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III. Nachrichten von alten Schriftwerken.
Auszüge aus Kirchenschriften des Dorfes Vietlübbe bei Plau, nebst Nachrichten über verschiedene Alterthümer auf der Feldmark dieses Dorfes.
Die vietlübber Feldmark bietet dem Alterthumsfreunde manches Bemerkenswerthe dar, worauf Referent hiemit aufmerksam zu machen sucht, da, so viel ihm bekannt ist, solches bisher nicht geschehen ist.
Zuvörderst befinden sich hier, und zwar nordöstlich vom Dorfe, zur Linken des nach Plau führenden Weges etwa 8 bis 10 ansehnliche Hünengräber 1 ), die sich in geringer Entfernung von einander, in der Richtung von Ost nach West, erstrecken, und mit großen Felsblöcken besetzt sind. Ein anderes, isolirt liegendes Hünengrab, rechts vom plauer Wege und näher am Dorfe, zeichnet sich besonders aus durch die gewaltigen Decksteine, die über die aufrecht stehenden Granitblöcke gelegt sind. Doch sind einige der größten Steine nicht mehr vorhanden, sondern zu Brückenplatten gesprengt und benutzt worden. Südwestlich vom Dorfe, rechts vom Wege nach Damerow, sind ferner einige Kegelgräber, von denen eins im Jahr 1819 geöffnet wurde, bei welcher Gelegenheit man verschiedene Fragmente von Geräthen, und namentlich einen in mehrere Stücke zerbrochenen, etwa 1 1/2 Fuß langen Dolch von Erz fand. Diese Sachen wurden an das Großherzogl. Amt zu Goldberg abgeliefert.
Bemerkenswerth sind sodann die Rudera einer Burg und eines Dorfes, Namens Stievendorf, zu welchem in uralten Zeiten Vietlübbe als Filial und Pertinenz gehört hat. Das Dorf Stievendorf lag westlich etwa 1000 Schritte von Vietlübbe, auf dem jetzigen Pfarracker. Der vormalige Kirchhof wurde erst vor einigen und 20 Jahren urbar gemacht, doch ist der Umkreis desselben durch seine höhere Lage noch zu erkennen. Von der Kirche selbst war damals ein aus Feldsteinen und Schutt bestehender, mit Gesträuch überwachsener Hügel vorhanden. Seitdem brach man die Steine aus und planirte die Stelle, doch ließ man das hiebei sichtbar gewordene Fundament des Thurmes, etwa 2 Fuß hoch und 1 1/2 Ruthen im □, stehen. Noch fanden sich hier beim Steinausbrechen im Jahr 1819 zwei vollständige Menschengerippe in ausgemauerten Gräbern. Eine Strecke südwärts von der Kirche in der s. g. Deichwiese,
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unsern des damerower Baches, lag vermuthlich eine Wassermühle, wie die hier ausgegrabenen Mühlensteine und große eichene Pfähle zu beweisen scheinen, so wie auf einer andern Stelle die in großer Menge ausgegrabenen Eisenschlacken das Vorhandensein einer Schmiede andeuten können. Die 12 Bauerhöfe von Stievendorf sollen, der Sage nach, auf dem Raume westlich von der Kirche bis an die etwa 400 Schritte entfernte Hagenswiese gestanden haben. In dieser Wiese lag die Burg Stievendorf, deren ehemaliges Dasein nicht nur die Volkssage, sondern auch der Augenschein deutlich lehrt. Die Ueberbleibsel davon bestehen in fünf erhabenen Flächen und Hügeln, die von Gräben und einem freilich jetzt sehr versunkenen Walle umschlossen werden. Der höchste dieser Hügel ist zwar nur von geringem Umfange, da seine Oberfläche nur 60 Fuß im Durchmesser hält, scheint aber doch das Hauptgebäude enthalten zu haben, da man beim Graben überall gleich auf Mauersteine und Schutt stößt. Im Herbste 1835 wurde ein Theil dieses Hügels aufgegraben; man gelangte bald auf ein Gemäuer von Feldsteinen, welches die Grundlage eines viereckigen Thurmes gebildet zu haben scheint und ziemlich weit zu Tage gefördert ist, und fand hier einen Dolch, einen zusammengerosteten Kettenpanzer, ein Paar Sporen, mehrere Pfeilspitzen und einen zusammen geschmolzenen Klumpen Metall 1 ). Bei einem Nachgraben in früherer Zeit soll eine eiserne Thür sichtbar geworden, aber bei fortgesetzter Arbeit immer mehr in die Tiefe versunken sein. Neben diesen Hügel, doch durch einen Graben davon getrennt, liegt eine ziemlich beträchtliche, jetzt als Acker benutzte Fläche, d. h. noch innerhalb der Umwallung, woselbst vermuthlich die Wirthschaftsgebäude gestanden haben. Die Gräben sind zum Theil noch ziemlich tief, wie denn wohl überhaupt die ganze Wiese in alten Zeiten mehr Sumpf gewesen ist. Geschichtliches ist über Stievendorf weiter nichts bekannt, als daß aus den Kirchenschriften von 1591 hervorgeht, wie dieser Ort schon damals lange zerstört gewesen. Die Volkssage erzählt, daß der letzte Besitzer von Stievendorf mit dem zu Wangelin, einem angrenzenden Dorfe, wo man ebenfalls noch Spuren einer Burg findet, in beständiger Feindschaft lebte und endlich von demselben im Schlafe ermordet wurde, indem der Wangeliner sich in die stievendorfer Burg eingeschlichen, worauf er sich selbst ebenfalls erdolchte.
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Noch zwei andere Dörfer haben, der Sage nach, in alter Zeit auf der jetzigen Feldmark von Vietlübbe gelegen, nämlich Suckow und Hoppenrade. Von ersterem Orte führt noch eine Brücke den Namen, so wie auch der jetzt zum Forsthofe Sandkrug gehörige See; auch kommt im alten vietlübber Kirchenbuche ein Förster vom suckower Damm als Gevatter vor. Hoppenrade lag in dem jetzigen Eichengehölze, rechts vom plauer Wege, woselbst die Bezeichnung: große und kleine Dorfstelle von dessen vormaligem Dasein zeugen. Nahe dabei an einer jetzt sehr unbedeutenden Quelle, Risbeck genannt, soll eine Mühle gelegen haben.
Vietlübbe (nach dem Kirchensiegel: Vietelübde) hatte im Jahr 1591 13 Bauern, 2 Cossaten und 4 Einlieger, das eingepfarrte Dammerow 9 und das Filial Ganzlin 17 Bauern. Im 30jährigen Kriege wurde das Dorf gänzlich verwüstet und war 1643 völlig menschenleer; 1662 zählte die Gemeinde schon wieder 60 Seelen. Seit 1661 sind die Kirchen=Register vollständig vorhanden, und es wurden, nach Ausweisung derselben, in der Parochie von 1661 bis 1800 überhaupt nur 1302 Kinder geboren; von 1800 bis 1830 dagegen betrug die Zahl der Geburten 530.
G. Hempel.
1) Extract Visitierbuchs im Amt Plaw wegen der Pfarrhebung zu Vietelübbe von anno 1591 den 28. Juny auffgerichtet.
Vietelübbe.
Daß Jus Patronatus ist unserm gnädigen Fürsten vnd
herrn zustendigk. Die Kirche ist ein Mater, darzu
gehört nur ein Dörff Damerow, verwaltet auch
jetziger Zeit Gantzelin mit, welches er alle
Sonntage sonderlich bereisen muß, ist eine große
meile weges abgelegen
. -
Es berichtet der Pastor, daß ein Dörff Stievendörff
geheißen, nahe bei Vietelübbe ehemalß gelegen, vnnd
nun gar verwüstet, dar eine Kirche gestanden, welche
die rechte Haubtkirche, vndt Vietlübbe dohmalß ein
Capell vnd Filial, vnd hernach es gar darauß
erbawet, daß feldt aber haben nun die Dameroschen
und Vietelübber ein.
. -
Der Pastor daselbst heist Mattheus Calander, zu
Grabow bürttig, Ist ungefehr bey 45 Jahr alt, vnd 19
Jahr auff der Pfarr gewesen, collegirt seine
Predigten, sitzt des Sonnabends beicht, vnd höret
einen jeden insonderheit, treibt den Catechismum des
Winters alle Sonntage abent fleißig
. - -
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Ist eine Neve Wehdem von 5 Gebinden hat Keine schlaff
Kammer, nur eine Stuben, der Keller ist auch noch
nicht wieder ausgebavet, ist ein Nev Bähn über daß
gantze hauß
. -
Auch hat man, auß dem in voriger gehaltenen
Visitation den Haubtman zu Plawe übergebenen
gravaminibus die nachrichtung bekommen, daß noch 2
Hufen die 4 kerl unter sich getheilet, dem Pastoren
Zugehören, die Pacht bringen sie zusammen, vnd
versauffens.
. - -
Accidentia. Vor ein Kind zu taufen, ein sößling und eine Malzeit darzu. Vom Kirchgang der Sechswöchnerin 3 schilling vndt giebt einen witten ein leidel gelt, vndt opffert aufs Altar auch einen witten, darneben opffern auch alle andern weiber die mitgehen, einen witten. Vor auffbietten eine flasch bier vnd einen stutten. Vor vertravung 2 ßl.
Die Brautgäste opffern, wy ein jeder will.
Vor Kranken zu besuchen einen sößling.
Von todten alt vnd jung 1 gr. vnd opffert jeder 1 witten.
Wann ein reicher stirbt, Kriegt er bißweilen 12 ßl: bißweilen 6 ßl:
Auff Weihnachten einen sößling vor die Pröwenwurst
. -
2. Protocollum
so bey den Besichtigungen der DorffKirchen im Ambt Plawe und erkundigung deroselben Zustandes in gegenwahrt der fürstl. herrn Comissarien, herrn M. D. Michaelis , superintendenten, vnd Herrn Haubtmann J. Crügers, durch mich, J. Tielen, Visitationis Notarium den 17 vnd 22 Juny Anno 1643 gehalten.
Nachdem wolgedachte herrn Commissary die Commission zu Plawe wegen Auffnehmung der Oeconomy vnd Kirchen Rechnungen verrichtet, als seint dieselben darauf nebenst mir hinnauß ins Ambt gereiset, die darin belegenen DorffKirchen vnd darzu gehorigen Capellen in augenschein Zu nehmen, vnd den Kirchenzstandt sich Zu erkundigen, dieweil aber die Pastores vnd Juraten der Kirchen im gantzen Ambt todes verblichen, die Dörffer auch mehrentheils wüste gelegen, vndt an etlichen Orten Kein Mensch Zu finden gewesen, Als hat man von den Kirchen Intraden , vnd den gehaltenen Registern Keinen vollen Kommenen bericht erlangen Können, sondern es seint die Kirchen vnd Wehdem, iedes Ohrtts besichtiget, vnd wie dieselbigen in jetzigen Zustand befunden, vnd wz man sonsten von den bawern erfahren können, nachfolgend gestellt vnd beZeichnet.
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Die Kirche zu Vietelübde ist in Holtzwerk gemauert, der giebel von Mauersteinen, die wende aber von lehmen, Im tache seint etzliche Steine weg, inwendig etwaz verwüstet, oben ein brettern Boden, Altar und predigstuel sint alt, der thurm ist von holtz gebavet, dz holtzwerk verstocket, etliche bende sint loß gangen, vnd ist gestützet, Sonsten sind noch im thurm vorhanden 2 mittelmäßige Klocken müßen herauß genommen werden.
Ist etwaz tachloß, die abseiten daugen nichts, der vorgiebeI ist eingebogen, die stuben Kammer vnd wende sehr verwüstet, die Fenster vnd Thüren sint darauß weg, In der haußstuben ein guter Kachelofen, zunebst 2 bencken, die Fenster sint darauß weg. Die Scheune auff beiden Seiten tachloß, sehr verwüstet vnd in der faste offen, daß Backhauß mit einem Kornhause ist von gutem holtze; daß tach vber dem Backhause ist mehrentheils weg, vber dem Backofen ein Schauer von Brettern.
Pastor:
herr
Matthaeus Calander
ist
mit den
Juraten
verstorben. Daß gantze Dorff
ist wüste, vnd wohnet Kein Mensch dar in; daher man
wegen dieser Kirchen Intraden nichts erfahren
können.
. - -
Die Kirche ist in holtz gebawet, dz tach ist guth, der giebel von steinen, die wende von lehmen, ein New und ein Alt predigstuel, dz Altar vnnd andere stüle sint verwüstet, der thurm ist von holtz gebawet vnd bekleidet, iedoch mangeln etliche bretter, Im thurm sint zwo Klocken.
der Schultze alhier wohnhafft sagt, daß der
Pastor
zu Vietelübde, herr
Mathäy Calander
alle
Sonntage zu Gantzelin gepredigt, vnd auff die
Aposteltage den Küster geschicket habe. der Silberne
Kelch, dieser Kirchen angehörig, nebenst den
Kirchenbüchern, wehre von den Chur Sächsischen weg
geraubet, vnd etliche Bücher zu Plawe verkaufft
worden
. -
Rosenow, den 17. Aug. 1839.
Gustav Hempel.