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Münzfund von Warlin.
Auf dem Felde von Georgendorf, zu Warlin bei Neubrandenburg gehörig, ward im Spätherbste des J. 1833 ein bedeutender Fund von Münzen und Kostbarkeiten gemacht, der im Ganzen aus dem zehnten Jahrhundert stammt. Schon im Freimüth. Abendblatt, 1834, Nr. 791, ward dieser Fund folgendermaßen beschrieben. "Es war im Spätherbst des v. J., "als ein Haker auf der warliner Feldmark hart an der Grenze von Pragsdorf auf einem mit Sand bedeckten Lehmberge in der Tiefe von kaum 1 Fuß einen Topf mit einer Menge alter, sehr alter Münzen aushakte. Nur sieben Stücke, deren Beschaffenheit Sammlern und Forschern näher anzudeuten Einsender sich erlaubt, sind dem Verderben entzogen und in Sammlungen gekommen." Die 4 ersten Münzen, welche hierauf im Freim. Abendbl. sehr unklar beschrieben werden, sind deutsche Münzen mit dem Gepräge der Kirche, von denen einige den unten Nr. 21, 22 und 24 beschriebenen ähnlich gewesen sind. "Die bei weitem interessanteste Münze", fährt der Berichterstatter fort, "ist aber Nr. 5. Sie ist von der "Größe eines preußischen Viergroschenstücks, doch dünner, trägt sicht= und lesbar auf beiden Seiten arabische Charaktere, welche ein Kenner der Sprache, Herr Conrector Langbein in Friedland, vollständig entziffert hat. Man liest nach dessen Deutung:
"Avers:
1) Fläche: Es ist kein Gott als der einige Gott, ihm ist kein Theilnehmer."
"2) Innerer Rand: Im Namen Gottes ist dieser Dirhem geschlagen in Samerkand im Jahre 344"
(n. Chr. 955).
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3) Aeußerer Rand: "Aus dem Kor. Sure 30, 4. 5. Gott hat die Herrschaft über das Vergangene und Zukünftige; jetzt freuen sich die Gläubigen der Hülfe Gottes."
"Revers:
1) Fläche: Gotte. Muhammed, der Gesandte Gottes. Almostaksi billah. Nuch' ben Nasr."
"2) Rand: Koran, Sure. 9, 33. Muhammed ist der Gesandte Gottes, den er gesandt hat mit der Leitung und wahren Religion, um sie zu erheben über alle Religionen, wenn sich auch widersetzen diejenigen, welche Gott Theilnehmer zugesellen."
"Eine Schwierigkeit ist hiebei dem gefälligen Uebersetzer aufgestoßen, darin bestehend: der Chalif Almostaksi billah wurde schon 334 d. H. (n. Chr. 947) der Regierung entsetzt und der semanidische Statthalter von Transoxana: Nuch ben Nasr starb schon 343 d. H. (954 n. Chr.). Wie kommen ihre Namen noch 344 auf Münzen vor?"
"Später gelangte Einsender noch unmittelbar von Findern in den Besitz von Fragmenten zweier sehr verschiedener Münzen. Das erstere rührt offenbar von einer der unter" (Nr. 24 unten) beschriebenen ähnlichen Münze her; das andere, der vierte Theil einer Münze, die an Umfang ein altes Achtgroschen= stück übertroffen hat, trägt auf beiden Seiten sehr grelle ara= bische Inschrift, deren Deutung noch nicht entziffert ist."
Ueber diesen interessanten Fund hat nun der Herr Rath Dr. Kirchstein zu Neubrandenburg weitere, willkommene Aufklärung gegeben. Auch zu ihm kam ein Schäfer von Warlin mit einem Beutel voll Münzen, als er grade im Begriffe war zu verreisen; der Schäfer schüttete die Münzen - es mochten ihrer wohl 200 sein - auf den Tisch und der Herr Dr. Kirchstein suchte aus, was für den Augenblick deutliches Gepräge zu haben schien. Mit dem Rest ging der Schäfer weiter, und der Fund zerstreute sich an Juden und Goldschmiede in Schmelztiegel. Was von dem Funde noch übrig sein mag, ist im Besitze des Herrn Raths Dr. Kirchstein, welcher dem Unterzeichneten die Münzen, alle Denare mit Ausnahme eines Stückes Nr. 25, zu der folgenden Beschreibung gütigst vorgelegt hat.
Deutsche Kaisermünzen.
Otto I. (936 - 973).
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"Außer diesen Münzen", sagt der Berichterstatter im Freim. Abendbl., "sind früher von Suchenden nach Aussage eines glaubwürdigen Augenzeugen einzelne Bruchstücke von silbernen Ketten, dergl. Nägel (Spangen?) gefunden, aber sofort in die Hände von Israels Nachkommen gerathen." - Der Herr Rath Dr. Kirchstein versichert, bei dem Funde auch ein kleines Schmuckgefäß von durchbrochener Silberarbeit gesehen zu haben, das jedoch von einem Goldschmiede erhandelt und umgeschmolzen sei.
Sehr merkwürdig ist aber ein Ring, der ebenfalls neben den Münzen gefunden ward. Der Ring, der schon im Jahresbericht I, S. 37 beschrieben ist, war ebenfalls von durchbrochener Silberarbeit; eingefaßt war ein Karneol mit eingelegter Goldarbeit. Diesen Ring kaufte mit mehrern Münzen der Goldarbeiter Henck in Neubrandenburg, der den Stein, nachdem er alles eingehandelte Silber von dem Funde eingeschmolzen hatte, dem Herrn Rath Dr. Kirchstein schenkte, in dessen Besitz er sich noch befindet. Es ist ein trefflicher, ovaler Karneol, 5/8" lang. und 7/16" breit; eingelegt ist mit höchst sauberer und vollkommener Arbeit ein fünfarmiger Leuchter in Gold; die Flammen der Lichter sind von weißem Metall, wahrscheinlich Silber, eingelegt; neben dem Fuße des Leuchters sind zwei goldene Sternchen eingelegt. Oben herum sind, wie auf einem Siegel, mit sehr kleinen meisterhaft gezeichneten Buchstaben die hebräischen Worte in Gold eingelegt:
d. i.: = ad incendendum lucernam quae (est)
sabbati,
d. i.: = anzuzünden den Leuchter des
Sabbat,
nach der Erklärung des Hrn. Pastors
Boll zu Neubrandenburg.
Dieser ganze Fund, der aus dem 10. Jahrb. stammt, hat die auffallendste Aehnlichkeit mit dem bei Münsterwalde auf dem jenseitigen Ufer der Weichsel, ungefähr zur Zeit der Auffindung der bei Warlin ausgepflügten Münzen, gefundenen Schatze (vgl. Jahresber. der pommerschen Gesellsch. VII, 1836, S. 15 - 27), welcher aus einer großen Menge arabischer Münzen aus dem 8. bis 10. Jahrh. und vieler vortrefflicher Filigran=Arbeit aus Silber, wie Schlangen, Ringen und allerlei Schmuck bestand; diese Silberarbeit ist mit der bei dem warliner Funde angetroffenen völlig gleich. Den Münzen nach ward ein ähnlicher Fund bei Buggentin gemacht (vgl. Jahresber. der pomm. Ges. XIII, 1839, S. 17 flgd.), in welchem auch viele arabische, ottonische und kölnische Münzen vorkommen. - Sollte die Wiederholung von dergleichen Funden nicht darauf hindeuten,
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daß die verborgenen Schätze arabischen Handelsleuten angehört haben, da sich neben den unzweifelhaft orientalischen Schmucksachen nicht nur arabische, sondern auch wahrscheinlich eingelöste europäische Münzen, die nach andern Funden in den Wendenländern coursirten, finden?
G. C. F. Lisch.