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Erachten
der Wismarschen Prädicanten vom Jahre 1534
betreffend
Von
Dr. Crull in Wismar.
S o gut man auch über die äußere Geschichte der Reformation in Meklenburg unterrichtet ist, so wenig bekannt sind doch im Ganzen die Ansichten der verschiedenen Personen, welche hier die Kirchenverbesserung in die Hand nahmen. Daß dieselben nicht in allen Punkten übereinstimmten, läßt sich von vorne herein vermuthen und ist auch, was Wismar insbesondere anlangt, zur Genüge bezeugt. Ein gemeinsames Erachten aber haben die Prädicanten alldort im Jahre 1534 zu Stande gebracht, welches eben so sehr als Zeugniß ihrer Meinungen der Veröffentlichung werth erscheint, wie der Sache wegen, auf die es sich bezieht; dieselbe ist keine geringere als der berüchtigte Ehescheidungshandel König Heinrichs VIII. von England.
Bei der knappen Weise, in welcher die gangbaren historischen Handbücher diese Angelegenheit behandeln, wird es sich zum Verständnisse empfehlen, dieselbe kurz zu vergegenwärtigen. Heinrich also hatte sich nach dem Tode seines älteren imbecillen Bruders im Jahre 1509 mit dessen Wittwe oder Verlobten - es ist nicht ausgemacht -
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Katharina von Arragonien auf Dispens des Papstes Julius II. vermählt. Die Königin war aber älter als ihr Gemahl und hielt sich ascetisch strenge, während dieser Wohlleben und Ueppigkeit liebte, und, als dazu die in solcher Ehe erzeugten Kinder bis auf eine Tochter alle bald nach der Geburt wieder starben, erweckten religiöse Scrupel und Sinnlichkeit mit einander in dem "Vertheidiger des Glaubens" den Gedanken, sich von Katharina zu trennen und ein Hoffräulein wieder zu ehelichen, welches durch Sprödethun seine Neigung zu schmachvoller Leidenschaft zu steigern gewußt hatte. Vorwand zur Scheidung bot der schon früher ausgesprochene Zweifel, ob der Papst befugt sei, von den Anordnungen der heiligen Schrift zu dispensiren. Der Proceß wurde bei der Curie anhängig gemacht und Clemens VII. ließ sich herbei, ein Commissorium zur Betreibung desselben in England zu ertheilen, rief den Prozeß aber, als die Königin appellirte, nach Rom ab. Heinrich, welcher bei dem Entgegenkommen des Papstes an der Erreichung seiner Absichten nicht gezweifelt hatte, fühlte sich dadurch auf das Tiefste verletzt und gerieth außer sich, als er vernahm, daß der Commissarius des heiligen Stuhles in Folge der Abrufung die bereits nach England mitgebrachte Bulle, welche die Scheidung aussprach, verbrannt habe. Mit Begierde ging er auf den ihm gegebenen Rath ein, überallher Gutachten einzuholen, um mit deren Hülfe sein Vorhaben als wohlberechtigt sich und aller Welt vorstellen zu können. Bei weitem die meisten dieser Response, vorzüglich die der Französischen und Italienischen Facultäten, erklärten sich für den Fragsteller und gegen Katharina, gegen die Muhme des Kaisers, die Englischen Doctoren waren schwieriger, Zwingli entschied sich für Trennung der Ehe und die Lutherischen sprachen sich nicht gleichmäßig aus 1 ). Da nun weiter der Proceß in Rom aus nahe liegenden Ursachen nicht von der Stelle kam und offenbar absichtlich in die Länge gezogen wurde, so riß dem Könige endlich die Geduld. Des Bischofs von Rom Primat wurde für nichtig erklärt, Peterspfenning und Annaten sollten nicht mehr gezahlt, Appellationen nicht weiter an den päpstlichen Stuhl gerichtet werden: auch in geistlichen Dingen wollte der hochmüthige Tyrann oberste und höchste Autorität für seine Unterthanen sein. Das erzbischöfliche Gericht zu
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Canterbury wurde mit der Entscheidung des königlichen Handels beauftragt und alsbald auch von demselben, am 23. Mai 1533, die Erklärung der Ungültigkeit des päpstlichen Dispenses und der Nichtigkeit der Ehe des Königs erlangt. Nachdem so der Bruch mit Rom vollständig war, ließ Heinrich alle seine Unterthanen einen Eid schwören, daß sie auf Grund der Nullität seiner früheren Verbindung einzig und allein diejenigen Kinder für legitim und successionsfähig anerkennten, welche die nunmehrige Königin, Anna, ihm gebären würde. Das war aber ein Bruch auch mit Kaiser Karl und führte dazu, daß der König mit dessen Widerwilligen Bündniß suchte.
Es war im September des letztgedachten Jahres, daß man im Englischen Cabinete den Gedanken faßte, Verbindungen in Deutschland anzuknüpfen und namentlich solche mit der Hanse. Demzufolge erschien im Frühjahre 1534 der D. Thomas Legius (Leigh oder Lee) als Englischer Abgesandter in den Wendischen Städten, um diese zu einer Conföderation mit Heinrich zu bewegen. In Lübek, wo er zuerst anklopfte, war dem Könige der Boden durch seinen Ritter Marx Meyer bereits vorbereitet, und man nahm hier die Eröffnungen des Legaten um so bereitwilliger auf, als Wullenwever eben factisch die Dictatur errungen hatte und im Begriffe stand, den unter dem Namen der Grafenfehde bekannten Dänischen Krieg zu beginnen. In Folge der gemachten Propositionen wurden Sendboten nach England abgefertigt und ziemlich weitgehende Instructionen denselben mitgegeben. Am 4. (!) April reiste D. Leigh von Lübek ab über Mölln, bis wohin ihn Sir Marx begleitete, also wohl nach Hamburg - wenn nicht etwa zunächst nach Lüneburg - wo der Rath ihm gegenüber mit ausgezeichneter Klugheit sich benahm. Gleichwie in Lübek ordnete derselbe eine Gesandtschaft ab, welche den Hamburgischen Handelsinteressen günstige Entschließungen der Englischen Majestät zu erwirken, politischen Verpflichtungen wider Kaiser und Reich aber auszuweichen wußte und, als sie die Heimreise antrat, den Superintendenten ihrer Stadt dem Könige hinterließ, um mit diesem seine Angelegenheit nach Herzensluft weiter zu tractiren 1 ).
Von Hamburg ging der Legat nach Wismar - am 11. April gab der Rath nach Rostock Kunde von der Botschaft
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- wo er Folgendes vortrug. S. M. von England, sagte er, sei durch die nichtswürdigsten Beleidigungen nicht veranlaßt, sondern gradezu gezwungen, der allgemeinen Kirche seine Sache zur Entscheidung vorzulegen und an ein demnächst abzuhaltendes allgemeines Concil feierlich zu appelliren. Der Römische Bischof habe diese Appellation nicht angenommen, sondern verworfen und dem Könige, dessen Sache er anfänglich sich günstig erklärt, seinen Glauben gebrochen, indem er das bezügliche Schriftstück habe verbrennen lassen. Auf diese Weise habe derselbe des Königs Person, Herrlichkeit und Ehre wider alles göttliche Recht, entgegen den Privilegien von England, die er doch respectiren zu wollen bei seiner Krönung eidlich versprochen, endlich auch gegen sein bischöfliches Amt durch die nichtswürdigsten Beleidigungen verletzt, indem er ausgesprochen und erklärt habe, daß alle diejenigen, welche die Autorität eines allgemeinen Concils oder den Ausspruch der allgemeinen Kirche seiner Autorität überordneten und erachteten, daß der Papst unter der Kirche stehen müsse, Ketzer und an ihm Verräther seien. Der Allerdurchlauchtigste König sei jetzt an die sieben Jahre durch die leersten Ausflüchte hingehalten und mit den größten Verletzungen und Unbilden beschwert und habe große Summen aufwenden und nichtswürdige Proceduren durchmachen müssen zum unverwindlichen Schaden seines Reiches, dem er aus diesen Ursachen keinen legitimen Thronerben habe geben können. Er ersuche daher den Wismarschen Rath, derselbe wolle sich S. M. in einem künftigen allgemeinen Concile günstig erweisen und beiständig in Bezug auf Genugthuung und auf Entschädigung für die S. M. von dem Römischen Bischofe zugefügten Beleidigungen und nicht minder sorgfältig und eifrig S. M. mit frommen christlichen Rathschlägen nach Kräften unterstützen, wie Hochdieselbe die Angelegenheiten der Stadt dort fördern werde. Weiter wolle der Rath die ihm bereits überantworteten Artikel genau erwägen und, auf welche weise wolche gegen des Papstes Ungerechtigkeit rechtlich zu vertheidigen wären, S. M. sichere Rathschläge mittheilen, wie sie engverbundener Freundschaft und innigem Zusammenhalten entsprächen, inzwischen aber bis zu einem künftigen Concile S. M. günstig und zugethan bleiben. Endlich möge der Rath S. M. geeignete und ausreichend und vollkommen instruirte Abgeordnete zufertigen mit den Artikeln und Punkten (falls sie welche hätten), so die wahre Religion und den reinen christlichen Glauben anlangten, und mit Vollmachten ein Evangelisches Offensivbündniß gegen des Römischen Bischofs Person, wie
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Lehren, so weit sie Gottes Wort widerstritten, zum Abschlusse zu bringen. Habe der Rath außerdem in weltlichen Dingen von des Königs Majestät irgend etwas zu bitten, so wolle S. M. billigem Verlangen überall gnädig und gewierig sich erzeigen und wiederum der Stadt rechten Rath und Beistand in Liebe und Erkenntlichkeit nicht weigern, ja, Alles thun, wodurch wechselseitige Freundschaft und Wohlmeinung genährt und gestärkt werden könnten 1 ). Ob der Legat vielleicht noch nähere Vorschläge wegen des Offensivbündnisses gemacht oder gar einen ähnlichen Vertragsentwurf vorgelegt hat, wie er es in Lübek gethan, muß dahin gestellt bleiben, die Artikel des Königs aber, von denen in seinem Vortrage die Rede ist, sind wesentlich dieselben, welche er dort wie in Hamburg übergab, und zwar folgende:
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Aus alle diese Dinge verlangte der D. Legius Antwort und Erklärung. In früheren besseren Tagen würde der Wismarsche Rath einen Gesandten des Königs von England mit eifrigem Entgegenkommen empfangen haben, aber Heinrichs Botschaft fiel in den Anfang des Endes der hansischen Conföderation. Während vordem der nordische Handel so gut wie ausschließlich in den Händen der verbündeten Städte lag, nahmen jetzt Holländer und Engländer immer weiter ausgedehnten Antheil an demselben, die Könige von Dänemark und Schweden emancipirten sich mehr und mehr von den Deutschen Kaufleuten und die Wohlfahrt der auf den Verkehr mit jenen Reichen angewiesenen Ostseestädte sank zusehends, die der einzelnen um so schneller, je weniger günstig dieselbe in commercieller Hinsicht situirt war. Am frühesten machte daher die Ungunst der veränderten Richtung des Handels in Wismar sich geltend, welches wohl den Schiffen einen ausgezeichneten Ankerplatz bietet, aber nur ein verhältnißmäßig unbedeutendes natürliches Handelsgebiet besitzt. Dazu kam, daß die letzten nordischen Kriege die schwindenden Mittel der Stadt bereits übermäßig in Anspruch genommen hatten, daß mehrjährige Differenz zwischen Rath und Bürgerschaft nicht lange erst ausgeglichen und gegenseitiges Vertrauen und Sicherheitsgefühl wohl schwerlich völlig wieder hergestellt waren. Landkundige Mittellosigkeit 2 ) und dabei sichere Aus=
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sicht auf einen neuen Krieg: nicht allzu angelegentlich wird man die Eröffnungen des königlichen Gesandten entgegen genommen haben. Und doch hörte man denselben vielleicht nicht ganz theilnahmlos an. Alte Erinnerungen mußten wieder aufleben, und welcher kühnen Pläne auch untergeordnete politische Kreise damals fähig waren, das zeigt die Geschichte Wullenwevers auf das Deutlichste. Zwar sind die Rathmannen in den übrigen Wendischen Städten von letzterem und den durch seine Briefe und Emissäre aufgeregten Bürgern zur Betheiligung an seinem Vorgehen offenbar mehr gedrängt worden, als daß sie demselben neben der Unterstützung auch rückhaltloses Vertrauen entgegen gebracht hatten, doch ist gleichmäßig wie der in den anderen städten auch der Wismarsche Rath von dem auf Neues und große Dinge gerichteten Geiste, welcher die Gemeinden beherrschte, ohne Zweifel nicht unberührt geblieben. somit wies man die Englischen Propositionen nicht schlechthin von der Hand, aber man hatte doch auch den Muth nicht mehr, wie Hamburg für die mercantilen Interessen der stadt Vortheile aus der Situation zu erstreben. Der Rath antwortete dem Legaten ausweichend, Verbindlichkeiten hinausschiebend und ganz allgemein. Er sagte willig dem Könige die guten Dienste der Stadt zu, in soweit sie solche zu leisten vermöge, und versicherte ihre Bereitwilligkeit, ihm nach Kräften beizustehen, wo das die übrigen Wendischen Städte auch thun würden. Die Artikel anlangend, so möchten sie wohl im Evangelium begründet sein, dem man auch in Wismar anhange und bei welchem man zu bleiben gedenke. Schriftliche Antwort wurde dem Legaten auf seine Wiederkunft zugesagt. Dieselbe ist nicht erhalten, doch läßt sich vermuthen, daß sie bezüglich des Bündnisses und der Hülfe, welche der König wollte, grade so wenig eingehend, so unverbindend gewesen ist, wie man sich bereits dem D. Legius gegenüber mündlich geäußert hatte. Desto mehr aber war man bedacht, auf die Artikel zu dienen, da dies unverfänglich und mit Kostenaufwand nicht verknüpft war. Der Rath beantwortete solche jedoch nicht selbst, sondern überwies sie, sei es aus seltener und darum anerkennenswerther Bescheidenheit oder aber, weil man in diesen Dingen nicht übereinstimmte 1 ), den Prädicanten, damit selbige ein Erachten darüber ausstellten, welches man der Antwort zu Grunde zu legen oder in seinem Wortlaute beizugeben im Sinne hatte. Dies Erachten
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ging am 16. April aus der Schreiberei ein und besagte Folgendes:
Wir erachten gemäß dem göttlichen Gesetze, unter welchem wir das heilige göttliche in der Schrift enthaltene Gebot Gottes, wie uns dasselbe von den Evangelisten und Aposteln überliefert ist, ja auch das alte Testament verstehen, bezüglich der Thesen des Königs solchermaßen.
Die Ehe anerkennen wir als eine göttliche Sache, halten sie in höchsten Ehren und nehmen uns selbst ihrer an.
In der Schrift des evangelischen Gesetzes, welches wir das göttliche Recht nennen, sind bestimmte Grade der Blutsverwandtschaft oder Verschwägerung bei Eingehung einer Ehe mit ausdrücklichen Worten den Gläubigen von Gott weder geboten, noch untersagt, sondern von Christus und seinen Aposteln freigelassen, wie auch denen solche Grade frei standen, welche nach dem Rechte der Natur lebten.
Im Mosaischen Gesetzbuche aber, unter dem wir nicht stehen, sind derartige erlaubte und verbotene Grade in Bezug auf Eheschließung festgesetzt; ja es ist bekannt, daß göttliches und natürliches Recht die Hausfrau des ohne Kinder verstorbenen Bruders zu ehelichen gebieten.
Wenn wir unter dem evangelischen Gesetze stehend beim Eingehen einer Ehe diesen oder jenen Grad der Blutsverwandtschaft oder Schwägerschaft berücksichtigen, so thun wir dies nicht deswegen, weil solche uns von Christus und seinen Aposteln mit ausdrücklichen Worten verboten wären, sondern vielmehr um Anstoß und Aergerniß bei den Schwachen zu vermeiden, welche das Gesetz Gottes und die Evangelische Freiheit noch nicht begriffen haben, oder weil die Gewohnheit unserer Zeit solche und dergleichen Verbindungen noch nicht ertragen und zulassen kann.
Das endlich bekennen wir nach Christus' Ausspruche im Evangelium unerschütterlich als göttliches Recht und Gebot: wer seine Hausfrau verstößt außer um Hurerei willen und eine andere freiet, der begeht Ehebruch und es begeht Ehebruch auch der, welcher eine Geschiedene freiet.
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Den übrigen Sätzen des Königs schließen wir uns vollständig an und stimmen ihnen bereitwilligst zu.
Um uns aber nicht das Ansehen zu geben, als glaubten wir es besser zu wissen denn Einsichtigere und ordneten uns solchen über, so unterwerfen wir uns und vorstehende unsere Meinungsäußerung dem weiseren Rathschlusse und Urtheile der allgemeinen christlichen Kirche und Anderer, die es besser als wir verstehen, diese Sache zu lösen und zu entwickeln 1 ).
Bei dem Wismarschen Rathe kann dies Erachten, dessen sachliche Beurtheilung billig der Fachwissenschaft überlassen bleibt, den Verfassern kaum besonderen Dank eingetragen haben, denn da dasselbe dem Könige gefallen haben würde wie Paulus' Rede dem Felix, so war man genöthigt, bei der Abfassung des dem Gesandten zugesagten Schreibens auf seine Benutzung schlechterdings zu verzichten. Man wird es zu den Acten genommen und dem Legaten bei seiner Rückkehr von Rostock und Stralsund, wo er vor dem 14. April eingetroffen und auf einen gemeinsamen Beschluß der Städte vertröstet worden ist, eine Antwort mitgegeben haben ohne greifbaren Inhalt, ohne reelle Zusagen, aber voll allgemeiner und klingender Redensarten, in denen die Diplomatie der Hansestädte hinreichend gewandt war. Weitere Folgen hatte diese Englische Gesandtschaft übrigens nicht, weder für die Wendischen Städte in ihrer Gesammtheit, noch für Wismar insbesondere.
Das mitgetheilte Erachten ist von den Einzelnen, die an seiner Abfassung betheiligt waren, nicht unterzeichnet, noch sind dieselben im Eingange genannt, ja auch die Hand, welche dasselbe geschrieben, ist keine bekannte; so ist die Frage nach den Verfassern nur mit theilweiser Sicherheit zu beantworten.
Es dauerte Jahre, ehe die Reformation in Meklenburg Fuß faßte. Die große Masse der Laien betrachtete wohl die religiösen Bewegungen im Oberlande lange, wie die von jeher gewohnten geistlichen Zänkereien, und auch dem Klerus brannte schon das Dach über dem Kopfe, ehe er gewahr wurde, um was es sich handelte. Die damaligen Landesherren, Herzog Heinrich V. und Herzog Albrecht VII., verhielten sich im Anfange gleichfalls beobachtend und erst im Jahre 1524 ist von letzterem entschieden Partei genommen.
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Derselbe vermählte sich am 17. Januar dieses Jahres mit einer Brandenburgischen Markgräfin und brachte von seiner Hochzeit einen Lutherischen Capellan mit nach Wismar 1 ), welchen er hier in S. Jürgen, der Hofkirche, die Fasten= und Osterzeit predigen ließ. Die Wismarschen waren übel damit zufrieden, wie der eingeborene zeitgenössische Chronist Reimer Kock berichtet, aber vermuthlich deswegen, weil sie in jener Anordnung einen fürstlichen Uebergriff sahen 2 ), denn keinen Widerwillen, sondern Förderung vielmehr fanden die Predigten Hinrich Nevers, welcher im Grauen Mönchen=Kloster als Reformator sich aufthat, und zwar in dem Maße, daß der Rath am 14. März 1525 den bisherigen Gardian absetzte und jenen wiederum als solchen bestellte. Ob der Rath aus eigener Machtvollkommenheit oder mit Gutheißen der beiden Landesherren diesen Schritt gethan, ist nicht bekannt. Herzog Albrecht mag damit einverstanden gewesen sein und Herzog Heinrich hat mindestens sich nicht widersetzt, sondern sich damit begnügt, Excessen vorzubeugen, welche dem Klerus von Seiten der aufgeregten Menge drohten. Nevers Ansichten waren selbständige, aber solche, welche allseitig Beifall fanden, und so konnte er auch nach dem Siege des Lutherthums im Lande in seiner Wirksamkeit sich behaupten bis zum 26. December 1541, wo er abgesetzt wurde, da die allgemeine Meklenburgische Kirchenvisitation erklärt hatte, Never sei "ein Sacramentarius und Papist" und halte nichts von der heiligen Taufe und Absolution 3 ). Nach dieser Stellung Nevers in der Stadt kann es keinem Zweifel unterliegen, daß er an unserem Gutachten und vermuthlich in vorwaltendem Maße betheiligt gewesen ist.
Ein zweiter Barfüßermönch Namens Clemens Timme hat Never bis zum Jahre 1527 secundirt, wo er die Schule zu S. Nicolai übernahm. Später ging er aus Wismar fort und kommt also bei dem Erachten nicht in Betracht; eben so wenig ein dritter Mönch, Johannes Windt mit Namen,
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der nur bei einem Scandale in S. Nicolai 1524 aufgetreten zu sein scheint.
In S. Nicolai Kirchspiel, in dem das Kloster der grauen Mönche eben lag, brach der Sturm mit so größerer Heftigkeit los, als hier ein, wie es scheint, eben so schwacher wie unfähiger Mann, Franz Werkmeister, seit 1509 Pfarrherr war. Schon 1518 behandelten ihn die Vicare und Commendisten seiner Kirche respectwidrig, und als die reformatorische Bewegung in Wismar im Jahre 1524 in Fluß kam, bat er im Bewußtsein seiner Untüchtigkeit Herzog Heinrich, eine Permutation eingehen zu dürfen 1 ). Das ist ihm aber abgeschlagen, und so reichte er am 11. November seine Resignation ein, welche aber vom Herzoge auch nicht sofort angenommen worden ist, da Werkmeister am 18. December es erleben mußte, daß die Seeleute seine Kanzel für den bereits genannten Johannes Windt mit Gewalt erzwangen 2 ). Ja, es ist sogar wahrscheinlich, daß Werkmeister Pleban geblieben ist und fürstlichen Schutz gefunden hat, da er 1526, April 18, vom Rathe und 1528 von den Vicaren noch als solcher bezeichnet wird. Im Jahre 1533 nennt er sich selbst Kirchherr zu s. Nicolai und So nennt ihn auch der Rath 1536, 1538, 1539, 1545, 1546, 1550 und 1551; nur ein Mal, 1537, October 15, steht er mitten inne zwischen anderen Mitgliedern des minderen Kalands, als diese dem Rathe ihre Rentenbriefe aushändigten, ohne alle Auszeichnung. Ferner paßt das, was in dem Protocolle der Kirchenvisitation von 1541 von dem - nicht mit Namen aufgeführten - Pastor zu s. Nicolai gesagt ist, ganz wohl auf Werkmeister, welcher - seine Hausfrau wird 1545 erwähnt - schließlich in die neue Ordnung der Dinge sich gefunden hat. Wann dies geschehen, ist aber nicht zu ermitteln, und daher auch seine Betheiligung am Erachten zweifelhaft, im Falle derselben diese aber schwerlich von Bedeutung gewesen.
Hat Herzog Heinrich durch schutz des von ihm eingesetzten Pfarrherrn seine landesherrliche Autorität gewahrt, so hat er doch auch dem Verlangen der Menge Genüge gethan, indem er 1527 Jürgen Berenfelder als Prediger zu s. Nicolai anstellte. Die Thatsache wird nicht zu bezweifeln sein, wenn Berenfelder auch, wie schröder schon bemerkt, in Wismarschen Archivstücken nicht begegnet 3 ).
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Er war aber Ende 153l bereits in Friedland 1 ) und hat somit keinen Antheil an unserem Gutachten.
Ebenso wenig wurde sein Nachfolger Laurenz Heisack oder Heißacker dabei thätig, welcher, 1518 zuerst vorkommend, als Testamentarius des Vicars Christian Reberg, 1531, November 18, bis 1533 Capellan zu S. Nicolai gewesen ist; am 25. November des letztgenannten Jahres war er bereits verstorben. Ein Bürger gleichen Namens, muthmaßlich sein Sohn, kommt 1557 vor 2 ).
Seit vor 1531 predigte in Wismar auch Hinrich Timmermann, da am 19. Juni dieses Jahres von Seiten Rostocks vertraulich angefragt ist, ob man Jenen, der guter Lehre und guten Wandels sein solle, wohl fortlassen würde. Aus seinem Weggange ist aber nichts geworden und wird er sowohl im Visitationsberichte von 1535 als auch in dem Mahnschreiben der Hansestädte vom selbigen Jahre, wie endlich im Visitationsprotokolle von 1541 als Meinungsgenosse Nevers genannt; gleichzeitig mit diesem wurde ihm das Predigen gelegt. Unter diesen Umständen ist seine Betheiligung an dem Erachten nicht in Frage zu stellen 3 ). Wo aber Timmermann gepredigt hat, ist nicht sicher. Nach dem hansischen Schreiben erscheint er als Nevers Specialcollege, während das Visitationsprotokoll ihn Capellan zu S. Nicolai nennt. In Beihalt dessen, daß unmittelbar darauf an letzterer Stelle gesagt ist, der Pastor zu s. Nicolai bedürfe eines Capellans, und Herzog Heinrich 1541, August 14, einen Prediger für die nicht wohl versorgte Kirche zu S. Nicolai anbot, scheint die Bezeichnung des Visitationsprotokolls auf einem Versehen zu beruhen und Timmermann wirklich zu der "Versamlung, de jetzund (1534) dar is to samende" 4 ) im Franziskanerkloster, gehört zu haben.
Wenn Hinrich Timmermann nach Heißackers Toden icht Capellan zu S. Nicolai gewesen ist, so hat Franz Werkmeister entweder keinen wieder gehabt, was nicht glaublich, oder der Name desselben ist nicht aufbewahrt. Wahrscheinlich ist er, wie auch 1541, nur temporär ohne Unterstützung gewesen, denn zu einer gewissen Zeit, die ich zwischen 1538 und 1541 glaube setzen zu dürfen, wird der 1528 aus Lübek fortgewiesene Michael Fründt als an S. Nicolai in Thätig=
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keit genannt 1 ). Derselbe kommt nur bei einer einigen Gelegenheit vor und ist nicht zu erkennen, ob er 1534 bereits in Function war.
Mit großer Sicherheit dagegen darf man Erasmus Veddermann unter die Mitarbeiter an unserem Erachten zählen. Er war 1514 Küster am H. Geiste 2 ), 1518 wird er Priester der ersten Messe und zuerst 1526 Kirchherr daselbst 3 ) genannt. Sein Anschluß an die Reformation mag sehr früh datiren, da der Rath Patron der Kapelle des Hauses zum H. Geiste war, jedenfalls vor 1533, da in diesem Jahre der Klerus von S. Jürgen, zu dem Veddermann gehörte, sich in seiner Gesammtheit, wie es scheint, der weltlichen Obrigkeit auf Discretion ergab. Im Jahre 1548 kommt Veddermann zuletzt vor.
Eben so unzweifelhaft und jedenfalls bedeutender als die Theilnahme Veddermanns, der im Visitationsprotokolle von 1541 ein ziemlich flaues Lob erhält, ist diejenige des oben bereits genannten Heinrich Möllens. Diesem verlieh Herzog Albrecht nach M. Joachim Litzemanns Tode 1527 die Pfarre zu S. Jürgen, und hat er dieselbe bis 1545 inne gehabt; 1546 wird seine Wittwe genannt. Das Visitationsprotokoll von 1541 bezeichnet ihn als einen gelehrten Prediger und qualificirt mit demselben rühmenden Prädicate auch seinen Capellan, der aber wie jener nicht mit Namen genannt ist. Es muß also dahin gestellt bleiben, ob Johann Kale bereits 1534 diesen Posten einnahm. Schröder führt ihn überall als Möllens' Gehülfen auf, doch nöthigt der Wortlaut Seiner Quelle, deren Zuverlässigkeit überdies nicht allzu groß erscheint, kaum zu der Annahme, daß Kale dies von vorne herein gewesen ist. Im Jahre 1535, wo er zuerst begegnet, bittet der Propst von Neukloster, ihn nebst einigen Bürgern als Vormund einer Klosterjungfrau zu bestätigen, und bei dieser Gelegenheit wird er schlechthin als Priester
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bezeichnet 1 ). Jedenfalls wird er aber 1538 Capellan zu S. Jürgen gewesen sein 2 ).
An S. Marien ist für die Zeit unseres Erachtens kein Prädicant nachzuweisen. Kirchherr war hier, vermuthlich seit 1515, der bedeutende, dem Herzog Albrecht bediente D. Johann Knutzen, welcher noch 1543 auf S. Marien Wedem eine Urkunde ausgestellt hat und 1546 starb, ein entschiedener Anhänger der alten Kirche 3 ). Als erster und zwar 1528 von Herzog Heinrich bestellter Pastor wird freilich Paul Meklenburg genannt, doch ist die Quelle dieser Angabe eine solche, die nicht viel Vertrauen fordern kann 4 ), und es widerspricht derselben die Thatsache, daß der Rath sich im Anfange des Jahres 1535 um einen Evangelischen Prädicanten zu U. L. Frauen bemühet hat 5 ), Meklenburg auch vor 1538 in Wismarschen Urkunden, so weit sie erhalten sind, nicht genannt wird 6 ). Letztere Zahl legt aber die Vermuthung nahe, daß er eben 1538 und nicht 1528 eingesetzt worden ist.
Eine jetzt nicht mehr vorhandene "kleine geschriebene Wismarische Chronika eines Ungenannten" führt noch als Kleriker, die nicht allein zustimmend, sondern auch gewissermaßen fördernd schon 1527 auf Nevers Seite traten, folgende auf: M. Johannes Hane, M. Johannes Kröger, Albert Ruge, Laurenz Bonsack, Johannes Holste und den Schulmeister zu U. L. Frauen Johannes Hertenus 7 ). Abgesehen von der Frage, wie viel Glauben diese sogenannte Chronik, die offenbar keine gleichzeitige, sondern ein viel späteres Elaborat gewesen ist, sowohl allgemein, wie bezüg=
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lich dieser Angabe verdient, können die gedachten Personen an dem Erachten keinenfalls mitgewirkt haben, denn die Unterschrift desselben bezeichnet nicht die Evangelisch gesinnten Geistlichen Wismars überhaupt, sondern speciell die Prädicanten alldort als Votanten, und eine solche Stellung ist von keinem der Obgemeldeten nachzuweisen oder auch nur wahrscheinlich zu machen 1 ).
Sonach kann mit Sicherheit angenommen werden, daß Hinrich Never, Hinrich Timmermann, Heinrich Möllens und Erasmus Veddermann Theil genommen haben an der Herstellung des Erachtens, während die Frage, ob auch Franz Werkmeister und Johann Kale dazu beitrugen, vor der Hand unbeantwortet bleiben muß, bis sich etwa Daten finden, welche eine engere Begränzung ihrer Thätigkeit ermöglichen, und das gilt von Michael Fründt und einem schattenhaften Prädicanten zu S. Jakob, Johann Schröder 2 ), noch viel mehr.
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Franz Werkmeister, Pfarrherr zu S. Nicolai in Wismar,
an Herzog Heinrich V.
D. d. Wismar. 1524. Juni 26.
Dorchluchtige, hochgeboren furste vnd here, gnedige furste vnd here. Myn demodige bedt thu gade deme heren vnd myne boreide willige denste syn J. f. g. myth vngespareden flite alle tidt vor ahn wolboreidt. Gnedige furste vnd here. Ick bedancke J. f. g. aller gnaden vnd gnediges willen, dar myth J. f. g. my armen manne gnedichlik vorsorget hebben, alze myt der kercken sancti Nicolai bynnen J. f. g. stadt Wismer. Dewile nhu leyder de grote twispaldrige erdoem vnder deme Cristlikeme volcke gewussen vnd sunderlix merckliken in mynem berortem carspell vppgesta e n, dath dath gemeyne volck gar vorbisterth vnd gans errich dweleth, ock sick vast affdeith kercklike gerechtigheidt to holdende vnd tho betalende, dath my tho grotem schaden vnde nadell myner tafelen vnd husholdinge gelanget. Ick bovole my ock von ampts wegen myner kercken alze eyn pastor schuldigh myne bovalen vnde ghetrweden schape to weidende myt guder lere, szo byn ick doch dar tho gans vngeschickt vnd dorgh myne lange trwen denste vorsumet, dath ick my ock in myner jungen jagedt dar tho nicht hebbe gegeuen, dath ick sodan carspell (wo sick dath woll eegeth vnd gebort) in synen ampten vnd gerechtich-
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eiden szo gans woll nicht kan vnd weth vortostande. Dath ock dath karspeluolck (dorch my alzo scholde vorsumeth werden) vorth ahn erren vnd dwelen scholde, dath were myner armen zelen vnd conscientien eynn grodt bedruck, besorge my ock myner armen zelen dusses eyne entgeldtnussze vnde sware straffe. Ick hebbe ock to tiden myth der kercken denheren, alze capellan, vicarien, scolemesteren vnd costerenn, vmme onre vorsumenissze vnde vnschicklicheidt vele wedderwillen vnde vordretes, dath ick ohn bowilen nicht raden kan. Vnd alzo vth dusszen vorigen orsaken vnd anderen anliggenden hebbe ick vaken by my suluen gedacht, dath myne gedachte kercke wol egende eynen guden vorstendigen man, de des predickstols vnd der anderen godtliken ampte suluest gewarden konde, dath he de vorsumenisse vnd trachlike vortgenge des capellans vnd der anderen kerckendenhre mochte dorch sick suluen vorkomen, wente de kerckhere tor tidt hofft ock nichts in renthen vnd jarliken vpkumpsten von der kercken, men allene, alze he dageliks vth der kercken vordenet. Wowoll ick ock nicht anders, den dusse vorscreuen kercken. hebbe, dar ick my vppe de lenge moge von voden, szo wolde ick denne noch gans gerne alhir in sunte Niclawesz kerken alhir thor Wismer (vmme gunst vnd kunschup der gedachten karspellude) bliuen vnd byn myth jegenwardigen heren Corde Huxter, prester vnd in dusser myner vorscreuen kercken vicario, (de itlike jare myt kercken vnd capellanien hefft vmmegegan, ock dar tho geschickt) vmme gedachte syne vicarien vnd ander boringe vnd myne kercken tho permuterende dorch gudtlike vorhandelinge auer eynn gekomen. Vnd is derhaluen myne demodige bede myth hogen flite an J. f. g., de suluen willen my mynes langen denstes (den ick trwelick geda e n) gnedichlick laten geneten vnd my hir inne nicht anders denne myt deme bestenn bodencken vnd in szodane permutacion consentieren vnd gnedichlick willigen vnd vulborden, ock alze denne vppe myne resignacion vpgemeltenn heren Corde tho der vakengenomeden kercken sancti Nicolai tor Wismar vorth an denomineren. Dath willen he vnd ick sampt vnd besunderenn vmme J. f. g. myth vnseme demodigen bede tho gade deme allmechtigenn vnd vnszen willigen densten nach alle vnsem vormoge stedtlick gerne vordenen, kennet godt, deme ick J. f. g. in gluckzeligem regimente lange sunth vnd saligh tho entholdende bouele. Vth der Wismer
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Sondages nha Johannis baptiste anno dommi MDXXIIII vnder myneme signete.
Jwer furstliken gnaden
gehorsame capellan vnd willige denher
Franciscus Werckmester.
Dem dorchluchtigen hoichgebornen fursten vnnd heren heren Hinricke, hertogen thu Meckelenborgh, fursten tho Wenden, grauen tho Zwerin, Rostock vnd Stargarde der lande heren, myneme g. heren. vnderdanichlick.
Nach dem Originale im Großherzoglichen Archive zu Schwerin nach Mittheilung des Geb. Archiv=Raths Dr. Lisch. Das Siegel zeigt einen mit drei schräge abwärts gestellten Kleeblättern belegten rechten Schrägebalken im Schilde; über diesem die Initialen F. W.
Franz Werkmeister, Pfarrherr zu S. Nicolai in Wismar,
an H. Heinrich V.
Minenn vnderdanighenn, vorplichtigen, steden, bireiden denst etc. Dorchluchtige hochgeborn forste, gnediger here. Ick voge Jwer f. g. klegeliken. weten, wo nu amme Sondage negest vorschenen idhke myner kerspellude buthen mynen willen vnde bywust weltliken eyn vorlopen monnick (wo mhen secht) vppe denn predickstoel binnen in myner ^ kercken (van Jw. f. g. gnedeliken vorleneth) ingheuorth tho prediken des morgen, nha seuen slegen, dar ik byn entiegen ghekomen. midt hulpe frowen vnde mannes, den suluen dar affghewiseth etc. Dar bauen, g. l. h., noch andermals de szulffte vorlopen monnick midt idliken borgeren vnnde ander szyne anhengeren midt mesten vnnde bilen vppen slach van tuelffen gheprediketh my in eyme scampf vnnde in vne e re, ok vorkortinge mynes standes Jw. f. g. kercken tho holden. Is hir vmme, dorchluchtige, hochgebaren g. f. vnnde here, myn demodige bigher ok dorch godt, Jw. f. g. my als Jwer f. g. arme dener mochte szo gnedich sick logen vnnde in dissen saken vnnde articulen vnnde ankameden faerlicheiden rades haluen behulplich vnnde
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tho troste komen, dath sulke auerfall vnnde vorweldinge afghestalt mochte werden, ick midt den mynen rowszu e m in frede vnghemoyet mochte bliuen, wente de sulffte sick hefft luden lathen, amme dage Thome apostoli vnnde wider ander festdage szo weltliken dencket tho prediken vnnde dath simpel volck in erdoem tho forende. Jw. f. g. erstmals wolde vorscriuen amme radt vnnde depurterde (!) borgher, szulkes mochte affghestalt werden, offte Jw. g. dachte dar anderwisze vorthonemende szulkes tho stillende, is myn demodige vnnde gans oethmodige bigher vann Jw. f. g. vnnde nha allen vermoge tiegen Jwen f. g. als myn g. l. h. stedes tho vordenen vnderdanich, kendt godt alweldich, den ik Jwen f. g. in ewicheit biuele. Datum Wiszmer amme auende Thome apostoli anno etc. XXIIII.
Franciscus Werckmester,
Jw. f.
g. vnderdanige dener.
Deme dorchluchtigenn, hochgebarnn forstenn vnnde heren heren Hinrick, hertogen tho Mekelenborch, forsten tho Wenden, grauen tho Swerin, Rostock vnnde Stergerden der lande here, mynen g. l. h. vnder[da]nich vnnd denstliken ghescreuen.
Nach dem Originale im Großherzoglichen Archive zu Schwerin nach Mittheilung des Geh. Archiv=Raths Dr. Lisch.
Vortrag des D. Thomas Leigh, Legaten Heinrichs VIII,
von England, vor dem Rathe zu Wismar.
(1534, April 4-11).
Primum . postquam regia maiestas Anglie, multis atrocissimis iniuriis non tantum excitata, sed etiam coacta, vniuersalis ecclesie judicio se submisit atque ad futurum generale consilium solemniter appellauit, quam appellacionem Romanus episcopus non solum reiecit et contemsit, sed etiam fidem serenissimo regi breue quodam propria eius manu regi conscripto et proprium eiusdem judicium, quo ab initio justiciam cause regie suis scripturis et
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decretale quadam sua epistola, quam postea secrete comburire et igni tradere jussit, maxime ille ipse adprobauit, datam fregit sueque maiestatis personam, gloriam et honorem contra omnem juris diuini et humani equitatem, contra regni Anglie priuelegia, que obseruare tempore coronacionis sue juramento suo fuit astrictus et obligatus, denique contra suum episcopale officium atrocissimis iniuriis postea violauit aperte dicens et proclamans omnes homines consilia vniuersalia siue vniuersalis ecclesie judicium sue aucthoritati preferentes et papam ecclesie subesse debere sencientes esse hereticos et sui corporis proditores, rogat ergo serenissimus rex nunc per septem continuos annos inanissimis delacionibus elusus et maximis iniuriis et inequitate pregrauatus non sine maximo aeris sui dispendio nec non diuersis processibus omni jure nullis et inualidis obruta cum irrecupabile regni sui detrimento non prouidendo eidem legittimam successionem, quod eius ruinam in foribus esse ostendebat, vt senatus Westmariensis velit in futuro generali consilio sue maiestati quoad resarciendas et reparandas iniurias 1 a Romano episcopo sue maiestati illatas fauere et adesse consiliumque pium et christianum pro virili prestare non minori cura et diligencia, quam sua celsitudo ciuitatis Westmariensis negocia sit ibidem tractatura.
Secundo . senatus Westmariensis velit articulos nuper oblatos examussim perpendere et, qua racione contra pontificis iniurias iure sint defendendi, tuta consilia et talia, que ad amicorum deditissimorum arctissimaque mutue amicitie officia spectant, dare et sue maiestati amice intimare et interim vsque ad futurum consilium sue maiestati fauere et adherere.
Tercio . senatus velit sue maiestati mittere idoneos legatos et sufficienter et apprimo instructos cum quibusdam articulis et capitulis, si que habent, veram religionem et puram christianam fidem concernentes cum plena auctoritate et mandato de Euangelico federe et liga in Romanum episcopum offensiua, tam contra personam quam doctrinam, quatenus verbo dei repugnant, sanctienda.
Si preterea habeat senatus in rebus prophanis et ciuilibus quedam a regia maiestate petenda, vult semper se sua regia maiestas promptam et benignam iustis et equis peticionibus offerre et ciuitati Westmariensi recta cnsilia et auxilia mutua charitate et gratitudine non denegare, immo omnia adimplere, quibus Westmariensium
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amicitia et beneuolentia cum sua celsitudine inita non tantum nutriri 2 , sed [etiam] augmentari possit.
Im Wismarschen Raths=Archive auf einem Bogen Papier, dessen Wasserzeichen eine offene Hand ist, die auf der Spitze des Mittelfingers einen fünfstrahligen Stern trägt und auf ihrer Fläche nahe dem Handgelenke einen halben Mond zeigt. Die Schrift ist eine gewandte zierliche Cursivschrift, wie sie in Meklenburgischen Schriftstücken erst später gesehen wird. so daß das Dokument wohl der Feder des Schreibers der Legation entstammt. Die Worte 1 iniurias (für inimicitias) und 2 non tantum nutriri (eingeschaltet) sind von einer anderen Hand, vermuthlich der des Legaten. Bei den Acten findet sich auch eine Uebersetzung vorstehenden Schriftstücks von des Stadtschreibers Hand, deren Ueberschrift lautet: 1534. Articuli ofte puncta, so D. Thomas, k. M. to Engelandt legate, in Latine deme ersamen rade vorgegeuenn.
Erachten der Wismarschen Prädicanten über die
ihnen
vorgelegten Thesen Heinrichs VIII.
von England.
D. d. Wismar. 1534. April 16.
Nos qui per jus diuinum, sacram, diuinam atque scripturam dei legem nobis ab Euangelistis atque apostolis traditam, immo et vetus testamentum intelligentes. Ad caput harum regis Anglie proposicionum sic respondendo concludimus
Matrimonium diuinam rem esse nouimus, ipsumque summo honore colimus, et ipsi amplectimur
Jn scriptura Euangelice legis, quam nos jus diuinum appellamus, non sunt expressis verbis certi gradus consanguinitatis auf auinitatis . in matrimonio contrahendo, lidelibus a deo mandati auf prohibiti, sed a Christo et eius apostolis liberi permissi, quemadmodum et hiis, qui sub tempore legis nature, tales gradus liberi permittebantnr,
Jn lege autem Mosaica : sub qua nos non sumus : tales gradus permissionis auf prohibicionis in contrahendo statuuntur. Jmmo eciam . ducere vxorem fratris mortui sine liberis . jure diuino et naturali mandatum esse nouimus
Quando autem nos sub lege Euangelica, illum aut istum gradum consanguimtatis uel affinitatis : in contra-
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hendo matrimonio : intermittimus, non ob id hoc facimus, quia per Christum auf apostolos suos expressis verbis nobis interdictus est, sed magis propter offendiculum aut scandalum infirmorum vitandum, qui adhuc legis dei et libertatis Euangelice ignorantes sunt, auf quia consuetudo nostri temporis adhuc tales aut huiusmodi contractus minime sustinere et admittere potest
Jllud tandem diuinum jus et decretum esse inconcusse profitemur . quod Christum dicit in euangelio. Quicumque repudiauerit vxorem suam : nisi ob stuprum : et aliam duxerit, is committit adulterium, Et qui repudiatam duxerit . is adulterium committit
Sequentes regis Anglie conclusiones sane amplectimur : et facile in eas consentimus
Ne videamur tamen aliis sapientibus nos superiores esse, aut nos illis preferre voluisse . submittimus nos et hec nostra. communis ecclesie Christi et aliorum in ea nobis doctiorum : melius hunc passum soluere et enucleare valentium : saniori consilio et iuditio.
Predicantium Wismariensium. juditium et par consensus ad proposita regis Anglie themata.
Im Wismarschen Raths=Archive auf einem Bogen Papier in alterthümlicher Schriftweise. Die Wismarsche Kanzlei hat darüber geschrieben:
Oblati sunt huiusmodi articuli Jouis post Quasi modo geniti anno 34. Die Interpunction ist genau so gegeben, wie das Original sie hat.
Berichtigungen.
S. 66, Z. 19, l. zweifelt.
S. 78, Nr. 3, Z.
2, l. Rathmanns statt Bürgermeisters.