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Der Altar der Kirche zu Grabow.
Von
Dr. G. C. F. Lisch.
Der alte Altar in der Kirche zu Grabow, welcher eine Zeit lang durch ein modernes schlechtes Oelgemälde verdeckt war, ist seit der Befreiung von dieser Verhüllung häufig Gegenstand ernsterer Betrachtung geworden und viel besser erschienen, als es bei der ersten flüchtigen Anschauung (nach Jahrb. X, S. 319) der Fall sein konnte, um so mehr da er in der protestantischen Zeit unglaublich verschmiert und beschädigt war. Das Werk stellt sich als eine ungewöhnlich große und namentlich in der Architektur außerordentlich reiche Arbeit aus der besten Zeit des gothischen Styls heraus. Daher ist der Altar, welcher stark beschädigt und übermalt war, auf Wunsch des ganzen Stadtraths und auf Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in Restauration 1 ) gegeben und wird nach Vollendung derselben jedenfalls eine große Wirkung machen.
Der Altar ist ein großes Lübeker Werk und von der Stadt Lübek nach dem großen Brande der Stadt Grabow vom J. 1725 zur Unterstützung nach Grabow verschenkt worden (vgl. oben S. 198), jedoch ist es bis jetzt unbekannt, aus welcher Kirche. Auf dem weißen, nicht vergoldeten Kreidegrund der Hinterwand hinter dem Mittelstück steht in gleichzeitiger Schrift:
Und diese Inschrift giebt dem Altare einen hohen Werth, da wir dadurch nicht allein ein sicher verbürgtes Jahr, sondern auch ein Werk aus noch guter Zeit haben, mit der auch die Ausführung vollkommen übereinstimmt.
Der Altarschrein ist ungefähr 6 Fuß hoch und in der Mitteltafel 12 Fuß und in jedem der beiden Flügel 6 Fuß, im Ganzen also 24 Fuß breit. Außer dem Mittelstück enthält der Altar auf den Tafeln 44 ganze, stehende Figuren unter Baldachinen, in der Predelle 12 sitzende Figuren unter Baldachinen und in der Krönungsleiste 20 Brustbilder.
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Die Restauration gebot ein genauer Studium des Werkes und daher kann in Folgendem eine vollständige Beschreibung mitgeteilt werden, welche in vieler Hinsicht von Werth werden kann.
Jeder Flügel enthält 6 Nischen, jede für ein Heiligenbild. Die Mitteltafel enthält jedoch an jeder Seite nur 5 Nischen, so daß für das Mittelstück, das Hauptbild, nur ein Raum von 2 Nischen Breite zur Verfügung gestanden hat. Dieser Raum ist also verhältnißmäßig nur sehr schmal.
Das alte Mittelstück ist jedoch nicht mehr vorhanden. Man hat schon in altprotestantischer Zeit, zur Zeit der Renaissance, das uns unbekannte mittlere Hauptbild, welches wohl zu "katholisch" erschienen sein mag, entfernt und dabei zugleich den mittleren Hauptbaldachin verworfen. Jetzt enthält es Christum am Kreuze auf einem Berge, mit Schädel und Beinknochen am Fuße des Kreuzes, und Maria und Johannes Ev. Die Figuren sind gerade nicht ganz schlecht, aber schon flau und offenbar modern. Zum Beweise steht auf der Rückseite des Berges:
Also sind diese Figuren schon früh in Lübek eingesetzt.
Auf der Mitteltafel stehen an jeder Seite des Mittelstücks in 2 Reihen über einander an jeder Seite und in jeder Reihe 5 Figuren, unten Apostel, oben gekrönte heilige Jungfrauen, alle ziemlich ähnlich und viele ohne Attribute. Die Apostel und die weiblichen Heiligen setzen sich in den Flügeln fort. Da viele Attribute fehlten und manche gar nicht vorhanden sind, so hat bei der Restauration Manches durch Forschungen ergänzt werden müssen.
Die Apostel halten alle ein Buch. Die Attribute sind zum größten Theile abgebrochen, jedoch sind die meisten Figuren an den Gesichtern kenntlich. Die Jungfrauen sind sich ziemlich ähnlich. Alle tragen gleiche Kronen auf dem Haupte, welche aus Blei gegossen und vergoldet sind. Mehrere Attribute fehlen.
1. S. Petrus Ap. (Schlüssel).
2. S. Andreas Ap. (Schrägekreuz).
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3) S. Johannes Ev. Ap. Kelch.
4) S. Jacobus d. j. Ap. (Walkerbaum).
5) S. Bartholomäus Ap. Messer.
6) S. Paulus Ap. Schwert.
7) S. Jacobus d. a. Ap. Pilgerstab.
8) S. Thomas Ap. (Lanze).
9) S. Philippus Ap. Doppelkreuz.
10) S. Matthäus Ap. im Kopftuch. Buchbeutel.
11) (S. Christina). Hat kein Attribut gehabt.
12) (S. Cecilia). Hat kein Attribut gehabt.
13) S. Agnes. Lamm.
14) (S. Agatha). (Schere).
15) (S. Apollonia). (Zange).
16) S. Dorothea mit Rosenkranz. Korb.
17) S. Margaretha. Drachen.
18) S. Katharina. Schwert und Rad.
19) S. Barbara. Thurm.
20) S. Hedwig. Kirche.
In den Flügeln
stehen unten die noch fehlenden Apostel und 10 Propheten, ohne Attribute, welche an ihrer seit dem Mittelalter herkömmlichen Stellung kenntlich sind und sich in der Krönungsleiste wiederholen. In den oberen Reihen stehen verschiedene Heilige.
21) S. Mathias. (Beil).
22) Prophet Jesaias.
23) Prophet Jeremias.
24) Prophet Ezechiel.
25) Prophet Daniel. Hinten eingeritzt daniel.
26) Prophet Hosea.
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27) S. Simon Ap. (Säge).
28) S. Judas Thaddäus Ap. (Keule).
29) Prophet Joel.
30) Prophet Amos.
31) Prophet Obadja.
32) Prophet Jona.
33) S. Maria Magdalena. Salbenbüchse.
34) 35) 36) Die Heil. Drei Könige, in verschiedenen Lebensaltern.
37) S. Georgius im Harnisch (Lanze).
38) S. Ursula. Geschlossenes Buch.
39) S. Elisabeth. Brot und Fischteller.
40) S. Michael. Drache.
41) S. Stephanus, Diakon. Steine auf dem Arme.
42) (S. Erasmus). Bischof mit Bischofstab.
43) S. Laurentius, Diakon. Buch. (Rost).
44) Prophet Micha.
welche ungefähr 1 Fuß hoch ist, hat kein hohes Laubwerk zur Krönung, sondern besteht aus Quadraten, welche abwechselnd eine durchbrochene gothische Rosette und in einem runden Rahmen ein Brustbild enthalten.
die 5 klugen Jungfrauen, mit
die 5 thörichten Jungfrauen, mit
Die Lampen haben Glockenform.
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10 Propheten, welche Spruchbänder mit ihren Namen in den Händen tragen:
Zur Rechten: | |
1) | Jesaias. |
2) | Jeremias. |
3) | Hesekiel. |
4) | Daniel. |
5) | Hosea. |
Zur Linken: | |
6) | Joel. |
7) | Amos. |
8) | Obadja. |
9) | Jona. |
10) | Micha. |
welche ungewöhnlich schön construirt ist, enthält 12 Nischen, in denen Figuren sitzend dargestellt sind. Die meisten sind Kirchenväter, deren Namen hinter den Figuren in gleichzeitiger Schrift auf dem Kreidegrund geschrieben stehen und auch mit der römischen Schrift des 16. Jahrh. in Gold auf den Fußboden gemalt gewesen, aber in jungen Zeiten leicht schwarz übermalt worden sind, jedoch so daß die Schrift zum Theil noch leise durchschimmert. Außerdem halten alle Figuren, mit Ausnahme der Jungfrau Maria, ein Band mit einem Spruche in gothischer Minuskel in den Händen, welche alle leider übermalt sind, an manchen Stellen unleserlich, auch oft stark abgekürzt, daher oft nicht ganz sicher aufzulösen und zu erklären 1 ).
In der Mitte der Ansicht sitzt:
1) die Jungfrau Maria, ohne Spruchband, mit einem geschlossenen Buche in der Hand.
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Vor ihr, links in der Ansicht, sitzt:
2) ein Engel mit Spruchband
Zur Rechten des Engels, von der Rechten nach der Linken hin in der Ansicht, sitzen:
3) S. Gregorius (
), mit einer Kappe auf dem Kopfe. Spruchband:
Das ganz fehlende Wort
ist nach dem Vorschlage des Herrn
Professors Krabbe aufgenommen, da "Origines
in seinen Schriften ausführlich von der doctrina
de gratia handelt und der Gedanke auch seiner
dogmatischen Stellung entspricht."
4) S. Hieronymus (
), mit Cardinalshut. Spruchband:
5) S. Augustinus (
), mit Bischofsmütze. Spruchband:
Das zweite Wort war sehr undeutlich (
) übermalt. Nach Krabbe's
Forschung ist wohl sicher
zu lesen, "da dieses Wort
vielfach in den dogmatischen Ausführungen
Augustins vorkommt und der Gedanke seiner
dogmatischen Auffassung entspricht."
6) S. Ambrosius (
), mit Bischofsmütze. Spruchband:
Es kann nicht anders ergänzt werden, als
da im Original ohne Verständniß
, übermalt war.
7) S. Origenes (
), mit Kappe auf dem Kopfe. Spruchband:
Zur Linken der Jungfrau Maria, von der Linken nach der Rechten hin in der Ansicht:
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8) Johannes der Täufer, mit der Rechten auf ein Lamm zeigend. Spruchband:
9) S. Dionysius (
), als Bischof, seine abgehauene
Stirn mit der Bischofsmütze im Arme haltend. Spruchband:
An der letzten Stelle würde
vielleicht besser passen; aber es
stand deutlich
im Original.
10) S. Chrysostomus, als Bischof. Die Hinterschrift des Namens fehlt; es ward jedoch Chrysostomus vermuthet und endlich auch der Name S . CHRYSOSTOMVS durch die schwarze Uebermalung des Fußes durchschimmernd entdeckt.
Das vierte Wort ist im Original durchaus nicht zu
lesen und Herr Professor Krabbe hat keinen
ähnlichen Spruch bei Chrysostomus finden können.
Da nun im Original
oder
zu stehen schien, so habe ich nur
lesen können und aufnehmen zu
müssen geglaubt.
11) S. Bernhardus (
), als Mönch, mit Tonsur. Spruchband:
Wenn auch im Original die ersten Worte dunkel
sind, so werden doch die Worte
nach Sirach 21, 2 richtig sein.
12) S. Benedictus (
), in Mönchstracht, mit Kappe. Spruchband:
Das erste Wort, welches im Original ohne
Verständniß
geschrieben ist, ist, auch im
Einverständnisse mit Krabbe, wohl
zu lesen, da auch die
"Vulgata" diesen Ausdruck immer
gebraucht. Die Schreibung
im Original statt
war offenbar falsch.
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sind gut gemalt und noch gut erhalten. Jede Tafel hat in 2 Reihen übereinander je 3 Bilder, die ganze Fläche der zugeklappten Flügel also 12 Bilder. Je 3 Bilder stellen ein bestimmtes biblisches Ereigniß dar, und zwar in der Ansicht folgende Hauptgruppen je von 3 Bildern.
A. Die Schöpfung. | B. Der Sündenfall. |
C. Die Erzväter. | D. Die Geburt Christi. |
(Verheißung.) | (Erlösung.) |
In den beiden ersten Gruppen ist Gott immer als "Gott Sohn" d. h. mit einem jugendlichen, Christo ähnlichen, Gesicht dargestellt.
1) Schöpfung der Pflanzen (1. Mos. 1, 12): Gott segnet Gras, Kraut und Bäume.
2) Schöpfung der Thiere (1. Mos. 1, 25): Gott segnet viele vierfüßige Thiere und Vögel.
3) Schöpfung des Menschen Adam. Gott segnet Adam, der noch halb in der Erde sitzt (1. Mos. 1, 26 u. 2, 7).
4) Schöpfung des Weibes Eva (1. Mos. 2, 21).
5) Warnung vor dem Sündenfall (1. Mos. 2, 17 und 3, 3).
6) Sündenfall am Baum des Erkenntnisses (1. Mos. 3, Vers 6).
7) Abraham will Jsaak opfern (1. Mos. 22, 10-12). Ein Engel halt Abrahams Arm mit dem Messer zurück.
8) Jsaak schickt seinen Sohn Esau zur Jagd aufs Feld (1. Mos. 27, 3). Jsaak sitzt mit geschlossenen ("dunkeln") Augen (1. Mos. 27, 1), hinter ihm Rebecca, vor ihm steht ein Jäger mit "Köcher und Bogen".
9) Jacob wird von Jsaak gesegnet (1. Mos. 27, 23 und 25). Jsaak, in derselben Gestalt mit geschlossenen Augen, hält eine Schüssel mit einem gebratenen Vogel und umarmt einen jungen Menschen, Jacob, der von der Rebecca hereingeführt wird.
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10) Verkündigung Maria. Maria knieet vor einem Betpult. Der Engel hält ein Spruchband:
11) Geburt Christi. Das Christkind in der Krippe. Maria und Joseph.
12) Anbetung der Heil. Drei Könige. Der jüngste ist nicht schwarz.