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VII.

Über das Schicksal
des Techelschen Turms
auf dem alten Lübzer Schloß

von

Hugo Bernhardt

 

Vignette
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Im Jahre 1509 ließen die Herzöge Heinrich V und Albrecht VII. durch den Maurermeister Andreas Techel auf dem Schlosse zu Lübz einen neuen Turm bauen, 10 Fuß dick und 3 Ruten hoch, mit einem Gewölbe 1 ). Der Turm sollte im Laufe des Sommers fertig sein.

Es ist zunächst schon von Interesse, daß wir feststellen können, daß dieser Techelsche Turm wirklich aufgeführt ist. Das ergibt sich aus einem zweiten Vertrage der Herzöge Heinrich V. und Albrecht VII. mit dem Maurermeister Gerd Pantelitz über den Bau eines weiteren Turmes auf der Lübzer Burg vom 7. September 1511 2 ). Dieser pantelitzsche Turm sollte ebenso hoch wie der Techelsche werden, in der Stärke der Außenmauer aber diesen übertreffen. Er sollte "vyrtheyn vote dycke uth" und "negen vote dycke na der borch warth" betragen und im Innern 2 Fuß weiter sein als jener.

Man hielt nun noch in neuerer Zeit jenen Techelschen Turm und den noch heute vorhandenen Turm der früheren Burg für ein und denselben 3 ). Mit diesem Irrtum hat dann aber Schlie endgültig aufgeräumt und dem letzteren wegen des Übergangsstils, den er zeigt, ein höheres Alter zugesprochen. Er hätte dieses richtige Urteil auch unwidersprechlich mit den Maßen


1) Vertrag mit Techel, gedr. Jahrb. 8 B S. 137 -138
2) Der bisher noch nicht veröffentlichte Vertrag findet sich im Geh. u. Hauptarchiv Schwerin, Stadtakten Lübz, Turm und Wall, und lautet: "Wy Hinrick unde Albrecht, gebroder, von Gotts gnaden hertogen to Mekelenborch, fursten to Wenden, greven to Szwerin, Rostock unde Stargardt der lande heren, bekennen, dat wi mit Gerdt Pantelyssen von Rostock avereingekamen sint, dat hie uns einen torne to Luptze, dre roden hoch, vyrtheyen vote dycke uth, negen vote dycke na der borch warth unde twe vote inwendich wyder wen die ander torne, den meister Andreas Techell darsulvest gemuret hefft, upmuren unde up pinxsten negest volgende, wen mhen schriven werdt den weniger tall twelfe, den sulven torne to murende anfangen schole, wovor wi emhe soventtich gulden, vyf elen Hagenskes wandes unde mit synen knechten eten unde drinken geven willen. Darentjegen schal unde und will gedachte Pantelysse allen synen knechten, so hie to sulcker arbeit bedorven werdt, ore dachlon sulvest entrichten unde betalen. In crafft desses brefes, die getwyfechtiget, einen in unser cantzellien, die ander ermelten Pantelitzen mit unser fürsten eins torugge upgedruckeden pytzir besigelt unde geven to Szwerin, am sondage na Egidii, anno Domini etc. undecimo."
3) Raabe, Meckl. Vaterlandskunde (1857), S. 253 f.
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dieses Turmes begründen können; er ist nach der von Schlie abgedruckten Zingelmannschen Zeichnung dreimal so dick als der Techelsche Turm und enthält nicht ein, sondern fünf gewölbte Stockwerke 4 ).

Ebensowenig kann der letztere mit dem Pantelitzschen Turme verwechselt werden. Das verbieten ebenfalls die angegebenen Maße. Wir müssen also annehmen, daß im Anfang des 16. Jahrhunderts drei Türme auf der Lübzer Burg vorhanden waren, und dieser Annahme entspricht auch die Zeichnung auf der Karte der Fahrenhorst und der anliegenden Ortschaften

Zeichnung

von 1534 5 ), welche die Burg mit einem stattlichen Bergfrit, einem schlanken hohen Turme und einem anscheinend mit Schiefer gedeckten dritten Turme darstellt. Ob die in der Renterei-Rechnung unter dem 29. Juli 1558 erwähnte Zahlung Johann Albrechts I. an Maurermeister Hans (Parr) sich auf einen Neubau bezieht oder auf eine Reparatur oder einen Ausbau, läßt sich daraus nicht ersehen. Immerhin hat die Annahme Schlies sehr viel für sich, daß es sich um einen Neubau handelt, für den als letzte Rate 15 Tlr. entrichtet wurden 6 ). Mit


4) Schlie, Kunst- u. Gesch. - Denkm. IV, S. 534 ff.
5) Vgl. Bachmann, Die älteren mecklb. Städteansichten, Jahrb. 88, S. 163.
6) Schlie IV, S. 533.
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Sicherheit läßt sich aber aus dem Inventar von 1592 feststellen, daß damals drei Türme auf der Burg vorhanden waren: der blaue, der weiße und der Fangelturm, von denen jedenfalls heute nur der weiße Turm mit fünf Gewölben und einer eisernen, schloßfesten Tür mit dem mecklenburgischen Wappen übrig geblieben ist.

Wichtiger noch dürfte es sein, daß ich in der Ratsregistratur zu Lübz eine Karte von Overheiden und Bruchmann aus dem Jahre 1726 - 27 fand, in der die damals noch vorhandenen Gebäude der alten Burg ihrer Lage nach eingezeichnet sind,

Plan der Lübzer Burg aus der Karte von 1726. Gez. H. Bernhardt.

darunter der heutige Turm und zwei kleinere zwischen der Haupt- und Vorburg gelegene Türme.

Es bleibt aber auch dann noch die Frage, wann und wie der Abbruch der verschwundenen Türme erfolgte, auf die auch Schlie nicht eingegangen ist. Nun fand ich im Geh. und Haupt-Archiv zu Schwerin, Stadtakten Lübz, Turm und Wall, folgendes Schreiben der verwitweten Herzogin Anna vom 13. Febr. 1562 an Herzog Ulrich zu Güstrow:

"Was wir aus mütterlicher Lieb und Trewe vermügen zuvor. Hochgeborner Fürst, freundlicher geliebter Sohn! Wir haben aus E. L. Schreiben sowol des hochgebornen Fürsten, unsers freuntlichen lieben Sohns, Hertzog Johanß Albrechts zu Meckelnburg freuntlich vernohmen, das S. L., den hohen

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Thorm alhie E. L. zu Erbawunge des angefangenen newen Güstrowschen Hauses abbrechen zu lassen, freunt- und bruderlichen nachgegeben und bewilligt habt, bittend, wir wolten uns, whan wir solcher Abbrechung gewertig sein konten, gegen E. L. freuntlich erklären. Whan Wir dan E. L., voriger unserer Bewilligung nach, solchen Thorm gern für unsere Person auch folgen lassen und nachgeben wollen, mogen E. L., sobald es derselben gelegen, zum förderlichsten etzliche, die denselben abbrechen, anhero schigken und verordnen, jedoch aber auf E. L. Uncosten und das solche Steine auch E. L. und nit unsere Underthanen dahin gegen Güstraw furen und bringen mugen, welchs Wir Uns, voriger E. L. Zusage nach, wollen furbehalten haben. Solche mochten Wir E. L., dero Wir iderzeit mütterlichen zu wilfahren geneigt, zu geborener Andword nit verhalten.

Datum Luptz, den 13ten Februarii Anno etc. LXII.

Von Godts gnaden Anna, geborne Marggrafin
zu Brandenburgk etc. und Hertzoginne zu
Meckelnburg, Witwe."

Danach ist der Abbruch eines der Türme auf Verhandlungen der Herzöge mit ihrer Mutter auf Ansuchen Herzog Ulrichs geschehen, um Material für den Wiederaufbau des 1557 abgebrannten Güstrower Schlosses zu gewinnen. Welcher der Türme gemeint ist, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Ich konnte auch in den Güstrower Schloßbau-Akten nicht finden, daß das Material dort verwandt sei. Es finden sich aber auch Aktenstücke im Geh. und Haupt-Archiv über den Abbruch baufällig gewordener Gebäude der alten Burg aus dem Jahre 1698. In diesem Jahre war die Stadt, die nach dem großen Brande von 1660 kaum wiedererstanden war, abermals vom Sägemühlentor bis zum Parchimer Tore hinaus völlig abgebrannt, und auf Antrag der Bürgerschaft wurden unter Befürwortung der herzoglichen Beamten Steine und Holz zum Wiederaufbau aus "den auf hiesigem Amtshause zerfallenen "ruderibus" bewilligt. Da holten die Bürger, was sie irgend abbrechen konnten, obschon die Beamten nur die in Haufen liegenden Steine hergeben wollten. Damit war das Ende der alten Burg besiegelt.

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