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Die Kirche zu Vietlübbe (bei Gadebusch).
Die Kirche zu Vietlübbe ist unstreitig eine der ältesten und merkwürdigsten in Meklenburg; wahrscheinlich fällt ihre Erbauung in die Zeit der Erbauung der uralten Kirche in dem nahen Gadebusch, deren Schiff zu den ältesten kirchlichen Gebäuden in Meklenburg gehört. Die Kirche zu Vietlübbe ist nämlich durch und durch im Rundbogenstyl erbauet. Die Grundform bildet ein regelmäßiges, gleicharmiges Kreuz. Die Altarseite ist zu einer nischenförmigen Tribune im vollständigen Halbkreise mit abgerundetem Dache ausgebaut. Die übrigen drei Bogenzungen der Kreuzbalken sind in sehr schlanken und hohen Giebeln aufgemauert, unter deren jedem sich eine Eingangspforte im strengen, jedoch schmucklosen Rundbogenstyl befindet;
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über jeder Pforte steht ein im Rundbogen gewölbtes, nach innen schmal zusammenlaufendes Fenster, an der westlichen Thurmseite überdies noch unmittelbar über der Pforte ein kleines kreisrundes Fenster. Die Spitze des Thurmgiebels ist bei der Auftragung des weithin sichtbaren, hölzernen Thurms (wohl wiederholt) neu aufgemauert. Das Dachgesimse ist mit erhabenen rautenförmigen Ornamenten aus gebranntem Thon verziert; die Kanten der Giebel haben Verzierungen aus Ziegeln in halber Octoederform. Der Thurmgiebel ist jetzt ohne alle Verzierungen. - Das Material ist ausgezeichnet schön und dauerhaft; die Ziegel haben das größte Format, das im Norden Deutschlands je Backsteine gehabt haben. - Das Innere der Kirche ist im Rundbogenstyl gewölbt; die ganze Kirche hat 5 Gewölbe, eines in jedem Kreuzbalken und das fünfte in der Mitte der Kirche. Das Mittelgewölbe wird von runden, in die vier Ecken gelehnten Säulen mit kräftigen quadratischen Kapitälern, die vier Nebengewölbe werden von gradlinigen Pilastern getragen. Die Hauptgurtbogen von Säule zu Säule sind Halbkreise; die Gewölberippen sind äußerst fein und scharf gehalten. Die Tribune an der Altarseite ist rundbogig zu einer Nische ausgemauert. Ursprünglich hatte diese Tribune drei Fenster, von denen zwei zugemauert sind. Gegenwärtig wird die ganze Tribune durch einen schlechtgeschnitzten Flügelaltar (wahrscheinlich aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts) ganz verdeckt. Im Geiste des Baues lag unstreitig ein möglichst freier Altar, der durch die drei Fenster der Tribune die Hauptmasse des Lichts aufnehmen kann. Uebrigens hat ursprünglich jede der 8 langen Seiten ein Rundbogenfenster, jeder der drei Giebel ein gleiches Fenster und die Altarseite drei Fenster im Rundbogenstyl; muthmaßlich dürften sich die 3 Fenster der Altartribune auf die Trinität, die 11 Fenster des größern Theils der Kirche (oder die 12 Fenster, wenn man das runde Fenster über der Pforte im Thurmgiebel mitrechnet) auf die Apostel deuten lassen.
Im westlichen Theile der Kirche steht noch ein großer, verzierter Taufkessel aus behauenem Granit 1 ), mit einem runden Fuße, wie sich dergleichen Taufkessel aus den frühesten Zeiten des Christenthums nicht sehr selten in Meklenburg finden. Daß dieses Granitbecken zum Taufkessel 1 ) gedient habe, beweiset
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noch der auf demselben stehende thurmförmige Deckel aus Holz, der noch häufig auf Taufkesseln zu stehen pflegt.
Die beiden ziemlich großen Glocken sind ohne alle Inschriften.
Aus dem ganzen Bau der Kirche geht unbestreitbar hervor, daß sie am Ende des 12. oder im Anfange des 13. Jahrhunderts erbaut worden sei und zu den ältesten Kirchen im Lande gehöre. Hiefür scheinen auch Urkunden zu reden, wenn die Rangordnung der Kirchen und ihrer Pfarrer in den ältern Zeiten nach dem Alter der Stiftung der Kirchen bestimmt ward, wie es den Anschein hat. In der Stiftungsurkunde des Klosters Rehna vom 26. Decbr. 1236 ist unter den 16 Priestern, welche als Zeugen gegenwärtig waren, Rodolfus capellanus de Godebuz der erste im Range und nach ihm folgt zunächst Jonathas de Vitelübbe. Und als der Fürst Heinrich der Pilger im J. 1267 an 17 Kirchen derselben Gegend Geschenke vertheilte, nannte er in der Urkunde zuerst die Kirchen zu Godebuz und Vitelubbe.
G. C. F. Lisch.