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IV.

Über die Besiedelung
des Landes Parchim
durch die deutsche Ritterschaft
1226-1256

von

Wilhelm Biereye.

Vignette
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D as Buch des Professors Jegorov: Die Kolonisation Mecklenburgs im 13. Jahrhundert 1 ) hat neben anderen Problemen der mecklenburgischen Geschichte auch das von der Herkunft und den Wanderungen des mecklenburgischen Adels wieder neu zur Erörterung gestellt. Es soll hier zunächst auf einem kleinen Gebiet versucht werden, die Ergebnisse der von Jegorov allzusehr vernachlässigten genealogischen Kleinarbeit für die Siedlungsgeschichte nutzbar zu machen.

Der Gang der Untersuchung ist damit klar gegeben. Es ist festzustellen: 1. Wann tauchen im Parchimer Lande die dorthin eingewanderten Ritter zuerst auf ? 2. Woher kommen sie? 3. Wie breiten sie sich über das Land aus? 4. Falls sie das Land frühzeitig wieder verlassen haben, wohin gehen sie?

Ob vor 1226 schon eine Siedelung, etwa ein wendischer Burgwall, bei Parchim bestanden hat, ist für die in diesem Aufsatz gestellten Fragen von geringer Bedeutung 2 ). Als Heinrich II. Borwin im Anfang des Jahres 1226 daran ging, das Land Parchim den deutschen Kolonisten zu öffnen, kann die Zahl seiner Bewohner nur unbedeutend gewesen sein. Die Urkunde über die Bewidmung des neu erbauten Ortes Parchim mit einem Stadtrecht schildert diese Gegend damals als "öde und unwegsam und dem Dienst der Götzen geweiht" 3 ). Der Ort Parchim war in ihr die erste kolonisatorische Anlage, von der aus das umliegende Land in der kurzen Zeit von 70 Jahren fast ganz eingedeutscht wurde.

Hoffmann hat kürzlich nachgewiesen, daß es sich in der merkwürdigen Urkunde MUB. 319 nicht so sehr um ein Stadt-


1) Breslau, Priebatsch, 1930/1.
2) Vgl. darüber Augustin, Geschichte der Stadt Parchim, S. 5; Hoffmann, Die Stadtgründungen Mecklenburgs in der Kolonisationszeit; Jahrbücher und Jahresberichte des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Schwerin, Bd. 94, S. 91 ff. Im folgenden abgekürzt mit M. Jb.
3) MUB. 319: terram Parchem, terram inquam desertam et inuiam, terram cultui demonum dedicatam.
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recht für Parchim, als um einen Vertrag zwischen dem Fürsten und den Lokatoren handelt, die zum Bau der Stadt und zur Besiedelung des umliegenden Landes verpflichtet wurden 4 ). Sie waren wohl wie die Kolonisten 5 ) vom Fürsten nicht nur aus dem benachbarten mecklenburgischen Gebiet herbeigerufen, sondern auch aus entfernteren Ländern, wo immer siedlungsfrohe Unternehmer sich darboten.

Die nächstälteste erhaltene Parchimer Urkunde vom 4. Juni 1229 6 ) behandelt die Errichtung von vier Kapellen im bisherigen Kirchspiel Parchim seitens des für Pribislav die Vormundschaft führenden Fürsten Johann von Mecklenburg und die Entschädigung des Parchimer Pfarrers für den dadurch entstehenden Ausfall an Einnahmen 7 ). In ihr treten zwei Männer auf, die als solche Lokatoren anzusehen sind, Gerhard v. Malin und Nanno v. Lentzen 8 ).

Nanno v. Lentzen (Lensyn, Lencin, Lentsin) wird 1240 ausdrücklich als Ritter bezeichnet. Aus dem Zunamen ist zu schließen, daß er aus Lenzen in der Priegnitz eingewandert ist 9 ). Von 1229 bis 1249 erscheint er mehrfach in Urkunden des Fürsten Pribislav 10 ). Da sie alle Verhältnisse der Stadt Parchim


4) M. Ib. 94, S. 94 ff. Das Neue in MUB. 319 liegt also darin, daß diese Lokatoren mit beiden Aufgaben zugleich betraut wurden.
5) MUB. 319: colonis commisimus christianis, ipsos tam de longinquis quam de uicinis partibus inuitantes.
6) MUB. 370.
7) Die Entwicklung der kirchlichen Organisation in den Ländern Sternberg-Parchim, Goldberg und Plau hat K. Schmaltz, M. Ib. 72, S. 183 ff., und 73, S. 57-70, eingehend behandelt. Seine Theorie von der ältesten kirchlichen Einteilung des Landes in Burgwardkirchspiele ist aber nicht überzeugend. Auch Kirchspiele sind m. E. nur begründet worden, wenn Bedarf bestand. Für die ersten Kolonisten mag ein Pfarrer genügt haben, der dann mit der Seelsorge für die ganze terra betraut wurde. Als ein größerer Strom von christlichen Einwanderern sich in diese Gegend ergoß, reichte der Parchimer Pfarrer für die kirchlichen Bedürfnisse des ganzen Landes nicht mehr aus, so daß das bisherige Kirchspiel Parchim in fünf neue zerlegt werden mußte. Die Annahme eines aus der Zeit vor 1226 stammenden Burgwardkirchspiels erscheint daher nicht zwingend. Vgl, Ztschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst. Gesch., Bd. 59, S. 282 f.
8) Die außerdem noch als Zeugen genannten Ritter Detlef v. Gadebusch und Gottfried v. Bülow gehörten zum engeren persönlichen Gefolge des Fürsten Johann von Mecklenburg.
9) Vgl. S. 178 ff. zu Johann v. Restorf.
10) MUB. 370, 508, 588, 633.
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betreffen, wird Nanno v. Lentzen dort auch seinen Wohnsitz, vielleicht als Burgmann, gehabt haben. Über Nachkommen Nannos v. Lentzen ist nichts überliefert worden; das pommersche Geschlecht der Letenin oder Lentenin, das um 1260 bei Pyritz nachweisbar ist 11 ), wird schon der Schreibart des Zunamens wegen kaum auf Nanno v. Lentzen zurückgeführt werden können, zumal der bezeichnende Rufname Nanno in ihm nicht vorkommt. Dieser Nanno de Lensyn führte den Beinamen v. Lentzen wohl nur für seine Person nach dem Ort, von dem aus er nach Parchim zog, und war ein Mitglied der Familie v. Kardorff. Die Vermutung stützt sich auf zwei Gründe: 1. Der eigenartige Name Nanno findet sich bei den Kardorffs. Als Graf Albrecht v. Holstein und Orlamünde um 1216 der Hamburger Marienkirche die Schenkung einer Hufe in Kirchenwerder seitens seines Truchsessen Dietrich bestätigte, wurden als Zeugen auch Nanno de Kercthorpe et filius eius Hermannus aufgezeichnet 12 ), und als der Graf dem Bischof Iso von Verden 1217 Land auf der Insel Kirchwerder übertrug, waren Hermannus de Kercthorp et fratres sui zugegen 13 ). 2. Von 1274 ab ist in Parchim ein Siegfried v. Kardorff nachweisbar 14 ), ohne daß sich ein bestimmter Anlaß für seine Zuwanderung finden ließe. Er wird Nannos Sohn gewesen sein. Der Name v. Lentzen kommt aber nur bei dem Nanno von 1229, 1240, 1247 und 1249 vor und ist sonst im mecklenburgischen Adel während des 13. und 14. Jahrhunderts unbekannt.

Gerhard v. Malin wird in der Urkunde vom 4. VI. 1229 vom Herzog urbanus noster genannt. Die Übersetzung des Wortes urbanus mit "Bürger" ist deshalb nicht angängig, weil derselbe Gerhard 1244 als Ritter aufgeführt wird 15 ). Vielleicht bezieht sich diese sonderbare Bezeichnung auf Gerhards Dienst in der Burg etwa als Burgmann, vielleicht steht sie in Zusammenhang mit dem Begriff cultores civitatis in MUB. 319, den Hoffmann mit Lokator übersetzte.


11) Pommersches Urkundenbuch, herausg. v. Klempin, Stettin, 1868 ff. (abgekürzt Po. UB.), 686.
12) Hasse, Schleswig-Holstein-Lauenburgische Regesten und Urkunden, Bd. I-III. Hamb. u. Leipzig, 1886-1896 (im folgenden abgekürzt Hasse), I, 340.
13) Hasse I, 338.
14) MUB. 1336, 1438, 1743.
15) MUB. 560.
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Woher stammte Gerhard v. Malin? Nach einer Bemerkung des MUB. 16 ) soll der Zuname von einem später in die Feldmark der Stadt Parchim aufgegangenen Dorf Malin herrühren. Aber dies angebliche Dorf Malin wird bis 1350 in keiner Urkunde erwähnt. Dagegen gab es ein Dorf Malin, 3 km w. Gadebusch, das heutige Möllin, das schon 1194 17 ) und 1230 im RZR. 18 ) vermerkt ist. Die Tatsache, daß 1230 der bischöfliche Anteil der Zehnten in diesem Dorf nicht an einen weltlichen Lehensträger vergeben war, scheint zunächst dagegen zu sprechen, daß Möllin Gerhards Wohnsitz vor seiner Abwanderung nach Parchim gewesen sei. Aber es ist denkbar, daß Gerhard damals, als er dem Ruf Borwins II. und seiner Söhne folgte, seinen Besitz in Malin an das Bistum veräußerte, um sich das für die Lokation erforderliche Betriebskapital zu verschaffen. Denn ohne Betriebskapital wäre an einen Erfolg in der Siedlung kaum zu denken gewesen; und die Kirche war am ehesten imstande, Geldmittel flüssig zu machen. Ferner deutet auf nahe Beziehung Parchims zu der Gadebuscher Gegend der Umstand, daß auch aus dem unmittelbar an Möllin grenzenden Roggendorf in den 40er Jahren die Brüder v. Holdorf am Hofe des Fürsten Pribislav von Parchim erschienen 19 ). Gerhard zog vor 1229 nach Parchim, wo er südlich der Stadt das später in sie aufgegangene Dorf Böken gründete 20 ). Sechs Hufen aus diesem Dorf schenkte er 1229 der Burgkapelle zu Parchim, die als Entschädigung für die durch die Teilung des Kirchspiels verursachte Einbuße an Einkünften dem Pfarrer der Altstadt Parchim übergeben wurde 21 ). Sein Sohn Gerhard vermachte weitere sechs Hufen in Böken zwischen 1256 und 1270 der Marienkirche in der Neustadt 22 ), seine Urenkel 31/2 Hufen der Schloßkapelle 23 ). Erst 1337 haben die Herren v. Malin ihre letzten Ansprüche auf Besitz in Böken aufgegeben 24 ).


16) MUB. IV, Reg., S. 272/3.
17) MUB. 154.
18) MUB. 375, S.371.
19) Vgl. S. 181 f.
20) Für Gerhard v. Malins ehemaligen Wohnsitz in Möllin im Lande Gadebusch spricht ferner die Tatsache, daß er 1231 noch zweimal im Gefolge Johanns von Mecklenburg erscheint, in dessen Territorium Möllin lag. MUB. 385/6.
21) MUB. 370.
22) MUB. 1201, 2725.
23) MUB. 2724/5.
24) MUB. 5797.
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Die 1344 im Besitz der Herren v. Malin befindlichen Güter in Slate, Klockow, Brokow, Lubow, Voddow und Slepekow 25 ), die, bis auf Slate, später in der Stadtfeldmark von Parchim aufgingen, scheinen erst im 14. Jahrhundert von der Familie erworben zu sein 26 ). Außerdem hatten sie Besitz bei Lübz 27 ), ohne daß wir Einzelheiten darüber angeben können.

Gerhard ist bis 1244 28 ), seine Söhne Martin und Gerhard sind von 1247 bis 1253 29 ) im Gefolge Pribislavs des öfteren erwähnt. Als Pribislav 1256 aus Parchim vertrieben wurde, sind die Malins im Lande geblieben und in den Dienst der Werler Fürsten getreten, bei denen Nikolaus v. Malin es 1294 zum Vogt in Parchim brachte 30 ). Erst 1316 sind Malins in andern als Werler Diensten nachweisbar; sie wurden Gefolgsleute Heinrichs des Löwen von Mecklenburg 31 ) und ließen sich in der Gegend um Crivitz nieder.

In der Urkunde Pribislavs vom Jahre 1240, in der er den Verkauf des Dorfes Bicher an die Stadt Parchim bestätigte 32 ), finden sich unter den Zeugen die Ritter Arnold v. d. Möhlen, der schon oben erwähnte Nanno v. Lentzen und Hermann Kanut; die ebenfalls testierenden 12 Ratsherren der Stadt tragen alle deutsche Namen. Ritter und Ratsherren sind hier geschieden. Fraglich ist, ob diese Ratsmänner von Anfang an bürgerlichen Standes gewesen sind, oder ob nicht ein Teil von ihnen den ursprünglich militärischen Beruf des Ritters mit dem eines Stadtherrn vertauscht hat. Nach ihrem Herkunftsort sind bezeichnet: Segebodo von Gadebusch, Gottfried von Mölln aus dem Lauenburgischen, Lutbert von Brusow aus der Gegend um Kröpelin 33 ), Johann von Bevenhusen aus dem Lüneburgischen, ein Ratsmann von Hamme; Wilhelm von Damme wird nicht aus Damm, w. Parchim, stammen, aber vielleicht war er der Lokator dieses Dorfes, der sich später in


25) MUB. 6288.
26) Von Lubow, Voddow und Borkow ist das zum Jahr 1317 bezeugt. MUB. 3883.
27) MUB. 3942.
28) MUB. 385, 386, 560.
29) MUB. 588, 633, 714.
30) MUB. 2301.
31) MUB. 3833.
32) MUB. 508.
33) Hoffmann sucht a. a. O. S. 98, Anm. 409, Brusow fälschlich bei Parchim.
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die Stadt Parchim zurückzog. Da diese Ratsherren mit einem Teil der Lokatoren von 1226 identisch sein werden, gibt ihre Liste einen Anhalt darüber, aus welchen Gegenden die nicht ausdrücklich als Ritter bezeichneten Siedlungsunternehmer stammten. Das Fürstentum Mecklenburg ist mit Gadebusch und Brusow zweimal vertreten, das Herzogtum Sachsen-Lauenburg einmal mit Mölln, das Herzogtum Lüneburg einmal mit Bevensen, 21 km sö. Lüneburg; schwierig ist es bei Hamme, festzustellen, ob es sich hier um Hamme bei Hamburg oder etwa um Hamme, 4 km sw. Haselünne, im Amte Berserbrück handelt, zumal auch ein Damme 10 km ö. Berserbrück liegt.

Auch die ritterlichen Lokatoren werden zum Teil aus diesen Gegenden stammen. Neu tritt uns in der Urkunde vom Jahre 1240 zunächst Arnoldus de Molendino, v. d. Möhlen, entgegen. Ein Herr v. d. Möhlen wird zuerst 1218 erwähnt. Bei der Verleihung von Hufen in Lübesse und Uelitz, 16 km s. Schwerin, seitens der Schweriner Grafen an das Kloster Reinfeld waren am 25. VII. 1218 34 ) in Schwerin als Zeugen anwesend: Alard Badelaken, Alard v. Brüsewitz 35 ), Reimbold v. Drieberg, Rudolf v. Plate 36 ), Bernhard v. d. Möhlen, Hermann Schwabe, Werner v. Lüneburg und der Vogt Cotzo. 1219 werden bei der Bestätigung der Immunität des Klosters Reinfeld durch die Grafen 37 ) Alard Badelaken, Alard v. Brüsewitz, Reinbold v. Drieberg und Bernhard v. d. Möhlen genannt. Die Brüsewitze und die Driebergs saßen in der Eichsener Gegend, etwa 12 km nw. Schwerin. Jegorovs 38 ) Vermutung, daß der Beiname de Molendino sich auf das 7 km n. Drieberg liegende Dorf Mühlen-Eichsen beziehe, hat also viel für sich.

Dann teilte sich das Geschlecht v. d. Möhlen in zwei Linien, die vertreten sind durch die Brüder Eberhard und Johann und durch die Parchimschen Vasallen Arnold und Bernhard. Eberhard 39 ) und Johann 40 ) standen von 1232 bzw. 1235 bis 1248


34) MUB. 245.
35) Der gemeinsame, für das Kolonisationsgebiet seltene Rufname Alard läßt vermuten, daß Alard Badelaken und Alard v Brüsewitz nahe miteinander verwandt waren.
36) Plate liegt 10 km nnö. Uelitz.
37) MUB.252.
38) A. a. O., II, S. 260.
39) MUB. 399, 400, 426, 505, 523, 530, 536, 582, 612.
40) MUB. 426, 505, 536, 565, 582, 586 (dat. Parchem), 612.
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im Dienst der Schweriner Grafen, bei denen Eberhard Truchseß war. Bedeutsam erscheint das Auftreten der Brüder als Zeugen 1235, als Graf Günzel von Schwerin dem Kloster Dünamünde zum Ersatz für den ihm durch seinen Vater, den Grafen Heinrich, zugefügten Schaden 12 Hufen in Siggelkow, 5 km sö. Parchim, zu ihrem dortigen Klosterhof verlieh 41 ). 1241 und 1246 42 ) testierte je einer der Brüder in Urkunden, die das Land Ture, das heutige Amt Lübz, ö. Parchim, betreffen. Beide Male befanden sie sich aber im Gefolge von Angehörigen des Schweriner Grafenhauses.

Arnold und Bernhard dagegen waren Vasallen des Fürsten Pribislav von Parchim. Von 1240 an läßt Arnold sich in seiner Umgebung feststellen 43 ). 1247 war er Zeuge, als Graf Günzel von Schwerin zu Pribislavs Gunsten auf seine Besitzungen im Lande Ture verzichtete 44 ); am 20. IV. 1249, als Pribislav dem Parchimer Priester Johannes Einkünfte in Parchim schenkte 45 ). Bei dieser Gelegenheit wird auch Bernhard v. d. Möhlen zum erstenmal genannt. Als Pribislav 1256 das Fürstentum Parchim verlassen mußte, sind Arnold und Bernhard im Lande geblieben. Sie wurden Vasallen der Schweriner Grafen, die jetzt die Verwaltung des Landes Parchim übernahmen. So waren sie am 13. XII. 1264 zugegen, als die Schweriner Grafen dem Kloster Dünamünde die Hälfte des von Bertold v. Lengeden erkauften Dorfes Crucen bei Siggelkow überließen 46 ). Über Arnold schweigen von nun ab die Quellen. Bernhard war noch am 6. VI. 1265 auf der Burg zu Parchim Zeuge, als Herzogin Helena von Sachsen dem Heil. Geist-Hause in Parchim das Eigentum von drei Hufen in Grebbin, 9 km n. Parchim, schenkte 47 ). Als im folgenden Jahre die Fürsten Johann und Hermann von Mecklenburg mit den Schweriner Grafen ein Bündnis gegen den Fürsten Heinrich von Mecklenburg abschlossen, führten die Ritter Bernhard


41) MUB. 426. Die Urkunde gehört aber zu den berüchtigten Reinfelder Fälschungen. Immerhin mag die Zeugenliste auf ein echtes Original zurückgehen.
42) MUB. 523, 586.
43) MUB. 508.
44) MUB. 588.
45) MUB. 633.
46) MUB. 2687.
47) MUB. 1048.
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v. d. Möhlen und Hermann v. Hagenow die Verhandlungen für die Grafen 48 ).

Die häufige Erwähnung der Herren v. d. Möhlen in Urkunden, die sich auf das Land Ture und die nähere Umgegend von Siggelkow beziehen, läßt vermuten, daß sie hier ansässig waren. Dahin weist ferner der Umstand, daß im März 1275, als Graf Heinrich von Dannenberg dem Grafen Günzel von Schwerin die Burg Marnitz, 7 km s. Siggelkow, verpfändete, ein sonst genealogisch kaum einzuordnender Johann v. d. Möhlen die Verpflichtungserklärungen des Grafen Günzel als Treuhänder für den Dannenberger entgegennahm 49 ). 1273 hatte Nikolaus I. von Werle das Parchimer Land erworben. Die Herren v. d. Möhlen, die zu Anfang des 14. Jahrhunderts im Dienste der Werler Fürsten gestanden haben und häufig in Parchimer Angelegenheiten erwähnt sind, werden Glieder der Parchimschen Linie dieses Geschlechts gewesen sein 50 ).

Das Geschlecht der Knut oder Kanut ist zuerst im Ratzeburgischen nachweisbar. Noch vor 1230 war zusammen mit Segebodo v. Holdorf ein Ritter Heinrich Knut Zeuge bei dem Vertrage zwischen Bischof Gottschalk von Ratzeburg und den Dannenberger Grafen über das Land Wanninke 51 ). Hermann Knut befand sich 1240 im Gefolge des Fürsten Pribislav von Parchim und ebenfalls am 7. IV. 1244, als der Fürst der Stadt Plau das Dorf Slapzow zur Stadtfeldmark verlieh 52 ). Wo das Lehen dieses Geschlechts im Parchimer oder Plauer Lande lag, ist nicht überliefert. Als Fürst Pribislav in die Verbannung nach Wollin ging, hat die Familie sich geteilt. Ein Zweig folgte dem alten Lehensherrn nach Pommern; denn als 1289 Pribislavs Sohn, Pribislav von Daber und Belgard, dem Kloster Bukow 200 Hufen im Lande Belgard übertrug, befand sich als Zeuge unter seinen Gefolgsleuten auch ein Cristoforus Cnuth 53 ). Ein domicellus Knuth, dessen Rufname aber nicht angegeben ist, erscheint 1292 in der Zeugenliste einer Urkunde


48) MUB. 1088.
49) MUB. 1356.
50) Johann: Knappe 1301, MUB. 2725, betr. Böken, 1304, MUB. 7248 betr. Möderitz, 4 km nw. Parchim; Ritter 1307 im Gefolge der Werler Fürsten in Herrenfähre bei Lübeck, MUB. 3167. Lewald und Heinrich: 1330, MUB. 5174. betr. den Bökener Wald s. Parchim.
51) MUB. 375, S. 376.
52) MUB. 560.
53) Po. UB. 1489.
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Bogislavs II. von Pommern, als dieser der Witwe Johann Sweders den abgabefreien Besitz der Alten Fähre bei Anklam bestätigte 54 ).

Aber auch im Gefolge Nikolaus II. von Werle befand sich 1284 ein Ritter mit Namen Cnut. Er war September 1284 Zeuge, als der Fürst dem Plauer Bürger Heinrich Swartepape Pacht aus der Plauer Mühle verpfändete 55 ), und im November, als er der Neustadt Röbel das Eigentum von 15 Hufen im Dorf Cussecowe zu Stadtrecht verkaufte 56 ). 1285 war er bei den Verhandlungen des Fürsten mit der Ritterschaft der Länder Röbel, Malchow und Wenden wegen Übernahme eines Teils seiner Schulden in Sprenz anwesend 57 ). Zum letztenmal erscheint er urkundlich als Zeuge im August 1289, als Fürst Nikolaus dem Kloster Dobbertin das Eigentum von vier Hufen in Burow, 6 km s. Lübz, verlieh 58 ). Er besaß 30 Hufen in Tralow bei Lärz, 4 km nw. Mirow, die er 1285 an das Kloster Dobbertin verkaufte 59 ). Da Ritter Cnuth nur in Urkunden des Fürsten Nikolaus erscheint, die sich auf die Gegend von Röbel, Plau und s. Lübz beziehen, wird er nicht zum engeren Gefolge des Fürsten gehört, sondern nur als erfahrener Ortskundiger in dieser Gegend seine Zeugenschaft zur Verfügung gestellt haben; er wird hier ansässig gewesen sein. Fraglich erscheint aber, ob er gleich von Anfang an Besitz in Tralow hatte, da diese Gegend nicht zu Pribislavs Herrschaft gehört hat, sondern seit 1230 werlisches Gebiet war. War Knut schon zu Pribislavs Zeiten im Parchimer Fürstentum seßhaft, so wird man seinen Besitz in der Gegend südlich Lübz suchen müssen.

Erst 1347 werden wieder zwei Mitglieder des Geschlechts, Henneke und Heinrich, genannt, die Vasallen Nikolaus IV. von Werle-Goldberg waren 60 ).

1241 erscheinen in Pribislavs Gefolge, als er dem Kloster Dargun das Gut Darbein, 5 km n. Dargun, verkaufte, an neuen Rittern: Johann v. Schnakenburg, Nikolaus v. Hamburg, Bernhard und Hermann v. Hakenstedt et ceteri castren-


54) Po. UB. 1617.
55) MUB. 1754.
56) MUB. 1757.
57) MUB. 1781.
58) MUB. 2031.
59) MUB. 1808.
60) MUB. 6761.
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ses 61 ). Der Ausdruck et ceteri castrenses zeigt an, daß auch die namentlich angeführten Ritter Burgmannen waren. Auf welcher Burg sie saßen, ist nicht angegeben. Da Pribislav sich in der Urkunde aber als dominus de Parchem bezeichnet, wird auch Parchim der Burgsitz dieser castrenses gewesen sein 62 ). Die Anlage einer Burg und ihre Besetzung mit Burgmannen in der kleinen abgelegenen parchimschen Enklave Darbein an der pommerschen Grenze wäre sinnlos gewesen.

Wie Pribislav in den Besitz von Darbein gelangt ist, ist nicht überliefert worden. Vielleicht hat er am Zuge seines Bruders Johann 1236 gegen die Pommern teilgenommen, als Bischof Brunward von Schwerin Anspruch auf den Zehnten in diesen Gegenden erhob, und Darbein als Beuteanteil erhalten, mit dem er dann einen Slaven Ratislav belehnte.

Johann v. Schnakenburg trägt seinen Beinamen nach dem Dorf Schnakenburg a. Elbe, 9 km sö. Lenzen. Die Heimat des Geschlechts scheint aber nicht hier, sondern im Alten Lande bei Jork gelegen zu haben 63 ). Johann ist schon unter Borwin I.


61) MUB. 522.
62) In Goldberg bestand damals noch keine Burg. Zu den drei Familien, die zu Anfang des 14. Jahrhunderts noch Herrenhöfe in der Stadt besaßen, also vielleicht zu den Gründern Goldbergs zu rechnen sind oder Goldberger Burglehen innehatten, den Huskummers (MUB. 2335), Belows (MUB. 3443) und Koß' (MUB. 3457), gehörte keiner der 1241 aufgeführten Ritter.
63) Für die Identität der Familien v. Schnakenburg und v. Jork sprechen zwei Gründe: a) 1229 tritt zum erstenmal bei Fürst Johann von Mecklenburg Gerhard von Schnakenburg auf (MUB. 362), der 1231-1240 Truchseß am Wismarer Hof war (MUB. 385/6, 391, 397, 500, 517). Unmittelbar neben Gerhard steht in der ersten Zeugenliste, in der er erscheint, der Ritter Conradus de Zwinga, dessen Zuname auf den Fluß Schwinge im Alten Lande zurückzuführen ist. 1245 stehen in der Zeugenliste von MUB. 572 an der Stelle, wo man eigentlich Gerhard v. Schnakenburg erwartet, die Ritter Bertold und Georg v. Majork oder Jork. Sie werden seine Söhne gewesen sein, da Georg v. Jork sich später (MUB. 1018) als cognatus, als Schwertmagen von Johann v. Schnakenburgs Sohn Gerhard bezeichnete. b) Beide Familien führten fast dasselbe Wappen. Das der Herren v. Schnakenburg unterschied sich nur anfangs vom Jorkschen dadurch, daß sich in ihm eine Schlange (Schnake) um den Querbalken wand; später verschwand auch diese auf den Namen Schnakenburg zielende Beifügung aus dem Schnakenburgischen Wappen, so daß die Siegelbilder beider Familien sich vollständig glichen. Da das Jorksche Wappen sich hiernach als das ältere erweist, werden die Herren v. Schnakenburg ursprünglich zu den Jorks gehört haben, deren Namen Gerhards Söhne später wieder annahmen.
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nach Mecklenburg gewandert. Seit 1218 begegnet er häufig im Gefolge des Fürsten, bei dem er eine bevorzugte Stellung eingenommen zu haben scheint 64 ). Von 1221 ab stand er im Dienst Heinrichs II. Borwin von Rostock-Werle 65 ) und führte, als Borwin I. am 28. I. 1227 gestorben war, mit andern Mitgliedern der Ritterschaft die Vormundschaft über dessen unmündige Enkel 66 ). Nach der Landesteilung von 1229 folgte er dem Fürsten Nikolaus von Werle, in dessen Dienst er bis 1240 blieb 67 ).

Nach dem 24. IV. 1241 hat Johann v. Schnakenburg sich auf kurze Zeit an der Kolonisation vor allem des Landes Plau beteiligt. Er besaß das Dorf Slapzow. Am 7. IV. 1244 68 ), nach der Rückkehr Johanns v. Schnakenburg in werlesche Dienste 69 ), hat Fürst Pribislav von Parchim den Plauer Bürgern den Besitz von Slapzow mit allem Recht außer dem Halsgericht überlassen und ihnen freigestellt, das Dorf an Kolonisten auszutun oder es zur Stadtweide zu legen. Am 24. Juli 1259 bezeugte aber der Verweser des östlichen Teils des ehemaligen Fürstentums Parchim, Fürst Nikolaus von Werle, daß die Plauer Bürger das Dorf Slapzow mit den Zehnten und allen übrigen Einkünften von Herrn Johann v. Schnakenburg und seinen Erben für ihr gutes Geld gekauft hätten 70 ). Da aber Bischof Rudolf von Schwerin Anspruch auf die Zehnten erhoben habe und sie zu eigenem Gebrauch verwenden wollte, habe Johann v. Schnakenburg mit seinen Erben in der Kirche der Minoritenbrüder zu Rostock vor dem Bischof sein Recht auf den Zehnten erwiesen und von ihm den Verzicht darauf verlangt. 1263 hat dann Johanns Sohn Gerhard der Stadt Plau diese Befreiung des an sie von seinem Vater verkauften Zehnten von bischöflichen Ansprüchen bestätigt und seine und seiner


64) MUB. 239, 244, 256, 260.
65) MUB. 278, 323; MUB. 321 bei Heinrichs II. Söhnen.
66) MUB. 425.
67) MUB. 368, 369, 380, 381, 391, 406, 462, 463, 464, 514, 527.
68) MUB. 560. Lischs Annahme, M. Ib. 17, S. 61, daß Pribislav den Bügern von Plau nur die Erlaubnis zur Erwerbung von Slapzow gegeben habe, läßt sich aus dem formelhaften Ausdruck: concessimus possidendam von MUB. 560 nicht herauslesen.
69) MUB. 550, v. 12. IX. 1243, zeigt Johann v. Schnakenburg schon wieder in Rostock am Hof Borwins III.
70) MUB. 843.
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Kinder ausdrückliche Zustimmung zu diesem Verkauf gegeben 71 ). Der Widerspruch zwischen der Verleihung Slapzows durch Pribislav an die Stadt und dem Verkauf des Dorfes durch Johann v. Schnakenburg erklärt sich am besten auf folgende Weise: Der Verkauf seitens Johanns war schon vor dem 7. IV. 1244 erfolgt; Pribislav überwies an diesem Tage nur die Gerichtsbarkeit an die Stadt und gab ihr das Eigentum an den von Johann erkauften Gütern und Zehnten. Bischof Rudolf hat dann gegen die Verfügung des Fürsten über die Zehnten, die er für sich selbst beanspruchte, Einspruch erhoben, der erst 1259 beseitigt worden ist 72 ).

Johann v. Schnakenburg hat bald wieder das Parchimer Fürstentum verlassen. Vom 12. IX. 1243 ab bis etwa 1271 hat er im Dienst der Rostocker Fürsten gestanden 73 ). Immerhin besaß er im Lande Ture noch das Dorf Kreien, 5 km sö. Lübz, aus dem er um seines und seiner Gemahlin Seelenheils willen vor 1271 acht Hufen an das Kloster Stepenitz abtrat 74 ).

Im Fürstentum Parchim ließ sich aber Johanns Bruder Hermann nieder, der sich nach seinem Besitz v. Reppentin nannte. Das Dorf Reppentin liegt 3 km sw. Plau. Er scheint von Nikolaus von Werle wegen einer Eheangelegenheit geächtet worden zu sein und floh zum Markgrafen Otto von Brandenburg, der den Werler Fürsten 1269 zwang, Hermann wieder in seine Güter einzusetzen 75 ). 1271 bestätigte er die Schenkung seines Bruders an das Kloster Stepenitz 76 ). Nachkommen scheint er nicht hinterlassen zu haben.

Weniger klar liegen die Beziehungen der Herren v. Hakenstedt zum Parchimer Lande. Die Heimat des Geschlechts war Hakenstedt, 14 km w. Magdeburg. Schon 1147 befand sich ein Ritter Dietrich de Hackenstedt im Gefolge des Erzbischofs Friedrich von Magdeburg 77 ). Zwischen 1196 und 1200 war ein Ritter Bernhard v. Hackenstedt in Ratzeburg anwesend, als Bischof Isfried die von der Gräfin Adelheid von Ratzeburg


71) MUB. 972.
72) Vgl. M. Ib. 11, S. 62.
73) MUB 550, 561, 591, 603. 686, 746, 843, 972. 1018, 1 198.
74) MUB. 1223.
75) MUB. 1166.
76) S. Anm. 74.
77) MUB. 7145.
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dem Dorf Walksfelde verliehenen Befreiungen bestätigte 78 ). Da Isfried vor seiner Erhebung zum Bischof Propst im Kloster Jerichow, n. Magdeburg, gewesen war, mag Bernhard v. Hackenstedts Übersiedelung in das ratzeburgische Kolonialland auf seine Bekanntschaft mit Isfried zurückzuführen sein.

Dann tauchen erst wieder 1239 zwei Angehörige des Geschlechts v. Hakenstedt, Bernhard und Hermann, auf 79 ). Sie befanden sich im Gefolge des Fürsten Johann von Mecklenburg, als er im April 1239 das vom Kloster Dargun gekaufte Dorf Lehnenhof, 3 km n. Dargun, und vier Hufen in Stassow, 10 km nw. Gnoien, die den Mönchen von Bartolds Witwe Ermengard geschenkt worden waren, von allen landesherrlichen Lasten befreite. Da 1269 Hermann II. v. Hakenstedt von der Kirche zu Gr.-Methling zwei Hufen in Warrenzin, 8 km sw. Darbein, eintauschte 80 ), die schon sein verstorbener Vater 81 ) ihr als Kirchengut angewiesen hatte 82 ), ist anzunehmen, daß Bernhard und Hermann I. schon zur Zeit der Ausstellung jener Urkunde vom April 1239 in der Darguner Gegend ansässig waren. Sie werden zu jener Gruppe von Rittern gehören, die am Kampf Bischof Brunwards von Schwerin und der wendischen Fürsten gegen die Pommern 1236 teilnahmen und für ihre Dienste mit Lehen auf dem eroberten Boden belohnt wurden. Die Beziehungen der Hakenstedts zu Pribislav von Parchim werden daher auf die gemeinsame Beteiligung am Kampfe von 1236 oder auf die Nachbarschaft des Hakenstedtschen Besitzes zum fürstlichen Dorf Darbein zurückzuführen sein. Sehr eng scheinen sie aber nicht gewesen zu sein, da die Hakenstedts nur 1241 in Pribislavs Gefolge genannt werden. Vielleicht entsprachen die Aussichten die sich ihnen in Parchim boten, nicht den Hoffnungen, die sie sich von einer engeren Verbindung mit dem jungen Dynasten gemacht hatten.


78) MUB. 160.
79) MUB. 493. Es ist nicht anzunehmen, daß Bernhard wie der in der Liste vorangehende Johannes de Mulsan ein Herr v. Malzan war. Sonst wäre der Zusatz de Mulsan erst auf Bernardus gefolgt. Außerdem zeigt MUB. 522 ganz klar, daß es 1241 sehr wohl einen Bernhard v. Hakenstedt gab.
80) MUB. 1167.
81) Hermanns II. Vater muß einer der beiden Brüder, Bernhard II. oder Hermann I., gewesen sein.
82) Die Gründung der Gr.-Methlinger Kirche wird von Schmaltz, M. Jb. 73, S. 44, für das Jahr 1250 angenommen.
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Das Schwergewicht des Hakenstedtschen Besitzes lag im 13. Jahrhundert in der Gegend um Dargun und Gnoien 83 ). Allerdings begegnen wir von 1284 bis 1300 gelegentlich Bernhard II. von Hakenstedt, Hermanns II. Bruder 84 ), als Zeugen in Urkunden, die sich auf die Umgegend von Röbel beziehen 85 ); aber sichere Schlüsse auf etwaige Hakenstedtsche Güter im Lande Röbel oder Ture lassen sich aus diesen Angaben nicht folgern. Hatten sie hier Besitz, so ging er nicht auf Verleihungen Pribislavs zurück.

Von einer ritterlichen Familie v. Hamburg ist bis 1241 nichts überliefert worden. Es ist aber möglich, daß der Ritter Nikolaus v. Hamburg identisch ist mit dem Vogt Nikolaus von Hamburg, der 1220 und 1222 Gefolgsmann des Grafen Albrecht von Orlamünde und Holstein war und in dem ich ein Mitglied der Familie Salem-Wittenburg vermute 86 ). Seine Nachkommen scheinen unter dem Namen de Wittenburg im Lande Parchim gelebt zu haben. Am 25. II. 1278 verpfändeten die Werler Fürsten den Knappen Wedekind v. d. Brüggen und Bernhard v. Wittenburg eine Getreidehebung aus der Mühle in Plau für die beträchtliche Summe von 300 Mk. lübsch, wobei auch ein Knappe Heinrich v. Tralau für die Fürsten bürgte 87 ). Und am 24. VIII. 1293 verkaufte Fürst Nikolaus von Werle dem Geistlichen Johann v. Wittenburg eine jährliche Kornhebung aus der Mühle in Parchim 88 ). Unter diesem Johannes clericus de Wittenborgh wird kaum ein Pfarrer der Stadt Wittenburg gemeint sein, sondern de Wittenborgh ist ein Teil seines Namens. Das Namensregister des MUB. 89 ) hat diesen Johann gleichgesetzt mit dem Lübecker Domherrn Johann v. Wittenburg, dem Sohn des Ratsherrn Heinrich v. Wittenburg. Dem widerspricht aber neben den örtlichen Verhältnissen vor allem, daß die Namen der Brüder Johanns, Marquard und Bernhard, in der Lübecker Familie im 13. Jahrhundert nicht überliefert sind,


83) Po. UB. 1167, 1234, 1266, 1371, 1464, 2913.
84) S. Anm. 81.
85) MUB. 1757, 2514, 2618.
86) Näheres darüber in meinem Aufsatz: "Die Personen des Ratzeburger Zehntlehenregisters von 1230", der in den Mecklenburg-Strelitzschen Geschichtsblättern, Jg. 1933, erscheinen wird.
87) MUB. 1454.
88) MUB. 2243.
89) MUB. IV, Reg., S. 228, Nr. 69, 89.
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während ein Knappe Bernhard v. Wittenburg im Lande Parchim 1278 ansässig war 90 ). Es ist nicht anzunehmen, daß dieser Knappe einem lübischen Ratsgeschlecht entstammte. Als Johanns Brüder werden genannt: Marquard mit mehreren Söhnen und ein anscheinend schon verstorbener Bernhard mit einem Sohn. In einer Urkunde vom 1. II. 1324 wird unser Johann zwar als Sohn eines Heinrich v. Wittenburg und seiner Gemahlin Assela bezeichnet; er erhält hier aber den Titel perpetuus vicarius in Lubeke 91 ). Dann war er also nicht Domherr in Lübeck, wie etwa der Johann v. Wittenburg von 1266 in MUB. 1060, denn die Vikare waren nicht Mitglieder des Domkapitels, sondern nur Stellvertreter für abwesende Domherren 92 ). Wie die Urkunde vom 1. II. 1324 zeigt, saß die Verwandtschaft dieses Johann v. Wittenburg vielmehr in Parchim, wo schon 1282 ein Heinrich v. Wittenburg als Bürger von Alt-Parchim urkundlich erscheint 93 ). Diese Wittenburgs in Parchim sind vielleicht Nachkommen des Nikolaus v. Hamburg, die sich dem bürgerlichen Berufe zugewandt haben.

Allzu groß ist die Zahl der bis 1241 nachweisbaren ritterlichen Einwanderer nicht. Sie kommen, wenn auch gelegentlich vielleicht auf Umwegen, aus dem Ratzeburgischen wie die Hakenstedts, Knut und wohl auch Nikolaus v. Hamburg, aus der Grafschaft Schwerin wie die v. d. Möhlen, aus dem Fürstentum Mecklenburg wie die Malins und Johann v. Schnakenburg und aus der Priegnitz wie Nanno v. Lenzen. Von unmittelbarer Einwanderung aus dem südlich von Parchim liegenden Brandenburg und dem altdeutschen Gebiet links der Elbe ist nichts zu spüren. Aber die Namen sind so unbedingt deutsch 94 ), daß mit Ausnahme des dänisch anmutenden Knut es sich hier nur um Abkömmlinge von Familien handeln kann, deren Ahnherren westlich der Elbe auf altdeutschem Boden gesessen haben.


90) S. Anm. 87.
91) MUB. 4513.
92) Werminghoff, Verfassungsgeschichte der deutschen Kirche im Mittelalter, 2. Aufl., S. 147.
93) MUB. 1598.
94) Für die deutschen Namen bezeichnend ist a) der deutsche Rufname, b) die Beifügung von Ortsnamen, die mit dem Rufnamen durch das Verhältniswort de verbunden sind; die Wenden gebrauchen in dieser Zeit vor allem noch Patronymika.
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Die Einwanderung erfolgte bisher von Westen und Nordwesten her. Die Zusammensetzung der parchimschen Ritterschaft änderte sich aber 1244. Wohl als Folge der Heirat Pribislavs mit einer Tochter Herzog Barnims I. von Pommern erscheinen 1244 mehrere Ritter an seinem Hof, die bis dahin in Pommern nachweisbar sind. Sie werden als Begleiter der jungen Fürstin in das Land Parchim gekommen sein. Als Pribislav am 7. IV. 1244 der Stadt PIau das Dorf Slapzow zur Feldmark hinzu verlieh, waren als Zeugen Heinrich v. Artelnburg, Gerhard v. Mallin, ein Ritter Dunco, Wedekind v. Walsleben, Hermann Knut, ein Ritter Witto, Bartold Soneke und Tethard v. Weye zugegen 95 ).

Jegorov 96 ) hat die Behauptung aufgestellt, daß Herren v. Artlenburg über Woitendorf bei Demern, 13 km önö. Ratzeburg, nach Osten gewandert seien. Die großen Bedenken, die dieser Annahme gegenüberstehen, werden an anderer Stelle vorgebracht werden 97 ). Die Herren v. Artlenburg stammen zweifellos aus Artelnburg an der Elbe, wo ihre Vorfahren bis zur Zerstörung der Burg zu Ende des 12. Jahrhunderts als herzogliche Ministerialen saßen. Auf welchem Wege sie dann aber nach Pommern gelangt sind, wird sich schwerlich mit Sicherheit feststellen lassen. Manches spricht dafür, daß Werner v. Artlenburg 1236 im Gefolge Johanns von Mecklenburg am Kampf gegen die Pommern teilnahm und zum Lohn mit dem Dorf Cornim bei Dargun ausgestattet worden ist. Später ist er dann als Burgmann im benachbarten Demmin in pommersche Dienste übergetreten. Da die Artlenburgs dasselbe Wappen führten 98 ) wie die Walslebens und häufig mit ihnen zusammen in pommerschen Urkunden genannt werden, können sie stammverwandt sein. Dagegen spricht aber die Verschiedenheit der Familiennamen in beiden Geschlechtern, die nur den in Pommern damals sehr häufig vorkommenden Rufnamen


95) MUB. 560.
96) A. a. O., II, S. 33 f.
97) Vgl. S. 166, Anm. 86.
98) Auf die Wappenfrage ist absichtlich nicht näher eingegangen, da nach Jegorovs Kritik an der wissenschaftlichen Heraldik im Kolonisationsgebiet für das 13. und 14. Jahrhundert sich so viele Probleme ergeben haben, daß hier erst eine neue Grundlage gelegt werden muß, wenn Schlüsse aus heraldischen Beobachtungen gezogen werden sollen.
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Johannes gemeinsam haben; wenn oft in den Zeugenlisten Herren v. Artlenburg und v. Walsleben zusammen auftreten, so ist das wohl darauf zurückzuführen, daß Mitglieder beider Geschlechter Burgmannen in Demmin waren.

Ebensowenig läßt sich über den Aufenthalt des Ritters Heinrich v. Artlenburg vor seiner Einwanderung nach Parchim feststellen. Gehörte er zu jener Ritterschar, die im Gefolge der pommerschen Herzogstochter von Osten her in das Land gezogen war, oder kam er aus dem Westen, vielleicht aus dem Fürstentum Mecklenburg, wie ein Teil der bisher genannten ritterlichen Zuwanderer ? Gegen einen engeren Zusammenhang mit den pommerschen Artlenburgs spricht vor allem der Umstand, daß der Rufname Heinrich ihnen bis 1320 fremd war. Nachkommen scheint Heinrich nicht hinterlassen zu haben, da Herren v. Artlenburg im Lande Parchim sonst nicht mehr vorkommen.

Genauer sind wir über die Herkunft Wedekinds v. Walsleben unterichtet.

Das Geschlecht v. Walsleben stammt aus dem Dorf Walsleben, 7 km sö. Osterburg, in der Altmark.

Die in diesem Geschlecht besonders bevorzugten Namen waren Wedekind und Johann. Vieles spricht dafür, daß der im RZR. von 1230 mehrfach genannte Wedekind ein Glied dieser Familie war. Zunächst ist es der Umstand, daß in der Zeit bis 1300 der Rufname Wedekind, abgekürzt als Wedego, sich in Mecklenburg und Pommern nur bei dieser Familie findet. Im RZR. wird ein Wedekind 99 ) genannt als Inhaber der Zehnten von drei Hufen in Sterley, 9 km s. Ratzeburg. im Lande Ratzeburg 100 ), von einer Hufe in Wölschendorf, 3 km n. Rehna, im Lande Gadebusch 101 ), von fünf Hufen in Benckendorf, 3 km nw. Dassow, im Lande Dassow 102 ), und von zwei Hufen in Everstorf, 5 km nö. Grevesmühlen, im Lande


99) Eine eingehende Prüfung des RZR., über die ich an anderer Stelle Rechenschaft geben werde, hat ergeben, daß im RZR., wenn nur der Rufname des Zehntinhabers genannt wird, fast immer auch dieselbe Person gemeint ist; sollen Personen gleichen Rufnamens unterschieden werden, so wird dem einen von ihnen ein besonderer Zuname angehängt.
100) MUB. 375, S. 363.
101) MUB. 375, S. 369.
102) MUB. 375, S. 371.
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Breesen 103 ). Die Kolonisation in Breesen und in Dassow scheint erst um das Jahr 1220 energisch aufgenommen worden zu sein 104 ). Gleichzeitiger Lehensbesitz in den Ländern Ratzeburg und Gadebusch scheint aber zurückzugehen auf die Zeit vor 1201, als beide Länder noch unter der gemeinsamen Herrschaft der Ratzeburger Grafen standen. Wie bei dem Geschlecht der Hakenstedts 105 ) liegt auch bei den Herren v. Walsleben die Annahme nahe, daß sie durch Bischof Isfried, den früheren Propsten des 20 km sö. von Walsleben liegenden Klosters Jerichow, in das Ratzeburger Land gerufen worden sind.

Mit dem Wedekind des RZR. scheint der Ritter Wedekinus identisch zu sein, der 1229 in der Zeugenliste zur Urkunde über die Schenkung des Dorfes Disnak seitens des Herzogs Albrecht von Sachsen an das St. Johannishospital in Jerusalem erscheint 106 ). Es stimmt gut zu der Annahme, daß es sich hier zugleich um einen Wedekind v. Walsleben handele, daß dem Namen Wedekinus unmittelbar der Name Hermannus de Magdeborch vorhergeht.

Das Geschlecht scheint sich dann in zwei Linien geteilt zu haben. Die eine hat zwischen 1230 und 1240 die Wanderung nach Osten fortgesetzt, während die andere einen Teil der im RZR. aufgeführten Güter behielt und nur noch gelegentlich in den Urkunden als Herren v. Sterley erscheint.

Schon im Juli 1236 tauchte in Pommern am Hofe Herzog Wartislavs III. ein Wedgo auf, der zwar nicht den Beinamen v. Walsleben trug, aber dennoch sicher dieser Familie zuzurechnen ist. Nur bei den Walsleben kam auch in Pommern bis 1300 dieser Rufname vor; und aus einer Urkunde der Pommernherzöge vom Jahre 1244 107 ) ist ersichtlich, daß damals neben Johann v. Walsleben noch ein weiteres Glied des Geschlechts in Demmin ansässig war, dessen Rufname aber nicht genannt wird. 1236 riefen die Pommernherzöge in ihrer Be-


103) MUB. 375, S. 372.
104) MUB. 284; vgl. Maybaum, Die Entstehung der Gutsherrschaft im nordwestl. Mecklenburg, S. 8 ff.
105) Vgl. S. 164.
106) Hasse I. 474. Unter den Zeugen dieser Urkunde befindet sich auch der Ritter Otto de Kowal (Hasse liest fälschlich Rowal); Kowal ist das unmittelbar n. Sterley liegende Kogel.
107) Po. UB. 429.
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drängnis, in die sie durch ihr Eintreten für Bischof Konrad III. von Kammin anläßlich des Schwerin-kamminschen Bischofsstreits geraten waren, die Hilfe deutscher Ritter gegen die mecklenburgischen Fürsten herbei. Zu ihnen scheint auch Wedego gehört zu haben. 1236 wird er im Gefolge Wartislavs III. mit den beiden aus der Schweriner Grafschaft stammenden Rittern Konrad v. Schönwalde und Luthard v. Brüsewitz 108 ) aufgeführt. April 1240 109 ) war er in Stolp, Frühjahr 1244 in Demmin 110 ) im Gefolge Barnims I. Dann verschwindet Wedego v. Walsleben aber bis 1260 ganz aus der pommerschen Ritterschaft.

Zur gleichen Zeit, im April 1244, stellte sich am Hofe des Fürsten Pribislav von Parchim, der gerade damals die Tochter Herzog Barnims I. von Pommern heiratete, ein Ritter Wedekind v. Walsleben ein 111 ). Als Lehen trug er bis Anfang 1253 vom Parchimer Fürsten das Dorf Zarchlin, 7 km nnw Plau; Februar 1253 ging Zarchlin in den Besitz des Klosters Doberan über 112 ). 1244, 1247 und 1253 wird er als Zeuge in Pribislavs Gefolge urkundlich aufgeführt 113 ). An Wedekinds Namen haftet der schwere Vorwurf des Verrats an seinem Lehensherrn Pribislav, den er 1256 gefangennahm und an Bischof Rudolf von Schwerin auslieferte. Die Einzelheiten dieser Tat und die Gründe, die sie veranlaßten, sind aus den Quellen nicht mehr zu erkennen 114 ). Wedekind wurde aber mit "seinen Söhnen und Erben und Dienern, die bei der Gefangennahme dabei gewesen" waren, in die Urfehde einbezogen, welche die mecklenburgischen Fürsten und Graf Günzel von Schwerin am 28. XI. 1256 dem Bischof Rudolf in Schwerin schwuren 115 ). Danach muß Wedekind Söhne gehabt haben. Nach 1256 begegnen die Walslebens nicht mehr in Urkunden des Parchimer Landes; Wedekind wird es vorgezogen haben, aus der ritterlichen Gesellschaft in Parchim zu verschwinden


108) Po. UB. 335.
109) Po. UB. 377.
110) Po. UB. 429.
111) MUB. 560.
112) MUB. 714.
113) MUB. 560, 588, 714.
114) S. H. Witte, Mecklenburgische Geschichte, Bd. I, S. 167.
115) MUB. 782.
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und nach Pommern zurückzukehren, wo sich von 1260 ab öfter wieder ein Wedekind v. Walsleben zeigt 116 ). Um 1269 scheint er gestorben zu sein 117 ). Er hinterließ vermutlich drei Söhne: Waldemar 118 ), Wedekind 119 ) und Giseko 120 ). Waldemar ist früh verstorben, Wedekind II. und Giseko waren 1287 Vasallen des Bischofs von Kammin. Der in Demmin bleibende Zweig des Geschlechts waren Nachkommen Johanns v. Walsleben, der 1244 wohl Burgmannenamt und Burgmannenlehen seines nach Parchim ziehenden Bruders Wedekind I. übernommem hatte.

Die Vuncos und Zonekes scheinen slavische Rittergeschlechter zu sein. Bei den Vuncos oder Wnkas zeigt sich das schon in der häufig wechselnden Schreibweise des Namens; als hätte der Notar Schwierigkeiten gehabt, diesen Namen mit den ihm gebräuchlichen Buchstaben des lateinischen Alphabets lautgetreu wiederzugeben. Heinricus Vunco war wohl einer der ersten slavischen Großen in Pommern, die die Sitten der deutschen Ritter annahmen und sich in den neuen militärischen Berufsstand der milites aufnehmen ließen. Er wird in den Urkunden zum erstenmal als Zeuge genannt, als am 28. IV. 1240 Herzog Barnim I. von Pommern von Bischof Konrad von Kammin im Kloster Stolp, 6 km w. Anklam, den Bischofszehnten von 1800 Hufen in den Landschaften Prenzlau, Penkun, Stettin, Zehden und Pyritz zu Lehen nahm und dafür dem Bistum das Land Stargard a. I. überließ 121 ). Er befand sich 1242/3 als Heinrich Wnka, Vunka und Vuncko im Gefolge Herzog Barnims 122 ), um dann 1244 im Lande Parchim aufzutauchen 123 ). Eine bedeutende Rolle scheint weder er noch Bartold Zoneke inmitten der deutschen Ritterschaft der neuen Heimat gespielt zu haben. Dennoch werden seine Nachkommen auch nach Pribislavs Vertreibung aus dem Lande dort geblieben sein.


116) MUB, 862; Po. UB. 718, 768.
117) Po. UB. 834. Dann schweigen die urkundlichen Quellen über Wedekind I.
118) Po. UB. 1056. Der Zuname hat hier aber die Form: Wansleue.
119) Po. UB. l056, 1094, 1109, 1140, 1417, 1471.
120) Po. UB. 1140, 1417.
121) Po. UB. 377.
122) MUB. 542; Po. UB. 415, 419; MUB. 56O.
123) MUB. 560.
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1286 erscheint der Name Wnke wieder im Lande Werle-Parchim. Als Fürst Nikolaus II. von Werle am 10. VIII. 1286 dem Kloster Dobbertin die Hälfte des Dobbertiner Sees und den Vogtszug auf dem See von Kleisten, 4 km nö. Dobbertin, verkaufte, war unter einer stattlichen Zahl von Rittern und Knappen des Fürsten auch ein Knappe Johannes Wncke anwesend. Die Urkunde ist in Malchow gegeben 124 ). Und die Wahrscheinlichkeit, daß wir es hier mit einem Nachkommen jenes Vunco von 1244 zu tun haben, wird noch gesteigert durch eine Urkunde des Werler Fürsten vom 29. XII. 1294 125 ), nach der er dem vorpommerschen Kloster Neuenkamp das Eigentum von fünf Hufen in der Nähe von Goldberg (circa oppidum Goldberghe situatorum) verkaufte, die früher der "Ritter Johannes, genannt Wnken, der ehemalige Vogt daselbst, besessen hatte und die einstmals zum Burglehen von Richenhagen 126 ) gehört hatten". Johann Wnkes Name fehlt zwar unter den Zeugen; aber durch diese Urkunde wird klar, daß am Ende des 13. Jahrhunderts ein Ritter Johann Wnke noch Güter aus dem Richenhagener Burglehen besaß, deren Besitz vermutlich noch auf Pribislavs Gefolgsmann Vunco vom Jahr 1244 zurückgeht. Johannes Vunko wurde sogar Vogt von Röbel; vielleicht war der Knappe Johann von 1286 sein Sohn; und noch vom Juli 1331 bis zum Jahr 1338 geht ein Knappe Konrad Wnko durch die Urkunden des Landes Parchim 127 ).

Ein Zusammenhang des Geschlechts der Wnkas mit den Wenkes und Vinekes, den das Register des MUB. vermutet 128 ), wird aber kaum bestehen. Heinrich Wnka kam aus Stettin nach Parchim. Die Wenkes tauchen aber bei Dargun auf 129 ) und Ritter Vineke war allem Anschein nach ursprünglich bei Wismar ansässig 130 ).


124) Po. UB. 938.
125) Po. UB. 1702. Der Verkauf des Eigentums an diesen fünf Hufen ist am 12. II. 1296 (Po. UB. 1745) noch einmal von Nikolaus von Werle bestätigt worden.
126) Richenhagen ist später in die Feldflur von Goldberg aufgegangen.
127) MUB. 5256/7, 5358, 5369, 5689, 5859.
128) MUB., Bd. IV, S. 379.
129) Po. UB. 883.
130) Vgl. MUB. 4490.
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Von den Sonekes ist Bartold das erste urkundlich überlieferte Mitglied; sowohl der Vorname Bartold wie die sonst übliche Schreibart des Zunamens Zonike sprechen für slavischen Ursprung. Während der nächsten drei Jahrzehnte schweigt die Überlieferung über ihn. Ein Zweig des Geschlechts ist aber doch im Lande verblieben. Am 15. V. 1277 wird unter den Knappen der Werler Fürsten in Parchim ein Soneke 131 ), am 25. II. 1278 in Plau ein Sonekinus 132 ) erwähnt. Vermutlich ist es derselbe Mann wie der Ritter Friedrich Soneke, der am 22. VI. 1284 die Bestätigung der Gerechtsame der Stadt Parchim durch die Werler Fürsten mitunterzeichnete 133 ).

Die pommersche Herkunft des Geschlechts wird wahrscheinlich durch das Auftreten eines Friedrich Szoneke 1254 134 ) und 1257 135 ) im Gefolge der Pommernherzöge und des Fürsten Jaromar von Rügen. Ein Zweig des Geschlechtes erscheint von 1273 ab in Stargard 136 ) und in der Ukermark. Doch reichen die Quellen nicht aus, festzustellen, ob diese Sonekes aus Pommern oder dem Lande Parchim dorthin eingewandert sind.

Thethard v. Weye entstammt einem bremischen oder verdenschen Ministerialengeschlecht 137 ). Nur zwei Mitglieder dieser Familie sind im 13. Jahrhundert im Kolonisationsgebiet nachweisbar und werden nur je einmal genannt: unser Thethard und ein Knappe Alexander dictus de Weye, der von Fürst Wizlav von Rügen das Dorf Voigdehagen, 4 km s. Stralsund, zu Lehen trug und es vor dem 16. X. 1289 an die Stadt veräußerte 138 ). Es ist bei diesem spärlichen Material nicht möglich, Schlüsse zu ziehen über den Weg, den Thethard auf seiner Wanderung nach Parchim gezogen ist.

Rätsel gibt der Name Witto auf. Wäre der ratzeburgische Ritter Albus oder Otto v. Kogel gemeint, so würde man doch die deutsche Form Witte erwarten. Die Endung -o scheint mir


131) MUB. 1438.
132) MUB. 1454.
133) MUB. 1743.
134) Po. UB. 596.
135) Po. UB. 637.
136) MUB. 1281.
137) Vgl. Bertheau, Die Wanderungen des niedersächsischen Adels nach Mecklenburg und Vorpommern, in Zschr. d. Histor. Vereins f. Niedersachsen, Jg. 80, S. 7 f., 31 f.
138) Po. UB. 1515.
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wie bei Vunko auf slavischen Ursprung hinzudeuten. Dafür spricht auch eine andere Beobachtung. Am 23. III. 1235 werden in Demminer Urkunden des Herzogs Barnim I. von Pommern ein Pribislauus albus und sein Bruder Zlauko v. Wollin als Zeugen genannt 139 ). Stammvater des Geschlechts war Pribbezslaus de Kamin, der schon 1215 in Demmin am Hofe des Pommernherzogs nachweisbar ist 140 ). Der Zusatz Albus ist zunächst sicher kein Familienname, sondern ein ganz individueller Beiname des Pribislav. Vielleicht erklärt sich daraus auch das Fehlen des Vornamens bei dem Witto unserer Urkunde. Es gab eben unter den slavischen Rittern, die aus Pommern nach Parchim zogen, nur diesen einen Albus. In Pommern verschwindet dann dieser slavische Pribislav Witto. Erst 1268 taucht wieder ein Tezlav Witte und sein Bruder Dubislav in Usedom, Wollin und Kamin auf 141 ). Er nimmt hier von vorneherein eine gehobene Stellung ein und tritt in den Zeugenlisten gelegentlich selbst vor die deutschen Ritter. In Wollin fand auch Pribislav von Parchim nach seinem Sturze Zuflucht, Ich halte es daher für wahrscheinlich, daß Pribislav Witto oder seine Söhne zusammen mit dem Fürsten Pribislav das Land Parchim verlassen haben und wieder in ihre alte Heimat Wollin-Kammin zurückgekehrt sind. Im Lande Parchim sind Nachkommen dieses Witto nach 1256 nicht feststellbar.

Als 1247 Fürst Pribislav sich mit den Grafen von Schwerin über streitige Besitzungen in den Ländern Ture und Brenz verglich 142 ), waren als Zeugen nur deutsche Ritter anwesend: Nanno v. Lenzen, Wedekind v. Walsleben, Martin und Gerhard v. Malin, Arnold v. d. Möhlen und Heinrich v. Hagenow. Neu ist unter ihnen nur Heinrich v. Hagenow.

Nur sehr dürftig sind die unmittelbaren Nachrichten, die über die Familie v. Hagenow erhalten sind. Sie saß im Lande Wittenburg und im Ratzeburgischen und war eines der Geschlechter, die in den Sturz Albrechts von Orlamünde verwickelt wurden; sie gehörte dem Lebenskreis der Salems an. In der Grafschaft Schwerin und im Herzogtum Sachsen war


139) Po. UB. 303-306.
140) Po. UB. 166 v. 1215, 249 v. 1228, 316 v. 1235.
141) Po. UB. 862.
142) MUB. 588.
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ihre politische Rolle 1227 ausgespielt. Heinrich v. Hagenow mag gehofft haben, jetzt im Lande Parchim wieder eine führende Stellung zu erwerben.

Die Einwanderung weiterer ritterlicher Geschlechter zeigt die Zeugenliste einer Urkunde des Fürsten Pribislav vom 20. IX. 1249. Der Fürst verlieh in ihr dem Priester Johannes zu der Kirche in der Neustadt Parchim die dortige Burgkapelle mit sechs Hufen in Böken, eine Hof- und Hausstelle zwischen Burggraben und Mühlendamm und die Schulen in der Stadt. Die Urkundenhandlung ging auf der Burg Parchim vor sich, und bei ihr zugegen waren Nanno v. Lenzen, Arnold und Bernhard v. d. Möhlen, Dietrich Berser, Johann v. Restorf (de Redekestorp), die Brüder Iwan und Nikolaus v. Below, die Brüder Gerhard und Martin v. Malin und die Brüder Heinrich und Segebodo v. Holdorf (Holtdorp) 143 ).

Die Herren v. Bersen stammen vermutlich aus Westfalen, aus der Gegend des Klosters Bassum 144 ), nach dem sich das erzbischöflich bremische Ministerialengeschlecht der de Bersen oder de Bersne 145 ) nannte. Gegen diese Annahme spricht allerdings die gelegentlich in ostelbischen Urkunden neben der sonst gebräuchlichen Form des Zunamens Bersarius, Bersarinus, Bersere angewandte Variation Bursarius oder Bursere 146 ) und das Fehlen der bei den ostelbischen Bersers vertretenen Rufnamen Otto und Dietrich bei dem im Erzbistum Bremen zurückgebliebenen Zweig der Familie 147 ). Aber diesem Einwurf steht doch das Auftreten der rechtselbischen Bersers in Urkunden entgegen, die das Kloster Amelungsborn betrafen 148 ), und die Einreihung der Brüder Otto und Dietrich Bursarius zwischen die aus dem Bistum Verden stammenden Ritter Lippold Behr und Vogt Georg Schake in der Zeugenliste einer werleschen Fürstenurkunde vom 26. V. 1239 149 ). Das älteste


143) MUB. 633.
144) Bassum liegt 5 Meilen w. Verden.
145) Vgl. Lappenberg, Hamburgisches Urkundenbuch, anast. Neudruck, Hamburg 1907 (im folgenden abgekürzt: HUB.), Register, S. 848.
146) MUB. 499, 557/8.
147) S. Anm. 145.
148) S. Anm. 146.
149) MUB. 499; vgl. Bertheau, Die Wanderungen des niedersächsischen Adels nach Mecklenburg und Vorpommern, in Zschr. d. Hist. Vereins f. Niedersachsen, Jg. 80, S. 31 ff.
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bisher nachweisbare Glied dieses Geschlechts ist Otto Bersarius, der am 30. X. 1230 bei dem Grenzvertrag der Söhne Heinrichs II. Borwin mit Graf Günzel von Schwerin im Gefolge der ersteren Zeuge war 150 ). Otto Bursarius befand sich unter den Rittern des Werler Fürsten Nikolaus, als dieser am 7. IV. 1236 in Güstrow der Stadt Malchin das Schweriner Stadtrecht verlieh 151 ), und zusammen mit einem Dietrich Bursarius, als Nikolaus am 26. V. 1239 das Kloster Amelungsborn als Erbpächter in die Mühle von Priborn, 9 km s. Röbel, einsetzte 152 ).

Im Februar 1243 stoßen wir in Pommern auf einen Sifridus Berser, der zusammen mit Heinrich Vunka bei Schenkungen Herzog Barnims an das neugegründete Stettiner Nonnenkloster in seinem Gefolge genannt wird. Allerdings kommt Siegfried nur dies eine Mal in den Urkunden vor 153 ).

Otto Berser begegnet unter den werleschen Vasallen noch 1244 154 ), 1249 155 ), 1256 156 ) und 1261 157 ). Da er 1256 als miles de Robele bezeichnet 158 ) wird und da sechs von den acht Urkunden, in denen Otto vorkommt, in Röbel datiert sind 159 ), ist anzunehmen, daß Otto dort Burgmann war.

Dietrich war 1239 zusammen mit Otto Berser Vasall des Fürsten Nikolaus von Werle 160 ). Am 20. IX. 1249 befand er sich in Parchim beim Fürsten Pribislav 161 ). Dietrich ist dann nur noch einmal am 14. II. 1253 als Gefolgsmann Pribislavs urkundlich erwähnt, als dieser in Wismar dem Kloster Doberan das Dorf Zarchelin, 7 km nnw. Plau, verkaufte 162 ). Ob Dietrichs Übertritt aus werleschem Dienst in den Pribislavs unter Vunkas Einfluß 163 ) erfolgte, ist ebenso-


150) MUB. 381.
151) MUB. 449.
152) S. Anm. 149.
153) Po. UB. 415.
154) MUB. 557/8.
155) MUB. 636.
156) MUB. 768, 777.
157) MUB. 911.
158) MUB. 777.
159) MUB 499, 557, 558, 636, 768, 911.
160) MUB. 499.
161) MUB. 633.
162) MUB. 714.
163) Po. UB. 415.
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wenig festzustellen wie die Gegend im Lande Parchim, wo sein Lehen lag.

Nach 1261 verschwindet das Geschlecht Berser ganz aus der Ritterschaft des Kolonisationsgebiets. Vielleicht begnügten Ottos und Dietrichs Nachkommen sich mit der bescheideneren Rolle eines Parchimer Bürgers, unter denen 1282 noch ein Otto Berser genannt wird 164 ).

Ritter mit dem Zunamen de Redekestorp, v. Restorf, tauchen in mecklenburgischen Angelegenheiten zum erstenmal im August 1227 auf, als die Markgrafen Otto und Johann von Brandenburg in Werben in der Altmark die Schenkung des Dorfes Mirow seitens der Söhne Heinrich Borwins an den Johanniterorden bestätigten 165 ). Nicht weniger als fünf Brüder v. Restorf: Johann. Albert, Friedrich, Hartmann und Brüning, waren bei dieser Gelegenheit zugegen. Sie saßen zweifellos auf dem 5 km südlich Lenzen liegenden Gut Restorf. Vielleicht erklärt dieser Umstand die Einwanderung der Restorfs in das Land Parchim. 3 km ö. Restorf liegt ein Holtorf, 8 km ö. Schnakenburg; und 1229 finden wir einen Nanno v. Lenzen, 1241 Johann v. Schnakenburg, 1249 die fratres dicti de Holtorp 166 ) bei Pribislav von Parchim. Ebenfalls in Werben waren Albert und Helmbrecht v. Redixtorpe im Juli 1238 Zeugen, als die Markgrafen dem Kloster Dünamünde das Eigentum an 30 Hufen in Zachow und an 52 Hufen zu Siggelkow verliehen, die die Grafen von Dannenberg und von Schwerin von den Markgrafen zu Lehen getragen hatten 167 ). In die mecklenburgische Ritterschaft ist das Geschlecht dann eingetreten mit Ritter Johannes de Redekestorp 1249 in Parchim 168 ), und zwar allem Anschein nach unmittelbar und nicht auf dem Weg über brandenburgische Dienste.

Die Ritter Brüning und Albert de Redingestorp, die im Mai 1267 im mecklenburgischen Stargard als Zeugen auftraten, als Markgraf Otto das Dorf Daberkow, 5 km nö.


164) MUB. 1598.
165) MUB. 342.
166) Die Holdorfs sind allerdings von Holdorf im Lande Gadebusch her nach Parchim eingewandert, immerhin ist es aber doch möglich, daß Beziehungen auch zu Holtorf bei Restorf bestanden.
167) MUB. 488.
168) MUB. 633.
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Woldegk, gegen Zehnten im Lande Pritzwalk vertauschte 169 ), sind vielleicht Johanns Söhne; denn Brüning war am 15. V. 1277 am Hof der Werler Fürsten, als sie der Parchimer Geistlichkeit das Recht zu testieren verliehen 170 ). Albert hielt sich anscheinend im Lande Stargard auf, wo er im August 1270 eine in Lichen ausgestellte Urkunde testierte, in der die Markgrafen der Stadt Friedland das Übermaß auf ihrer Feldflur überließen 171 ). Am 20. VIII. 1280 befand er sich in Berlin unter den brandenburgischen Vasallen, als die Markgrafen sich mit ihnen über die Aufhebung der Bede und der außerordentlichen Frohnden verglichen. Bei dieser Gelegenheit waren auch Zabel und Gerhard de Redingestorp zugegen 172 ).

Von ihnen wird Zabel oft in Urkunden der Werler Fürsten genannt. Er begegnet uns hier zuerst zum 13. I. 1274 in Röbel, als die Werler Fürsten dem Kloster Amelungsborn das Eigentum des Dorfes Berlinchen, 8 km nö. Wittstock, verkauften 173 ). Als die Fürsten sich mit Bischof Heinrich von Havelberg über Freienstein und die Grenze bei Wittstock einigten, wurden Ritter Zabel v. Restorf und Heinrich v. Vlotow, Vogt in Röbel, damit beauftragt, die Grenzen vom Einfluß der Vosse in den Daberbach bis zum Dorf Babitz zwischen Neu-Haslow und Randow und Alt-Haslow festzulegen 174 ). Er wird also besondere Ortskenntnis in dieser Gegend gehabt haben und in ihr ansässig gewesen sein. Unter den Zeugen der Urkunde über diesen Vertrag stehen Prizbur et frater eius Sabellus de Redichsdorp. Wir sehen hier gut an einem Beispiel, wie slavische Namen in deutsche Familien eindrangen. Pritzbur ist der oft genannte Ritter Pritzbuer von Havelberg. Zabel kann daher nur sein Stiefbrüder gewesen sein. Zabels Vater hatte also eine Witwe aus dem slavischen Geschlecht der Havelbergs geheiratet, die den in dieser Familie oft vorkommenden Namen Zabel auf einen Sohn aus ihrer zweiten Ehe übertrug.

In der Zeit vom August 1275 bis zum Mai 1285 war Zabel im Gefolge der Markgrafen 175 ), die er sogar nach Görlitz


169) MUB. 1119.
170) MUB. 1438.
171) MUB. 1194.
172) MUB. 1548.
173) MUB. 1314.
174) MUB. 1327.
175) MUB. 1370, 1439, 1513, 1540, 1548, 1610, 1702, 1797.
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begleitete 176 ). 1277 war er bezeichnenderweise Zeuge, als die Brandenburger dem Bischof von Havelberg das Eigentum der Ländereien um Babitz, 4 km ö. Wittstock, verliehen 177 ). 1280 testierte er bei der Verleihung des Dorfes Sagwitz bei Schwarz an das Kloster Dobbertin 178 ), 1282 bei der Übertragung des Eigentums an den Dörfern Schwarz, Zeten und Diemitz, sw. Wesenberg 179 ). Auch Gerhard und Zabel möchte ich für Söhne Johanns, vielleicht aus einer zweiten Ehe, halten. Sie waren allem Anschein nach im Grenzgebiet zwischen Brandenburg und dem Lande Parchim, bei Babitz in der Gegend von Wittstock mit Landbesitz ausgestattet.

Das erste bekannte Glied der Familie v. Below, Nikolaus, war am 24.V. 1217 mit Otto Albus, Nothelm v. Göldenitz und Werdag v. Mölln Zeuge, als Bischof Heinrich von Ratzeburg die der Bergedorfer Kirche vom Grafen Albrecht von Orlamünde gemachten Schenkungen in Kurslak, Börnsen und Wendorf bestätigten 180 ). Ungefähr um dieselbe Zeit treffen wir ihn auch im Gefolge des Grafen Günzel von Schwerin, als dieser dem Ratzeburger Bistum Güter in Groß-Eichsen verlieh, die sein Lehensmann Heinrich dem Bistum verkauft hatte 181 ). Dann ist Nikolaus noch im Februar 1228 im Gefolge des Grafen Heinrich von Schwerin nachweisbar, als dieser den Schweriner Domherren den bisher vorenthaltenen Teil der Zehnten im Lande Zelesen zurückgab 182 ) und das Dorf Medewege, 4 km n. Schwerin, von landesherrlichen Lasten befreite 183 ). Zwanzig Jahre schweigt dann die Überlieferung über die Belows, bis sie erst wieder 1249 in Parchim auftauchen. Aus dem Lebenskreis des Nikolaus v. Below ergibt sich, daß seine Heimat im Ratzeburgischen oder in der Gegend von Groß-Eichsen zu suchen ist. Sie wird das Dorf Belowe, im Ksp. Breitenfelde, das heutige Bälau, 3 km w. Mölln, sein und nicht Below, 7 km w. Goldberg, das von den Belows erst nach ihrer Einwanderung im Lande Parchim in Erinnerung an die alte Heimat angelegt


176) MUB. 1540.
177) MUB. 1439.
178) MUB. 1513.
179) MUB. 1610.
180) MUB. 233.
181) MUB. 231.
182) MUB. 348.
183) MUB. 348.
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sein wird 184 ). Da in Bälau aber 1230 kein Lokator mehr nachweisbar ist, sondern der halbe Zehnte des 12 Hufen umfassenden Dorfes ohne Abzug für einen solchen dem Propsten des Ratzeburger Domkapitels zustand 185 ), ist anzunehmen, daß die Belows schon damals das Ratzeburger Bistum verlassen und vorher ihren Besitz an das Domkapitel veräußert hatten.

1249 waren Iwan und Nikolaus v. Below, vermutlich Söhne des Nikolaus von 1217 und 1228, bei Fürst Pribislav von Parchim. Vielleicht hatten die Brüder Arnold und Bernhard v. d. Möhlen sie nach sich gezogen in das neue Land. Iwan erscheint nur noch einmal am 14. II. 1253 in des Fürsten Gefolge in Wismar 186 ). Nikolaus II. tritt noch bis 1278 auf, und zwar in Urkunden, die sich auf die Stadt Parchim beziehen 187 ).

Die Belows sind nach 1256 im Lande geblieben und haben dort reichen Besitz erworben. Sie bildeten zu Ende des 13. Jahrhunderts zusammen mit den Brüsewitzen und Malins geradezu die typischen Geschlechter für die Länder Goldberg und Parchim. Sie hatten später Besitz in Below, 6 km w. Goldberg, wo sie 1299 eine Familienkapelle gründeten 188 ), in Augzin und Zidderich 189 ), w. Goldberg, und in Dütschow, 12 km ö. Parchim 190 ). Erst 1296 ist ein Below, Wulwoldus, außerhalb des Landes anzutreffen als Truchseß Herzog Bogislavs IV. und Herr auf Kröslin, Venzemin und Vreest n. Wolgast 191 ).

Der älteste Vertreter des Geschlechts v. Holdorf ist Segebodo, der 1226 und 1229 in mecklenburgischen Diensten tätig war 192 ). Er saß nach dem RZR. 1230 in Roggendorf, 5 km w.


184) Wenn man wie Jegorov den Gleichlaut der beiden Ortsnamen auf Familienwanderungen zurückführt, dann ist es unlogisch den Zunamen de Below auf etwas anderes als eine Ortsbezeichnung zu gründen und mit einer Gleichsetzung Below (bjelo = weiß) = Albus, Witte zu spielen. Vgl. Jegorov, Bd. II, S. 37.
185) MUB. 375, S. 365.
186) MUB. 714.
187) MUB. 1336, 1438, 7200.
188) MUB. 2551, 2595.
189) MUB. 3443.
190) MUB. 3530.
191) Po. UB. 1783, vor allem Po. UB. 1956.
192) MUB. 321, 362. Über die Holdorfs wird ausführlicher gehandelt in meinem 1933 in den Mecklenburg-Strelitzschen Geschichtsblättern erscheinenden Aufsatz: "Die Personen des Ratzeburger Zehntenlehenregisters von 1230" unter Segebodo und unter Gisla.
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Gadebusch 193 ), und läßt sich unter den Vasallen des Fürsten Johann von Mecklenburg noch bis 1237 verfolgen 194 ). Die Brüder Heinrich und Segebodo II. v. Holdorf, die am 20. IX. 1249 in Pribislavs Umgebung auftauchten, werden seine Söhne gewesen sein, die durch die Malins aus dem 4 km nö. Roggendorf liegenden Dorf Möllin in das Land Parchim herbeigeholt sein mögen. Sie sind dort auch geblieben, als Pribislav in die Verbannung gehen mußte. Heinrich war im September 1271 Zeuge, als Nikolaus II. von Werle dem Kloster Dargun ein Drittel der Einnahmen aus dem Hochgericht in den Dörfern verlieh, die es in seinem Lande besaß 195 ); Segebodo im Januar 1273, als der Fürst der Stadt Parchim ihre Rechte bestätigte 196 ), und im April 1274, als Nikolaus dem Kloster Stepenitz das Eigentum der Dörfer Karbow und Wilsen und von 30 Hufen in Kreien, s. Lübz, verlieh 197 ). Dann treffen wir beide Brüder zusammen noch im Juni und im August 1274 in Nikolaus' Gefolge in der Umgegend von Röbel 198 ) In welchem Teil des Landes sie ansässig gewesen sind, läßt sich aber aus den angeführten Urkunden nicht feststellen.

Erst 1311 erscheint wieder ein Mitglied dieser Familie in der Überlieferung, der Knappe Gert Holdorf, der mit andern Rittern Zehnte aus Severin, 9 km nw. Parchim, vom Ritter Siegfried von Plön als Pfand erhalten hatte 199 ). Sonst begegnet dieser Gert aber nur noch in Angelegenheiten, die den nordwestlichen Teil des Fürstentums Mecklenburg betreffen 200 ); er scheint also bald nach 1311 in die alte Heimat seines Geschlechts wieder zurückgewandert zu sein.

Am 14. II. 1253 verkaufte Pribislav in Wismar dem Kloster Doberan das Eigentum am Dorfe Zarchelin, das Wedekind v. Walsleben von ihm zu Lehen gehabt hatte, mit dem Zehnten 201 ). Zarchelin liegt 7 km n. Plau. Die in der Zeugenliste aufgeführten Ritter: Widukind v. Walsleben, Mar-


193) MUB. 375, S. 371.
194) MUB. 391, 429, 436, 454, 458, 467.
195) MUB. 1237.
196) MUB. 1267.
197) MUB. 1322.
198) MUB. 1327, 1342.
199) MUB. 3466.
200) MUB. 4676, 6287, 6460.
201) MUB. 714.
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tin v. Malin, Dietrich Berser, Iwan v. Below, Gerhard v. Leisten, Heinrich v. Rolstedt werden als Gefolgsleute des Fürsten und mit Ausnahme Wedekinds v. Walsleben nicht als ortskundige Nachbarn des Dorfes Zarchelin testiert haben. Neu sind in Pribislavs Umgebung Heinrich v. Rolstedt und Gerhard v. Leisten.

Heinrich v. Rolstedt wird nur noch 1256, anscheinend im Juni 202 ), in Sternberg als Zeuge erwähnt, als Pribislav dem Kaplan Jordan die Kapelle in Wahmkow, 18 km s. Sternberg, verlieh und allen seinen Rechten an vier Hufen der Kirche zu Raden, 4 km nö. Sternberg, entsagte. Hinzu kommt die Nachricht eines Clandrianschen Regests mit dem Datum 1262, wonach Fürst Johann von Mecklenburg dem Kloster Dobbertin "zwey Hufen am Dorffe Bülowe und eine Hufe im Dorffe Stitne, welche Hinricus von (R)olstede besessen hat", verlieh 203 ).Bülow ist das Bülow, 9 km ö. Crivitz, Stieten liegt 7 km s. Sternberg. Heinrich v. Rolstedt war, wie das Zeugenverzeichnis der beiden Urkunden und die Lage der veräußerten Güter zeigt, nicht bei Parchim ansässig. Vielleicht war er Burgmann Pribislavs auf der erst kürzlich vom Fürsten erbauten Feste Richenberg. Weder über seine Herkunft noch über sein und seines Geschlechts Verbleib sind urkundliche Nachrichten überliefert.

Nach Gerhard v. Leisten ist wohl das Dorf Leesten, das heutige Leisten, 6 km n. Plau, genannt worden 204 ). Man hat in diesem Gerhard das Mitglied eines aus Langen-Lehsten im Lauenburgischen stammenden Geschlechts v. Lehsten sehen wollen. Wir wissen jedoch von dieser Familie aus der Zeit vor 1253 nichts 205 ). Es lebten aber damals in Pommern zwei Ritter Heinrich und Dietrich de Listen, die in Zeugenlisten der Urkunden 206 ) unter die aus Brandenburg eingewanderten Ritter eingereiht sind. In der ältesten, vom 25. II. 1243 207 ), befindet Heinrich v. Listen sich in der Gesellschaft des 1244 nach Parchim


202) MUB. 770/1.
203) MUB. 935.
204) Das Dorf bestand 1270. MUB. 1238.
205) Vgl. den Aufsatz über die Herren v. Maltzan. Der sonst oft als Mitglied des Geschlechts v. Lehsten angesehene Zehntinhaber Bernhard auf Langen-Lehsten war wohl ein Maltzan.
206) Po. UB. 416, 454, 3932, 485.
207) Po. UB. 416.
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eingewanderten Heinrich Wnko 208 ). Daher nehme ich an, daß er von Heinrich Wnka in das Land Parchim nachgezogen worden ist. Gerhard mag der Sohn Heinrichs de Listen gewesen sein. Wenn diese Vermutung zutrifft, beweist sie, daß auch die aus Pommern eingewanderten Ritter wie Wnka in dauernder Verbindung mit ihrem Ursprungsland blieben. Noch im Juni 1284 war Gerhard v. Leisten in Parchim, als Fürst Nikolaus die Gerechtsame der Stadt bestätigte 209 ).

Die beiden letzten erhaltenen Urkunden des Fürsten Pribislav sind im Juni 1256 in Sternberg ausgestellt worden; in der einen verlieh er seinem Kaplan Jordan die Pfarre in Wamkow, 8 km s. Sternberg 210 ), in der andern entsagte er allen seinen Rechten an vier Hufen der Kirche zu Raden, 3 km n. Sternberg 211 ). Die Rechtshandlungen sind in Sternberg vollzogen worden. Bei ihnen waren als Zeugen die Ritter Hermann Brushavere und sein Bruder Arnold, Heinrich v. Rolstedt 212 ) und Heinrich v. Boltdorf (bzw. Boltendorpe) zugegen. Da unter ihnen keiner der um Parchim festgestellten Vasallen vertreten ist, scheinen sie Burgmannen in Richenberg gewesen zu sein.

Die Brüder Hermann und Arnold Brusehaver werden aus der Grafschaft Schwerin gekommen sein, wo 1246 ein Ritter Friedrich Brusehaver zusammen mit Eberhard und Johann v. d. Möhlen 213 ) als Zeuge in Angelegenheiten des Klosters Reinfeld genannt wird. Die Herren v. d. Möhlen mögen hier die Vermittler beim Übertritt der Brusehavers in parchimsche Dienste gewesen sein. Seit Juni 1255 treten allerdings auch Brüsehaver in Pommern, in der Gegend von Pyritz, auf 214 ). Aber es ist kein Bindeglied unter Pribislavs Rittern nachweisbar, das auf Beziehungen des Parchimer Hofs zu Pyritz schließen läßt. Hinzu kommt, daß Hermann noch vor 1264 in schwerinsche Dienste zurückgetreten zu sein scheint 215 ). Arnold Brüsehaver blieb wohl im Lande Parchim. Er hat seinen frü-


208) Vgl. S. 172 f.
209) MUB. 1743.
210) MUB. 770.
211) MUB. 771.
212) Über Heinrich v. Rolstedt vgl. S. 183.
213) MUB. 582.
214) Po.UB. 608, 610/11, 702.
215) MUB. 1009.
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heren Lehnsherrn Pribislav im Februar 1270 nach Schwerin begleitet, als dieser dort allen Ansprüchen auf die Stadt Parchim entsagte 216 ). Seit 1270 war er Vasall Nikolaus II. von Werle und scheint bei Plau ansässig gewesen zu sein.

Über die Herkunft und den Verbleib von Heinrich v. Boltendorf läßt sich nichts mehr ermitteln. Er wird in den Quellen nur in diesen beiden Urkunden des Fürsten Pribislav genannt.

Betrachtet man die Parchimer Ritterschaft bis 1256 zusammenfassend nach ihrer Herkunft, so ist festzustellen, daß sie bis 1243 ausschließlich von Westen und Nordwesten her zuwanderte. Von 1244 ab stellte sich als Folge dynastischer Familienverbindung auch erheblicher Zuzug von Osten, von Pommern her, ein. Zum Teil waren es Ritter deutschen Ursprungs, wie Wedekind v. Walsleben, Dietrich Berser 217 ) und Gerhard v. Leisten, dessen Geschlecht aus dem Brandenburgischen zu stammen scheint, zum Teil aber auch Slaven, wie Heinrich Wnka, Bartold Soneke und Witto. Von den übrigen nach 1244 zugewanderten Rittern kamen Heinrich v. Hagenow aus dem südwestlichen Teil des Landes Wittenburg, Johann v. Restorf aus der Gegend von Lenzen, die Belows und Brusehavers aus dem Gebiet nördlich Schwerin, die Holdorfs aus dem Gadebuscher Lande. Nicht feststellbar war allein die Heimat der Ritter Heinrich v. Rolstedt und Heinrich v. Boltendorf, nur unbestimmt die Thethards v. Weye.

Mit Ausnahme der drei zuletzt Genannten sind die deutschen Ritter nicht unmittelbar aus dem deutschen Mutterlande zugewandert; sie selbst oder ihre Vorfahren lassen sich vor ihrem Einzug in das Land Parchim schon in anderen Gegenden rechts der Elbe nachweisen. Im allgemeinen kamen sie vom Westen oder Nordwesten her; von Norden und z. T. Nordosten, aus dem Werler Fürstentum, zogen nur Johann v. Schnakenburg, die Hakenstedts und Dietrich Berser in das Land. Aber gerade sie gehörten Geschlechtern an, deren Heimatsburg bestimmt auf altdeutschem Boden stand. Dem Zunamen nach wird man ferner Nikolaus v. Hamburg unbedingt als deutschen Ritter ansehen müssen.


216) MUB. 1180
217) Möglich ist aber immerhin, daß Dietrich Berser aus dem werleschen Gebiet kam. Vgl. S. 177.
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Schwieriger läßt sich die Nationalität feststellen bei den Herren v. Lenzen, v. Malin, v. d. Möhlen, v. Artlenburg, v. Walsleben, v. Hagenow, v. Restorf, v. Below, v. Holdorf, v. Leisten und Brusehavere. Mit Ausnahme der Brusehavers nennen sie sich alle nach Ortsnamen, die durch das Bindewort de mit dem Rufnamen verbunden sind. Deutlich stehen diesen Namensbildungen die bestimmt als slavisch anzusehenden: Vunco, Witto, Bartoldus Zoneke und der dänische Hermannus Kanut gegenüber; die Zunamen fehlen hier ganz oder werden gebildet, indem man den Namen des Vaters hinzufügt. Wie aber die Bezeichnung nach Örtlichkeiten ganz der Gewohnheit in den Ländern westlich der Elbe entsprach, so weisen dahin auch die ausschließlich deutschen Vornamen der zuerst genannten Gruppe. Ein Vergleich der Zeugenlisten unserer parchimschen Urkunden mit denen gleichzeitiger Urkunden der pommerschen Fürsten erweist überzeugend, daß hier zwei verschiedene Nationalitäten sich gegenüberstehen, obwohl Pribislav selbst doch Wende war. Wenn man Jegorov auch insofern zustimmen muß, daß es sich bei der Besiedelung des Landes Parchim in der Hauptsache um eine geographische Umschichtung des damals schon rechts der Elbe ansässigen Adels gehandelt hat, so ist desto schärfer die von ihm verfochtene Theorie abzulehnen, daß dieser Adel slavisch gewesen sei, wofür er allerdings den Beweis vorenthalten hat.

Ganz deutlich zeigt sich hier das starke Übergewicht der deutschen Einwanderer gegenüber den slavischen, die auch nur als Gefolgsleute ihrer Herzogstochter die pommersche Heimat verlassen haben. Anstoß zur Wanderung scheint in vielen Fällen die Einwirkung schon im parchimschen Lande seßhaft gewordener Ritter gegeben zu haben, die immer noch in Verbindung mit der Heimat blieben und von dort die Söhne von Nachbarn oder Verwandten veranlaßten, wie sie selbst in dem noch zu erschließenden Land eine neue, weitere und gutes Fortkommen verheißende Heimat zu suchen. So zog Nanno v. Lenzen die Ritter Johann v. Schnakenburg, Johann v. Restorff und vielleicht auch die Holdorfer Brüder herbei, die Herren v. d. Möhlen beeinflußten die Belows und Brüsehavers, Nikolaus v. Hamburg-Wittenburg rief Heinrich v. Hagenow ins Land, die Malins die Herren v. Holdorf.

Die meisten dieser Familien sind nach Pribislavs Vertreibung im Lande geblieben. Nach Pommern sind - wohl

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zusammen mit ihrem unglücklichen Fürsten - der Herr v. Weye, dessen Sohn oder Enkel gegen Ende des Jahrhunderts Besitz in Voigdeshagen, s. Stralsund, hatte, Witto und Knut ausgewandert, dessen Nachkomme noch Pribislavs Sohn nach Belgard begleitete. Wedekind v. Walsleben verließ wohl aus anderen Gründen den ihm zu heiß gewordenen Parchimer Boden und kehrte nach Demmin zurück. Die Hakenstedts haben sich vielleicht schon vor 1256 wieder der Gegend um Gnoien und Dargun zugewandt. Nicht feststellbar war das Verbleiben Heinrichs v. Artlenburg und Heinrichs v. Boltendorf.

Die Wohnorte dieser Ritter innerhalb des Landes Parchim lassen sich oft nur vermutungsweise auf Grund mehrfachen Auftretens als Zeuge in derselben Gegend erschließen. Danach saßen in der Umgegend von Plau die Brüsehavers und die Schnakenburgs (Slapzow, Reppentin), 7 km n. die Leistens auf Leisten, bei Goldberg die Wnkas und Belows (Zidderich, Augzin, Below), südlich Sternberg Heinrich v. Rolstedt (Stieten). Südlich Lübz erscheinen die Belows, Schnakenburgs (Kreien), Knut, v. d. Möhlen (Siggelkow) und auf weit vorgeschobenem Außenposten die Restorffs auf Babitz. Es handelt sich also überall um ausgesprochenes Grenzgebiet nach Norden, Osten und Süden; auffällig ist das Fehlen der eingewanderten Ritter im Westen des Landes. In nächster Umgebung von Parchim, wo die Nachkommen des Nikolaus v. Wittenburg und Dietrich Bersers sich als Bürger niederließen, waren anscheinend nur die Lenzen-Kardorffs und die Malins ansässig. Das Innere des Landes ist erst nach 1256 germanisiert worden.

Der Aufsatz wollte prüfen, ob es möglich sei, durch ausführliches Eingehen auf die Geschichte der einzelnen ritterlichen Geschlechter im mittelalterlichen Mecklenburg ein zuverlässigeres Bild über die Besiedelung des Landes zu gewinnen, als es bisher vorlag. Der auf einen kleinen Teil Mecklenburgs und auf kaum ein Menschenalter beschränkte Versuch führte zu dem überraschenden Ergebnis, daß von den 29 Rittern, die von den Urkunden zwischen 1226 und 1256 im Lande Parchim genannt werden, für 26 ihre Herkunft und für 25 ihr oder ihrer Nachkommen Verbleib festzustellen ist. Mit diesen 29 Rittern wird aber der weitaus größte Teil des damals in das Land Parchim eingewanderten Schwertadels erfaßt sein.

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Angesichts des Jegorovschen Buches mit seiner stark slavischen Tendenz wird die Geschichte der Kolonisation Gesamt-Mecklenburgs durch die Deutschen noch einmal einer eingehenden Nachprüfung unterzogen werden müssen, die auszugehen hat von Sonderuntersuchungen der einzelnen Landesteile. Eine Reihe solcher Untersuchungen sind vom Verfasser schon für andere Teile des Landes vorgenommen worden. Sie zeigen fast noch stärker, als die bisherige Auffassung es tat, daß die Besiedelung des Landes eine Großtat allein der deutschen Ritterschaft gewesen ist, an der der slavische Adel nur in ganz geringem Maße beteiligt war.

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