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V.

Die Rechte der Stadt Wismar
an Bucht und Hafen

von

Friedrich Techen.

 

Vignette
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I n der ersten Anlage zu seinem rechtsgeschichtlichen Gutachten über das vormalige Küstengewässer (Strand) und die Rechtsverhältnisse in der Travemünder Bucht hat das Mecklenburg-Schwerinsche Geheime und Hauptarchiv den Wismarschen Hafen behandelt und ist darin zu dem Ergebnisse gekommen, daß die Landesherren Wismar nie die Nutzung des Tiefs der Bucht strittig gemacht, nie aber anerkannt haben, daß die Stadt dort eine Gebietshoheit habe. "Der Prozeß wegen des Strandrechts auf der Lieps, der sich zu einem Streit um das Tief erweiterte, ist nicht zu Ende geführt worden. Wismar berief sich damals (1597) auf seine Privilegien und auf unvordenklichen Besitz. Die Privilegien aber, wenn man sie richtig verstand, ließen die Stadt im Stich . . ., und daß es ihr gelungen wäre, einen unvordenklichen Besitz zu erweisen, kann nach dem Stande der Akten nicht behauptet werden. Beide, die Landesherrschaft sowohl wie Wismar, haben verschiedentlich ihren Anspruch verfochten und betätigt; das bessere Recht aber ist auf Seiten der Landesherrschaft gewesen" * ).

Ich bin völlig damit einig, daß wie ehemals so auch jetzt die Stadt Wismar ihre Ansprüche auf den Hafen auf Privilegien und unvordenklichen Besitz zu stützen hat. Freilich lassen die Privilegien insofern einigermaßen im Stich, als die Auslegung nicht zweifelsfrei ist. Meine Auslegung, die ich in den Hansischen Geschichtsblättern 1906 S. 273 vorgetragen habe, benötigt einer Änderung des Textes, die als richtig anzuerkennen niemand gezwungen werden kann, die aber, an sich geringfügig genug, den Text verständlich macht und ihn in Einklang mit dem bringt, was sonst über die Rechtslage bekannt ist. Danach verleiht (oder bestätigt) Herr Heinrich von Meklenburg der Stadt 1266 omnia infra terminos sive disterminaciones dicte civitatis (Wismar) contenta, tam aquas, quam prata cum pascuis et insula (überliefert: insulam) Lypez usque ad municiones civitatis . . . perpetuo possidenda.


*) Vgl. Jahrb. 89, S. 192 ff. Wir geben der folgenden Entgegnung unseres langjährigen Mitarbeiters gern Raum, wenn wir auch in der Bewertung des Materials zu einem anderen Ergebnis kommen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, bemerken wir nur, daß die Fischerei in der Wismarschen Bucht im 19. und 20. Jahrhundert landesherrlich geregelt ist (ebd. S. 207), was sich mit der Schlußfolgerung des Herrn Verfassers nicht vereinigen läßt.
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Die Schweriner Auslegung sieht et insulam L. als einen Einschub an, der die Konstruktion unterbricht und meiner Ansicht nach so stört, daß von einer Konstruktion und Auslegung überhaupt nicht die Rede sein kann. Und trotz des Widerspruchs aus Schwerin muß ich bei meiner wohlüberlegten Behauptung bleiben, daß die Privilegienbestätigung, die Herr Nikolaus von Werle 1302 bei der Eventualhuldigung der Stadt gab, den betreffenden Satz durch de . . . portu wiedergegeben hat und daß in dem portus die Liepz einbegriffen sein sollte. Denn der Text dieser Urkunde (M. U.-B. 2780) gibt offenbar in aller Kürze und in gleicher Folge den vom Jahre 1266 (M. U.-B. 1078) wieder.

Eine unleugbare Anerkennung seiner Rechte am Hafen in seiner weiteren Ausdehnung hat Wismar in der Urkunde Herzog Heinrichs IV. vom 23. April 1476, worin dieser Rostock und Wismar gegenüber auf den ihm vom Kaiser verliehenen Wasserzoll verzichtete, aufzuweisen. Der Herzog hatte danach das Recht erhalten, einen Wasserzoll zu erheben und Zollhäuser einzurichten zwischen Rostock und Warnemünde und zwischen Wismar und Pöl. Auf die Vorstellung der Städte aber, daß dieser Zoll sich mit ihren Privilegien, Rechten, Verleihungen, alten Gewohnheiten, Eigentum, Freiheiten und langem Besitz nicht vertrüge und ihnen zu großem Verderb gereichen würde, verzichtete er auf den Zoll und wollte die Städte sich gern ihrer Privilegien, Gerechtsame, Verleihungen, Besitzungen und alter Gewohnheiten erfreuen lassen 1 ).

Sicher ist, daß die Stadt die Liepz besessen und genutzt hat. Sie ward anfangs gerade so wie der Aderholm oder Holm (seit 1629 Walfisch genannt) und der nur einmal bezeugte Swinholm 2 ) verpachtet und gehörte hernach mitsamt dem Aderholm zu den Loosen, die unter die Ratmannen ausgeteilt wurden 3 ). Man kann sich schwer vorstellen, daß diese Inselchen, namentlich die weit entlegene Liepz, ihrer Nutzung wegen von der Stadt erworben sein sollten. Sie boten aber wertvolle Stützpunkte im und am Tiefe. Und zumal auf den Besitz der


1) Das Privileg ist im Rostocker Ratsarchiv, gedruckt bei Senckenberg, Selecta jvris et historiarvm 2 S. 504-509.
2) Stadtbuch A S. 46 b, nicht gedruckt.
3) Vgl. Bürgerrecht und Lottacker, Hans. Gesch.-Bl. 1918 S. 191-196. Jahrb. f. Meckl. Gesch. 31 S. 39-45. Um 1370 ward der Sohn des Pfarrers von Damshagen von Wismar verfestet, weil er nächtlicher Weile ein Pferd von der Liepz gestohlen hatte. M. U.-B. 10 004.
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Liepz berief sich Wismar, wenn es galt, seine Rechte an Hafen und Tief zu begründen und ihre Ausdehnung zu bestimmen.

Zwischen Hafen und Tief unterschied man im allgemeinen nicht, wie denn auch der Begriff des portus im Latein des Mittelalters und der der havene umfassender ist als der des modernen Hafens.

Daß das den Bürgern Schwerins in einer gefälschten Urkunde (M. U.-B. 100 S. 99) verliehene Recht, in portu, qui Wissemer dicitur, 2 Koggen und kleinere Fahrzeuge in beliebiger Zahl zu halten (bestätigt durch Kaiser Otto IV. 1209 und 1211: M. U.-B. 202 m. Anm.), sehr früh außer Übung gekommen sein muß, soll nur angemerkt werden.

Der Rat verfügte ohne Rücksicht auf die Landesherren und ohne Einspruch zu begegnen, in mancherlei Art über Hafen und Tief.

Er verbot in der Bürgersprache von 1345 an bis 1610 und weit darüber hinaus bei Leib und Leben, Ballast in den Hafen zu werfen 4 ), und erneuerte dies Verbot in den 1663 und 1673 erlassenen, 1740 erneuerten und 1854 neu gedruckten Hafenordnungen, hier bei höchster Strafe 5 ). Daß unter Hafen aber nicht nur der Raum innerhalb Baums oder der Alten Schweden verstanden ist, wird, wie es sich von selbst versteht, noch ausdrücklich dadurch erwiesen, daß anstatt portus oder havene mehrmals deep oder profundum gesetzt ist 6 ). Ob sich die meist gleichzeitig findende Anordnung, wracke Schiffe aus dem Hafen zu schaffen, auch auf das Tief bezieht, mag auf sich beruhen. Auch später hat der Rat Verordnungen für das Hafengebiet erlassen. Er ordnete am 7. Mai 1608 an, daß die Fischer, denen am besten "der have gelegenheit und tiefe" bekannt sei, die Seetonnen aus- und einbringen sollten. Am 29. Oktober 1655, daß Lübecker, Rostocker und andere fremde Schiffe, die, um ihre Teilladung zu vervollständigen, das Tief anliefen, von ihrer Teilladung Hafengeld gleich Bürgern zu geben hätten. Strafandrohungen wegen Verrückens von Seezeichen und Wegholens von Steinen vom Walfisch ergingen


4) Bürgersprachen 1345 II § 3. 1347 § 6. 1348 § 2. 1353 XVII § 3. 1356 § 4. 1365 § 2. 1371 und 1372 § 10. 1373 § 8. 1385 § 8. 1395§ 6. 1397 § 6. 1400 XI § 6. 1401 § 6. 1417 § 5. 1418 § 5. 1419 § 5. 1420 § 6. 1421 § 6. 1424 § 10. 1430 § 12. 1480 § 8. LXX § 34. LXXI § 80. LXXII § 67.
5) Strand- und Hafenordnung 1673 § 39. 1740 § 39. Für Auswerfen auf der Reede oder im Hafen wurden 200 Tlr. Strafe angedroht 1743 Mz. 4.
6) 1345 und 1356: deep, 1401: profundum.
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1731 Aug. 17 und 1732 Juli 12. Als im Sommer 1831 die Gefahr der Cholera drohte, gab der Rat den Lotsen auf Pöl die bestimmteste Ordre, den Rostocker Schiffer Günther (der, da er Warnemünde nicht anlaufen durfte und davor nicht ankern konnte, die wismarsche Reede anlief) auf keine Weise zuzulassen und wollte dort überhaupt keine infizierten Schiffe dulden 7 ). Nachher, als auf dem Walfische eine Quarantäne-Station eingerichtet ward, erklärte er, daß die Stadt ihren Hafen zu dieser Einrichtung bereitwilligst hergegeben habe 8 ). Die aus zwei großherzoglichen Beamten, einem Ratsherrn und einem Bürger der Stadt zusammengesetzte Quarantäne-Kommission aber ersuchte den Rat, das Schießen im Hafen auf dem Wasser oder nahe am Strande zu untersagen, damit nicht die Posten auf dem Walfische, auf dem Wachtschiffe und an der Küste unnötigerweise alarmiert würden 9 ). Nach einer Verordnung vom 15. Juli 1840 muß der Schiffer, sobald er auf der Reede Anker geworfen hat oder in den Hafen eingelaufen ist, seine Ladung deklarieren, ist aber von Ungeld befreit, wenn er auf der Reede Anker wirft, ohne die Ladung zu brechen. Der Rat bestimmt den Betrag der Hafen- und Baggerabgabe für nicht nach Wismar bestimmte Schiffe, je nachdem sie innerhalb der durch die Tonnen bezeichneten Außengründe oder auf der Reede ankern oder soweit einsegeln, daß sie das Pfahlwerk benutzen, 1855 Juni 8 und 1873 März 19 10 ). Die Hafenordnung vom 22. April 1879 erstreckt sich nicht nur auf den inneren Hafen, sondern auf das ganze Fahrwasser. Am 21. Oktober 1879 wird über Beschädigung und Verbringung der Schiffahrtszeichen verordnet 11 ), am 29. April über die Geschwindigkeit der Dampfschiffe bis zum Walfische. Lotsengeldpflichtig sind ein- und aussegelnde Schiffe bis zu den großen Tonnen am Hannibal und an der Liepz (Verordnung vom 26. Oktober 1887). Das Abgraben und Abfahren von Sand und Steinen von der Liepz ohne Erlaubnis des Hafendepartements wird am 11. November


7) Ratsarchiv Wismar Tit. XIX Nr. 2 Vol. 24 (Juni 13).
8) Ebd. Juni 22.
9) Ebd. [64 b].
10) Die für die ganze Verordnung nachgesuchte landesherrliche Bewilligung mußte eingeholt werden, weil die Abgaben auch den fremden Mann trafen.
11) Dies auf Aufforderung seitens der Regierung.
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1902 verboten und nach Zurückerwerbung des Walfisches, den Wallenstein zwecks Befestigung der Stadt entzogen und den nachher Schweden und Meklenburg weiter besessen hatten, ward am 16. August 1905 verboten, dort bis zu einer Entfernung von 200 m Sand, Kies, Ton zu graben oder Steine wegzunehmen. Etwas später (1907 Jan. 17) ward Jagen und Schießen auf dem Walfisch und 300 m davon verboten. Wiederum erstreckt sich die Hafenordnung vom 17. Oktober 1907 auch auf den Außenhafen, Fahrwasser und Reede. Auch über das Verhalten gegenüber Schiffen und Booten von Fürstlichkeiten im Hafen bis zu den großen Tonnen am Hannibal und an der Liepz und über das Führen des Hecklichts in Hafen und Bucht innerhalb Jäckelberg-Riff, Hannibal-Grund und Liepz sowie innerhalb Tarnewitz sind städtische Verordnungen erlassen (1903 Juli 7 und 1913 Aug. 28). Es ist auch, als die Stadt 1874 in den Verhandlungen über die Ausführung der Deutschen Strandrechtsordnung behauptete, daß ihr die Polizei und Justiz im äußeren Hafen zustehe, aber sich bereit erklärte, in dieser Beschränkung von ihrem Rechte abstehen zu wollen 12 ), hat das Ministerium keinen Einspruch erhoben. Insbesondere hat der Wismar keineswegs zugetane Drost v. Oertzen in einer Konferenz am 16. April 1880 anerkannt, daß der Magistrat unbestritten die Polizei über den wismarschen Busen bis zu den äußersten Tonnen, die Wohlenberger Wiek eingeschlossen, ausübe 13 ). Erst nach langem Verhandeln über die Fischereirechte 1880/81 haben sich der großherzogliche Kommissar und die Stadt dahin geeinigt, daß in der wismarschen Bucht außerhalb der Alten Schweden mit der Wohlenberger Wiek ohne den Faulen See, den Kirchsee und die Golwitz, die Ausübung der Polizei in fischereipolizeilichen Bestimmungen ohne Präjudiz für die beiderseitigen Rechte bis auf Kündigung der Stadt übertragen sein solle 14 ).

Dieser Sachlage gemäß erteilte der Rat für das Hafengebiet Geleit und mußte, als Lübecker und Rostocker es gebrochen hatten, den in portu et in jurisdictione et libertate Wismars Geschädigten für den Schaden einstehn 15 ).


12) Tit. X Nr. 4 Vol. 68 [4].
13) Tit. XVI Vol. 32 zu [21].
14) Ebd. zu [37] § 3.
15) M. U.-B. 6564. 6563.
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Im Jahre 1428 forderte Lübeck Wismar auf, gegen Freibeuter in der Golwitz einzuschreiten 16 ), und 1443 vertrieb Wismar solche von dort 17 ), wogegen es allerdings 1397 in Abrede genommen hatte, daß die Golwitz sein Hafen sei 18 ).

Daß Wismar die Benutzung seines Hafens zur Ausfuhr von Korn Gutsbesitzern und Bauern der Umgegend überhaupt nicht und selbst seinen Landesherren nur ausnahmsweise zugestand und Klipphäfen in seiner Nachbarschaft nach Möglichkeit bekämpfte, ist anderswo ausgeführt worden 19 ). Es erhob aber von ab- und einsegelnden Schiffen Akzise und Hafengeld, und das nicht nur, wenn sie am Bollwerk oder im inneren Hafen festgemacht hatten, sondern auch (in geringerer Höhe), sobald sie den Hafen nur berührten 20 ). Ebenso mußten Schiffe, die Windes oder Unwetters wegen das Tief angelaufen hatten, auf Verlangen löschen, sofern der Rat nicht Rücksicht übte 21 ).

Es fehlt auch trotz aller Verluste. die gerade die Gerichtsbücher getroffen haben, nicht an Zeugnissen, daß der Rat sowohl im äußeren wie im inneren Hafen die Gerichtsbarkeit geübt hat. Ich führe nur die ersteren an.

Im Jahre 1366 wurden Henneke Storm und Genossen wegen eines in stangno proprie Lypze begangenen Raubes von Wismar verfestet 22 ), 1382 ebenso der Ritter Konr. v. d. Lühe und Genossen wegen eines im Hafen begangenen Raubes 23 ). Im Jahre 1448 wurden zwei Seeräuber enthauptet, die mit Raubgut in das Wißmarische deep gekommen waren 24 ). Am 20. Januar 1575 ward über zwei auf dem Eise keigen der hogen hollen nach Pole werts Verunglückte am Strande Gericht


16) HR. I, 8, 561.
17) HR. II, 3, 51
18) HR. I, 4, 413 § 11.
19) Hans. Gesch.-Bl. 1908 S. 117 ff.
20) Tit. X Nr. 4 Vol. 7 a S. 23 (Zeugenaussage von 1597). 1655 Okt. 29 (Verordnung). Tit. X Nr. 1 Vol. 3 b (Ratsbeschluß von 1695 Juli 15). Tit. IV Vol. 13 S.746, 748 (Bericht von 1722). Tit. X Nr. 4 Vol. 44 (1795, einem verunglückten Schiffe erlassen). Tit. X Nr. 4 Vol. 65 [95] (Auskunft von 1864 an das Ministerium). Verordnungen von 1855 Juni 8 und 1873 März 19.
21) Lüb.Urk.-B. 7 Nr. 81 (1427), 373 (1429). 11 Nr.707 (1493).
22) M. U.-B. 9468.
23) M. U.-B. 11 390: in portu dominorum, d. h. der Ratmannen. Daß sich der Raub nur im Außenhafen, vermutlich in der Golwitz, abgespielt haben kann, liegt auf der Hand.
24) Tit. X Nr. 4 Vol. 3, Bericht von 1621 Dez. S. 21.
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gehalten 25 ), am 25. August 1590 über drei Tage vorher jenseit des großen Baums (diesseits des Holms) Ertrunkene 26 ). In einigen Fällen entstand Streit, wenn die Leichen bei Pöl oder Redentin an den Srand (Druckf.) getrieben waren, wo dann gegenüber Wismar das Strandrecht geltend gemacht ward 27 ). Als v. Negendank zu Eggerstorf eine Zeise 1678 hatte pfänden lassen, hielt Wismar seine Gerichtsbarkeit aufrecht 28 ). Auch im 19. Jahrhundert ist bei Unglücksfällen im Hafen von städtischer Seite das Fahrgericht gehalten worden. Dabei hatte sich das Unglück jenseits des Walfisches ereignet 1856, 1857, 1863, zwischen dem Stagorte und dem Walfische 1864, bei Hoven 1860, bei der Pöler Brücke 1864, jenseits der Alten Schweden 1858. Als 1860 bei Redentin zwei Leichen ans Land getrieben waren, lehnte das großherzogliche Amt seine Zuständigkeit ab, weil die Leichen nicht am Strande, sondern noch eine ziemliche Strecke ins Wasser hinein im flachen Wasser gelegen hatten 29 ). Im Jahre 1874 wurden Althäger Fischer, die zwischen Stagort und Brandenhusen und in der Wohlenberger Wiek gefischt hatten, vom wismarschen Niedergericht in Strafe genommen, und ihre Beschwerde beim Justizministerium blieb ohne Erfolg 30 ).

Daß Wismar im 16. Jahrhundert auf Ketelsharde (gegenüber dem Grasorte), an der Fliemstorfer Spitze und auf dem Stagorte jährlich Pfähle einstoßen ließ, die um 1590 noch vorhanden waren 31 ), kann, trotzdem es vom Schweriner Archiv in Zweifel gezogen wird 32 ), doch nur den Sinn haben, die Gerechtsame der Stadt damit darzutun. Übrigens liegen die betreffenden Stellen zwar in der inneren Bucht, aber außerhalb des Großen Baumes.


25) Ebd. S. 22. Diesen Fall hat Jakob Barner im Auge, wenn er 1597 aussagt, daß vor ungefähr 16 Jahren der Rat zwei gegen den Holm in einer Eiswake ertrunkene Jungen habe auffischen und darüber Gericht halten lassen. Beide Quellen nennen den einen Verunglückten Dürjahr. Tit. X Nr. 4 Vol. 7 a Bl. 150.
26) Tit. XVIII Vol. E Bl. 129. Zeugenverhör von 1597 (Tit. X Nr. 4 Vol. 7 a) Bl. 150.
27) 1570 Tit. X Nr. 4 Vol. 4 S. 221, 225; 1581 S. 227, 229, 235; 1621 S. 299, 305, 308, 313.
28) Tit. XVI Vol. 6: 1678 Apr. 15.
29) Tit. XVI Vol. 32 7 S. 76 f.
30) Tit. XVI Vol. 28 [208][209][212].
31) Tit. X Nr. 4 Vol. 7 a, Zeugenverhör von 1597 Bl. 76, 25, 137.
32) Gutachten des Schweriner Archivs S. 203 Anm. 1.
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Das Ausbringen und Verankern der Seezeichen ist von jeher Sache der Stadt gewesen, ohne daß deshalb je um Erlaubnis gefragt wäre oder die Regierung hineingeredet hätte. Wismar hat baggern lassen, wo und wie es ihm gut schien, und hat das Baggergut, ohne eine höhere Instanz deshalb anzurufen, in der Bucht außerhalb der Alten Schweden versenken lassen. Hinwiederum haben seine Sandböter, ebenfalls außerhalb der Alten Schweden, Ballast und Sand nach Belieben gegraben, und es hat, wenn man von der meklenburgischen Verordnung vom 10. Oktober 1874 absieht, nur der Rat Bestimmungen über die Örtlichkeiten erlassen.

Daß Wismar das Jagdrecht in der Bucht zustand, ward von Herzog Ulrich 1579 Aug. 1 zugestanden, indem er auf die Klage der Stadt, daß die Negendanke zu Zierow und Eggerstorf auf den Strömen und Tief der Stadt Schwäne geschossen hätten, diesen das Schießen auf wismarschem Gebiete verbot und sie anwies, sich wegen der geschossenen Schwäne mit Wismar zu vertragen 33 ).

Über die Fischerei hat weder Wismar noch einer der Anlieger der Bucht eine urkundliche Verleihung aufzuweisen. Heringsfänge wie bei Schonen oder Rügen waren eben hier nicht zu machen, und es blieb daher einem jeden überlassen, seinen Bedarf an Fischen zu decken, wie er konnte. Der Bedarf der Stadt aber war bei weitem der größte, und deshalb müssen die wismarschen Fischer vor den übrigen Anliegern einen weiten Vorsprung gewonnen haben, zumal da alle Bedingungen dafür gegeben waren, daß ihre Boote besser sein mußten als die der anderen. Da sich aber in früheren Jahrhunderten aus Gewohnheit bald ein Recht bildete, so ist die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß sie die Herrschaft über die Bucht an sich rissen und die Fischerei anderer gegebenfalls zurückdrängten. Außerdem gab ihnen ihre Organisation gegenüber vereinzelten Wettbewerbern einen sicheren Rückhalt. Erst spät versuchten diese ihre Fischerei auszudehnen und gegen die wismarsche vorzuschieben. Es kam ihnen zugute, daß der Rat nicht durchaus die Partei seiner Fischer nahm, da ihm daran lag, die Bürger möglichst ausgiebig und billig mit Fischen versorgt zu sehen. (Vgl. z. B. 1678 Apr. 27 Tit. XVI Vol. 6.) Ein ausschließliches Recht, die Bucht zu befischen, haben die städtischen Fischer nie gehabt.


33) Tit. X Nr. 4 Vol. 2.
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Akten sind naturgemäß vor Ausbruch von Streitigkeiten nicht erwachsen. Auch eine ältere Rolle des Fischeramts ist nicht vorhanden. Dies wird zuerst 1578 erwähnt. Seine Rollen sind von 1608, 1640, 1825, 1893 und 1908 datiert.

In der ersten Rolle wird den Fischern, die sich mehr auf Schiffahrt und Seehandel als auf Fischen gelegt hatten, aufgegeben, den Hafen (d. h. die Bucht) nach allen Richtungen zu befischen und zu dem Zwecke auf 2, 3 oder 4 Meilen, soweit sie immer können, hinaus zu fahren. Die Rolle von 1640 aber schreibt ihnen vor, wie seit alters unter die Pölische Brücke durch nach dem Langen Werder, auf den Bunten Grund, rechts nach dem Ganse-Orte gegen Pepelow und [Tesmansdorf], links nach dem Klützer Orte zu auf die Wohlenberger Wiek, [Tarnewitz] und gleich den Rostockern nach Travemünde zu sich zwecks Fischens in See zu begeben 34 ).

Im Jahre 1612 wollte die Stadt durch Zeugen beweisen, daß sich ihre Fischerei umb Pöhle erstrecke in der Golvitz, umb Wustrow, Gartz und der enden biß an den Kehestörffer (d. h. Kägstorfer) haken, und daß gegen Brandenhusen und Wangern ihre besten Wadenzüge seien 35 ).

1823 behaupteten die wismarschen Fischer, die Bauernfischer hätten in der schwedischen Zeit (also bis 1803) ihre Netze nur auf Stock und Stein setzen dürfen, d. h. an Stellen nahe dem Lande, wo mit Zeisen nicht gefischt werden könne 36 ), und die 1826 angestellten Erhebungen ergaben, daß damals die Bauern-


34) . . . nach dem Ganseorte - es ist die südliche Spitze von Wustrow - gegen Pepelow und Teschow . . . auf die Woldenborger wike, Jaßeuitz vnd sonsten auf etzliche meile den Rostockern den in den Klußerort vnd vor Trauemunde gleich sich in die see begeben: Allerhand Ordnungen und Rollen 1 Bl. 136. Der nur in Abschrift vorliegende Text ist verderbt. - Seit undenklichen Zeiten steht der Stadt der Fischfang in der gantzen Wißmarschen haven und zu beiden Seiten zu, 1678 Febr. 27: Tit. XVI Vol. 7.
35) Tit. XVI Vol. 1 Bl. 89-91.
36) Tit. XVI Vol. 25 S. 103. 1678 hatte ein Seemann behaupten wollen, die Bauernfischer dürften ihre Netze nicht weiter aussetzen, als man mit einem Pferde ins Wasser reiten könne, ward aber von den Bürgermeistern belehrt, diese Bemessung gelte nicht für den Fischfang, sondern für das Strandrecht: Tit. XVI Vol. 6, 1678 Apr. 27. Ein Zeisenfischer: das Recht der Anlieger gehe, soweit man ein Pferd am Zügel zur Trense halten könne, ebd. Apr. 23. Das Gutachten des Schweriner Archivs irrt, indem es bei Ritt und Wurf Genauigkeit des Maßes vermißt (S. 39-49). Die darf man bei diesen uralten Rechtsanschauungen nicht suchen wollen.
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fischer außer Aaleisen und Aalharke nur Körbe und Standnetze verwendeten, dagegen die wismarschen allein neben Aaleisen, Aalharke und Krabbenkörben sich der Zeisen, der Waden und Reusen bedienten und die Bucht beherrschten, so daß die Fischkäter klagten, sie könnten nur während der für die Zeisen vorgeschriebenen Schonzeit ihre Netze und Körbe aussetzen 37 ).

Die Stadt fühlte sich damals so sehr als ausschlaggebenden Faktor in der Befischung des Hafengebiets, daß sie glaubte, einer Überfischung vorbeugen zu können, wenn sie, ohne Rücksicht auf die Umwelt, die Zahl ihrer Fischer beschränkte. Man kann daraus mit Zuversicht schließen, daß der große Raum so gut wie unbestritten von den Wismarschen befischt ward. Der Zeisen, die die Anlieger bis dahin angeschafft hatten, können nur ganz wenige gewesen sein. Bezeugt ist, daß 1711 die von Gaarz mit der Zeise fischten, 1819 auch Pöler. Erst 1834 schafften sich Wustrower Fahrzeuge Wismarscher Art an, 1839 waren Zeisen zu Tesmansdorf, Wustrow, Gaarz, Pepelow 38 ). Besonders seit etwa 1870 vermehrte sich die Zahl der Zeisen des Domaniums außerordentlich 39 ). Es war das offenbar eine Folge davon, daß das wismarsche Amt, das allein von der Stadt aus zu fischen berechtigt war, auf 20 Fischer geschlossen war. Da mußten sich die Umlieger geradezu aufgefordert sehen, in das freigewordene Gebiet einzudringen.

Den Verhältnissen in der Gesamtbucht entsprachen die der Wieken. Im Jahre 1580 hatten die Wismarschen am Lande her auf beiden Seiten der Bucht ihre Wadenzüge 40 ). Sie hatten ihre Fischzüge umb der Boltenhagenschen wik, Tarnewitz und da umbher bi lang her in allen wiken und biß gen Redwisch und Clußhovede 41 ). Bis vor etwa 40 Jahren (bis gegen 1690) hat nach Behauptung der Wismarschen von 1732 den Redentinern nur zugestanden, am Ufer zu fischen, soweit man mit einem Schaar- oder Pflugeisen werfen können 42 ). Dagegen sagten die Fischkäter, sie hätten, als die Wismarschen zum Fischen mit der Zeise übergegangen wären, um Friedens


37) Tit. XVI Vol. 26. Die Pöler behaupteten, die Wismarschen hätten früher nur in tiefem Wasser gefischt.
38) Tit. XVI Vol. 11 (1711 Juli 21). Vol. 24 [2].Vol. 28 [12][16].
39) Tit. XVI Vol. 32 zu [1] S. 3. [18] S. 2.
40) Tit. XVI Vol. 7 (1580 Jan. 24).
41) Zeugenverhör von 1597 Tit. X Nr. 4 Vol. 7 a S. 70.
42) Tit. XVI Vol. 7 Bl. 68 (1732).
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willen gefragt, wo sie fischen wollten, um selbst von dort wegzubleiben, jene aber hätten sich nicht daran gekehrt 43 ).

Bezeichnend vor allem ist, daß die Wismarschen weithin längs der Ufer unangefochten ihre Krabbenkörbe setzen konnten. Denn gerade dieser Betrieb mußte den Anliegern nahe liegen. Das älteste Zeugnis für feste, von den wismarschen Fischern genutzte Krabbenstellen ist von 1740. Sie lagen - ich führe nur die außerhalb des inneren Hafens belegenen an - auf den Tränken und Grasweg, auf dem Färber- und Weiber-Ort (Fährdorfer und Weitendorfer Ort), beim Rauhen Berge, beim Brandenhuser Lehmufer, auf dem Brandenhusener Bache, auf den Tägen, auf dem Turm im Klatenberge (irgendeine Sicht über den Pöler Kirchturm), auf dem kleinen Kammrade, binnen und auf dem großen Kammrade, bei den Löwen, hinterm Steinort, auf dem Fliemsort, beim Weißen Ufer - also vorzüglich längs der Pöler Küste 44 ). Lange Zeit aber haben die Wismarschen, wenngleich nicht unangefochten, ihre Körbe bei Wustrow und am Boiensdorfer Werder gesetzt 45 ). Dieser Besitzstand ward im Fischerei-Abkommen von 1880/81 anerkannt, und es wurden den Wismarschen die Krabbenstellen am westlichen Ufer von den Alten Schweden bis Fliemsort und am südlichen und westlichen Pöler Ufer vom Fährdorfer Orte bis zu den Timmendorfer Lotsenhäusern zugesprochen. Die Stellen vom Ende der städtischen Weide bis zur Pöler Brücke und bis Gaarz und bis zur Kroy stehen den Domanialfischern zu, wogegen die am Pöler Ufer von der Fährdorfer Brücke bis zur Golwitzer Spitze den Domanial- und den städtischen Fischern gemeinschaftlich zukommen.

Zeugnisse für die Befischung der Boltenhagener Wiek durch Wismarsche liegen von 1587, 1597 und 1612 vor.

Die Wohlenberger Wiek gehörte nach der Rolle von 1640 zum Revier der Wismarschen, 1734 März 18 gab der Rat eine Konzession aus, dort mit der kleinen Wade zu fischen. Als 1859 dort von Dassow aus eine Reuse aufgestellt war, tat der Rat keine Schritte, weil ein Ausschließungsrecht nicht nachgewiesen sei. Dagegen erkannten 1873 und 1874 Polizeiamt und Niedergericht auf Strafen gegen Fischer von Althagen, die dort und zwischen Stagort und Brandenhusen gefischt hatten, und


43) Ebd. Bl. 50.
44) Allerhand Ordnungen und Rollen 3 S. 225.
45) Tit. XVI Vol. 1 Bl. 134. Vol. 30 [2] S. 6. [5] S. 2. Vol. 32 [16].
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das von den Fischern angerufene Justizministerium fand keinen Anlaß, die Strafe zu erlassen 46 ). Seit dieser Zeit hat der Rat vielfach Konzessionen zu Befischung der Wiek erteilt und dadurch die Grundlage dafür geschaffen, daß 1897 den wismarschen Fischern ein größerer Anteil an der Befischung der Bucht zugewiesen werden konnte, als nach dem Bestande des Fischeramts vor 1893 möglich gewesen sein würde. 1880 konnte von ausschließlicher Befischung von Wismar aus nicht mehr die Rede sein.

Die Eggerswiek tritt in alter Zeit gar nicht, in neuerer wenig hervor. Ein 1826 von mehreren Fischern erbetenes Privileg für Krabbenstellen scheute sich der Rat zu erteilen.

In der Redentiner Bucht behaupteten 1578 die wismarschen Fischer, allein das Recht zu haben, Waden zu ziehen, und gestanden den Redentinern nur zu, daß sie in der Fastenzeit auf 240 bis 330 Faden vom Lande fischen dürften 47 ). Und als 1585 der Verkauf des Gutes bevorstand, nahm der Rat feierlich für die Stadt in Anspruch die gantze jurisdiction, ab- und zuschiffung, bergung der gestranten guther, fischerey und andere gerechtigkeit in der stadt haven und erneuerte 1589 diesen Protest gegenüber dem Käufer 48 ). Demgegenüber wollte sich der Käufer Dr. Heine sein Fischereirecht nicht verkürzen lassen und nahm wismarschen Fischern ihr Gut weg, weil sie, wie er 1590 Juni 1 erklärte, in der Begine gefischt hätten, und beanspruchte 1593 Nov. 8 für sich und seine Untertanen das Recht, "in der gantzen haven, dörch de Gölze, auch bis an Bukow" zu fischen 49 ). Trotz vielfacher Streitigkeiten ist es vor den Abkommen von 1880/81 und 1897 nicht zu einer grundsätzlichen Entscheidung gekommen.

Den Kirchsee wollten die Pöler 1574 den Wismarschen sperren, 1633 aber erklärte der damalige Hauptmann der Ämter Doberan und Bukow, daß den Wismarschen zwar im Strome des Sees zu fischen nicht verwehrt sei, wohl aber unter dem fürstlichen Hause und hinter der Kirche 50 ). Noch 1879 fischten die Wismarschen im Kirchsee.


46) Tit. XVI Vol. 28 [208][212].
47) Tit. XVI Vol. 7.
48) Tit. X Nr. 4 Vol. 2.
49) Tit. XVI Vol. 7. Tit. X Nr. 4 Vol. 2.
50) Tit. XVI Vol. 1 Bl. 120. Vol. 2 (1633 Juni 25).
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Vom Faulen See ward 1880 festgestellt, daß er nur von Wangern und Brandenhusen aus befischt werde.

Bei Wangern ward den Wismarschen 1612 eine neu aufgestellte Reuse beschlagnahmt, aber ihnen im übrigen das Fischen nicht streitig gemacht 51 ). Über die Aufstellung einer Reuse durch herzogliche Beamte beschwerte sich wieder Wismar. In diesem Streitfalle wollte die Stadt erweisen, daß gegen Brandenhusen und Wangern ihre besten Wadenzüge wären.

Am reichhaltigsten sind die Akten über die Befischung der Golwitz. Daß dort im 15. Jahrhundert von Wismar aus nach Heringen gefischt ist, geht aus der Deutung hervor, die damals der nicht verständlichen, 1260 erworbenen vectura aringe durch de heringstoge in Golvisse gegeben ist 52 ). Unter der Golwitz verstand man die ganze Wasserfläche jenseits der Pöler Brücke zwischen Pöl, dem Langen Werder, Wustrow und dem Festlande bis A.-Gaarz hinauf, also Haff und Binnensee umfassend. (1748, Tit. XVI Vol. 2.) Jetzt wird der Name beschränkt auf den dem Dorfe Golwitz benachbarten Teil des Busens bezogen. Die Pläne, die Brücke durch einen festen Damm zu ersetzen oder den Breitling trocken zu legen, sind an dem Widerspruche Wismars gescheitert.

Die wismarschen Fischer behaupteten 1587, die dortigen Fischer dürften, wenn sie bei Sonnenschein kämen, um ihre Wade zu ziehen, keine Netze aussetzen 53 ). Spätere Darstellungen der andern Seite nehmen frühere Fischerei der Wismarschen in der dortigen Gegend in Abrede. Das hängt aber, mindestens zum Teil, mit den durch "die neuliche Flut" verursachten Änderungen zusammen, die die Wiese, von der man auf neun Pferdeschädeln nach Damkow gehn konnte, weggerissen und den früheren kleinen Strom in den Breitling verwandelt hatte 54 ). Auch hier wollten die Bauern den Wismarschen nicht wehren, Netze zu setzen und Krabben zu fangen, aber den Aalfang allein behalten. 1678 Okt. 30 sagten zwei Fischer aus dem Redentiner Fischkaten an Eides Statt aus, daß zu ihrem Gedenken die Wismarschen von dem Golffs an im Kneeohrt, Sandohrt, Rehtohrt überall durch den ganzen Strom und an allen Orten mit Waden, Zeisen, Netzen und Körben unverwehrt


51) Tit. XVI Vol. 1.
52) M. U.-B. Nr. 876 mit Anm.
53) Tit. XVI Vol. 1 Bl. 122 f.
54) Aussagen von 1633 Juni 25. Tit. XVI Vol. 2.
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gefischt hätten 55 ). Die Wismarschen aber führten 1691 Nov. 27 als Beweis für ihr dort örtlich uneingeschränktes Recht an, daß sie je nach Gelegenheit auf dem Langen Werder, dem Kilinge, dem Holferhaken oder sonst ihre Hütten aufgeschlagen hätten 55 ). 1734 erteilte der Rat eine Konzession, in der Golwitz zu fischen. Die 1869 und 1870 aufgestellte, schwach begründete Behauptung des alleinigen Rechts, dort mit gehendem Zeuge zu fischen, hat Wismar hernach fallen lassen.

Viel Streit ist um die Befischung des Binnenwassers und der Kroy gewesen, ohne daß er je zum Austrage gekommen wäre. Doch ward 1828 mit dem Besitzer von Wustrow verglichen, daß die Wismarschen befugt seien, die Ostsee und das Binnenwasser, soweit sie Wustrow berühren, zu befischen, mit alleiniger Ausnahme der Stien oder Einschnitte in das Ufer, worunter aber nicht der Meerbusen und insbesondere nicht die Kroy verstanden werden sollte 56 ).

Die Unterscheidung von innerem und äußerem Hafen für die Fischerei ist aus dem Unterschiede hervorgegangen, den man in Wismar zwischen den Berechtigungen der Fischer und der Bootsleute machte. Im 17. und 18. Jahrhundert wehrte die Stadt auch den Pölern nicht grundsätzlich, im inneren Hafen zu fischen oder Aale zu hauen. Das hat sich erst im 19. Jahrhundert geändert.

Es sind sonach die mannigfachsten Handlungen und Rechte, die Wismar Jahrhunderte lang in der Bucht in ihrer weitesten Ausdehnung ausgeübt und wahrgenommen hat, so daß nicht nur von Nutzung gesprochen werden kann, sondern vielmehr volles Eigentum nicht bloß über den inneren Hafen, sonder über die ganze Bucht für die Stadt in Anspruch genommen werden muß.

 

Vignette

55) Tit. XVI Vol. 2.
55) Tit. XVI Vol. 2.
56) Tit. XVI Vol. 24 zu [31] [30].