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II.

Francesco Borno u. Juan dei Regaci,
die ersten welchen Bauleute
des Herzogs Johann AIbrecht.

Von

Geh. Archivrat Dr. H. Grotefend .

Vignette
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D er Zufall spielte mir im Archive einige Papiere in die Hand, die ein neues und eigenartiges Licht auf die welschen Bauleute des Herzogs Johann Albrecht in den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts werfen.

Es sind zwei Protokolle, die von den Italienern selber aufgenommen sind, von gleicher ungelenker Hand geschrieben. Das eine enthält das selbstgeschriebene Bekenntnis eines Welschen über die von ihm zum Schaden der herzoglichen Kasse verübten Schwindeleien, das andere ist eine Urfehde des Anstifters dieser Schwindeleien und eine zu seinen Gunsten ausgestellte Bürgschaft der hauptsächlichen welschen Bauleute für das künftige Wohlverhalten des Übeltäters.

Es spiegelt sich in beiden Schriftstücken ein deutliches Bild von dem genossenschaftlichen Zusammenhalten der Welschen im fremden Lande ab, das bislang durch keine anderen Uberlieferungen so lebhaft uns vermittelt werden konnte.

Der Stil der Schriftstücke ist steif und ungelenk. Teils mag das eine Folge der mangelhaften Bildung der Abfassenden sein, teils aber auch eine Folge des offensichtlichen Bestrebens, den Schriftstücken ein aktenmäßiges Ansehen zu geben. Aber gerade in ihrer Steifheit und Unbeholfenheit sind sie gute Schilderer ihrer Zeit und ihrer Urheber, und ihr vollständiger Abdruck möge daher als berechtigt anerkannt werden. Ich habe in der Übersetzung den Sinn genau wiederzugeben gesucht, wenn ich auch nicht auf alle stilistischen Irrgänge der italienischen Originale eingegangen bin. Die Übersetzung hielt ich wegen der starken mundartlichen Färbung des Italienischen für wünschenswert.

Das Protokoll lautet in Urschrift:

Sia noto et manifest a qualunque persona, che lezera il presente scritto, como mi Romol da Isera 1 ) confeso auer seruito il capitano Francescho Borno 2 ) Inzignero d'il ducha Zuan Alberto da Michelborg d'il qual


1) Südtirol, bei Roveredo.
2) Borno liegt in der Val Camonica, westlich von Breno.
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lo seruito per scriuano insu la fabricha da Suerin et di Demes comenzando l'ano 1557 et poi quelo del 1558. Et il dito Capitan Francescho Borno Inzigner andando in Italia cou suo fiolo adi 6. Otouer 1558 laseti per gouerno di la fabricha di Demes vno suo capomaestro nominato maestro Zuan dei Rigaci di Ancuzen di Valchamonega 3 ) et mi lasetimi per suo scriuano su la dita fabricha di Demes di la zente Todescha et Taliana, et cosi il ditto capitan Francescho Borno Inzigner laseti dinari al dito maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen, c[i]oe gi laseti Toler 700 che'l douese spender per il dito Capitano Francescho Borno Inzigner et tenignir cunto di la fabricha a nome dil dito Capitani Francescho Borno, per fina che lui tornaua de Italia con suo fiol, dil qual il sopra dito maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen doueua rendergi cunto de le gente che l'aueua pagada insu la fabricha per il dito Capitan Francescho Borno. Et ancora piu il dito Capitan Francescho Borno Inzigner laseti comision a ]a excelencia dil ducha di Mechelborg, che sua excelencia auesa da dar dinari al dito maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen tanti quanti faceua de bisogno per la fabricha, che, como il dito Capitan Francescho Borno Inzigner tornaua de Italia, aria 4 ) fato cunto a sua excelencia. Dil che il dito maestro Zuan a receputo 5 ) da sua excelencia Tl. 900 oltra li toler 700 che gi laseti il dito Capitan Francescho Borno Inzigner, quando andà in Talia et a abuti 6 ) li diti Tl. 900 in absencia dil dito Capitan Francescho Borno Inzigner, tanto che lui era in Italia. Dil che il dito maestro Zuan vedendosi il manezo per le mane de tanti dinari et dover pagar le persone, se mise in testa et se acordeti con mi Romol da Isera scriuano su la dita fabricha di Demos a farmi scriuer gente de piu ogni setimana, si ben non lauoraua, et li diti dinari li metiua in la sua borsa et mi doneti ancora mi alcuni dinari. De la qual gente mi faceua scriuer de piu ogni setimana ora 4 ora 5 ora 6 ora 7 ora 8 ora 9 ora 10 persone de piu insu li registri di quel che lauoraua su la fabricha et tiraua li dinari per lui et mi Romol consenti ci come suo scriuano, per che mi deti ancora mi nesogne 7 ) dinari.


3) Incudine in der Val Camonica.
4) Für avria = avrebbe.
5) recevuto.
6) avuto.
7) nessuni.
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Et cosi, quando il dito Capitan. Francescho Borno vegniti 8 ) de Italia, troueti speso dinari asai et fato pocha opera, dil che si lamentaua, ma non poteua saper doue vegnir il malo. Doue che el di di san Bortolame, che fu adi 24 agosto 1559, el dito maestro Zuan dei Regaci vegniti a scorazo con mi et mi de 9 ) dele bote presente il dito Capitan Francescho Borno Inzigner et altra zente. Et mi disi che non mi doueua 10 ), che s'il mi auese fato dir, aria 11 ) dite cose che non gi saria piasude 12 ) et gi faria veder, che non era cosi fidel seruitor come lui diceua in li sui conti; et il dito Capitan Francescho Borno Inzigner preci sospicion sopra di tal parole et penseti, como era la verita, et me dice, che voleua saper la verita da mi, et cosi iui me feci meter in preson et feci interogar. Dil che confeseti la verita, come la invernada, che lui e stato in Talia con suo fiolo, chel dito maestro Zuan mi aueua fato scriuer le tal persone de piu ogni setimana ora 4 ora 5 ora 6 ora 7 ora 8 ora 9 ora 10. Et di questo lo confesado et confeso presente Jori Pezer, gouernator dil castel di Demes 13 ) et Paul da Lunniborg suo famejo 14 ) et le illustre Capitan di sua excelencia da Suerin et il boia, qual mi interogaua, et di nouo confeso presente tuti li Taliani, che si ritroua su la fabricha, maxime maestro Zuan di Tolame di Ancuzen et maestro Zuan da Sauer 15 ) et maestro Mate Daldos de Voltolina 16 ) et maestro Piero da Persen 17 ) et Zuan Maria da Edol 18 ) di Valchamonega:

Et mi Romol da Isera o scrito et sotoscrito de mia propria mano adi 30 agosto 1559.

In deutscher Übertragung heißt das:

"Kund und offenbar sei jedem, der gegenwärtige Schrift lesen wird, daß ich Romol von Isera bekenne, dem Hauptmann Franz Borno, Ingenieur des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg, als Schreiber bei seinem Bau zu Schwerin und zu Dömitz, von 1557 an und dann 1558 gedient habe. Als der Hauptmann Franz Borno mit seinem Sohne am 6. Oktober 1558 nach Italien ging, ließ er zur Leitung des Baues zu Dömitz einen seiner Obermeister zurück namens Meister Johann dei


8) Für venne.
9) Für dette.
10) Fehlt: battere.
11) Für avrei.
12) piaciutte.
13) Jürgen Pozern, Zöllner und Küchenmeister in Dömitz.
14) famiglio.
15) Saone in der Giudicaria.
16) Val Tellina (Veltlin).
17) Persen im Trentino.
18) Edolo in der Val Camonica.
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Rigaci von Ancuzen aus dem Tal Camonica, und mich beließ er als seinen Schreiber auf dem Bau von Dömitz für das Deutsche und Italienische Arbeitsvolk. Ebenso ließ der genannte Hauptmann Franz Borno dem Meister Johann dei Regaci von Ancuzen Geld da, nämlich 700 Taler, die er für den Hauptmann Franz Borno ausgeben sollte, und Rechnung führen über den Bau namens des Hauptmanns Franz Borno, bis dieser mit seinem Sohne aus Italien zurückkäme, worüber der Meister Johann dei Regaci von Ancuzen Rechnung ablegen sollte über das Volk, das er auf dem Bau für den Hauptmann Franz Borno abgelohnt hatte. Und weiter noch ließ der Hauptmann Franz Borno seiner Durchlaucht dem Herzog von Mecklenburg den Auftrag zurück, daß seine Durchlaucht dem Meister Johann dei Regaci von Ancuzen soviel Geld geben solle, wie er für den Bau nötig hätte, so daß er, nachdem der Hauptmann Franz Borno aus Italien zurückgekehrt wäre, seiner Durchlaucht hätte Rechnung ablegen müssen.

Daher hat der Meister Johann von seiner Durchlaucht 900 Taler empfangen außer den 700 Talern, die ihm Hauptmann Franz Borno dagelassen hatte, als er nach Italien ging, und er hat diese 900 Taler in der Abwesenheit des Hauptmanns Franz Borno gehabt, solange der in Italien war. Als nun der Meister Johann sich im Besitz so vieler Gelder sah, und die Leute bezahlen sollte, setzte er sich in den Kopf und vereinbarte mit mir, Romol von Isera, Schreiber auf dem Bau zu Dömitz, daß ich jede Woche mehr Leute anschreiben sollte, die nicht gearbeitet hatten, und dieses Geld steckte er in seine Tasche und gab mir auch etwas Geld. Von diesen Leuten hieß er mich jede Woche bald 4, bald 5, bald 6, bald 7, bald 8, bald 9, bald 10 mehr in meinen Registern anschreiben, als auf dem Bau gearbeitet hatten, und nahm das Geld für sich, und ich Romol stimmte dem bei als sein Schreiber, wofür er mir auch etwas Geld gab. Und somit fand der Hauptmann Franz Borno, als er aus Italien zurückkehrte, reichlich Geld ausgegeben, aber wenig Arbeit getan, worüber er klagte, aber er konnte nicht wissen, woher das Übel kam. Da kam am Tage des h. Bartholomäus, der am 24. August 1559 war, Meister Johann dei Regaci mit mir in Streit und versetzte mir Schläge in Gegenwart des Hauptmanns Franz Borno, und ich sagte, er dürfe mich nicht (schlagen), denn wenn er mich zum Reden veranlaßte, würde ich Dinge sagen, die ihm nicht angenehm wären, und ich würde ihm zeigen, daß er kein so treuer Diener in seinen Abrechnungen sei, wie er es sagte. Der

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Hauptmann Franz Borno schöpfte Argwohn wegen dieser Worte, und dachte sich, was wohl die Wahrheit wäre, und sagte mir, daß er die Wahrheit von mir wissen wollte. So ließ er mich in das Gefängnis setzen und ließ mich verhören. Da bekannte ich die Wahrheit daß im Winter, als er in Italien mit seinem Sohne gewesen war, Meister Johann mich hätte jede Woche mehr Leute anschreiben lassen, bald 4, bald 5, bald 6, bald 7, bald 8, bald 9, bald 10.

Und das habe ich bekannt in Gegenwart des Jürgen Pozern, Befehlshabers der Feste Dömitz und Pauls von Lüneburg, seines Dieners, und des edlen Hauptmanns seiner Durchlaucht von Schwerin und des Henkers, der mich verhörte, und ich bekenne es von neuem in Gegenwart aller Italiener, die sich auf dem Bau befinden, namentlich der Meister Johann di Tolame von Ancuzen und Meister Johann von Sauer, und Meister Mate Daldos aus dem Valtlin, und Meister Peter aus Persen, und Johann Maria aus Edolo aus dem Tale Camonica. Und ich, Nomol aus Isera, habe dies mit eigener Hand geschrieben und unterschrieben am 30. August 1559."

Das die Urfehde des Johann dei Regaci und die Bürgschaft der andren welschen Meister enthaltende Aktenstück lautet in der Urschrift:

"Si fa intender a qualunque persona, che lezera questo presente scrito, como il Capitan Francescho Borno Inzignero dil ducha Zuan Alberto di Michelborg auendo vno suo capo maestro insu la fabricha di Demes nominato maestro Zuan dei Rigaci di Ancuzen di Valchamonega et andando il ditto Capitan Francescho Borno in Itaila laseti il ditto maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen di Valchamonega per gouerno di la fabricha et pagar la gente, che lauoraua su la tabricha tantto Taliani como Todeschi, et auendogi lasado a la partenza sua dil Capitan Francescho Borno inzigner toler 700 per pagar la gente et comeso ala excelencia dil ducha di Mechelborg, che gi douese dar dinari tanto, quanto fa bisogno per la fabricha, il qual ditto maestro Zuan a receputo da sua exceiencia Tl. 900 per pagar li homini su la fabricha. Dil qual il ditto maestro Zuan si acordetti con il scriuano, che gi aueua lasato il Capitan Francescho Borno, a far registri falsi. Dil qual gi faceua scriuer persone de piu ogni setimana ora 4 ora

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5 ora 6 ora 7 ora 8 ora 9 ora 10. Et di poi venuto il Capitan Francescho Borno de Italia in l'ALemagna su la ditta fabricha, trouetti a non eser fatto il lauor, che doueua eser fatto, et era speso dinari asai. Dil che non poteua pensar, doue fu se despeso tanti dinari. Et il giorno di sante Bortolame che fu adi 24 agosto 1559 vegnite a scorazo il ditto maestro Zuan con il ditto scriuano, doue ge de dele botte, et il ditto scriuano dise, non mi da di seno, che confesaro cosa, che non vi piacera et vi faro cognoser che non seti 1 ) cosi fidel seruitor al patron como diceti. Dil che intendendo il Capitan Francescho Borno Inzigner tal cose, feci meter in preson il dito scriuano et comenceti a far interogar dicendo che dicesi 2 ) dir la verità sopra di quele parole lui aueua dito. Et il ditto scriuano confeseti, como il dito maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen di Valchamonega la invernada comenzando adi primo otouer 1558 per fina adi 15 marzo 1559 aueua scriuer persone de piu su in tuti li registri, ogni setimana ora 4 ora 5 ora 6 ora 7 ora 8 ora 9 ora 10. Et intendendo il Capitan Francescho tal cosa feci meter in preson il dito maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen di Valchamonega et il fece confesar ancora lui la verita, como di sopra e scrito et como aueua confesa il dito scriuano. Et volendo lui il dito Capitan Francescho Borno Inzigner far iusticia, como debitameute si doueua far, voleua far apicar il dito maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen et taiar 3 ) una man al ditto scriuano. Dil che vedando tuti li Taliani, che era li su la fabricha di Demes in el paeso di Mechelborg, che'i dito Capitan Francescho Borno voleua far justicia como ministrador di justicia et como debitamenter si doueua far et como aueua merita, si mosero tutti et andeti dal dito Capitan Francescho Borno Inzigner pregando lo per amor de idio, che gi douese donar il ditto maestro Zuan dei Regaci di Ancuzen et il dito scriuano, per che il ditto maestro Zuano saro 4 ) homo da bene et non si lasara mai piu trouar in simil fal 5 ), ne mai procedera contra il ditto Capitan Francescho Borno Inzigner ne di suo fiolo ne in fatti ne in parole ne [in] l'Alemagna ne in la Italia ne in locho, doue si ritrouara, si non eser


1) Für siete.
2) Ob verschrieben für dovei?
3) tagliare.
4) Für sarà.
5) Für fallo.
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gi bon seruitor. Et di questo promete per lui maestro Zuan di Tolade di Ancuzen di Valchamonega et maestro Piero da Perzen et maestro Zuan dei Biroldi da Sauer de la Zudigaria, del qual prometeno vno per l'altro in solidum. Et cosi il dito maestro Zuan zurara per li santi ed evanzeli di mantignir le sue sigurta, presente maestro Mate Daidos da Tiran di Voltolina et maestro Bernardo di la Pedra da Tiran et maestro Antonio Damazo et Antonio da Isera et Zuan Maria da Edol".

In Übersetzung lautet dieses Schriftfsück, wie folgt:

"Jedermann, der das gegenwärtige Schriftstück lesen wird, möge vernehmen, wie der Hauptmann Franz Borno, Ingenieur des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg, einen Obermeister bei dem Bau zu Dömitz, Namens Meister Johann dei Rigaci von Ancuzen in Val Camonica, hatte, und, als der genannte Hauptmann Franz Borno nach Italien ging, den genannten Meister Johann dei Regaci von Ancuzen in Val Camonica zur Verwaltung des Baues zurückließ und zur Bezahlung der Leute, die am Bau arbeiteten, sowohl Italiener wie Deutsche, und daß der Hauptmann Franz Borno, Ingenieur, bei seiner Abreise ihm 700 Taler gelassen hatte, um die Leute zu bezahlen, und seiner Durchlaucht dem Herzog von Mecklenburg aufgetragen hatte, soviel Geld herzugeben, als für den Bau nötig wäre. Der genannte Meister Johann hat von seiner Durchlaucht 900 Taler empfangen, um die Leute beim Bau zu bezahlen. Da verabredete nun der genannte Meister Johann mit dem Schreiber, den der Hauptmann Franz Borno ihm gelassen hatte, falsche Register anzufertigen. Deswegen ließ er ihn jede Woche mehr Personen anschreiben, bald 4, bald 5, bald 6, bald 7, bald 8, bald 9, bald 10. Und als dann der Hauptmann Franz Borno aus Italien nach Deutschland zu genanntem Bau zurückgekommen war, fand er, daß nicht die Arbeit gemacht war, die hätte gemacht sein müssen, und daß reichlich Geld ausgegeben sei. Daher konnte er sich nicht denken, wozu so viel Geld ausgegeben war. Und am Tage des h. Bartholomäus, der am 24. August 1559 war, geriet der genannte Meister Johann mit dem genannten Schreiber in Streit, wobei er ihm Hiebe versetzte, und der genannte Schreiber sagte: Gib es mir nicht in den Sinn, daß ich eine Sache bekenne, die dir nicht gefällt, und die erkennen läßt, daß du nicht der getreue Diener deines Herrn bist, wie du es sagst.

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Als der Hauptmann Franz Borno, Ingenieur, diese Dinge vernahm, ließ er den genannten Schreiber ins Gefängnis setzen, und begann ihn verhören zu lassen, indem er sagte, daß er die Wahrheit sprechen solle über jene Worte, die er gesagt habe. Und der genannte Schreiber bekannte, daß der genannte Meister Johann dei Regaci von Ancuzen in Val Camonica den Winter vom 1. Oktober 1558 bis zum 15. März 1559 in allen Registern mehr Personen hätte anschreiben lassen, jede Woche bald 4, bald 5, bald 6, bald 7, bald 8, bald 9, bald 10.

Als der Hauptmann Franz diese Sache erfuhr, ließ er den genannten Meister Johann dei Regaci von Ancuzen in Val Camonica in das Gefängnis setzen und ließ ihn nochmals die Wahrheit bekennen, wie sie oben geschrieben ist, und wie sie der genannte Schreiber bekannt hatte. Und da der genannte Hauptmann Franz Borno, Ingenieur, über ihn Recht sprechen wollte, wie es schuldigerweise geschehen mußte, wollte er den genannten Meister Johann dei Regaci von Ancuzen hängen lassen, und dem genannten Schreiber eine Hand abhauen. Als daraus alle die Italiener, die bei dem Bau von Dömitz im Lande Mecklenburg waren, sahen, daß der genannte Hauptmann Franz Borno Recht sprechen wollte als Verwalter des Rechts, und wie es schuldigerweise geschehen mußte, und wie er es verdient hatte, so wurden sie alle aufgeregt und gingen zu dem genannten Hauptmann Franz Borno, Ingenieur, ihn bei der Liebe Gottes zu bitten, daß er dem genannten Meister Johann dei Regaci von Ancuzen und dem genannten Schreiber verzeihen sollte, da der genannte Meister Johann ein braver Mann sein und sich nie mehr bei einem ähnlichen Verbrechen betreffen lassen werde, auch nie gegen den genannten Hauptmann Franz Borno, Ingenieur, noch gegen seinen Sohn vorgehen werde weder in Taten noch in Worten, weder in Deutschland noch in Italien, noch an dem Orte, wo er sich befindet, wenn er nicht mehr sein guter Diener sei. Und hierfür bürgen für ihn Meister Johann von Tolade 1 ) von Ancuzen in Val Camonica und Meister Peter aus Persen und Meister Johann dei Biroldi aus Sauer von der Judikarie, von denen einer für den andern sich in solidum verpflichten. Und ebenso wird der genannte Meister Johann schwören bei den Heiligen und den Evangelien, seine Versicherungen zu halten im Beisein des Meisters Mate Daldos aus Tirano vom Valtelin und Meister Bernard di la Pedra aus Tirano und Meister


1) Im Protokoll hieß es Tolame.
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Antonio Damazo und Antonio aus Isera und Johann Maria aus Edolo."

Wir sehen, daß die sämtlichen Welschen aus nahezu gleicher Gegend stammen. Aus der Val Tellina ist Tirano vertreten, daneben noch einer, dessen Heimatsort nicht angegeben, aus der benachbarten Val Camonica: Borno (bei Breno), Edolo und Incudine (Ancuzen, in späteren Quellen Encusien geschrieben), aus der Indicaria: Saone (Sauer) und aus dem eigentlichen Trentino: Persen (Pergine) und schließlich: Isera bei Roveredo. Es sind demnach die Bergamasker Alpen und das Trentino, das die Welschen nach Mecklenburg geliefert hatte, und es liegt kein Grund vor, mit Mithoff (Künstler und Werkmeister) und Sarre (Fürstenhof zu Wismar) das Bressensis des Briefes bei Lisch (Jahrbuch 5, 252 von 1558, nicht, wie S. 28 gesagt wird, von 1568, woraus Sarre (Fürstenhof 34) 1569 und 1559 macht) als Brixen zu erklären und Franz Borno für einen Deutschen zu halten, da Borno direkt nördlich von Brescia liegt und die Val Camonica für ihre nach Stadtluft strebenden Bewohner ihren natürlichen Auslauf über Lovere und Iseo nach Brescia hat.

Durch die Aktenstücke kommt in die durch Lisch's und Sarre's Forschungen eher verwirrte als geklärte Zeitfolge betreffs der beiden Borno, Vater und Sohn, und des Hans Rogatsis, wie er nach den bislang bekannt gewordenen mecklenburgischen Quellen hieß, helleres Licht.

Im Anfange des Jahres 1557 1 ) kam Franz Borno mit seinem Sohn Paul 2 ) in Mecklenburg an, wo er zuerst in Schwerin beim Abbruch des Franziskanerklosters und der damit zusammenhängenden Arbeit am Schlosse beschäftigt wurde. Erst am 1. November 1557 ist in den Rentereirechnungen von dem Bau in Dömitz die Rede, und damals erst scheint er "das Volk aus Italien" gebracht zu haben. Wenigstens sagt eine Eintragung ins Rentereiregister vom 28. November 1557: "200 Goldgulden dem Welschen Baumeister geben zur Zehrung und damit er das Volk aus Italien bringe."

Am 1. Oktober 1558 ist eine Zahlung von 350 Goldgulden gebucht: "dem Welschen Baumeister Francisco Bornaw, daß er sich zum Baumeister hat gebrauchen lassen", also eine Art Schlußzahlung. Und am 6. Oktober, sagt das oben abgedruckte Protokoll, habe er und sein Sohn, der in den Rentereirechnungen mehr


1) In den Rentereirechnungen erscheinen sie seit Ende März 1557.
2) Paul, des welschen Baumeisters Son (1557 März 28).
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fach Paul genannt wird, Deutschland verlassen. Am 23. Oktober 1558 schon werden: "dem Welschen Baumeister seinem verordneten Meister Hansen" 100 Gulden gezahlt, eben dem Maestro Zuan dei Regaci des Protokolls. Schon am 8. November erfolgt die zweite Zahlung an "Hans Roagtsis, Maurermeister" in der Höhe von 200 Gulden. Leider verstummt dann die wichtige Quelle der Rentereiregister, da das Register von 1559 nicht erhalten ist. Wir sind für 1559 also lediglich aus die beiden oben abgedruckten Aktenstücke angewiesen. Im Februar 1560 finden wir noch eine Zahlung an "Meister Hans den Baumeister zu Dömitz", dann wieder eine Lücke in den Rentereiregistern. Vom Ende des Jahres 1560 an erscheint dann ein deutscher Bauschreiber zu Dömitz Heinrich Schrader als Vermittler der Zahlungen an die welschen Bauleute in Dömitz, die sich anfangs 1562 noch durch "neu angekommene" verstärken. Man hatte doch eine Kontrolle für nötig befunden. Johann Rogatsis scheint sich aber, nachdem er einmal so übel angelaufen war, fortan als "braver Mann (homo da bene)" bewährt zu haben. Er erscheint noch hie und da in den Rechnungen, wurde also nach wie vor bei dem Bau beschäftigt. Ja, nach seinem Tode gibt der Herzog 1566 seinen jungen Sohn Jacob bei einem Landsmann, dem Posaunenbläser Francesco Magli, in Kost und Logis. 1 ) Jacob wurde später Baumeister und blieb in Schwerin, von wo aus ihn noch 1594 Herzog Karl von Mecklenburg an Herzog Johann von Holstein zum Baumeister für das Schloß in Arensboek empfiehlt 2 ).

Franz Borno scheint Ende 1559 nach Italien zurückgekehrt zu sein; am 12. August 1560 schreibt ein Othmar Buochschor aus Bologna an Herzog Johann Albrecht: "der Paumeister Francesco ist sidert nit wider gen Ferrara komen". Der Herzog hatte sich also wohl bei ihm nach dem Ungetreuen erkundigen lassen.

Auch das erste Mal, als Borno nach Italien zurückkehrte, und als am 1. Oktober 1558 der Herzog ihm eine Empfehlung nach Venedig mitgab, wo Borno Forderungen geltend machen wollte (gedruckt Jahrb. 5, 252), blieb Borno länger aus, als


1) In den auch von Sarre (S. 46) angeführten Quittungen Maglis wird Jacob zu mehreren Malen geradezu als "Junge" bezeichnet.
2) Von einem Nebeneinanderarbeiten der beiden Rogatsis, wie Sarre es S. 45 annimmt, kann also keine Rede sein. Der welsche Baumeister Jacob in Güstrow muß Jacob Parr (Sarre S. 43) sein. Auch Lesenberg, Das Schloß zu Güstrow, S. 26, ist hiernach zu verbessern.
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ursprünglich vermutet wurde. Denn am 28. Januar 1558 1 ) (also mit Berücksichtigung des Florentiner Jahresanfangs 2 ) 1559) meldete der Herzog Hercules von Ferrara dem Herzog Johann Albrecht: "Et quoniam Bornii reditum optare scribis, ut reliquam partem aedificationis tuae perficiat, ei mandavi, ut quam citissime posset se itineri daret" (gedr. Sarre, S. 52, Nr. IX). Und doch scheint er nach dem Protokoll erst am 15. März 1559 wieder nach Mecklenburg gekommen zu sein.

Auffallend ist es, daß der Empfehlungsbrief Herzog Johann Albrechts an den Dogen von Venedig vom 1. Oktober 1558 an den Dogen Francesco Donati gerichtet ist, der schon 1553 verstorben war. Waren etwa Bornos Forderungen an Venedig vor 1553 entstanden und der Name des damaligen Dogen auf seine Angabe hin eingesetzt?

Eine andere Schwierigkeit bietet ein nur in einem Auszuge des (gleichzeitigen) Archivars Samuel Fabricius erhaltener Brief des Herzogs Hercules von Ferrara (den auch Sarre S. 34 erwähnt, aber nicht abdruckt, wie die beigesetzte Nr. IX es vermuten läßt), in dem er Franz Borno dem Herzog empfiehlt. Der Auszug lautet: "Hercules dux Ferrariae agit gratias D. Joanni Alberto duci Megap. de sua in ipsum voluntate et Italum quendam Franciscum Bornou nomine eidem commendat". Das kann doch nur eine erste Empfehlung sein, und kann somit nur in den Januar 1557 gehören. Als Datum gibt Fabricius an: "Ferrariae XXV. Januarii anno MDLVII". Das wäre nach Florentiner Rechnung der 25. Januar 1558. Ohne das Original kann man Entscheidendes nicht sagen. Dagegen muß man bei dem Empfehlungsbriefe des Johans Vogler aus Ferrara an Jochim Maltzan vom 8. März 1556 (gedruckt bei Sarre S. 52 Nr. X) ebenfalls an den Florentiner Jahresanfang und das Jahr 1557 denken, da es dort heißt: "jetzmal von dem Hertzogen von Ferrara meinem gn. Hern Hertzog Hans Albrechten zu Meckelburg zugesanth worden". Nach diesem Briefe ist Borno übrigens vordem, wohl nach seiner Tätigkeit in Venedig, Baumeister des Markgrafen Albrecht von Brandenburg gewesen (hern marggrafen Albrecht bawmeister), nicht, wie Sarre (S. 34) angibt, des Herzogs Albrecht von Preußen.


1) Für 1558, wo im Januar und Februar mehrfach Zahlungen an den "Welschen Baumeister" gebucht sind, würde der Brief inhaltlich gar nicht passen.
2) In Florenz und weiten Gebieten Oberitaliens begann man (bis 1749) das Jahr am 25. März nach unserem Jahresanfang.
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Daß Sarres Darstellung auf S. 34 (Francesco a Bornau), S. 45 (Paul und Rogatsis, Hans und Jacob) noch in mehreren anderen Punkten unzutreffend ist, soll hier nur der Vollständigkeit wegen erwähnt werden. Namentlich bei Paul (S. 45) herrscht die größte Verwirrung. Sarre macht ihn zum Vorgänger des Franz Borno, dessen Sohn er doch ist, und läßt ihn November 1557 statt 1558 nach Italien zurückkehren. Die vielen irrigen Daten für die Ausgaben (statt 2. Mai muß es 27. Juli heißen, 16. September statt 3. August, 8. Juli statt 29. September) lassen sich vielleicht auf zu flüchtige Aufzeichnungen zurückführen. Auch Lisch's Angaben sind nicht von Unklarheiten ganz freizusprechen. Die oben mitgeteilten Dokumente stellen von selber alle früher gemachten Unrichtigkeiten in ein richtiges Licht. Bemerkt mag noch werden, daß es sich bei dem von Sarre als A.J.A. bezeichneten sogenannten eigenhändigen Ausgabebuch Herzog Johann Albrechts gar nicht um ein solches, sondern um ein im Auftrage des Sekretars Johann Plesse von dem Schreiber Johann Molinus geschriebenes Rentereiregister handelt.

Zum Schluß möge hier noch ein eigenhändiges Schreiben des im Protokoll als Jori Pezer, gouernator dil castel di Demes eingeführten Jürgen Pozern, Zöllners und Küchenmeisters zu Dömitz, Platz finden, das uns zeigt, wie eingehend der Herzog sich 1559 um die Einzelheiten des Baus noch vor der Entdeckung der Schwindeleien bekümmerte. Es lautet:

Durchluchtiger hochgeborne Furste, gnediger Herr! E. f. G. sein mein arme underdenighe unnd gehorsame deinsth mith stedhem getreuen Vlize zu voren. G. F. und Herr auf Erfordernt und Ahnlangendt des Welschen Bawmeisters Fransischo Bornowen gebhe ich E. f. G. zu vernehmen, daß ich habhe gehat 29 Werchstuck, so die Steinmeisthere zu Geben alhir bereith unnd ausgehowen. Die habe ich mithsampt den Steinmestheren gemessen und befunden, daß die in die Lengedhe habhen 29 unnd halben Faden. Das habhe ich auf Erforderent deß Welschen Baumeister nicht zu vorhalten gewünscht. Datum Domitze, denn 17 Julii anno 1559

E. f. G.
underdeniger unnd gehorsamer diener Jurgen Pozeren
Zolner zu Domitze.

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