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Von
Dr. Friedrich Techen.
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S chon die Urwüchsigkeit des nachfolgenden Schreibens würde seine Mitteilung rechtfertigen, mehr doch noch die Personen, gegen die es sich richtet, bekannte Wismarsche Kunsthandwerker. Vom Briefschreiber selbst weiß man nichts anders, als was sich seinem Briefe entnehmen läßt. Danach hatte er bei dem Tischler und Bildschnitzer Hans Böle in Dienst gestanden, war von diesem der Unredlichkeit beschuldigt und räumt ein, wegen solcher vom Gerichte in Strafe genommen zu sein. Der neuerlichen Ladung seitens seines Meisters zu folgen, ist seine Gelegenheit nicht gewesen. Er erwidert aber die von jenem gegen ihn selbst, seinen Vater und Bruder erhobenen Beschuldigungen, indem er verschiedene Diebstähle und Unredlichkeiten aufdeckt, deren sich Böle und Görries Quade schuldig gemacht haben sollen.
Sein Vater wird vermutlich der Tischler Samuel Regenfart sein, der 1590 auf 1591 das Uhrgehäuse hinter dem Hauptaltar von St. Georgen, 1599 auf 1600 die Brüstung zum Sängerchor vor dem Lettner jener Kirche (jetzt vor der Orgel angebracht) anfertigte 1 ) und nach dem Zeugnis der Rechnungen auch später viel für die Kirche beschäftigt war. Der Bruder des Briefschreibers wird Jakob Regenfart sein, der als Bildschnitzergeselle 1607 und 1608 an der Kanzel von St. Georgen und 1614 an der Erweiterung des Sängerchors arbeitete 2 ). Regevardt, wie Peter, oder Regenfart, wie die Rechnungen schreiben, bedeutet beiläufig gesagt Reihenfahrt, und hat mit Regen nichts zu tun. Jakob Regenfart bat am 13. Okt. 1608 um das Bürgerrecht, nachdem ich bedacht meine narung zu erwerben dergestalt, wan von e. e. hoch= vnd wolweisheit ich so viele gunst erlangen konte, das mir nur allein das schnittwerk in holtz vndt stein mochte vergunnet vndt zugelassen werden, so wolte ich mir dajegen widerumb verpflichtet haben, dem ampte der tischer in keinen wegen zuwidern zu sein, sondern da etwa einer oder mehr der tischer des schnittens halben meiner geringen person wurden benötiget sein,
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da will ich mir zu jeder zeidt bei ihnen so woll auch bei menniglichen vmb billiges gebür willig finden lassen.
Hans Böle ist als einer der Tischlermeister bekannt, die die eben erwähnte Kanzel Georgen geschaffen haben 3 ). Sein Genosse dabei war der auch in dem Briefe vorkommende Görries Quade. Er hat 1611 ff. den Prospekt der Orgel von St. Georgen und 1614 die ehemals die Treppe zum Sängerchor der Kirche schließende Tür gemacht 3 ). Im gleichen Jahre hat er im Auftrage der Witwe das schöne Epitaph für den Ratsherrn Nikolaus Karow in St. Marien angefertigt. 4 ) Er war nach Echtzeugnissen vom 5. und 7. Febr. 1607 zu Kalkhorst unter Baltzer Both als der Sohn des Bauern Christoph Quade frei geboren. Seit etwa 1603 hatte er Unannehmlichkeiten mit seinem Lehrmeister Hans Kalkhorst und dem Tischleramte, weshalb ihn der Rat 1606 als einen "Freisnittlicher" einsetzte und bestätigte. 1608 war er im Amte. Damals führten die Älterleute Samuel Regenfardt und Hans Böle Klage über ihn. 1620 war er neben Hans Böle Ältermann.
Was die von Regevardt gegen die beiden Meister erhobenen Beschuldigungen anlangt, so sind wir außer Stande darüber ein sicheres Urteil zu gewinnen und abzugeben. Daß künstlerische Fähigkeiten selbst von weit größerer Bedeutung mit Charakterschwäche verbunden sein können, dafür ist die Urkundenfälschung des berühmten Nürnberger Künstlers Veit Stoß ein sprechender Beweis. Dennoch möchte ich glauben, daß die Behauptungen Regevardts, so bestimmt sie auch auftreten, wenigstens in bezug auf Görries Quade schlecht begründet waren. Sie müssen nach den Namen der Gerichtsherren zwischen Himmelfahrt 1608 und 1610 fallen. Von Hans Böle wissen wir nur, daß er für eine St. Marien gehörige Bude "hinter dem Mekelnburger Hofe" zuerst Michaelis 1601 und zuletzt Michaelis 1608 8 Mark Miete gezahlt hat; nachher bewohnte Jakob Regenfart diese Bude. Ein Abzug an der Miete ist nirgends vermerkt. Sein Vorgänger zahlte Michaelis 1599 9 Mark, sein Nachfolger wie er 8 Mark. Die Rechnung über Michaelis 1600 ist vergangen. Zuletzt wohnte Hans Böle im Kirchspiel St. Georgen, da an diese Kirche für ihn bei seinem Tode den 15. Nov. 1629 Glockengeld gezahlt ward. Quade ward am 21. Nov. 1611 als Monitor beim Hause des Heil. Geistes angestellt 5 ), ein Umstand, der nicht gerade auf eine gute Geschäftslage, wohl aber darauf schließen läßt, daß er sich des Vertrauens
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der Bürgermeister erfreute. Daß er noch später für St. Georgen=Kirche arbeitete, haben wir vorher gesehen.
Peter Regevart an die Gerichtsherren zu Wismar: hat der Ladung seitens seines Meisters Hans Böle nicht nachkommen können. Erwidert dessen Beschuldigung wider ihn, seinen Vater und Bruder damit, daß er ihn und Görries Quade mehrerer Diebstähle zeiht. Seine Schuld an das Gericht will er abtragen, wenn er nach Wismar kommt.
Ratsarchiv Wismar, Tit. IX, Tischler. Buchstabengetreu gedruckt.
An de erbar guenstige herren h[er] Jochim Smydt vnde h[er] Nyclayen Holste kame dysse breff zu egen handen. Wyssmar.
Erbar grosgunstige herren. Es ist im deme, das ich am negern byn in der stadt gewesen vnde byn fan wegen des richtes knechte zytert worden fan wegen Hans Boelen haluen. Den es ist meine tidt vnde gelegenheidt nicht gewesen, dat ich konde fortkamen. Wen auerst de tidt vnde gelegenheidt geuen kan, wyl ich juwer gunst dar erschinen. Doch formerke ich, dat idt wert syn, dat ick Boelen for einen schelm vnde deff geschulden hebbe, dat wylle ick bewyesen.
Item so hebbe ick Boelen maken moeten twe ramen zu gemelten 6 ) van karkenholte, dar kwemen 3 stucke wagenschodt tho, dat de Wentorper bueren fan Luebeke halden 7 ), de krech Jurgen Gammelkarn. Do se gemaket wurden, do kam de koster dar auer tho gande, do worden se mydt dem bende vth dem fynster gehenget tho haue, dat he se nicht sen moste. Dat geldt auerst, dat darfor quam, dat hebben de twe meisters Boele vnde Goryes vnder syck gedelt.
Item so hefft Boele yn syener olden waninge eine dornsenlucht 8 ) gemaket van karkenholtze van groeten forstenholte 9 ), dar dat stucke vngefer 16 schillinge van kostet, darmydt he Lesrowenkarke 10 ) yn der huere affgekortet 11 ).
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Item Bole noch eyne lade gemaket fan kerken fueren breder, noch 2 fotschemel, de quemen tho lande, noch einen hertzkoep 12 ), den krech en eddelman, ock fan forstenholte gemaket. Noch eine beddestede, de hebbe ich Peter Regefardt Boelen ock maken moeten; dar quam thor der decke 13 ) ock etlich van karkenbreder; de trech Hartzman dochter midt. Darfor gaff my Boele 8 sch. bergelt, bat ick dat nicht melden scholde.
We ich dat erfor 14 ), das er myr vnde myenen vaeder vnde mynen broeder 15 ) nach ere vnde reddelich[keit] 16 ) steckt 17 ), kan ich das nicht vnderlaeten vnde folges wedder anzumelden, de ich noch huetiges dages syn schelm vnde deff modt syn.
Den ick hebbe eyn mal auergetreden, dar ick den erbaren herren hebbe recht vor don moeten. Wes scheldt he my den, dar he fele arger gedan heff, vnde heff synes vaders egen brodt geschendet? Boele de scheldt mynen broeder vor eynen Epycurerer, bat stecke de schelm yn synen egen bussen. Dewyele Boele my, mynen broeder vnde fader so schelt, so schelde wy wedder, so koene wy myt der 18 ) warre betalen vnde ys vor vnse mundt ock nen slodt gehencket, dewyele wy em mydt foege vnde geweten em hebben tho schelden.
He quydtter syck dysse dynge vnde kame vnde schelde den mich vnde de mynen.
Dysse dynge de syndt myne wetenschop, wadt ys den, dat ick nichten wedt?
He gebodt my, dat yck moste des morgens slapen, bet dat yde licht wurde. Ick hedde an em eynen gueden meyster; ick scholdt myn weckelon licker wol krigen. Vnder der tidt konde he midt dem krummen arme wanderen 19 ). Dat was syn holdtwage. Ydt werre nicht gudt, dat alle meisters mydt solckem wagen foreden.
Peter Regeuardt.
Wat yck mynen gunstigen herren noch zu donde schuldich byn, dat suluyge wylle ick em dar erleggen, wen ick dar kame. Ick hebbe sus lanck nocht nicht in formoege hadt.