zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Volrad I. ca. 1153(45) - ca. 1167.

Der erste Dannenberger Graf ist Volrad I. aus dem Hause der Edlen von Salzwedel. Mit seinem vollen Titel finden wir ihn freilich erst mehrere Jahre nach seiner Einsetzung genannt. In der bereits bei Heinrich von Badewide erwähnten Urkunde Heinrichs des Löwen vom Jahre 1162 - M. U.-B. I, 74 - ist er als "comes Vollaradus de Dannenberg" Zeuge, daß, der Herzog dem Probst und den zwölf Domherren zu Ratzeburg 27 Mark aus dem Zoll zu Lübeck verleiht. 12 ) Hier treffen wir ihn auch zum ersten Male als Grafen im Gefolge des Löwen. Doch wenn nicht alles trügt, ist er bereits siebzehn Jahre früher nachzuweisen. In einer ebenfalls schon bei Heinrich von Badewide erwähnten Urkunde vom Jahre 1145, in der Konrad III. den Vertrag des Magdeburger Domherren und späteren Bremer Erzbischofs Hartwig sowie dessen Mutter, der Markgräfin Richardis, mit dem Magdeburger Erzbischof über Güter in Dithmarschen und Nortland bestätigt, sind u. a. als Zeugen genannt Friedrich von Salzwedel und dessen Bruder Volrad. Und zwar zwischen Graf Otto von Hillersleben und Heinrich von Badewide und dessen Brüdern. 13 ) Da Heinrich von Badewide aber damals bereits Graf von Ratzeburg war, so geht aus dieser Stellung, wenn man die bekannte Tatsache in Betracht zieht, daß im Mittelalter bei Aufführung der Zeugen streng auf die Rangordnung gesehen wurde, mit unzweifelhafter Sicherheit hervor, daß diese beiden Brüder de Salzwitelen, wenn sie auch nicht den gräflichen Namen führten, doch aus edlem Geschlechte waren.

Auch daß hier bereits, wo wir ihm zum ersten Male begegnen, Volrad in Verbindung mit dem Grafen Otto von Hillersleben - zwischen Neuhaldensleben und Wolmirstedt - auftritt,


12) Zwar findet sich Volr. bereits in der sogen. Ratzeburger Dotationsurk. vom Jahre 1158 - M U -B I, 65 - als "comes Volradus de Dannenberge". Allein, diese Urkunde ist, wie bereits gesagt, später ausgestellt, und hier nur insofern von Wert, als sie uns bestätigt, daß Volrad in diesem Jahre schon Graf von Dannenberg war; denn offenbar ist die Zeugenreihe auf das Jahr 1158 gefälscht.
13) Cod. Dipl. Anh. I, 324.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 74 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ist sehr wichtig zur Feststellung seiner Identität mit dem ersten Dannenberger Grafen. Denn sieben Jahre später treffen wir ihn als Zeugen in einer Urkunde des Bischofs Ulrich von Halberstadt, in der dieser dem Kloster Hillersleben seine sämtlichen Besitzungen bestätigt. 14 ) Auch hier wird Volrad noch als "von Salzwedel" bezeichnet. Er sowohl wie der als Otto comes aufgeführte Graf Otto von Hillersleben erscheinen hier im Gefolge Albrechts des Bären. Endlich, in einer Urkunde, die der bekannte Erzbischof Wichmann von Magdeburg im Jahre 1157 für Kloster Ammensleben - das heutige Groß-Ammensleben auf dem rechten Ufer der Ohre, Hillersleben gegenüber - über eine Schenkung des Magdeburger Domherren Dietrich von Hillersleben, des Bruders des Grafen Otto, ausstellt, erscheint Volrad als "de Dannenbergh". 15 ) Hier erwähnt nämlich Wichmann, daß er jene Schenkung Dietrichs von Hillersleben bereits einmal, nämlich am Begräbnistage seines Bruders, des Grafen Otto von Hillersleben, einem 1. August, bestätigt habe in Anwesenheit des Markgrafen Albrecht und seiner Söhne Otto und Hermann und anderer namentlich aufgeführter Zeugen, von denen uns außer Volrad von Dannenberg auch Burchard von Falkenstein bereits aus der Urkunde vom 28. Juni 1152 bekannt ist. Das Jahr, in dem Otto von Hillersleben starb, nennt Wichmann zwar nicht; doch ist uns dieses von anderer Seite her bekannt. Nach den Pöhlder Annalen starben nämlich im Jahre 1154 kurz nacheinander "der Magdeburger Domherr Dietrich und sein Bruder Otto von Hillersleben". 16 ) Danach wäre also die Einrichtung der Grafschaft


14) Cod. Dipl. Anh. I, 384, Urk. vom 28. Juni 1152.
15) Ebenda V, Nachtrag Nr. 435 a, Urk. vom 17. Oktober 1157. Im Regest des Cod. Dipl. Anh. steht durch ein Versehen September. - Offenbar der größeren Sicherheit wegen haben Regg. archiepisc. Magdeburgens. diese Urkunde gleich zweimal registriert, Bd. I, S. 543 u. Bd. III, S. 536. Einen Grafen Otto von Ammensleben, wie v. Mülverstedt unsern Grafen Otto nennt, hat es nach dem Register v. Heinemanns im Cod. Dipl. Anh. nie gegeben. In dem Registerband der Regg. archiepisc. sucht man vergeblich nach einer Zuweisung unserer Urkunde. - Auch M. U.-B. X, 7147/48 bezeichnet Otto fälschlich als "von Ammensleben".
16) Annall. Palid. MG SS XVI, 88, 40/43; diese wichtige Notiz verdanke ich Herrn Geheimrat D. Schäfer. - Durch daß Chronicon Montis Sereni - MG SS XXIII, 149, 36/47 - erfahren wir, daß der Tod beider zu Rom erfolgte, nachdem sie für Wichmann von Magdeburg das Pallium vom Altar der Peterskirche genommen hatten. Mit dieser Romreise Ottos von Hillersleben stimmt sehr gut die Tatsache zusammen, daß er in Deutschland nur bis 1152 urkundlich nachweisbar ist, Register (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 75 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dannenberg auf die Zeit vom 28. Juni 1152 bis zum 1. August 1154 zu bestimmen. 17 )

Wollte man nun noch irgendwelche Zweifel hegen, daß unser Volrad mit Volrad von Salzwedel identisch sei, so dürfte ein Blick auf unsere Karte genügen, um aus den zahlreichen, durch spätere Urkunden erwiesenen Besitzungen der Grafen von Dannenberg gerade um Salzwedel herum zu erkennen, daß hier besondere Beziehungen bestanden haben, zumal wir Abbendorf ausdrücklich als Allod der Dannenberger Grafen genannt finden. 18 ) Wir gehen demnach schwerlich fehl, wenn wir annehmen, daß diese Besitzungen die Erbgüter Volrads waren. Denn von späteren Verleihungen in dieser Gegend an die Grafen von Dannenberg, etwa durch die Markgrafen von Brandenburg, hören wir nicht das mindeste. Andererseits erklärt sich auf diese Weise am einfachsten, daß wir bis gegen das Ende der Grafschaft Dannenberg die Grafen häufig in engster Verbindung mit den Markgrafen finden, zu denen sie doch an und für sich als Grafen von Dannenberg keinerlei Beziehungen hatten. Dementsprechend begegnet Volrad als ."von Salzwedel" nach 1152 nicht mehr, während sein Bruder Friedrich noch bis 1181 in Urkunden genannt wird. 19 )

Eins bleibt freilich dunkel, nämlich, warum Heinrich der Löwe zum Grafen von Dannenberg einen Vasallen Albrechts des Bären einsetzte. Darüber, daß die Grafschaft ebenso wie die von Lüchow von ihm, und zwar von ihm als Herzog von Sachsen, abhängig war, kann gar kein Zweifel bestehen, wenn wir erfahren, daß die beiden Grafen im Jahre 1182 ihre Grafschaften von dem neuen Herzog, Bernhard von Anhalt, zu Lehen nehmen. 20 ) Der naheliegende Gedanke, daß Volrad gar nicht von Heinrich dem Löwen, sondern von Albrecht dem Bären zum Dannenberger Grafen eingesetzt sei, würde also unrichtig sein. Wir müssen uns bei dem gänzlichen Mangel näherer Nachrichten über die


(  ...  ) zu Cod. Dipl. Anh. Bd. VI, S. 130. Mit Recht wendet sich also W. Hoppe, Erzbischof Wichmann, in Geschichtsbl. f. Stadt u. Land Magdeburg 43 S. 143 Anm. 22 gegen Simonsfeld, der a. a. O I, 216 Anm. 15 jene Nachricht vom Tode der beiden Brüder als "unkontrollierbar, aber wenig glaubwürdig" bezeichnet.
17) Daß Volrad von Dannenberg in unserer Urkunde vom 17. Oktober 1157 nicht comes genannt wird, ist völlig belanglos; wird doch auch der Ratzeburger Graf noch 1145 einfach als Heinricus de Botwidel bezeichnet.
18) Riedel, Cod. Dipl. Brandenburg. AXXII, 98.
19) Siehe Cod. Dipl. Anhalt. VI, S. 213 "de Saltwedele".
20) Arn. III, 1, Okt.-Ausg. S. 69.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 76 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Einsetzung mit einem non liquet begnügen. Die Tatsache, daß Volrad in unmittelbarer Nähe Neuhaldenslebens, einer der wichtigsten Burgen Heinrichs des Löwen, in Ammensleben, Besitzungen hatte, legt den Gedanken nahe, daß schon vor seiner Einsetzung als Dannenberger Graf zwischen ihm und dem Herzog persönliche Beziehungen bestanden. Die Besitzung in Ammensleben wird als Allod der Dannenberger Grafen genannt, so daß wir vielleicht ihre eigentliche Heimat hier zu suchen haben und sie vielleicht vor nicht langer Zeit erst in die Altmark übergesiedelt waren.

Ebensowenig vermögen wir zu erkennen, ob Volrad in Dannenberg schon eine befestigte Ansiedlung, von der aus er sein Kolonisationswerk beginnen konnte, vorsand, oder ob diese erst von ihm angelegt wurde. Daß Dannenberg neueren Ursprungs als die rings herum wendisch benannten Ortschaften 21 ) ist, muß man wohl aus seinem deutschen Namen schließen. 22 ) Erwägt man daneben die bereits oben dargelegten Gründe, warum erst jetzt eine planmäßige Kolonisation hier möglich war, so wird der Schluß nicht allzu gewagt sein, daß die Stadt Dannenberg ihre Entstehung dem ersten Inhaber der Grafschaft verdankt. Auf alle Fälle war der Platz gut gewählt zur Anlage einer Burg, da er weit und breit die einzige Erhebung nahe der Jeetzel in dem ringsum sumpfigen Wiesenland ist und nur auf einer Seite mit dem höhergelegenen Lande zusammenhängt und so gegen etwaige Überfälle der Wenden leicht zu verteidigen war. Schien doch Dannenberg, als es im Jahre 1223 galt, die gefangenen Dänenkönige sicher zu verwahren, der beste Aufenthaltsort zu sein, weshalb es denn auch von einem gleichzeitigen Chronisten als ein "firmissimum et inaccessibile castrum" bezeichnet wird. 23 ) Die Gründung Volrads wird zunächst lediglich aus der eigentlichen Burg, die vermutlich nahe der Jeetzel an der Stelle des heutigen Amtsgerichtshofes lag und von der vielleicht noch ein Teil in dem sogenannten "Waldemarturm" als dem Burgverließ erhalten ist, und den dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden bestanden


21) Vergl. Karte des Deutschen Reiches Nr. 211. Die vielfach auf -au endigenden Namen entsprechen denen auf -ow in Mecklenburg.
22) Der zweite Bestandteil des Namens ist ja ohne weiteres klar. "Dannen" muß man wohl von "Tanne" herleiten, eine Etymologie, die schon seit der Mitte des 13. Jahrhunderts gebräuchlich ist, da im Wappen der Grafen, das ursprünglich einen Löwen zeigte, seit dieser Zeit daneben eine Tanne auftaucht, siehe Exkurs I. Noch heute ist infolge des mageren Bodens westlich und südlich Dannenbergs hier die Tanne häufig zu finden.
23) Chron. Reg. Coloniens., ed. Waitz Schulausg. S. 254.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 77 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

haben, die durch Wall und Graben mit der Burg zu einer kleinen Festung verbunden waren. 24 ) Erst etwa fünfzig Jahre später hören wir von Dannenberg als einer urbs.

Die Herrschaft, die so dem Grafen Volrad übertragen war, stellte keineswegs ein geschlossenes Gebiet dar; ein solches besaßen die Dannenberger Grafen erst in späterer Zeit, und zwar nur rechts der Elbe. Abgesehen von seinen zahlreichen Besitzungen um Salzwedel und in der Magdeburger Gegend, von denen gleich die Rede sein wird, zogen sich seine Lehngüter von der heutigen Altmark, etwa bei Ohrdorf beginnend, in einem weiten Bogen durch die Kreise Isenhagen, Uelzen, Lüneburg, Winsen bis zur Elbe, etwa in der Nähe der Luhe-Mündung, hin. Jedoch war, um das nochmals zu betonen, das durch diesen Bogen umgrenzte Land keineswegs ein geschlossenes Territorium der Dannenberger Grafen, sondern neben ihnen finden wir sowohl die Lüchower wie auch die Schweriner Grafen mit zahlreichen Besitzungen hier vertreten. 25 ) Zur Erklärung dieser eigentümlichen Sachlage muß man sich vor Augen halten, daß die Grafen, um ihren Herzog in seinen Slavenkriegen unterstützen und selbstwirksam koloni-sieren zu können, einer starken Kriegsmannschaft bedurften. Eine solche konnten sie aber vorderhand nur bilden aus deutschen Ministerialen, an die sie ihre Besitzungen weiterverliehen. So erklärt es sich auf die einfachste Weise einmal, daß sie, wenigstens bei den Dannenberger und den Schweriner Grafen ist das der Fall, in der nächsten Zeit fast nur in deutschen Dörfern belehnt erscheinen, und zum andern, daß ihre Besitzungen so weit verstreut liegen. So wird die Ansicht v. Hammersteins in seinem trefflichen Auffatz "Die Besitzungen der Schweriner Grafen am linken Elbufer", Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen 1857 S. 121, ganz das Richtige treffen, wenn er meint, daß die von Helmold I, 88 26 ) erwähnte "militia" Gunzels von Schwerin aus dessen Ministerialen am linken Elbufer bestand. Ähnlich wird es sich mit den linkselbischen Besitzungen der Dannenberger Grafen verhalten. Freilich finden wir diese urkundlich z. T. erst in später Zeit als Besitz der Grafen genannt; doch werden wir


24) Die Abbildung Dannenbergs im Jahre 1654 bei Merian, Topographie XII, 70, läßt noch sehr wohl den später zugeschütteten Graben, der rings um den Burgberg herumführte, erkennen.
25) Vergl. die Karte.
26) In der Ausgabe Schmeidlers S. 172, 35; vergl. auch "Bardengau" S. 481.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 78 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, daß sie bereits Volrad I. von Heinrich dem Löwen verliehen sind.

In den nächsten Jahren finden wir ersteren dann mehrfach als Zeugen genannt. Da es sich dabei ausschließlich um Urkunden aus dem von Heinrich dem Löwen beanspruchten Gebiet handelt, scheint daraus hervorzugehen, daß er die Verbindung mit Albrecht dem Bären seit seiner Einsetzung als Dannenberger Graf aufgegeben hatte und sich jetzt nur als Lehnsmann des sächsischen Herzogs fühlte. Wir werden uns also zu denken haben, daß er diesen auf seinen mehrfachen Kriegszügen gegen die Slaven in Mecklenburg begleitete, so im Jahre 1158 und 1160 und auf dem noch bedeutenderen von 1164. 27 ) Wohl das wichtigste Zeugnis der nächsten Jahre ist eine Urkunde des Bischofs Hermann von Verden, der auf Grund von Klagen der Domherren von Bardowiek über Verkürzung ihrer Präbenden durch ihren Propst die Einkünfte von Propst und Domherren durch eine zu Verden am 28. Mai 1158 ausgestellte Urkunde genau regelt. 28 ) Dabei wird unter den Zeugen genannt "comes Wolradus, eiusdem ecciesiae advocatus", woraus hervorgeht, daß unser Graf Volrad die Vogtei in Bardowiek ausübte. Wenngleich er hier nicht als "de Dannenberg" bezeichnet wird, ist ein Zweifel an der Idendität mit dem Dannenberger Grafen nicht wohl möglich. Denn in dieser Gegend ist schlechterdings kein anderer Graf Volrad bekannt als in dem Dannenberger Dynastengeschlecht, wo dieser Name bis zum Aussterben der Familie mehrfach vorkommt. Einmal wird ein Volrad als Bruder Heinrichs von Badewide genannt 29 ); doch hat dieser sicher nie den Grafentitel geführt. Auch hat das Vogtamt der Dannenberger Grafen in Bardowiek nichts Auffälliges, wenn man bedenkt, daß sie ganz in der Nähe, nämlich in Dachtmissen und Erbstorf, Lehngüter besaßen. So behauptet denn auch v. Hammerstein, Bardengau S. 482, daß die Dannenberger Grafen Vögte des Stifts in Bardowiek gewesen seien. 30 ) Auch diese Besitzungen Volrads in unmittelbarer Nähe Lüneburgs deuten auf ein besonders nahes Verhältnis zu Heinrich dem Löwen. Wieder in einer ganz anderen Gegend finden wir


27) Vergl. Kap. I S. 34.
28) Origg. Guelfic. III, S. 477/78.
29) Siehe oben Kap. I S. 11.
30) Ob er sich dabei noch auf andere Nachrichten als unsere Urk. stützt, vermag ich, da er seine Quelle nicht angibt, nicht zu sagen; doch wird man ihm auf Grund seiner reichen Kenntnisse gerade dieser Gegend von vornherein Glauben zu schenken geneigt sein. Ein späteres (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 79 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ihn begütert, wenn wir hören, daß. er dem Cisterzienser-Kloster Marienthal bei Helmstedt zwei Hufen in Ohrdorf - östlich Isenhagen - und den Zehnten vom Klostervorwerk in Groß-Brandsleben 31 ) - bei Oschersleben - geschenkt hat. Wir erfahren das aus einer im Jahre 1159 am 4. März im Lateran für Marienthal ausgestellten Urkunde des Papstes Hadrian IV. 32 ) und aus einer am 2. März 1160 zu Pavia ausgestellten Urkunde des Gegenpapstes Viktor IV. 33 ), die sich gegenseitig ergänzen und bestätigen. Auch hier wird zwar der Dannenberger Graf nur einfach als Volradus comes bezeichnet; doch wird durch spätere Nachrichten bestätigt, daß die Dannenberger Grafen in der Nähe, nämlich in Ammensleben, Besitzungen hatten. 34 ) Auch scheint der Umstand, daß sich in der Nähe Dannenbergs, wo es sonst keine Ortsnamen auf -leben gibt, ein Brandleben findet, diese Beziehungen zu bestätigen. 35 )

Wenn nun auch Volrad zum persönlichen Gefolge des Herzogs gehörte, werden wir doch nicht annehmen dürfen, daß er ihn auf seinen Zügen, die er mit dem Kaiser nach Italien unternahm, begleitete. Diese Aufgabe wird vermutlich mehr den westlichen und südlichen Grafen, denen von Wölpe, Scharzfeld, Rode usw., zugefallen sein, während die östlichen auf ihrem Posten im Slavenlande ausharren mußten. Doch sicherlich wird er wie bei den Slavenzügen, so auch bei allen Landtagen, die der Herzog in dieser Gegend mit seinen deutschen und slavischen "Markmannen" abhielt, zugegen gewesen sein, auf denen die slavischen Angelegenheiten besprochen und die Art des Vorgehens gegen sie festgesetzt wurde. Denn ein solches "colloquium provinciale" wie das im Jahre 1160 zu Barvörde abgehaltene, von dem uns Helmold


(  ...  ) Zeugnis für das Vogtamt der Dannenberger Grafen in Bardowiek hat sich nicht erhalten. Eine Durchsicht des Lüneburger Archivs, die auf meine Bitte Herr Dr. Reinecke in Lüneburg freundlichst vornahm, war ergebnislos.
31) Nach Cod. Dipl. Anh. VI, S. 38 - dem heutigen Alt-Brandsleben.
32) Origg. Guelf. III, 535/37. Die Urk. selbst hat nach päpstlicher Zählung das Jahr 1158, vergl. Jaffè, Regg. Pontific. II, 10552.
33) Pflugk-Harttung, Acta Pontific. inedita I, S.284 f.; Jaffè, Regg. Pontific. II, 14438.
34) M. U.-B. II, 1054. Vergl. M. Jbb. 43, 91/92.
35) Dieses Brandleben b. Dannenberg ist vermutlich eine Gründung der Dannenberger Grafen. Vergl. auch das über die Beziehungen Volrads zu Otto von Hillersleben Gesagte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 80 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in seiner Slavenchronik I, 87 eine kurze Schilderung gibt 36 ), wird weit öfter stattgefunden haben als uns die Quellen berichten. In der nächsten Zeit finden wir Volrad meistens in denselben Urkunden wie Heinrich von Babewide als Zeugen genannt, so im Jahre 1162 außer in der bereits erwähnten Urkunde des Herzogs für die Domherren in Ratzeburg - M. U.-B. I, 74 - noch in der für das Ratzeburger Bistum sehr wichtigen Urkunde des Erzbischofs .Hartwig von Bremen, der "gemäß einer Vorschrift des Papstes Hadrian IV. und des Kaisers Friedrich I." auf Grund einer Grenzbestimmung des Herzogs Elbe und Bille als Diözefangrenzen für Ratzeburg festsetzt. 37 ) Im folgenden Jahre finden wir auch Volrad unter den zur Feier der Einweihung des Lübecker Doms im Juli zu Lübeck zahlreich versammelten Rittern und Herren des Herzogs. 38 ) Und am 18. Oktober war er beim Landtag zu Artlenburg zugegen, als der Herzog den Streit zwischen Goten und Deutschen auf der Insel Gotland schlichtete. 39 ) Im Jahre 1164 wird er in einer offenbar zu Lübeck ausgestellten Urkunde des Bischofs Konrad, der im Februar dieses Jahres Gerold im Bistum gefolgt war 40 ), als Zeuge genannt bei der Bestätigung der Besitzungen des dortigen Domkapitels. 41 )

Zwar haben wir für die nächsten Jahre keinerlei Zeugnis über ihn; doch werden wir als sicher anzunehmen haben, daß er bis zu seinem Tode immer ein treuer Vasall seines Herzogs geblieben ist, wie wir denn in dieser Zeit gerade die neugeschaffenen


36) S. 171: "Redeunte igitur duce [nämlich aus Italien] et comite [Graf Adolf II. kam aus England zurück] prefixum est colloquium provinciale omnibus Marcomannis tam Teutonicis quam Sciavis in loco, qui dicitur Berenvorde." Hier wird dann für die Zeit der Ernte jener große Rachezug ins Slavenland beschlossen, bei dem Niklot fiel und nach dem Heinrich der Löwe voll Stolz Urkunden datierte; siehe M. U.-B. I, 74.
37) M. U.-B. I, 75.
38) M. U.-B. I, 78. Ausgestellt ist die Urkunde erst nach dem 5./6. Juli 1164, siehe die Anm. - Im Jahre 1160 war nämlich das seit alter Zeit im wagrischen Oldenburg bestehende Bistum der günstigeren und sicheren Lage wegen auf Wunsch des Bischofs Gerold nach Lübeck verlegt; siehe Helm. I, 90 u. 94. Vergl. Kap. I S. 35. Hierher gehört auch die "12. Juli 1164 Verden" datierte Urkunde M. U.-B. I, 82, in der Volrad ebenfalls als Zeuge genannt wird, siehe die Anm. des M. U.-B.
39) U.-B. der Stadt Lübeck I, S. 4/5.
40) Helm. I, 95 S. 187.
41) M. U.-B. I, 81.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 81 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Grafenhäuser des Ostens, die Grafen von Schwerin, Ratzeburg, Dannenberg und Lüchow, als die dem Herzog ergebensten Gefolgsleute finden, was ja auch ganz natürlich ist, da sie ihm ihre Stellung verdankten und durch seine Macht darin gehalten wurden. Umgekehrt hatte der Herzog gerade jetzt treue Vasallen nötig. Denn bereits erhoben sich unter Führung Albrechts des Bären und Erzbischof Wichmanns von Magdeburg die Fürsten Sachsens, die mit Recht von der gewaltig vorwärtsstrebenden Politik des Löwen für ihre eigene Selbständigkeit fürchteten. So finden wir denn auch Volrad in der bereits Kap. I S. 34/35 erwähnten Urkunde M. U.-B. I, 88, durch die im Jahre 1166 Heinrich der Löwe die Grenzen des Bistums Ratzeburg festsetzt als Zeugen genannt. 42 )

Dies ist die letzte zuverlässige Nachricht über Volrad. In welcher Weise er sich an den Kämpfen Heinrichs des Löwen gegen den Bund der sächsischen Fürsten und gegen den von ihm abgefallenen Grafen Christian von Oldenburg 43 ) beteiligt hat, wissen wir nicht. Möglich, daß er gerade in diesen Kämpfen seinen Tod fand. Jedenfalls muß er um diese Zeit gestorben sein. Zwar wird er noch in einer angeblich 1174 zu Artlenburg ausgestellten Urkunde Heinrichs des Löwen genannt 44 ); doch ist diese Urkunde ihrer ganzen Beschaffenheit nach so verdächtig, daß wir sie hier nicht berücksichtigen können. Das Aktum dieser Urkunde wird von den Herausgebern des M. U.-B. - ebenda Anm. - wie auch vom pommerschen U.-B. - I, 58 - auf den 19. September 1171 gesetzt. Allein, auch das nützt uns nichts; denn in der echten unter diesem Datum ausgestellten Urkunde - M. U.-B. I, 101 - erscheint überhaupt kein Dannenberger Graf. 45 ) Allerspätestens ist Volrad im Jahre 1169 gestorben. Denn in einer "1170 November 7. Artlenburg" datierten Urkunde, die jedoch ihrer Handlung nach ins Jahr 1169 gehört, erscheint bereits sein Sohn Heinrich als "comes" unter den Zeugen. 46 ) Doch noch viele Jahre später wird seiner treuen Dienste gegen


42) Vergl. die Anm. 117 auf S. 34, wonach daß Aktum der Urkunde, zu dem auch die Zeugen gehören, nicht ins Jahr 1167, sondern in den Sommer 1166 gesetzt werden muß.
43) Vergl. Giesebr. K. Z. V, 606 ff.
44) M. U.-B. I, 113.
45) Auch diese Urkunde M. U.-B. I, 113 wird bei einer genaueren Untersuchung der Ratzeburger Dotationsurk. herangezogen werden müssen.
46) Diese Urkunde M. U.-B. I, 96 ist, wie bereits S. 35 Anm. 124 erwähnt, nur eine andere Ausfertigung für Lübeck nach der M. U.-B. I, 90 abgedruckten für Ratzeburg. - Sie ist überhaupt nicht ganz einwandfrei; man vergl. z. B., worauf schon die Herausgeber des M. U.-B. in (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 82 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Heinrich den Löwen durch Bischof Isfried von Ratzeburg bei Gelegenheit der Verleihung der Länder Weningen und Jabel an den Grafen Heinrich gedacht. 47 )


(  ...  ) der Anm. hinweisen, daß hier ein "Albertus de Scowenburc" statt "Adolfus" erscheint. Vielleicht liegt aber hier ebenso wie bei "Berhardus" und "Harwicus" nur ein Schreibfehler vor.
47) M. U.-B. I, 150. Siehe Heinrich I. S. 86. - Aus den im Text dargelegten Gründen vermag ich mich der Ansicht der Herausgeber des M. U.-B., die in der Anmerkung den Tod Volrads auf 1180 oder später setzen wollen, nicht anzuschließen. Das "sicut et fecerat pie memorie dominus Volradus comes" bezieht sich wohl in erster Linie auf Dienste gegen den Herzog und die Ratzeburger Kirche. Keineswegs ist es nötig anzunehmen, daß diese Dienste dem Bischof Isfried erwiesen waren, wie das M. U.-B. will.