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Zur Geschichte der Stadt Röbel.
Nachtrag zu Jahrb. VIII, S. 109 flgd.

In Jahresber. VIII. S. 109 flgd. sind die Kirchen zu Röbel beschrieben und S. 114 zur Erläuterung einige Momente zur ältern Geschichte der Stadt hinzugefügt. Bei einer wiederholten Untersuchung an Ort und Stelle im Febr. 1848 bei Gelegenheit der Vorbereitung zur Restaurirung der altröbelschen Kirche glaube ich einige Localitäten in und bei der interessanten kleinen Stadt ermittelt und mehrere neue Entdeckungen gemacht zu haben.

Die Meilen weit sichtbare altröbelsche Kirche liegt auf einer bedeutenden Erhöhung unmittelbar an der Hauptstraße der Stadt und der Müritz. Allem Ansehen nach ist diese Erhöhung der heidnische Burgwall. Die auf demselben stehende Kirche ist alt und stammt ohne Zweifel aus der Zeit der Gründung der Stadt, ungefähr 1226 - 1230.

Nun aber war Röbel während des 13. Jahrhunderts und später eine Residenz der werleschen Fürsten; auch war Röbel öfter der Sitz werlescher Wittwen, z. B. der viel genannten Fürstin Sophie (1283 - 1308), unter welcher die Stadt ihren Glanzpunct gehabt zu haben scheint. Dieses jüngere Residenzschloß scheint auf der Anhöhe gestanden zu haben, auf welcher jetzt die Windmühle neben der Stadt steht; dieser Windmühlen=

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berg liegt unmittelbar an der Stadt, ungefähr dort, wo die Altstadt sich von der Neustadt scheidet. Diese Residenz lag also in ältern Zeiten südlich dicht vor der Altstadt Röbel; der Berg wird an einer Seite von der Stadt, an der andern von Wiesen begrenzt, und nach der Nordseite hin dacht sich die Höhe allmählig in weiten Gartenterrassen ab, welche noch heute den Namen "Weinberg" führen.

Dieses Schloß scheint noch lange gestanden zu haben. Bei der Verpfändung des Landes Röbel an Meklenburg im J. 1362 1 ) wird in den Urkunden ausdrücklich immer "dat slot Robele" genannt. Als am 30. Jun. 1362 der Herzog Albrecht von Meklenburg "dat slot unde dat lant to Robele" zu Pfande nahm, verpflichtete er sich daneben, ein "Haus in der Stadt Röbel" zu bauen, mit diesen Worten:

Ok scole wi unde use eruen de man unde dat slot lâten by rechte. Ok scole wi buen ên hûs in de stat tů Robbele, dâr nescole wi edder unse eruen unsem vedderen her Bernde van Wenden unde sînen eruen nênen scâden edder kosthe edder bûwe vp rekenen, men wi unde use eruen scolen em unde sînen eruen dat hůsz mid der stat wedder antwarden.

Im 14. Jahrh. kommt es schon häufiger vor, daß die Fürsten Häuser innerhalb der Städte baueten, namentlich seitdem mehrere Städte keine festen Schlösser außerhalb ihrer Ringmauern dulden wollten. Wo dieses fürstliche Haus innerhalb der Stadt gelegen habe, läßt sich jetzt wohl schwerlich ermitteln.

Der altröbelsche Windmühlenberg, welcher wohl erst in jüngern Zeiten eine Windmühle auf seinen Rücken genommen hat, darf nicht mit dem neuröbelschen Windmühlenberge verwechselt werden. Dieser liegt vor dem neuröbelschen Thore vor der Neustadt Röbel und trug schon im Mittelalter eine Windmühle. In einer Schenkungs=Urkunde für die Propstei zu Neu=Röbel vom 7. Sept. 1454 überläßt der Herzog Heinrich von Meklenburg dem Propst Otto Retzow auf Lebenszeit auch

den dic e k belegen tieghen deme môlenberghe bûten der nîgen stat to Robel. 2 )


1) Vgl. oben S. 190.
2) Diese Urkunde ist gedruckt in Mantzel's Bützow. Ruhestunden, St. XXIII, S. 41. Die hier sehr falsch gedruckten Zeugennamen lauten im Originale also:
ern Bernd van Plesszen cumptur to Myrow, Acchim Plate m ae rschalk, Henningk W ae rborgh, Henningh Pickatel, Philippus Priggenitze, Eggard Hane vnde vele mer vnser leuen getruwen.
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In dem Kirchenarchivschranke in der Sakristei der neuröbelschen Kirche entdeckte ich auch ein kleines Bündel mit einigen alten Original=Urkunden. Die für die Kirche wichtigsten derselben, mit Ausnahme einiger jüngerer Rentenverschreibungen, sind bereits in Mantzel's Bützow. Ruhestunden St. XXII, S. 16 - 24, und St. XXIII, S. 26 - 42, gedruckt. Jedoch sind zwei Urkunden von großem geschichtlichen Werth übersehen und noch nicht bekannt geworden, nämlich ein Privilegium für die Wollenweber zu Röbel vom 6. Jan. 1291 und eine Zunftrolle der Wollenweber zu Neu=Röbel vom 30. Jan. 1463, welche oben mitgetheilt sind 1 ); wahrscheinlich hatte das Wollenweberamt zu Röbel seine Brüderschaft an die neustädter Kirche gelehnt und daher auch hier wohl seine Urkunden niedergelegt.

Die in den Bützow. Ruhestunden St. XXIII, S. 26, gedruckte Dotirung des Heil. Geist=Hospitals in der Stadt Röbel vom 19. Febr. 1298 wird auch noch bei der neustädter Kirche aufbewahrt und ist ebenfalls oben in einem correcten Abdruck mitgetheilt 2 ). Die Urkunde ist wegen der Zeugen von großem Interesse, um so mehr, da sie in die Zeit einer bedeutenden Veränderung fällt, nämlich wenige Wochen vor der Verlegung des Nonnenklosters zu Röbel nach Alt=Malchow. Wie in Jahrb. VIII, S. 115 flgd. auseinandergesetzt ist, hatte Röbel mehrere vornehme Geistliche, namentlich einen Propst oder Archidiakonus des Bischofs von Havelberg zu Neu=Röbel und einen Propst oder Archidiakonus des Bischofs von Schwerin zu Alt=Röbel. Nach der Ordnung des Prämonstratenser=Stifts Havelberg hießen die geistlichen Vorsteher Pröpste, welche im Stifte Schwerin Archidiakonen hießen. Diese Titel sind sonst in beiden Bisthümern strenge geschieden; in Röbel aber, wo jeder Bischof einen Geschäftsträger hatte und die Grenze beider Bisthümer mitten durch die Stadt ging, werden beide Titel häufig verwechselt. Der Propst von Neu=Röbel hatte die Aufsicht über 23 Pfarrkirchen, der Archidiakonus (oder Propst) von Alt=Röbel die Aufsicht über nur 6 Pfarrkirchen außer Röbel. Zugleich war jeder von ihnen Pfarrer an einer der beiden Kirchen. So löset sich eine scheinbar große Verwirrung sehr leicht. Nach der Urkunde vom 19. Febr. 1298 und anderen neu entdeckten Urkunden waren im Anfange des J. 1298 die geistlichen Würdenträger in Röbel folgende:

Johannes Storme, Propst (oder Archidiakonus) des Bischofs von Havelberg, Pfarrer der Kirche zu Neustadt Röbel;


1) Vgl. Urk. Samml Nr. XLVIII und Nr. LV.
2) Vgl. Urk. Samml Nr. XLIX.
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Johannes, Archidiakonus (oder Propst des Bischofs von Schwerin, Pfarrer der Kirche zu Altstadt Röbel;

Johannes Lysen, Prior des Dominikaner Mönchsklosters;

der Propst des Augustiner=Nonnenklosters.

Im Frühling des J. 1848 wurden an der Stelle des ehemaligen, im J. 1285 gestifteten Dominikaner=Mönchsklosters an der südöstlichen Seite der Stadt an der Stadtmauer Aufgrabungen vorgenommen und hier nach dem Berichte des Herrn Burgemeisters, Hofrath Engel viele große und ungewöhnlich starke Fundamente bloß gelegt. Neben denselben fand man sehr viele menschliche Gerippe, welche dicht neben einander lagen. Auch wurden hier zwei kleine, dem 13. Jahrh. angehörende, zweiseitige Silberpfennige pommerscher Fabrik und ein Pfriemen aus Messing gefunden und von dem Herrn Hofrath Engel dem Vereine geschenkt.

Auf ein gegen mich erhobenes Bedenken des Herrn Landesgerichts=Directors Odebrecht zu Berlin habe ich auch die Inschriften, an dem Chorstuhle aus der ehemaligen Dominikaner=Kirche verglichen und gefunden, daß ich mich an einer Stelle stark versehen habe. In der in Jahresber. VIII, S. 112, mitgetheilten Inschrift ist in der ersten Columne an der sechsten Stelle: Inschrift , gedruckt. Es steht aber im Originale ohne Zweifel

Inschrift

Das Versehen rührt daher, daß die Ziffer 6 in der voraufgehenden Jahreszahl 1246 zwei Mal gelesen und das zweite Mal für ein G angesehen und zu dem folgenden Worte gezogen ist; der Lesefehler ist um so offensichtlicher, als die Namen der einzelnen Klöster mit den dazu gehörenden Jahreszahlen abwechselnd mit rother und gelber Farbe bemalt sind, der Irrthum also schon beim ersten Anblick in die Augen fällt. Die Verwechselung des L mit einem I in der Sylbe L A V kommt daher, daß der untere, horizontale Balken des L sehr kurz und geschnörkelt ist und bei der Ansicht von unten durch eine vorspringende Leiste etwas verdeckt wird.

Im Anfange des Chores an der Südseite steht noch ein kleiner Kirchenstuhl aus dem 17. Jahrh., welcher den letzten des in Röbel immer sehr angesehen gewesenen Geschlechts der von Marin gehört haben wird. Auf einer Leiste über der Decke steht in der Mitte ein silberner Schild mit zwei geschnörkelten, schwarzen Angelhaken (das Wappen der Marin) und an jeder Seite ein weibliches Brustbild gemalt.

G. C. F. Lisch.