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V.

 

Adolf Friedrich von Schack
und Anselm Feuerbach.

 

Orginalbriefe des Künstlers
und seiner Mutter
im Mecklenburgischen Geheimen
und Hauptarchiv zu Schwerin.

 

Herausgegeben von

Walter Josephi.

 

Vignette
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Im Jahre 1935 übersandte in Ausführung einer letzten Bestimmung des Preußischen Generalleutnants Hans v. Schack in Kassel 1 ) seine Witwe, Frau Marie v. Schack, dem Geheimen und Hauptarchiv zu Schwerin einige Konvolute von Papieren. Der wertvollste Teil der Gabe sind 304 Briefe (auch Quittungen und Verpflichtungsscheine) bildender Künstler, Dichter und Gelehrter an Adolf Friedrich, nachmaligen Grafen v. Schack, den bekannten Münchener Dichter und Sammler 2 ). Dabei sind durch Inhalt oder Zahl besonders bedeutungsvoll die Briefe


1) Hans v. Schack aus dem lauenburgischen Hause Müssen, ein entfernter Verwandter des ersten Grafen v. Schack, wurde am 27. Juni 1853 zu Landsburg/W. geboren. Er trat im Februar 1871 aus dem Kadettenhause als Leutnant in das Füs.-Regt. 36 ein und wurde 1885 in den Generalstab versetzt, in dem er bis 1894 verblieb. 1899 wurde er Oberst und Kommandeur des Inf.-Regt. 13 in Münster i. W., 1902 Kommandeur der 68. Inf.-Brigade. 1906 erhielt er den Charakter eines Generalleutnants und wurde zu den Offizieren der Armee versetzt, 1907 verabschiedet. Im Weltkriege war er vom 4. August 1914 bis 8. November 1917 Kommandeur der Stellv. 43./44. Brigade, sodann der 44. Brigade. Von Frankreich des Mordes von mehr als 3000 Gefangenen durch vorsätzliche Ausbreitung des Fleckfiebers im Gefangenenlager Niederzwehren angeklagt, wurde er am 9. Juli 1921 ehrenvoll vom Reichsgericht zu Leipzig freigesprochen. Er starb am 9. Dezember 1934 zu Kassel. Unter den von ihm hinterlassenen Papieren befindet sich eine bisher nicht veröffentlichte Biographie und Würdigung des Grafen Adolf Friedrich v. Schack.
2) Adolf Friedrich v. Schack aus dem mecklenburgischen Hause Zülow, geb. 2. August 1815 zu Schwerin/M. als Sohn des Wirkl. Geh. Rats und nachmaligen mecklenburgischen Gesandten am Bundestage zu Frankfurt/M. Christoph v. Schack, Herrn auf Brüsewitz und Zülow in Mecklenburg, trat nach abgelegter Referendarprüfung in den preußischen und dann in den mecklenburgischen diplomatischen Dienst. Nach seinem Ausscheiden 1851 bildete er sich auf Reisen, widmete sich literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten und siedelte 1854 auf Wunsch des Königs Maximilian II. nach München über. Neben seinen Dichtungen wurde er vornehmlich durch die hauptsächlich in den Jahren 1857 bis 1874 in seiner 1856 erworbenen Villa in der Briennerstraße geschaffene spatere Schack-Galerie bekannt. Durch Cabinetsordre des Kaisers und Königs (  ...  )
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von Böcklin, Bodenstedt, Feuerbach, Grosse, Gregorovius, Heyse, Lenbach, Ludwig, v. Marées, Neureuther und Steinle.

Wenn aus dieser umfangreichen Sammlung hier nur die Briefe des Malers Anselm Feuerbach 3 ) und seiner Stiefmutter Henriette Feuerbach 4 ) veröffentlicht werden, so liegt der Grund einmal in der regen Anteilnahme, die die Allgemeinheit schon zu Lebzeiten dieses großen, aber damals verkannten Malers an seinem Verhältnis zu seinem Auftraggeber nahm, noch gesteigert nach dem Ableben Feuerbachs, als nach einer noch wenig beachteten Gedächtnisausstellung in der Berliner National-Galerie 1880 eine Reihe vielgelesener Veröffentlichungen erschien 5 ) und gar die Jahrhundert-Ausstellung Ber-


(  ...  ) Wilhelm I., Berlin, 22. November 1876, wurde er in den preußischen Grafenstand erhoben. Nach langjährigem Augenleiden 1880 völlig erblindet, aber dennnoch aus seiner Erinnerung literarisch weiter schaffend, starb er am 14. April 1894 zu Rom. Vergl.: Adolf Friedrich Graf von Schack: Ein halbes Jahrhundert. Erinnerungen und Aufzeichnungen. 2. Aufl. Stuttgart 1889. Meine Gemäldesammlung. 7. Aufl. Stuttgart 1894. Gesammelte Werke in 10 Bänden. 3. Aufl. Stuttgart 1897 ff. Dr. Carl Schröder: Mecklenburg und die Mecklenburger in der schönen Literatur. Berlin 1909, S. 223 ff. P. Krause: Die Balladen und Epen des Gr. Schack. Diss. Breslau 1915; Fr. Nemitz: Gr. Schack als Lyriker. Diss. Rostock 1921; A. Weigt: A. Fr. v. Schack als Dramatiker. Diss. Breslau 1921.
3) Geb. 12. Sept. 1829 zu Speyer, gest. 4. Jan. 1880 zu Venedig.
4) Henriette Feuerbach, geb. Heydenreich (geb. 13. August 1812 zu Ermetzhofen in Franken, gest. 5. August 1892 zu Ansbach), heiratete 1834 den Gymnasiallehrer in Speyer, späteren Prof. der Archäologie in Freiburg Anselm Feuerbach (1798 - 1851) in dessen zweiter Ehe. Vergl. über sie Erika Schippel: Henriette Feuerbach. Eine Studie zur Geistesgeschichte des 19. Jahrh. Jena 1930 (Jenaer Germanistische Forschungen, Heft 14); Hermann Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach. Ihr Leben in ihren Briefen. Berlin-Wien 1913.
5) Julius Allgeyer: Anselm Feuerbach. 1. Ausgabe Bamberg 1894, 2. Aufl. Berlin und Stuttgart 1904. (Im Folgenden wird die 2. Auflage zitiert mit "Allgeyer"). Anselm Feuerbach: Ein Vermächtnis. Mit Nachwort von Hermann Uhde-Bernays München 1924 (Erste Ausgabe bei Gerold, Wien 1882); Ed. Heyck: Anselm Feuerbach (Künstler-Mon. LXXVI) Bielefeld 1905; Anselm Feuerbachs Briefe an seine Mutter. Herausgegeben von G. J. Kern und Hermann Uhde-Bernays. 2 Bände. Berlin 1911 (zitiert "Briefe"); Anselm Feuerbachs Briefe an seine Mutter. In einer Auswahl von Hermann Uhde-Bernays Berlin 1912 (zitiert: "Uhde-Bernays: Briefe"); ferner das mit sechs Heliogravüren und 324 Abbildungen von Werken Feuerbachs ausgestattete Werk von Hermann Uhde-Bernay: Feuerbach. Beschreibender Katalog seiner sämtlichen Gemälde. München 1929 (zitiert "Uhde-Bernays: Feuerbach"). Z. Zt. erscheinen die Briefe an die Mutter in neuer Auswahl von Anni Paul-Pescatore.
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lin 1906 ihn selbst der Nachwelt als einen ganz Großen vorgeführt hatte. Andererseits handelt es sich gerade bei den Feuerbachbriefen um einen Komplex innerlich zusammenhängender Schreiben, deren Gegenseiten überraschend gut durch die 1911 veröffentlichten Briefe des Künstlers an seine Mutter und die Schack-Briefe bei Allgeyer festgestellt werden können. Es erschien daher als eine kunsthistorische Notwendigkeit, durch eine wortgetreue Herausgabe die erhebliche Lücke im Ringe der aufschlußreichen Brief-Veröffentlichungen aus dem Feuerbach-Kreise zu schließen, zumal erst dadurch eine selbständige Beurteilung des Feuerbach - v. Schack-Problems ermöglicht wird 6 ).

Der hier bearbeitete Teil der Briefsammlung umfaßt:

von Anselm Feuerbach vier Briefe an v. Schack, zwei Briefe an die Mutter 7 ), einen Vertragsabschluß mit v. Schack;

von Henriette Feuerbach 8 ) einen Brief an Julius Allgeyer, 27 Briefe an v. Schack, vier Zahlungsquittungen für gelieferte Gemälde,

denen aus inhaltlichen Gründen ein Brief Jos. Victor Scheffels an v. Schack beigefügt wird.

Die im Folgenden wiedergegebenen Briefe des Künstlers und die meisten seiner Mutter entstammen den "Jahren der Überwindung", wie Uhde-Bernays treffend die Schaffenszeit der Jahre 1863 bis 1867 benennt 9 ); sie haben dadurch eine gesteigerte Bedeutung, daß sie in Verbindung mit den ihnen beiliegenden Geldquittungen die sämtlichen zwölf von


6) Die Briefsammlung ist bisher nur vom letzten Secretär des Grafen von Schack, Georg Winkler, für einen Aufsatz: "Anselm und Henriette Feuerbach und ihre Beziehungen zum Grafen Schack" (Die Kunst für Alle, XVIII. Jahrg. München 1903, S. 107 ff u. 139 ff.) benutzt worden, doch verbot ihm der zur Verfügung stehende Raum eine Herausgabe. Wenn sich bei der jetzigen wortgetreuen Herausgabe der für das Verständnis der Briefe unerläßliche verbindende Text mit der Darstellung Winklers berührt, so ergibt sich dies aus der Gebundenheit der Materie.
7) Die Briefe fehlen in den Berliner Veröffentlichungen.
8) Die Briefe fehlen bei Hermann Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, da sie dem Herausgeber vom Besitzer, dem Generalleutnant Hans von Schack, damals nicht zur Verfügung gestellt werden konnten (Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, S. 484).
9) Uhde-Bernays, Briefe S. 172.
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Schackschen Erwerbungen Feuerbachscher Gemälde behandeln 10 ). Diese Gemälde sind:

Schack-Galerie 11 ), 1938:

Nr. 31: Bildnis einer Römerin. (1862).
Nr. 32: Pietà. 1863.
Nr. 33: Garten des Ariost. (1862).
Nr. 34: Madonna. (1863).
Nr. 35: Badende Kinder. (1864).
Nr. 36: Francesca und Paolo. 1864.
Nr. 37: Musizierende Kinder von einer Nymphe belauscht. 1864.
Nr. 38: Laura in der Kirche. (1865).
Nr. 39: Familienbild. 1866.
Nr. 40: Hafis am Brunnen. 1866.
Nr. 41: Ricordo di Tivoli. (1868).

Ferner wurde von v. Schack erworben, doch später wieder abgegeben: Romeo und Julia. 1864.

An Quittungen liegen den Briefen bei diejenigen für

Nr. 33: Garten des Ariost. 1000 Gulden, ausgestellt am 8. Januar 1863.
Nr. 31: Bildnis einer Römerin. 400 Gulden, ausgestellt am 6. Februar 1863.
Nr. 35: Badende Kinder. 600 Gulden, ausgestellt am 25. März 1864.
Nr. 38: Laura in der Kirche. 2000 Gulden, ausgestellt am 23. April 1865.

Dazu kommt noch die Urkunde, durch die sich Anselm Feuerbach am 28. November 1866 verpflichtet, für den Preis von 3500 Gulden die Ölgemälde "Medeas Abschied" und "Ein Mädchen mit einem singenden Knaben" 12 ) zu liefern, unter gleichzeitiger Empfangsbestätigung von 300 Gulden Vorschuß.

*

10) Über die Schack-Galerie vergl. an neuerer Literatur insbesondere: Verzeichnis der Schackgalerie. Mit Erläuterungen ihres Begründers und Äußerungen der Künstler. Herausgegeben von Ludwig Justi. München 1923 (die hier zitierte vierte Auflage 1930).
11) Schack-Galerie München. Zweite veränderte Auflage, Berlin 1938 (Amtliche Ausgabe der Verwaltung der Staatl. Schlösser und Gärten in Berlin).
12) Es handelt sich um Schack-Galerie, 1938, Nr. 41: Ricordo di Tivoli, das seinen Namen wechselte.
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Ein kühler Ton zieht sich durch die Briefe Anselm Feuerbachs an seinen Gönner, ein Hauch tiefer Mutterliebe und warmen Dankgefühls durch die Schreiben der Mutter. Sie voll zu verstehen und zu werten, bedarf es vor allem der Kenntnis von Anselm Feuerbachs Briefen an die Mutter. Aus ihnen ersteht dem Leser eine seltsam überreizte, seelisch zerrissene, in sich widerspruchsvolle Persönlichkeit, ein hochgenialer Künstler und Könner, aber unzufrieden mit aller Welt und nicht zuletzt und nicht zum wenigsten mit sich selbst, welch Depressions-Gefühl immer wieder von Übersteigerungen der Selbsteinschätzung abgelöst wird.

Von diesem in sich selbst gegensätzlichen und daher sozial äußerst schwierigen Charakter des Sohnes hebt sich in vollendetem Gegensatz ungemein sympathisch die abgeklärte Denkweise der Stiefmutter ab, deren Leben einzig und allein der Förderung des Sohnes geweiht war und die nur hierin ihren Lebenszweck sah. Im klaren Erkennen der charakterlichen Schwächen des Sohnes, ererbt vom nervös reizbaren Vater, übernahm sie zwangsläufig die Aufgabe, zu mildern, auszugleichen, zu versöhnen, Wege wieder zu eröffnen, die durch Jenes Impulsivität verschüttet waren. Zumal als der Münchener Sammler in das Leben des Sohnes und damit auch in das ihrige getreten war, als dann wieder dunkle Wolken aufstiegen, die den soeben erst mühsam errungenen Erfolg wieder zu beschatten drohten, wuchs diese Mutterliebe zu fast tragischer Größe. Hatte sich doch kaum jemals zuvor die Wesensverschiedenheit der Beiden so offenbart wie jetzt, noch niemals in solcher Stärke ihr gegensätzliches und doch auf dasselbe Ziel gerichtetes Handeln.

Adolf Friedrich v. Schack trat auf die Lebensbühne dieser beiden eng verbundenen Menschen als Retter aus unsagbarer Qual nach dem Durchleben jener Jahre 1861 und 1862, "die in ihrer Not den Gipfel menschlichen und künstlerischen Leidens bildeten" 1 ). Aber obwohl v. Schack dem gereiften Künstler niemals die Frohn des Bilderkopierens auferlegte, wie etwa dessen römischen Genossen Lenbach und v. Marées, faßte schon bald eine Verstimmung Feuerbachs gegen seinen Auftraggeber Fuß, die Uhde-Bernays aus der seelischen Perspektive des Künstlers mit folgenden Worten charakterisiert: "Er sah die Inferiorität des ohnedies kurzsichtigen Sammlers, der im


1) Uhde-Bernays, Briefe, S. 173.
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Kreise der Freunde in München gerne als der edle Mäzen gepriesen sein wollte, sogleich, ging aber auf seine Bestellungen ein, solange zwischen ihm und dem Grafen halbwegs ein Verständnis bestand" 2 ).

Diese aus der Denkweise Feuerbachs gut formulierte, in Wahrheit keineswegs zutreffende Auffassung von Art und Wesen des Münchener Sammlers wurde von der Mutter vielleicht geteilt; jedoch war die Mutter von Anfang bis Ende beherrscht von einem tiefen Dankgefühl gegen den Retter, in dem sie in echt fraulicher Weise auch für sich selbst einen Ratgeber sah. Sie fürchtete den Bruch, sie, die des Sohnes Wesensart nur allzu gut kannte 3 ). Hatte sie es doch erlebt und sollte es noch weiter erleben, daß noch nie eine Gemeinschaft des Sohnes von wirklicher Dauer gewesen und daß er von fast allen, denen er im Leben näher getreten - Scheffel, Böcklin, Lenbach, Marées, Fiedler und anderen - mehr oder weniger in Unfrieden schied oder doch zu ihnen in Gegensatz trat. So wurden denn die Briefe der Mutter in dem gleichen Maße, wie des Sohnes Verstimmung gegen v. Schack zunahm, zu immer stärkeren Versuchen auszugleichen, wobei sie auch wohl vor Unwahrheiten oder doch wenigstens Umbiegungen der Wahrheit nicht zurückschreckte, bis schließlich der vollzogene Bruch das Mutterherz jene schönen Worte finden ließ, in denen sich die tiefe Enttäuschung über des Sohnes Verhalten mit ihrer nie versagenden Dankbarkeit gegen den einstigen Retter vereinte.

In Kunst- und Literaten-Kreisen 4 ) hat man, vornehmlich nach v. Schacks Ableben, über sein sammlerisches Können und sein Förderertum gegenüber dem Künstlernachwuchs abgeurteilt und dabei übersehen, daß die Schack-Galerie als die herrlichste Privatsammlung deutschen Kunstschaffens des 19. Jahrhunderts eine so laute Sprache vom Wollen und Können ihres Schöpfers redet, daß es eigentlich gerade in München schwer fallen müßte, sie zu überhören. Man vergaß auch, daß er weit mehr junge Talente erkannte als verkannte, wußte auch nicht,


2) Uhde-Bernays, Briefe, S. 177.
3) Erika Schippel, S. 29, Anm. 177.
4) Besonders Allgeyer (1894) und Wyl, letzterer durch seine Ende 1895 in der nordamerikanischen Zeitung "Der Westen" erschienenen Aufsätze über Lenbach, später in Buchform veröffentlicht siehe Anm. 5).
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daß manche der jungen Leute damals, als v. Schack ihnen jene Ausbildungs- und Schaffensmöglichkeit gewährte, sich in den Briefen an ihn ganz anders ausgesprochen hatten, als sie es viel später als anerkannte Künstler taten 5 ). Ebenso verschloß man sich der Tatsache, daß fast noch immer das Mäcenatentum als Kehrseite ein Aufgeben des uneingeengt freien künstlerischen Schaffens nach der einen oder anderen Seite mit sich brachte. Wieweit dabei v. Schack aus Eigenem handelte oder guten Beratern folgte, ist nach außen gleichgültig.

Hier handelt es sich aber nicht um einen Fall Böcklin, v. Marées oder Lenbach, sondern um Feuerbach, und da ist von vorne herein festzustellen, daß durch die nunmehr im Wortlaut veröffentlichten Briefe der Mutter an v. Schack das Problem in ein neues Licht tritt, daß hier erstmalig eine Kronzeugin volle Wortfreiheit erhält, die man wohl kannte, deren Mund aber in dieser Sache bisher fast verschlossen war, und daß es erst jetzt möglich wird, dem Verhalten eines Mannes, den Mecklenburg zu seinen großen Kulturträgern zählt, gerecht zu werden.

Der Konflikt Feuerbach - v. Schack hatte in seinen verschiedenen Phasen jeweils verschiedene Ursachen; aber der eigentliche Grund lag tiefer, er lag vor allem in der charakterlichen Veranlagung des Künstlers. Die im jungen Maler schon früh sich entwickelnde Auflehnung, die schließlich zum Haß auf seinen Auftraggeber wurde, erscheint dem Fernstehenden um so unverständlicher, als ja Feuerbachs Verhältnis zu seinem Gönner eigentlich das idealste war, welches überhaupt einem Künstler beschieden sein kann: der Künstler reichte Skizzen und Entwürfe ein von Bildern, die er zu malen beabsichtigte, und nach diesen bestellte der Sammler 6 )! Zum Verständnis muß man also tiefer schürfen, muß die seelische Gesamteinstellung des Künstlers in den Vordergrund stellen, wie sie der Nachwelt in letzter Nacktheit aus den Briefen an die Mutter entgegentritt. Feuerbach war als


5) Die nach dem Tode v. Schacks veröffentlichten Äußerungen Franz von Lenbachs (in Buchform: Franz von Lenbach: Gespräche und Erinnerungen. Mitgeteilt von W. Wyl. Stuttgart und Leipzig 1904, S. 45 ff.) schmälern nicht die Beweiskraft der vom Standpunkt des zeitgenössischen Erlebens niedergeschriebenen Lenbachschen Briefe im Geh. und Hauptarchiv zu Schwerin.
6) Vergl. S. 118, Anm. 7.
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höchstkünstlerische Persönlichkeit von einer genial-manischen Besessenheit mit daraus sich ableitenden schwersten seelischen Gleichgewichtsstörungen 7 ). Schon allein die Tatsache, daß die Beziehungen zum Besteller eine gewisse Einengung, einen Zwang mit sich brachten, genügte, wenn auch wohl zunächst von ihm selbst nicht gefühlt, im Unterbewußtsein eine Gegenströmung aufkommen zu lassen, die sich bald nach außen auswirkte. Einen guten Vergleich bietet die Persönlichkeit des Hans v. Marées 8 ), da dessen Seelenleben ähnlichen Schwankungen unterlag, bei dem aber die Auswirkungen noch explosiver und folgenschwerer auftraten als bei Feuerbach, da doch letzterer dauernd unter dem Einfluß der liebevoll ausgleichenden Mutter stand. Ein Gegenbeispiel zu den so gearteten "Römern" ist Franz Lenbach, obwohl er doch eigentlich am meisten unter den Kopier-Aufträgen v. Schacks hätte leiden müssen. Die im Geh. und Hauptarchiv befindlichen 18 Briefe von Lenbachs italienischer und spanischer Tätigkeit beweisen, mit welcher seelischen Ruhe sich die unkomplizierte Natur dieses sich emporringenden großen Künstlers mit der sich immer wieder erneuernden Kopierfrohn abfand, wie der Künstler geradezu eine Freude gewann an seiner sich mit jedem Auftrage steigernden Beherrschung der Maltechnik und wie er schließlich mit ganz einfachen, ruhig-sachlichen Worten und ohne jedwede seelische Emotion weitere Kopier-Aufträge ablehnte, als er für ein nur noch selbständiges künstlerisches Schaffen die Stunde gekommen wähnte 9 ).

Für Feuerbach mit seinem sehr ausgesprochenen Geltungsbedürfnis war noch wesentlich, daß seine Gemälde nicht öffent-


7) Erika Schippel, a. a. O. S. 60, spricht von einem pathologischen Fallen Feuerbachs aus einem Extrem ins andere und stellt die Auffassung der Mutter fest, "daß der Mensch Anselm dem Künstler nicht ebenbürtig sei". (Vergl. dazu Henriette an Allgeyer am 18. März 1866, bei Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, S. 253).
8) Im Geh. und Hauptarchiv liegen acht Briefe des Malers Hans von Marées an seinen Münchener Auftraggeber, die hierfür charakteristisch sind.
9) Madrid, 23. März 1868: "Mit Copieren mache ich hiermit den Schluß, obwohl ich jetzt mein finanzielles Glück machen könnte auf diesem Wege. So wurden mir gestern 8000 Frs. geboten, falls ich eine Copie nach Carl V. wiederholen wollte. Ich lehnte alle Aufträge in der Art ab, weil ich jetzt mein produktives Ziel zu verfolgen das größte Bedürfnis habe. Auch ging's noch weiter in einem Museum zu arbeiten über meine Kräfte."
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lich ausgestellt würden, sondern in einer Privatgalerie verschwänden 10 ).

Auf der anderen Seite darf man nicht verkennen, daß auch v. Schack, der in hohem Maße sich die Allüren und die Denkweise eines jener großen, ganz von oben herab kunstfördernden Grandseigneurs des 18. Jahrhunderts gewahrt hatte, manche Eigentümlichkeiten besaß, die bei öfterer Wiederholung auf die Künstlermentalitäten aufprallten. War doch auch v. Schack Künstler, ebenso wie Feuerbach, aber ebenso seiner eigenen Überzeugung nach ein verkannter 11 ). Auch er war eitel, und somit stieß bei Ausübung seines Gönnertums Eitelkeit auf Eitelkeit, übersteigertes Selbstgefühl auf ebensolches. Das mußte sich auf die Dauer auswirken, noch mehr aber dadurch, daß v. Schack - wahrscheinlich durch Notwendigkeit oder Erfahrungen dazu gezwungen - gewisse den Künstlern unangenehme Geschäftsgrundsätze hatte und diese allerdings sehr bestimmt, vielleicht sogar verletzend, in Erscheinung treten zu lassen pflegte. Bei den Gemälde-Bestellungen nahm er vielfach die ihm vorgelegten Entwürfe und Skizzen nicht einfach zur Ausführung an, sondern er verlangte Abänderungen; auch nahm er für sich das Recht in Anspruch, die Größe des zu schaffenden Gemäldes und damit den künstlerischen Maßstab zu bestimmen, und zwar meist in abminderndem Sinne gegenüber den für einen Privatsammler allzu monumentalen Planungen der Künstler 12 ). Gelegentlich drängte er auch wohl,


10) Im Brief an die Mutter, Rom, 17. Dec. 1865 (Briefe, II, S. 145) spricht er dies geradezu aus: "Soll ich dazu geboren sein, der ich lebend bin, daß meine besten Werke in die Münchener Galerie gehen und nach meinem Tode Früchte bringen? ...... Meine Bilder in München haben mir noch nicht eine Bestellung eingetragen, das ist, weil nichts ausgestellt wird, was doch alle Künstler verlangen müssen".
11) Meine Gemäldesammlung. S. 354 Anm.
12) Es ergibt sich dies besonders klar aus drei der im Geh. und Hauptarchiv befindlichen Original-Briefe Buonaventura Genellis, in denen er sich bereit erklärt, sein Gemälde "Hercules bei Omphale" "in der von Ihnen angegebenen Größe, auch so rasch und fleißig, wie mir möglich, zu vollenden" (Weimar, 25. Dec. 1859), ferner über das zu schaffende Gemälde "Bacchus und die Bacchantinnen" mitteilt: "Es versteht sich, daß ich die von Ihnen erwähnten Veränderungen vornehmen werde, obschon dies nicht leicht ist" (Weimar, 7. Dec. 1862), um dann einige Tage später zu vermelden: "Seit Ihrem letzten Schreiben gab ich mir viel Mühe, die Musen auf dem Schlachtbilde anders zu komponieren, so auch die vier Pferde; ich glaube nicht, daß sie just besser geworden sind, ich bin schon zufrieden, daß sie mir eben nicht schlechter zu werden scheinen" (Weimar, 20. Dec. 1862).
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wenn die Künstler mit der Erfüllung und Ablieferung allzu säumig waren 13 ), und stand dazu noch in dem Rufe, durch Drückung der Preise die Notlage der Künstler, vor allem der jungen, noch nicht anerkannten, auszunutzen, wie er auch grundsätzlich für sich das Recht in Anspruch nahm, Bilderpreise einseitig von sich zu bestimmen 14 ).

Alle diese Eigentümlichkeiten spielen im Falle Feuerbach eine große Rolle. Wenn also Feuerbach, durch dessen Briefe an die Mutter sich wie ein roter Faden neben einer immer wiederkehrenden Preis-Überschätzung seiner Bilder der Zorn über v. Schacks Bilderpreise zieht, am Abende seines Lebens als eigentlichen Grund für den Bruch mit seinem Auftraggeber angab, daß er von v. Schack mehr oder weniger auf genreartige Darstellungen beschränkt worden sei 15 ) und daß er bei seinem Plane, mit dem "Gastmahl des Plato" die große historische Idee als Mittelpunkt seines Schaffens zu hegen und zu bilden, auf Abneigung, richtiger gesagt, auf die Bedingung gestoßen sei, die lebensgroß empfundene und groß gedachte Composition in Drittels-Lebensgröße auszuführen 16 ), so gab der Künstler in Wahrheit nur einen vereinzelten Punkt aus dem ganzen großen Komplex der Unstimmigkeiten wieder und verlegte den "Moment, wo unsere Wege auseinander gingen", um zwei Jahre zu früh.


13) Die im Geh. und Hauptarchiv befindliche Abschrift eines Schreibens v. Schacks, München, 8. Oct. 1867, an den Maler Heinrich Ludwig in Rom, erweist, in eine wie große Erbitterung der Sammler wegen der Unzuverlässigkeit Böcklins und vor allem des Hans v. Marées kam.
14) Die im Geh. und Hauptarchiv aufbewahrten Künstler-Quittungen für 83 Gemälde lassen erkennen, daß v. Schack an und für sich zwar nicht hoch, aber auch nicht abnorm niedrig zahlte, daß er aber sehr bestimmt zwischen Kunstwerken von älteren, bereits zur Geltung gekommenen Malern und von jüngeren, wie auch noch nicht anerkannten unterschied. Die Bilderpreise Feuerbachscher Arbeiten sind nach dem vorstehenden Briefwechsel: 1863. Bildnis einer Römerin. 400 Gulden; Pietà. 2000 Gulden; Garten des Ariost. 1000 Gulden; Madonna. 600 Gulden. 1864. Badende Kinder. 600 Gulden; Francesca und Paolo. 600 Gulden; Musizierende Kinder. 800 Gulden; Romeo. 1000 Gulden. 1865. Laura in der Kirche. 2000 Gulden. 1866. Familienbild - -; Hafis am Brunnen. - - 1868. Ricordo di Tivoli. 1300 Gulden. (1 südd. Gulden gleich etwa 1,70 Mark, doch damals von weit höherer Kaufkraft).
15) Vergl. S. 118. Anm. 7.
16) Ein Vermächtnis. S. 90.
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Wie dem auch sei, Eines kann man als sicher hinstellen: eine Künstlerpersönlichkeit wie die Feuerbachs konnte sich keinesfalls in einen Zwang des Mäzenaten- und Gönnertums einordnen, und somit war es aus seiner Denkweise heraus vollkommen berechtigt, wenn er über die Zeit der v. Schackschen Aufträge schrieb: "Meine Vergangenheit war eine Kette kleinlichsten Hereinhackens, Dareinredens, Abhaltens. Dies hat jetzt aufgehört. Ich gehöre nur noch meiner Kunst" 17 ).

Wie groß das Elend des jungen Künstlers vor dem Eingreifen v. Schacks war, geht aus einem Schreiben hervor, das Jos. Victor Scheffel, der dem Künstler außer der Stiefmutter vielleicht Nächststehende 1 ) am 17. April 1867 an v. Schack richtete und das mit den Künstlerbriefen in das Geh. und Hauptarchiv gekommen ist.

Jos. Victor Scheffel an Adolf Friedrich von Schack.

Karlsruhe, 17. April 1867.

Hochverehrter Freiherr!

Ihr vielfach bewährter künstlerischer Sinn, die zarte Fühlung eines dichterischen Gemütes und die hohe und freie Lebensstellung, die ein günstiges Geschick Ihnen zuwies, ermutigen den Ihnen persönlich Unbekannten, vertrauensvoll eine Angelegenheit zu Ihrer Kenntnis zu bringen, indem ich die innere Berechtigung zur Bitte um Mitwirkung aus dem uns gemeinsamen großen Anteil an Schicksalen und Erfolgen des Maler Anselm Feuerbach in Rom zu schöpfen mir gestatte.

Es ist ein Kapitel aus "Künstlers Erdenwallen", wie es die Nornen jedem als Lebensschatten ordnen, der im Sonnenlicht Lorbeer tragen will.

Im Jahr 1854 wurde ich mit dem jung aufstrebenden, in Erfindungskraft wie coloristischer Bravour unverkennbaren Talent Anselm Feuerbachs nahe befreundet. Er stund dem alten knorrigen Landschafter Schirmer, welcher damals als


17) Brief vom November 1869. (Ein Vermächtnis, S. 112).
1) Über die Beziehungen Jos. Victor Scheffels zu Feuerbach gibt Näheres v. Scheffel: Aus den Tridentiner Alpen, im "Frankfurter Museum", herausgegeben von Theodor Greizenach, 1856, Nr. 11 - 16; Anselm Feuerbach: Ein Vermächtnis. S. 58 und 62 ff; Julius Allgeyer, II, Personen-Verzeichnis.
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neuernannter Direktor hier eine Kunstschule zu gründen hatte, als permanente Verlegenheit im Wege; für einen Schüler waren die Leistungen zu eminent, und Meister duldete der Alte nicht neben sich. In bescheidendster, beinahe erniedrigender Form eines Stipendiums, d. h. des Auftrags, für etliche hundert Gulden die Assunta von Tizian in Venedig zu copieren, wurde der schon selbständige junge Meister veranlaßt, nach Italien abzugehen, damit hier Platz ward für Düsseldorfer Freunde Schirmers 1 ).

Als er jenen Auftrag trotz herrschender Cholera mit größtem Erfolg zu Venedig vollzogen, ging er 1856 nach Rom. Ich selbst habe im Jahr 1855 historischer Studien halber in Venedig, dort und in den tridentinischen Alpen schwere Zeiten brüderlich mit ihm geteilt. Mein Beruf wies mich nach Deutschland zurück.

Auf Neujahr 1858, als ich in der Fürstlich Fürstenbergischen Bibliothek zu Donaueschingen von Laßbergs altdeutsche Handschriften zu ordnen hatte, erhielt ich von einem römischen Kunstgenossen meines Freundes, dem Kupferstecher Allgaier 2 ), den beiliegenden Brief.

Es ging daraus hervor, daß ein Herr Landsberg in Rom, momentane Verlegenheiten Feuerbachs benützend, ihm sein in Rom entstandenes, großes und ernst gemeintes historisches Werk: "Dante und die edeln Frauen von Ravenna" mit Beschlag belegt und ihm somit in rücksichtslos eigennütziger Weise die Möglichkeit entzogen hatte, die Heimat von dem in Rom gekräftigten Wuchs seiner Schwingen zu überzeugen 3 ).


1) Das Verhältnis Joh. Wilh. Schirmers (1807 - 1863), Malers und Akademieprofessors in Düsseldorf, sodann in Karlsruhe, zu Anselm Feuerbach bespricht letzterer kurz in seinem "Vermächtnis", S. 57 nicht ganz so schroff. (Vergl. auch Allgeyer, II, Personen-Verzeichnis).
2) Julius Allgeyer (1829 - 1900), Kupferstecher und Radierer, Freund und Biograph Anselm Feuerbachs.
3) Das Gemälde befindet sich in der Kunsthalle zu Karlsruhe. (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 184 und Abbildung 165). Die Schilderung des Vorganges bei Allgeyer (I, Seite 361 - 378) weicht erheblich von der Scheffelschen Darstellung ab. Darnach war der Besteller des Dantebildes ein deutscher Musiker und Kunstfreund mit Namen v. Landsberg, der in Rom Musiksoiréen veranstaltete und dessen Salon ein Treffpunkt prominenter Fremden wurde. Das Gemälde sollte im Blickpunkt des Musiksalons aufgehängt werden, und Feuerbach hatte hiervon sehr viel von sich erhofft. Es gab aber persönliche Differenzen, und v. Landsberg war (  ...  )
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Der Notruf war zu durchdringend, um mich in der stillen Clause des Donaueschinger Bücherfriedens nicht mächtig aufzurütteln.

Es waren 800 fl. rheinisch nötig, das Bild aus den Hebräerklauen zu befreien.

Am 13. Januar 1858 schickte ich diese Summe an den Banquier Müller zu Carlsruhe mit der Aufforderung, den betreffenden Wechsel unmittelbar nach Rom abgehen zu lassen.

Am 3. Februar 1858 erhielt Ans. Feuerbach vom Consul Kolb 4 ) die achthundert Gulden ausbezahlt und war in großem Jubel, seinen Dante und seine edeln Frauen aus schnöder Schuldhaft erlöst über die Alpen spedieren zu können. - Das Bild ging durch die deutschen Städte bis Berlin, überall wohlverdiente Anerkennung gerntend, den Ruhm des jungen Talents bekräftigend 5 ). Später wurde es für 3000 fl angekauft, Eigentum des Großherzogs von Baden 6 ).

Jener Schritt, den ich damals, als deus ex machina im Stillen eintretend, tat, war für die Aufrichtung der Lebenshoffnung und künstlerischen Frische meines Freundes ein entscheidender.

Es ist natürlich, daß ich, so lang er die ringenden und strebenden Jahre nicht überwunden, nie an jene Schuld mahnte. Ich war mit meinem Bücherstaub, meiner Poesie und meinen Wanderungen "im Innern von Deutschland" vollauf zufrieden.

Inzwischen haben sich meine Verhältnisse namhaft geändert. Meine Mutter, die 1865 starb, hat mir die Sorge für einen Bruder hinterlassen, der nicht gehen kann, mein Vermögen, großenteils in österreichischen Papieren angelegt, ist entwertet, und ich muß langsam aus dem fröhlich fahrenden Poeten mich zum diligens pater familias metamorfosieren.

Dem guten Anselm Feuerbach aber möchte ich, da ich das Peinigende und künstlerisch Lahmlegende dieser Dinge kenne, keinen Tag fröhlichen Schaffens mit Sorgen belasten durch Heimforderung der 800 fl.


(  ...  ) abgereist, ohne irgend welche Verfügung über das Bild zu treffen, so daß der Künstler weder die Stimmung noch die Mittel hatte, das Bild zu vollenden. Auch Feuerbach selbst schildert den Vorfall in seinem "Vermächtnis", S. 88 und 96, anders als Scheffel.
4) Bankier in Rom und Kgl. bayer. Consul, gest. 1868.
5) Auch hier weicht Allgeyer, I. S. 394 - 414 in der Schilderung der Schicksale des Dantebildes in Deutschland von Scheffel ab.
6) Friedrich, Großherzog von Baden, geb. 1826, Regent 1852 bis 1858, Großherzog 1858 - 1907.
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Eine innere Stimme sagt mir, daß Sie, hochverehrter Freiherr, als groß denkender Protector hier ohne Schwierigkeit und selbst ohne Benachteiligung einschreiten können.

Mein Wunsch und meine Bitte wäre:

"Sie wollen von den Kaufpreisen der Ihrem Museum in den nächsten Jahren anwachsenden Bilder Anselm Feuerbachs seine Schuld von achthundert Gulden balde oder langsam, wie es Ihnen conveniert, in der Weise amortisieren, daß wir eines Tages dem Künstler seinen Schuldschein vom 3. Februar 1858 als "überwundenen Standpunkt" zurückstellen können".

Ich meinerseits verzichte auf alle Zinsen des seit 1858 unverzinst gebliebenen Capitals und bitte, wie auch Ihre Entschließungen ausfallen mögen, um vollkommene Discretion.

Es wird übrigens niemand bereitwilliger und dankbarer die vorgetragenen Tatsachen sowie ein etwaiges fait accompli anerkennen als der Meister Feuerbach selbst.

Als urkundliche Nachweise des Vorgetragenen erlaube ich mir beizulegen:

  1. Sechs Briefe des Kupferstechers Allgaier und des Maler Feuerbach von 1857 - 1860.
  2. Die Bescheinigung des Bankhauses Müller in Carlsruhe und Kolb in Rom über die von mir angewiesenen 800 fl. und A. Feuerbachs Schuldschein.
  3. In Carton den Stich des Bildes "Dante und die Frauen von Ravenna".

Ich hoffe, daß Sie, hochverehrter Freiherr, in dieser Zusendung keine Zudringlichkeit, sondern ein Zutrauen erkennen wollen, und glaube, daß diese Sache in irgend einer Ihrer edeln Protectorgesinnung entsprechenden Form arrangiert werden kann.

Die Schriftstücke darf ich mir, nach genommener Einsicht, zurückerbitten.

Möge dieser Anlaß mich zugleich Ihnen persönlich vorgestellt haben, der ich, wie auch Ihre Auffassung desselben sich gestalten mag, mit größter Hochachtung und Verehrung mich nenne

Ihren ergebenen Diener            
Dr. Jos. Victor Scheffel.    

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Was v. Schack auf diesen Brief Scheffels antwortete, bringt die Briefsammlung nicht, doch war es bei den 1867 immerhin schon recht gespannten Beziehungen zwischen Künstler und Auftraggeber für letzteren wohl kaum noch möglich, die Abwälzung der Schuldsumme auf neue Bilderankäufe von sich aus vorzunehmen, zumal er voraussehen konnte, bei Feuerbach, dessen ununterbrochenes Thema gegenüber seiner Mutter die mangelhaften Preise v. Schacks waren, kein Verständnis zu finden. Er hat daher, wie sich aus einem im Geh. und Hauptarchiv befindlichen Schreiben Scheffels, Heidelberg, 8. Mai 1867, ergibt, die Sanierungsverhandlung dem Gläubiger zugeschoben. Scheffel teilt ihm nämlich mit, daß er bei Henriette Feuerbach, "einer sehr gediegenen und ängstlich für das Wohl ihres Sohnes sorgenden Frau" vorgesprochen habe und eine Einigung in folgendem Sinne erfolgt sei: "Von der in diesem Sommer durch Ihre ausdauernde und maecenatische Güte der Frau Feuerbach zukommenden großen Summe 1 ) soll der Betrag von vierhundert Gulden als Abtragung der Hälfte jenes römischen Darlehns an mich zurückgelegt werden. Die andere Hälfte von vierhundert Gulden soll im Lauf der nächsten zwei bis drei Jahre amortisiert werden. . . . Meine Bitte an Sie, hochverehrter Herr, geht nun dahin, daß Sie bei Übersendung des Betrages für die Medea und Idylle von Tivoli der Mama Feuerbach mit zwei Zeilen andeuten, daß auch Sie damit einverstanden sind".

Aber Feuerbach wurde vertragsbrüchig, die "Medea" wurde von ihm weder im Sommer 1867, wie offensichtlich alle Beteiligten erwarteten, noch später geliefert, und somit wurde Scheffel in die unangenehme Lage versetzt, seine Rechte unmittelbar gegen Feuerbach wahrzunehmen. Das geht hervor aus einem Brief Feuerbachs an die Mutter, Rom, 6. Dec. 1868: "Die Angelegenheit mit Scheffel wird glatt abgemacht, sowie meine Summen zusammen sind, es ist so recht, da ich mich doch geistig ganz von ihm abgelöst habe" 2 ). Eine jahrelange Freundschaft aus goldener Jugendzeit, vielleicht die einzige wirkliche, die der egozentrische Feuerbach gehabt hat, war zu Ende!

*

1) Siehe Feuerbachs Verpflichtungsschein v. 28. Nov. 1866 (S. 152).
2) Briefe, II, S. 223.
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Die eigentlichen Briefe Feuerbachs und seiner Mutter setzen am Schluß des Jahres 1862 ein, also zu einer Zeit, da die Not des in Rom erfolglos schaffenden Künstlers aufs höchste gestiegen war: Henriette Feuerbach bietet dem Münchener Sammler durch einen Mittelsmann die in Deutschland befindlichen Gemälde des Sohnes zu Kauf an.

Henriette Feuerbach an Julius Allgeyer

[Heidelberg] 7. December 1862.    

Lieber Herr Allgeyer!

Ich war im Begriffe, Ihnen zu schreiben, als Ihr Briefchen nebst Einlage hier eintraf. Ich wollte Ihnen mitteilen, daß Anselms Iphigenie in Berlin ihm eine goldene Medaille eingebracht hat. Die Anzeige steht in der Nationalzeitung vom 3. Dec. Die große Medaille haben zwei Bildhauer bekommen, die kleine neun Maler, unter welchen Anselm eine der ersten Stellen einnimmt. Freilich wäre der Ankauf besser gewesen, indes mag diese erste öffentliche Anerkennung ihre Früchte auch tragen.

Als ich Ihnen meine letzten Sturmzeilen schrieb, lieber Herr Allgeyer, hatte ich schweres Herzeleid und war wie im Fieber. Indessen habe ich mich wieder zusammengerafft und meine Last wieder aufgenommen. Anselm hatte mir in seiner Desperation persönlich wehe getan, was ich ihm zwar nicht übel nehme, aber doch schwer verschmerze, um so mehr, als es mir ohnedem so sehr Kummer macht, daß ich nicht mehr ausrichten kann.

Vor allem also nun den innerlichsten und innigsten Dank, der sich aber von selbst versteht. - Bitte schreiben Sie nochmal an Ihren trefflichen und wohlmeinenden Freund in München 1 ) - ich will es später wohl selbst tun, aber für heute brauchte ich mehr Zeit, an eine mir fremde Person zu schreiben, als an Sie, und ich bin sehr heftig mit einer Arbeit für Prf. Roeber gedrängt, die bis Neujahr fertig sein muß, so daß ich die halben Nächte sitze und studiere.

Von vacanten Bildern ist da:

  1. die Iphigenie (an der taurischen Küste über das Meer hinblickend - sitzende Kolossalfigur. Geringster

1) Theodor Heyse, (1803 - 1884), Philologe, Oheim des Dichters Paul Heyse.
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Preis 3000 fl., vielleicht auch 2500 - doch sage ich das nur). Mit der Berliner Medaille gekrönt 2 ).

  1. zwei Kindergruppen, jedes zu 10 Figuren, halb Lebensgröße. 1. Balgende Knaben 3 ); 2. Ständchen. Allerniedrigster Preis jedes 1000 fl 4 ).
  2. 2 Portraitstudien. Weibliche Halbfiguren, etwas über Lebensgröße, jede 400 fl 5 ).
  3. ein neues Bild, Ariosts Garten, Architekturbild mit 30 kleinen Figuren. 1000 fl. (Eben in Stuttgart angekommen) 6 ).

Ein kleiner Studienkopf für Frankfurt ist unterwegs von Rom.

Die Iphigenie ist unterwegs hierher von Berlin. Sie soll im Frühling nach Paris, bis dahin gedenke ich sie in Frankfurt aufstellen zu lassen. Die Portraitstudien erwarte ich gleichfalls jeden Tag. Eine davon glaube ich anbringen zu können. Die Kinderbilder stehen gepackt in Frankfurt, und ich wollte sie eben auch hierher kommen lassen. Man nannte sie in Frankfurt wegen ihrem goldgrünen Colorit "die grünen Kinder".

Die Madonna ist verkauft 7 ), und ich kann sie nicht zurückbekommen, da der Eigentümer, Herr E. Rothpletz in Aarau, sie sehr liebt. Ich sollte aber denken, daß bei den enormen Fortschritten, die Anselm in den letzten zwei Jahren gemacht hat, eine neue Madonna viel besser ausfallen würde als die Copie der alten, die er freilich jetzt nicht haben kann.


2) Erste Fassung, vollendet 1862, wurde Eigentum von Dr. Konrad Fiedler in München, jetzt im Landesmuseum zu Darmstadt (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 223 und Abbildung 190).
3) Vollendet 1860, wurde Eigentum des Kunstvereins zu St. Gallen (vergl. S. 118), jetzt in der Städt. Kunstsammlung zu St. Gallen (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 195 und Abb. 162).
4) Vollendet 1860, wurde Eigentum des Rechtsanwalts von Harder in Mannheim, jetzt im Kestner-Museum zu Hannover (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 194 und Abbildung 161).
5) Eine dieser Porträstudien muß das Bildnis einer Römerin (Nanna) (1862) sein, wie eine Ankaufsquittung über 400 Gulden vom 6. Februar 1863 beweist. (Schack-Galerie, 1938, Nr. 31; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 219 und Abb. 197; Justi, S. 33).
6) Vollendet 1862 (Schack-Galerie, 1938, Nr. 33; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 224 und Abbildung 221; Justi, S. 35).
7) Vollendet 1860, verkauft an Oberst Rothpletz in Aarau, später in der Gemälde-Galerie zu Dresden (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 196 und Abbildung 178).
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Er arbeitet gegenwärtig an einer Pietà: der Leichnam, die Mutter und drei knieende Frauen. Lebensgröße. Es soll sein Bestes sein, sagten mir Freunde, die in Rom waren 8 ).

Dies ist alles, was ich heute in Eile auf Ihren lieben Brief antworten kann. Wenn der edle und hilfreiche Kunstliebhaber etwas von den vakanten Bildern zur Ansicht zugeschickt haben will, so bitte ich nur um ein Wort. Oder, soll ich die Madonna bestellen, so wird dies mit aller Vorsicht bestens geschehen.

Die Sache bei Kolb hoffe ich ausgeglichen zu haben, indem ich die Schuld auf mich nahm. Antwort habe ich noch keine.

Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen

Ihre             
Henriette Feuerbach.

Ich öffne meinen Brief nochmals, um hinzuzufügen, daß die etwaige Sendung eines oder des andern Bildes nach München nicht mit einer öffentlichen Ausstellung verbunden sein dürfte, weil diese älteren Bilder nicht ohne ein neues, welches die Fortschritte zeigt, in einer Kunststadt auftreten sollen. Es dünkte mich am besten, man ließ es bei dem Anerbieten des Herrn Baron Schack, und Anselm malte eine neue Madonna um den genannten Preis, damit der Herr Baron den jetzigen Grad von Anselms Künstlertum beurteilen lernt und nicht durch eine ältere Richtung, wie sie in der Madonna und in den Kinderbildern herrscht, irre geführt wird.

- Nicht daß diese Bilder nicht schön und lieblich wären - aber seine neuen Sachen sind nicht mehr Coloritnachahmung der Alten wie diese. -

Dies Schreiben, das durch Vermittlung von v. Schacks altem Freunde Theodor Heyse dem Sammler zugestellt wurde, wird für die Beziehungen v. Schacks zu dem in Rom schaffenden Feuerbach zur Grundlage. Die Aufnahme dieser Beziehungen, in deren Mittelpunkt jener Brief steht, werden von den verschiedenen Beteiligten gleichartig dargestellt. v. Schack selbst erwähnt nur kurz, daß er, auf einer Ausstellung durch Feuerbachs Dantebild auf den ihm gänzlich unbekannten Künstler aufmerksam geworden, sodann durch


8) Vollendet 1863. (Schack-Galerie, 1938, Nr. 32; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 227 und Abbildung 210; Justi, S. 27.)
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Vermittlung der Mutter an ihn herangetreten sei und darauf zu allererst "Garten des Ariost" und "Porträt einer Römerin" erworben habe 1 ). Der Künstler selbst bestätigt in seinen Lebenserinnerungen die Richtigkeit, verwechselt aber das Dantebild mit seinem "Ariost" 2 ). Eingehenderes gibt Allgeyer 3 ); dieser habe sich um die Jahreswende 1862/1863 an Theodor Heyse in München, einen Bewunderer Feuerbachs, mit der Bitte um weitere Empfehlung des jungen Künstlers gewendet und sei von ihm am 5. Dec. 1862 aufgeklärt, daß zunächst und vorläufig nur Baron v. Schack in Frage komme, mit dem er auch bereits gesprochen habe; Herr v. Schack wolle gern eine kleine Wiederholung der Aarauer Madonna haben und sei bereit, dafür 600 Gulden zu zahlen 4 ). Sodann wünsche der Münchener Sammler ein vollständiges Verzeichnis aller in Deutschland befindlichen, verkäuflichen Feuerbach-Arbeiten mit Angabe des Gegenstandes, der Größe, des Minimalpreises und des dermaligen Aufenthaltsortes.

Der hoffnungsfreudige Brief der Mutter vom 7. Dec. 1862 ist demnach die Ausführung der Wünsche des Sammlers.

Nach diesem ersten Briefe zeigt die Sammlung des Geh. und Hauptarchivs eine Lücke, da schon vor dem nun folgenden direkten Briefe der Mutter unmittelbare Beziehungen von Feuerbachscher Seite aufgenommen sein müssen. Liegt doch bei den Akten die Quittung Henriette Feuerbachs vom 8. Jan. 1863 über den Geldempfang für das für 1000 Gulden erworbene Gemälde "Der Garten des Ariost", das demnach das erste der für die Schack-Galerie erworbenen Werke Feuerbachs ist. Die Quittung für den zweiten damaligen Ankauf, "Bildnis einer Römerin" (Nanna), auf 400 Gulden lautend, trägt das gleiche Datum wie der nachfolgende Brief, der übrigens auch auf die inzwischen erfolgte feste Bestellung einer Wiederholung der Rothpletzschen Madonna Bezug nimmt.


1) Meine Gemäldesammlung S. 100.
2) "Ein Vermächtnis" S. 89; das Gemälde erhielt in der Schack-Galerie die Benennung "Garten des Ariost".
3) Allgeyer, II, S. 3 ff., der auch erwähnt, daß Feuerbach unmutig über die von seiner Mutter viel zu niedrig gestellten Geldforderungen gewesen sei.
4) Schack-Galerie, 1938, Nr. 34; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 228 und Abbildung 179; Justi, S. 32.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack

Heidelberg, 6. Februar 1863.      

Hochgeehrter Herr Baron!

Mit dem größten Danke erlaube ich mir, Ihnen anliegend die Quittung für die mir gütigst übersandte Summe zu übermachen 1 ). Es ist, wie wenn Ihre großmütige Teilnahme meinem Sohne auch anderwärts Segen gebracht hätte. Ich habe die zweite römische Studie nicht zurückerhalten, sondern Nachricht, daß sie verkauft ist. Ein wenig Sonnenschein wird das sich entfaltende Talent gewiß schnell zur Reife bringen. Bis jetzt hat es ihn ganz entbehrt.

In dem letzten Briefe aus Rom, den ich vor zehn Tagen erhielt, schreibt mein Sohn, daß die Madonna längstens in drei Wochen zur Absendung bereit sein würde, also denke ich, daß Sie, geehrter Herr Baron, die Meldung sehr bald erhalten werden. Jedenfalls werde ich meinem Sohne so wie Ihre früheren auch dies letzte gütige Schreiben sogleich nach Rom senden, und wenn die Absendung noch nicht erfolgt sein sollte, so wird sie sicherlich nicht auf sich warten lassen.

Da Sie mir erlauben, Ihnen von Zeit zu Zeit neue Bilder zur Ansicht zu übersenden, so soll es an mir gewiß nicht fehlen. Ich werde dann allemal gleich bemerken, in welchen Verein oder welche Ausstellung sie von München aus gehen können. Dabei erlaube ich mir hinzuzufügen, daß, wenn Sie auch die Güte haben wollen, den Transport von hier aus zu übernehmen, die Wegsendung doch stets auf Kosten der Adresse geht, an die sie gerichtet ist.

Ich erwarte in den nächsten Monaten mehrere Sachen. Zunächst ein kleineres Bild "Die Poesie" 2 ), welches mit der Iphigenia auf die Pariser Ausstellung soll, die 1. Mai beginnt und zu der die Sendungen zwischen dem 20. März und 15. April eintreffen müssen. Vielleicht reicht die Zeit, es Ihnen zuerst noch vorzulegen. Dann sind zwei weibliche Halbfiguren fertig, und für die Brüsseler Ausstellung im August soll ein größeres Bild kommen, welches noch in Arbeit ist, eine sogenannte


1) Quittung der Mutter vom 6. Februar 1863 über 400 Gulden für ein Bild, "eine römische Frau darstellend".
2) Das Gemälde wurde später von Henriette Feuerbach "Römische Improvisatrice" benannt (vergl. Brief v. 12. Nov. 1863).
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Pietà, Maria, die sich über den Leichnam wirft, zur Seite zwei bis drei knieende Frauengestalten 3 ).

Mein Sohn schreibt mir, es sei das beste Bild, das er bis jetzt gemalt habe. Ein Graf Orloff hat ihm den Vorschlag gemacht, mit nach Petersburg zu gehen, er konnte sich aber nicht entschließen und meint, lieber arm in Rom bleiben zu wollen. Es wird auch wohl so besser sein. Ich habe den stillen Glauben, daß Ihre Dazwischenkunft, geehrter Herr Baron, den Wendepunkt in dem Schicksal des jungen Künstlers bezeichnet, und dann werden Sie gewiß selbst noch Freude an Ihrer Tat haben.

Mit dem Ausdruck der aufrichtigsten und dankbarsten
Hochachtung

Henriette Feuerbach.         

 

Anselm Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Rom, 15. Februar 1863.     

Hochgeehrter Herr!

Ich erlaube mir, Ihnen anzuzeigen, daß ich das von Ihnen bestellte Bild "Die Madonna" den 9. Februar von Rom abgeschickt habe, begleitet mit dem Wunsche, daß es sich Ihres Beifalles erfreuen möge. Ich habe der Symmetrie halber noch einen Kinderkopf hinzugefügt. Ich bitte Sie, das Bild trotz des eingeschlagenen Zustandes vorerst nicht firnissen zu lassen und den Rahmen, statt ihn zu vergolden, nur bronzieren zu lassen, da die Farbe desselben, so wie er jetzt ist, harmonisch zum Ganzen wirkt und eine neue Vergoldung dem Eindruck des Bildes nur schaden würde.

Zugleich möchte ich Ihnen aussprechen, wie sehr ich erfreut bin, den Ariost und das Portrait in Ihrem Besitze zu wissen, da es für uns Künstler so wichtig ist, in wessen Händen die Werke bleiben, als der Ort, wo, und die Art, wie dieselben entstehen.

Was meine gegenwärtigen Arbeiten betrifft, so habe ich außer einigen Halbfiguren ein größeres Bild, eine Pietà. Es ist der Vollendung nahe, doch fand ich noch nicht Zeit und Muße, die letzte Hand anzulegen, obgleich es alle Künstler, die es bis jetzt gesehen, für mein bestes Bild erklären. - Sollte


3) Schack-Galerie, 1938, Nr. 32; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 227 und Abbildung 210; Justi, S. 27.
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ich Gelegenheit finden, dasselbe photographieren zu lassen, dann werde ich mir erlauben, Ihnen ein Exemplar zuzusenden.

Indem ich Ihnen, hochgeehrter Herr, für das freundliche Interesse, welches Sie für mein Wirken und Schaffen haben, von Herzen danke, verbleibe ich

mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener            
Anselm Feuerbach.        

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 26. März 1863.   

Hochgeehrter Herr Baron !

Entschuldigen Sie, wenn ich Sie mit diesen Zeilen behellige. Ich bin in Sorgen wegen der Sendung des kleinen Bildes nach Paris. Herr Herdtle hat mir aus Stuttgart gemeldet, daß er die Liste habe nach München unter Ihrer Adresse abgesandt, schreibt aber nichts über den Transport nach Paris. So bitte ich denn sehr, wenn Sie, geehrter Herr Baron, keine nähere Meldung von Stuttgart haben, das Bild bald dahin, Stuttgart, zurückzusenden (Adr. Hr. Herdtle und Peters, Römischer Kaiser), da es für die Frankfurter Sendung nun doch zu spät ist. Ich denke, der Stuttgarter Verein wird die Besorgung als sich von selbst verstehend übernehmen, da ich außerdem die unmittelbare Sendung nach Frankfurt verlangte.

Nicht minder bin ich über die Ankunft der Madonna unruhig, und wenn es nicht unbescheiden wäre, möchte ich wohl um ein Wort der Benachrichtigung bitten. Zugleich füge ich die Bitte hinzu, daß Sie die Güte haben möchten, von dem dafür bestimmten Betrage, ehe Sie ihn nach glücklicher Ankunft des Bildes absenden, die Summe von 48 Gulden an Herrn Hanfstengl (Photographische Anstalt) 1 ) gütigst auszubezahlen, die mein Sohn schuldet.

Leider habe ich noch keinen Brief von Rom und bin recht kummervoll.

Mit dem Ausdruck der vollkommensten Hochachtung

Henriette Feuerbach,   
geb. Heydenreich.       


1) Kunstverlag in München.
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Die große Lücke zwischen diesem Briefe vom 26. März 1863 und dem in der Sammlung nächstfolgenden vom 12. November 1863 wird überbrückt durch eine Empfangsbestätigung v. Schacks vom 10. April 1863 an Henriette Feuerbach über die "Madonna" unter gleichzeitiger Überweisung von 552 Gulden sowie der quittierten Hanfstänglschen Rechnung über 48 Gulden. Der Sammler stellt dabei fest, daß das "Bildnis einer Römerin" und die "Madonna" nach demselben Modell (Nanna) geschaffen sei und warnt vor Monotonie 1 ).

Es liegt aber bei den an v. Schack gerichteten Briefen eine Abschrift des berühmtesten aller an die Mutter gerichteten Briefe Anselm Feuerbachs, des Rom, 4. Juni 1863 datierten, unzweifelhaft dazu bestimmt, den Mäzen mit des Künstlers Not und Ringen näher bekannt zu machen 2 ). Aber sie ist eine Tendenz-Abschrift, denn es wurde weggelassen, was auf v. Schack ungünstig wirken, vielleicht sogar den so dringend gewünschten Ankauf der "Pietà" zu nichte machen könnte.

Bis zum November 1863 fehlen in der Schweriner Briefsammlung Schreiben, die Lücke füllen die bereits veröffentlichten Brieffolgen aus. Aus diesen ist schon am 10. August 1863 3 ) die erste negative Einstellung Feuerbachs gegen den Münchener Retter ersichtlich, da er der Mutter schreibt: "Mit Herrn v. Schack bitte ich Dich, fein und klug zu sein. Er spekuliert auf die "Pietà" und will sie billig haben, weil ich in Not bin. Beiliegendes Konzept hat mir jemand aufgesetzt, im Falle Du mündlich mit ihm zu sprechen kommst, was Du ungefähr zu sagen hast, was ich Dir geschrieben. Du mußt anscheinend auf seine Ideen eingehen und doch meinen Vorteil im Auge behalten. Sage ihm, daß ich die Idee gut finde, Francesca da Rimini, daß ich geneigt bin, das Bild zu malen, zwei lebensgroße Halbfiguren zum Preise von zwölfhundert Gulden 4 ). Und bitte ihn, mir einen Vorschuß von 600 Gulden sofort zukommen zu lassen".


1) Allgeyer, II, S. 467. Vergl. die zahlreichen Gemälde mit Wiedergabe des Modells Nanna Risi bei Uhde-Bernays: Feuerbach.
2) Briefe, II, S. 96.
3) Briefe, II, S. 102.
4) "Francesca und Paolo". 1864. Schack-Galerie, 1938, Nr. 36; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 240 und Abbildung 225; Justi, S. 36.
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Schon bei diesen Bestellungen erscheint die Neigung v. Schacks, Abänderungen in den Entwürfen und an den Größen auszubedingen, denn Anselm schreibt seiner Mutter, Rom, 24. Sept. 1863: "Schreibe an Herrn v. Schack wenig Zeilen. Nämlich ich hatte die "Francesca" lebensgroß und halbe Figuren entworfen, nun aber ist mir durch Deinen Brief sein Wunsch bekannt, und ich werde sie sofort umkomponieren. Als ganze Figuren und dreiviertel lebensgroß" 5 ).

Inzwischen hat v. Schack bei einem Aufenthalt in Heidelberg, August 1863, die "Pietà" angekauft 6 ). Die Mutter hat gemäß Ermächtigung des Sohnes durch Schreiben, Rom, 22. August 1863, dafür einen Preis von 2000 Gulden gefordert 7 ), ungeachtet Anselm im Schreiben vom folgenden Tage seine ursprüngliche Forderung von 3000 Gulden wieder für angemessen erklärt 8 ). v. Schack ist auf jenen Preis eingegangen.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 12. November 1863.   

Geehrtester Herr Baron!

Mein Sohn hat mich beauftragt, Ihnen Nachricht über die Francesca zu geben, und ich will dies mit seinen eigenen Worten tun:

"Francesca ist ziemlich weit vorgerückt, und ich darf wohl sagen, daß es eines meiner lieblichsten Bilder wird. Willst Du so gut sein, an Herrn Baron von Schack, da Du doch die Korrespondenz in der Hand hast, die Bitte zu stellen, das Bild mir so lange hier zu lassen, bis er selbst hierher kommt, was ja wohl, wie ich höre, im Laufe dieses Winters noch geschehen wird. Es ist in der verlangten Größe, und ich möchte es ganz fein vollenden, damit ich Ehre und Herr von Schack Freude daran haben kann. Du darfst sagen, daß ich mit voller Liebe und Freude daran arbeite, aber ich möchte auch, daß es Herr von


5) Briefe, II, S. 109.
6) Allgeyer, II, S. 46; Briefe, II, S. 106.
7) Briefe, II, S. 106. Die Angabe Allgeyers (II, S. 47), v. Schack habe den Preis von 3700 auf 2000 Gulden herabgedrückt, ist unrichtig.
8) Briefe, II, S. 106.
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Schack zuerst in meinem Atelier sähe, und daß ich es nicht gleich einsargen muß".

In Anselms Brief sind noch allerlei Andeutungen, die mich auf ein Zerwürfnis mit Herrn Böcklin schließen lassen 1 ). So traurig es ist, einen Freund zu verlieren, so ertappe ich mich diesem Verhältnis gegenüber doch fast auf einem Gefühl von leiser Zufriedenheit. Ich habe immer die Meinung nicht unterdrücken können, als verleitete der Einfluß des Herrn Böcklin meinen Sohn zu einem größeren Grade von Rücksichtslosigkeit, als dessen von Natur weich angelegtes Gemüt eigentlich vertragen konnte. Ich fühle es an dem Ton seines Briefes, daß er mit ganzem vollem Vertrauen erst jetzt wieder zu mir zurückkommt, und ich will dies Vertrauen zu seinem eigenen Besten gewiß so gut benützen, als ich nur immer vermag.

Die Poesie habe ich unter dem Titel "Römische Improvisatrice" an den Kölnischen Kunstverein verkauft für 300 Taler 2 ). Die Iphigenie ist in Wien und geht dann nach Leipzig, wo ich ihr bis zum Frühling Quartier erbeten habe 3 ). Anselm denkt auch bereits an die Berliner Ausstellung, ist aber über den Gegenstand noch im Unklaren. Eine Bianca Capello scheint neben der Francesca einstweilen flüchtig entworfen zu sein 4 ).

Diese Notizen erlaube ich mir, Ihrer gütigen Teilnahme gewiß, beizufügen. Ich bin ruhig wie nie über Anselms Weg,


1) Der Verkehr mit Arnold Böcklin (1827 - 1901) war zuerst rege. (Briefe, II, S. 82f); aber bereits am 28. Oct. 1863 schreibt Feuerbach an seine Mutter: "Ich habe auch mit Herrn Böcklin und Konsorten für immer gebrochen". (Briefe, II, S. 111). Dazu Angela Böcklins drastische Schilderung des Bruchs in Böcklin-Memoiren, hrsg. von Ferd. Runkel. Berlin (1910) S. 105.
2) Das Gemälde kam in das Eigentum von Jacob Winter in Köln (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 229 und Abbildung 208).
3) Die erste Fassung der "Iphigenie". gemalt 1862, wurde Eigentum des Dr. Konrad Fiedler in München und befindet sich jetzt im Landesmuseum zu Darmstadt (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 223 und Abbildung 190).
4) Briefe, II, S. 112: "Für Stuttgart kannst Du eine "Bianca Capello" anmelden, welches Bild bereits grandios entworfen ist und welches ich unmittelbar nach der "Francesca" in Angriff nehme . ." (Rom, 28. Oct. 1863). "Bianca Capello" wurde vom Grafen Palffy in Preßburg erworben und befindet sich jetzt in der Kunsthalle zu Hamburg (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 235 und Abbildung 203).
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ich glaube, er ist auf dem rechten, guten, und Ihnen möge Gott und Ihr eigen Bewußtsein lohnen, daß Sie sich im allerschlimmsten, im eigentlich verhängnisvollen Moment seiner angenommen haben. Er wird es nie vergessen und ich noch weniger, daß er Ihnen Leben und Kunst schuldig geworden ist.

Mit dankbarster Hochachtung   
Henriette Feuerbach.        

 

Im vorstehenden Schreiben tritt zum ersten Male das Ausgleichbestreben der Mutter auf, denn die einschlägige Stelle des Briefes an sie lautete:

"Francesca ist sehr weit und wird eines meiner lieblichsten Bilder, welches ich überall rasch verkaufen würde. Willst Du die Güte haben, Herrn v. Schack zu schreiben, daß Du nun doch einmal die Korrespondenz in der Hand hast und in persönlichen Beziehungen stehst? In dem Sinne: eine zweite Zeichnung zu schicken, ist ein Irrtum, da ich am Bilde vollauf zu tun habe, und dann die Bitte, da er selbst nach Rom kommt, mir das Bild so lange zu lassen, bis er es hier gesehen, damit ich nicht genötigt bin, immer alles gleich einzusargen, und etwas Schönes zu zeigen habe für die Fremden, die mich besuchen. Das Bild ist in der verlangten Größe, und ich will es so vollenden, als wenn es für mich selbst wäre. Herr v. Schack wird mir den Wunsch, auf ein paar freundliche Zeilen von Dir, gern gewähren, da es nicht mehr als billig ist.

Zugleich kannst Du sagen, daß ich mit voller Liebe und Freude daran arbeite, und wenn ich das Bild vorderhand behalte, kann ich immer wieder kleine Feinheiten anbringen, die bei einer übereilten Verpackung verloren gehen. Das Bild soll eines meiner besten werden in seiner anspruchslosen Einfachheit" 5 ).

In dieser Weise setzt die vermittelnde Tätigkeit der Mutter ein, und es gelingt ihr in der Tat, das von Anfang an über den neuen Beziehungen schwebende Verhängnis um immerhin ein halbes Jahrzehnt hinauszuschieben. Daher ersieht man nur aus Feuerbachs Briefen an die Mutter, wie fort-


5) Briefe, II, S. 111.
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schreitend in seinem Seelenleben das Gefühl der Einengung, vor allem aber jene Stimmung Platz greift, die er mit dem Satz kennzeichnete, "daß für Schack arbeiten, die Zeit vergeuden hieße" 6 ). Schon im Schreiben Rom, am Neujahrstage 1864, heißt es: "Herr v. Schack hat mir Herrn Lenbach, der soweit ein bescheidener Mann und intimer Freund Böcklins ist und bei Schack alles gilt, quasi zur Beaufsichtigung meiner Arbeiten geschickt. Ich bin nicht kleinlich und mache doch, was mir gefällt, und denke an nichts mehr als an meine Kunst, sonst würde mir Rom und all die Kombinationen mit der Zeit unerträglich" 7 ).

 

Jedoch der Auftraggeber merkt wenig von allen diesen Stürmen unter der Oberfläche: v. Schack schreibt unter dem 14. November 1863 der Mutter, daß er nunmehr dem Sohne den Auftrag zu "Francesca" und zur "Nymphe, welche zwei musizierende Knaben belauscht" erteilt habe und dafür den Preis von je 600 Gulden festsetze. Gleichzeitig spricht er den Wunsch aus, die "Madonna" wegen ihres ihm unsympathischen Kopftypus dem Künstler zurückzugeben, der sie dann neu für die Münchener Sammlung zu malen habe 1 ).

Der Künstler sieht in derartigen Wünschen seines Bestellers sowie in dessen angeblich niederen Preisen einen unzulässigen Eingriff in sein Künstlertum und schreibt am Neujahrstage 1864 verärgert an die Mutter: "Ich bin zu alt, um unter Aufsicht zu stehen, ich verlange nichts, als daß mir die Bezahlung für meine Arbeiten regelmäßig zukommt. . . Ist Herr v. Schack wirklich der Mann, für den ich ihn halte, so werden ihn meine Worte und Werke sein System verändern heißen, denn so habe ich keine ruhige, glückliche Stunde" 2 ).


6) Uhde-Bernays, Briefe, S. 178.
7) Briefe, II, S. 115. Franz Lenbach (1836 - 1904) war damals in Rom mit Kopier-Aufträgen v. Schacks beschäftigt. Von seinem italienischen und nachher spanischen Aufenthalt befinden sich 14 Briefe im Geh. und Hauptarchiv.
1) Allgeyer. II, S. 469; die Gegenüberstellung der sog. Aarauer (jetzt Dresdener) und der Münchener Madonna bei Uhde-Bernays: Feuerbach, Abb. 178 und 179, ist lehrreich.
2) Briefe, II, S. 116.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 17. Januar 1864.   

Geehrtester Herr Baron!

Auf Ihre gütige Sendung erlaube ich mir, Ihnen anliegend die Quittung zu übermachen 1 ). Meinen Dank wage ich kaum mit Worten auszusprechen aus Furcht, Ihnen langweilig zu werden. Sie kennen ihn ja wohl, und ich wüßte immer nur das Eine zu wiederholen, nicht das Einzelne, sondern das Ganze, so bitte ich Sie, zwischen den Zeilen zu lesen.

Ich würde Ihnen, geehrter Herr Baron, schon früher Nachricht gegeben haben, wenn ich nicht, zum erstenmal in meinem Leben, ziemlich schwer krank gewesen wäre. Ein sorgsamer Arzt und meine gute Natur haben mir darüber hinweggeholfen, und ich genieße jetzt das mir neue, schwächlich-egoistische Behagen einer regelmäßigen Reconvalescenz.

Von Anselm sind während dieser Zeit zwei kurze Briefe eingelaufen, worin er sich gesund, heiter und " arbeitswütig" meldet. Er hatte nach dem letzten Briefe die Absicht, Ihnen selbst unmittelbaren und ausführlichen Bericht über seine Arbeiten zu erstatten. Mir schrieb er nur kurz, daß er besonderes Glück bei der Arbeit habe, die Francesca zu seiner Befriedigung fertig, das Kinderbild in der Anlage außerordentlich wohl gelungen sei 2 ) und daß er auch bereits die Nymphe glücklich aufgezeichnet habe 3 ). Er glaube, diesmal ganz sicher zu sein, daß die Bilder zu Ihrer Zufriedenheit würden, denn er arbeite ganz aus dem Herzen. Dann sagt er noch, daß er für jetzt alle großen und weitaussehenden Pläne in den Hintergrund drängen wolle, um einige Sicherheit im Leben zu gewinnen. Als Stern für seine späteren Jahre leuchte ihm, zum vollen Ausdruck seines Talentes, eine schöne Idee vor: "Das Gast-


1) In der Sammlung des Geh. u. Hauptarchivs nicht vorhanden. Quittung für die "Pietà".
2) "Badende Kinder" (1864) Schack-Galerie, 1938, Nr. 35; Justi, S. 30; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 249 und Abb. 218. Dazu ein Brief von Lenbach im Geh. und Hauptarchiv, Rom, 19. Febr. 1864: Feuerbach habe gesagt, "daß das Bild ,badende Kinder'... schon abgeschickt sey(n). Also wieder ohne mir was zu sagen. Ich fürchte, er kommt ins Schnellmalen, und ich glaube aber, daß der Genuß des Beschauers im Verhältnis steht zur Lust und Liebe, die der Künstler bei Ausführung eines Gemäldes hat".
3) "Musizierende Kinder von einer Nymphe belauscht". 1864. Schack-Galerie, 1938, Nr. 37; Justi, S. 37; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 233 und Abbildung 229.
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mahl des Platon", für jetzt aber sei der Gedanke genügend 4 ). Auch für mich ist er sehr lieb und meint, recht fleißig sein zu wollen, um mich einmal nach Rom holen zu können. Von Herrn Lenbach schreibt er, daß es ein sehr liebenswürdiger, bescheidener Mann sei, den er gerne habe 5 ).

So denke ich nun, ist er auf recht gutem Wege. Da meine Tochter 6 ) sich in den letzten Wochen auch besser befindet, so ist das neue Jahr mir freundlich entgegengekommen. Möge es auch Ihnen, Herr Baron, ein recht gesegnetes sein.

Mit der dankbarsten Hochachtung
Henriette Feuerbach.        

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 1. März 1864.   

Hochgeehrter Herr Baron!

Anliegenden Brief meines Sohnes 1 ) habe ich heute erhalten und beeile mich, Ihnen denselben zugleich mit diesen Zeilen zu übersenden. Daß er offen und ohne Adresse hierher kam, ist ein Formfehler, den Sie wohl dem Künstler verzeihen werden müssen, so wie mir, daß ich ihn gelesen habe. An mich selbst hat Anselm in der letzten Zeit einige Male sehr lieb und vernünftig geschrieben. Er lebt in der Hoffnung, daß die neuen Bilder zu Ihrer Zufriedenheit sein würden, und meint, das Beste, was er kann, getan zu haben 2 ).


4) "Gastmahl des Plato", zunächst auch oft "Symposion" genannt (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 290 und Abb. 263); das Gemälde, das zwei Jahre später in den Verhandlungen zwischen Feuerbach und v. Schack eine große Rolle spielen sollte, wurde ursprünglich Eigentum des Fräulein Marie Röhrs in Hannover, kam 1890 in die Karlsruher Galerie. Der Gedanke, das "Symposion" zu schaffen, spielte schon seit Jahren im Leben Feuerbachs eine Rolle und nahm zeitweilig fast Zwangscharakter an.
5) Vergl. dazu den wirklichen Wortlaut der Briefstelle auf S. 113.
6) Emilie Feuerbach (1827 - 1873), die ältere, bei der Stiefmutter in Heidelberg lebende unverheiratete Schwester Anselms.
1) Feuerbach übersandte den Brief an v. Schack offen als Einlage in den Brief an die Mutter, Rom, 23. Febr. 1864 (Briefe, II, S. 120) mit der Bitte, ihn vor Weitersendung zu lesen.
2) Die betreffende Stelle in seinem Brief an die Mutter, Rom, 8. Jan. 1864, hatte aber wesentlich bestimmter gelautet (Briefe II, S. 119): "Herr v. Schack werde ich sehr liebenswürdig schreiben, so daß du ganz der lästigen Schreiberei überhoben bist, das Bild wird ihn ganz befriedigen, so wie die "Kinder" und die "Nymphe", die unter Brüdern das Dreifache wert sind . . . Wenn Herr v. Schack einigermaßen pünktlich ist, so darfst du versichert sein, daß ich die Bilder dergestalt malen und schicken werde, daß es wie eine Rente ist".
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Ich hätte Ihnen wohl früher darüber gemeldet, wenn ich nicht wieder rückfällig unwohl geworden wäre. Im Frühling wünschte ich wohl, meinen herbstlichen Plan, nach München zu kommen, auszuführen. Ich möchte dies aber nicht in Ihrer Abwesenheit tun und bitte Sie deshalb sehr, mir gütigst eine Woche im April oder Mai zu bestimmen, in welcher ich Ihre Galerie in Ruhe und Sammlung betrachten kann.

In der Frankfurter Süddeutschen Zeitung vom (ich glaube) 20. oder 21. Februar ist Ihre Gemäldegalerie in feiner, charakteristischer Weise erwähnt und eine eingehende Besprechung angekündigt, worauf ich mich freue. Die Illustrierte Leipziger Zeitung will Anselms Portrait und Lebenslauf bringen. Es sind mir Notizen abverlangt worden. Warum ist nur die Allgemeine Augsburger so still?

Noch eine kleine Frage habe ich auf dem Herzen, über die ich Sie ganz gelegentlich um Ihren gütigen Rat bitte. Man hat mich aufgefordert, etwaige unverkaufte Bilder an eine Münchener Kunsthandlung zu schicken, deren Inhaber zu meinem Entsetzen Rumpelmeier heißen soll, weshalb ich mich bis jetzt nicht entschließen konnte. Ich habe noch einen unverkauften Studienkopf (das alte Modell), der schön gemacht, aber weniger ansprechend ist. Soll ich ihn dem Herrn Rumpelmeier schicken oder nicht?

Verzeihen Sie die Mühe, die ich Ihnen mit unsern Angelegenheiten mache.

Mit der aufrichtigsten und dankbarsten Hochachtung

Henriette Feuerbach.          

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 11. März 1864.     

Geehrtester Herr Baron!

Anliegend übersende ich Ihnen die Quittung 1 ) über das von Ihnen gütig übersandte Geld mit meinem wärmsten, fast möchte ich sagen gewohntem Danke. Es macht mich sehr glücklich, daß Sie mit dem neuen Bilde zufrieden sind und daß somit Anselm sich über seine Leistungen nicht in Täuschung hält. Das unterwegs befindliche Kinderbild ist nach seiner


1) Es scheint eine Quittung für "Francesca und Paolo" gewesen zu sein (vergl. Brief Henriette Feuerbachs an Adolf Friedrich von Schack vom 12. Nov. 1863 auf S. 110); diese Quittung fehlt unter den Briefen.
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Meinung die beste Arbeit, die er je gemacht hat 2 ). Er fühlt sich in raschem Fortschritt begriffen, weil er in Gemütsruhe und ohne Sorgen arbeiten kann, das danken wir Ihnen allein.

Es ist ein tröstlicher Gedanke, daß die Werke der Kunst die politischen Stürme überdauern, und einen solchen Trost kann man wohl jetzt notwendig brauchen. Der Tod des Königs von Baiern 3 ) in dieser verhängnisvollen Zeit, deren Opfer er wohl geworden ist, hat etwas sehr Ergreifendes. Er hatte es doch immer gut gemeint, und gar viele, die jetzt mit so großer Sicherheit politisieren, würden es an seiner Stelle vielleicht auch nicht besser fertig gebracht haben. Bei uns hier ist stets große Aufregung, es kommt mir aber oft vor, als ginge es denen, die das Wort führen, mehr aus ihrem ehrgeizigen Verstande als aus liebevoll begeistertem Herzen. Jedenfalls ist unser Großherzog der wärmste und opferfreudigste von allen badischen Politikern.

An Herrn Humpelmeier werde ich jetzt mit besserem Vertrauen eine Studie schicken.

Mit dem Ausdruck der dankbarsten und wärmsten Hochachtung

Henriette Feuerbach.          

 

Anselm Feuerbach an seine Mutter.

Rom, 1. Mai 1864 1 ).     

Liebe, teure Frau Mutter!

Ich kann nur wenig schreiben, da ich erst im nächsten Brief bestimmt sagen werde, ob und wann ich Rom verlasse. Ich denke täglich darüber nach und werde mit allem ins Klare kommen und Dir dann berichten. Deine lieben Weihnachtsgaben haben mir eine wahrhaft rührende Freude verursacht. Später mehr.


2) Für das Gemälde "Badende Kinder" (vergl. Brief Henriette Feuerbachs an Adolf Friedrich v. Schack vom 17. Jan. 1864) liegt unter den Briefen eine Quittung über 600 Gulden, ausgestellt von Henriette Feuerbach, Heidelberg, 25. März 1864. Der Besteller war wegen des bläulichen Kolorits mit diesem Gemälde unzufrieden. (Meine Gemäldesammlung S. 114).
3) Maximilian II. (1848 - 1864).
1) Der Brief fällt in die Lücke der Berliner Briefausgabe zwischen dem 26. März und dem 14. Mai 1864; er wurde vermutlich von der Mutter mit Brief vom 3. Juni 1864 dem Käufer deshalb eingesandt, weil sie sich nicht der peinlichen Aufgabe der Preiserhöhung des Nymphen-Bildes selbst unterziehen wollte.
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Lasse Dir heute nur die herzlichsten Grüße sagen, damit Du nicht länger warten mußt.

Ich hoffe, in kürzester Zeit ins Klare zu kommen. Kurz will ich Dir das Geschäftliche mitteilen.

Die S. Galler Sache kommt mir sehr erwünscht 2 ), und ich darf also bis Ende Mai dieses Geld nebst dem für das letzte Bild von H. v. Schack sicher erwarten. - Er hat für jetzt Spanien aufgegeben bis zum Herbst. - Du wirst ihm 3 ) hoffentlich meinen letzten Brief geschickt haben, worin ich ihn bat, den Preis des Bildes auf 800 Gulden 4 ) zu stellen. - Nach Berlin schicke ich nichts. - Da Herr v. Sch. sehr vielfach in Anspruch genommen war auch anderwärts, so habe ich von selbst verständlich das Interesse gar nicht berührt, welche Dinge denn schriftlich besser festgestellt werden können.

Im Juni schickt er mir auch Firdusi 5 ), bis dahin bin ich noch bestimmt hier. - Er war täglich bei mir, und es ist über seine Güte gar nichts zu sagen. - Ich habe unter seinen Augen verschiedene Entwürfe gemacht und kenne jetzt, was er will. - Er kommt schon Ende Mai nach München, bis dahin trifft auch das neue Bild ein. Ich male für ihn jetzt Romeo und Giullitta, die Balkonscene, ein Bild, welches größer wird als Francesca 6 ). Ich hoffe, noch vor Anbruch der heißen Zeit sehr weit damit zu kommen. - Das andere größere Bild hängt ganz von meinem Gutdünken ab nebst andern Aufträgen 7 ). Ich selbst habe gebeten, nichts zu übereilen, damit wir einig werden über den Gegenstand, ob es ein Bachanal, ob es Othello,


2) Henriette Feuerbach hatte das Gemälde "Balgende Knaben", gemalt 1859 und durch Schreiben vom 7. Dec. 1862 v. Schack zum Kauf angeboten (siehe S. 103), endlich an den Kunstverein zu St. Gallen verkauft.
3) v. Schack, wegen des Nymphen-Bildes.
4) Verbessert aus 1000.
5) Adolf Friedrich v. Schack verfaßte die metrische Übersetzung der Dichtungen des Firdusi (Persien, geb. um 940), und zwar "Heldensagen von Firdusi", Berlin 1851, und "Epische Dichtungen aus dem Persischen des Firdusi", 2 Bde., Berlin 1853, beide Werke vereinigt in 2. vermehrter Auflage unter dem Titel "Heldensagen von Firdusi", Berlin 1865.
6) Vollendet 1866 und an v. Schack verkauft, doch später von diesem an Oberstabsarzt Dr. Solbrig in München weiter gegeben jetzt im Städt. Museum zu Eisenach (Uhde-Bernays: Feuerbach Nr. 243 und Heliogravüre V).
7) In Verbindung mit der weiteren Ausführung im Schreiben vom 15. Juni 1864 (S. 124): "Was das größere Bild anlangt, so habe ich den Gegenstand "Petrarca sieht Laura in der Kirche" (  ...  )
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der die Geschichte erzählt etc. wird. Das hängt ganz von uns ab, und ich werde, wenn ich im Klaren bin, selbst an H. v. Sch. schreiben, auch die Preise so einrichten, wie es der Sache und den Verhältnissen angemessen ist. Du siehst daraus, daß unser Verhältnis sehr liebenswürdig sich gestaltet hat. - Wie es auch nicht anders möglich ist zwischen Naturen, die offen und klar daliegen. - Der Baseler Herr wünscht auch eine Wiederholung der Nymphe 8 ) und versprach mir, das Maß zu schicken, ich werde natürlich H. v. Sch. zuliebe viel verändern. Ich warte noch auf Näheres.

Du siehst daraus, liebe Mutter, daß sich meine Sachen klar gestalten - ich kann nur heute nicht genau bestimmen, wie ich mich einteile, da ich nicht genau sagen kann heute, ob nicht eine totale lokale Veränderung durchaus wünschenswert ist. - Einstweilen beginne ich ruhig, da ich noch sechs Wochen volle Zeit ohne Hitze habe, dann werde ich Dir ausführlich schreiben. -

Ich sende Dir mit diesen Zeilen nur die herzlichsten Grüße und meinen Dank für Deine lieben Gaben. - Das Nähere im


(  ...  ) gewählt", beweist diese Stelle, daß der vielfach gegen v. Schack erhobene Vorwurf, er habe die Fähigkeiten Feuerbachs durch Ablenken in das Genre und insbesondere in das literarische Genre mißbraucht und lahmgelegt, ungerechtfertigt ist. Überhaupt ermöglichen die hier veröffentlichten Briefe, über diesen Einzelfall hinaus in fast allen Fällen festzustellen, daß der Vorschlag des Themas vom Künstler ausging. - "Ariosts Garten" war ebenso wie "Dante mit den edlen Frauen von Ravenna" schon vor der Bekanntschaft mit v. Schack entstanden, und manche der später so befehdeten Genre-Darstellungen malte der Künstler nicht nur mehrmals (Romeo, Nymphe, Francesca, Familienbild, Hafis), sondern er ließ v. Schack sogar die zweite Fassung erwerben (Badende Kinder, Ricordo). Gegenüber jener Verurteilung des v. Schackschen Einflusses erscheint zutreffender Carl Neumanns Beurteilung: "Dann (nach dem Dante-Bilde) beginnt aber durch lange Jahre, gemessen an der späteren Hochleistung Feuerbachs, eine Kleinarbeit, mit Hin- und Hermodulieren und Steigern gleicher oder ähnlichen Motive, Einzelhalbfiguren, Kinderstudien und Kinderbilder, mit Landschaft, auch mit Architektur, die gelegentlich zu Gruppen und Genrekompositionen zusammenwachsend deutlich die oft mühsame Durchgangsbewegung zum großen Feuerbachstil erkennen lassen". (Der Maler Anselm Feuerbach, Heidelberger Universitätsreden 7, Heidelberg 1929, S. 10).
8) Zuerst für die Sammlung Thurneysen in Basel für 1000 Gulden erworben (Briefe, II, S. 124: Rom, 14. Mai 1864), sodann in der Öffentl. Kunstsammlung in Basel (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 234 und Abbildung 230).
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nächsten Briefe - ich bin jung und gut conserviert und habe Wünsche im Herzen, die sich realisieren müssen, denn bis jetzt ist mein Leben viel zu geängstigt. -

Liebe, gute Mutter, sei herzlichst gegrüßt, behalte mich lieb, denn ich verdiene es sicher. Ich beeile mich, den Brief abzusenden.

Dein treuer Anselm.     

An Scheffel schreibe ich.

 

In Wirklichkeit liegen aber die Verhältnisse so, daß Feuerbach schon mit dem Gedanken an einen Bruch mit v. Schack spielt, ohne aber die Ausführung zu wagen. So schreibt er der Mutter, Rom, 26. März 1864: "Mein Leben ist, bei den Preisen, so beunruhigt und sorgenvoll, daß ich mir täglich vorsagen muß: ,Halte aus'. Und ich halte nur aus, weil ich, wenn ich alles aufgebe, vielleicht aus dem Regen in die Traufe geriete, auch könnte ich meine hiesigen Verhältnisse, ohne einen physischen und moralischen Mord zu begehen, nicht abbrechen, und was draußen zu erwarten ist, das habe ich vor dreieinhalb Jahren gesehen - Konfusion und Dreck" 1 ), und weiter, Rom, 14. Mai 1864: "Daß ich unter den jetzigen Verhältnissen noch nicht ganz brechen kann, wirst Du einsehen, zumal ich von unserer badischen Sache absolut nichts mehr wissen will" 2 ). Bald aber treten sogar allerlei Hinterhältigkeiten auf und, obwohl v. Schack am 25. Juni 1864 bei seiner Bildbestellung die Bedingung gestellt hatte 3 ), daß Wiederholungen der Bilder nicht gemacht werden dürften, schreibt Feuerbach doch am 20. September 1864 gerade über das unter dieser Bedingung vergebene Gemälde: "Das Bild Romeo halte ich, obgleich quasi vollendet noch zurück, weil ich es kopieren will und vielleicht den Winter es nach England verkaufen kann. Herr v. Schack braucht nichts davon zu wissen" 4 ), kommt allerdings schon im nächsten Satz mit der Bemerkung darauf zurück: "Bis Ende October schicke ich es ab, und ich hoffe, er wird es anständig honorieren, da die Figuren beinahe


1) Briefe, II, S. 122.
2) Briefe, II, S. 124.
3) Vergl. S. 125.
4) Allgeyer, der im Falle Feuerbach - v. Schack erklärter Gegner des Sammlers ist, läßt aus dem Briefe die bedenklichen Worte "und vielleicht den Winter es nach England verkaufen kann. Herr v. Schack braucht nichts davon zu wissen" fort. (II, S. 25).
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lebensgroß sind", und weiter am 20. Oct. 1864: "Romeo werde ich nochmals zu meiner Genugtuung malen, es braucht es niemand zu wissen" 5 ), und er tut es auch und verkauft diese ihm untersagte Wiederholung (1866. (Jetzt bei Baron Born in Budapest 6 ).)

Aber auch diese Differenzen bleiben einstweilen noch latent. Der Münchener Sammler weiß nichts davon und meldet der Mutter durch Schreiben vom 2. Juni 1864 das Eintreffen der "Nymphe, welche zwei singende Knaben belauscht", weist dafür 600 Gulden an und spricht seine höchste Zufriedenheit mit diesem Gemälde aus 7 ). Da vorher schon "Francesca" sowie "Badende Kinder" in München eingetroffen waren, sind die v. Schackschen Aufträge erledigt, so daß der Sammler am 25. Juni 1864 dem Künstler den Auftrag zur Schaffung des Gemäldes "Romeo und Julia" durch die Mutter zukommen läßt 8 ).

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 3. Juni 1864.   

Geehrtester Herr Baron!

Ihre gütige Sendung habe ich gestern Abend empfangen und lege hier dankbarst die Quittung bei 1 ). Von meinem Sohn erhielt ich bereits Nachricht seit Ihrer Anwesenheit in Rom, und, auf Ihr wohlwollendes Verständnis zählend, wage ich es, Ihnen den Brief im Original 2 ) zu übersenden, damit Sie sich selbst überzeugen können, welchen Einfluß Ihr so sehr wohltätiges persönliches Nahetreten geübt hat. Daß der Brief so formlos ist, wird Sie nicht stören. Anselm würde freilich böse werden, wenn er erführe, daß ich sein Vertrauen verletze, doch ist es vielleicht gut so.

Es liegt noch ein früherer ungesiegelter Brief meines Sohnes an Sie, geehrter Herr Baron, bei mir, welcher unmittelbar nach Ihrer Abreise von München hier ankam. Ich würde ihn nicht erwähnen, wenn ich nicht spätere Vorwürfe fürchtete. An-


5) Briefe, II, S. 130; auch diese Stelle läßt Allgeyer, II. S. 26, bei der Wiedergabe des Briefes fort.
6) Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 264.
7) Allgeyer, II. S. 469.
8) Allgeyer, II. S. 472. (Vergl. S. 125.)
1) 600 Gulden für "Nymphe" mit Schreiben v. Schacks vom 2. Juni 1864 an Henriette Feuerbach übersandt.
2) Vom 1. Mai 1864.
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selm fragt darin bittweise, ob Sie nicht vielleicht die Nymphe etwas höher als den festgesetzten Preis anrechnen möchten. Ich kann mich nicht entschließen, diesen Brief nachträglich zu schicken, ohne daß Sie es ausdrücklich verlangen, und bitte, diese Notiz als eine solche zu betrachten, auf die ich, wenigstens von mir aus, keinen Wert legen möchte, und die ich nur, um irgend ein späteres Mißverständnis zu vermeiden, hier gelegentlich anführe. Ich habe nur hinzuzufügen, daß ich nichts wünsche, als Sie möchten Anselm nicht böse deshalb sein. Es ist meine stete Sorge, daß er recht bis auf den Grund der Seele einsehen soll, wie viel Dank er Ihnen schuldig ist - den Dank für seine ganze künstlerische Existenz, was ja viel mehr ist als gewöhnlich menschliches Leben.

Was mich betrifft, so ist indessen das schwere Leid über mich verhängt worden, eine Woche nach dem Tode meiner lieben Nichte ihren Vater, meinen einzigen teuern Bruder, zu verlieren. Mit ihm ist meine Stütze und Seelenheimat und alle liebe Jugenderinnerungen zu Grabe gegangen. Ich bin so traurig, daß ich nicht recht Kraft habe, an eine Reise zu denken, gebe ich mir aber Mühe, mich zu sammeln; vielleicht glückt es noch bis zu dem von Ihnen bestimmten Zeitpunkt. Mein Verlust ist erst zehn Tage alt und für mich ganz unersetzlich. Die einzige Freude, die mir bleibt, ist Anselms Gelingen, und ich möchte das gerade nicht mit getrübten Augen sehen.

Verzeihen Sie mir, wenn der Brief nicht so ist, wie er sein sollte, um meiner jetzigen Gemütsstimmung willen.

Mit der dankbarsten Hochachtung

Henriette Feuerbach.      

Als Erklärung zu Anselms Brief noch: ich habe eines der Kinderbilder, die in Köln waren, "die balgenden Knaben" an den Kunstverein in St. Gallen verkauft.

 

Der hier erwähnte noch frühere Brief lag bereits mehr als zwei Monate bei der Mutter, denn er war ihr als Einlage eines Schreibens, Rom, 24. März 1864, zugegangen. Anselm hatte dazu geschrieben: "Besorge den Brief, nachdem Du ihn gelesen, umgehend .... Das neue Bild ist das Beste, was ich gemalt 1 ), ich hätte es gern in Berlin gehabt, doch wozu am Ende? Ich habe den Preis erhöht, ich bin es


1) Gemeint ist die "Nymphe", die v. Schack mit 600 Gulden honoriert hatte.
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mir selbst schuldig, es ist so wie so ein Geschenk, wie mir's immer geht" 2 ). Feuerbach kommt noch einmal, Rom, 26. März 1864, auf diese Einlage zurück: "Meinen letzten Brief mit dem an Herrn v. Schack wirst Du erhalten und besorgt haben. Das Bild steht bereit und ist ein wahres Kleinod .... Ich hoffe, daß Herr v. Schack mir sofort einen großen Auftrag gibt, er ist es mir wirklich schuldig, da er Sachen in Händen hat, die unter Brüdern das Doppelte wert sind" 3 ). Immer wieder schneidet Feuerbach das gefährliche Thema an, so Rom, 14. Mai 1864: "Daß ich unter den jetzigen Verhältnissen noch nicht ganz brechen kann, wirst Du einsehen" 4 ), und Rom, 17. Mai 1864, wo er daran erinnert, daß Thurneysen für die Wiederholung der "Nymphe" in halber Größe der an v. Schack gelieferten Erstausführung 1000 Gulden gezahlt habe: "Ich verlasse mich darauf, daß Du die Sache in Ordnung bringst, um so mehr, da ich den Brief aus Rücksicht auf Dich habe über Heidelberg gehen lassen" 5 ).

Nunmehr muß die Mutter wohl oder übel von der nachträglich einseitig vorgenommenen Preiserhöhung für die "Nymphe" nach München Mitteilung machen, aber sie behält den an v. Schack gerichteten Brief des Sohnes und wendet sich an Schack mit eigenen milderen Worten, unter Beziehung auf den späteren Brief des Sohnes vom 1. Mai 1864 an sie selbst, den sie der Einfachheit halber v. Schack vorlegt.

v. Schack antwortet unter dem 8. Juni 1864 an Henriette Feuerbach, daß er beabsichtige, die Gemälde Anselms in der Weise zu honorieren, daß dieser nicht nur in eine sorgenlose Lage versetzt werde, sondern sogar noch zurücklegen könne. "Allein ich muß es mir durchaus vorbehalten, den Preis eines jeden Gemäldes, wenn es vollendet ist, selbst nach dem Grade der Ausführung zu bestimmen". Hinsichtlich der "Nymphe" erklärt er, daß das Bild allerdings verdiene, etwas höher als mit 600 Gulden bezahlt zu werden, aber die Differenz gleiche sich gegen die etwas überzahlten Gemälde "Madonna" und "Badende Kinder" aus 6 ).


2) Briefe, II, S. 121.
3) Briefe, II, S. 122.
4) Briefe, II, S. 124.
5) Briefe, II. S. 125.
6) Allgeyer, II. S. 471.
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Nun ergreift Feuerbach selbst im Ärger darüber, daß die Mutter die Weitergabe seines Briefes versagt hat, das Wort und erhöht von sich aus nachträglich den Preis für die "Nymphe", offenbart dabei aber eine merkwürdige Unsicherheit, indem er als neuen Preis für das bereits gelieferte und bezahlte Gemälde "tausend" einsetzt, dies Wort aber wiederum sehr leserlich durchstreicht und darüber "800" schreibt.

 

Anselm Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Rom, den 15. Juni 1864.   

Hochgeehrter Herr Baron!

Ich erlaube mir, Ihnen zu melden, daß mein Bild Romeo und Julie sehr weit vorangeschritten ist. Ich täusche mich nicht, wenn ich Ihnen sage, daß dasselbe an Ausdruck, Innigkeit und Farbe alles andere, was Sie von mir besitzen, hinter sich lassen wird. - Ich will den Rahmen, der zur Vollendung notwendig ist, bestellen und das Bild, um nichts zu übereilen, den Sommer über hier lassen, ab und zu daran vollenden, es im Herbste hier einige Tage ausstellen und dann versenden. Sollten Sie, geehrter Herr Baron, mir irgend etwas mitzuteilen haben, so bitte ich Sie, die etwaigen Briefe direkt in meine Wohnung gütigst adressieren zu wollen, da ich für die nächste Zeit, der Ruhe und Stille bedürfend, alle Besuche und Besucher von meinem Atelier fern halten werde.

Was das größere Bild anbelangt, so habe ich den Gegenstand "Petrarca sieht Laura in der Kirche" gewählt 1 ).

Ich werde dasselbe noch in diesem Monat entwerfen, die Figuren in Francesca-Größe, auch kann ich bald genau das Format bestimmen.

Ich habe dies gewählt, weil es neu und reicher ist an Motiven als jene andern besprochenen Gegenstände. - Ich will Laura darstellen unter andern Frauen in reichem Costüm in Andacht versunken, umgeben von singenden und rauchfaßschwingenden Chorknaben. Der junge Petrarca seitwärts an eine Säule gelehnt, welcher im Anschauen das empfindet, was trotz Eisenbahn und Photographie alle Zeiten hindurch der wahre Hebel der Kunst und Poesie gewesen ist und immer sein wird. - Ich hoffe, hochgeehrter Herr Baron, daß Sie meine Wahl als glücklich erachten.


1) (1865). Schack-Galerie, 1938, Nr. 38; Justi, S. 34; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 251 und Abbildung 219.
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Beiläufig erwähne ich, daß ich den Preis der Nymphe auf 800 Gulden erhöht habe, nicht als ob ich mit meinen Bildern handeln wollte, und dies gewiß am wenigsten mit Ihnen, sondern in der Voraussetzung, daß größere Werke zu beginnen sind, zu welchen, abgesehen der sich steigernden Auslagen, totale Sammlung und Stille notwendig sind. Sie werden gewiß bei der Preisfeststellung der neueren Werke meine Ansprüche mäßig und gerecht finden, so daß Sie sowohl wie ich vollkommen zufriedengestellt sein werden.

Indem ich Sie bitte, mir Ihr ferneres Wohlwollen gütigst bewahren zu wollen, füge ich noch hinzu, daß ich Firdusi mit großer Freude entgegen sehe.

N. B. Es sind Mittel gefunden, den Preis der Kisten zu ermäßigen.

Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener            
Anselm Feuerbach.       

 

v. Schack ist entgegenkommend: er schreibt am 25. Juni 1864 der Mutter, daß er sich entschlossen habe, den Preis der "Nymphe" auf 800 Gulden zu erhöhen, warnt aber zugleich vor unzeitigen Forderungen, da der Sohn durch v. Schack normal mehr als 3000 Gulden jährlich verdienen könne. Gleichzeitig macht er die feste Bestellung auf "Romeo und Julia" sowie "Petrarca wie er Laura in der Kirche erblickt" unter der Bedingung der Nichtwiederholung für andere. Dem Briefe ist eine Einlage gleichen Datums und ungefähr gleichen Inhalts für den Maler beigelegt, doch setzt der Besteller darin noch für "Romeo" 1000 - 1200 Gulden, für "Petrarca" 2000 - 2500 Gulden als Preis fest 1 ).

Henriette Feuerbach ist über diesen Entschluß hoch erfreut und schreibt am 24. Juli an Fräulein Charlotte Kestner in Basel 2 ): "An Herrn v. Schack in München hat Anselm einen großen Gönner. Er hat ihm jährlich 3 - 4000 Gulden Bestellungen garantiert" 3 ).


1) Allgeyer, II, S. 472.
2) Tochter von Goethes Lotte (1788 - 1877).
3) Abschrift des Briefes im Geh. und Hauptarchiv. Nach Angabe derselben befand sich damals der Brief im Besitz der Geheimrätin v. Miaskowski in Leipzig und trägt die Orts- und Zeit-Angabe: Heidelberg, 24. Juli 1864 sowie den Poststempel 27. Juni. Ort und Zeit sowie die hier aufgeführten beiden Sätze fehlen in der Wiedergabe des Briefes bei Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, S. 239.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 30. September 1864.   

Geehrtester Herr Baron!

Endlich habe ich Nachricht von Anselm erhalten und bin eilig, Ihnen den Inhalt des ziemlich kleinen Briefes mitzuteilen.

Anselm ist krank gewesen, wie er schreibt, an einer tödlichen Hirnentzündung vorbeigestreift, durch die rasche Hülfe des Generalstabsarzt der französischen Armee, Dr. Costanoz, aber glücklich gerettet worden. Dann war Anselm etwa zwanzig Tage auf dem Lande, noch ziemlich schwach und bei seiner Rückkehr - seine eigenen Worte - "fand ich mein armes Modell todkrank, also mußte ich hülfreich beistehen" 1 ).

"Das Bild Romeo halte ich, obgleich quasi vollendet, doch noch etwas zurück des gelegentlichen Corrigierens wegen. In der zweiten Hälfte October werde ich es abschicken. Bitte Herrn von Schack um Entschuldigung wegen des Zögerns und daß ich noch nicht geschrieben. Es kommt alles mit der Zeit. Das größere Bild ist noch immer nicht angefangen 2 ). Es wird figurenreich, und ich habe immer Furcht, mich zu übereilen, doch wird es allmählich herauskommen. Bis jetzt ist die rechte Begeisterung noch nicht da. Ich glaube, daß im nächsten Jahre eine gründliche Luftveränderung nötig sein wird. Im October will ich noch einige Tage hinaus".

Dies ist das Wesentliche des Briefes. Der französische Arzt will im October über Heidelberg kommen und mich besuchen. Ich muß mich beruhigen, da ich nichts anders tun kann, und mich seiner Wiederherstellung und seines Wunsches nach Luftveränderung getrösten. Gott gebe, daß ich Anselm noch einmal gesund, in schöner Tätigkeit und in richtigen Verhältnissen wiedersehen darf, sei es in Rom oder sonst irgendwo. Nebenbei ist es auch ein gar trostreiches und wohltuendes Gefühl, daß ich Ihnen gegenüber so ganz aufrichtig sein darf, ohne beängstigt sein zu müssen, meinem Sohne zu schaden. Ich sehe eigentlich jetzt erst ganz ganz deutlich ein, wie schwer, fast


1) Brief von Lenbach an v. Schack ohne Ort und Zeit im Geh. und Hauptarchiv: "Nachdem Feuerbach mehre Wochen zur Erholung und der unausstehlichen Hitze wegen in Tivoli war, arbeitet er jetzt wieder an "Romeo und Julia" (und denkt in drei bis vier Wochen damit fertig zu werden). ... "Petrarca in der Kirche" ist noch nicht angefangen".
2) "Laura in der Kirche".
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unerträglich diesem Schicksal gegenüber mein hülfloses Alleinstehen war.

Nach Ankunft des Romeo gedenke ich dann auch die langersehnte Reise nach München auszuführen. Hoffentlich wird es nicht allzu spät im Jahre, und wenn auch, so hat dies für mich nicht so viel zu bedeuten. Ich freue mich sehr, um so mehr, als diese projektierte Reise - Sie werden lachen - die erste wirkliche Vergnügungsreise in meinem Leben ist. Vielleicht trifft es sich auch, daß ich ein wenig gute Musik hören kann, was mir sehr wohltun würde 3 ). Bei der Musik fällt mir ein Aufsatz aus der Allgemeinen Zeitung ein, der mich neulich in Verwunderung gesetzt hat. Der Verfasser ist Herr Nohl, der sich als entscheidender und einflußreicher Mann vom Fach geltend zu machen scheint. Er predigt das Evangelium der Mäßigkeit im Lernen. Darüber bin ich nun eben nicht erstaunt, aber daß er es in München vermag, wundert mich. Herr Nohl war zwei Jahre hier, und ich kenne ihn ziemlich. Was mich betrifft, so mag ich nicht von dem Glauben lassen, daß der Geist erst dann frei werden kann in der Kunst, wenn durch das fleißige Studium Theorie und Technik untertänig geworden sind.

Vergeben Sie den geschwätzigen Brief.

In steter Hochachtung und Dankbarkeit

Henriette Feuerbach.   

 

Auch in diesem Briefe hat die Mutter zur Schönfärberei gegriffen, denn der Sohn hatte, Rom, 20. Sept. 1864, über den "Romeo" erheblich anders geschrieben (vergl. S. 120/12 1 ). Reine Erfindung der Mutter ist die Bitte um Entschuldigung wegen der Verzögerung und des Nichtschreibens.

Bald darauf ist "Romeo" in München eingetroffen, von dem Feuerbach der Mutter unter dem 20. Oktober 1864 gemeldet hatte, daß das Bild morgen abgehe, beinahe naß verpackt 1). Seiner eigenen Bewertung: "Die Güte des letzten Bildes liegt in der Reinheit des Seelenausdrucks, und ich weiß zum Voraus, daß man das Beste darin übersehen wird... Ich mache Dich auf den Kopf Romeos aufmerksam, als gelungen im Ausdruck", wird aber von v. Schack nicht beigepflichtet,


3) Über das musikalische Talent Henriette Feuerbachs, ihre "eigentliche Gabe", siehe Erika Schippel, S. 19 ff. sowie Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach.
1) Briefe, II, S. 129.
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denn er spricht der Mutter in einem Schreiben vom 4. Nov. 1864 sein Mißbehagen an diesem Werke aus, das er denn auch später wieder weggibt; aber gleichwohl weist er den Preis für das Gemälde in Höhe von 1000 Gulden an 2 ).

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 22. November 1864.   

Geehrtester Herr Baron!

Mit großem Kummer schicke ich Ihnen die inliegende Quittung. Ihre freundlichen, gütigen Worte sind freilich trostvoll, aber sie trösten mich nicht, weil ich es sehr unrecht von meinem Sohne finde, daß er Ihnen ein mangelhaftes Bild schickt. - Unrecht - undankbar! Und je gütiger und milder Sie sind, desto größer ist seine Schuld.

Ich habe ihm geschrieben, wie ich glaubte, daß es am eindringlichsten wirken möchte. Da diese Zeilen Sie doch jetzt nicht in München treffen, so füge ich für heute nichts weiter bei.

In der dankbarsten Hochachtung und Verehrung, aber mit großer Betrübnis

Ihre ergebenste        
Henriette Feuerbach.   

In der großen Berliner Publikation der Briefe Feuerbachs an die Mutter findet sich eine Lücke vom 24. Okt. 1864 bis zum 3. Februar 1865, die durch das nachstehende Schreiben überbrückt wird.

 

Anselm Feuerbach an seine Mutter.

Ohne Ort und Zeit.

[Rom, kurz vor 12. Januar 1865] 1 ).

Liebe Mutter!

Meine letzten Zeilen wirst Du erhalten haben. Ich beeile mich, Deinen letzten freundlichen Brief rasch zu beantworten. Ich bitte Dich, mir nicht davon zu sprechen, mir die 100 fl. zu schicken, wer denkt daran, ich wollte, es wären 1000. -


2) Allgeyer, II. S. 474.
1) Der Brief trägt, wie vielfach Feuerbachsche Schreiben, weder Orts- noch Zeit-Angabe, doch weist der Bahnpoststempel "Paris -Strasbourg 12. Jan. 65" den aus Rom gesandten Brief in die Nähe dieses Datums. Er ist wohl nur wegen der Bemerkung über die Gemälde-Sendung an v. Schack ausgehändigt worden und kam daher nicht nach Berlin, sondern in den Nachlaß des Grafen von Schack.
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Da ich sehr viel und ausführlich zu schreiben habe, so muß ich noch warten, bis der Ruhepunkt in meinen Arbeiten eingetreten ist, jetzt habe ich keine Stunde Zeit. - Zum 15. Febr. geht ein ganz ausgezeichnetes Bild von mir nach München 2 ), so bist Du also vor allem gesichert. - Ich kann erst in etwa 14 Tagen alles sagen, was zu sagen ist. Ich arbeite auch abends und bitte Dich, alle Testamentsideen vor der Hand ad acta zu legen, so weit sind wir noch nicht, und wir werden später noch ruhige, vergnügte Tage haben, einstweilen Geduld, ich selbst habe sie ja nötiger als Ihr. - Das Portrait werde ich heute oder morgen haben, tausend Dank, es macht mir mehr Freude, als wenn es eine Uhr - mit Brillanten wäre.

Der Großherzog 3 ), hat mich auch grüßen lassen, später mehr davon, das russische Bild sehr zur Zufriedenheit etc. Das beste ist das große (unleserlich). Meine Fortschritte steigern sich von Tag zu Tag, darum brauche ich Ruhe, Geduld und Heiterkeit.

Sei herzlichst gegrüßt und erwarte einen großen Brief Ende dieses Monats. Gruß Emilie.

Dein treuer Sohn.   

 

Es folgt sodann unter dem 3. Februar 1865 ein Dank des Sammlers an die Mutter; von Schack fügt hinzu, sie möge den Sohn grüßen und ihm sagen, wenn sein neues Bild recht ausgezeichnet wäre, so würde ihm die Kunst für seinen "Romeo" Absolution erteilen 1 ).

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 6. März 1865 1 ).   

Geehrtester Herr Baron!

Ich habe die ganze Zeit her auf Anselms versprochenen langen Brief gewartet, um Ihnen mit dem Dank für die gütige Übersendung der englischen Zeitung zugleich neue Nachrichten von Rom schreiben zu können. Bis jetzt ist aber nichts eingetroffen als ein kleines Zettelchen, in welchem Anselm die Absendung


2) "Laura in der Kirche".
3) Friedrich, Großherzog von Baden, geb. 1826, Regent 1852 bis 1858, Großherzog 1858 - 1907.
1) Allgeyer, II. S. 475.
1) Der Brief wurde erst mit dem vom 23. März 1865 an v. Schack abgesandt.
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des Bildes und eines Briefes an mich auf Ende Februar oder Anfang März anzeigt 2 ). Ihren Auftrag wegen Art und Weise des Transports habe ich natürlich sogleich nach Rom besorgt. So bin ich nun eigentlich in dem Fall zu sagen, daß ich nichts zu sagen habe, denn die Spannung und Ängstlichkeit, mit der ich an das Bild denke, ob es auch wirklich so gut sein wird, als Anselm glaubt, will ich des Weiteren doch lieber für mich behalten.

Von der seltenen und interessanten Sendung, welche Ihnen aus dem Orient zukam, habe ich in der Zeitung gelesen und mich sehr darüber gefreut, mehr noch über bevorstehende zweite Auflage des Firdusi: mit der ersten habe ich mich diesen Winter viel beschäftigt. - Eine wundersame Welt, in die man sich ganz versenken muß, um sie recht begreifen und genießen zu können. Wie schön, tief und klar, voll kräftigen fremden feinen Blütenduftes ist die Übersetzung! Sie sind ein glücklicher Mann, Herr Baron! Ein so vergeistigtes, der Schönheit zugewandtes Leben ist doch gewiß glücklich, weil auch die Schmerzen fruchtreichen Gewinn bringen.

Hier geht es sehr unpoetisch zu und wird nie Ruhe. Viele freuen sich über die unfeinen Vorgänge in Mannheim. Ich denke mir im Stillen, daß die Sache unseres edlen Großherzogs doch nicht mit Hülfe der Straßenjungen sollte ausgefochten werden.

Bei uns ist seit drei Tagen Frühlingswetter, und Ihr Neubau wird nun bald beginnen. Möge er recht gesegnet sein und Ihnen die Freuden bereiten, die eine über das eigene Leben hinausreichende Idee allein gewähren kann -.

Mit der aufrichtigsten und wärmsten Hochachtung

Henriette Feuerbach.   

 

Anselm Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Rom, den 17. März 1865.   

Hochgeehrter Herr Baron!

Ich erlaube mir, Ihnen anzuzeigen, daß ich das große Bild den 10. März nach München abgeschickt habe, nicht als Eilgut, da die Kiste groß und schwer ist 1 ). Ich bitte Sie, das Bild nicht zu hoch zu placieren und den Rahmen gütigst reich und breit


2) Rom, 3. Febr. 1865 (Briefe, II. S. 131).
1) "Laura in der Kirche".
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bestellen zu wollen, erst dann wird die Architektur die richtige Wirkung machen.

Was die Durchführung anbelangt, so werden Sie sich selbst überzeugen, daß ich weder Zeit noch Mühe gespart habe. Namentlich waren die Vorstudien vielfältig, da die Verzierungen und Mosaiken alle im Geiste der Zeit sein mußten. Wenn Sie das Bild genau durchgehen, werden Sie sie alle ächt finden.

Die Photographie, welche ich Ihnen gelegentlich, wenn es Ihnen Freude macht, zusenden werde, ist überaus gelungen und sieht aus wie eine Miniatur der Epoche.

Meiner Mutter habe ich mehre Pläne mitgeteilt, vielleicht daß es ihr vergönnt ist, meine Bilder in München zu sehen.

Der freundlichen Aufnahme meines Bildes im voraus gewiß, bitte ich Sie, hochgeehrter Herr Baron, mir Ihr Wohlwollen fernerhin gütigst bewahren zu wollen, und verbleibe

mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener            
Anselm Feuerbach.        

Für das Verhältnis zwischen Künstler und Besteller, wie es sich durch den ganzen Briefwechsel zieht, ist charakteristisch daß der Künstler in diesem Brief an v. Schack mit keinem Worte seinen Herzenswunsch, v. Schack möge das "Gastmahl des Platon" in Auftrag geben, erwähnt, aber schon am folgenden Tage an die Mutter schreibt: "Vorausgesetzt, daß mein Bild anständig bezahlt ist und Du Herrn v. Schack siehst, so sage ihm, daß ich das "Symposion" auf die würdigste Weise gelöst habe und daß es mein Wunsch ist, es lebensgroß auszuführen, doch wünsche ich nicht, daß viel darüber geredet wird, wofür ich meine Gründe habe. Will er darauf eingehen, und mir auf vier Jahre in regelmäßigen Raten das zukommen lassen, was mir zum Malen und Leben reichlich gebührt, so ist das Bild nach Abfluß des Termines sein Eigentum, und er bekommt, statt rascher, zerstückelter Gedanken, ein Werk, gereift durch die Zeit und von ewiger Dauer" 1 ).

Das, was die Mutter aus diesem Auftrage macht, ist erstaunlich kurz, vielleicht weil sie annimmt, daß bei den ungeheuren Abmessungen dieses Gemäldes ein Privatmann als Besteller überhaupt nicht in Frage kommen kann,


1) Briefe, II S. 133.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

[Heidelberg], 23. März 1865.   

Den anliegenden Brief 1 ), geehrtester Herr Baron, hatte ich geschrieben und wieder liegen lassen, weil es mir überflüssig vorkam, ihn abzuschicken. Nun traf heute ein Zettelchen von Anselm ein, in welchem er meldet, daß die Absendung des Bildes am 10. dieses Monats erfolgt sei 2 ). Er selbst scheint über die Wirkung seiner Arbeit ruhig und sicher; was mich betrifft, so gestehe ich, daß ich voll Angst bin um Ihretwillen und um Anselms willen. Es wäre unsäglich traurig, wenn das Bild nicht gut wäre! Ich mag es nicht ausdenken und bringe den Gedanken doch auch nicht aus dem Sinne. Das Ruhigsein ist etwas, was ich, so alt ich bin, noch immer nicht gelernt habe.

Anselm fügt hinzu, daß ihm gelungen sei, eine seit Jahren im Herzen getragene Idee, das Gastmahl des Platon, in würdiger und glücklicher Weise zu skizzieren 3 ).

Ihre nächsten Zeilen, geehrter Herr Baron, werden entscheiden, ob ich mich reisefertig machen soll, nach München zu gehen. Wenn das Bild gut ist, dann komme ich zu der Zeit, in welcher Sie es am geeignetsten halten. Ist es nicht gut - dann freilich wird es mit meinem Mut nicht zum besten beschaffen sein.

Indem ich für mein eiliges Geschreibsel um Verzeihung bitte, mit der gewohnten aufrichtigsten Hochachtung und Ergebenheit

Henriette Feuerbach.   

v. Schack beruhigt durch Schreiben vom 26. März 1865 die Mutter und spricht seine Überzeugung aus, daß Anselm allen Fleiß auf das Bild verwendet habe. Gleichzeitig erbittet er eine, wenn auch nur flüchtige Skizze des "Gastmahls des Platon" 1 ).

Des Bestellers Zuversicht wird nicht enttäuscht, das Gemälde "Laura in der Kirche" ist in München eingetroffen, und v. Schack schreibt der Mutter am 20. April 1865: "Ich freue mich, Ihnen sagen zu können, daß das neue Bild


1) Vom 6. März 1865.
2) "Laura in der Kirche".
3) Vergl. S. 115, Anm. 4.
1) Allgeyer, II. S. 476.
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Ihres Herrn Sohnes mit großer Feinheit und Sorgfalt ausgeführt ist und ich ganz davon befriedigt bin .... In der Anlage sende ich Ihnen 2000 Gulden für das Gemälde" 2 ).

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

[Heidelberg, 23. April 1865] 1 )   

Geehrtester Herr Baron!

Ihr freundliches Schreiben hat mich von einer großen Sorge befreit, und ich danke Ihnen auf das allerherzlichste. Ich weiß selbst nicht, weshalb ich diesmal so überaus ängstlich war. Die Quittung über die mir gütigst übersandte Summe lege ich bei. Ihren Auftrag wegen einer Skizze des Symposions habe ich denselben Tag, als ich Ihren letzten Brief erhielt, sogleich nach Rom befördert. Die 2000 fl. gehen heute durch Wechsel ab. Anselm will bei größerer Hitze auf ein paar Wochen nach Neapel, um frische Anschauungen zu sammeln.

Was meine Reise nach München betrifft, so eilt es mir damit nicht im mindesten. Ich möchte nicht, daß Ihnen, geehrter Herr Baron, durch mein Kommen die geringste Unbequemlichkeit erwachsen sollte. Ich habe dort keinen anderen wirklichen Grund, als Anselms Bilder zu sehen. Ob im Mai, Juni, Juli oder August gilt mir gleich. Mein Reisegeld habe ich eingesiegelt zurückgelegt. Nur möchte ich nicht gerade zu einer Zeit nach München, wo etwa meine alten Freunde Siebolds nicht anwesend wären, auf die ich mich freue. Es wird für mich von Bekannten ein Zimmer in einem Privathaus besorgt, wo ich wohlfeil und ungestört für eine Woche sein kann. So bitte ich also, Sie möchten so freundlich sein, mir im Laufe dieses Sommers nur mit ein paar Worten sagen, wann ich kommen soll. Ich wünschte auch nicht, Ihre Galerie in Zerstörung zu sehen. Da ich durchaus keine andere Reise vorhabe, so läßt sich der bestgeeignete Zeitpunkt auswählen.

Ein seit zwanzig Jahres ersehntes kleines Glück hat sich dieser Tage für mich verwirklicht. Es hat sich der Anfang zu einem Musikverein bei mir gebildet, der recht viel verspricht 2 ). Wir haben ein doppelt besetztes schönes Gesang-


2) Abschrift im Geh. und Hauptarchiv.
1) Ort und Tag sind festgelegt durch die dem Briefe anliegende Quittung der Henriette Feuerbach, Heidelberg, 23. April 1865, über 2000 Gulden für das Gemälde "Petrarca, wie er Laura zum erstenmal erblickt".
2) Vergl. S. 127, Anm. 3.
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quartett, und das Einstudieren und Stimmenschreiben ist mir wie eine zweite Jugend. Nur soll noch eine Violine und Cello aufgetrieben werden. - Dann läßt sich viel Schönes ausführen. Die Musik nimmt sich in meinen Zimmern bei offenen Fenstern gut aus. Amseln und Nachtigall singt mit. Welch rührend herrlicher Frühling!

Ich schreibe recht in Eile. Verzeihen Sie mir! Nehmen Sie alle meine unausgesprochene Dankbarkeit freundlich auf. Sie steht nicht in, sondern zwischen den Zeilen. Auf Ihre neuen Bücher freue ich mich unbeschreiblich.

Ihre ergebenste         
Henriette Feuerbach.

Noch eine Frage muß ich hier beifügen. Es wurde mir neulich von Karlsruhe aus ein Wink, daß es höchsten Orts günstig vermerkt werden würde, wenn Anselm ein Bild dort ausstellte. Anfangs wollte ich dies nach Rom berichten, nachher aber fiel mir ein, daß es vielleicht schicklicher sein würde, mit einem nicht verkäuflichen den Anfang zu machen. In diesem Sinne stelle ich vorerst die ganze Sache Ihrem Ermessen anheim. Im Fall Sie geneigt wären, eines der Bilder während Ihres Baues auf eine oder zwei Wochen nach Karlsruhe zu senden, so würde dies nach allen Beziehungen vorteilhaft sein. Aber ich möchte Sie nicht darum bitten, weil es auch nicht geradezu nötig ist, sondern: ich teile Ihnen die Sache nur mit, wie sie vorliegt, und bitte Sie um Ihren Rat und ihre Willensmeinung.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 9. Mai 65.   

Geehrtester Herr Baron!

Anselm hat geschrieben (sein Brief hat sich mit der Geldsendung gekreuzt), daß er die Pause des Gastmahls durch Herrn Klose geschickt habe; ich verstehe aus dem Brief aber nicht recht, ob über Karlsruhe und hier oder direkt nach München. Im Falle des ersteren werde ich sie Ihnen, geehrter Herr Baron, unverzüglich übersenden.

Anselm schreibt dann noch, daß sein Palast verkauft sei und er mit 20 Bildern Ende Mai auf der Straße sitze, wie er sich ausdrückt. Ich hoffe, es soll so schlimm nicht werden. Er denkt von selbst daran, eines seiner Bilder gelegentlich

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nach Karlsruhe zu schicken, und so bitte ich, die diesen Punkt berührende Stelle meines vorigen Briefes als nicht geschrieben zu betrachten.

Nach Stimmung und Andeutung des ganzen Briefes muß ich nur immer von neuem im Stillen sagen: könnte ich doch nach Rom! Ich glaube, es wäre wirklich ein Segen für ihn. Freilich dann für Emilie fast das Gegenteil. Wie schwer ist es, das Richtige zu tun! Ich stehe fortwährend zwischen meinem Überfluß von gutem Willen und meinem Mangel an dem inneren und äußeren Vermögen zur Ausführung ratlos und ohnmächtig, weil mir eine Art von praktischer Geschicklichkeit abgeht, welche die beiden versöhnen könnte.

Über meine Reise nach München erwarte ich, wie ich schon erwähnt, Ihre Bestimmung. Mir ist jede Zeit recht, da ich gar nichts vorhabe.

Mit dankbarster und wärmster Hochachtung

Ihre ergebenste          
Henriette Feuerbach.   

Der vorstehende Brief der Mutter vom 9. Mai 1865 nimmt auf einen Brief des Sohnes an sie Bezug, der sich jedoch in der großen Berliner Veröffentlichung nicht findet; dagegen bringt das Berliner Werk unter dem 30. April 1865 ein Schreiben des Künstlers an die Mutter, worin Anselm sie ermahnt, seine Forderungen bei v. Schack wegen des Gemäldes "Gastmahl des Platon" zum Ausdruck zu bringen. Diese Forderungen sind in der Hauptsache:

  1. Das Bild wird lebensgroß ausgeführt.
  2. Herr v. Schack gewährt eine Lieferfrist von 3 Jahren.
  3. Herr v. Schack zahlt 9000 Gulden, und zwar in 3 Jahresraten von je 3000 Gulden.

"Das und keine andere sind die Bedingungen, unter denen ich mich der Aufgabe unterziehe. Ich bitte, sie pünktlich mitzuteilen" 1 ).

Die Mutter führt nichts von diesem Auftrage aus, verrät aber in dem vorstehenden Briefe nach München, welch große Sorge sie erfaßt hat.

Der impulsive Künstler, vielleicht durch den Konflikt mit der Mutter und durch die Sorge um die Verwirklichung


1) Briefe, II, S. 134.
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seines Herzenswunsches, das "Gastmahl des Platon" malen zu können, seelisch zermürbt, reist in die Heimat, um, wie immer in Augenblicken innerer Zerrissenheit und depressiver Stimmungen, bei der liebevollen und warmherzigen Frau Beruhigung zu suchen. Sie treffen sich nicht im Mutterhause, weil Anselm Heidelberg nicht liebt, sondern in Baden-Baden.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Baden-Baden, 15. Mai 1865.   

Geehrtester Herr Baron!

Anselm ist hier. Er hat einen raschen männlichen Entschluß gefaßt und ist plötzlich abgereist, um sich bei mir zurecht zu finden. Er ist sehr lieb, sehr vernünftig, voll rücksichtlosen Vertrauens. Es ist alles gut und alles richtig, nur muß er sich in der Stille erholen und ausheilen. Ich bin ihm hierher entgegen, und weil ihm die feierliche Stille, die hier jetzt noch herrscht, sehr wohl zu tun scheint, so bleibe ich 8 bis 10 Tage mit ihm hier. Er muß gepflegt und versorgt werden. Dann kommt er direkt von hier zu Ihnen nach München und erst später nach Heidelberg. Ich bin so glücklich, als ein Mensch nur sein kann, weil ich ihm gründlich wohl tun kann.

Anliegend schicke ich Ihnen, geehrter Herr Baron, die Pause des Gastmahls nebst Anselms besten Grüßen und der Bitte, sie vor der Hand niemandem zu zeigen. Er hat die Aquarellstudie bei sich, die er Ihnen dann selbst mitbringen wird. Mir scheint sie von großer Wirkung und besonders tief und fein in der Auffassung der Idee.

Wenn ich es aussprechen darf, so möchte ich sagen, daß mir Anselm jetzt als gereift erscheint und daß menschlich und künstlerisch alles gewonnen ist.

In Eile und Aufregung und im ganzen vollen Bewußtsein, daß Sie ihn gerettet haben,

Ihre ergebenste

H. Feuerbach.             

 

Der Sohn hat sich demnach mit der Mutter ausgesprochen, und somit übermittelt Henriette Feuerbach jetzt allerdings nur in diplomatischer Wunschform das, was sie nach dem Briefe des Sohnes vom 30. April 1865 dem Sammler als Forderung hatte vorbringen sollen: den Antrag an v. Schack,

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das "Gastmahl des Platon" malen zu lassen und dabei die Bedingungen des Künstlers auf Größe, Zeit und Bezahlung anzunehmen. Die Mutter hat aber in echt weiblicher Taktik vorerst nur die Pause gesandt, die Bedingungen aber zurückgehalten. Erst im folgenden Brief greift sie dies heiße Eisen an.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Baden, 21. Mai 65.   

Geehrtester Herr Baron!

Gestern Morgen traf über Heidelberg Ihr Brief ein, und die von hier letzten Dienstag abgesandte Pause des Gastmahls wird wohl indes gleichfalls in Ihren Händen sein.

Wie gerne eigne ich mir Ihren freundlichen Glückwunsch zur Ankunft meines Sohnes an! Sie ist auch ein wirkliches Glück, so eine Art Markstein, den Gemütsreife, Einsicht und bewußter Wille sich selber gesetzt haben. Es ist jetzt alles gut und recht und verünftig, Sie werden das finden wie ich.

Anselm wünscht Sie in München aufzusuchen, und zwar bald, weil er später in Karlsruhe dem Großherzog aufwarten soll, der ihn durch Herrn Steinhäuser 1 ) auf wirklich feine und liebenswürdige Weise dazu auffordern ließ. Auch möchte Anselm die Berliner Kunst und Künstler ein wenig in der Nähe sehen. Würde Ihnen sein Kommen gegen Ende der nächsten Woche, also in ohngefähr 8 Tagen, störend sein?

Geehrter Herr Baron, Anselm tritt Ihnen diesmal mit einem künstlerischen Herzenswunsch nahe. Sie waren so gütig und freundlich, von Anfang an meine rückhaltlose Offenheit im guten Sinne aufzunehmen. Darauf vertrauend will ich Ihnen auch jetzt ohne Zögern im voraus sagen, daß mein Sohn das sehnliche Verlangen hegt, sein Symposion bestellt zu bekommen. In diesem Wunsche möchte er Ihnen die Aquarellstudie vorlegen, die, wenn auch wenig ausgeführt, in klarer und schöner Kunstgestaltung den Gegensatz und die Versöhnung des geistigen und sinnlichen Lebens recht in der Tiefe erfaßt und wiedergibt. Die Composition ist für Lebensgröße berechnet, und die Größe des Bildes schon jetzt ganz genau bestimmbar.

Daß hier eine Arbeit vorliegt, die Zeit und Ruhe braucht, ergibt sich wohl von selbst. Anselm meint, wenn der gütige Besteller des Bildes ihm für einen gewissen Zeitraum eine be-


1) Karl Steinhäuser (1814 - 1879), Bildhauer in Karlsruhe.
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stimmte, in regelmäßigen Raten verteilte Vorauszahlung gewähren wollte, so würde dadurch die Existenz eines Werkes ermöglicht, welches als bleibendes Denkmal seiner Blütenzeit und als voller Ausdruck seines Talentes doch wohl gelten dürfte. Er glaubt, den spätesten Termin auf drei Jahre ansetzen und den jährlichen Bedarf für Leben und Arbeit auf 3000 fl. rechnen zu müssen. Nach dieser Frist würde das Werk dann dem Eigentümer überliefert werden. Ob die Schätzung des Bildes einen höheren Wert erreichen sollte, würde Ihnen überlassen bleiben, wenn Sie, geehrter Herr Baron, dieser Eigentümer wären.

Dies ist vorläufig, was ich zu melden habe, und ich tue es mit zaghaftem Herzen, und doch wieder freudig, weil ich von der Skizze ganz wunderbar ergriffen bin und zugleich so glücklich über die große Veränderung zum Guten, die in Anselm vorgegangen ist.

Sie dürfen wirklich Vertrauen zu ihm haben.

Anselm weiß, daß ich schreibe, obschon er mich nicht eigentlich beauftragt hat. Seien diese Zeilen zum Segen!

In treuer dankbarster Gesinnung

Henriette Feuerbach.   

 

Der mit immerhin begrenzten Geldmitteln rechnende, von den Künstlern und überhaupt den Münchenern finanziell stark überschätzte Mäzen erwidert, daß der Preis von 9000 Gulden für das "Symposion" weit über den Kreis hinausgehe, den er sich für seine Bestellungen gezogen habe; er sei aber bereit, dafür 4500 Gulden zu zahlen, auch, noch nebenher Aufträge zu erteilen, so daß der Künstler innerhalb der drei Jahre seine Einnahmen verdoppeln könne 1 ).

Selbst in dieser Gefahrenzone schaltet sich der Künstler aus den Verhandlungen aus, und die Mutter muß dessen ablehnende Antwort übernehmen. Aber auch jetzt noch nicht will sie den Faden abreißen lassen; ihre Diplomatie bringt den Sohn so weit, daß sie dem Sammler zwei neue Vorschläge machen kann, von denen das Gemälde "Unsichtbare Musik" anscheinend keine Verwirklichung gefunden hat, während "Hafis am Brunnen" zu einer der Perlen der Schack-Galerie wurde 2 ).


1) Schreiben vom 24. Mai 1865, Allgeyer, II S. 477.
2) 1866. Schack-Galerie, 1938, Nr. 40; Justi, S. 31; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 262 und Abbildung 231.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Baden, 28. Mai 1865.   

Geehrtester Herr Baron!

Nach mehrtägiger tiefer und ernstlicher Überlegung hat mir Anselm heute endlich aufgetragen und erlaubt, Ihr geehrtes Schreiben zu erwidern. Möchten Sie die gegenwärtigen Zeilen nicht hart aufnehmen. Ich kann nichts tun, als die Wahrheit schreiben. Anselm glaubt, die Ausführung des Gastmahls unter den von Ihnen gestellten Bedingungen nicht unternehmen zu können. Er wünscht, daß ich Ihnen seine Gründe darlege, und so bitte ich um kurze Geduld für meine Erörterung, die mir schwer wird, da ich so gerne in dem Fall sein möchte, Ihnen nur Erfreuliches und Ihren Wünschen Gemäßes schreiben zu können.

Anselm war seit Jahren gewohnt, die Idee des betreffenden Bildes als eine Hauptaufgabe seines Lebens zu betrachten, die, würdig gelöst, seinen Namen an andere Namen reihen könnte, denen nachzufolgen sein Bestreben ist. Er meint: ein solches Werk, welches ganzer, vollkommener Gesamtausdruck des künstlerischen Talentes sei, würde gültiger für die Nachwelt sein als eine Reihe kleinerer Bilder, die dieses Talent nur von einzelnen Seiten offenbaren. In diesem Sinne war der Vorschlag gemacht, die von Ihnen gütigst für Bestellungen bestimmte Summe mehrere Jahre für eine größere Ausführung zu sammeln.

Die Erfordernisse eines Werkes wie das in Rede stehende sind, so wie Anselm arbeitet, sehr beträchtlich. Akt- und Modellstudien, einzeln und in Gruppen, Leinwand, Farben, Gewänder und andere Vorrichtungen würden im geringsten Anschlag die Summe von 1500 fl. erreichen. Die Zeit der ununterbrochenen Arbeit eines Bildes von 24 - 25 lebensgroßen Figuren doch wohl zwei Jahre in Anspruch nehmen. Was die Raschheit und Leichtigkeit betrifft, mit welcher Anselm arbeitet, so meint er sie nicht als Verringerung der Anstrengung der physischen und psychischen Kräfte, sondern nur als eine schnellere Verzehrung derselben gelten lassen zu dürfen. Er ist des Glaubens, daß dieses projektierte Bild, welches vor der Hand wieder in den Hintergrund der Gedanken zurücktreten muß, in der Art und Weise vollendet, wie er es im Sinne hat, einen Wert erhalten würde, mit welchem seine geäußerten Wünsche nicht in unbescheidenem Verhältnis stehen dürften.

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Diese Auseinandersetzung soll indes nur als eine Entschuldigung des anfänglichen Vorschlags und der gegenwärtigen Weigerung gelten. Die nun folgende Bitte lautet einfach: Sie, geehrter Herr Baron, möchten zwei andere Vorschläge in Erwägung ziehen. "Hafis am Brunnen unter den Rosen, während die wasserholenden Mädchen auf- und absteigen" oder "Die unsichtbare Musik im Sturm von Shakespeare - (Die drei Seeleute schlafend und die musizierende Geniengruppe schwebend"). Sollten Ihnen diese Ideen nicht genehm sein, so bittet Anselm, ihm Ihre Wünsche mitzuteilen, und er wird Ihnen dann durch Zeichnung oder Aquarellstudie den Plan eines größeren Bildes vorlegen, welches er um den Preis von 3000 fl. in dem nächsten Winter zu Ihrer Zufriedenheit auszuführen hofft. Es ist sein ernstlicher und sehnlicher Wunsch, daß Sie ihm um seiner Weigerung willen nicht ungeneigt werden möchten. Er ist sich der Dankbarkeit, die er Ihnen schuldig ist, vollkommen bewußt, aber er sagt mit so entschiedender Überzeugung, es sei ihm in dieser Weise das, was andere tun oder können, unmöglich, daß mir nichts übrig bleibt, als es mit klaren, dürren Worten auszusprechen.

Möchte Ihr Unwohlsein nicht von langer Dauer sein. Wir bleiben noch einige Tage hier, da Anselm sich sichtlich erholt und es mir gelungen ist, uns sehr billig, fast wie zu Hause, einzurichten. Ende dieser Woche werden wir nach Heidelberg gehen. Vor Ihrer Abreise nach Spanien wird wohl eines von uns oder wir beide noch die Freude haben, Sie in München zu begrüßen.

Nehmen Sie den Brief, der mir sehr hart gewesen ist, gütig auf von

Ihrer ergebensten           
Henriette Feuerbach.   

Anselm bittet gelegentlich um Zurücksendung der Pause. Diotima ist doch nicht anwesend, sondern nur durch die Erzählung des Sokrates eingeführt.

 

v. Schack muß aber vorher doch noch einmal geschrieben und noch einmal auf das Angebot des "Gastmahls" zurückgekommen sein; dabei hat er einen Maßstab unter Lebensgröße verlangt, eine bei den damaligen beschränkten Verhältnissen des zur Galerie gewordenen Bürgerhauses begreifliche Forderung. Hatte doch die erste Fassung des "Gastmahls", so wie es nachher wurde, die Abmessungen von 3:6

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Metern. Feuerbach legt aber aus künstlerischen Gründen gerade auf seine Bedingung der Lebensgröße einen ganz besonderen Wert, ohne dabei allerdings einzusehen, daß damit für den Durchschnitts-Privatsammler der Ankauf schon allein praktisch eine Unmöglichkeit wird, für v. Schack schon deshalb, weil für die an und für sich überfüllten Räume noch einige Aufträge auf Groß-Kopien laufen. Der Münchener Sammler stößt also bei seiner Bedingung auf schroffste Ablehnung des Künstlers, der in seinen künstlerischen Ansichten gegenüber diesem seit Jahren gehegten Wunsche unerschütterlich beharrt.

Wieder begibt sich die Mutter auf das Feld der Diplomatie: sie glaubt zwar nicht mehr daran, daß v. Schack dies Gemälde von riesiger Monumentalität bestellen werde, aber sie macht doch noch einen Versuch.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Mondtag Morgen.      
(Vermutlich Baden-Baden,
29. Mai 1865)      

Geehrtester Herr Baron!

Ich antworte umgehend.

Anselm sagt, er könne das Bild nicht unter Lebensgröße malen, ohne Idee und Wirkung der Composition zu zerstören, und es bedürfe die Ausführung so vieler innerer Kraft und äußerlicher Erfordernisse, daß er nicht wagen könnte, sie zu unternehmen, wenn ihm nicht Zeit und Mittel zu ganz ruhiger und auch ununterbrochener Arbeit zu Gebote stünden. Die Studien müßten in Italien gemacht werden, das Ganze ließe sich dann wohl überall zusammenstellen, wenn alles reif sei. Anselm denkt sich in Baden-Baden gerne niederzulassen. Die Diotima müßte natürlich hinein, und würde überhaupt noch manche Verbesserung nötig sein.

Wenn Sie, geehrter Herr Baron, einen kleineren, weniger weit aussehenden historischen Gegenstand für genehmer halten, so wird es wohl daran nicht fehlen. Anselm hat allerlei Ideen mitgebracht. Er muß eben dann das Gastmahl dahin zurückverlegen, wo es seit sechs Jahren gewohnt hat, wenn nicht der Großherzog die Idee einer großen Bestellung hegt, was wir nicht wissen.

Im Fall noch eine Hoffnung für das Symposion bei Ihnen ist, dann wäre es vielleicht besser, Anselm käme noch

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vor Ihrer Abreise schnell einen Tag nach München, weil die Audienz sich nicht lange mehr verschieben läßt und Anselm Ihnen gern vorher seine Pläne vorgetragen hätte. Im andern Fall hat die Reise natürlich nicht Eile. Von mir ist jetzt nicht die Rede.

Verzeihen Sie den schrecklichen Brief, aber ich wünschte eine abermalige Kreuzung zu verhüten, und was ich schreiben mußte, habe ich doch hoffentlich deutlich ausgedrückt. Ach - hätten Sie nur die Skizze gesehen!

In gewohnter Gesinnung und mit Anselms besten Grüßen

Ihre ergebenste        
Henriette Feuerbach.  

Anselm will noch hier Ihre Bestimmung abwarten, dann verlassen wir Baden.

 

Es mag befremden, daß die Mutter noch einmal es unternahm, v. Schack zur Bestellung des "Symposion" zu veranlassen, obwohl sie sich doch über die Schwierigkeiten klar war. Allein sie verstand den Sohn, hatte mit ihm die Symposion-Frage eingehend erörtert und kannte dessen Gedankengänge von schier manischer Besessenheit, die Carl Neumann in guter Charakterisierung folgendermaßen darlegt: "Die Bilder kleineren Formats, das Genre und historische Genre gaben ihm keine dauernde Befriedigung. Sein Herz schrie nach dem Lebensgroßen ... Und so mündet diese Leidenschaft in ein Riesenwerk, einerlei, daß niemand es bestellt hatte, niemand es wünschte, aber die Erfüllung eines Gedankens, der ihm wachend und träumend seit Jahrzehnten gelockt hat, er malt das Platonische Gastmahl" 1 ).

v. Schack ist nicht verärgert, er bestellt vielmehr nach den ihm eingesandten Skizzen und Entwürfen von den beiden ihm bereits durch Schreiben vom 28. Mai 1865 angebotenen Gemälden das des "Hafis am Brunnen" 2 ), dann aber sogleich nach ebenfalls eingesandter Skizze ein "Familienbild", welch letzteres Feuerbach selbst wohl auch als "Mutter mit Kindern am Brunnen" oder als "Frau am Brunnen" benennt 3 ).


1) Carl Neumann: Der Maler Anselm Feuerbach (Heidelberger Universitätsreden 7, Heidelberg 1929, S. 12).
2) 1866. Schack-Galerie, 1938, Nr. 40; Justi, S. 31; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 262 und Abbildung 231.
3) 1866. Schack-Galerie, 1938, Nr. 39; Justi, S. 30; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 265 und Abbildung 240.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 17. Juli 1865.   

Geehrtester Herr Baron!

Anselm versichert Sie durch mich seiner vollkommenen Bereitwilligkeit. Er nimmt Ihre Aufträge mit Freuden an und will mit aller Kraft sein Bestes tun, um Ihre Befriedigung zu erwerben. Er ist selbst sehr entzückt von der Zeichnung der Mutter mit den Kindern.

Wir beide sagen Ihnen den herzlichsten Glückwunsch zu Ihrer so nahe bevorstehenden Reise nach Spanien. Ich werde nun wohl mit meinem lange ersehnten München bis zu Ihrer Rückkehr im Herbste warten. Mit Anselm, hoffe ich mit Überzeugung, werden Sie von nun an nur Ursache zur Zufriedenheit haben. Er ist vom besten Willen und von rechtem Eifer beseelt, alles recht und gut zu machen, im Leben wie in der Kunst.

Die innigsten guten Wünsche

Ihre ergebenste        
Henriette Feuerbach.   

 

Diese Lösung ist zwar im Sinne der Mutter eine glückliche, im Herzen des Sohnes jedoch frißt der Grimm gegen seinen angeblichen Quälgeist und Ausbeuter noch weiter. Immer wieder kommt er in den Briefen an die Mutter auf v. Schack zurück, in immer krasseren Formen macht er seiner Einstellung gegen ihn Luft. "Los von Schack!" das ist kurz gesagt das Leitmotiv seiner Wünsche, die dabei in seltsamer Weise von der Neigung, sich aufs Neue mit v. Schack zu verbinden, durchkreuzt werden. "Ich werde Dir Näheres mitteilen über Schack, meine Stellungnahme, doch warte ich, bis ich mir klar geworden bin, was ich zu tun habe", schreibt er am 7. September 1865 von Scheffels Landgut Seon bei Radolfzell, aber gleich darauf erweist sich sein Gefühl als Haßliebe, denn er wütet gegen Lenbach, "der sich zwischen mich und Schack früher oder später stellen wird" 1 ). Und nicht viel anders zeigt sich das Gegensätzliche zu diesen Abbruchswünschen in einem Schreiben an die Mutter vom 17. Dec. 1865: "An Herrn v. Schack habe die Güte zu schreiben, daß es mit den Bildern ausgezeichnet steht und daß ich sie zugleich im Frühling senden werde und ihm, da ich die


1) Briefe, II. S. 136.
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nächsten Winter in Paris sein werde, genau meine Wünsche in einem Briefe bezeichnen werde. - ... Den Preis, den wir festgesetzt haben, werden wir einhalten müssen, allein, wenn ich diese letzten Bilder ihm überlasse, bin ich genötigt, andere Bedingungen zu machen. Ich werde ihn bitten, mir jährlich vom September an fünftausend Gulden zu bewilligen, für diese Summe liefere ich ihm jährlich ein größeres Werk und habe bereits für nächstes Jahr einen überaus glücklichen geistreichen Gegenstand, zu welchem ich ihm, wenn er darauf eingeht, ein Aquarell übersende. - Vielleicht, wenn ich es seiner Diskretion anheim stelle, honoriert er mir auch schon jetzt den "Hafis" besser" 2 ).

Immer ist es die Mutter, an der alle diese inneren Zerrissenheiten, Unstimmigkeiten und verstiegenen Geldforderungen anprallen; Feuerbach selbst bringt in seinem nächsten Brief an v. Schack nichts von diesem seelischen Auf und Ab.

 

Anselm Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Rom, den 4. März 1866.   

Hochgeehrter Herr Baron!

Ihrem geehrten Schreiben vom 19. zu Folge, habe ich mich entschlossen, mich auf vergoldete Leisten zu beschränken. Ich werde beide Bilder in einer Kiste etwa Ende Mai versenden. Ich erlaube mir zugleich, ein kleines Rahmenmodell einzusenden, wie ich es nach reiflicher Überlegung für das große Bild "Hafis" am zweckmäßigsten gefunden habe, damit die hochaufsteigende Landschaft durch den Rahmen selbst eine angenehme Unterbrechung habe. Sie würden mich, hochgeehrter Herr Baron, sehr verbinden, wenn Sie ein ähnliches Modell wenigstens für das große Bild sofort gütigst bestellen wollten, damit der Rahmen bei Ankunft des Bildes zur Aufstellung desselben bereit sei.

Ich schreibe in mêtre die genauen Maße, so daß kein Irrtum stattfinden kann.

Die Höhe des großen Bildes "Hafis" ist 2 mêtres, 40 centimêtres;
die Breite 1 mêtre 40 centimêtres.

Dieses ist die Bildfläche, welche auf keiner Seite vom Rahmen überschnitten werden darf. Dann ist eine Leiste von


2) Briefe, II. S. 144.
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der Breite von 15 millimêtres um das ganze Bild, welche hinter den Rahmen kommt.

Die Höhe der "Frau am Brunnen" ist 1 mêtre 36 centimêtres.
Die Breite 1 mêtre 59 centimêtres.

Die gleich breite Leiste ist auch um dieses Bild. Die Breite des Rahmens wünschte ich 20 centimêtres. Ich gebe diese Dinge so genau an, weil ich weiß, wie wichtig eine geschmackvolle Einrahmung ist für gewisse Bilder, deren Reize in der ganzen Situation liegen.

Ich werde auf acht Tage nach Neapel gehen, um mich zu erfrischen und Pompeji zu studieren, da ich eine überaus glückliche Idee zu einem großen Bilde "Anakreon" habe. Nach meiner Zurückkunft werde ich unmittelbar an die letzte Vollendung Ihrer Bilder gehen, welche schon jetzt einen heiteren Eindruck gewähren und Ihnen gewiß Freude machen werden. Sie sind größer ausgefallen, als es ursprünglich meine Absicht war.

Indem ich Ihnen, hochgeehrter Herr Baron, die Bestellung der Rahmen nochmals empfehle, bitte ich Sie um Ihr ferneres Wohlwollen und verbleibe

mit ausgezeichneter Hochachtung           
Ihr ergebener      
Anselm Feuerbach.  

Den Tag der Absendung werde ich Ihnen anmelden.

 

Trotz dieses kühl-höflichen Schreibens ist der Kampf jetzt in seine entscheidende Phase eingetreten: Feuerbachs durch Ablehnung seines "Gastmahls" .qualvoll überreiztes Selbstgefühl 1 ), gleichzeitig seine Hoffnungslosigkeit gegenüber dem, was er seit Jahren als das Höchstschaffen in seinem Leben ansieht, veranlaßt ihn schon zwei Tage nach jenem äußerlich so leidenschaftslos-geschäftsmäßigen Brief, seiner Erbitterung gegen v. Schack in einem an diesen gerichteten Schreiben Luft zu machen, dessen Konzept er einem ebenfalls am 6. März 1866 geschriebenen Briefe an die Mutter beilegt: "Ich schicke Dir inliegend das Konzept eines Briefes


1) Brief an die Mutter, Rom 20. Febr. 1866: "Mein Name ist mit Rom identisch, und es wird kaum später ein Fremder von Bedeutung mein Atelier nicht besuchen" (Briefe, II S. 151).
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an Herrn v. Schack, welches mir Herr Rothpletz 2 ) (dies ganz unter uns) nach reiflicher Besprechung entworfen hat. Der Brief geht mit diesem ab. Ich habe nichts beizufügen, urteile selbst. - Es ist mir unmöglich, in dieser zerstückelten Weise fortzufahren, und somit habe ich den letzten Versuch gewagt, meine Sache in ein meinem Talent angemesseneres Fahrwasser zu bringen - lies selbst" 3 ).

Auf diesen Brief an v. Schack, dessen Konzept sich in der Tat im Feuerbachschen Nachlaß gefunden hat und daher an die National-Galerie in Berlin gekommen ist 4 ), blickte Feuerbach in seinen seit 1876 aus abgeklärterer Lebenserfahrung geschriebenen Lebenserinnerungen folgendermaßen zurück: "Schon jahrelang stand das "Gastmahl des Plato" in meiner Seele. Ich faßte mir ein Herz, um Herrn Baron v. Schack meinen Wunsch zu eröffnen. Es war dies im Jahre 1865, und er zeigte sich bereit, auf die Idee an und für sich einzugehen, aber nur unter der Bedingung, daß das Bild in Drittels-Größe ausgeführt würde. Hierzu wollte ich mich nicht verstehen; ich konnte es nicht. Das Bild war groß empfunden und gedacht; es mußte groß ins Leben treten oder gar nicht. - Ein Briefentwurf an Herrn Baron v. Schack, datiert 6. März 1866, welcher mir kürzlich durch Zufall in die Hände kam, hat mir diesen Vorgang wieder lebhaft vergegenwärtigt. Es ist darin die Rede von innerer Entwicklung, von monumentalen Taten, von Erlösung des Talents und vom Triumph der Kunst, und zuletzt wird versucht, Herrn Baron v. Schack zu überzeugen, daß über die Dimensionen gewisser Bilder nicht das Belieben des Bestellers oder des Künstlers, sondern die Natur des künstlerischen Gedankens entscheiden müsse. - Mit so viel jugendlicher Torheit 5 ) und künstlerischer Weisheit konnte niemand als Anselm Feuerbach im Jahre des Heils 1866 einem so einflußreichen Freund und Förderer der Kunst, wie Herr Baron v. Schack sich erzeigte, gegenübertreten 6 ). Die Lektüre dieses Briefes hat mir wirkliche Erheiterung gewährt. Ob derselbe so oder anders geschrieben abgeschickt


2) Oberst in Zürich, nach Angabe der Briefe näher mit Feuerbach verkehrend und Käufer mehrerer Werke des Künstlers. (Vergl. S. 103, Anm. 7).
3) Briefe, II, S. 152.
4) Abgedruckt bei Allgeyer, II, S. 478.
5) Der Künstler stand damals im 37. Lebensjahre.
6) Vielleicht ein Einschiebsel Henriette Feuerbachs.
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wurde, ist mir nicht mehr erinnerlich. Jedenfalls ließ die Wirkung nichts zu wünschen übrig. - So kam denn endlich nach längerem stillen Kampfe der Moment, wo unsere Wege auseinandergingen. Herr Baron v. Schack war in seinem vollen Rechte als Kunstliebhaber, ich war es auch im Drange meines Talents. Von meinen Bildern für die Schacksche Galerie waren die in den ersten Jahren eingelieferten die besten und freudigsten. Dies ist bezeichnend. Ich denke mit ungeschmälerter Anerkennung und uneigennützigem Bedauern an diese Vorgänge zurück, doch ohne Reue. Ich konnte nicht anders" 7 ).

Ganz so glatt, wie es dem Künstler in der Erinnerung erscheint, geht aber die praktische und noch weniger die seelische Lösung von Schack nicht vor sich. In Wirklichkeit wächst die Erbitterung in ihm noch, vermutlich in Wahrheit sogar noch weit stärker, als dies aus den Briefen an die Mutter entgegentritt, die in dieser Beziehung - wie schon früher manchmal - nicht auf seiner Seite steht. Schon am 18. März 1866 klagt er über die noch an v. Schack zu liefernden Arbeiten: "Der Gram, daß nun diese Bilder wieder nach München müssen, frißt mir innerlich herum" 8 ), und daneben beherrscht ihn - eine seltsame Seelische Dissonanz - eine wahre Sehnsucht nach der Antwort v. Schacks, so daß sich bis zu ihrer Ankunft mit Brief der Mutter vom 27. April 1866 durch eine große Reihe der Schreiben der Gedanke an diese Antwort zieht. Gegensätzlich ist auch die Bemerkung zur Mutter im Briefe: Rom, 30. März 1866: "Daß ich mich bei aller Dankbarkeit aus den Schackschen Verbindlichkeiten heraussehne, ist ja natürlich, doch werde ich nicht so dumm sein, sie nicht vorderhand beizubehalten" 9 ).

v. Schack hat inzwischen der Mutter die Antwort auf Anselms Brief vom 6. März zukommen lassen, in der Hauptsache nur kurz und nebensächlich; er schreibt am 20. April 1866: "Die darin herrschende Verwirrung wird Ihnen sogleich auffallen, auch brauche ich die faktischen Unrichtigkeiten, die er enthält, nicht hervorzuheben." Er erklärt sich bereit, eventuell weitere Bestellungen bei Feuerbach zu machen, "aber auf das ,Symposion' in der Größe von 18 Fuß kann ich mich überhaupt nicht einlassen (weil ich keinen


7) Ein Vermächtnis, S. 90 f.
8) Briefe, II, S. 156.
9) Briefe, II, S. 158.
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Platz habe, um es aufzustellen 10 ) am wenigsten aber unter den aufgestellten Bedingungen, welche unter dem Scheine, als seien sie leichter, in der Tat noch größere Anforderungen an mich stellen, als die im vorigen Jahre gemachten" 11 ).

Henriette Feuerbach antwortet darauf einerseits v. Schack unter dem 21. April 1866 mit Worten der Vermittlung und Versöhnung: "Anselm lebt in einer Atmosphäre der Künstlerillusionen, die die Wirklichkeit, auch die schwerste und härteste, nicht hat zerstören können. Er sieht die Bedeutung seines künstlerischen Schaffens von innen heraus in einem ganz anderen Lichte als das äußerlich überschauende und urteilende Verständnis, welchem er in seinem brennenden Arbeitsdrang gegenübersteht. Ich kann ihn nicht schelten, daß sein "Symposion" seine Seele erfüllt. Er wäre kein Künstler, wenn seine Ideen in der Phantasie sich dem Maße des Gegebenen fügen würden. In der Wirklichkeit müssen sie es ja doch. Wollte Gott, er könnte sein Talent in einem großen Werke bezeugen! Darin ist er drei Jahrhunderte zu spät auf die Welt gekommen. - Zürnen Sie ihm deshalb nicht, sondern bedauern Sie ihn. Solche Entsagungsschmerzen sind die empfindlichsten, denn sie lassen einen dauernden Schaden zurück. - Was Anselms Irrtum Ihnen gegenüber betrifft, so handelt es sich hier um dieselbe Illusion in anderer Form. Sie sind vollkommen berechtigt, das Anforderung zu nennen, was er in dem Gefühl seines Künstlerberufs als Vorschlag und Anerbieten Ihnen entgegen bringt. Das Wort "Übereinkunft" ist zu übersetzen: "Im Vertrauen auf das bisherige Verhältnis". Für solche Übereilung kann ich nur Ihre Verzeihung erbitten. Möchten Sie nicht allzu bitter den naiven Glauben tadeln, den zu zerstören ja völlig in Ihrer freien Macht liegt. - Ich hoffe, Anselms Bilder werden so gut sein, daß sie Sie nicht veranlassen, Ihre Hand von ihm abzuziehen. Wäre dies aber auch der Fall, so glauben Sie, daß weder ich noch mein Sohn je auch nur


10) Die erste Fassung des "Gastmahls des Plato" hat die Abmessungen von 3:6 Metern, die zweite ist sogar 4,00:7,50 Meter groß. In seinen Briefen an Hedwig Dragendorff in Rostock klagt v. Schack wiederholt über die fehlende Unterbringungsmöglichkeit bei Neuerwerbungen. Die spätere Schack-Galerie wurde, nachdem in den 60er Jahren am alten Hause ein Erweiterungsbau vorgenommen war, erst 1871 - 1874 von Lorenz Gedon (1843 - 1883) erbaut.
11) Allgeyer, II, S. 480.
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einen Augenblick vergessen werden, daß Sie in der schlimmsten Zeit sein Retter geworden sind" 12 ). Andrerseits gibt sie v. Schacks Antwort dem Sohne weiter, der ihr darauf unter dem 27. April 1866 schreibt:

"Meinen letzten Brief wirst Du erhalten haben, ich Deinen mit Schacks Antwort. Ich habe nichts Besseres erwartet und mich gar nicht alteriert, ich weiß schon lange, daß es eitle Mühe ist, die Menschen sich größer zu denken, als sie sind" 13 ).

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 4. September 1866.   

Geehrtester Herr Baron!

Ich erwidere Ihren gütigen Brief erst heute, weil ich den Abschluß meiner Verhandlung mit Herrn Allgeyer abwarten wollte, um Ihnen zugleich mit dem Dank für Ihre gütige Sendung definitive Antwort wegen der Photographienangelegenheit sagen zu können.

Allgeyer tritt gern und willig zurück ohne Groll und Bitterkeit. Er freut sich, daß Anselms Ruf durch Herrn Hanfstängl mehr gefördert wird, als ihm selbst dies möglich gewesen wäre. Somit ist diese Sache erledigt. Herr Hanfstängl 1 ) hat indes an mich geschrieben, und ich trage meine Antwort zugleich mit dem gegenwärtigen Briefe zur Post. Außerordentlich dankbar bin ich für Ihren Rat wegen der Procente. Herr Hanfstängl hat in seinem Briefe diesen Teil des Geschäftes gar nicht erwähnt. Ich setze nun die von Ihnen mir angegebene Bedingung fest und bitte zugleich um ein Freiexemplar von Anselms Bildern. Allgeyer hat mich beschworen, ich sollte auf Kontrolle dringen, was ich aber zunächst auf keinen Fall tun werde, da ich gar nicht weiß, wie das zu machen wäre, und ich glaube, daß man sich in dieser Hinsicht wohl auf die Rechtlichkeit des Herrn Hanfstängl wird verlassen müssen. Indes werde ich für Anselms eigenes Wort noch Raum lassen, und dann ist ja noch immer Zeit, das Nötige zu bestimmen. Nach Rom habe ich Ihr gütiges Schreiben und Herrn Hanfstängls Brief in Abschrift geschickt. Die ganze Sache


12) Das Schreiben hat sich nur im Entwurf erhalten und ist abgedruckt bei Allgeyer, II, S. 481 und bei Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, S. 255 ff.
13) Briefe, II, S. 167.
1) Kunstverleger in München.
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kommt mir höchst günstig und erfreulich vor sowohl für die einzelnen als auch im allgemeinen, weil dies die einzige Art ist, der Welt zum Trost die Kunst zu erhalten 2 ). Der Segen Ihres Werkes, der sich fort und fort lebendig entwickeln wird.

Anliegend die Quittung mit dem herzlichsten und besten Dank.

Mit der wärmsten Hochachtung

Henriette Feuerbach.   

 

Die Mutter ist von ihres Sohnes Beständigkeit nicht voll überzeugt; sie greift am 8. Oktober 1866 wieder bestimmend ein und sucht das Verhältnis in genau derselben Weise, wie es früher gewesen, wiederherzustellen; sie bietet "Medeas Abschied", "Lesbia mit dem Vogel" sowie die "Idylle aus Tivoli" an und hat damit Erfolg.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Mittwoch, 8. October 1866.   

Geehrtester Herr Baron!

Ich war eben im Begriffe, Ihnen zu schreiben, als Ihr gefälliges Schreiben eintraf.

Herr Hanfstängl hat mir auf mein Verlangen der 25 pct. geantwortet, daß er lieber die Sache aufgeben würde, als auf diese Forderung eingehen, die ihm offenbaren Schaden zufügen würde. Er hätte mit Herrn Lenbach auf 10 pct. accordiert, und das sei das Äußerste, was er auch meinem Sohne anbieten könne. Ich habe erwidert, daß ich im Namen meines Sohnes einstweilen auf dieselben Bedingungen, die er mit Herrn Lenbach abgeschlossen, eingehen wolle, bis mein Sohn spätestens im Frühling hierher käme und sich mit ihm persönlich verständigen könnte.

Nun ist Anselm seit drei Tagen hier - ganz unerwartet angekommen. Er will zunächst nach Berlin und dann nach


2) Der in Feuerbachs Briefen immer wieder auftauchende Wunsch nach photographischen Reproduktionen seiner Werke hatte in einem Brief an die Mutter, Rom, 4. Januar 1866 (Briefe, II, S. 149) folgenden Ausdruck gefunden: "Wenn heute ein photographisches Werk vorhanden wäre meiner sämtlichen Werke, die dadurch Verbreitung hätten, so stünde mein Ruf in ganz Europa da, das weiß ich, und ich hätte Ehre und Geld, und alle Gemütsalterationen, die mich ruinieren, wären wie Streu verschwunden, es fehlt mir der Anwalt, dessen Interesse es nicht ist, mich in der Verborgenheit zu halten" - ein Seitenhieb auf die Schacksche Privatgalerie, der mehrfach in Feuerbachs Äußerungen wiederkehrt.
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München, um Ihnen seine mitgebrachten Sachen selbst vorzulegen. In Beziehung auf Hanfstengl scheint ihm allerdings die Controle am Herzen zu liegen. Er sagt, die Blätter müßten durch eine Vertrauensperson gestempelt werden. Sie sind sehr gütig und freundlich, daß Sie diese Sache selbst übernehmen wollen, die Ihnen vielleicht Mühe und Verdruß machen wird. Könnte man dies Geschäft nicht einem zuverlässigen Geschäftsmann übertragen?

Anselm hat sehr schöne Sachen mitgebracht. - Außer dem umcomponierten Gastmahl: einen schlafenden Anakreon, dem Frauen einen Lorbeerkranz in der Laube aufsetzen. Anselm hält die Composition geeignet für ein kleines feines Kabinetstück. Viel bedeutender - ja ich darf wohl sagen, von wunderbarer und großartiger Wirkung ist ein Abschied der Medea. Meeresstrand mit Felsen (nach der Natur in Porto d'Anzio), 7 Ruderknechte, die das Schiff ins Meer schieben, Medea im Mondlicht unheimlich und düster mit den Kindern am Strande wartend; in der Ferne eine in Trauer versenkte verhüllte Dienerin, am Wege sitzend. Ich glaube, daß die Einfachheit und Gewalt der Darstellung einzig und ergreifend ist und wirken muß 1 ). Weiter hat Anselm eine Lesbia mit dem Vogel 2 ) von großer Anmut und Lieblichkeit, Kniestück, Lebensgröße. (Die Medea ist auf halb Lebensgröße berechnet.) Dann eine Idylle in einer Tivoligrotte 3 ).


1) Das Gemälde (Uhde-Bernays: Feuerbach. Nr. 293 u. Abb. 259) wurde von Schack bestellt auf Grund eines Verpflichtungsscheins Feuerbachs vom 28. Nov. 1866 (siehe S. 152), ist aber nicht an ihn geliefert worden. Es wurde erst 1870 vollendet und kam 1879 durch Ankauf König Ludwigs II. von Bayern in die Neue Pinakothek zu München (Ein Vermächtnis S. 141).
2) Vollendet 1868, kam ins Eigentum von Dr. Lobstein in Heidelberg und dann (nach Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 288 und Heliogravüre VI) in den Berliner Kunsthandel.
3) (1868). Schack-Galerie, 1938, Nr. 41; Justi, S. 29; Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 285. Dies Angebot steht teilweise im Widerspruch zu Henriette Feuerbachs Schreiben an Jul. Allgeyer vom 1. Dez. 1866 nach einem Besuch der Münchener Schack-Galerie: "Von seinen Bildern hat mir nur die Pietà einen großen Eindruck gemacht. Er geht in dieser Genremanier zu Grunde, wenn er nicht würdigere Aufgaben bekommt. Darüber bin ich mir ganz klar - leider er auch" (Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, S. 258). Das angebotene "Ricordo" ist bereits eine zweite Fassung; die erste vom Jahre 1867 kam aus dem Besitz Dr. Conrad Fiedlers in München in die National-Galerie zu Berlin (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 279 und Abbildung 236).
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Dies sind ohngefähr die Hauptsachen, und ich wage zu sagen, daß Sie Freude und Gefallen daran haben werden. Ich meine, es ist das Beste, was ich von Anselm gesehen habe, obgleich es nur flüchtige Aquarellskizzen sind.

Daß ich halb und halb vorhabe, mit Anselm in München zusammenzutreffen, getraue ich mir kaum auszusprechen aus Furcht, daß wieder etwas dazwischen kommen möchte.

Herzlich wünsche ich, daß diese Zeilen Sie in heimatlicher Behaglichkeit und Heiterkeit treffen möchten. Anselm empfiehlt sich Ihnen durch mich zu freundlichem Empfang nach einigen Wochen.

Mit der wärmsten Hochachtung           
Henriette Feuerbach.  

 

v. Schack stellt das Sachliche über das Persönliche: er gibt Auftrag zu "Medeas Abschied" und dem "Idyll von Tivoli" 1 ) und Anselm Feuerbach stellt unter Aufgabe aller seiner Grundsätze den nachstehenden Verpflichtungsschein aus.

Ich verpflichte mich hierdurch, zwei Oelgemälde - Medea's Abfahrt in halber Lebensgröße und Ein Mädchen mit einem singenden Knaben in voller Lebensgröße - nach den vorgelegten Skizzen für 3500 Gulden auszuführen. Abschläglich hierauf habe ich schon dreihundert Gulden erhalten.

München, den 28. November 1866.
Anselm Feuerbach.            


1) Allgeyer, der den ganzen Fall Feuerbach-v. Schack einseitig vom Standpunkt seines bewunderten Künstler-Freundes beurteilt, ist nicht bekannt, daß Feuerbach am 28. November 1866 einen einheitlichen Verpflichtungsschein für die Lieferung von "Medeas Abschied" und dem "Ricordo di Tivoli" unterzeichnet hat; seine Angaben von einer finanziellen Streitigkeit zwischen Künstler und Besteller, die dann später im Hinblick auf die angebliche Zurücknahme der Bestellung der "Medea" durch eine Nachlieferung des "Ricordo" ausgeglichen seien, ist also nicht in vollem Umfange richtig (Allgeyer, II S. 62 f.). Allerdings lagen beim Abbruch des Verhältnisses in der Rechnungsführung der Mutter einige Unstimmigkeiten vor, die v. Schack unter Hinweis auf die nicht erfolgte Lieferung der "Medea" in seinem Briefe vom Dezember 1868 berichtigte (Vergl. S. 162). Dabei verwechselt Allgeyer (II S. 63 und 158) auch den "Abschied der Medea" (jetzt in der Neuen Pinakothek zu München) mit "Medeas Flucht" (Medea einen Knaben an der Hand führend); jetzt als nur untermaltes Gemälde in der National-Galerie zu Berlin.
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Trotz Feuerbachs Einstellung gegen v. Schack hat doch die Auftragerteilung zunächst die seelische Spannung des Künstlers gelöst, denn schon 4 Wochen später, Rom, Weihnachtstag 1866, schreibt er seiner Mutter 1 ): "Übermorgen beginne ich die "Medea" und nach der Untermalung derselben das "Ricordo" ganz frisch auf neuer Leinewand ... Sodann kannst Du Herrn von Schack gelegentlich sagen, daß ich keinerlei Übereilung dulde..."

Doch diese Stimmung ist nur von kurzer Dauer; schon am 31. Dezember 1866 schreibt er der Mutter:

"Die Schackschen Sachen werde ich mäßig weiterfördern, ohne Hast, möchten es die letzten sein!" 2 ), und weiter Rom, 1. Februar 1867: "Wenn ich nicht befürchtet hätte, Dich zu kompromittieren oder unpolitisch zu handeln, so hätte ich schon jetzt mit Herrn v. Schack abgeschnitten, das ewige Rücksichtnehmen und doch Sichärgernmüssen und Zukurzdabeifahren muß nun sein Ende erreichen. Ich werde keine Dummheit begehen, aber, da er nicht Wort hält, so könnte es diesmal sein, daß auch ich meines nicht halte .. Ich muß mit Herrn v. Schack auf höfliche Weise loskommen, es wird alles werden, liebe Mutter, und rasch" 3 ).

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 1. Mai 67.   

Geehrtester Herr Baron!

Ich war seit längerer Zeit ziemlich unwohl an einer bösen Grippe, was freilich keine Entschuldigung, sondern nur eine Erklärung meiner Saumseligkeit ist. - Verzeihen Sie mir gütigst. Es soll nie wieder geschehen.

Was Herrn Hanfstengl betrifft, so scheinen sich meine früheren Erfahrungen zu realisieren, die ich längst im Gedächtnis bei Seite gelegt hatte. Vor mehreren Tagen, als Anselm in München war, machte Herr H. eine Aufnahme seines Portraits für das Künstleralbum, was Anselm für frei annahm, nebst einem Blatt, welches er mir überließ. - Damals sagte er, Herr Hanfstengl würde Abdrücke für 4 fl. machen (die schon


1) Briefe, II, S. 184.
2) Briefe, II, S. 187.
3) Briefe, II, S. 188.
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unerhört teuer für die Größe des Bildes gewesen wären). Da die Verwandten in Nürnberg es wünschten, bestellte ich noch drei Abdrücke, die dann auch mit einer Rechnung von 43 fl. ankamen - für die "Aufnahme" 22 fl., für jedes einzelne Blatt (Großquart) 7 fl. - Auf meine Einsprache hat H. nicht geantwortet, sondern Wechsel geschickt - schließlich habe ich die Rechnung natürlich bezahlt, konnte die Geschichte aber doch lange nicht verschmerzen. An Allgeyer will ich sogleich schreiben und ihm das Ergebnis alsogleich mitteilen.

Von Anselm habe ich wenige, aber heitere Nachrichten. Er schreibt nur, daß er dämonisch fleißig sei 1 ).

Indem ich nochmals herzlichst um Vergebung bitte, mit wärmster Hochachtung Ihre ergebene

Henriette Feuerbach.     

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 19. Dezember 67.   

Geehrtester Herr Baron!

Mein Dank für Ihre gütige herrliche Sendung kommt spät. Verzeihen Sie. Es ist nicht meine Schuld. Ich war an einer Halsentzündung ziemlich krank, und das Paket blieb liegen, bis ich wieder fähig ward, mich um meine Angelegenheiten zu bekümmern. Ihre Güte hat mich sehr gerührt, und die schönen Blätter machen mir Freude, mehr als ich heute auszusprechen vermag. Auch Anselm wird sich freuen, seine Arbeiten so gut beisammen zu haben. Ich sage Ihnen in unser beider Namen den allerherzlichsten Dank.

Anselm ist, so viel ich weiß, im Begriff, die Singenden Kinder, welche fertig sind, an Sie abzusenden 1 ). Die "Medea" meinte er im Laufe des Januar zu Ende zu bringen. Die Untermalung des lange ersehnten und geträumten Gastmahls, das nun Wirklichkeit wird, hat ihn aufgehalten und auch, wie ich glaube, die politischen Ereignisse, die eine ruhige Arbeitstimmung nicht aufkommen ließen.


1) Brief an die Mutter, Rom, 22. März 1867 (Briefe, II, S. 192): "Ich habe in letzter Zeit eine daemonische Tätigkeit als Mensch und Künstler entfaltet".
1) Es handelt sich um das "Ricordo di Tivoli", dem v. Schack dann die Bezeichnung "Idylle von Tivoli" gegeben hat (v. Schack: Meine Gemäldesammlung, S. 119).
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Ich werde Ihm morgen schreiben und um genaue Auskunft über Ihre Bilder bitten und dann die Antwort ungesäumt an Sie gelangen lassen.

Entschuldigen sie, geehrter Herr Baron, den schlechten Brief, und möchten Ihnen die Feiertage, die Sie mir durch Ihr Geschenk so schön erhellt haben, auch Ihnen freundlich sein.

Anselm hat diesen Sommer das Portrait meiner Freundin Charlotte Kestner in Basel gemalt, welches sehr schön geworden ist 2 ). Nebenbei ist die vollkommene Versöhnung mit Böcklin zu Stand gekommen, was mich sehr freut 3 ).

Leben Sie wohl, geehrter Herr Baron, und verzeihen Sie meine Saumseligkeit.

Mit aufrichtigster Hochachtung            
Henriette Feuerbach.   

 

Aber bald flammt Feuerbachs Erbitterung gegen seinen Auftraggeber wieder auf, als letzterer - nicht mit Unrecht, denn seit Abschluß des Vertrages und der Aushändigung der Anzahlung sind bereits 15 Monate verflossen und Feuerbach hatte schon am 1. Februar 1867 der Mutter geschrieben: "Das eine "Ricordo" steht da, aber ich kann mich nicht entschließen, es abzusenden, es geht mir wider die Natur" 1 ) - an die Ausführung und Ablieferung des "Ricordo di Tivoli" mahnt. Feuerbach schreibt, Rom, 23. März 1868 der Mutter: " .. nur manchmal komme ich über die ewige Trödelei der Verhältnisse in eine so chargierte Rage, die mich einmal unversehens ins bessere Leben befördern wird, wie neulich, als ich am "Symposion" weitermalen will und mich dieser orien-


2) Das Bildnis der Charlotte Kestner, 1867 in Basel gemalt, wurde Eigentum der Familie Merian-Burckhardt in Basel (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 283 u. Abb. 250). Auch hierbei hat es Konflikte gegeben, denn Feuerbach schreibt der Mutter, Rom, 8. Nov. 1867 (Briefe, II. S. 195): "In der Kestnersache ist es unter meiner Würde, auch nur ein Wort zu verlieren; sollte ich die Geduld verlieren, so schicke ich Ihr persönlich einige Nägel zum Sarge, die schon bereit liegen. Überhaupt wird's jetzt bald Funken geben, und ich bin des lästigen Maskentragens satt".
3) "Briefe an die Mutter", bringen über diese Aussöhnung nichts, vielmehr wird darin Böcklin zum letzten Male am Neujahrstage 1864 erwähnt.
1) Briefe, II, S. 190.
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talische Blechritter, der Schack, .... an das "Ricordo" mahnt, wo ich also wieder da mich anstrengen muß" 2 ), und noch heftiger am nächstfolgenden Tage: "Ich habe das "Ricordo" für Schack glänzend herausgerissen, also auch dieses abgemacht. Ich glaube, daß es das letzte mal ist, daß dieser trübe orientalische Perlenfischer mein Meer befährt" 3 ).

Die Mutter ist aufs tiefste erregt; noch einmal versucht sie auszugleichen und schreibt dem erzürnten Mäzen:

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Frankfurt, Ostersamstag.   
(11. April 1868).        

Geehrtester Herr Baron!

Ihr geehrtes Schreiben wurde mir hierher nachgeschickt, wo ich über den Charfreitag mich aufhielt, um meine Passion - die Matthäuspassion von Bach zu hören.

Es befremdet mich sehr, daß Sie keinen Brief von meinem Sohn erhalten haben, da er mir doch schrieb, er hätte Ihnen geschrieben, und daß er auf Ihre Mahnung augenblicklich alles hätte liegen und stehen lassen, um letzte Hand an die "Singenden Kinder" zu legen, die nun fertig seien.

Ich komme morgen nach Hause und will dann gleich Ihren Brief im Original nach Rom schicken.

Ich muß sehr bedauern, daß Anselm sich lässig gezeigt hat, und fürchte, daß um des "Gastmahls" willen noch manches hat zurückstehen müssen, Mein Sohn hat sich so heftig angestrengt und aufgeregt mit dem großen Bilde, daß er bedenklich krank geworden ist. Seit 6 Wochen aber hat er es ganz in Ruhe gelassen, da die Untermalung vollendet ist. Die "Kinder" aber waren, glaube ich, schon um Neujahr bis auf die letzte Hand vollendet.

So bitte ich herzlich um Verzeihung in Anselms Namen. Er wird jetzt gewiß alles tun, um Ihre Wünsche zu befriedigen.

In der aufrichtigsten Hochachtung, eiligst

Ihre ergebenste         
Henriette Feuerbach.   


2) Briefe, II, S. 208.
3) Briefe, II, S. 209.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 11. September 68.   

Geehrtester Herr Baron!

Werden Sie mir gütigst eine Frage erlauben?

Ich bin unruhig, ob das im April von Rom aus an Sie abgesandte Bild meines Sohnes auch wirklich angekommen und ob Sie es zu Ihrer Zufriedenheit vorgefunden haben. Anselm hat es vor seiner Abreise hierher spediert, und es müßte also bald, nachdem Sie, geehrter Herr Baron, nach Spanien abgingen, eingetroffen sein 1 ).

Mein Sohn ist vor vierzehn Tagen bereits wieder nach Rom fort. Seine begonnenen Arbeiten haben ihm keine Ruhe gelassen, und Heidelberg war diesesmal nur eine kleine Villegiatur. Freilich ist die Reise dafür etwas weit, doch ist er auch 10 Tage in Dresden gewesen, wo es ihm ausnehmend gut ging.

Ich füge nichts hinzu, weil ich nicht sicher wissen kann, ob meine Zeilen Sie in München treffen.

In steter getreulicher Hochachtung und Dankbarkeit

Henriette Feuerbach.      

 

Die latente Katastrophe wird jetzt offenbar: alles, was die Mutter aufgebaut zu haben hofft, fällt in Trümmer, und der Sohn schreibt ihr, wiederum alles Peinliche und Unbequeme der Mutter zuschiebend, aus Rom, den 16. October 1868: "Sollte von Schack nichts oder Unangenehmes kommen, so verschone mich damit, und Du übergehe es mit Stillschweigen, ich will nichts mehr hören" 1 ). In diese Stimmung fällt ein Brief v. Schacks an die Mutter vom 22. Oct. 1868, in dem der an sich schon verärgerte Sammler seiner Kritik an dem "im Laufe des Sommers eingetroffenen" Ricordo-Gemälde Ausdruck gibt: "Dasselbe gehört zu seinen besseren Bildern und würde sogar, wenn das Kolorit der reizvollen Komposition entspräche, zu seinen allerbesten gezählt werden müssen; aber in der Farbe leidet es wieder wie manche seiner anderen Arbeiten an einem kalten, ins Grünliche gehenden Ton .... Ich bitte Sie jedoch, das Gesagte nicht so


1) Es handelt sich um das "Ricordo di Tivoli".
1) Briefe, II. S. 219.
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aufzufassen, als ob ich mit dem Bilde unzufrieden wäre, im Gegenteil ist es mir lieb, dasselbe zu besitzen, nur glaubte ich, die erwähnte Schattenseite nicht verschweigen zu dürfen" 2 ). Henriette Feuerbach ist aufs tiefste bekümmert, und das um so mehr, als sie aus ihrer genauen Kenntnis der mehr genialen als praktischen Lebensäußerungen des Sohnes und aus Gesprächen mit ihm nicht den Eindruck gewonnen hat, daß er - zum mindesten nicht in absehbarer Zeit - die von ihm vor fast genau zwei Jahren eingegangene Verpflichtung auf Lieferung des Gemäldes "Medeas Abschied" einhalten wird. Dies ist für sie um so niederdrückender, als sie ja mit Jos. Victor Scheffel ein Abkommen zur Schuldentilgung getroffen hat, das in erster Linie auf dem Kaufpreise für "Medea" und "Ricordo" gegründet ist; sie sieht also, daß durch den Vertragsbruch auch Scheffel in Mitleidenschaft gezogen werden wird 3 ). Vor allem aber in der Erkenntnis von des Sohnes Wesen und seiner Denkweise dem Retter und langjährigen Gönner gegenüber ist ihre Mutterliebe aufs tiefste getroffen, und so kommt es zu dem schönen Mutterbriefe, in dem sie blutenden Herzens von dem Sohne abrückt, nicht ohne auch diesmal noch ein versöhnendes, vermittelndes Wort zu finden. Dabei ist es nur ein Irrtum, wenn die Mutter Werke des Sohnes als unterwegs und damit als vollendet bezeichnet, die in Wirklichkeit noch vor der Vollendung stehen. Denn weder der "Orpheus" noch das "Symposion" waren trotz Feuerbachs Ankündigung vom 13. November unterwegs, sondern befanden sich nach dem Schreiben an die Mutter vom 28. December 1868 noch in Rom, wobei das erstere als vollendet gemeldet wird ("doch schicke ich es nicht vorderhand"), während das "Symposion" erst Ende Januar fertig werden soll 4 ).


2) Allgeyer, II, S. 482, irrt, wenn er dies Gemälde mit "Hafis" identifiziert, das bereits am 15. Mai 1866 mit dem "Familienbild" von Rom abgesandt war (Briefe, II. S. 170). In Wirklichkeit tritt der von Schack beanstandete grünliche Ton zu allererst im "Ricordo" auf, wie Allgeyer, II, S. 63 nachweist. Der Sammler nennt denn auch in seinem Schreiben vom Dec. 1868 (siehe S. 162) unter den von ihm zur Rückgabe angebotenen Werken keineswegs "Hafis", wohl aber unter besonderer Betonung ("mit Freuden") das "Ricordo".
3) Siehe S. 101.
4) Briefe, II, S. 225.
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Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Heidelberg, 24. November 68.   

Verzeihen Sie, geehrtester Herr Baron, daß ich Ihre gütige Brief- und Katalogsendung erst heute beantworte. Ich war beinahe vier Wochen in Nürnberg unter steter Angst und Sorge um einen nahe verwandten Kranken; und dann nach meiner Rückkehr bin ich selbst unwohl geworden und erhole mich nur nach und nach.

Indem ich Ihnen vorerst den herzlichsten Dank ausspreche für das Gemäldeverzeichnis, welches mich durch seine Bereicherung sehr interessierte, komme ich in zweiter Linie auf Ihren Brief, welcher die Ankunft von Anselms Bild meldet. Ich bin natürlich sehr betrübt, daß es nicht ganz nach Ihrem Wunsche ist. Leider ist mein tiefes Bedauern das einzige, was ich darüber sagen kann, denn Sie werden wohl glauben, daß ich meinem Sohne in künstlerischen Dingen nichts einreden kann. Er ist in so großer, fast fieberhafter Tätigkeit, daß es mich fast mit Sorge erfüllt. Er achtet es an der Zeit, mit aller Anstrengung die höchste Palme zu erringen und zugleich eine gesicherte Zukunft für seine künftigen Jahre zu gewinnen.

Ich fürchte, daß er die Medea nicht mit der Pünktlichkeit fertig machen wird, welche ich wünschte. Bei seinem letzten Hiersein erklärte er mir nach langem Hin- und Herreden, daß das Bild den doppelten Wert des Preises hätte, um welches er es versprochen, und daß er um seiner Existenz willen nebenher arbeiten müsse, was er nur immer erreichen könne, um so viel zurückzulegen, daß er in einigen Jahren durch den Besitz eines kleinen Vermögens Existenzsicherheit erworben habe. Es sind denn auch vier Bilder unterwegs, die nach Köln, Hamburg und Bremen gehen. Der Orpheus 1 ) kommt nach Dresden, das Symposion nach Berlin. Er hofft, durch diese Gesamtbeschickung seinen Namen auf die Höhe zu bringen, nach der er strebt - ob mit oder ohne Recht, das wage ich nicht zu bestimmen.

Nach alter Gewohnheit und im Vertrauen auf Ihr gütiges richtiges Verständnis sage ich Ihnen die Wahrheit bis in die letzten Consequenzen. Ich mag meinen Sohn weder anklagen noch entschuldigen. Es ist nun einmal so. Erreicht er sein Ziel, so wird man sagen, daß er recht hatte, im Gegenteil wer-


1) Jetzt in der Österreichischen Galerie in Wien (Uhde-Bernays: Feuerbach, Nr. 289 und Abbildung 256).
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den ihm die Flügel schmelzen, wie es so vielen andern vor ihm geschehen ist und nach ihm geschehen ist (!) Ich muß zusehen, es geschehen lassen und kann nichts tun als mittelbar durch geistige und körperliche Pflege wohltuend auf ihn einzuwirken suchen.

Nicht wahr, Sie zürnen mir nicht über diesen Brief? Ich bin unschuldig. Läge es an mir, Sie sollten die schönsten Meisterwerke haben, ohne einen Gedanken an hohen oder niederen Preis, weil ich fühle, daß unsere Dankbarkeit nie groß genug sein kann - aber ich bin machtlos dem künstlerischen Schaffen meines Sohnes gegenüber.

Sie dürfen glauben, daß mir dieser Brief sehr schwer geworden ist, und ich hätte wohl auch früher geschrieben, wenn es nicht so gewesen wäre.

Haben Sie Nachsicht! Ich glaube, wenn diese Schaffperiode erst überstanden ist, so wird Anselm sich über manches beruhigen, was ihn jetzt so sehr quält, und dann auch in manchem anders handeln, als er es jetzt tut.

Noch einmal bitte ich um Entschuldigung für alles äußerliche und innerliche Ungenügende dieses Briefes.

Mit aufrichtigster Hochachtung und Dankbarkeit

Ihre ergebene      
Henriette Feuerbach.  

 

Dennoch versucht die Mutter noch einmal in rein geschäftsmäßiger Weise den Bruch zu kitten: sie bietet dem Sammler anstelle der nicht fertiggestellten "Medea" ein Vorkaufsrecht auf die in Deutschland befindlichen Werke des Sohnes an, ja, sie greift zu dem letzten, bedenklichsten Mittel, v. Schacks angebliche Neigung zum Billigkaufen auszunutzen und ihm sogar Preisermäßigungen in Aussicht zu stellen. Dies nicht nur hinter dem Rücken des Sohnes, sondern ganz im Gegensatz zu dessen Absichten und Hoffnungen. Hatte er ihr doch erst am 13. November 1868 gerade zu den damals bevorstehenden Deutschland-Sendungen erklärt: "Ende November kommen vier Bilder (ich habe noch ein Frühlingsbild gemalt). Ich bitte inständig, lasse alle Lumpereien fahren und sei ein gewandter Agent meiner Sache. Die Arbeiten sind tadellos und dieses Jahr will ich reich werden .... Wenn Du diese Bilder siehst, so wird es Dich wie ein Hauch des Genius berühren, und überhaupt wird

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es manchem klar werden, warum ich auf der Welt bin ..... "Frühlingsbild" 5000 Frank, "Lesbia" viertausend, "Bianca Capello" viertausend, die anderen drei jedes fünftausend, "Orpheus" viertausend Thaler usw" 1 ).

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

Ohne Ort und Zeit,         
(Heidelberg, nach dem 28. Nov. 1868).

Geehrtester Herr Baron!

Es sind mir von Rom vier bis fünf Bilder angemeldet, die über hier in die Welt gehen sollen. In der Allg. Ztg. 28. Nov. Beilage habe ich selbst erst die Gegenstände der Bilder erfahren. Außer dem Symposion und dem Orpheus werden sie alle über hier gehen. Da nun die Medea noch nicht fertig ist, so frage ich an, ob Sie, geehrter Herr Baron, vielleicht zu einem oder dem anderen der bezeichneten Bilder (bezeugte Nummer der Allg. Zt.) Lust tragen. In diesem Fall haben Sie die Vorhand, und glaube auch den Preis ermäßigen zu dürfen. Seit meinem letzten Brief habe ich gar keine Ruhe mehr gehabt.

Auch möchte ich Sie freundlichst bitten, in den Rechnungen nachzusehen. Ich bin nicht ganz mit den meinigen, d. h. ich weiß nicht recht, ob und was auf dem letzten Bilde noch steht. Anselm braucht es nicht - ich schreibe nicht deswegen. Aber ich muß Neujahr meine Rechnung für ihn schließen, deshalb möchte ich im Klaren sein.

Mit voller Hochachtung         
H. Feuerbach.   

Verzeihen Sie den eiligsten aller Zettel.

Der Artikel ist, glaube ich, von Prof. Holtzmann, der kürzlich in Rom war 1 ).

v. Schack ist über die Medea-Angelegenheit empört, auch wohl der ewigen Preis-Streitigkeiten müde, zumal allein er (in seiner Denkweise) das Recht hat, die Gemälde-Preise festzusetzen. Es darf daneben als selbstverständlich angenommen werden, daß ihm in der Feuerbach nicht wohlgesinnten Münchener Umwelt allerlei Äußerungen des in


1) Briefe, II, S. 220.
1) Adolf Holtzmann (1810 - 1870), Professor des Sanskrits und der deutschen Sprache in Heidelberg.
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dieser Hinsicht recht unvorsichtigen Künstlers zugetragen wurden, und somit hat sich auch bei ihm ein tüchtiges Maß von Verärgerung angesammelt, die in einem Briefe an Henriette Feuerbach explosiv zum Ausdruck kommt. Dieser wichtige Brief ist undatiert, muß aber Anfang December 1868 geschrieben sein, da er die Antwort auf den vorherigen Brief ist. Herr v. Schack schreibt in diesem für die Feuerbachsche Angelegenheit ausschlaggebenden Briefe: "Es war auf den ausdrücklichen Wunsch Ihres Sohne, daß ich seit Jahren so viele Gemälde, darunter auch zuletzt die Medea bei ihm bestellte; nur die Absicht, ihn auf seiner Künstlerlaufbahn zu fördern, leitete mich dabei, keineswegs aber das Verlangen nach dem Besitz so vieler Arbeiten von ihm, denn ein großer Teil der für mich gemalten Bilder war durchaus nicht so ausgefallen, daß sie mich zu neuen Bestellungen reizen konnten; mehrere von diesen Bildern habe ich überhaupt nur aus Rücksicht für Ihn und um ihn nicht wieder in eine mißliche Lage zu bringen, angenommen, während ihr Kunstwert so gering war, daß ich sie hätte zurückweisen müssen. - Unter diesen Umständen richtet sich das jetzige Benehmen Ihres Sohnes wohl von selbst; ich will mich nicht weiter darüber auslassen und bitte Sie nur, ihm in meinem Namen Folgendes mitzuteilen: Wenn er den Wert seiner Arbeiten so hoch anschlägt, wie Sie schreiben, so bin ich hierüber ganz anderer Meinung und werde mich vielmehr recht freuen, ihm einen großen Teil der für mich gemalten Bilder, namentlich das letzte 1 ), sodann "Romeo und Julia", die "Madonna" usw. für einen geringeren Preis, als ich dafür gezahlt, zurückzugeben; es wird ihm dann ja gewiß nicht fehlen, sie mindestens doppelt so teuer zu verkaufen, und es ist damit sowohl ihm wie mir gedient. - Was die zwei zuletzt bestellten Bilder, "Medea" und "Idylle aus Tivoli", betrifft 2 ), so war der Preis davon zusammen auf 3500 Gulden bestimmt. Von dieser Summe habe ich bereits 1300 Gulden bezahlt (worüber ich Quittungen aufbewahre), und ich kann die "Idylle aus Tivoli" allerhöchstens auf 1000 Gulden veranschlagen. Bin übrigens, wie gesagt, jeden Augenblick mit Freuden bereit, sie zurückzugeben. - Es tut mir leid, durch


1) Ricordo di Tivoli.
2) Noch am 31. Dec. 1867 rechnete v. Schack bestimmt mit der Lieferung von "Medeas Abschied" (Brief an Hedwig Dragendorff in Rostock, Abschrift im Geh. und Hauptarchiv).
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Ihre Mitteilungen zu den obigen Äußerungen genötigt worden zu sein, und ich füge hinzu, daß sich dieselben nur auf das Benehmen Ihres Sohnes beziehen, daß mir aber an der Vortrefflichkeit Ihrer Absichten nie ein Zweifel aufgestiegen ist. - Ihr gütiges Anerbieten wegen der vier bis fünf schon in der Allgemeinen Zeitung besprochenen Bilder, die Sie aus Rom erwarten, nehme ich mit Dank an. Ich möchte sehen, ob eines darunter ist, das ich statt der "Medea" wählen könnte, und bitte Sie, mir die Bilder mit Eilfracht hierher zu schicken, mir auch den Preis derselben anzugeben. Den Transport hierher und sodann von hier an den Bestimmungsort werde ich bezahlen" 3 ).

Damit ist das Ende da; es ist dies der letzte wichtige v. Schacksche Brief in Feuerbachscher Angelegenheit, denn der noch folgende vom 19. Dez. 1868 gibt der Mutter nur Anordnungen für die Expedierung der neuen Rom-Sendung, doch fügt v. Schack in sichtlicher Verärgerung noch den Satz hinzu: "Was das Verhalten Ihres Sohnes betrifft, so werden Sie es selbst nicht billigen; übrigens steht es ganz in seiner Macht, meine Meinung über ihn wieder in eine günstigere umzuwandeln" 4 ).

Und nun erhebt sich die Mutter zu ihrer ganzen seelischen Höhe: es kommt zu ihrem Schlußbriefe, offensichtlich in größter Aufregung und Pein geschrieben, ohne Angabe von Ort und Zeit. Die Mutter, die Jahr für Jahr nichts anderes tat, als auszugleichen, abzuschleifen, wiedereinzurenken, nimmt in rührendster Mutterliebe eine Schuld auf sich, die zu begehen sie die allerletzte gewesen wäre.

 

Henriette Feuerbach an Adolf Friedrich von Schack.

(Heidelberg, vermutlich December 1868).  

Geehrtester Herr Baron!

Ich habe Ihren Brief in ängstlicher Bewegung geöffnet. -Vergeben Sie, wenn ich nur mit wenigen Worten erwidere.

Mein Sohn hat die Ausführung der Medea nicht verweigert; nur verzögern will er sie. Der Grund ist, wie ich kürzlich von Augenzeugen hörte, hauptsächlich die Größe des angelegten Bildes, welche über die verabredeten Dimensionen hin-


3) Allgeyer, II. S. 483.
4) Allgeyer, II. S. 485.
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auszugehen scheint. Vielleicht mag dies auf einer Seite zu seiner Entschuldigung dienen, wenn es ihn auch auf der andern als Vorwurf trifft 1 ).

Was die früheren ungenügenden Bilder betrifft, so ist es seit lange im Stillen mein Wunsch, sie gegen bessere ausgetauscht zu wissen. Hätte ich das Vermögen, ich würde sie Ihnen ohne einen Moment Bedenken abnehmen. Da dies nicht der Fall ist, so muß ich in dieser Beziehung um Geduld bitten. Wenn es irgend in meiner Macht liegt, werde ich sorgen, diesem Übel abzuhelfen.

Noch wage ich zu bitten, meinen ungeschickten Brief in milderem Sinne auszulegen. Ich bin ja schließlich doch an Ihrer schlimmen Meinung von Anselm schuld. - Ich hätte schweigen oder eine Entschuldigung anstatt meiner rücksichtslosen Aufrichtigkeit bringen sollen. Nächstes Jahr wäre Anselm von selbst auf die Vollendung des Bildes verfallen und der Verzögerung wäre nicht mehr gedacht worden.

So ist es nun! Und für meinen Fehler bin ich genügend hart gestraft. Möchte die Zeit Ihren Unwillen mildern und möchten Sie glauben, daß ich noch nicht einen Moment die große Verpflichtung, die mein Sohn und ich mit ihm Ihnen schulde, aus dem Sinn verloren habe. Mein einziger Trost ist heute der Gedanke, daß doch vielleicht noch eine Zeit kommen könnte, in welcher es Ihnen, abgesehen von allen persönlichen Beziehungen, eine Freude und Befriedigung sein dürfte, dem Talente förderlich und hülfreich gewesen zu sein. Und Anselm ist nicht undankbar - wenn auch zuweilen rücksichtslos in egoistischer Künstlerleidenschaft.

Die Schuld des gegenwärtigen Mißverständnisses liegt an mir allein. Was ich vermitteln sollte, habe ich zer-


1) Die Angabe der Mutter ist zutreffend, denn kurz zuvor (Rom, 6. Dec. 1868) hat ihr der Sohn, allerdings unter Außerachtlassung des doch von ihm selbst unterzeichneten Verpflichtungsscheins vom 28. Nov. 1866 geschrieben: "Macht Schack einigermaßen erträgliche Preise, so kann ich dann noch vor meiner Reise die "Medea" vollenden, wo nicht, male ich noch zwei kleinere Bilder, die ich in Berlin verkaufe" (Briefe, II, S. 223). Fast noch peinlicher wird v. Schack, der ja kein Freund der monumentalen Maßstäbe seiner Beauftragten war, die hier auch von der Mutter angeführte, aber vermutlich schon vorher dem Besteller bekannt gewordene Tatsache empfunden haben, daß der Künstler über sein Angebot "halbe Lebensgröße" (vergl. S. 152) und seinen auf dies Angebot fußenden Verpflichtungsschein einfach hinweggegangen ist und in Wirklichkeit lebensgroß entworfen hat.
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rissen. In diesem Gefühle bitte ich Sie, meine heutigen Zeilen mit Nachsicht zu beurteilen, nach der Gesinnung, nicht nach dem Wortlaut.

Mit dem Ausdruck vollkommenster Hochachtung

Ihre ergebene            
Henriette Feuerbach.   

 

"Und Anselm ist nicht undankbar": Worte der Mutter, damals unwahr, von ihr selbst nicht geglaubt und nur dazu bestimmt, den tiefen Riß im Charakterbilde des heißgeliebten Stiefsohnes notdürftig zu übertünchen. In Wirklichkeit verschwindet der früher fast in jedem Briefe Feuerbachs an die Mutter genannte Name des Münchener Mäzens in dem Vierteltausend Briefe, die von jetzt an noch an die Mutter ergehen werden, sei es von Rom, Berlin, Wien oder Venedig. Nur zweimal noch taucht in ihnen der Gedanke an den Münchener Sammler auf, der einst das Leben des Künstlers in geordnete Bahnen lenkte, beide Male mit mißtönendem Klange 1 ), und erst in dem nach Anselm Feuerbachs Tode erschienenem "Vermächtnis" finden sich Ansätze einer gerechteren Würdigung 2 ).

Aber der Hauptleidtragende, v. Schack selbst? In seinem Werke "Meine Gemäldesammlung" findet er Worte höchster Anerkennung für den bereits Dahingeschiedenen, dessen verbittertes Naturell er verständnisvoll aus der ihm dauernd gewordenen Verhöhnung und Mißachtung durch die Mitwelt ableitet. Aber mehr als dem Künstler zollt v. Schack jener Frau seine Verehrung, "die, obgleich nur Stiefmutter des Verblichenen, ihm gewesen, was selten eine Mutter ihrem Sohne, die während seines ganzen Lebens mit aufopfernder Liebe und unter Entbehrungen aller Art ihm seine dornige


1) Rom, März 1870 (Briefe, II, S. 245): "Schack, Fiedler, die ganze Menagerie ist hier"; Berlin, 16. Mai 1874 (Briefe, II, S, 318): "Zugleich hat Schack den "Romeo" im Kunstverein ausgestellt, man kann eben nicht allen Affen, die Gottes Sonne bescheint, ins Gesicht spucken und ihnen die Rippen brechen."
2) Sofern nicht auch hier wie so oft im "Vermächtnis" eine Einfügung oder Milderung der Mutter als Bearbeiterin vorliegt. Sie selbst schreibt auf die Nachricht von der schweren Erkrankung v. Schacks am 23. Sept. 1886 an Emma Ribbeck: "Ich möchte ihm so gerne noch etwas Liebes erzeigen und weiß nicht, wie ich es anstellen soll" (Uhde-Bernays, Henriette Feuerbach, S. 433).
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Laufbahn geebnet hat, und der allein es verdankt wird, daß seine Kraft nicht schon viel früher unter dem Drucke der ungünstigen Verhältnisse erlegen ist. In noch höherem Sinn, als es der treffliche Künstler selbst war, verdient sie, eine Zierde der Nation zu heißen; denn vor der hohen Tugend, welche diese Frau gezeigt hat, erhebt sich selbst der Genius von seinem Thron, um ihr den ersten Platz einzuräumen" 3 ) 4 ).

 

Vignette

3) S. 100 - 125.
4) Nach einem Schreiben des Münchener Kunstschriftstellers Friedrich Pecht (1814 - 1903) an Henriette Feuerbach, München, 28. Nov. 1871 (Abschrift im Geh. u. Hauptarchiv), hatte die Mutter die Wiederaufnahme der Beziehungen zu v. Schack versucht, die bei diesem auf günstigen Boden fielen, aber nicht zu neuen Bilder-Ankäufen führten. Diese Tatsache wie auch der ganze hier veröffentlichte Briefwechsel widerstreitet der bei Uhde-Bernays: Henriette Feuerbach, S. 163, ausgesprochenen Vermutung, daß die Mutter aus ihrer Erkenntnis von dem "Zugrundegehen in dieser literarischen Genremanier" (vergl. S. 151, Anm. 3) "den Abbruch der Beziehungen (zu v. Schack) im stillen betrieb". Allerdings ist es erst durch die hier im Wortlaut veröffentlichten Briefe möglich geworden, die Stellung der Mutter im v. Schack-Konflikt klar zu erkennen.