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Gideon Nathanael Sponholtz.
Bis jetzt ist immer nur von dem Goldschmiede Sponholtz die Rede gewesen; es ist aber nöthig, mit seiner gesammten Familie uns etwas genauer bekannt zu machen. Diese bestand zur Zeit, als der Handel mit den Prillwitzer Idolen vor sich ging, aus der Wittwe des im J. 1759 verstorbenen Goldschmiedes Andreas Sponholtz, und deren drei Söhnen: Jacob Ernst Sponholtz (geb. 1734), welcher die Profession des Vaters fortführte, Jonathan Benjamin Sponholtz (geb. 1740), der bei dem Bruder als Gesell arbeitete, und Gideon Nathanael Sponholtz (geb. 1745), der ohne einem bestimmten Berufe sich zu widmen aufgewachsen war, weil er der Liebling der Mutter war, und die Wohlhabenheit der Familie es erlaubte. Das vom Vater hinterlassene Vermögen muß sehr bedeutend gewesen sein, da die Brüder, obwohl sie selbst der Obrigkeit eine klare Einsicht in ihre Verhältnisse zu entziehen wußten, doch einen Belauf desselben von wenigstens 20,000 Thlr. einräumen mußten. Sie blieben nämlich nach dem Tode des Vaters in ungetheilten Gütern mit der Mutter sitzen, welche die Vormundschaft für die beiden noch nicht mündigen Söhne übernahm, ja kraft eines besonderen Familienpactes ließen sie dieses Verhältniß auch noch fortbestehen,
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nachdem sie sämmtlich volljährig geworden waren. Es schien ihnen dies die angemessenste Weise, um das Geschäft des Vaters am einträglichsten fortzuführen. Dieses war nun zwar nominell die Goldschmiede=Kunst, eigentlich aber die Geldnegocianten=Profession; heutiges Tages würden sie eine Familie von Börsenspeculanten gebildet haben, damals freilich standen sie nur auf dem Standpunkte gemeiner Wucherer. Dieses Geschäft scheinen schon Väter und Großväter betrieben zu haben. Um es desto sicherer in der Familie zu erhalten, hatten schon die Großväter, der Kämmerer Jürgen Sponholtz und der Goldschmied Johann Pälcke, eine Ehe zwischen Sponholtzens ältestem Sohne Andreas und der einzigen Tochter Pälckens, Johanna, aufs Tapet gebracht, obgleich die Mutter des Bräutigams die Vaterschwester der Braut war. 24 ) Aus dieser Ehe entsprangen die erwähnten drei Brüder, welche nach dem Tode des Vaters nun im Verein mit der Mutter das in der Familie hergestammte Geschäft fortsetzten.
Auf den ältesten Sohn, den Goldschmied Jacob Sponholtz hatte sich die Neigung des Vaters und der Mutter 25 ) in vollem Maße fortgepflanzt. Er hielt zwar eine Werkstätte, in der seine Gesellen arbeiteten, und trieb einen starken Handel mit altem Gold und Silber, das er sowohl in großen Quantitäten, als auch in gestohlenen Löffeln, abgeschnittenen Tressen u. s. w. aufkaufte und dadurch öfter in ärgerliche Händel sich verwickelte. Aber seine eigentliche Beschäftigung war der Geld=Commerce, den er in großer Ausdehnung betrieb, wovon seine Rechnungsbücher und seine ungemein ausgebreitete Correspondenz noch Zeugniß geben. Große Summen, bisweilen hoch in die Tausende, lieh er an den in Geldverlegenheiten steckenden Adel der Umgegend, aber er verschmähte es auch nicht, kleine Summen auf Pfänder, besonders Gold= und Silbersachen, vorzustrecken, welche er, wenn sie Verfallen waren, sofort einschmolz. Dieser kleine Wucher scheint vorzugsweise seine Liebhaberei gewesen zu sein.
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Der mittlere von den Brüdern, Jonathan, nachdem er einige Jahre in der Fremde auf der Wanderschaft gewesen, gab, heimgekehrt, seine Profession auf, heirathete im J. 1775 die Tochter des Pastors Barckow zu Peccatel und wählte den Verhältnissen seiner Frau angemessenem Stand eines Brauers und Gastwirths zu Neubrandenburg. Er erhielt zu dem Behufe aus dem gemeinschaftlichen Vermögen 6000 Thlr. "angeliehen", blieb aber Theilhaber des Compagnie=Geschäftes, welches Mutter und Bruder mit eben so vielem Eifer, als gutem Erfolge betrieben.
Der jüngste der Brüder, Gideon, war beim Tode des Vaters erst 14 Jahre alt und verließ die Schule zeitig, ohne irgend nennenswerthe Kenntnisse auf derselben erworben zu haben; übrigens war er ein offener Kopf, schlau und verschlossen. Er blieb bei der Mutter und dem unverheirathet bleibenden Bruder, ohne sich einem besonderen Fache zu widmen, besorgte die Correspondenz der Mutter, schrieb Mahnbriefe und Kündigungen und beschäftigte sich eifrig mit "Versuchen zur Veredlung der Metalle". Noch gegen Ende des J. 1767 schrieb er, daß "der in Stocken gerathener und nunmehro erstorbener Silber Handel ihn zu den festen Entschlus ein Landmann zu werden gebracht", als der bald darauf stattfindende Alterthümer=Handel mit Hempel ihm eine andere Richtung gab. Mit Hempel, Pistorius und Genzmer in Connex gekommen, wurde er Sammler von Profession, vorzugsweise von Naturalien und Alterthümern; eine andere Absicht dabei, als sich den Anstrich eines Gelehrten zu geben und durch seine Sammlungen unter Gelehrten einen Namen zu machen, läßt sich nicht erkennen. Besonders scheint Pistorius, selbst eine Art hagestolzer Sonderling, an dem listigen, versteckten Sonderlinge Gideon Gefallen gefunden zu haben. Seit dem J. 1768 bis an seinen Tod im J. 1780 lebte Pistorius mit Gideon in Freundschaft; als dieser im J. 1775 ein Stammbuch anlegte, schrieb Pistorius in dasselbe: "Diese Welt ist die beste, und in dieser besten Welt wünsche ich meinem besten Freunde Sponholtz jederzeit das beste Wohlergehn".
Allein es genügte Gideon nicht, durch sowohl in der Umgebung von Neubrandenburg, als auch an entfernteren Orten unermüdlich betriebene Nachgrabungen Alterthümer für seine Sammlung zu gewinnen. Sehr schmerzlich vermißte er die Prillwitzer Alterthümer, besonders "seine Götzen" (auch sein Erbantheil war ja darunter), die durch den Bruder in Hempels und Maschens Hände gekommen waren. Da gerieth er (angeblich in den Jahren 1777 oder 1778) auf den Einfall, ob er den Verlust nicht durch Götzen von eigener Fabrikation ersetzen könne. Mit Hülfe des Töpfers Pohl der die Modelle machte, und des
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bei seinem Bruder arbeitenden Gesellen Neumann, der sie heimlich abformte und in Metall abgoß, führte er ihn aus. Neumann mußte nach dem Masch'schen Werke mit dem Schrootpunzen auf die Metallbilder Runen=Legenden schlagen, und Gideon ließ sie dann durch Borax mit grünem Roste anlaufen, um ihnen das Ansehen des Alterthümlichen zu geben. Der älteste Bruder soll zwar die Modelle gesehen, von ihrer eigentlichen Bestimmung aber nichts geahnt haben. Ob Pistorius diese Metallbilder 26 ) gekannt, ob auch er durch Gideon getäuscht wurde, wie Masch, vermag ich nicht zu bestimmen; vor dem Verdachte einer Mitwirkung zu diesem Betruge sollte übrigens Pistorius sein durchaus ehrenwerther Charakter bewahren. Die Runen=Legenden können sehr wohl von Gideon selbst gewählt sein, denn (bis auf einen einzigen) kommen die Namen der Götzen alle in dem Woge=Masch'schen Kupferwerke vor, 27 ) das nach Neumanns Aussage ihm Gideon vorgelegt hat.
Die erste Kunde von diesen neuen Schätzen in Gideons Museum bringt uns Masch. Im Herbste des J. 1779 wurde auf einem den Sponholtzen zugehörigen Ackerstücke bei Neubrandenburg, im sogenannten Küssowschen Felde nahe beim Ilenpôl (Igel=Pfuhl) beim Pflügen ein Grabmal entdeckt, bei dessen Oeffnung Masch selbst zugegen war und den daselbst gemachten Fund in Nr. 16 der Strelitz. nützlichen Beiträge vom J. 1780 beschrieb. Er sagt:
"Selten aber ist es, daß man ein so charakteristisches Grabmal entdecket, wie dasjenige ist, so im vorigen Herbste auf dem Neubrandenburgischen Felde gefunden worden. Bey diesem Grabe finden sich Umstände, welche der Bemerkung würdig sind, und alles zusammen stimmet darinn überein, daß es ein Grabmal eines Mannes gewesen, der etwas wichtiges in Mecklenburg vorgestellet, und wohl nichts weniger, als ein König des ehemaligen hiesigen Volkes gewesen ist. Zu dieser Vermuthung veranlassen mich die außerordentlich schönen und kunstreich gearbeiteten metallenen Urnen, die in den Urnen aufbewahrten schönen Geräthe, Ringe, Angehänge, und die merkwürdigen Steine, welche unter und neben den Urnen geleget waren".
"Wie das Grab entdecket und die Urnen ausgehoben waren,
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hat man in der Tiefe weiter nachgesucht, und 4 Steine gefunden, 28 ) welche eine vorzügliche Aufmerksamkeit verdienen. Der größeste ist 15 1/2 Zoll lang, auf der glatten Fläche 7 Zoll breit; die Höhe ist ungleich, und an den mehresten Stellen 6 Zoll. Der Stein ist kein eigentlicher Kiesel, sondern ein blättriger grauer Stein mit vielem Glimmer. Die ebene Fläche weiset uns die Kunst der Wenden in Stein zu arbeiten. Ganz unten auf der Fläche sind die drey Rhunen=Buchstaben RAL gehauen. Ueber diesem Worte stehet das Mecklenburgische Wapen, ein Büffelskopf, welcher von dem Maule bis zwischen den Anfang der Hörner beynahe 4 Zoll lang, und bey den Augen fast 3 Zoll breit ist. Die Hörner sind vom Kopfe bis zur Spitze 2 1/2 Zoll lang. Neben dem rechten Auge stehen drey Rhunische Buchstaben. Die beyden ersten sind in einander gezogen und unkenntlich; der dritte ist ein kenntliches A. Zwischen den Hörnern stehet ein Rhunisches M. Ueber diesem Buchstaben ist eine Figur eingehauen, welche 5 1/2 Zoll lang ist. Dem ersten Ansehen nach ist es ein Vogel, dessen Kopf niederhängt, weil der Stein keine andere Stellung verstattet. Nachdem ich aber den Stein noch einmal ausgewaschen und ein Vergrößerungsglas zu Hülfe genommen, so finde ich hier das Bild eines Ochsen, der Kopf desselben stehet über dem rechten Horn des Büffelkopfes, und hat nur eine hervorragende Spitze, welche ein Horn vorstellen soll. Vier etwas gekrümmte Linien sind die 4 Füße und eine grade Linie ist der Schwanz. Der Kopf ist 1 1/2 Zoll lang und der Leib 2 Zoll dick. Gerade über den Rücken stehet ein Rhunisches S, und über dieses eine gerade Linie über die ganze Breite des Steines. Alles ist eingehauen."
"Der Zweyte Stein ist ein Sandstein, welcher zerschlagen und so gesprungen ist, daß er eine Fläche erhalten, welche 6 Zoll lang, und auf dem einen Ende 4 Zoll breit ist. Auf dieser Fläche sind 3 Buchstaben eingehauen Z I der dritte Buchstabe bestehet aus 2 gehauenen Linien, welche einen spitzen Winkel machen."
"Der dritte Stein ist ein Kiesel, von welchem das eine Ende abgeebnet ist. In dieser Fläche ist eingehauen BEL."
"Der vierte Stein ist ein blättriger Glimmerstein. Es ist Schade, daß von diesem vieles abgesprungen ist. Muthmaßlich hat derselbe eine ganze Inschrift enthalten. Denn auf dem noch vorhandenen Stücke stehet deutlich ZIRA. Diese Steine zeigen Merkmale des Feuers auf, und sind ohne Zweifel mit in dem
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Scheiterhaufen gewesen, auf welchem der Held verbrannt worden, welchem zu Ehren diese Inschriften mit Steinen versehen sind."
"Die Entdeckung dieser Steine sowohl als der Urnen und übrigen Geräthe ist sehr wichtig, und giebt zu manchen Betrachtungen eine Veranlassung. Ehe ich aber diese vorlege, muß ich ein kleines Schild beschreiben, welches in der einen Urne gefunden worden. Es ist von Metall und länglich rund, die Länge 1 1/2 Zoll, die größeste Breite 1 1/4 Zoll. Oben ist ein rundes Loch durchgebohret, daß man es mit einem Bande anhängen kann. Unter dem Loche ist ein erhaben gegossener Vogel, etwas über einen halben Zoll lang, und unter diesem stehet in zwey Reihen mit Rhunen=Buchstaben RADE GAST. Die Rückseite stellet ein Gitterwerk vor. Das ganze Stück ist mit dem schönsten edlen Rost überzogen."
Dieses kleine Schild oder Amulet mit dem Vogel und der Runen=Legende Radegast befindet sich zufällig nicht unter dem vom Grafen Potocki (siehe weiter unten) abgebildeten Alterthümern der Gideonschen Sammlung. Es ist aber noch gegenwärtig in der Neustrelitzer Sammlung vorhanden und gleicht in Technik, Charakter und grünem Rost so gänzlich den übrigen von Gideon selbst gefertigten Alterthümern, daß der Verdacht sehr nahe liegt, Gideon habe diese Alterthümer, welche er in Maschens Gegenwart feierlichst aufgrub, vorher selbst heimlich hier eingegraben; daß Runensteine zu solchen Grabmälern gehörten, darüber hatte ja Masch selbst (S. 67 und 86) ihn belehrt. Dieser Verdacht wird dadurch noch mehr bestärkt, daß Gideon später vorgab, nicht nur jenes Amulet mit Vogel hier gefunden, sondern noch zahlreiche andere metallene Alterthümer mit Runen=Legenden hier ausgegraben zu haben. Die kleine Schrift des Pastors Kortüm zu Neubrandenburg: "Beschreibung eines neulich bei Neubrandenburg gefundenen wendischen Monuments (1798)" berichtet darüber S. 24: "Vor mehreren Jahren wurden selbst in der Gegenwart des Herrn S. Masch an einem Orte auf dem Neubrandenburgischen Felde, wo sich etwas vermuthen ließ, Nachforschungen angestellt. Es wurden auch wirklich acht wendische Alterthümer gefunden, aber was recht zu bedauern war, die entscheidendsten Stücke kamen ihm nicht zu Gesichte. In der Sammlung des Herrn Sponholz befindet sich, außer einigen kleinen Geräthschaften mit der Aufschrift Rhetra, die bey dieser Gelegenheit gefunden worden, noch ein kleiner, etwa spannenlanger, sehr silberhaltiger Radegast, der an demselben Ort gelegen. Er hat nur einen Fuß, der wahrscheinlich abgebrochen worden, entweder bey dem Ausgraben oder um den Gehalt zu probiren. Seine ganze Gestalt zeigt es, daß
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er in eben demselben Feuer gewesen, wovon die übrigen in Prilwitz gefundenen Alterthümer so sichtbare Spuren an sich tragen. Er muß sich in der Nähe von bleiernen Geräthschaften befunden haben, denn er hat noch hin und wieder einzelne Stellen, an welchen zerschmolzenes Blei sitzt". 29 )
Nicht lange nachher erschien unter Gideons Aegide eine Chronik von Neubrandenburg. P0istorius halte Materialien zu einer solchen gesammelt, die Gideon nach dem im J. 1780 erfolgten Tode des Pistorius 30 ) aus seinem Nachlasse an sich zu bringen wußte. Nun traute er es sich zwar nicht zu, selbst sie zu bearbeiten und öffentlich als Schriftsteller aufzutreten, aber der Zufall führte ihm einen Gehülfen zu. Ein Baron Gottlob von Hacke auf Biltzingsleben (2 Stunden nördlich von Weißensee, im Regierungsbezirke Merseburg) trieb sich damals als Aventurier in Norddeutschland umher und war im J. 1781 zu Rostock als Mitglied der Tillyschen Schauspielergesellschaft aufgetreten. Im folgenden Jahre kam er nach Neubrandenburg, und
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machte hier Gideons Bekanntschaft, der ihn beredete (Hacke hatte schon früher geschriftstellert), aus Pistorius Nachlasse eine Chronik von Neubrandenburg zu bearbeiten. In Nr. 37 der Strelitz. nützlichen Beiträge vom J. 1782, datirt vom 20. August, erschien die Ankündigung, worin von Hacke sagt: "die Urkunden, aus welchen ich diese Geschichte zusammentrage, sind von Herrn Sponholtz. Ansehnliches Vermögen, antiquarische Liebe, Fleiß und Glücksfälle haben ihn und seine Vorfahren in den Stand gesetzt, eine ansehnliche Bücher=, Urkunden= und Antiquitäten=Sammlung mancherlei Art anzuschaffen. Wie sehr der Mann wünscht, seine durch Glück und Fleiß erhaltenen Güter gemeinnützig zumachen, beweist er dadurch, daß seine Sammlungen jedem Liebhaber offen stehen, er sogar unter gewissen Bedingungen einen Theil der bekannten zu Prillwitz gefundenen obotritischen Götzen von Rhetra in der Öffentlichen Bibliothek des Doms zu Ratzeburg hat aufstellen lassen, worüber denn auch von den Herren Gelehrten schon vieles geschrieben. Doch wieder auf unsere Urkunden zu kommen: Der selige verstorbene Rath und Landsyndikus Pistorius, dessen verdienstvolles Andenken hier noch jedem heilig ist, lebte, wie bekannt, mit dem Herrn Sponholtz und seiner Sammlung 13 Jahr in genauer Freundschaft. Dieser würdige Mann hatte schon diese Urkunden gewählt, den Plan in Ordnung gebracht, und hie und da viele Erläuterungen eigenhändig beigeschrieben, auch die diesem Werke beigefügte Kupfertafel von der Neubrandenburger Münze stechen lassen, in Willens, das zu thun, was ich jetzo thun werde, wenn ihn der Tod darin nicht unterbrochen hätte. Herr Sponholtz sagte und zeigte mir dieses, mit der Bitte, ob ich nicht das angefangene Werk vollenden wolle". - Die Geschichte der Vorderstadt Neubrandenburg erschien im J. 1783 "gedruckt auf Kosten des Herrn Gideon Sponholtz". 31 )
Gideon befand sich jetzt auf dem Höhenpunkte seines antiquarischen Ruhmes. Nachdem die Mutter 78jährig im J. 1782 verstorben war, wurde im folgenden Jahre die Auffahrt des Hauses überbaut. Dadurch wurde ein großes Gemach oberhalb des Thorweges durch die Tiefe des Hauses gehend gewonnen, welches Gideon zu seinem Antiken= und Naturalien=Cabinette einrichtete. Auf einem Tische in der Mitte stand ein kleiner Tempel, den Tempel zu Rhetra vorstellend, mit thönernen Götzenbildern;
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die metallenen Idole, Amulete u. s. w. wurden in einem Schranke sorgfältig verschlossen gehalten. Ein Theil derselben, gab Gideon vor, stamme noch aus dem Prillwitzer Funde, und glücklich habe er die wertvollsten Stücke davon den Späherblicken Hempels und Maschens zu entziehen gewußt; die übrigen sollten alle aus jenem Grabmale, das in Maschens Beisein geöffnet war, hervorgegangen sein. In Schränken und auf Repositorien rings umher an den Wänden stand alles voller Urnen, steinernen und metallenen Grabalterthümer, Naturalien und Raritäten aller Art. Selbst Herzog Adolf Friedrich mit seinem Hofe, der zu Rheinsberg residirende Prinz Heinrich besuchten wiederholt sein allgemein bewundertes Cabinet. - Beim Volke galt Gideon für einen Geisterbanner, und nicht mit Unrecht: der von ihm hinterlassene "Höllenzwang" giebt den Beweis, daß er, dem es versagt war, durch die weiße Kunst der Wissenschaft im Reiche des Geistes sich einzubürgern, die schwarze Kunst mißbrauchte, um in das Reich der Geister einzudringen. Auch wurde erzählt und geglaubt, daß Pistorius im rothen Rocke ihm erschienen sei, um, wie er gelobt, ihm Kunde aus dem Reiche der Schatten zu bringen. 31 ))
Im J. 1785 knüpfte Gideon auch eine auswärtige Verbindung, nämlich mit dem Zoll=Inspector Dreyer in Berlin, einem Sammler, an, welche der Kaufmann Hasse zu Neubrandenburg, ein Freund des letzteren, herbeigeführt zu haben scheint, und über welche die betreffende Correspondenz zum Theil noch vorliegt. Gideon hatte am 24. Juni an Dreyer geschrieben und ihm Alterthümer übersandt. In der Antwort vom 13. Juli giebt Dreyer diese an: "In der Schachtel befanden sich einige Bruchstücke von Urnen und Knochen, ein halber Kopf von Metal, ein Stückchen dito so einen Esels=Kopf gleichte, ein Stück weiß Metal mit Hyrogliphen bezeichnet, nebst ein Pappierchen darinn
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4 Stück kleine silberne Müntzen waren"; er verlangt nähere Auskunft darüber und wünscht zum Behufe des Tauschens überhaupt zu wissen, worin Gideon eigentlich sammele. Gideon giebt die gewünschte Auskunft unterm 27. Juli: "Was meine Sammlung von Alterthümern anbetrift, so hat dieselbe darin für andern den Vorzug, daß ich sie grösten Theils selber aus der Erde habe graben lassen, und Augenzeuge davon bin, wo sie her sind. Die übersanten Urn Stücke waren zum Theil noch ganze Urn. Bey den ausgraben waren sie aber ganz weich, und da die Zeit zu kurz fiel, sie erst an der Luft hart werden zu lassen, zerbrachen sie. Die Mehrsten Urn habe ich auf hiesigen Stadt Felde ausgegraben. Die Knochen, Metall Stücke Lagen in die Urn, die Fincken oder Vincken Ogen, der alt wendischen Münzen lagen dicht bey der Urn. Den übersanten Kopf halte ich fürs Meckelburgsche Wappen, - den BüffelsKopf - nach der Erklährung des Hrn. Consist. Raths Masch in Strelitz, als den grösten Kenner von Alterthümer in hisigen Lande. Vermuthlich ist das Landes Wappen nur in die Urn grosser Helden geleget, den die Urn, worin der Kopf, war besonders mit grossen Steinen umgeben, und halte über 30 Fuder Stein zur Bedeckung, ohne die Menge Sand und Erde. Sie, mein Gönner! beehren mich ferner mit der freundschaftlichen Frage, worin ich eigentlich samle, und worin dieselbe bestehet? Darauf habe ich die Ehre zu antworten, in Naturalien, Versteinerungen, Alterthümer, Münzen, Kunstsachen und alles was gut ist!" Weiterhin heißt es: "Allein ein Schlaglot auf Silber, daß recht leicht fliest und doch hält und sich hammer läst, beschreiben die Herrn nicht, und von so vielen 100 selbst gemachten Versuchen habe ichs noch nicht so gefunden, wie ich es wünschte. Auch die vielen 1000 Versuche, die ich seit 28 Jahren zur Veredlung der Metalle unternommen, sind noch nicht zum erwünschten Ziehl gelanget, ob sie mir gleich manch Vergnügen, aber auch manchen Thaler gekostet. Wann Ew. Wohlgeb. mir Anleitung geben könten zu den neueren Erfindungen in Verbesserung der Metalle, Gehalt der Münzen in dies Jahrhundert, oder Legirung der Metalle in aller Coleur, als die goldene Uhren, Dossen oder sonst was nützliches, so kann ich vieleicht die Ehre haben einige Lücken in Dero Sammlung etwas auszufüllen". Zugleich mit diesem Briefe muß Gideon noch eine Beschreibung seiner Sammlung, vielleicht das von Pastor Rudolphi erwähnte Verzeichniß, mit eingeschickt haben, denn Dreyer dankt in der Antwort vom 5. September nicht bloß für empfangene Alterthümer und Versteinerungen, sondern schreibt weiter: "Das übersandte Verzeichniß habe ich mit der größten Bewunderung gelesen und daraus ersehen, daß Sie einer der
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stärcksten Sammler und gröste Besitzer von Alterthümern in ganz Deutschland sind. Da nun ihre Sammlung vor 6 Jahren schon so starck gewesen ist, um wie viel größer wird sie jetzt nicht seyn. Schade, daß es nicht Gipß=Medaillen seyn, ich wollte gleich anfangen zu tauschen. - Ich habe einen Quartanten von den gefundenen heydnischen Götzen bey der Tollense, wo der Tempel zu Rhetra gestanden hat, mit vielen Kupfern gelesen, Sie sind gewiß der Besitzer der Originale, welche daselbst gefunden worden? Unter Ihrer Beschreibung finde ich aber noch mehrere und größere, davon die Beschreibung nichts sagte, von diesen möchte ich gern Auskunft haben, ob es diejenigen sind, und ob sie sämtlich schon beschrieben oder nicht?" Zu Silber=Schlageloth theilt er ihm 3 Recepte mit, aber "mit Metall Verbesserungen, schreibt Dreyer, gebe ich mich nicht ab, habe auch dazu keine Zeit, zuweilen lieset man aber so etwas, welches einen gefält. Jedoch kan ich nicht leugnen, einen Tomback zu haben, der dem Golde gleichet, und wenn davon ein Ring gemacht wird, derselbe von der Haut des Menschen nicht anläuft, sondern seinen Glantz, wie das Gold behält". - Gideon antwortet erst, sich mit häuslichen Angelegenheiten entschuldigend, am 2. Jan. 1786 und schreibt diesmal kürzer: "Wegen die bey der Tollen See gefundenen Götzen, die in den Quartanten von den Hrn. Sup. Masch beschrieben, hat es seine Richtigckeit. Der Hr. Superindendent hat die beschriebenen mir abgekauft, und in Ratzeburger Dohm aufstellen lassen. Die andern die ich noch habe sind noch nicht beschrieben". Das Silber=Schlageloth findet er nicht besonders; "den Tomback möchte ich wohl gern zu meiner Samlung beyschreiben!" Doch erfolgt diesmal eine reichlichere Sendung an Dreyer, von der das Verzeichniß noch anliegt. Es beginnt: "1) 6 Metall Stück mit Runen, die in oder bey oder unter einer Urn gelegen, 2) ein Abriß von einer meinen Urn, 3) 6 Bogen mit Zeichnungen von 14 meiner noch nicht beschriebenen oder in Kupfer gestochenen Wendischen Alterthümer mit Runen, 4) 1 Stück Muschel Stein, welches mir der Herr HoffRath und Geheimer Archivarius Evers in Schwerin aus der Gegend von Sternberg in Mecklenburg gesant" 32 ) u. s. w. Auch Dreyer antwortet säumiger erst am 29. April: "Für die überschickte 7 Bogen gezeichnete wendische Götzen 33 ) und die große Urne, für die Metal
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Stücke mit runischen Schriften, Versteinerungen und abgegossene Müntzen sage ich den verbindlichsten Danck! Aber die angeführte Bogen betreffend, weiß ich doch nicht, ob mir dieselben geschenckt seyn, oder ob ich nur daraus die Gestalt der vortrefflichen Alterthümer bewundern soll? Ich bin bei unterschiedene Buchhändler gewesen, sie gezeiget und gebeten, ob einer oder der andere Lust hätte, sie zeichnen und der Welt bekand machen zu lassen; aber es wolle auf eigene Kosten es niemand übernehmen, weil dergleichen zu hoch ins Geld lieffe und nur von wenigen gekauft würde". Das Tomback Recept erfolgt. Gideon scheint schon Besorgniß wegen der lange ausbleibenden Antwort gehabt zu haben, denn Dreyer meldet noch am Schlusse des Briefes, daß "Herr Nix" bei ihm aufgetreten sei, und ihm einen Brief von Gideon nebst einigen Antiken gebracht habe. Weiter kann ich diesen merkwürdigen Briefwechsel nicht verfolgen.
Der hier erwähnte "Herr Nix" war Gideons Factotum, der ihn bei seinen Nachgrabungen begleitete und bei seinen Schreibereien ihm zur Hand ging. Er soll von Profession ein Schneider gewesen sein, ließ sich aber gern "Herr Nix" nennen. Mit dem Obersten von Kaiserling war er als dessen Bedienter nach Neubrandenburg gekommen, und war nach dessen Tode (1780) ohne Beschäftigung. Eine Zeit lang scheint er diese in der Mumm'schen Handlung gefunden, hauptsächlich sich aber doch zu Gideon gehalten zu haben. Als der Herzog Friedrich Franz von Meklenburg=Schwerin damals auch nach Alterthümern graben ließ, wurde Nix durch einen herzoglichen Kammerdiener zur Theilnahme an der "Urnen=Jagd" eingeladen; er erklärt sich dazu bereit und schreibt: "Glück=Ruthen gebrauch ich bey dieser Arbeit gar nicht, sondern meine Augen sind der Magnet, welcher mir die Urn Stellen mit Gewißheit anzeigt". Es scheint aber aus seiner Theilnahme an diesen Nachgrabungen doch nichts geworden zu sein, weil Nix förmlich angestellt zu werden verlangte. Als "Herr Nix" im J. 1811 ungefähr 76 Jahre alt starb, wußte man weder seinen Vornamen, noch seinen Geburtsort. - Außer diesem Gehülfen hielt sich Gideon jetzt aber auch einen förmlichen Amanuensis. Als er im J. 1787 bei Verwandten in Fürstenberg zum Besuche war, lernte er hier den 16jährigen Otto Hartmann, einen Sohn des dortigen Apothekers, kennen, welcher an den Nachgrabungen, die Gideon auch dort anstellte, viel Antheil nahm; er wußte den Vater zu bewegen, ihm den Knaben
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als eine Art Aufwärter mitzugeben, und dieser blieb gegen 3 Jahre im Sponholtzschen Hause. 34 ) Nach seinem Abgange trat der 15jährige Daniel Boye aus Waren, von dem noch späterhin die Rede sein wird, in seinen Dienst, und blieb fast 7 Jahre lang bei ihm. Diese Amanuensen begleiteten ihn nicht nur auf seinen häufigen Excursionen, sondern mußten vorzüglich auch sein Cabinet beaufsichtigen und den Fremden, die es besichtigen wollten, dasselbe zeigen, wofür ihnen das Trinkgeld zufiel.
Unter den Fremden, welche sein Cabinet besuchten, hat keiner Gideon und seiner Antiquitäten=Sammlung mehr Ruhm gebracht, als der polnische Graf Johann Potocki; durch ihn erreichte Gideon die Erfüllung eines wohl längst gehegten Wunsches, nämlich die Bekanntmachung seiner Alterthümer durch ein Kupferwerk. Der Graf Potocki hatte die Geschichte und Alterthümer der slavischen Nation zu seinem Lieblingsstudium gemacht, und mehrere gelehrte Werke darüber bereits veröffentlicht. Im J. 1794 unternahm er eine Reise nach Meklenburg, um auch hier die Reste des Slaventhums zu studiren, namentlich um zu Ratzenburg die Prillwitzer Idole zu untersuchen. Seine Reise=Aufzeichnungen hat er im folgenden Jahr im Druck herausgegeben 35 ) und die von ihm gezeichneten Alterthümer Gideons in Abbildungen beigefügt. Am 13. August war er in Strelitz und bemerkt hier nur kurz: J'ai passé plusieurs heures dans la societé de monsieur Masch, sur-intendant des églises, sa conversation m'a parue aussi instructive que ses ouvrages. Folgenden Tags schreibt er von Penzlin aus: De Pentzlin j'ai fait une course à Prilwitz, pour voir la place de l'ancien Rhetré; mais comme il y a déjà plus de vingt ans que monsieur Masch l'a d'écrite, j'ai eu de la peine à m'y reconnoître, le noms de Rhetraberg 36 ) et de Tempelberg sont tombés en dessuètude, puis en oubli. Ea colline où étoit le temple, n'existe même plus. Ea terre en a été
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transportée dans un marais voisin, que l'on vouloit déssecher, l'ancienne forteresse Slave est devenue un jardin anglois, et un Eusthaus a pris la place de l'ancienne tour Saxonne, un cimmetière Slave a été labouré et les pierres, qui y étoient symmetriquement rangées, sont dispersées dans la campagne comme les autres pierres des champs; ce cimmetiére devoit être trés pittoresque, et je me preparois à en faire un dessin, que j'aurois traité dans le gout du Moraï Otaïtien, que l'on voit dans le voyage du capitaine Coock. J'ai beaucoup regreté ce monument unique dans son genre. Aujourd'hui quelques tertres sépulchres attestent seules, que des princes Slaves y ont demeuré et y ont été entèrés. - Deux de ces tertres placés a une trentaine de pas l'un de l'autre, m'ont fourni le sujet d'un paysage. Ils sont couverts de ronces, dont le verd sombre coupe assez heureusement la couleur des terres labourées, qui les environnent; entre eux deux l'on découvre le lac Lips ou petit Tollensée, tout le grand Tollensée avec lequel il communique, la ville de Neubrandenbourg et le deux villages de Brody et Nimirow, dont les noms sont Slaves bien surement. Le nom du lac Lips vient aussi probablement de Lipa, qui veut dire Tilleul, et Brod veut dire gué aussi ce village est il situé précisement a l'endroit, où il y a réellement un gué. - Monsieur Schmidt, ministre du lieu, a eu la complaisance de me conduire jusqu'à Hoch-Zyritz, maison de plaisance du Duc, où il m'a fait voir un de ces tombeaux Slaves, qu'il avoit fait ouvrir en presence du Prince héréditaire. L'on y avoit trouvé, d'abord des urnes de terre remplies de cendres et d'os, qui tomboient en poussière, puis des pierres des champs disposées en rond, puis en creusant plus bas d'autres pierres des champs arrangées en pyramides, enfin un vuide de figure parallepipede également revétu des pierres des champs, et dans ce vuide des cendres, des os et des charbons. J'ai vu chez le concièrge de Hoch-Zyritz des débris de ces os et de ces vases, quelques fragments de ceux ci avoient acquis un dégré de mineralisation; enfin j'ai pris congé du pasteur de Prilwitz et suis retourné à Pentzlin, d'ougrave; je me rendrai à Neubrandenbourg, pour y voir le cabinet de Mr. Sponholz, que l'on m'assure renfermer des trésors d'antiquités Slaves.
Am 15. August schreibt nun Potocki von Neubrandenburg
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aus: Le cabinet de Mr. Sponholtz a surpasse mes esperances et je me suis déterminé à y consacrer quelques jours; und am 16.: J'ai dessiné six idoles, huit patères, autant de couteaux de sacrifices et chaque objet de deux côtés, 37 ) tant à cause que les idoles ont la plus part au moms deux visages, que parceque les inscriptions sont presque toutes sur le dos. Tout ce que j'ai dessiné aujourd'hui a été trouvé à Prilwitz, en même tems que les idoles déjà decrites par Mr. Masch, mais celles, qui sont restées a Mr. Sponholtz, sont massives et entout plus interessantes que les autres. Mais Mr. Sponholtz, pour des raisons, qui tiennent à son caractère moral, ne produisoit à cette époque que la moindre partie de son cabinet, et depuis lors Mr. Masch a negligé la recherche des antiquités Slaves, quoique les succès, qui ont accompagné les commencements de cette passion, eussent du lui inspirer plus de confiance. Desgleichen am 17.: Aujourd'hui j'ai dessiné la seconde partie du cabinet de Mr. Sponholtz, qui consiste en un trés grand nombre de plaques de bronze figurées, qu' il a trouvées dans un champ, qui lui appartenoit, au milien d'un très grand nombre d'urnes, et en général dans tout le pays des anciens Rédaires l'antiquaire n'a pour ainsi dire, qu'à grater la terre. Mr. Sponholtz m'a offert avec beaucoup d'obligeance de me conduire dans des lieux, où il étoit presque sûr de fouiller avec succès.
Nun begab sich Potocki über Malchin (Ivenack), Rostock und Wismar nach Ratzeburg, um hier die von Masch beschriebenen Idole in Augenschein zu nehmen. Er schreibt von hier unterm 23. August: Mon premier soin a été de me rendre à la bibliothéque, pour voir les antiquités Slaves, que l'on y conserve; elles sont dans deux armoires faites en rotonde et surmontées d'idoles Radegasts, qui leurs donnent l'air de temples. La première arnioire renferme les idoles, que Mr. le surintendant Masch a déjà expliquées et peut-être trop expfiquées; un érudit doit amasser des
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notions et attendre, que de leur nombre naisse d'elle même une explication claire, sensible, incontestable, et pour ainsi dire dirimante. Une seule explication forcée peut faire fort au meilleur ouvrage, et celà surtout en apprêtant à rire à certains esprits, toujours empressées à s'en saisir pour ridiculiser la science entiére; je crois certainement, que si Mr. le surintendant avoit pu s'empêcher d'être aussi ingenieux, il ne se seroit pas dans le tems attirée certains adversaires, dont les ouvrages n'ont pas laissé, que de jetter les antiquités du Mecklembourg dans une sorte de discredit, et ensuite dans l'oubli, que sûrement elles ne meritoient pas. - Ea seconde armoire renferme d'autres idoles et amuletes, qui appartiennent pour la plus pari aux tems, où les Obotrites avoient abandonnée le Christianisme, pour reprendre leur ancienne religion, alors on avoit dejà perdu les anciens modéles. Quelques Radegasts ont la moustache et la petite barbete au menton, comme s'habilloient les anciens seigneurs de ce tems lagrave;; d'autres ont des couronnes à pointes, comme le roi David, que l'on voit dans les églises gothiques, l'on n'y remarque pas ce mecirc;lange de métaux précieux, comme aux idoles trouvées a Prilwitz; au contraire la masse en ressemble tout à fait à celle de nos mortiers à piler le poivre; enfin ils n'ont ni patine ni verd de gris; cependant comme cette dernière époque du Pagamsme n'est pas sans interêt pour l'histoire des Slaves, je me suis détermmé à rester ici toute la journée de demain pour les dessmer.
Am Schlusse geht nun Potocki zur Beschreibung des Gideonschen Cabinettes über, und giebt zunächst, pour ne laisser aucun doute sur l'authenticite des antiques, qu'il renferme, den Auffindungs=Bericht Maschens über die Prillwitzer Alterthümer, welchem er folgende Bemerkungen hinzufügt: Telle est l'histoire des antiques trouvées à Prilwitz et des recherches aux quelles elles ont donné lieu; je pourrois y ajouter en forme de supplement deux critiques de l'ouvrage de Mr. Masch, l'une faite par le professeur Thunmann, l'autre par un Mr. Buchholtz; mais ce dernier ouvrage n'attaque point l'authenticité des antiques, il veut seulement prouver, que Prilwitz n'est point l'ancienne Rhétra, et ses arguments sont assez forts pour avoir laissé la question indécise; quand au premier c'est une suite d'assertions dénuées de citations, défaut ordinaire de cet auteur. - Or donc, ainsi que je l'ai dit plus haut, lorsque
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Mr. le Surintendant Masch rechercha la connoissance des antiques, qui se trouvoient dans la possession de Mr. Sponholtz, celui ci n'en montroit que la plus petite partie, et celà par des raisons, qui tiennent à son caractere moral, ainsi que je l'ai dit plus haut. - Depuis lors Mr. Sponholtz s'est détermmé à ne plus garder son cabinet avec une sollicitude aussi mysterieuse; 38 ) cependant on m'assure, que je suis le premier, à qui il l'ait montré avec franchise et sans reticence aucune, et même il prenoit un plaisir extrème à me voir dessiner, enfin les idoles et autres objets, que j'ai dessinés chez lui, ont été trouvés à Prilwvitz, et font partie de la collection, dont Mr. Masch a fait l'histoire; mais cette partie lui est restée toujours inconnue, et il paroissoit même ignorer l'existence, lorsque j'ai eu l'honneur de le voir à Strelitz; en effet il me récommanda seulement d'aller à Racebourg sans me parler de Neu-Brandebourg, mais en même tems il ajouta: "vous me conduisez sur un champ très vaste, où je n'ai été depuis bien longtems". Dann folgt: Notice des antiques Slaves trouvées à Prilwitz et conservées aujourd'hui dans le Cabinet de Mr. Sponholtz a Neubrandebourg, worunter Fig. 1 bis 51 seiner Tafeln beschrieben werden, hierauf Notice des antiques Slaves trouvées par Mr. Sponholtz dans un champ, qui hu appartient, worin Fig. 52 bis 87 beschrieben werden, mit der darüber stehenden Bemerkung: Ces antiques étoient renfermées dans un vase de cuivre et le vase chargé de pierres des champs, sur lesquelles étoient gravées des Runes, l'on trouva dans les environs plus de cent urnes pleines de cendres et d'os - so weit hatte sich der im J. 1780 von Masch beschriebene Fund indeß vergrößert! - Dann folgen Fig. 88 bis 104 andere, meistens ächte Alterthümer aus Gideons Cabinet, und endlich Fig. 105 bis 118 Alterthümer aus der ratzeburger Sammlung, unter denen ohne Zweifel manche Fabrikate Gideons sind. 39 )
Kurz vor Potocki's Anwesenheit in Neustrelitz war am 2. Juni 1794 Herzog Adolf Friedrich gestorben und sein Bruder Karl ihm in der Regierung gefolgt. Dieser war es, der einst die prillwitzer Idole hatte zeichnen und in Kupfer stechen lassen;
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vielleicht wurde jetzt durch Potocki sein Interesse an denselben neu angefacht. Er kaufte nicht allein im J. 1795 das Gut Prillwitz, sondern brachte auch die zu Ratzeburg auf der Dombibliothek aufbewahrten Prillwitzer Alterthümer an sich und ließ sie nach seinem Lustschlosse zu Hohen=Zieritz schaffen, wo er sie unter die Aufsicht des uns schon durch Potocki bekannten Pastors Schmidt zu Prillwitz stellte, der sich lebhaft für die vaterländischen Alterthümer interessirte. Es wurden auch Versuche gemacht, Gideon zum Verkaufe seiner Sammlung zu bewegen, allein vergebens. Im J. 1798 klagte darüber der Pastor Kortüm zu Neubrandenburg 40 ): "Der jetzt regierende Durchlauchtigste Herzog Karl, selbst Kenner und Liebhaber, ließ bald nach dem Antritt seiner Regierung sämmtliche Alterthümer von Ratzeburg kommen, und wies ihnen seinen Sommersitz Hohenzieritz für die Zukunft zum Aufenthalt an. So waren die alten ehrsamen Götter schon wieder um einen großen Theil dem Orte näher gekommen, wo man einst vor ihnen knieete. Aber noch befinden sich die edelsten, die gehaltreichsten, die entscheidendsten Stücke nicht in ihrer Gesellschaft. Infandum regina jubes renovare dolorem! Sie befinden sich noch in Neubrandenburg in strengerer Gefangenschaft, als einst in dem Kessel zu Prillwitz, und was das traurigste ist: ex infernis nulla redemtio! Alle billige, selbst kostbare Versuche, sie ihren Brüdern zuzuführen, und den Vorsitz unter denselben nehmen zu lassen, sind bisher vergeblich gewesen, und werden auch noch fürs erste vergeblich bleiben. Herr Superintendent Masch glaubt in der Vorrede zu den erläuternden Gottesdienstlichen Alterthümern der Obotriten, daß es ihm geglückt sey, sämmtliche Stücke unter gewissen Bedingungen aus den Händen des Herrn Sponholtz, der sie bisher eigenthümlich besessen, zu erhalten. Wie sehr wäre es doch zu wünschen gewesen! Dann wäre die Erläuterung noch vollständiger geworden, und wir verdankten derselben noch mehrere Belehrung. Dann wäre durch die bloße Nachricht von dem Daseyn dieser Stücke der Einwurf widerlegt worden, daß die ganze Sammlung nicht aus Tempelgötzen, sondern aus Hausgötzen irgend eines vermögenden Wenden bestanden. Schon bedauerte Herr Sup. Masch hin und wieder, daß einzelne Stücke fehlten, die noch einige Aufschlüsse hätten geben können, und vermuthete, daß sie wohl im Feuer ganz geschmolzen seyn möchten. Aber der würdige Mann wußte nicht, daß diese fehlenden, so wie noch mehrere seltene Stücke aller Feuersgefahr entronnen sich in sicherm Verwahrsam befanden. Es gehört hier nicht her, die Ursachen anzugeben, die diese enge
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Sperre veranlaßten und noch fortdauernd erhalten. Ich wollte nur an die historisch richtige Existenz noch mehrerer wendischen Alterthümer erinnern, als wir schon aus der Beschreibung kennen, Es befindet sich unter andern ein sehr ansehnlicher Radegast darunter, bey dessen bloßen Anblick, ungeachtet er hin und wieder mit edlem Rost überzogen ist, man sich nicht versagen kann, unwillkührlich an die Beschreibung des Adam von Bremen zu denken: Simulacrum ejus auro, lectus ostro paratus. -Möge er einst, wie seine gefangenen Mitbrüder in die durch ihr Alterthum ehrwürdige Gesellschaft zurückkehren! Nur die kommende Generation darf sich die Erfüllung dieses Wunsches versprechen. Sie läßt uns denn wenigstens die Gerechtigkeit wiederfahren, daß wir solche Denkmäler zu würdigen verstanden, indeß sie nicht mehr denken darf: quid juvat adspectus, si non conceditur usus". - Eine gleiche Klage erhob der Pastor Rudolphi zu Friedland, der Schwiegersohn Maschens, als dieser am 24. Januar 1802 sein funfzigjähriges Amtsjubiläum beging, in der gedruckten Gratulationsschrift S. 20: "Nur Schade, daß sie (die Prillwitzer Alterthümer) noch nicht alle gesammelt sind, und an einem Orte der Nachwelt aufbewahret stehen. Viele, und vielleicht der größte und beste Theil derselben, lieget noch bey dem Besitzer, Herrn Sponholz, unbenutzt, dem Gelehrten unbekannt und gleichsam vergraben, deshalb zu wünschen stehet, daß eine höhere Hand auch sie aus ihrer Verborgenheit hervorziehen, neben jene aufstellen, und durch eine im Alterthum geübte Feder für die Beschreibung derselben sorgen und sie der gelehrten Welt mittheilen möge".
Uebrigens machten zunehmendes Alter, Kränklichkeit und Cynismus Gideon jetzt immer unzugänglicher. Mein Oheim, der Obermedicinalrath Brückner zu Ludwigslust, hat unlängst eine Schilderung Gideons entworfen, die mit allem, was ich anderweitig über diesen Sonderling von seinen Zeitgenossen gehört habe, so genau übereinstimmt, daß ich mir nicht versagen kann, sie hier zu veröffentlichen. Brückner schreibt: "Es mag im letzten Jahre des vorigen oder ersten dieses Jahrhunderts gewesen seyn, als Dein lieber Vater einige Fremde zu Gideon Sponholtz führte, um die Götzen zu sehen, und Karl v. Oertzen 41 ) und mich mitnahm. Das lebendige Interesse, womit wir beide Alles betrachteten, erwirkte uns die Erlaubniß, den alten Chiromanten am nächsten Sonntag Morgen allein zu besuchen. Wir fanden ihn in einem sehr reducirten bunten Schlafrock im Lehnstuhl neben einem Tisch, auf dem ein Glas mit Blumen stand. Wir
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waren damals schon eifrige Botaniker und betrachteten also die Blumen sofort sehr aufmerksam, ohne uns darüber zu äußern. Er nahm dies wohl für ein Zeichen bescheidener Wißbegierde und begann mit seinen vielerlei Kenntnissen in Alterthümern und Naturalien zu prahlen, wobey er auf diese und jene alte Charteken hinwies, die auf Tischen und Schränken im Zimmer umher standen. Auch über die Lachtauben, die links der Eingangsthür bis ans Fenster ein großes Bauer bewohnten und die Luft des Zimmers so verdarben, daß wir fortwährend einen leisen Ekel empfanden, hielt er uns eine Vorlesung. Er ließ sich endlich verleiten zu behaupten, daß er auch alle Pflanzen griechisch und lateinisch zu nennen wisse. Das schlug zu sehr in unsere Profession, als daß wir nicht hätten Zweifel empfinden und ihn um Beispiele seiner Gelehrsamkeit angehen sollen. Er zeigte auf eine vor ihm stehende Aurikel: "die heißt auf lateinisch Primula und auf griechisch Awrikel". Unsere Gesichter mochten doch einigen Zweifel ausgedrückt haben. Er begann schweigsamer zu werden, und wir flüchteten bald aus dieser unheimlichen Atmosphäre".
Endlich gegen Ende des J. 1803 oder zu Anfang des J. 1804 42 ) entschloß sich Gideon, wohl vornehmlich durch die Zerrüttung ihrer Vermögensumstände, die sein Bruder Jacob durch falsche Speculationen verschuldet haben soll, dazu gedrängt, von seinem theuren Schatze sich zu trennen. Für eine Jahresrente, die man wohl übertrieben auf 300 Thlr. angiebt, wurden seine Alterthümer dem Herzoge Karl überlassen, nach Prillwitz geschafft und mit der übrigen kurz zuvor von Hohen=Zieritz hierher übersiedelten Sammlung vereinigt. Paster Schmidt machte sich nun sogleich daran, die neu hinzu gekommenen Alterthümer ausführlich zu beschreiben. Bei den Neustrelitzer Acten befindet sich ein starkes Heft von Schmidts Handschrift, theils aus Entwürfen, theils aus begonnenen Reinschriften bestehend, welche nur die Ueberzeugung gewähren können, daß trotz alles angewandten Fleißes Schmidt der Sache nicht gewachsen war. Für uns von Interesse kann nur die Prillwitzer Tradition über den Fund der Alterthümer sein, welche ich aus Schmidts Vorbericht 43 )
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hier mittheilen will: "Diese [Alterthümer] wurden größtentheils zwischen denen Jahren 1687 und 1697 zu Prillwitz entdeckt. Herr Samuel Friedrich Sponholtz, damaliger hiesiger Prediger, fand sie bey der Versetzung eines Baumes im Pfarrgarten. Sie lagen theils in, theils neben einem metallenen Gefäße etwa drey bis vier Fuß tief in der Erde verwahret. Das Gefäß war rund mit einem ähnlichen Deckel bedeckt und äußerlich mit einer Inschrift von Runen oder nordischen Buchstaben bezeichnet. Um dasselbe fand man viele in einen Kreis gestellte irdene Urnen, nebst einer Beylage von verschiedenen eisernen Geräthen. Die Urnen wurden zerbrochen, die Geräthe zerstöhret und so der Nachwelt entrissen. Der Prediger Sponholtz starb in dem J. 1697 und seine nachgelassene Wittwe verkaufte diese geerbten Schätze dem Goldschmied Pälcke in Neubrandenburg, von ihm kamen sie an seinen Schwiegersohn, den in der Stadt wohnenden Goldschmied Sponholtz, der das vorhin gedachte Gefäß nebst einigen vormals dabey gefundenen Götzen zum Umgusse einer geborstenen Glocke an die dortige Marienkirche schenkte". Ueber die Wittwe des Pastors Sponholtz, welche die Alterthümer an den Goldschmied Pälcke verkaufte, bemerkt Schmidt in einer Anmerkung: "Diese Frau heyrathete nach der Zeit den Nachfolger ihres seligen Mannes, Herrn Martin Manasse Schernack, dem mein Vater Erdmann Christian Schmidt 1748 adjungirt wurde, und dem ich nach seinem 1779 erfolgten Ableben 1780 gefolgt bin. Von meinem Vater habe ich diese Nachricht, der sie oft von dem Prediger Schernack, dessen Frau schon vor 1748 gestorben war, gehört hatte, erfahren".
Indeß wünschte man höhern Orts, daß eine namhafte Auctorität öffentlich ein Urtheil über die Sammlung aussprechen möge. Masch war zwar für seine Jahre noch rüstig genug, aber sein Ansehen auf diesem Felde der Gelehrsamkeit war durch Thunmann und Buchholtz zu sehr erschüttert worden, als daß man ihn hätte auffordern mögen, noch einmal in dieser Angelegenheit die Feder zu ergreifen. Der herzogl. Kammerherr Graf v. d. Schulenburg, welcher zugleich die Aufsicht über die herzogl. Bibliothek führte, brachte den als Kenner der nordischen Geschichte und Mythologie geschätzten Professor Rühs zu Greifswald in Vorschlag. 44 ) Rühs untersuchte im J. 1805 die Alterthümer zu
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Prillwitz und setzte ein referirendes Sendschreiben darüber auf, welches im Juni=Hefte des Wielandschen Merkur vom J. 1805 abgedruckt wurde. Es heißt darin: "Das Kabinet des Herzogs besteht aus drei Hauptgegenständen: 1) einer großen Anzahl von Götterbildern, Opfergeräthschaften und andern zum Kultus gehörigen Dingen, 2) einer Menge von Urnen von verschiedener Form und verschiedenem Stoff, und endlich 3) aus mancherlei Waffen und Geräthschaften, die aus der Erde hervorgeholt sind. Die erste Klasse ist natürlich die merkwürdigste. Die meisten Stücke sind vor mehr als 100 Jahren in der Gegend von Prillwitz, einem Dorfe, das jetzt ein Eigenthum des Herzogs ist, entdeckt worden, einen andern geringern Theil hat man späterhin in der Gegend von Neubrandenburg ausgegraben. Die Besitzer haben diese Sachen, aus Furcht, sie ausliefern zu müssen, lange verheimlicht; die ganze Sammlung gehörte einem Goldarbeiter in Neubrandenburg, Herrn Sponholz; durch einen Zufall erhielt der Hr. Superintendent Masch einen kleinen Theil derselben, den er im J. 1771 in seinen Gottesdienstlichen Alterthümern der Obotriten beschrieben und nachher an den Dom zu Ratzeburg verkauft hat. Bei weitem die meisten Stücke blieben aber unbekannt; nur als sich mit der Ueberzeugung des Eigenthümers, daß sie keine edle Metalle enthielten, die Furcht zu ihrer Abtretung gezwungen zu werden, verloren hatte, hörte er auf, aus seinen Schätzen ein Geheimniß zu machen. Der Graf Potocki lieferte in seiner Voyage dans quelques parties de la Basse Saxe, Hamb. 1795, ein Verzeichniß und Abbildungen der meisten Stücke: seine Zeichnungen sind jedoch sehr flüchtig, es hat ihm an Zeit gefehlt, die Runen, womit sie versehen sind, zu entziffern, und oft hilft er sich mit dem Ausdruck charactères magiques aus der Noth. Die Ratzeburgsche Sammlung hatte der Herzog schon früher an sich gebracht. - Die erste Frage, die wir aufwerfen müssen, ist natürlich: sind diese Alterthümer auch ächt? Eh' ich sie selbst gesehen, geprüft und alle darauf Bezug habende Umstände genau erforscht hatte, war ich wirklich geneigt, irgend eine Art von Täuschung zu vermuthen; es ist wahr, der Kritiker kann eine
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Menge von Zweifeln und Gründen gegen die Authenticität anführen; mehr als ein Umstand rechtfertigt einen Verdacht wider die Entdeckung; aber auf der andern Seite lassen sich an den Denkmälern selbst gar keine Spuren eines Betruges entdecken; um ihn zu einem so hohen Grade zu treiben, wären seltene und ungemeine Kenntnisse erforderlich gewesen, und endlich läßt sich durchaus keine vernünftige Absicht dabei denken. Es ist indessen auffallend, daß die Schriftsteller, von denen diese Sammlung bisher erwähnt ist, an der Aechtheit derselben gar nicht gezweifelt haben: da aber dieser Punkt von der äußersten Wichtigkeit ist, werde ich in meinen Untersuchungen "über die Wohnplätze, die Geschichte, Sitten und Religion der Slavischen Völker im nördlichen Teutschlande, zur Erläuterung der Herzogl. Mecklenb. Sammlung Slavischer Alterthümer", ohne Parteilichkeit und irgend eine andere Rücksicht alles, was sich dafür und dawider sagen läßt, neben einander stellen. Wenn die Authenticität dieser Denkmäler nicht mehr bestritten werden kann, u. s. w.". - Man sieht, Rühs hatte eben so wenig, wie Pastor Schmidt, den ungeheuren Unterschied bemerkt, der in Technik und Styl zwischen den von Masch und den von Potocki beschriebenen Idolen stattfindet.
Gideon überlebte den Verlust seiner Sammlung nicht lange, wiewohl er auch noch nach dem Verkaufe derselben eifrig nach Alterthümern zu graben fortfuhr. Er starb 61 Jahre alt am 22. Januar 1807 an einer Brustkrankheit; acht Tage lang stand seine Leiche über der Erde, und als man sie zum Friedhofe führte, streute man Leinsamen * ) hinter dem Sarge her, um sich vor dem revenant zu sichern. Masch folgte ihm ins Grab am 26. Oct. 1807, beinahe 83jährig, der ältere Bruder Jacob Sponholtz am 8. Sept. 1809 im 75. Lebensjahre. Noch bei dessen Lebzeiten war über sein Vermögen Concurs ausgebrochen, in den nun auch Gideons Nachlaß mit hineingezogen wurde. Am 26. Juni 1810 wurde der Rest von Gideons ehemaligem Alterthums=Cabinette (die werthvollen Sachen scheinen vorher bei Seite geschafft worden zu sein) in öffentlicher Auction versteigert: Nr. 1 "ein hölzerner Tempel zu Rhetra, nach Anleitung des Herrn Superint. Masch, mit seinen Götzen, Heiligthümern und Verzierungen", wurde für 16 ßl. zugeschlagen.