besitzungen in Banzin, wie es schon im J. 1348 bezeugt wird; vgl. Meklb. Urk.=Buch Bd. X, Nr. 6852. Daher ward noch 1615 Jaspar von Lützow auf Goldenbow, Perlin und Banzin als zu Vellahn eingepfarrt in der Kirche zu Vellahn begraben (Vgl. unten das Epitaphium). Banzin war bis 1658 im Besitze der von Lützow.

9) Die von Bülow

hatten in jüngeren Zeiten auch Besitzungen in der Pfarre Vellahn. So z. B. besaßen sie in der Zeit der neueren Geschichte Kloddram und Garlitz und Antheile in Brahlstorf, sind aber nicht sehr lange im Besitze geblieben.


Alterthümer der Kirche zu Vellahn.

Die Kirche zu Vellahn hat jetzt nur wenig alterthümliches Geräth, hat aber früher mehr und vielleicht sehr altes und werthvolles gehabt.

Der Altar

ist ein ungethümlicher Bau, welcher bis in das Gewölbe reicht, mit vielen großen Figuren und Blattwerk und der Kanzel über dem Altartisch, bezeichnet mit der Jahreszahl 1724, ohne allen Werth, dazu wurmstichig und verfallen.

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In alten Zeiten hatte die Kirche einen mittelalterlichen Flügelaltar mit vergoldeten Figuren. In einem Visitations=Protocolle von 1652 heißt es: "In der Kirchen ist ein Altar, dessen Tisch gemawert, am Tafelwerk ist ein Marienbildt ziemlich vergüldet." Im Visitations=Protocolle von 1704 wird berichtet: "Das oberste des Altars mit den Flügeln ist alt und schlecht von geschnitzten und vergüldeten höltzernen Bildern." Von diesen Dingen ist gar nichts mehr vorhanden.

Die Leuchter.

Die Kirche besaß früher sehr viele metallene Leuchter, von denen manche gewiß Kunstwerth gehabt haben. Das Visitations=Protocoll von 1704, und ebenso ein Protocoll von 1652, berichtet: "7 Leuchter mit großen Wachslichtern, als 2 große und 2 kleine von Kupfer, 1 kleiner messings gegossen und ein großer messingener von geschlagener Arbeit." Alle diese Leuchter sind nach dem Bericht des Herrn Präpositus Tapp vor längerer Zeit eingeschmolzen.

Die Taufe.

Ueber die Taufe berichtet das Visitations=Protocoll von 1704: "Die Taufe ist nur schlecht und recht gemacht von eichenen Brettern. Inwendig ist ein großes Messingen Becken." Auch dieses Taufbecken ist nicht mehr vorhanden. Es ist in neuern Zeiten zu kleinen Collectenbecken umgearbeitet. Auf dem Boden eines dieser Becken steht noch ein Rest der erhaben gearbeiteten Inschrift: [VER]EHRET.

Die Kelche.

Ueber die Kelche berichtet das Visitations=Protocoll von 1704: "2 große silberne gantz vergüldete Kelche mit zugehöriger Patene für die Kranken zu gebrauchen, in einem rohten Futteral." Von den großen Kelchen ist der eine sehr merkwürdig und vom Herrn Pastor Tapp schon in den Jahrb. XXVII, 1862, S. 231 flgd. beschrieben. Es ist ein silberner, schön vergoldeter, und mit gravirter und getriebener Arbeit reich verzierter Kelch, welcher auf dem Rande des Fußes eine altböhmische Inschrift trägt, welche nach der Uebersetzung des Pastors Molnar aus Krischlitz im böhmischen Riesengebirge folgende Inschrift trägt: "Agnes Skopova von Seberow ließ diesen Kelch für die Kirche St. Nicolaus zu Hrntschitz zu Ehren und Lobe des hochwürdigen Sakraments des Leibes und Blutes des Herrn Christus machen im Jahre

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1598." Nach der Ansicht des Herrn Pastors Molnar wird dieser Kelch nach dem Geiste der Inschrift von einem Anhänger der Böhmischen Brüder geschenkt sein, welche 1621 bei der Protestantenverfolgung auswanderten. Nach den Forschungen des Herrn Pastors Tapp war dieser Kelch schon 1653 Eigenthum der Kirche, da das Inventarium der Kirche im Visitations=Protocoll vom 7. Mai 1653 angiebt: "Ein silberner vergüldeter Kelch mit einer solchen Patene, darauf etwas gestochen in frömbder Sprache".

Eine Salbölflasche oder Chrismale.

Die Kirche besitzt noch ein höchst seltenes und merkwürdiges silbernes Gefäß, dessen gleichen sich wohl nicht mehr im Lande findet. Es ist dies eine runde silberne Flasche mit 6 halbkreisförmigen Rundungen der Außenwand in der Grundform eines Sechspasses und mit einem Schraubendeckel und einem beweglichen Henkel zum Tragen auf dem Deckel. Solche Gefäße dienten zum Aufbewahren und Austragen der 3 oder 2 mal 3 kleinen Flaschen mit dem geweihten heiligen Salböl oder Chrisma ("chrisma seu sacrum oleum") für Täuflinge, Confirmanden und Sterbende (Letzte Oelung), für Bischöfe auch zur Weihung von Kirchen, Altären und Priestern. Dieses Gefäß (chrismale oder chrismatarium) diente wohl zum Austragen des Salböls außerhalb der Kirche und auf Reisen. Die Oberfläche ist mit leichten Rankenverzierungen wie im Renaissance=Styl bedeckt, jedoch muß die Flasche wegen ihrer Bestimmung noch aus katholischer Zeit stammen. Das Visitations=Protocoll von 1704 berichtet im Inventarium: "Eine silberne Flasche mit Deckel und "Schraube." Dieses Gefäß ist seit der protestantischen Zeit nicht mehr benutzbar.


Außer diesen Sachen hatte die Kirche 1652 und 1704 noch viel gewirkte und gestickte Decken und Meßgewänder, welche jetzt spurlos verschwunden sind.


Die Glocken.

Ueber die Glocken berichtet das Visitations=Protocoll von 1704: "Es sind drey Klocken vorhanden. Die Klocken hängen umterm Dach, weil kein tuhrm vorhanden." Die Inschriften sind nach der von dem Herrn Baumeister Daniel mitgetheilten Lesung des Herrn Präpositus Tapp schon in Jahrb. XL, S. 201 mitgetheilt, werden aber der Vollständigkeit wegen hier wiederholt.

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1) Große Festglocke (Osanna):

Inschrift 1494.

2) Mittelglocke (Vesperglocke):

Inschrift (ohne Datum).

3) Kleine Glocke:

Inschrift


Die Thüren

"von Eichenholz mit guten Hängen", wie sie 1704 gerühmt werden, sind jetzt neu mit jungen Beschlägen.


v. Lützow'sches Epitaphium.

An der Nordwand des Schiffes neben dem Triumphbogen ist ein Epitaphium, aus Sandstein aufgerichtet. Auf der großen Platte sind ein Mann in ritterlicher Rüstung und eine Frau, beide in Lebensgröße knieend und betend, in Relief ausgehauen.

Unter der Figur des Mannes steht:

ANNO 1615 DEN 31. SEPT. IST JASPER
V. LUTZOW IM HERREN SEHLIG
ENTSCHLAFEN SEINES ALTERS 73 JAHR.

Unter der Figur der Frau steht:

ANNO 16 DEN IST ANNA
V. BULOW IM HERREN SEHLIG
ENTSCHLAFFEN IHRES ALTERS JAHR.

Die offenen Stellen sind nicht ausgefüllt. Es hat also die Frau dieses Epitaphium für ihren Mann nach dessen Tode und zugleich für sich setzen lassen; nach ihrem Tode ist aber die Ausfüllung der Lücken versäumt.

Unter und über den Figuren stehen folgende Wappenschilde: unter der Figur des Mannes: v. Lützow, unter der Figur der Frau: v. Bülow; über der der Figur des Mannes:

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v. Lützow und v. Winterfeld, über der Figur der Frau v. Bülow und v. Loo (Wappen der Aeltern).

Jaspar v. Lützow, Sohn des Wipert v. Lützow auf Berlin und der Ursula v. Winterfeld, war Besitzer von Goldenbow und Banzin, also für Banzin in Vellahn eingepfarrt, auch Besitzer von Perlin. Banzin war bis 1658 und Perlin bis Ende des 18. Jahrh. im Besitze einer Linie der v. Lützow.

Anna v. Bülow war die Tochter des Cord v. Bülow auf Plüschow und der Anna v. Loo. Die v. Loo, welche ein Kammrad im Schilde führten (vgl. Mekl. Urk.=Buch VI, p. 4008, Urk. vom J. 1318), saßen auf dem kleinen Gute Scharfstorf bei Wismar, in der Pfarre Beidendorf. Johann v. Loo, der letzte seines Geschlechts, war ohne männliche Erben gestorben und hatte zwei Töchter, Anna und Ilse, als Erbjungfern von Scharfstorf hinterlassen. Im J. 1526 verlieh der Herzog Heinrich dem Cord v. Bülow auf Plüschow, welcher die ältere Loo'sche Tochter Anna heirathete, eine Hälfte des Gutes Scharfstorf. Anna v. Loo starb erst im J. 1595. Ihre Schwester Ilse, welche an Dinnies v. Pressentin verheirathet war, starb nach ihr als die letzte ihres Geschlechts. Cord's v. Bülow Sohn Paul kaufte darauf die andere Hälfte des Gutes Scharfstorf. Ueber alle diese Vorgänge vgl. Lisch Geschichte des Geschlechts v. Oertzen II, A, S. 211 flgd.

In dem Visitations=Protocolle vom J. 1704 heißt es: "In dem Gange unter der Abseiten ein Grab der v. Lützow auf Goldenbow, soll selbiges wegen Banzin prätendiren." Das Epitaphium steht also vor dem Grabe.


Die Kapellen oder Filialkirchen

der Pfarre Vellahn.

Die Kirche zu Vellahn hat 2 Tochterkirchen oder Kapellen, zu Marsow und zu Banzin. Ueber diese berichtet das Visitations=Protocoll von 1704 Folgendes:

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"Die Kapelle zu Marsow

ist gantz von Mauerstein auffgeführet."

"Die Kapelle zu Banzin

ist von 6 Fach, auf die Hälfte sind die Fächer mit Mauersteinen außgefüllt, die andere Hälfte ist nur von Leimen. Die Westseite ist auch von Leimen und ist ganz verfallen und durchsichtig."

So sind nach den Mittheilungen des Herrn Präpositus Tapp die beiden Kapellen noch heute, jedoch gebessert und restaurirt.