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ist schon 1835 von dem Architekten Lauenburg zu Hamburg ziemlich zutreffend beschrieben vgl. Masch Gesch. des Bisth. Ratzeburg, S. 747 flgd.) und von mir in den Jahrb. VII, S. 61, XI, S. 420 und XX, S. 312 ergänzend erläutert. Aus diesen Untersuchungen ergiebt sich, daß diese Kirche ganz im romanischen Baustyle im letzten Viertheil des 12. Jahrh. nach dem Muster des Domes zu Braunschweig, also seit 1172 (vgl. Masch a. a. O. S. 76 - 77), aufgeführt ist. Die Kirche ist jedenfalls jünger, als die Stiftung des Bisthums, da die Stiftung der ersten Kirche, von der aber wohl nichts mehr vorhanden ist, zwischen 1158 und 1162 fällt (vgl. Masch a. a. O. S. 76, und Jahrb. XX, S. 312). Wahrscheinlich begann der Bau in dem Jahre 1172, in welchem auch die Dome zu Braunschweig und Lübeck gegründet wurden. Im Mai 1858 untersuchte ich die Kirche, welche ich lange nicht gesehen hatte, vorzüglich wegen der Wandmalereien, da von mehrern Seiten geäußert war, daß es sich schwer bestimmen lasse, ob die Wandmalereien alt oder jung seien. Die Wände der Kirche sind ganz mit Wandmalereien in grau bedeckt. Diese sind aber offensichtlich sehr jung und ohne Zweifel in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgeführt, als man anfing, die Kirchen im Innern auszuweißen und, freilich sehr schlecht, wieder zu bemalen. Zum Beweise dient, daß im nördlichen Kreuzschiffe das bekannte siebenschildige meklenburgische Wappen des Herzogs Christian Louis in einem Gemälde angebracht und in der Vierung gegen Norden das Bild des Herzogs in einem marmornen Relief in einen Pfeiler eingemauert ist. Etwas anders verhält es sich mit der Bemalung
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der Fenster= und Thüreinfassungen und der Ecken der Pfeiler u. s. w. Diese sind mit spiralförmig gewundenen Bändern in roth, grün oder gelb und schwarz verziert. Diese Bemalung ist freilich auch jung, aber sie ist nach den alten Farben immer wieder aufgemalt, und unter den jungen Tünchen sitzt, nach Lauenburgs Untersuchungen, die erste, alte Bemalung unmittelbar auf den Steinen. Die Wände und Pfeiler der Kirche haben aber urspünglich im Rohbau gestanden, wie dies schon daraus hervorgeht, daß die Kirche nicht geputzt ist. An manchen Stellen ist beobachtet, daß an den Pfeilern Schichten von rothen und grün glasurten Ziegeln wechseln, wie an der Kirche zu Büchen und andern Kirchen. Ob aber in der Höhe, z. B. an den Gurtbogen, nicht noch alte Malereien zu finden sind, ist noch die Frage. Ueberhaupt verdient die Kirche, so wie der Kreuzgang, noch einer längern, gründlichen Untersuchung und Beschreibung und sollen diese Zeilen nur Andeutung und Anregung zur Erforschung geben.
Was den Dom zu Ratzeburg vor allen mir bekannten Ziegelkirchen auszeichnet, ist die Eigenthümlichkeit, daß das Mittelschiff und die eigenthümliche Eingangskapelle von weißlichen oder gelben Ziegeln 1 ) aufgeführt ist.
Besonders war mir die Besichtigung der S. Georgen=Kirche von Werth, welche noch nicht untersucht ist.
Während der Dom auf der Insel der Stadt steht, steht weit vor der Stadt hoch auf dem Ufer des Sees in malerischer Lage eine alte Kirche zum H. Georg, welche mit dem zu Meklenburg gehörenden Dome in engster Verbindung stand. Nach der Analogie unzähliger Beispiele sollte man glauben, die Kirche gehöre einem Georgen=Hospitale an, welches fast jede Stadt vor den Thoren hatte. Dies ist aber nicht der Fall. Zu den Zeiten der Stiftung des Bisthums (1154) war der Bischofssitz auf dem S. Georgenberge vor Ratzeburg, wo schon ungefähr hundert Jahre vorher ein Kloster gegründet gewesen war; es war jedoch schon 1158 beschlossen, auf der Insel eine Kirche zu erbauen, deren Gründung aber wohl erst in das Jahr 1172 fällt (vgl. Masch a. a. O. S. 76).
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Der Baustyl der S. Georgen=Kirche ist nun für die Vergleichung mit der Baugeschichte des Doms von großer Wichtigkeit. Die Kirche bildet ein langes, einschiffiges Rechteck und ist im Osten durch eine grade Altarwand geschlossen. Halbkreisförmige Apsiden sind nicht vorhanden. Leider ist an der Kirche überall viel verbauet, zerstört und übertüncht.
Der viereckige Chor, welcher außen mit Kalk übertüncht ist, hat zu beiden Seiten noch Reste von einem doppelten Rundbogenfries, der immer von zwei sich durchschneidenden Halbkreisen gebildet ist. Der Triumphbogen ist rund gewölbt. Wahrscheinlich ist der Chor der älteste Theil der Kirche.
Das Schiff ist von rothen Ziegeln gebauet, hat Lissenen und zwei, jetzt zugemauerte, einfache Rundbogenpforten; die Fenster werden rundbogig gewesen sein, sind aber sehr verbauet und schwer erkennbar. Das Schiff hat jedoch keinen Rundbogenfries, sondern einen Zahnfries aus einer dreifachen Reihe von Zahnschnitten.
Das Thurmgebäude oder das westliche Drittheil der Kirche ist unten zur Kirche gezogen. Dieser Theil ist für die Baugeschichte der ratzeburger Kirchen vielleicht sehr wichtig. Das Gebäude steht auf einem Granitfundament, welches mit rothen Ziegeln erhöhet ist; die Hauptmauern bestehen aber aus denselben gelben Ziegeln, aus denen der Haupttheil des Domes erbauet ist, haben jedoch Ecken aus rothen Ziegeln, welche von den Fundamenten hinaufreichen. Die Fenster sind rundbogig, wie am Dome; ein Fries fehlt. Die westliche Pforte im Thurm ist aber schon altspitzbogig. Dieser Theil der Kirche ist wahrscheinlich der jüngste und in Berücksichtigung der seltenen gelben Ziegel vielleicht in der letzten Zeit des Dombaues ausgeführt.
Diese Beobachtungen sollen nur leitende Andeutungen sein. Wünschenswerth wäre eine genaue Untersuchung, Vergleichung und Beschreibung der beiden Kirchen und der Kreuzgänge, wozu jedoch mehr Zeit gehört, als mir vergönnt war; jedenfalls dürften einige Tage und Vorrichtungen zur Untersuchung der Gurtbogen und Gewölbe dazu gehören.
G. C. F. Lisch.