9. Die Gründung der Stadt Waren
).
Die letzte Stadt, die noch mit einiger Sicherheit
den von Nikolaus I. von Werle gegründeten
Städten zuzurechnen ist, ist Waren an der
Müritz. Der Ort ist heute eine der bedeutendsten
mecklenburgischen Kleinstädte. Vor allem wird
dies dem Einfluß der Eisenbahnlinie
Berlin-Warnemünde-Kopenhagen zuzuschreiben sein,
die die Stadt berührt. Aber auch die Lage der
Stadt an der Müritz, die durch die Elde mit der
Elbe in Zusammenhang steht, war wichtig für die
Entwicklung der Stadt. Im Mittelalter führte
auch eine befahrene Straße von Waren am Westufer
der Müritz entlang über Röbel von Norden nach
Süden in die Mark. Bei Eldenburg, wo die Elde
aus der Müritz fließt, ganz in der Nähe Warens,
war die Stelle, wo diese Straße sich über die
Elde zog. Als ein bedeutendes Erbteil aus dem
Mittelalter, das der heutigen günstigen
Entwicklung Warens zugute gekommen ist, muß man
auch den großen Grundbesitz der Stadt ansehen,
der, abgesehen von dem Rostocks, der größte von
allen mecklenburgischen Städten ist, allerdings
auch sehr viel Wasserfläche in sich enthält.
Wann und von wem der Grund zu dieser Entwicklung
gelegt wurde, entzieht sich unserer Einsicht.
Ein Stiftungsbrief der Stadt ist nicht erhalten.
Wahrscheinlich wurde Waren vor dem Jahre 1273
von Nikolaus durch Verleihung des Schweriner
Stadtrechts gegründet
). In diesem
Jahre wird uns die Kirche von Waren zuerst in
einer Urkunde genannt
). Offenbar ist darunter
die Pfarrkirche der Stadt, die heutige
Georgenkirche, zu verstehen, da die Marienkirche
in ihrer ältesten Gestalt nur eine Burgkapelle
der Fürsten von Werle gewesen ist
). Wenn aber die Georgenkirche im
Jahre 1273 schon bestand, wird die Stadt, deren
Pfarrkirche diese war, auch schon existiert
haben. Waren wird danach wie Röbel, Penzlin und
Wesenberg zwischen 1260 und 1270 von Nikolaus
gegründet sein. Da dieser Fürst jedoch, wie wir
nachgewiesen haben, allen seinen übrigen Städten
Schweriner Stadtrecht verlieh, wird er auch
Waren dies Recht erteilt haben. Da wir nur
wenige Nachrichten über Waren aus dem
Mittelalter besitzen, weist allerdings kaum mehr
eine Spur auf den Gebrauch dieses Rechtes durch
die Stadt hin. Anscheinend besaß jedoch auch in
Waren der Stadtrat das Innungsprivileg des
Schweriner Rechts. Denn im Jahre 1334 geben die
Warener Ratmänner den dortigen Leinewebern eine
Zunftrolle und setzen von sich aus Bestimmungen
über dies Gewerbe und die Ordnung in der Zunft
fest
). Daraus ist zu erkennen, daß
auch in Waren den Ratmännern die Aufsicht über
die Innungen und die damit verbundene
Gerichtsbarkeit zustand, wie es dem
entwickelteren Zustand des Schweriner Rechts,
das uns für Krakow urkundlich überliefert ist
), entsprach. Bevor die Stadt
gegründet wurde, bestand
neben dem Platze der heutigen Stadt ein
wendisches Dorf, das wahrscheinlich in der
Gegend, die heute Alt-Waren heißt, lag und
dessen Bevölkerung sich noch nach der
Stadtgründung in dem Kietz erhielt
). Auch eine wendische Burg lag
in der Nähe von Waren in der Feißneck. Bei der
Stadtgründung mag der Landesherr seine Burg in
die Nähe der Stadt an die Stelle der heutigen
Marienkirche verlegt haben, da diese Kirche
ursprünglich nur eine Burgkapelle war. Noch
heute heißt die Straße, die an der Marienkirche
vorbei bzw. auf diese zuführt, die große bzw.
die kleine Burgstraße. Als neben der Altstadt
eine Neustadt angelegt wurde, wurde die Burg mit
in diese eingezogen und mag, wie es uns aus
anderen Städten bekannt ist
), dann auf Drängen der
Bürgerschaft geschleift sein. Die Neustadt ist
wahrscheinlich bald nach der Gründung der
Altstadt angelegt worden, da die neue Kirche
wenig jünger sein dürfte wie die alte
). Urkundlich ist uns über die
Entstehung der Neustadt und die spätere
Vereinigung dieser beiden Städte nichts bekannt.
Offenbar ist die Marktstraße, die in starker,
allmählicher Verbreiterung auf den neuen Markt
einmündet, der Kern der Neustadt gewesen. Sie
mag wegen ihrer Form und ihres Namens schon vor
der Anlage der Neustadt bestanden haben,
besonders weil sie zwischen der Burg und der
alten Stadt auch eine für den Handel günstige
Lage hatte. Beide Städte, Alt- und Neustadt,
sind Gründungen aus frischer Wurzel, wenn auch
dies aus dem Stadtplan nicht so deutlich
erkennbar ist, da Seen und Sümpfe, die Waren von
allen Seiten einschließen, der Stadt ihre
Grundrißbildung zum Teil vorgeschrieben haben
).
Man erkennt daher in dem Warenschen Stadtplan
keinen ausgesprochenen Typus einer Stadtgründung
aus frischer Wurzel. Aber die Anlage der
einander gleichlaufenden Längsstraßen, von denen
die Querstraßen wiederum rechtwinklig abgehen,
läßt erkennen, daß der Grundriß der Stadt nicht
durch ein evtl. schon vor der Stadtgründung
bestehendes Dorf beeinflußt wurde. Die erste
Bürgerschaft Warens war anscheinend überwiegend
deutscher Ab-
stammung. Dafür zeugen die Namen der acht
Ratmänner, die uns im Jahre 1334 überliefert
werden, von denen uns fünf nur nach ihrer
Herkunft, drei aber mit einem deutschen Namen
bezeichnet werden
). Vor diesem Jahre
begegnen uns schon Westfal, Kröger und Berhals
als Warener Bürgernamen
).