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I.

Auswärtige Politik

des Herzogs Adolf Friedrich I. von Mecklenburg=Schwerin

in den Jahren 1636-1644.

Von Richard Stehmann.


 

Einleitung.

E s ist bekannt, wie sehr der große Krieg, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts alle deutschen Verhältnisse beeinflußt und umgestaltet hat. Sein Abschluß hat die neue Zeit eingeleitet und ist im weitesten Sinne ihr Fundament geworden. Aber bis heute besitzen wir noch keine umfassende Darstellung des westfälischen Friedens. 1 ) Es fehlt an den Vorarbeiten, ohne die eine solche


1) Die betreffenden Werke der polyhistorischen Zeit sind Materialiensammlungen und als sekundäre Quellen von großer Wichtigkeit, so:
"Négociations secrètes touchant la paix de Münster et d'Osnabrug, ou recueil général des préliminaires, instructions, lettres, mémoires etc. concernant ces négociations depuis 1642 jusqu'en 1648 avec les dèpêches de Mr. de Vautorte et autres pièces an sujet du même traité jusqu'en 1654 incl. 4 T. A La Haye 1725 26f.
G. H. Bougeant, Histoire des guerres et des négociations, qui précédèrent le traité de Westphalie, composée sur les mémoires du comte d'Avaux. Par. 1727. 1751.
Derselbe: Histoire du traité de Westphalie. 2 T. 1744. 1751.
J. G. v. Meiern, Acta pacis Westphalicae publica. 6 Bd. Hannover 1734-36.
Derselbe: Acta pacis executionis publica. 2 B. Hann., Gött. 1736. 38 f. u. a.
Vgl. Dahlmann - Maitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte Quellen und Bearbeitungen systematisch und chronologisch verzeichnet. 7. Auflage, bearbeitet von E. Brandenburg. Leipzig 1906. S. 525 ff.
(  ...  )
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nicht möglich ist. 1 ) Denn die Forderung, die wir heute an jede Gesamtdarstellung der deutschen Geschichte machen müssen, gilt auch hier vor allem als unerläßliche Bedingung: Eine Darstellung eines in alle Verhältnisse des deutschen Reiches eingreifenden Ereignisses setzt eine eingehende Erforschung der Geschichte der einzelnen Territorien voraus.

Derartige Vorarbeiten in Bezug auf den westfälischen Frieden sind nun von besonderer Wichtigkeit für das gesamte Norddeutschland. Zwar fand dieses bei den Zeitgenossen nicht dasselbe Interesse wie der Süden und Westen, denn die allgemeine Aufmerksamkeit richtete sich, von den Bewegungen des Auslandes abgesehen, damals trotz aller Zersplitterung immer noch auf das ohnmächtige Kaiserhaus.

Aber Mecklenburg und Pommern, ganz Nieder= und Obersachsen waren der Tummelplatz der Streitenden in den letzten Kampfesjahren. Sie waren zugleich der Teil des Reiches, in dem zuerst Friedensgedanken entstanden und Friedensverhandlungen gepflegt wurden. Für die Erhellung des Zeitraumes vom Prager bis zum westfälischen Frieden ist daher die Geschichte der Territorien im Norden des Reiches von der größten Bedeutung.


(  ...  ) Von Darstellungen neuerer Zeit, die ein Gesamtbild zu entwerfen suchen, ist G. Winter, Geschichte des dreißigjährigen Krieges, Berlin 1893 (bei W. Oncken, Allgem. Gesch. in Einzeldarstellungen) als zu wenig eingehend, nicht in Betracht zu ziehen. Die ausgezeichnete Darstellung von M. Ritter, Deutsche Gesch. im Zeitalter der Gegenreformation und des 30jähr. Krieges 1555-1648 (bei H. von Zwiedineck=Südenhorst, Bibliothek deutscher Geschichte 1877 ff), Stuttgart 1877 ff, ist leider bis heute noch nicht für den Zeitraum von 1635-1648 fortgeführt. F. Philippi, Der westfälische Friede, Ein Gedenkbuch, Münster 1898 bringt einen Abdruck des Friedensinstrumentes, im übrigen kulturgeschichtlich treffende Schilderungen. Daß eine unabhängige, geschweige umfassende Darstellung am wenigsten bei M. Koch, Geschichte des deutschen Reiches unter der Regierung Ferdinands III., Wien 1865 ff., zu finden ist, wissen wir seit lange durch die scharfe Kritik, die Erdmannsdörffer (Zur Geschichte und Geschichtschreibung des dreißigjährigen Krieges, Hist. Zeitschr., her. von H. von Sybel, Bd. 14, I) mit Recht an dieser blinden Parteiarbeit geübt hat. Endlich möge von allgemeineren Arbeiten hier noch der Überblick erwähnt werden, den K. Th. Heigel (Das westfälische Friedenswerk von 1643 bis 1648, Zeitsch. für Gesch. und Pol., her. von H. von Zwiedineck=Südenhorst, Bd. 5 p. .410 ff. 1888) gibt, schon wegen der zusammenstellenden Quellencharakteristik, die diesem kurzen, mehr feuilletonistischen Artikel vorangeht.
1) Immerhin ist eine Fülle von Untersuchungen einzelner Verhältnisse und Territorien vorhanden, die in diesen Kreis gehören. Als Beispiel seien nur angeführt:
(  ...  )
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Freilich kommen da nicht so sehr innere Landesangelegenheiten als vielmehr die auswärtige Politik jener Territorien in Betracht.

Vor 1644 bildete Hamburg den Mittelpunkt aller Verhandlungen zwischen den europäischen Großmächten. Hier waren Graf d'Avaux, der Franzose, und der Vertreter Schwedens, Johann Adler Salvius, die größten Diplomaten ihrer Zeit, tätig. Und um sie herum, werbend, vermittelnd und intriguierend versuchten Engländer, Niederländer und kaiserliche Bevollmächtigte, suchte die ganze Schar kleinstaatlicher Interessenten und Zwischenträger ihre Zwecke zu erreichen, die teils selbstsüchtiger Natur waren, teils aus der allgemeinen, immer wachsenden Friedenssehnsucht entsprangen. Dort hat man damals des öfteren auch mecklenburgische Gesandte erblickt, als Träger der Wünsche und Absichten des Schweriner Herzogs Adolf Friedrich I.

Die Lübecker Witte und von Werdenhagen, die zugleich in seinem Dienste waren, wie vor allem sein Geheimsekretär Simon Gabriel zur Nedden haben so manches Mal an der Tafel des schwedischen Legaten gesessen und seine feinsinnige Liebenswürdigkeit kennen gelernt, wie sie in derselben Stadt auch wieder dem kaiserlichen Vertreter ihre Bitten vorzutragen hatten. Der Eifer dieses Schweriner Fürsten war lebhaft und wirksam genug, ihn an dem großstaatlichen Getriebe teilnehmen zu lassen. Zudem waren die Leiden seines Landes so furchtbar, daß immer neue Anstrengungen, Abhülfe zu schaffen, begründet erscheinen mußten. So wurde Mecklenburg durch den dreißigjährigen Krieg in die großen europäischen Streitfragen derart hineingezogen, daß eine Darstellung dieser seiner Politik in jenen Jahren auch geeignet erscheinen mag, ein Licht auf die allgemeinen Verhältnisse zu werfen, auf die Interessensphären wie auf das politische Leben der rivalisierenden Machtfaktoren Schweden, Habsburg, Dänemark.

Wie ein tätiger, wohlmeinender Fürst unter unsäglichen Schwierigkeiten die durch die Verhältnisse ermöglichte einheitliche


(  ...  ) K. R. Melander, Die Beziehungen Lübecks zu Schweden und Verhandlungen dieser beiden Staaten wegen des russischen Handels während der Jahre 1643-1653. (Hist. Arkisto 18, 1 ff.)
W. Langenbeck, Die Politik des Hauses Braunschweig=Lüneburg in den Jahren 1640 und 1641. (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, her. v. Hist. Ver. f. Nieders. Bd. 18) Hannover und Leipzig 1905.
H. Freiherr von Egloffstein, Bayerns Friedenspolitik von 1645 bis 47. Beitr. z. Gesch. d. westf. Friedensverhandlungen, Leipzig 1898. [Eine in darstellende Form gebrachte treffende Urkundenpublikation.]
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Verwaltung des ganzen Herzogtums behauptete und, trotz der durch den Krieg herbeigeführten, sich allmählich fast bis ins Unerträgliche steigernden Zustände von Land und Leuten, zugleich, weit entfernt, den Dingen mutlos den Lauf zu lassen, selbständig in die Friedensverhandlungen eingriff, sollen die vorliegenden Abschnitte zu schildern suchen. Ihre Erweiterung und Ergänzung, durch die eine zusammenhängende Darstellung der auswärtigen Stellung Mecklenburgs von 1630-1644 sich ergeben würde, bleibt der Zukunft vorbehalten.

 


 

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Benutzte Akten und häufiger angeführte Literatur.

1. Akten des Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archivs zu Schwerin:

A. F.: Acta, die Friedensverhandlungen während des dreißigjährigen Krieges in Deutschland betreffend. Fasc. 2. Ex Archivo Suerinensi.

A. R.: Acta, die Reichstagssachen betreffend. Vol. VII. Ex Arch. Suerin. 1639-44.

A. T.: Acta Tutelae, Curatelae et Veniae Aetatis Principum Mecklenburgensium, Vol. VII. - IX. Fasc. I-III, 1636 ff.

Sues.: Suecica, Vol. IV. Ex Arch. Suerin.

Vien.: Viennensia, Vol. II. Ex Arch. Suerin.

2. Häufiger angeführte Literatur:

de Beehr, Rerum Mecklenburgicarum libri VIII. Lipsiae 1741.

Barthold, Geschichte des großen deutschen Krieges vom Tode Gustav Adolfs . . . . Stuttgart 1843.

Beyer, C., Geschichte der Stadt Laage, Jbb. 52. (1887.)

Ders., Kulturgeschichtliche Bilder aus Mecklenburg. 1903. [Mecklb. Gesch. in Einzeldarstellungen, herausgegeben bei Süsserott in Berlin 1901 ff.]

von Chemnitz, Geschichte des schwedischen Feldzugs in Deutschland. 3. u. 4. T. Stockholm 1855/59.

Cordesius, Chronicon Parchimense. Rostock 1670.

Eddelin, M. P., De Bello Tricennali et Statu Dobranensi, oder kurzer und wahrhaftiger Bericht, wie es in

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Mecklenburg im dreißigjährigen Kriege, allermeist aber zu Doberan anno 1637 und 1638 dahergegangen. Doberan 1649. Handschriftlich. (In der mecklb. Ritter= und Landschaftsbibliothek zu Rostock unter: V. f. 44.)

David Franck, Altes und Neues Mecklenburg, Güstrow und Leipzig 1756. (Nur angeführt unter A. und N. Mecklb.)

Helbig, Wallenstein und Arnim, Dresden 1850.

Informatio Facti et Juris, in Vormundschaftssachen der Fürstin Eleonore Marie 1641. Nur angeführt unter: Inf. F. et J.

Jahrbücher des Vereins für Mecklb. Gesch. und Altertumskunde 1835 ff. Nur angeführt unter: Jbb.

Krafft, Geschichte des Hofgerichtes in Mecklenburg. (Bei Ungnaden Amoenitates . . . Ratzeburg 1749 ff.)

Kretzschmar, Joh., Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg; Hannover und Leipzig 1904. [Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, herausgegeben vom historischen Verein für Niedersachsen, Bd. 17.]

Lisch, G. E. F., Geschichte der Stadt Plau, Jbb. 17 (1852).

Ders., Dorothea von Levetzow oder der Mensch in der Not, Jbb. 16 (1851).

Londorp, Acta Publica, IV. und V. Teil.

Lorentzen, Dr. Th., Die schwedische Armee im dreißigjährigen Kriege. Leipzig 1894.

von Lützow, K., Beitrag zur Charakteristik des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg=Schwerin. Auszug aus seinen Tagebüchern. Jbb. 12 (1847).

Ders.: Mecklenburgische Gesch. III (Berlin 1827 ff.).

Odhner, Die Politik Schwedens im westfälischen Friedenskongreß. Gotha 1877. (Deutsche Übersetzung.)

Prodromus und Refutatio . . . 1641. (Gedr. Gegenschrift Adolf Friedrichs in der Vormundschaftsstreitsache. Angeführt unter Pr.(odr.) und R.(ef.) . . . .

Pufendorf, S. von, Schwedische und deutsche Kriegsgeschichte. 1688 f.

Raabe, Mecklenburgische Vaterlandskunde III: Abriß der mecklenburgischen Geschichte. Wismar 1896.

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Rikskansleren Axel Oxenstiernas Skrifter och Brefvexling II. A., VI. B.: Johan Baners Bref 1624-41. Stockholm 1893. Nur angeführt unter: RAO, B. VI.

Rönnberg, Heinrich, Forschungen, mitgeteilt von Präpositus Gammelin: Die Kriegsleiden der Stadt Kröpelin. Ostseebote, Jahrgang 13 (1892), 30. Juli ff.

Schäfer, Geschichte Dänemarks, V. Gotha 1902.

Theatrum Europaeum . . . Frankfurt 1670, gedruckt bei Balthasar Christof Wusten.

Wagner, Dr. R., Studien zur Geschichte des Herzogs Christian Ludwig von Mecklenburg=Schwerin, I. Teil, Jbb. 70. 1905.

de Westphalen, Joach., Monmuenta inedita rerum Germanicarum praecipue Cimbricarum et Megapolensium, Lips. 1739-45: Tom. IV, 5, Georgii Westphalii Diplomatarium Mecklenburgicum.

Winter, G., Geschichte des dreißigjährigen Krieges. Berlin 1893. (Bei W. Oncken, Allgem. Gesch. in Einzeldarstellungen.)

 


 

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1. Kapitel.

Die Zustände in Mecklenburg während des dreißigjährigen Krieges.

Als Gustav Adolf im Sommer 1630 seinen Fuß auf deutschen Boden setzte, lebten die rechtmäßigen Herzöge von Mecklenburg, Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II. in der Verbannung. Wegen ihrer zweideutigen Haltung Christian IV. gegenüber, die eine freundschaftliche Gesinnung für den damals reichsfeindlichen Dänenkönig zu bekunden schien, hatten sie 1628 ihre Lande verlassen müssen. An ihrer Stelle war Wallenstein durch kaiserliche Belehnung Herr Mecklenburgs geworden. Ihre Sache schien völlig aussichtslos. Siegreich flatterten des Kaisers Fahnen über ganz Norddeutschland.

Da waren es allein die schwedischen Waffen, die ihnen helfen konnten und geholfen haben. 1 ) Bereits im Sommer 1631 hatte Gustav Adolf die kaiserlichen Heere aus den Ostseegebieten verdrängt. Seine Erfolge ermöglichten den Herzögen die Rückkehr in ihr Land, kamen aber auch ihnen teuer zu stehen, denn auf Grund des engen Bundes, den sie mit dem Könige am 29. Februar 1632 in Frankfurt am Main schließen mußten, hatten sie für die Zeit des Krieges den Schweden die Insel Poel, sowie Wismar und Warnemünde abzutreten und bei den letztgenannten Orten die Anlage eines schwedischen Seezolles zu gestatten, von dem ihnen nur ein geringer Anteil überlassen wurde. 2 )

Diese Zugeständnisse mußten bald zu einer unerträglichen Bedrückung des Landes führen, und es ist begreiflich, daß die


1) Otto Schulenburg, die Vertreibung der mecklenburgischen Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht durch Wallenstein und ihre Restitution. Dissert. Rostock 1892. p. 113 ff. Dr. Otto Grotefend, Mecklenburg unter Wallenstein und die Wiedereroberung des Landes durch die Herzöge. Jbb. 66, p. 269 ff.
2) Die Bündnisakte, aus 21 Artikeln bestehend, ist abgedruckt bei Joachimus de Westphalen, Monumenta inedita rerum Germanicarum praecipue Cimbricarum et Megapole sium: Tom. IV., 5, Georgii Westphalii Diplomatarium Mecklenburgicum, p. 1199 ff. - Eingehend handelt darüber: Kretzschmar, Joh., Gustav Adolfs Pläne und Ziele in Deutschland und die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg: Beilagen I, 11, p. 316 ff. Hannover und Leipzig 1904. - [Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, herausgegeben vom Historischen Verein für Niedersachsen, Band XVII.] Vorarbeit zu einer bevorst. größer. Publikation über d. Heilbronner Bund, zu der Verf. von d. tgl. sächs. hist. Kommission beauftragt worden ist.
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Mecklenburger Herzöge nach dem Niedergange der schwedischen Machtstellung das Beispiel der größeren Nachbarn, Kur=Sachsen und Brandenburg, nachahmten und noch im Sommer 1635 dem Prager Frieden beitraten. 1 ) Damit wurden sie aus Feinden des Kaisers Feinde Schwedens. Der Bund von 1632 war zerrissen. Der schwedische Reichskanzler Oxenstierna erließ Drohbriefe an die Mecklenburger Herzöge. Er kündigte ihnen "den roten Hahn auf den Dächern" an. 2 ) Kein Wunder, wenn Schweden dem abtrünnigen Bundesgenossen zürnte, um den es sich Verdienste erworben zu haben glaubte.

Die neue Angliederung an das Reich, die neue Freundschaft Habsburgs brachten den mecklenburgischen Landen den gewünschten und erhofften Schutz nicht. Der Kaiser kümmerte sich nicht um das fern gelegene Land. Seine Heere schonten es in keiner Weise. Sie arbeiteten im Gegenteil nur der schwedischen Verwüstung vor.

Als Oxenstierna im September 1635 von Magdeburg, wo er zuletzt sich aufgehalten hatte, nach Wismar zurückging, das in den Händen der Schweden geblieben war, ließ er Dömitz, Schwerin und Poel besetzen, um die schwedische Operationsbasis zu sichern und zu verhindern, daß sächsische Truppen dort festen Fuß faßten. 3 )

Ein Versuch des sächsischen Generals Baudissin im Oktober den Feinden Dömitz zu entreißen, wurde durch Baner vereitelt, der rechtzeitig aus dem Lüneburgischen herbeieilte und die Sachsen vor Dömitz am 1. November empfindlich schlug. 4 ) Der Kurfürst selbst rückte im November nach Grabow, von da weiter nach Mecklenburg hinein und besetzte Parchim und Plau. 5 )


1) Auf den vermittelnden Einfluß des Kurfürsten von Sachsen hin bestimmte Artikel 14 des Friedensinstrumentes, daß der Kaiser die Herzöge von Mecklenburg wieder zu Gnaden annehmen und anerkennen werde, wofern sie den gegenwärtigen Friedensschluß annähmen. Als Johann Georg ihnen je ein Exemplar des Instrumentes zugehen ließ, beeilten sich beide ohne weiteres Abwägen ihren Beitritt zu erklären. Das Prager Friedensinstrument bei Londorp, Acta Publica IV, Buch 3, pag. 458 ff. Im übrigen de Beehr, Rerum Mecklenburgicarum, liber VII, cap. III, pag. 1304/5.
2) Jbb. d. Ver. f. M. Gesch., Bd. 68, 1903: Balck, Mecklenburg im dreißigjährigen Kriege.
3) Samuel von Pufendorf, Schwedische und deutsche Kriegsgeschichte. Buch VII. § 86.
4) Theatrum Europaeum. Frankfurt, gedruckt bei Balthasar Christof Wusten 1670. Teil III, pag. 580. Pufendorf, a. a. O. § 97. Der Sieg der Schwedischen am 1. Nov. bei Dömitz auch R. A. O., B. VI, pag. 244.
5) R. A. O., B. VI p. 244, Baner in Malchin am 3. November, in Kummerow am 10. Nov., a. a. O. p. 250; Die Kurhessen besetzen Parchim und Plau, letzteres am 3. Nov. - Theatr. Eur. p. 580 u. p. 587. Cordesius, Chronicon Parchimense, Rostock 1670. p. 79.
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Die Kaiserlichen unter Marazin standen in Pommern und strebten eine Vereinigung mit den sächsischen Regimentern an. 1 ) Baner hatte sich gegen diese gewandt und sie in mehrfachen Gefechten und Scharmützeln, 2 ) so bei Goldberg und am 7. Dezember bei Kyritz, geschlagen und endlich aus Mecklenburg herausgedrängt. Doch vermochte er ihre Verbindung mit Marazin nicht zu hindern. Sie erfolgte am 21. Dezember bei Sandow in der Mark. Nur Plau blieb in Mecklenburg in sächsischen Händen. 3 )

So wurde Mecklenburg der Hauptschauplatz des Krieges. Das schwere Los, das über sein Land heraufbeschworen wurde, hoffte Adolf Friedrich um diese Zeit dadurch abwenden zu können, daß er Verhandlungen zwischen Schweden und dem Kurfürsten von Sachsen anbahnte und Schweden auf jede Weise zur Annahme des Prager Friedens zu bewegen suchte. Diese eifrigen Bemühungen des Herzogs, der auch persönliche Anstrengung wie Reisen nicht scheute, zwischen Oxenstierna und Johann Georg eine Vereinbarung herbeizuführen, 4 ) faßt man unter dem Namen einer ersten mecklenburgischen Friedensvermittelung zusammen. Sie blieb erfolglos. 5 ) Als völlig gescheitert konnte sie im Sommer 1636 gelten.

Das Jahr 1636 brachte zunächst den mecklenburgischen Ländern eine Erleichterung. Die Hauptmacht der Schweden verließ das Land. Sie teilte sich in drei Heersäulen. 6 ) Hermann Wrangel ging nach Pommern, Alexander Lesle nach Westfalen und Baner nach Sachsen. Aber befreit war man damit von den Schweden nicht. Die an den verschiedenen Orten zurückgebliebenen Truppen, die Mecklenburg im Besitze Schwedens erhalten sollten, trieben die Bedrückung nach Gefallen weiter. Inzwischen hatte Johann Georg von Sachsen Werben, Havel=


1) Pufendorf a. a. D. § 116 und 118. Theatr. Eur. p. 605.
2) R. A. O., B. VI, S. 251.
3) Theatr. Eur. p. 605. Pufendorf a. a. D. § 118. R. A. O., B. VI, p. 254. Baner in Goldberg am 28. Nov., in Boeck bei Waren am 3. Dez. (a. a. D. p. 256), in Waren am 4. Dez. (a. a. D. p. 258); Herz. Ad. Friedrich von Mecklb. macht Waffenstillstandsvorschläge. Baner in Meyenburg am 5. Dez. (a. a. D. p. 259), in Kyritz am 7. Dez.; Kyritzer Sieg am 7. Dez. (a. a. D. p. 261).
4) R. A. O., B. VI, S. 265.
5) Die Lit. darüber vergl. Kap. III, Anm. 2.
6) de Beehr, Rer. Mecklenburgicar. VII, pag. 1319. Beehr ist hier im Gegensatz zu David Franck (Altes und neues Mecklenburg), dem eigentlich alles nachgeprüft werden muß, als recht zuverlässig zu betrachten. Er stützt sich, vom Theatrum Europaeum abgesehen, auf einheimische Quellen.
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berg, Rathenow und Brandenburg zurückerobert. Um eine weitere Ausdehnung der feindlichen Macht nach Norden zu hindern, vor allem, um Dömitz im Besitz zu erhalten, eilte Baner, der schon früher Lesle wieder an sich gezogen hatte, zurück und nahm am 6. September in und um Parchim Stellung, wie es heißt, mit über 20000 Mann zu Roß und zu Fuß. 1 ) Obwohl das Heer nur bis zum 13. blieb, litt die Stadt schwer. Es folgte am 24. September 1636 die für Schweden glückliche Schlacht bei Wittstock. 2 ) Wieder zog Baner davon. Er rückte mit Lesle erobernd durch Brandenburg und Thüringen weiter nach Süden vor. Dem mecklenburger Lande aber fiel zusammen mit der Priegnitzer Mark und dem Ruppiner Kreise die schwere Aufgabe zu, über 3000 kranke und verwundete Soldaten, die er zurückgelassen hatte, zu verpflegen.

Daß der Fürst und die Untertanen diesen unbequemen Gästen, von denen sie für die Zukunft nur das Böseste erwarten konnten, nicht gerade freundlich entgegengesehen haben, und daß, wie berichtet wird, mancher Ort seine Tore scheinbar grausamerweise auch Schwerkranken verschlossen hielt, wird man nicht unbegreiflich finden. 3 )

Die Hoffnung auf eine Befreiung des Landes durch kaiserliche Bundesgenossen mußte man völlig aufgeben. Es wäre übrigens auch kaum eine Befreiung gewesen. Am 17. Oktober wurde Plau durch die Obersten Plato und Mortaigne zurückerobert. Damit war Mecklenburg wieder vollständig in die Gewalt der Schweden gefallen. 4 )

Eine Änderung trat im folgenden Jahre ein. Nach schwerer Brandschatzung Kursachsens ging Baner, von den Verbündeten in die Enge getrieben, im Juni 1637 nach Pommern zurück, dessen Besitz jetzt nach dem am 20. März 1637 erfolgten Tode des letzten Herzogs für die Schweden von größter Bedeutung war. 5 ) Er bewerkstelligte jenen berühmten Rückzug, der sein Talent als Taktiker glänzend zeigte.

Die kaiserlichen, brandenburgischen und sächsischen Truppen folgten dem raschen Gegner. Gallas eroberte am 23. Juli


1) Cordes, p. 79.
2) R. A. O., B. VI, p. 340.
3) v. Chemnitz, Gesch. des schwed. Feldzugs in Deutschland, III. Teil, 1. Buch, Kap. XIII, p. 64.
4) v. Chemnitz, a. a. O. Jbb. 17, p. 213.
5) R. A. O., B. VI 410 ff.
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Parchim und plünderte es aus. 1 ) Dann gerieten die Gegner in Pommern aneinander, aber es gelang den Verbündeten nicht, das schwedische Heer weiter zurückzudrängen oder ihm erhebliche Verluste zuzufügen. Daher gingen die Kaiserlichen im September über Demmin und Malchin nach Mecklenburg zurück. Torstenson folgte ihnen über die Peene nach Gnoien und Dargun, mußte aber, ohne ihren Marsch aufhalten zu können, unverrichteter Sache wieder abziehen. Gallas blieb einige Tage um Goldberg und Sternberg und traf im September mit den Brandenburgern und Sachsen unter Vitzthum und Klitzing zusammen. Diese waren von der Mark aus vorgedrungen und eroberten im August Dömitz und Plau. 2 ) Aus ihren Reihen verstärkt, rückte Gallas von neuem über die pommersche Grenze. Bei diesem Hin= und Herziehen der Heere wurde der ganze fruchtbare Landesstrich südlich der Ostsee von Boizenburg etwa bis Stettin binnen wenigen Wochen völlig ausgeplündert. Und was noch erhalten blieb, mußte zu Grunde gehen, als Baner seine Winterquartiere in Vorpommern und Gallas die seinigen in Sachsen, Lauenburg und Mecklenburg nahm. 3 ) Den Befehl, die Hauptlast der kaiserlichen Armee, die sonst nach Schlesien gerückt wäre, für den Winter nach Mecklenburg zu legen, hatte der neue Vizereichskanzler Kurtz überbracht, der aus diesem Grunde zu Gallas gereist war. 4 )

Die furchtbare Lage, in die sein Land geriet, veranlaßte Herzog Adolf Friedrich, seine Bemühungen um den Frieden zu erneuern. Er knüpfte mit den feindlichen Generälen, die in und um Mecklenburg lagen, neue Verhandlungen an. 5 )

Kein Amt war im Lande, das nicht mit fünf bis acht Regimentern belegt worden wäre. Nur Schwerin, Güstrow, Bützow und Rostock sollten zunächst von Einquartierung frei bleiben, weil der Herzog in ihnen eigene Garnisonen hielt. Im folgenden Jahre griffen die Schweden, die durch neue Hülfskräfte verstärkt worden waren, die Kaiserlichen an. Sie trieben sie zurück und machten sich zu Herren in Mecklenburg, worauf das Heer des Kaisers ein festes Lager in der Umgegend von Dömitz bezog. 6 ) Auch nahmen sie die von ihnen früher als Zollstation und wichtigen Truppenlandungsplatz erbaute Warnemünder


1) Cordes, a. a. O. Juli, p. 80.
2) Theatr. Eur, p. 824. R. A. O., B. VI p. 434.
3) R. A. O., B. VI p. 542.
4) Brief zur Neddens an Pistorius, 15. Januar 1638. Vien.
5) Siehe Kap. 3.
6) Theatr. Eur. p. 95 a.
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Schanze wieder, 1 ) die der Sachse Vitzthum am 7. März 1638 erobert hatte, und die von den Rostockern demoliert worden war. 2 ) Vitzthum war bei dem Kampfe ums Leben gekommen. Die letzten kaiserlichen Schwadronen wurden hier im oberen Mecklenburg von Wismar aus bei Grevesmühlen und Sternberg vernichtet oder zerstreut. 3 ) Bei Malchin umringte Baner zehn Kompagnien und 500 Reiter der Feinde. Was sich nicht gefangen gab, wurde niedergehauen, die Stadt geplündert. 4 )

Es ist schwer, ein klares Bild der Kriegslage dieses Jahres zu gewinnen, da sich die Berichte des Theatrum Europaeum und Pufendorf nicht ganz vereinigen lassen 5 ) mit den Berichten Baners an seinen Reichskanzler. Wenn von Beehr a. a. O. p. 1346 mit Berufung auf das Theatrum Europaeum von einem größeren, für die Kaiserlichen unglücklichen Gefecht bei Grabow erzählt, so bringen weder jenes noch Pufendorf noch Baners Briefe eine Nachricht davon. Jedenfalls war, als im November Gallas die nördlichen Striche verließ, um sich nach Schlesien und Böhmen zu wenden, und als später auch Baner aus Mecklenburg hinaus und über die Elbe ging, dieses Land in jenem Jahre, in dem es fast ausschließlich den Kampfplatz gebildet hatte, in das tiefste Elend gestürzt worden.

Es ist ein Scharmützelkrieg, den man in allen Teilen des Landes führte. Kleinere Abteilungen griffen einander an und suchten den Gegner zu vernichten. Daher ist kein Amt und kein Ort zu nennen, der nicht schwer gelitten hätte oder gar verschont geblieben wäre. Der unausgesetzte Wechsel schwedischer und kaiserlicher Soldaten ließ keine Gegend zur Ruhe kommen. Und dabei wetteiferten Freund und Feind in der Verwüstung des Landes. Aber der Schweden Faust lastete doch jetzt noch grausamer als die ihrer Gegner auf deren unglücklichen Lande. 6 ) Mecklenburg wurde 1638 an Korn, Vorrat und Vieh total verwüstet, und Baner schrieb im September an Oxenstierna: "In diesen Landen ist nichts als . . . Sand und Luft und gar genau ein wenig dürre Gras übrig sondern alles vom Feinde bis auf den Erdboden verheert und verzehret. . . ." 7 ) Noch bis Anfang


1) Dahin zielender Vorschlag Baners in R A. O., B. VI, p. 526.
2) Theatr. Eur. III, p. 920 f.
3) Theatr. Eur. III, p. 961 f.
4) a. a. O. p. 973. Details R. A. O., B. VI pp. 554, 564 f; Baner in Neukloster 3. Nov. 1638 (a. a. O. p. 565).
5) Theatr. Eur. a. a. O. Pufendorf a. a. O., X. Buch, § 20-28.
6) Cordes a. a. O. Jbb. 17, p. 220.
7) R. A. O., B. VI, p. 564. R. A. O., B. VI, p. 582.
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Januar 1639 hielt sich der schwedische Feldherr in Mecklenburg. Als er dann aufbrach, rückte er vor Dömitz und ließ es beschießen. Es war neben Plau die einzige Stadt im Lande, die noch den Kaiserlichen gehörte. Aber die Besatzung ergab sich nicht. 1 ) Baner mußte abziehen. Er ging über die Elbe, zog ins Brandenburgische hinein und folgte dem Gegner darauf nach Schlesien und Böhmen. Alsbald machten sich die zurückgebliebenen Schweden daran, die letzten von den Kaiserlichen besetzten festen Plätze zu erobern. 2 ) Anfang August nahm der Kommandant von Wismar, Lillje Sparr, Plau ein, in das viele vom Adel und viele Bauern der Umgegend sich und ihre Habe geflüchtet hatten. Dömitz zu erobern, gelang ihm jedoch nicht. Die kaiserliche Besatzung dieser Festung hatte sich im Mai durch einen Ausfall einiger Waren= und Proviantschiffe auf der Elbe bemächtigt und hielt die Belagerung Sparrs von Ende September bis Anfang Oktober aus. 3 ) Wohl gelang es Sparr am 27. September sich eines Vorwerks jenseits der Elbe, und am 2. Oktober vorübergehend der Stadt zu bemächtigen, aber das Heranrücken eines brandenburgischen Heeres zwang ihn, den Sturm auf das Schloß abzubrechen und sich zurückzuziehen.

Seitdem hörte Mecklenburg im wesentlichen auf, Mittelpunkt der Kriegsereignisse zu sein. Noch einmal wurde im Februar 1640 von schwedischer Seite ein Versuch gemacht, Dömitz zu nehmen. Aber es gelang nur, einen Teil der Besatzungstruppen in der Nähe der Stadt empfindlich zu schädigen. 4 )

An dem Besitz von Dömitz war jedoch den Schweden sehr viel gelegen, nicht bloß weil es die Elbe beherrschte, sondern weil es der stärkste Platz des ganzen Landes war. 5 ) Daher eröffneten schwedische Truppen, die aus verschiedenen pommerschen und mecklenburgischen Garnisonen zusammengezogen worden waren, unter der Leitung des damaligen Gouverneurs von Wismar, Obrist Erich Hansson Ulfsparr, im Juli 1643 die Belagerung von Dömitz. Diesmal sollten endlich ihre Wünsche Erfüllung finden. 6 )


1) Theatr. Eur. IV, p. 87. R. A. O. B. VI., p. 582. Brief Baners vom 22. I. 1639.
2) Theatr. Eur. IV. p. 71. Pufendorf a. a. O. XI, § 22.
3) Theatr. Eur. IV, p. 72. Pufendorf a. a. O. § 22.
4) Theatr. Eur. IV, p. 221/2.
5) v. Chemnitz, a. a. O. IV. Teil, III. Buch, Kap. 11. Zu Anfang 1643 waren in Niedersachsen nur noch Halberstadt und Einbeck, Wolfenbüttel und Dömitz an der Elbe in der Gewalt des Kaisers. v. Chemnitz a. a. O. III.. Buch, p. 2.
6) a. a. O. Kap. 48 und 58. Pufendorf a. a. O.
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Am 11. August ergab sich die Stadt und am 11. Oktober endlich auch die Festung.

War Mecklenburg schon in der ersten Periode des Krieges im einzelnen arg heimgesucht worden - man denke an das grausige Geschick Neubrandenburgs im Jahre 1631 - und hat es auch später noch manches erleiden müssen, so bildet doch der Zeitraum vom Prager Frieden bis zum Jahre 1643 den Höhepunkt der Leiden und Bedrückungen, die das unglückliche Land zu erdulden gehabt hat. In diesen Jahren wurde sein Wohlstand durch die Heereszüge der feindlichen Heere und ihre Kämpfe, wie durch die lang andauernden Einquartierungen völlig vernichtet. Es wurde geradezu zu einer Wüste gemacht, in der alle Kulturarbeit von neuem beginnen mußte. Grauenerregend ist die Schilderung, die schon Mitte September 1637 Simon Gabriel zur Nedden, der Geheimsekretär Adolf Friedrichs, dem Herrn von Rohr in einem Privatschreiben entwirft. 1 ) "Sonsten aber ist's überall im ganzen Lande so elend, daß es nicht zu beschreiben stehet, beide kriegende Teile hausieren so schrecklich mit den Leuten, als wenn sie keine Christen wären, morden, rauben, plündern, sengen, brennen, schneiden den Leuten Nasen, Ohren und die Sohlen von den Füßen weg, tractieren sie mit schwedischen Trunken, schänden Frauen und Jungfrauen, verschonen nicht der Toten in den Gräbern, wie denn Illustrissimi nostri in Gott ruhende gnädige Frau Mutter schon zweimal aus ihrer Grabstätte herausgeworfen. . . . Alles Vieh ist aus dem Lande schon weg. ."

Wie Räuber hausten beide Armeen in diesem Lande. Von Parchim berichtet der Chronist 2 ) neben dem Frevel an Lebenden die völlige Ausraubung aller Lebensmittel, alles Gutes. Über 370 Wagen mit Korn, Hausgerät, Lebensmitteln, Gold, Silber, Leinengerät und Kleidern sollen damals aus der Stadt weggeführt worden sein. Die Bewohner wurden ohne Ausnahme aller Habe und aller Mittel des Unterhalts beraubt. Aber damit war für sie das Elend auch nur dieses einen Jahres nicht erschöpft. Der Generalstab der Hatzfeldischen Armee kam dauernd nach Parchim, und schon die für seine Verpflegung geforderten monatlichen Kontributionen mußten eine Erholung der Stadt unmöglich machen. Überdies wurde sie im Herbst 1637, als die Schweden aus Pommern von neuem vordrangen, auf drei Wochen


1) rief zur Neddens an von Rohr, 13. September 1637. Vien.
2) Cordes, Chron. Parchimense p. 80 f.
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Lagerort für drei schwedische Regimenter unter den Obristen Schlange, Dörfling und Heuking. Während zugleich die Pest, die die Schweden mit in die Stadt brachten, furchtbar unter der Bürgerschaft aufräumte, ging das letzte Hab und Gut verloren, so daß beim Abzuge der Schweden "kaum ein Ochse" übrig geblieben war.

Doberan, gerade am entgegengesetzten Teile im Norden des Landes an der Ostsee gelegen, erging es nicht besser. Die Kaiserlichen hausten hier seit dem 5. Oktober 1637 so, "daß es einen Stein in der Erden hätte erbarmen können". 1 )

"Das Weibervolk, so sie überkommen, haben sie geschändet, den Schreiber Servatius Soumann mit einem Seile oder Schnur um den Kopf gewrogelt, ihm und vielen den schwedischen Trunk von Mistwasser und anderer unreinen Materie eingegeben und ihnen hernacher mit den Knien aufs Leib gestoßen, daß das Mistwasser und die andere unreine Materie zum Munde hat wieder herausspringen müssen, . . . . einen Müllerknecht im Backofen verbrannt und den Küster Jochim Koepmann gar ums Leben gebracht, auch alles mit sich hinweggenommen" . . . .

Im Jahre 1638, als Johann Baner in Mecklenburg mit dem schwedischen Kriegsheer zu Neukloster und Wismar im Herbst Quartier nahm . . . . "ist alles erst recht angangen, Adel und Unadel, Geist= und Weltliche, Bürger und Bauern, Mann und Weib, Herr und Knecht, Alt und Jung, Gelehrt und Ungelehrt sind ohne Unterschied von den undisciplinierten schwedischen Völkern übel tractieret, sehr gejaget, heftig geschlagen, böslich verwundet, gänzlich beraubet, . . . . . unchristlich barbarisch auf mancherlei unaussprechliche Art und Weise gemartert, gepeiniget, unschuldig und erbärmlich getötet, um zu bekennen, wo das Ihre und sonsten Vieh, Geld und Gut zu finden sei. Viele haben von Frost und Hunger (der so groß gewesen, daß auch ein Teil der Leute der verstorbenen und umbgebrachten Menschen Fleisch, Gott erbarm es, gefressen haben) verschmachtet und auf den Gassen, auf dem Felde, in den Hölzern, in den Morästen liegen bleiben müssen. 2 )


1) M. P. Eddelin, De Bello tricennali et statu Dobranensi, oder kurzer und wahrhaftiger Bericht, wie es in Mecklenburg im dreißigjährigen Kriege, allermeist aber zu Doberan, insonderheit anno 1637 und 1638 dahergegangen, darin auch von des Herzogs Adolf Friedrich Geburtstag, Gemahlinnen, Kindern und Bedienten etc. zu finden. Doberan am Dreifaltigkeitstage 1649. Handschriftlich in der mecklb. Ritter= und Landschaft=Bibliothek zu Rostock. V. f. 44.
2) Die ähnliche Schilderung in einem Briefe Adolf Friedrichs vom 23. J. 1639 (Jbb. 31 p. 36): "Es ist nunmehr mit den armen Leuten
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Keine Wintersaat ist gesäet, und die Sommersaat ist auch nicht bestellet worden, weil an Korn, Menschen und Vieh großer Mangel vorhanden gewesen. Die fürstlichen Ämter, die kleinen Städte, die Dörfer sind eine geraume Zeit leer gestanden, denn man allda nicht sicher sein können, und was noch an Menschen, hohes und niedriges Standes erhalten worden, das hat sich zum Teil in Rostock und Wismar aufgehalten, zum Teil aber in ander Königreiche und Fürstentümer ernähren müssen" . . . .

Ein ähnliches Schicksal erfuhr das benachbarte Kröpelin. Wismar, der Hauptwaffenplatz der Schweden, lag in der Nähe und wurde eine furchtbare Geißel für die Stadt. Unaufhörlich wurde sie von Einquartierung betroffen. 1 )

Beyer schreibt in seiner Geschichte der Stadt Laage von den Zuständen dieser Stadt: "Im Jahre 1637 liegt sie im Sterben, 1638 ist sie tot". 2 )

In Sternberg wurden im August 1638 das Gerichtshaus und viele Häuser der Hofgerichtsverwandten von den Kaiserlichen zweimal hintereinander geplündert. 3 ) Furchtbar wütete auch dort wie in ganz Mecklenburg die Pest. 4 ) Im Sommer 1638 starb die ganze Stadt aus und war über ein halbes Jahr lang völlig verödet, da die wenigen, die am Leben blieben, flohen. Unter den Flüchtenden befand sich der Landrichter Joachim von Lützow, der von Sternberg nach Schwerin ging, hier aber nicht eingelassen wurde, weil in seinem Hause die Pest war. 5 ) Er starb mit seiner Frau in der Vorstadt im Gießhause.

Plau hatte von 1635 bis 1639 allein fünf Belagerungen abwechselnd durch schwedische, sächsische und kaiserliche Truppen zu überstehen. 6 ) Aus den aktenmäßig zusammengestellten "Nachrichten über Leiden der mecklenburgischen Pastoren im großen Kriege und über den Pfarrantritt nach dem Kriege" geht hervor,


(  ...  ) dahin geraten, daß diejenigen, die übrig geblieben, nicht allein Mäuse, Katzen, Hunde und ganz unnatürliche Sachen zur Stillung des Hungers genießen, sondern daß auch an unterschiedlichen Orten Eltern ihre Kinder gefressen, und ein , Mensch vor dem andern nicht sicher ist . . ."
1) Ostseebote, Jahrgang 13, 1892, 30. Juli ff. Die Kriegsleiden der Stadt Kröpelin, mitgeteilt von Präpositus Gammelin nach den Forschungen von Heinrich Rönnberg.
2) Beyer, Gesch. der Stadt Laage, Jbb. 52 p. 272.
3) Krafft bei Ungnaden, Amoenitates. . . . . p. 432/3.
4) Jbb. 12 p. 254 und 301 ff. und Jbb. 12 p. 354 mit Urkunden Sammlung Nr. 35 p. 366f.
5) Ungnaden, a. a. O.
6) G. C. F. Lisch, Geschichte der Stadt Plau, Jbb. 17 (18 52). Plau Während des dreißigjährigen Krieges, p. 196 ff.
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daß nur wenige ihn überlebt haben, und daß jedenfalls alle in den Jahren 1637 und 1638, wenn sie nicht zu Grunde gingen, fliehen mußten oder ihre Pfarre verließen, weil ihre Gemeinden sich zerstreut hatten. 1 )

Der Pastor in Suckow, Chr. Werner, starb, als er nach Parchim fliehen wollte, 1638 auf der Straße an der Pest. In Ruchow starb 1637 der Prediger Bernhard Calander mit all den Seinen. Die Kirche wurde völlig verwüstet und die eingepfarrten Gutshöfe geplündert und zerstört. 2 )

Simon Gabriel zur Nedden, den wir schon einmal hörten, schreibt über den Zustand des Landes im November 1639. 3 ) ". . . Es ist dieser Orts eine so elende Zeit, daß man auch privatim wohl Frieden halten und mit innerlichen dissydiis sich nicht defatigiren möchte. Nam peste, fame, militia premimur et consumimur, die elende Leute, so wenig deren noch auf dem Lande sein, ernähren sich gleich den Schweinen mit Eicheln und fressen daran Ungesundheit und den Tod. In den Städten ist kein Brot mehr zu bekommen; da noch etwas ist, nehmens die Soldaten mit Gewalt, und deren sind leider noch so viel, daß sie wie das Ungeziefer wachsen und zunehmen, und die See schmeißt uns alle Jahr neue ins Land, daß keine Besserung dies Orts zu hoffen, wann auch droben lauterer Friede wäre. Darum kann uns auch dies Orts nicht geholfen werden, wenn nicht ein Universalfried gestiftet wird . . ." Die Folge der allgemeinen Verwüstung und Entkräftung waren Hungersnot und Seuchen. "Die neuen Krankheiten gehen hier mächtig im Schwange, und viele wackere Leute starben darin weg, - in Städten und Dörfern ist kein Haus zu finden, dar nur Leute vorhanden, deren die meisten nicht krank sein sollten. Das Korn auf dem Felde ist meist von den Mäusen aufgefressen . . . . " 4 )


1) Mecklenb. Gesch. in Einzeldarstellungen, Berlin 1901 ff. C. Beyer, Kulturgeschichtliche Bilder aus Mecklenburg: Der Landpastor im evangelischen Mecklenburg (1903), Anhang I und II p. 30-46.
2) Auch Tüzen starb 1638 aus; die dortige Pfarre wurde später mit Fahrenholz vereinigt. Vergl. ferner den Bericht Pastor Stephan Schröders von Belitz, ebenso den des Pastor Joachim Schröder von Klenow (bei Ludwigslust). Herzog Adolf Friedrich ließ sich die Fürsorge für die Pastoren stets sehr angelegen sein und suchte ihnen zu helfen, wo er konnte. "Seine Arbeit geschah hier mehr im Stillen und gelangte weniger in die Öffentlichkeit. Beyer, Kulturgesch. Bilder, a. a. O. p. 38. Dort ist einer seiner Erlasse auf diesem Gebiete abgedruckt.
3) zur Nedden an Pistorius Nov. 1639. Vien.
4) zur Nedden an Pistorius im Juli 1640. Ebenda.
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Am schlimmsten hauste die Pest im Sommer 1638.

"Die Wintersaat für 1637 und die Sommersaat für 1638 waren nicht bestellt; Vorräte und Geld fehlten, die Wohnungen und Mobilien waren verwüstet und ärmlich. So fand die Krankheit das Land und wütete hier namentlich im August und September auf eine nie erhörte Weise. Ganze Städte und Ämter starben fast ganz aus; in den meisten Dörfern blieben nur zwei bis drei Menschen am Leben." 1 )

Gleichwohl hörten nicht einmal die Requisitionen und Kontributionen der Schweden im Lande auf. Man preßte, wo irgend nur noch ein Tropfen zu erwarten war.

Noch 1642 war dies verwüstete Land stetig durch Militärauflagen und Einquartierung gepeinigt, so daß der junge mecklenburgische Prinz Karl, der jüngere Sohn Adolf Friedrichs, selbst nach Schweden geschickt wurde, um Abhilfe von diesen fortwährenden Bedrückungen zu erwirken. 2 ) Seine Sendung hatte aber keinen Erfolg. - "Die Geschichte kennt wohl kaum ein so furchtbares und allgemeines Elend, wie das, welches gegen Ende des dreißigjährigen Krieges, namentlich im Jahre 1638 Mecklenburg beherrschte. Die Würgengel des Krieges, des Hungers und der Pest hausten in Vereinigung auf nie erlebte Weise und brachten das Land dem völligen Untergange nahe. Fast alle Landgüter und Dörfer waren abgebrannt und verwüstet, die Saaten nicht bestellt, die Tiere sämtlich geschlachtet oder durch die Seuche gefallen, die Menschen gestorben; sehr viele Dörfer hatten gar keine, die meisten nur einige Bewohner, viele Familien starben ganz aus". . . . . 3 )

"Wer war der Unglücklichste in jener grausigen Zeit?

Der Tote, der Gemordete, der Verhungerte sicherlich nicht; aber unter den Lebenden? Eine müssige Frage! Die Not traf jeden Einzelnen, der nicht hinter den Mauern größerer Städte geborgen war, in der höchsten Steigerung, es handelte sich nur darum, wer sie ertragen konnte" . . . . 4 )

Herzog Adolf Friedrich war die Natur dazu. Er ist recht eigentlich ein Kind dieser harten Zeit, wenn er auch vor Ausbruch des Krieges geboren wurde.


1) S, Lisch, Gesch. der Stadt Plau, Jbb. 17 p. 192,
2) Cotmann an Pistorius 24. November 1642. Vien.
3) Lisch. Dorothea von Levetzow oder der Mensch in der Not. Jbb. 16, p. 204 (1851).
4) Beyer, Gesch. d. Stadt Laage, a. a. O.
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Selbst hart, nichts weniger als seelisch zart veranlagt, muß er zugleich körperlich eine außerordentliche Zähigkeit und Widerstandskraft besessen haben. Er war ein trinkfester Herr, wovon er bei Gelegenheit in seinen Tagebüchern selbst drastisch erzählt. 1 ) Ohne aus dem Lande zu weichen, hat er Not und alle Seuchen, den ganzen Krieg mit angesehen und noch um zehn Jahre überlebt.

Schroff, unnachgiebig, mitunter aufbrausend konnte er sein. Das erfuhren wohl viele, die häufiger mit ihm in Berührung kamen. Er war kein Fürst, der leicht Gnade für Recht ergehen ließ. 2 ) Und nicht zum besten ist das Verhältnis zwischen ihm und seinem ältesten Sohne Christian gewesen, dem die gleiche Halsstarrigkeit vom Vater überkommen war. 3 )

Aber unter der rauhen Schale barg der Herzog, jedenfalls anders geartet als sein Nachfolger, eine Persönlichkeit, die aus jeder Zeile, aus jeder Handlung spricht, die, treu ihren sittlichen Forderungen, überall den guten Willen eifrig in die Tat umzusetzen strebte und im Mißlingen, in eigener Not, im Jammer des anvertrauten Landes in einem unverwüstlichen Gottvertrauen Trost fand. So gewann er immer wieder neue Hoffnung in all den Wirren, die jene dunklen Jahre mit sich brachten.

Dieser unerschütterliche Kindesglaube eines Fürsten, der oft rücksichtslos, ja roh, und gewalttätig werden konnte, wirkt rührend und wie ein reinigender Luftzug durch jene grausamen Tage. Den hoffnungsfreudigen Mut im Unglück hatte Adolf Friedrich schon in der Zeit des Exils bewiesen, als Wallenstein im Lande herrschte. Wie sein Bruder wurde er damals Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft und erhielt den Namen "der Herrliche in Tugenden" mit dem Zeichen "Betonienkraut". Er trat damals wohl zuerst mit Wilhelm von Kalchum, genannt Lohausen, in Verbindung, der derselben Gesellschaft angehörte und dem Herzoge


1) Vgl. das Zusammentreffen der Herzöge mit König Gustav Adolf 1620 auf mecklenburgischem Boden. Jbb. I p. 139:
26. Mai: ". . . . Auf den Abend um vier Uhren ist der König bei mir wieder angelanget, hat allerhand mit meinem Bruder und mir discuriert, daß wir uns sollen fürsehen für den Dänen, haben die ganze Nacht mit ihm saufen müssen . . .
27. . . . Mein Bruder und ich, haben ihm (dem König) das Geleit auf sein Schiff geben, da haben wir unmenschlich gesoffen; sein also mit guter Vertraulichkeit und cortoisie geschieden. Unser Herr Gott geleite ihn."
2) Vgl. die Tagebuchnotizen über die Verurteilung und Hinrichtung Samuel Plessens im Juli 1618. Jbb. 12, p. 68.
3) Vgl. Dr. R. Wagner, Studien zur Geschichte des Herzogs Christian. I. Teil, Jbb. 70, p. 191 ff.
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in freudiger Anerkennung seines Beitritts ein Exemplar seines Buchs: Von Catilinischer Rottierung etc. sandte, wofür am 22. Dezember 1629 brieflich eine herzliche Dankesantwort erfolgte. Das Schreiben ist sorgfältig stilisiert "und besonders erfreulich, weil der Fürst darin, trotz seiner mißlichen Lage in der Verbannung, eine freudige Zuversicht ausspricht" . . . . 1 )

Die Verbindung mit Lohausen brach nicht wieder ab. Am 5. Mai 1630 hatte der Herzog Wilhelm von Lohausen als Gast bei sich. Er ließ durch seinen Marschall mit ihm wegen Bestallung verhandeln. 2 ) Der Oberst sagte am 29. Juni dem Herzoge Dienst zu und wurde durch Handschlag in Pflicht genommen. Seit 1632 in schwedischen Diensten, wirkte er doch schon 1634 für Adolf Friedrichs Interessen. 1636 löste er alle Beziehungen zu Schweden und war seit dem 30. Juli d. J. allein in mecklenburgischen Diensten und meistens als herzoglicher Kommandant der Stadt Rostock beschäftigt. 3 ) Im Frühling 1639 finden wir ihn an dem von Adolf Friedrich vergeblich versuchten Handstreich auf die in kaiserlichen Händen befindliche Stadt Plau beteiligt, der dahin zielte, den Kommandanten Warasiner zum Abzug zu bewegen und die Festung zu schleifen, um sie für beide Parteien unbrauchbar zu machen. 4 )

Lohausen ist, wie manche anderen höheren Offiziere, die den schwedischen Dienst quittierten, bekannt als Anhänger der sogenannten dritten Partei, die gegen Ende 1639 im Reiche hervortritt und eine bewaffnete Mittelpartei bildete "mit der Spitze gegen die Einmischung der Fremden in deutsche Angelegenheiten, aber auch gegen den von den Jesuiten beeinflußten Kaiser". 5 ) Nun behauptet Pufendorf in seiner schwedischen Kriegsgeschichte in ganz auffallender Weise ähnliche Tendenzen vom Herzog Adolf Friedrich. 6 ) Er berichtet, daß um dieselbe Zeit, da Landgraf Wilhelm von Hessen starb, also im Herbst 1637, der Herzog von Mecklenburg mit neuen Anschlägen umgegangen sei und Soldaten habe werben lassen, um sein Land sowohl von


1) Jbb. 2, p. 190 und 209.
2) Siehe Adolf Friedrichs Tagebücher unter 1630 ff. Jbb. 12, p. 99 f. - von Lützow, Mecklb. Geschichte III, p. 260 und 272.
3) v. Schaumburg, Wilh. v. C., gen. Lohausen, 1866, p. 139 ff; 165 ff.
4) Jbb. 17, p. 222.
5) Lorentzen, Dr. Th., Die schwedische Armee im dreißigjährigen Kriege. Leipzig 1894, p. 81 und 97.
6) Pufendorf, Schwed. Geschichte. IX § 33.
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den kaiserlichen als von den Schweden zu befreien. In dem später zu schildernden Vormundschaftsstreit suchte die Herzogin=Witwe die Schweden hauptsächlich dadurch für sich zu gewinnen, daß sie ihrem Schwager vorwarf, neue Werbungen gegen Schweden vorgenommen zu haben. 1 )

Es ist hier nicht der Ort, die Frage nach der diesbezüglichen Stellung Adolf Friedrichs akttenmäßig zu entscheiden. Nach dem vorliegenden Material bleibt jedenfalls unsicher, wie weit die Werbungen des Herzogs gegangen sind, wenn auch sicher ist, daß er zu solchen, wie auch zu Waffen= und Munitionsankäufen schritt, und daß er die Besatzungen der Hauptstädte Mecklenburgs und die Rostocks nach Möglichkeit zu verstärken suchte. 2 ) Aber aus dem Angegebenen läßt sich kaum ein anderer Schluß ziehen, als daß Adolf Friedrich für die erwähnte Mittelpartei durch seinen Generalmajor Lohausen und unter dessen Einfluß in ihrem Sinne tätig war.

Jedenfalls weist jener Handstreich auf Plau, an dem Lohausen teilnahm, deutlich auf eine derartige Politik des Herzogs hin; er gewinnt daher an allgemeinem Interesse. Es zeugt von außerordentlicher Energie, wenn Adolf Friedrich in jener für Mecklenburg traurigsten Zeit, mitten unter anderen Unternehmungen, wie den Friedensvermittelungen und dem Prozeß über die Vormundschaft, sich einem Unternehmen anschloß, das neues Leben in die dumpfen Zustände des Reiches zu bringen geeignet war.

Wir sehen, wie der Herzog in den Jahren seit dem Prager Frieden unermüdlich bald auf diesem, bald auf jenem Gebiete tätig war für das Wohl des Landes und für sein eigenes Wohl. In der Tat erforderten die Zustände des Landes eine schleunige Aufbesserung, da sie sich täglich verschlimmerten.

Selbst der fürstliche Haushalt wurde aufs empfindlichste mitgetroffen. Der Ertrag der Domänen, von dem der Hof abhing, ging bis auf nichts zurück, und Barmittel befanden sich in dieser Zeit nur spärlich in der fürstlichen Schatulle. Der Herzog war völlig abhängig von den Bewilligungen der Stände. 3 ) Aber auch


1) Mehrfach in den betreffenden Akten zu finden, u. a. Adolf Friedrich an Salvius, den 21. Februar (alten Stils) 1639.
2) Vgl. den Auszug aus seinen Tagebüchern Jbb. 12.
3) Es ist gewiß keine Phrase, wenn während der Jahre nach 1636 aus den Briefen Adolf Friedrichs fortwährend die Sorge um den Unterhalt der eigenen Familie und ihre standesgemäße Existenz entgegentönt. An die Witwe Lohausens, die sich an ihn um Beistand gewandt hatte, schrieb er Anfang 1640, daß es für ihn unmöglich sei, auch nur 100 Rthlr. aufzubringen, geschweige denn die verlangten 2000, "indem wir aus unserm Lande nicht eines Hellers Wert zu genießen und unsere
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wenn diese wollten, konnten sie ihm damals kaum eine Unterstützung gewähren. Waren doch alle wirtschaftlichen Quellen verschüttet! -

Wir haben die Kriegsereignisse der Jahre 1635 bis 1643 in Mecklenburg und die durch jene hervorgerufenen Zustände kulturellen und wirtschaftlichen Niederganges zu schildern versucht, um die großen Schwierigkeiten hervorzuheben, die sich der Aufgabe, das Land aus der tiefsten Zerrüttung zu neuem Wohlstande zu erheben, fast unüberwindlich entgegenstellten. Adolf Friedrich war in seiner derben Rücksichtslosigkeit und seinem unerschütterlichen Gottvertrauen, in seiner Unermüdlichkeit und der Hartnäckigkeit, mit der er seine Ziele zu verfolgen pflegte, wohl geeignet dazu, das mecklenburgische Land wieder besseren Zeiten entgegenzuführen. Diesem Ziele näher zu kommen, schien der erste und nächste Schritt die Vermittelung des Friedens zwischen den kämpfenden Parteien zu sein, die im Reiche schon mehrere Male, auch von Adolf Friedrich selbst, versucht worden war.

Denn solange der unheilvolle Krieg dauerte, konnte das unglückliche, durch seine langgestreckte Lage an der Ostsee Schwedens Macht schutzlos ausgesetzte Mecklenburg, das aus tausend Wunden blutete, sich unmöglich wieder erheben.

Wie unendlich schwierig auch diese Aufgabe war: der erste Schritt zu ihrer Ausführung schien schon getan, wenn die Geschicke beider Mecklenburg von derselben Hand gelenkt wurden, wenn es dem Herzog gelang, beide Regierungen miteinander zu vereinigen. Und dieser Augenblick trat ein, als Herzog Johann Albrecht II. am 3. Mai 1636 das Zeitliche segnete. Mit rücksichtsloser Entschlossenheit ergriff Adolf Friedrich mit der Vormundschaft für den nachgelassenen unmündigen Neffen auch die Regierung über das Güstrower Land.

 


 


(  ...  ) Tafel zur Notdurft nicht mehr halten können" (Jbb. 31, p. 37/8.) - 1644 konnte er für die Reise seines ältesten Sohnes kein Geld mehr aufbringen und befahl, Sorge zu tragen, daß sich Christian seinen Lebensunterhalt als Offizier selbst verdiene. (Jbb. 70, p. 203.)
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2. Kapitel.

Der Streit um die Vormundschaft bis 1637.

Herzog Johann Albrecht II. von Mecklenburg=Güstrow hat seine Wiedereinsetzung nur um wenige Jahre überlebt. Er starb im besten Mannesalter am 3. Mai 1636.

David Franck, ein Geschichtsschreiber Mecklenburgs im 18. Jahrhundert, dessen Fleiß so viel Wahres und Falsches mischt, sagt von ihm, er habe sich die vielen Bekümmernisse, die noch täglich über ihn und sein Land kamen, derart zu Herzen genommen, daß er in der Blüte seiner Jahre dahingesiecht sei. 1 )

Er war in dritter Ehe mit Eleonore Maria, einer Prinzessin aus dem Hause Anhalt, vermählt gewesen. Diese Frau, eine lebhafte Anhängerin des reformierten Bekenntnisses, hatte ihren ebenfalls reformierten Gemahl nach und nach dahin zu bestimmen vermocht, daß er in seiner letztwilligen Verfügung ihr für die Zeit der Unmündigkeit seines Sohnes und Nachfolgers Gustav Adolf, dessen leibliche Mutter sie war, die Vormundschaft und Regierung des Güstrower Landesteiles übergab, ja weiterhin sogar verfügte, daß als Regierungsräte dort nur solche Männer angestellt sein sollten, die der reformierten Religion zugetan seien. 2 )

Zu Mitvormündern waren der Landgraf Wilhelm von Hessen, Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg und Herzog Ludwig von Anhalt, Eleonore Marias Bruder, ausersehen, sämtlich Kalvinisten. Auf diese Weise sollte also einmal Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg=Schwerin von der Regentschaft ausgeschlossen werden, mit dem Johann Albrecht sich niemals gut verstanden und manchen Streit gehabt hatte. Vor allem aber dachte man allen Ernstes daran, dem reformierten Bekenntnisse in Mecklenburg=Güstrow, dem man schon einige Stützpunkte verschafft hatte, zu möglichster Verbreitung und zum Siege zu


1) Altes und Neues Mecklenburg, Buch XIII, Kap. XX, 2, pag. 180.
2) Brief Adolf Friedrichs vom 7. Mai 1636, Vien. Wenn der bestimmende Einfluß hier wörtlich kalvinistischen Ministern in Güstrow zugeschoben wird, so ist damit indirekt doch nur die Herzogin gemeint, die übrigens zunächst ähnlich verfährt. Man wahrte vor vollem Ausbruch des Streites die Höflichkeit und vermied es, direkt, wie später, zu beschuldigen, wohl weil man noch auf Nachgiebigkeit rechnete.
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verhelfen. 1 ) Daß ein Vorgehen dieser Art, wenn auch immer mit dem geheiligten Nimbus der Willensvollstreckung eines Toten umgeben, auf heftigen Widerstand stoßen und einen schweren Konflikt herbeiführen mußte, konnte nach der Natur der Angelegenheit, nach der Auffassung jener Zeit und nach dem lebhaften, ja heftigen Temperament des Schweriner Herzogs, der zugleich ein eifriger Lutheraner war, nicht zweifelhaft sein.

Noch vor dem Ableben Johann Albrechts war das Gerücht von einem Testamente mit besonderen Bestimmungen laut geworden, und, wie es zu geschehen pflegt, so war, was man als ein strenges Geheimnis hatte hüten wollen, im Lande bekannt geworden und die Kunde davon auch über die Schweriner Landesgrenze gedrungen. Adolf Friedrich hatte Zeit gefunden, ein planmäßiges Handeln vorzubereiten. Er war fest entschlossen, sein gutes Recht als "der nächste Agnat und gesetzlicher Vormund" sich weder durch Testament noch Frauenlist rauben zu lassen. Sofort nach dem Eintreffen der Todesanzeige 2 ) begab er sich am 6. Mai nach Güstrow auf das Schloß und erklärte, daß er die Vormundschaft in vollem Umfange übernehmen wolle. Eleonore sprach ihren Dank aus, bat aber, von irgend welchen Maßnahmen abzustehen, da nach dem Testamente ihres Gatten jene Rechte und Pflichten ihr übertragen worden seien.

Obwohl die Testamentseröffnung erst am 2. Juni erfolgen sollte, ließ der Herzog ohne weiteres Rentamt und Kanzleien schließen, nahm die öffentlichen Siegel an sich und vereidigte die Besatzungstruppen. Den Landständen beider Mecklenburg, die nach Güstrow berufen worden waren, wurde am 14. Mai im großen Saale des fürstlichen Schlosses mitgeteilt, daß Herzog Adolf Friedrich die vormundschaftliche Regierung angetreten habe. Man forderte von ihnen Treueid und Handschlag, den alle, auch


1) Beweis dafür ist die wohl nicht zu bezweifelnde Angabe David Francks, daß damals drei reformierte Geistliche sich in Güstrow aufhielten, und das Vorhandensein einer reformierten Knabenschule dort, die Johann Albrecht gegründet und mit den Einkünften eines Amtes dotiert hatte. Den reformierten Geistlichen untersagte Adolf Friedrich dann jegliche Amtsführung, die Schule sowie die Schloßkirche ließ er schließen. (A. u. N. Mecklb., a. a. O. p. 184.)
2) A. T. Vol. VII, Fasc. 1, Vol. I, pars 1, Nr. 2: "Acta und Handlungen, wie sie von den mecklenburgischen Ständen und Landschaft aufgezeichnet so bei Bestellung des jungen Prinzen . . . . in Majo 1636 vorgangen." Vgl. dazu den abweichenden Bericht des Notars Simon Hinze a. a. O. Vol. I, pars 1, Nr. 6; ferner: Informatio Facti et Juris p. 4; Prodromus und Refutatio, p. 19. David Franck, A. u. N. Mecklb., Lib. XIII., p. 182 unklar!
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die Güstrower Regierungsbeamten und Angestellten, leisteten, ausgenommen einige Reformierte, unter ihnen der Kanzler Johann Albrechts II., Deichmann. 1 )

Auf die bittere Beschwerde und den Protest der Herzogin=Witwe brachten die Güstrower Landräte und einige Mitglieder der Ritterschaft die Entschuldigung vor, sie hätten nicht anders zu handeln gewußt, da man ihnen vorher von dem Testamente ihres verstorbenen Fürsten nichts gesagt habe. Trotzdem erklärten gleich danach die sämtlichen Landstände noch einmal ausdrücklich, es bei dem getanen Handschlage bewenden lassen zu wollen. Damit aber hatte Adolf Friedrich einen guten Schritt vorwärts getan, denn, indem ihm Ritterschaft und Landschaft zufielen, sollte der zu erwartende Streit eine für ihn günstige Wendung nehmen. Es war nun nicht mehr der Fürst, es war das ganze Land, das der Vollstreckung eines ungewöhnlichen und unbilligen Testaments widersprach und sie zu hindern suchte. Dem Verlangen der Stände aber mußten Kaiser und Reich, wenn dieser Streit weitere Kreise in seine Wirren hineinziehen sollte, in ganz anderer Weise Rechnung tragen als den Wünschen eines Einzelnen.

Die Herzogin=Witwe aber war zu nichts weniger als zum Nachgeben bereit! Wie ihr Schwager das seinige, so wollte sie das ihr durch legale, also unanfechtbare Testamentsverfügung gewordene Recht durchsetzen. Ihre Hartnäckigkeit und Zähigkeit hat sich durch nichts ermüden lassen, und, wie wir sehen werden, beinahe den Sieg errungen. Zunächst geberdete sie sich ganz als Regentin. Sie behielt zum Beispiel die Landesakten zurück, die sie von Lübeck, wo sie zuletzt aufbewahrt worden waren, nach ihrem Schlosse hatte bringen lassen, und die Adolf Friedrich mehrfach vergebens einforderte. Ja, sie ging später so weit, daß Sie auf öffentlich ausgeschriebenem Landtage an Ritter= und Landschaft Abmahnungs= und Protestschreiben gegen die Übernahme der Vormundschaft durch ihren Schwager richtete. Daß sie nicht daran dachte, den ihr zugewiesenen Witwensitz Strelitz zu beziehen, braucht kaum erwähnt zu werden.

Adolf Friedrich hatte am 15. Mai dem Kaiser von dem Tode seines Bruders und der neu übernommenen Regierung, sowie von dem Testament und allen Einzelheiten Mitteilung gemacht und um gnädige "Konfirmation" gebeten.


1) Den Vorgänger desselben im Güstrower Kanzleramte, Johann Cothmann, wie auch Hartwig von Passow hatte Johann Albrecht aus seinen Diensten entlassen, obwohl sie während der Zeit seiner Verbannung bei ihm ausgeharrt hatten. Adolf Friedrich nahm beide wieder an.
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Inzwischen wurde am 2. Juni in Güstrow das Testament des Herzogs in feierlicher Form eröffnet. Unmittelbar nach der Verlesung erfolgte der Protest Adolf Friedrichs und die Verwahrung der Herzogin=Witwe gegen ihren Schwager. Somit war der Streit um die Regierung in Güstrow offen ausgebrochen. Jede Partei war entschlossen, ihr Recht zu verfechten.

Die Lage war in der Tat verwickelt. Dem Testamente war seine Berechtigung an und für sich nicht abzustreiten, und wer dem toten Buchstaben, wer dem formalen Rechte allein folgte, mußte sich für Eleonore Maria entscheiden. Demgegenüber gab es jedoch triftige Gründe, deren Berechtigung nicht wohl außer Acht gelassen werden konnte. Bei der Wichtigkeit, die damals konfessionelle Fragen hatten, konnte das streng lutherische Herzogtum es kaum mit Gleichmut hinnehmen, wenn durch das Testament der Versuch gemacht wurde, der Verbreitung der reformierten Lehre Vorschub zu leisten. Hieraus erklärt sich auch die Einmütigkeit, mit der das ganze Land dauernd für Adolf Friedrich eingetreten ist. Ferner galt ein weibliches Regiment in Mecklenburg für etwas Unerhörtes. Die Einsetzung der Regierung Eleonore Marias wurde daher als ein Verstoß gegen das Herkommen abgelehnt. Endlich aber schien in der Zeit eines schweren Krieges und bei der eigentümlichen Stellung, die Mecklenburg zu den kriegführenden Parteien einnahm, nichts wünschenswerter zu sein, als eine straffe, wenn möglich einheitliche Leitung beider Mecklenburg.

Es ist hier nicht der Ort zu prüfen, auf welcher Seite das größere Recht war, ebensowenig den Streit, soweit die inneren Angelegenheiten des Landes durch ihn berührt wurden, des weiteren zu schildern. Für uns ist er nur insofern von Wichtigkeit, als er auf die äußere Politik Herzog Adolf Friedrichs von großem Einfluß war. Er stellte sich als ein neues Hindernis dem Bestreben in den Weg, das Mecklenburger Land in den bösen Jahren des Krieges nach Möglichkeit vor Schaden zu bewahren. Da zudem der Vormundschaftsstreit auch den Schweden willkommenen Anlaß bot, sich in die Verhältnisse Mecklenburgs einzumischen, der Kaiser, der Reichshofrat, später das Kurfürstenkollegium Veranlassung erhielten, Stellung zu diesem Streite zu nehmen, so ist er auch für die allgemeine Geschichte jener Zeit von Bedeutung.

Gleich in den ersten Tagen nach dem Tode des Bruders, noch vor der Testamentseröffnung, hatte Adolf Friedrich das streng lutherische Kursachsen um Unterstützung seiner Sache beim Kaiser

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gebeten. Johann Georg I. sandte schon am 28. Mai ein Schreiben in diesem Sinne an Ferdinand II. Er gab zu, daß in der "Polizeiordnung" des Reiches die durch Testament verfügte Vormundschaft jeder andern vorgezogen werde, wies aber auf den Bericht Adolf Friedrichs hin, wonach im mecklenburgischen Hause durch Herkommen, Erbverträge und Landesreversalen eine abweichende Gewohnheit herrsche. Auch die vereinigten Landstände Mecklenburgs sandten am 7. Juni eine Petition an den Kaiser, in der sie gleichfalls dringend für die Regentschaft des Schweriner Herzogs, hauptsächlich aus Gründen der Religion und der Aufrechterhaltung des Friedens im Lande, eintraten. An demselben Tage wandte sich Adolf Friedrich zum zweiten Male an seinen kaiserlichen Herrn mit der Bitte um schnelle Bestätigung seines Verfahrens gegenüber dem letzten Willen seines Bruders. Die Gründe und Erwägungen, die ihn zur Übernahme bestimmt hatten, wurden dabei ausführlich wiederholt. Auch für ihn wie für den Kurfürsten standen die religiösen Interessen im Vordergrund, doch waren sie für ihn nicht, wie für die Ritter= und Landschaft, schlechthin entscheidend: Ihm galten andere wichtige Momente daneben, und zwar solcher Art, von denen er auch hoffte, daß sie den Kaiser zu seinen Gunsten bestimmen helfen würden. Sie gipfeln in der Unzuträglichkeit einer Nebenregierung seiner Schwägerin, die die Verwaltung und Finanzen, die Landeswohlfahrt und endlich nicht zum wenigsten die Gesamtheit der fürstlichen, über beide Landesteile gemeinsam und ungeteilt auszuübenden Rechte und Befugnisse, wie die Oberhoheit über Rostock, die Herrschaft über die Landeskirche, die Verwaltung der kirchlichen wie der weltlichen Gerichtsbarkeit, das Recht der Besteuerung, das Recht, die Stände zu versammeln, und das Münzrecht und vieles andere aufs schwerste gefährde. Und wie anders konnte grade hier der einzige Ausweg gefunden werden, wenn nicht in der alleinigen Regierung desjenigen Mannes, der seit lange die Zügel in einem Teile des Landes in Händen hielt! Gemeinsam übrigens war diesen Gesuchen noch die eifrige Betonung der Tatsache, daß der Kurfürst von Brandenburg die Mitvormundschaft abgelehnt hatte. Man suchte durch sie die Unbilligkeit des Testamentes zu erhärten und in dem Leser die Überzeugung hervorzurufen, daß der Kurfürst Georg Wilhelm sich aus demselben Grunde, der Adolf Friedrich zur Übernahme der Regentschaft und Vormundschaft bewog, veranlaßt gesehen habe, die Mitvormundschaft an der Seite der Herzogin Eleonore Maria abzulehnen.

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Inzwischen war diese nicht müssig geblieben, wenn auch die Furcht des Schweriners, sie möchte schon im Frühjahr 1636 beim Kaiser vorstellig geworden sein, sich als unbegründet erwies. Adolf Friedrich war anfangs geneigt, die Widerstandskraft seiner Schwägerin zu unterschätzen. Er meinte, es handele sich lediglich um eine Weiberlaune, der man durch nachdrücklichen Widerspruch leicht ein Ende bereiten könne. In diesem Sinne suchte er damals immer wieder auffordernd und warnend Eleonore Maria zur Erfüllung ihrer "Pflicht" zu bewegen. Sie sollte den jungen Herzog Gustav Adolf ausliefern und den ihr zugewiesenen Witwensitz beziehen; andernfalls, so drohte er, werde seine oft mißbrauchte Geduld sich endlich erschöpfen und zuletzt seinem Zorne Platz machen.

Wohl fehlte es nicht an Versuchen einer Vermittelung. Herzog August von Braunschweig=Lüneburg und der Kurfürst von Brandenburg, der dazu den Markgrafen Sigismund entsandte, machten unter Zustimmung beider Parteien schon im Juli einen ersten Aussöhnungsversuch, aber er scheiterte sehr bald an der Hartnäckigkeit, mit der die Gegner auf ihrem Rechte bestanden. Adolf Friedrich glaubte nun nicht mehr an die Möglichkeit eines gütlichen Übereinkommens. Er hatte nun seine Schwägerin und ihren festen, unnachgiebigen Sinn erkannt. Es galt, den seinigen dagegen zu setzen und zu zeigen, wer sich dauernd als der stärkere erwies. Die Herzogin=Witwe aber dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. In dem Bewußtsein ihres guten Rechtes suchte sie ihre Regentschaft zur Anerkennung zu bringen, und als dem Herzoge endlich die Geduld riß und er gegen sie, da sie aus der Residenz Güstrow nicht weichen wollte, rücksichtslos vorging, richtete sie ihre lauten Klagen über die Mecklenburger Grenze hinaus an Kaiser und Reich, an die fremden Mächte, an Freund und Feind, an Vornehm und Gering und entfaltete dabei eine staunenswerte, rastlose Tätigkeit.

In Wien vertrat als Nachfolger des Herrn Vom Holtz seit 1613 Jeremias Pistorius von Burgsdorff als bestallter ständiger Agent die Interessen beider Mecklenburg. Auf die Mitteilung Adolf Friedrichs vom Tode des Herzogs in Güstrow und dem die Interessen Schwerins und des Luthertums gefährdenden Testament erklärte der Gesandte sofort, mit allen seinen Kräften für Adolf Friedrich eintreten zu wollen. Ohnehin war er durch den eingetretenen Todesfall Johann Albrechts II. seiner Dienstpflicht gegenüber dem Güstrower Lande entbunden. Die Herzogin=Witwe aber, die ihn wohl als einen treuen Anhänger ihres

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Schwagers kannte, hat, soviel wir wissen, niemals einen Versuch gemacht, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Als er seines Herzogs Schreiben erhielt, war Pistorius grade im Begriff gewesen, nach Regensburg zum kaiserlichen Hoflager abzureisen. Er nahm nun dorthin die neue Aufgabe mit, eine baldige kaiserliche Bestätigung der von Adolf Friedrich ergriffenen Vormundschaft zu erwirken. Alles aber schien sich nach des Herzogs Wunsch gestalten zu sollen. Bereits am 11. Juni 1636 sandte Ferdinand II. aus Linz eine Erklärung nach Schwerin, die es bei der von Adolf Friedrich unternommenen Regentschaft bewenden ließ, der Gegenpartei zum Protest eine Frist von drei Monaten setzte, danach aber, falls kein Widerspruch erfolge, weitere günstige Schritte in der Richtung der erbetenen Konfirmation in Aussicht stellte. 1 )

Die der Herzogin gesetzte Frist verging, ohne daß sich jemand meldete. Adolf Friedrich konnte daher mit Recht glauben, seiner Sache sicher zu sein. Als am 28. September Pistorius dem Reichsvizekanzler Peter Heinrich von Stralendorf ein Memorial übergab, in dem auf Grund der seit dem 11. September verflossenen Frist um die ersehnte Bestätigung angehalten wurde, tat er es wohl in dem frohen Bewußtsein, seinem Herzoge in einer glücklichen Sache haben dienen zu können, deren schnelle Erledigung seinem Eifer alle Ehre machen würde. Das Memorandum wurde auch ohne alle Einwendung angenommen, und der Gesandte wartete nun auf die Ausfertigung der Bestätigung, was bei dem damals recht langsamen Gange aller Kanzleigeschäfte immerhin einige Wochen in Anspruch nehmen mußte. Aber Woche auf Woche verging, und es wurde November, ohne daß Pistorius eine Antwort erhielt. Er forschte nach, ob vielleicht inzwischen ein Protest der Gegenpartei eingelaufen war, aber er erfuhr nichts darüber. Er bat und trieb unablässig an, endlich die verheißene Bestätigung auszufertigen. Man beruhigte ihn immer wieder mit der Versicherung, daß am Hofe dem Testamente kein Wert beigelegt werde. Nur mangele es noch an dem Befehle zur Ausfertigung des Bestätigungsschreibens. 2 )

Noch rätselhafter mußte diese Verzögerung erscheinen, als Mitte Oktober Adolf Friedrich in einer anderen Angelegenheit zwei kaiserliche Mandate unter Ferdinands II. Hand und Insiegel


1) Abgedruckt: Inf. F. et J. Beilagen p. 1/2 Nr. I. David Francks a. a. O. p. 184 gemachte Angabe, der Kaiser habe am 11. Juni von Linz aus Adolf Friedrich zum Vormund bestätigt, ist also falsch.
2) Pistorius an den Herzog vom 29. November 1636. Vien.
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erhielt, in der indirekt seine Vormundschaft anerkannt wurde. 1 ) Der Herzog mußte aus ihnen schließen, daß der Kaiser ihr bereits die Bestätigung erteilt habe. Dringend bat er daher Pistorius um Übersendung des Schriftstückes, das er längst in dessen Hand wähnte. Er gab sorgfältig den Weg an, auf dem es ihm zugeschickt werden solle. Ja er kam auf die Vermutung, daß das Schreiben bei der damaligen Unsicherheit der Wege verloren gegangen sei. Doch dies für ihn so wichtige kaiserliche Mandat, das ihn endlich in den Besitz der Vormundschaft gesetzt hätte, war überhaupt noch gar nicht ausgefertigt worden. Beide, der Herzog und sein Gesandter, wußten damals noch nicht, was sich ihnen hemmend in den Weg gestellt hatte, wußten nicht, daß ihre anfangs von Erfolg gekrönten Bemühungen noch kurz vor Erreichung des Zieles durch die Maßnahmen der rastlos tätigen Herzogin zum Scheitern gebracht worden waren.

Eleonore Maria hatte im Herbst 1636 einen ihrer Anhänger, Kay Sehestett, an den König Christian IV. von Dänemark mit der Bitte um Unterstützung ihrer Rechte gesandt, aber der König hatte wenig Lust bezeigt, zu ihren Gunsten einzuschreiten. Erst auf Bitten des Herzogs Franz Albrecht von Sachsen=Lauenburg, des eifrigen Freundes und späteren Schwiegersohnes Eleonorens, ließ er sich, wie auch Herzog Friedrich von Holstein=Gottorp, zuletzt zu einer Vermittelung bereit finden. Er sandte im November 1636 seinen Kanzler Reventlow an Adolf Friedrich und machte ihm Vorschläge, die dahin gingen, daß Eleonore den jungen Prinzen bis zum fünften Jahre behalten, dann aber gehalten sein sollte, ihn herauszugeben. Adolf Friedrich war damit einverstanden, falls die Herzogin=Witwe genügende Bürgschaft gebe, daß der Knabe während der Frist nicht außer Landes geschafft werde, sondern bei ihr in Rostock bleibe.

Christian IV. fand dies "nicht gar unbillig" und erklärte, mehr könne er nicht verlangen. Eleonore Maria aber wollte davon nichts wissen. Sie verlangte unbedingte Unterstützung ihrer Ansprüche und lehnte jede Vermittelung ab, bei der sie nur verlieren könnte. Mit um so größerem Nachdruck beschloß sie jetzt ihre Angelegenheit in Wien zu betreiben. Sie hatte ihren Bruder, Christian von Anhalt, dazu vermocht, eine ausführliche Denkschrift an den Kaiser zu verfassen, in der er, nach


1) Es handelte sich um einen Prozeß mit einem Herrn von Buchwald, eine Mecklenburg=Güstrower Angelegenheit, die Adolf Friedrich nichts anging, wenn man ihn nicht als Vormund in Mecklenburg=Güstrow anerkannte. Cothmann an Pistorius 23. Oktober 1636.
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Schilderung der Veranlassung des Streites, die Bitte aussprach, der Kaiser möge seine Schwester rechtlich hören und danach erst sein Urteil fällen. Wiewohl schon im August 1636 entstanden, kann sie kaum innerhalb der für Einlegung des Protestes festgesetzten Frist von drei Monaten in Wien eingelaufen sein, denn nach des Pistorius Bericht war die Stimmung des kaiserlichen Hofes während jener ganzen Zeit dem Herzog günstig. Auch haben wir keine Kunde davon, wann und wie sie an den Kaiser gelangt ist und ob Herzog Christian sie selbst übergeben hat. Aber schon in der ersten Hälfte des November finden wir diesen Fürsten in Regensburg tätig, um mit allen Mitteln die Ansprüche seiner Schwester durchzusetzen. Geld und gute Worte bei einem und dem anderen Mitgliede des Reichshofsrats haben dann wohl allmählich einen Stimmungsumschwung in der Frage der Güstrower Vormundschaft angebahnt. Vor allem und zuerst scheint Dr. Söldner beeinflußt worden zu sein, der die Ausfertigung der Bestätigung für Adolf Friedrich verzögerte und Zeit gewinnen half. Über alles dies ist der Kaiser Ferdinand II. vielleicht nicht mehr unterrichtet worden. Er starb schon am 15. Februar 1637.

Die Tatsache, daß nach dem Linzer Schreiben vom 11. Juni 1636 keine weitere Willensäußerung in der Mecklenburger Streitsache bis auf diese Zeit erfolgt ist, legt den Schluß nahe, daß Ferdinand II. bei seiner Auffassung zu gunsten Adolf Friedrichs trotz der gegenteiligen Auffassung seiner Umgebung verblieben ist.

Nicht war es Christian von Anhalt allein, dessen brüderlicher Eifer eine Umstimmung am Wiener Hofe bewirkte, wenn er auch den ersten Anstoß dazu gab. Vielmehr hat Eleonore Maria vieles selbst getan, eine Wendung herbeizuführen. Schon am 28. September 1636 wandte sich die Herzogin bittend und klagend an den Kaiser. Zugleich aber richtete sie Schreiben an die Kaiserin, die Kurfürstin von Bayern, an die Gemahlin Herzog Julius Heinrichs von Sachsen, an die Herzogin von Gonzaga, die großen Einfluß auf die Kaiserin ausübte, an die Gräfin von Schlick, die ihren Mann für die Sache der Mecklenburgerin gewinnen sollte, und endlich an eine Frau Poplin, der Herzog Franz Albrecht ganz besonderen Einfluß zuschrieb. 1 ) In ihren Schreiben ging Eleonore Maria von der Rechtsgültigkeit des Testamentes aus: an allen deutschen Fürstenhöfen gelte die Gewohnheit, die Bestimmungen eines letzten Willens allen andern


1) Die Witwe des ersten Fürsten Lobkowitz.
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vorgehen zu lassen. Johann Albrecht habe seinen letzten Willen bei klarem Verstande niedergelegt, und daher seien Adolf Friedrichs Handlungen als unerhört und widerrechtlich anzusehen. Die fürstliche Frau ging aber über all das wie über Selbstverständliches verhältnismäßig kurz hinweg. Mit feinem, weiblichen Instinkte verwandte sie alle Kraft darauf, das Bejammernswürdige ihrer Lage zu schildern, wie man sie, eine Witwe, wider alles Menschenrecht von ihrem Kinde trennen, wie man sie gewaltsam aus den schützenden Mauern der Residenz hinaus nach dem Witwensitz Strelitz vertreiben wolle, einem offenen, unbewehrten Orte. Damit aber setze man sie schwerer Gefahr aus, denn bei der Soldateska sei der Respekt auch gegen Fürst und Standesperson gesunken. Allerdings war dies nicht ganz der Wahrheit gemäß. Ausdrücklich hatte ihr Adolf Friedrich gestattet, ihrer persönlichen Sicherheit halber nach Rostock statt nach Strelitz zu ziehen. Aber man nahm es damals nicht so streng mit der Wahrheit. Auch der Herzog scheute sich nicht, gelegentlich eine Unwahrheit zu sagen, und in maßlosen Übertreibungen gefallen sich nach der Sitte der Zeit beide Gegner. Indes Eleonore suchte das Mitleid des Wiener Hofes mit der verfolgten, schutzlosen Witwe, wie den Unmut der fürstlichen Frauen wegen Verletzung der einer Herzogin schuldigen Rücksicht auf alle Weise zu erregen. Und mit Erfolg. Möglich, daß auch an Geschenken und Versprechungen nicht gespart wurde. Kurz, schon im Beginn des Jahres 1637 stand der Reichshofrat auf einem ganz anderen Standpunkte, als er ihn im Sommer des vorhergehenden Jahres eingenommen hatte. Und auf diesen wohlvorbereiteten Boden sandte die fürstliche Witwe nun den früheren herzoglich Güstrowschen Rat Johann Milden, ihren Glaubensgenossen, einen Mann, der nach dem Tode Johann Albrechts durch sein "unverantwortliches" Betragen Adolf Friedrich derartig verletzt hatte, daß dieser ihn hatte verhaften lassen. Doch war es Milden gelungen, wider gegebenes Wort seiner Haft zu entkommen und im Dienste des schwedischen Generals Baner eine Anstellung zu erlangen. Milden war wie kaum ein anderer geeignet, die Sache seiner Herrin zu führen. Persönlich verletzt von Adolf Friedrich, ein leidenschaftlicher Kalvinist, bot er seinen ganzen Scharfblick, seine rücksichtslose Entschlossenheit auf, um der Sache seiner Herrin und seines Glaubens zum Siege zu verhelfen. Es war gewagt, daß er unmittelbar aus schwedischen Diensten sich an den kaiserlichen Hof begab, aber er hatte sich mit Empfehlungsschreiben des Herzogs von Braunschweig und des fürstlichen Hauses Anhalt

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zur Genüge ausrüsten lassen und trug zahlreiche andere Schreiben an einflußreiche Persönlichkeiten des Hofes, in denen er speziell beglaubigt wurde, bei sich, so an den englischen Gesandten Grafen Arundel und an den Vertreter der Niederlande Voppius von Aizema, welch letzterer bereitwillig seine Hülfe versprach. Milden befand sich am 20. Dezember in Regensburg. Er fand die Verhältnisse hier dermaßen günstig, daß er in einem an die Herzogin gerichteten Brief dringend davor warnte, sich in Verhandlungen mit Adolf Friedrich einzulassen.

Aber solange Ferdinand II. lebte, konnte Eleonore Maria an dem Erfolge ihrer Bemühungen zweifeln. Doch erreichte es Milden, daß ihm die Eingaben der Gegenpartei, mit Ausnahme des Linzer Dekretes, mitgeteilt wurden und daß man andererseits die Klagschriften der Herzogin dem Schweriner Vertreter in Abschrift aushändigte, daß also der Streit den Charakter eines Prozesses annahm. Vor allem aber gelang es ihm, der Mehrzahl der Reichs=Hofräte die Überzeugung beizubringen, daß nach dem Tode Johann Albrechts seine Witwe kraft des Testaments schon im Besitze der Vormundschaft gewesen sei.

Adolf Friedrich wollte dagegen auch den Schein, als ob er einen Prozeß zu führen gedenke, vermeiden. Er brachte keine Klage gegen seine Schwägerin ein, sondern ließ auf Rat des Pistorius durch ihn gegen ein prozessualisches Verfahren protestieren. Seine Forderung war lediglich auf Bestätigung seiner Vormundschaft gerichtet. Im übrigen schaltete und waltete der Herzog trotz aller beunruhigenden Nachrichten, die von Pistorius einliefen, im Vertrauen auf die Haltung Kaiser Ferdinands II. im Güstrower Lande als Regent und Vormund seines Neffen und ließ sich auch nicht durch die Umtriebe des Herzogs Franz Albrecht einschüchtern, der unaufhörlich schrieb, mahnte und persönlich bei dem Kurfürsten von Brandenburg, bei Johann Georg von Sachsen, bei dem Könige von Dänemark, dem Herzoge von Holstein und anderen wegen Unterstützung der Herzogin vorsprach, ja sogar den General Baner, als jener im Herbste 1636 mit seiner ganzen Armee in Mecklenburger Landen lag, um schwedische Hülfe für Eleonore Maria bat. Wenn Baner sich zunächst noch nicht einmischte, so war doch dieses skrupellose Vorgehen, das, unbekümmert um Landeswohlfahrt, die eigenen Interessen verfolgte, ganz dazu angetan, in Adolf Friedrich den letzten Rest von Rücksicht und Langmut zu ersticken. Schon früher hatte er der Herzogin=Witwe um sie zu bewegen, aus Güstrow zu weichen, jegliche Ausübung ihres Religionsbekenntnisses, auch den privaten Gottesdienst ver=

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weigert, den er ihr nur auf ihren Leibgedingsämtern gestatten wollte. Nachdem er den kalvinistischen Kanzler Deichmann aus der Stadt verwiesen hatte, brach er am 27. Januar 1637 gewaltsam in die Gemächer der Herzogin ein und bemächtigte sich des kleinen Gustav Adolf, der vergeblich in dem Armen seiner Mutter Schutz suchte. Der junge Herzog wurde nach Bützow gebracht und hier mit den Kindern Adolf Friedrichs im lutherischen Glauben erzogen. Natürlich benutzte die Herzogin=Witwe diesen Gewaltakt, um von neuem gegen den verhaßten Schwager laute Klage zu erheben und das Mitleid für sich zu erwecken.

In diesem Augenblicke trat nun die entscheidende Wendung in dem mecklenburgischen Vormundschaftsstreite ein. Am 15. Februar 1637 schied Kaiser Ferdinand II. aus dem Leben. Sein Nachfolger Ferdinand III. nahm in dem Mecklenburger Vormundsstreit einen völlig anderen Standpunkt ein. Schon Ende Dezember 1636 hatte Milden der Herzogin die frohe Nachricht senden können, daß der junge deutsche König großes Mitleid mit ihrer Lage empfinde. Grade an ihn hatten sich die Fürsprecher der Herzogin mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Herzog Christian von Anhalt war noch immer tätig, und nachweislich haben Herzog Julius Heinrich von Sachsen und seine Gemahlin für Eleonore Maria eifrig das Wort geführt. Der Reichshofrat war inzwischen zum größten Teil für sie gewonnen worden. 1 ) Auf Widerstand stieß Milden nur noch bei dem Reichsvizekanzler Peter Heinrich von Stralendorf, der, ein geborener Mecklenburger, dem Schweriner Herzoge geneigt war, und dann aus dessen Erklärungen, wie aus denjenigen des Kurfürsten von Sachsen sich die Auffassung gebildet hatte, daß auf Grund von Familienpakten und kaiserlichen Privilegien es keinem Mecklenburger Herzog gestattet sei, letztwillig einen fremden Fürsten, geschweige eine Frau zum Vormund für seine Kinder einzusetzen. Von Stralendorf betonte auch Milden gegenüber, daß Adolf Friedrich im Besitze sei, die Landschaft ihm gehuldigt, auch ein kaiserliches Dekret ihn bereits vorläufig anerkannt habe. Auch sei die Herzogin=Witwe mit ihrer Gegenklage zu spät gekommen. Schwerlich werde sich für sie etwas tun lassen. Als der Agent Eleonorens


1) Daß Mildens Angaben von der Übereinstimmung aller Räte in ihrer Parteinahme für Eleonore Maria nicht der Wahrheit entsprechen, bezeugt er selbst durch gelegentliche Bemerkungen, so in seinem Briefe vom 18. Februar 1637 an die Herzogin: "Es wird ein harter Knoten zu lösen sein. . . . Herzog Adolph hat etzliche Räte trefflich bestochen, die seine Partei so steif halten, daß es unaussprechlich ist."
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ihm die Gründe auseinandersetzte, aus denen Herzog Adolf Friedrich von der Vormundschaft und Regentschaft ausgeschlossen worden sei, 1 ) und versicherte, daß keine Familienpakten gegen die weibliche Vormundschaft sprächen, meinte der Kanzler freilich, daß man in diesem Falle wohl der Herzogin die Vormundschaft, insbesondere die Erziehung ihres Sohnes nicht verweigern dürfe, doch müßte Adolf Friedrich die Verwaltung aller ungeteilten Hoheiten gelassen werden. Im allgemeinen glaubte nun Milden gewonnenes Spiel zu haben. Schließlich konnte ja der eine Mann, wenn auch in der ersten Stellung des heiligen römischen Reiches, das Kollegium, dessen Mehrheit sich für die Herzogin aussprach, nicht überstimmen.

Gegen Ende des Jahres 1636 hatte sich auch Herzog Franz Albrecht an den kaiserlichen Hof begeben, um die Sache der Herzogin zu führen. Sei es, daß der junge König gewisse Stimmungen und Auffassungen aus seiner näheren Umgebung am Hofe, wie es leicht erklärlich ist, für seine ersten Regierungshandlungen übernahm, sei es, daß er sich durch die Vorstellungen der Freunde und des Gesandten Eleonorens hatte überreden lassen, sei es, daß er von ihrem Rechte überzeugt war oder sich doch als Schirmer der Witwen und Waisen zeigen wollte: bereits am 11. Februar 1637 erging ein Mandat Ferdinands III. an den Herzog Adolf Friedrich, das ihm gebot, von jeder Gewalt gegen die Herzogin und ihre Dienerschaft abzustehen. Am 21. März erfolgte schon ein zweites Inhibitoriale, das dem Schweriner neue Gewalttätigkeiten verwies, ihn aufforderte, seinen Neffen der Mutter wieder zuzustellen und diese ruhig in ihrer Residenz, wie auch ihre Diener und Räte dort ungekränkt zu lassen, im übrigen aber das kaiserliche Endurteil zu erwarten.

Adolf Friedrich glaubte indes bei der damaligen politischen Lage, der kaiserlichen Majestät ungestraft Trotz bieten zu können. Er kümmerte sich nicht um die kaiserlichen Mandate, sondern ließ gerade damals seinen Neffen, der bisher noch in Güstrow verblieben war, nach Bützow bringen.

Man ist in der Hitze des Kampfes so weit gegangen, ihn zu verdächtigen, daß er das Kind an einen ungesunden und durch seine Sumpfluft gefährlichen Ort habe bringen lassen, um sich so seiner zu entledigen. Was an diesem Vorwurf ist, lehrt jedoch die Tatsache, daß seine eigenen Söhne in Bützow erzogen


1) Hier können, wenn auch sicherlich in starker Übertreibung ihrer Bedeutung, nur die alten, zwischen Adolf Friedrich und seinem Bruder noch schwebenden Streitsachen gemeint sein, auf die auch das Testament fußt.
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wurden. Der junge Herzog wurde bald darauf schwer krank, Adolf Friedrich gestattete jedoch außer der Mutter weder ihren fürstlichen Verwandten noch ihren Bedienten, die sich nach dem Befinden erkundigten, den Zutritt zu dem Knaben. Wohl nicht ohne Grund hegte der Herzog den Argwohn, daß man diese Besuche zur Entführung des Kindes benutzen könne, das ja nach den beiden letzten kaiserlichen Edikten Eleonore Maria übergeben werden sollte. Daß diese und andere Vorkommnisse den Gegensatz immer mehr verschärften, liegt auf der Hand. Und wenn bei einem solchen peinlichen Auftritte in Bützow auf Seiten der Beamten Adolf Friedrichs der Ausruf gefallen sein soll: "Wenn zwanzig Fürsten dahin kämen und hundert kaiserliche Mandate mit sich brächten, so werde ihr Herr doch nicht parieren, noch sich von seinem Rechte abdringen lassen", 1 ) so ist dies sehr wohl glaublich und für des Herzogs Anschauung äußerst bezeichnend. Die Zeit war hart und der Schweriner Herzog ein leidenschaftlicher Mann. Ganz besonders erbittert war Adolf Friedrich gegen Franz Albrecht von Sachsen, der sich in seinem Eifer für die Sache der Herzogin dazu hinreißen ließ, Unwahrheiten über ihn zu verbreiten, und unter anderm behauptet hatte, Ritter= und Landschaft seien von Adolf Friedrich zur Huldigung gezwungen worden. Adolf Friedrich zieh ihn nicht nur öffentlich der Lüge, sondern verbot ihm auch den Durchzug durch Bützow und den Aufenthalt in Güstrow, wo er vorher ohne Erlaubnis im Schloß Wohnung genommen hatte.

Unter dem Eindruck der immer neu einlaufenden Klagen entschloß sich der Kaiser, mit noch größerer Entschiedenheit gegen den Herzog aufzutreten. Seine nächsten drei Dekrete an Adolf Friedrich vom 1. April, 4. und 19. September schlugen einen schärferen Ton an und setzten ihm zugleich zwei und dreimonatige Fristen, vor deren Ablauf er alles, was er zur Begründung seiner Handlungsweise und seiner Forderungen vorbringen könne, einsenden solle.

Doch Adolf Friedrich, überzeugt von seinem Recht, unterwarf sich nicht, sondern entschloß sich, seinen Hofjunker Chr. August von Rohr mit einer "Gegennotdurft" an den kaiserlichen Hof zu senden. Er war jedenfalls durch seinen Vertreter davon unterrichtet worden, daß die Mitglieder des Reichshofrates, trotz ihrer Neigung für Eleonore, doch noch manches Bedenken hegten. Es waren besonders drei Tatsachen, an die sie sich stießen: das


1) Inf. F. et J. p. 103.
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warme Eintreten Johann Georgs von Sachsen für Adolf Friedrich, die einmütige Haltung der mecklenburgischen Ritter= und Landschaft und vor allem der Umstand, daß Kurbrandenburg die ihm durch das Testament angebotene Vormundschaft abgelehnt hatte. Milden drängte daher bei seiner Herrin immer wieder darauf, diesen letzten eigentlichen Stein des Anstoßes nach Möglichkeit bei Seite zu räumen und den bedeutenden Einfluß Brandenburgs für sich nutzbar zu machen. 1 ) Die Herzogin=Witwe wandte sich daher an den Kurfürsten Georg Wilhelm und bat ihn, die Ablehnung der Mitvormundschaft derart zu begründen, daß sie keinesfalls eine Anerkennung des Rechtes Adolf Friedrichs einschließe. Der Kurfürst gab am 28. Februar 1637 ihrem Drängen und Bitten nach, indem er sich beim Kaiser in einem übrigens sehr vorsichtig gehaltenen Schreiben günstig für die Herzogin aussprach. 2 ) So gute Wirkung dieses Schreiben auch für die Witwe hatte, Adolf Friedrich hoffte damals auf eine viel wirksamere Weise des Kaisers Gunst, die sein Ungehorsam in dieser Streitsache verscherzt hatte, wiederzugewinnen. In der Ausnutzung einer neuen Gelegenheit, die sich ihm bot, einen unmittelbaren Frieden zwischen den kämpfenden Parteien zu vermitteln, schien ihm die Möglichkeit gegeben, den ersehnten Frieden zu erlangen und sich dadurch große Verdienste um Kaiser und Reich zu erwerben.

 


 


1) Milden schrieb am 4. Februar 1637 an Eleonore Maria: "Wenn's zu erhalten eine Möglichkeit wäre, wollen Euer Fürstlichen Gnaden sich äußerst bemühen, daß Kur=Brandenburg nur einmal an Ihre Majestät deswegen schreiben und Euer Fürstlichen Gnaden Sach recommandieren möge, es ist unsäglich, wie viel solches Euer Fürstlichen Gnaden fürtragen und für Herren Adolph setzen würde". A. T. Vol. VIII, Fasc. II, Vol. II, pars 1.
2) A. T. a. a. O. Nr. 56.
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3. Kapitel.

Herzog Adolf Friedrichs Friedensvermittelungsversuche 1637 und 1638.

In der Zeit, die dem Kongreß zu Münster und Osnabrück vorausgeht, sind die verschiedensten Versuche gemacht worden, einen Frieden zwischen dem Hause Habsburg und Schweden herbeizuführen. 1 ) Auch Herzog Adolf Friedrich hatte sich schon im November 1635 auf ein solches Unternehmen eingelassen und, vom schwedischen Reichskanzler aufgefordert, die Vermittlerrolle übernommen. 2 ) Die Unterhandlungen kamen jedoch im Sommer 1636 ins Stocken. 3 ) Auch an einem ähnlichen Versuche, den Brandenburg vom Mai 1636 bis zum August 1637 durch den Markgrafen Sigismund machte, war er beteiligt gewesen, aber jener verlief ebenfalls ohne Erfolg. Bald aber gestalteten sich die Aussichten für den Frieden günstiger.

Nach dem Tiefstande seiner Macht 1635 begann sich Schweden seit dem glücklichen Gefecht bei Dömitz am 1. November n. St. 1635 und dem Waffenstillstande von Stuhmsdorf allmählich aber stetig wieder zu erholen, und seit dem Wittstocker Siege im September 1636 war der alte Glaube an das Waffenglück der schwedischen Macht wieder lebendig geworden. Doch war man sich im schwedischen Lager gleichwohl bewußt, daß die Tage Gustav Adolfs vorüber seien, und es ist ein Kennzeichen großer


1) Alle in diesem Kapitel angeführten Aktenstücke finden sich in den "Acta, die Friedensverhandlungen während des dreißigjährigen Krieges in Deutschland betreffend". Fasc. 2 Ex Archivo Suerin. (Abgekürzt A. F.) Vgl. Odhner, Die Politik Schwedens im westfälischen Friedenskongresse; p. 51 ff Gotha 1877.
2) Odhner a. a. O. p. 30/31. - Khevenhiller, Ann. Ferdinand II., Tom. XII, p. 1982 f., Chemnitz, Gesch. des schwedischen Krieges in Deutschland, III. Teil, Kap. II, III und XI. - Pufendorf, Schwed. Gesch. VII, § 105 ff. und VIII, § 49 und 77. - Londorp, Acta Publica, IV. Teil, Buch III, Kap. 51-71 (p. 523-553). Nach Londorp de Beehr, Rerum Mecklenburgicarum, lib. VII, Kap. III, pag. 1312-1318.
3) Im November 1636 verhandelte Adam Heinrich Penz als Gesandter des Herzogs Adolf Friedrich mit Baner über die Wiederaufnahme der Friedenstraktaten. Vgl. Baners Bericht R. A. O., B. VI, p. 350. S. 350. - Über den Anteil, den Hans Georg v. Arnim an den Verhandlungen im Sommer 1636 hatte, vgl. Irmer, H. G. v. Arnim S.334.
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Klugheit der Reichsregierung, daß sie, voran A. Oxenstierna, entschlossen war, sich lieber durch einen vorteilhaften Frieden einen Teil der eroberten Gebiete zu sichern, als das Ganze noch einmal der Entscheidung des Schwertes anzuvertrauen. So hat Schweden auch in seinem eigenen Interesse in diesen Jahren eine Beendigung des Krieges angestrebt. Und wenn es zu weiteren Kämpfen gezwungen wurde, in denen ihm noch große Erfolge beschieden waren, so verdankt es den reichen Siegespreis, den es zuletzt davontrug, nicht am wenigsten der verfehlten Politik des Gegners, der, anstatt realen Erwägungen zu folgen, in abenteuerndem Hochmute alles von der Entscheidung des Schwertes erwartete. Das Schicksal hat hier die Kurzsichtigkeit gestraft und eine kluge Mäßigung durch reiche Erfolge belohnt. 1 )

Wenn die österreichische Politik im Jahre 1637 jeden Friedensgedanken weit von sich wies, so lag der Grund offenbar in dem Umstande, daß sich die Lage auf dem Kriegsschauplatze zu Gunsten Habsburgs geändert hatte. Baner, der nach dem Siege bei Wittstock einen verheerenden Zug nach Thüringen, Hessen und Sachsen unternommen hatte, mußte im Sommer 1637 vor der Übermacht der Kaiserlichen und ihrer Verbündeten nach Pommern zurückweichen und die Verbindung mit Wrangel jenseits der Finow suchen. 2 )

Überall drangen die kaiserlichen Truppen nach Norden vor. Wohl wußte sich Baner der drohenden Einschließung zu entziehen, aber während er sein ermattetes Fußvolk um Stettin sammelte, bemächtigten sich die Kaiserlichen unter Gallas des größten Teiles von Pommern und Mecklenburg. 3 )

Herzog Adolf Friedrich, der eine neue Verwüstung seines Landes vor Augen sah, sandte den Schweriner Regierungsrat B. Plüskow und Joh. von Berg an den kaiserlichen Generalissimus und ließ um möglichste Schonung für sein Land bitten.

Als Plüskow nach Güstrow heimkehrte, brachte er die überraschende Nachricht mit, daß Gallas zu Friedensverhandlungen ermächtigt sei und wünsche, Adolf Friedrich möchte die Vermittlerrolle übernehmen. Der schwedische Resident Grubbe und vor kurzem auch noch der Feldmarschall Wrangel hatten bereits


1) Es ist ein Verdienst Odhners a. a. O. Kap. I u. Kap. III dieses aus nüchterner Überlegung entstandene Friedensstreben der schwedischen Diplomatie erwiesen zu haben.
2) Barthold, Gesch. des großen deutschen Krieges vom Tode Gustav Adolfs. (Stuttgart 1843.) II. Teil. Das Urteil ist einseitig parteiisch. Nur als reichhaltige Materialiensammlung ist das Werk noch benutzbar.
3) Pufendorf Suec. IX § 14. Barthold a. a. O.
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ein Gesuch um Vermittelung an den Herzog gelangen lassen, aber jener hatte ihm Folge zu leisten Bedenken getragen, da er auf ein Entgegenkommen der Kaiserlichen nicht glaubte rechnen zu können. Unter den günstig veränderten Verhältnissen rieten ihm jetzt die Güstrower Regierungsräte, den Antrag in Erwägung zu ziehen und baten ihn zugleich, er möge in die Nähe kommen, um über "dieses hochwichtige Werk" Rats zu pflegen. 1 )

Als der Herzog ihrer Bitte nicht nachkam, sandten sie schon Tags darauf, am 12. September, den Kapitän G. Christian Rheiner mit einer von ihnen selbst im Namen des Herzogs abgefaßten Instruktion an Baner und Wrangel ab, in der der Vorschlag zu einer Friedensvermittelung von dem Herzog gemacht und zugleich die Schonung der mecklenburgischen Lande sowie Exemtion der beiden Residenzen und einiger anderer Ämter als Vorbedingung gefordert wurde. 2 )

Man wird die ganze drängende Not der Zeit in Berücksichtigung ziehen müssen, um die Fälschung zu entschuldigen, deren sich jene Männer schuldig machten, da sie im Interesse des erstrebten Friedens den Herzog zu raschem Eintritt in die Friedensvermittelung geradezu zwangen. Wohl waren sie nächst ihm mit der Sorge für das Landeswohl, nicht nur für das des Güstrower Teiles, betraut, aber sie waren persönlich nicht wie der Fürst vor den Gefahren dieser fürchterlichen Zeit geschützt. 3 ) Kein Wunder, wenn sie es für notwendig halten, über den Kopf ihres Herrn hinweg die Verhandlung zu beginnen, um den Frieden, der dem Lande Mecklenburg Erlösung von erneuter Verwüstung verhieß, herbeizuführen.

Kein Weg war im Lande sicher. Beim besten Willen konnte Adolf Friedrich Schwerin nicht sobald verlassen. Von Stunde zu Stunde wurde die Lage drückender, denn Baner rückte heran. Kaum blieb den besorgten Räten, denen die Angst um Leib und Leben die Feder führte, während sie für das Wohl der Heimat arbeiteten, etwas anderes übrig, als eigenmächtig den entscheidenden Schritt zu wagen, zumahl sie überzeugt waren, daß der Herzog mit dem Plane nicht unzufrieden seien werde.

Daß Adolf Friedrich nichts lieber sah, als solche Friedensverhandlung zwischen den streitenden Mächten, und nichts sehn=


1) . . . an den Herzog, 11. September 1637.
2) Die dritte Residenz Bützow ist hier nicht erwähnt.
3) Wenn sie auch für ihn sein Regiment in Güstrow führten, so zog er sie doch bei allen wichtigen Anlässen zur Beratung heran; besonders der Kanzler Cothmann stand ihm nahe, ja er war geradezu des Herzogs rechte Hand, wie er denn fast alle Instruktionen und andere Schriftstücke aufsetzte.
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licher wünschte, als selbst das Werk fördern zu können, das beweisen die schon erwähnten früheren Versuche, die er in dieser Richtung unternommen hatte. Er hoffte, auf diesem Wege schnell allem Elende Mecklenburgs ein Ende zu machen und sich den Dank zugleich des unglücklichen deutschen Vaterlandes zu erwerben. Aber gerade das Scheitern jener Versuche mahnten ihn zu Vorsicht und Zurückhaltung. Man hatte Sich daher am Schweriner Hofe nicht ganz so eilig für die Anträge der Räte entscheiden können. Es galt doch das "Für" und "Wider" abzuwägen. 1 ) Auf der einen Seite hoffte man, daß die Vermittelung den Herzog mit beiden kriegführenden Parteien in nahe Verbindung bringen werde, und daß sie, um ihn sich wohlgeneigt zu erhalten, alles tun würden, sein Land zu schonen. Überließ man die Vermittelung anderen Fürsten, war dann nicht zu befürchten, daß Mecklenburg und sein Fürstenhaus stark zur Entschädigung Schwedens herangezogen werden würden, da nach ausdrücklicher Erklärung der Schweden der Feldzug Gustav Adolfs zum guten Teile auf die Wiedereinsetzung der Herzöge gerichtet gewesen war? 2 )

Schon um dieser Gefahr zu begegnen, schien es am besten, wenn Mecklenburg sich durch die Vermittelung die streitenden Mächte zum Danke verpflichtete. Gegen den Eintritt in die Verhandlungen sprach aber zunächst die Tatsache, daß Kurbrandenburg doch ausdrücklich vom Kaiser mit der Vermittlerrolle betraut worden war. Ohne besonderen Auftrag Ferdinands III. erschien daher das Anknüpfen von Friedensverhandlungen bedenklich. Und Gallas hatte keine ausdrückliche Vollmacht vorgezeigt. Er bekannte selbst bald darauf, eine solche nicht zu besitzen. Seine Erklärungen konnte lediglich seine persönliche Neigung zum Frieden diktiert haben. Von den Schweden brachte Rheiner auch nicht mehr als freundliches Entgegenkommen. Sie erklärten gleichfalls, Vollmachten zur Unterhandlung über den Frieden von ihrer Regierung nicht erhalten zu haben, wenn sie auch versicherten, daß die Krone einen angängigen Frieden nicht ausschlagen werde. 3 ) Das Schlimmste aber war, daß die Annahme


1) Beweis dafür ist ein bei den Akten befindlicher halber Bogen ohne Namen und Datum, auf dem die Gründe für und wider dargelegt sind. Im Folgenden ist der Inhalt kurz wiedergegeben.
2) Diese Erwägung hat sich im westfälischen Frieden als nur zu wahr bewiesen.
3) Baner selbst scheint kaum recht an erfolgreiche Friedensverhandlungen mit dem Kaiser geglaubt zu haben. Vgl. R. A. O., B. VI, p. 489 u. 514 f.
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eines dem Feinde auch nur unnachteiligen Friedens von Österreich nicht erwartet werden konnte. Denn man kannte die Politik des Wiener Hofes.

Diese und andere Erwägungen hielten den Herzog Adolf Friedrich von der Annahme der Vermittlerrolle zurück. Er schrieb an Gallas vorsichtig und ausweichend. Aber noch an dem selben Tage, am 18. September 1637, hat er sich zum Zeichen, wie sehr ihn der Plan wieder anregte, an die beiden Bevollmächtigten Schwedens auf deutschem Boden, an Steno Bielke, den Gouverneur in Alt=Stettin, und an Joh. Adler Salvius in Hamburg gewandt und angefragt, ob Schweden ernstlich geneigt sei, die Hand zum Frieden zu bieten. Salvius antwortete umgehend. Er schickte zum Beweise, daß es Schweden Ernst mit seinen Verhandlungen sei, seine Vollmacht ein. 1 ) Zugleich aber stellte er als Vorbedingung für die Verhandlung an den Herzog das Ansinnen, den Kaiser dahin zu bringen, daß er einen Spezialgesandten mit unzweifelhafter Machtbefugnis und klarer Instruktion zu diesem Zwecke abfertige, da sonst aller Zeit= und Kostenaufwand vergeblich bleiben werde.

Während die im Auftrage Brandenburgs von dem Markgrafen Sigismund geführten Verhandlungen ohne Aussicht auf Erfolg blieben, trat Adolf Friedrich nun in ein Unternehmen ein, dem seine Person in der Tat eine gewisse Bürgschaft auf glücklichen Ausgang zu gewähren schien. 2 ) Denn eine schnelle


1) Auszug aus der Vollmacht des Salvius, gegeben in Stockholm 24. April 1637. - ". . . . In mandatis propterea dedimus ac commisimus, sicuti et vigore harum in mandatis damus ac committimus Nostro consiliario . . . .Dn. Joh. Salvio . . ., eique plenam ac tantae rei sufficentem potestatem tribuimus, ut si aliqua occasio cum Caesarea Maiestate Eius tractandi offeratur, eam nomine Nostro decenter acceptet; et iis, quos Caes. Maiestas Sua ad hanc rem legitimis ac sufficientibus mandatis ac plenipotentia instructos constituit aut imposterum constituere poterit, commissariis, vel ipse, vel per subdelegatos suos congrediatur, tractet, agat ac statuat de viis, mediis ac conditionibus omnibus quibus propositus utrinque scopus, amicitiae nimirum ac pacis redintegratio obtineri ac stabiliri possit. Quidquid igitur dictus legatus Noster cum alterius partis commissariis aut eorum subdelegatis in hunc finem sive per se, sive per suos subdelegatos tractaverit, egerit et statuerit, id Nos omni meliori modo ratum gratumque habituras vigore Eorum Regia ac inviolabili fide promittimus . . . . ."
2) Salvius an Herzog Adolf Friedrich, 23. September 1637: "Markgraf Sigismund, f. Gn., haben zwar eine Vollmacht, aber nur ad praeparatiora und doch darin nicht weiter als ad locum et tempus.
(  ...  )
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Beendigung des Krieges war seit langem das dringendste Bedürfnis für Mecklenburg, das nur im Frieden wieder erträgliche wirtschaftliche Zustände gewinnen konnte. Des Herzogs eigenstes Interesse forderte den Friedensschluß. Hintergedanken waren von ihm nicht zu befürchten. Und indem man seine Person als Vermittler wählte, vermied man den leidigen Aufschub und die Gefahr, wie sich das eben bei dem brandenburgischen Vermittelungsversuche gezeigt hatte, in den Vorbereitungen stecken zu bleiben. Da man von den früher erwähnten Verhandlungen, die Adolf Friedrich im Jahre 1635 wegen einer Vermittelung zwischen Schweden und Sachsen geführt hatte, ausging, und die Punkte, über die damals schon eine Einigung erzielt worden war, als erledigt betrachtete, so war man eigentlich schon mit Hülfe des Herzogs beim Beginn über die Hälfte des schwierigen Weges dem Ziele nahe. Denn man konnte sogleich in die Beratung über die drei Hauptpunkte eintreten, die, bisher unerledigt, in der Satisfaktion Schwedens, der Befriedigung der Soldateska und einer allgemeinen Amnestie bestanden. Wiederholt ließ auch in der nächsten Zeit die schwedische Regierung dem Herzog versichern, daß ihr niemand lieber zur Anknüpfung der Friedensverhandlungen sei als gerade er. 1 ) Noch Mitte Mai 1638 wurde zum Beispiel von schwedischer Seite versichert, daß, ob auch Dänemark und Venedig sich als Vermittler angeboten hätten und angenommen worden seien, man in Schweden den mecklenburgischen Herzog doch gern dabei behalten möchte, da er früher im Jahre 1635 "das Fundament gefaßt habe und der Sachen zum Besten kundig sei." 2 ) Es ist daher, auch ohne Berücksichtigung ähnlicher Versicherungen des Kaisers, nicht richtig, wenn Odhner sagt: 3 ) "Unter allen Friedensvermittlern, die zu Ende des Jahres 1636 ihre Dienste anboten, begegnete die schwedische Regierung keinem mit größerem Vertrauen als dem Herzog August von Braunschweig=Lüneburg. 4 )


(  ...  ) Was nun damit in 6 Monaten hero vor edele Zeit vergebens zugebracht worden, ist E. f. Gn. nicht unbekannt. Wir hoffen also wenig gutes mehr von dannen."
1) Salvius an den Herzog am 24. Jan./3. Febr. 1638, am 30. März/9. April 1638, Relation zur Neddens am 18./28. Mai 1638 A. F.
2) Nach der erw. Relation zur Neddens, 18./28. Mai 1638.
3) a. a. O. p. 55.
4) Durch die völlige Unkenntnis dieser zweiten wichtigen Teilnahme Adolf Friedrichs an der Friedenspolitik wird Odhners lichtvolle Darstellung teilweise (p. 55 ff.) unklar und schief, wenn er auch die Wirksamkeit der Herzöge von Sachsen=Lauenburg betont, die neben der mecklenburgischen verläuft und sie überdauert.
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Im Interesse seiner Vermittelung sandte der Herzog Adolf Friedrich den Regierungsrat Hartwig von Passow und den Kanzler Cothmann in den ersten Tagen des November 1637 an Gallas. Die Folge war, daß der kriegsmüde General einen höheren Offizier mit dem mecklenburgischen Vermittelungsvorschlage nach Wien schickte, um den Kaiser für ihn zu gewinnen. Und als bald darauf die Nachricht kam, daß der Reichsvizekanzler Dr. Graf Kurtz nach Norden unterwegs sei, da war das wohl die beste Unterstützung, die Adolf Friedrich im Augenblicke seiner Sache wünschen konnte. Alle Welt verfolgte diese Reise, die schnell auch in Frankreich, England und Holland bekannt wurde, mit der größten Spannung. Das Gerücht ging, Graf Kurtz sei zu Friedensunterhandlungen abgesandt worden. Niemand wußte freilich etwas Bestimmtes über seine Sendung. Aber der Herzog glaubte, jener sei vom Kaiser hauptsächlich an ihn abgefertigt. 1 )

Inzwischen wurden diese kaum angebahnten Unterhandlungen durch den drohenden Abschluß eines neuen französisch=schwedischen Bündnisses schwer gefährdet. Der schwedische Reichskanzler war im Jahre 1636 zu Wismar mit dem Franzosen St. Chaumont über ein Bündnis einig geworden, dem er jedoch aus klugen, politischen Gründen bisher die schriftliche Bestätigung vorenthalten hatte. 2 ) Einige Wochen vor dem Auftauchen des mecklenburgischen Projektes nun war Salvius aus Schweden die Ratifikation gesandt worden mit dem Befehl, sie dem französischen Gesandten in Hamburg Grafen d'Avaux "in Gottes Namen" auszuliefern, weil man sie ein und ein halbes Jahr vergeblich zurückgehalten habe. Wohl waren noch einige Einwürfe zu erledigen gewesen, aber jetzt mußte die letzte Erklärung der beiden Kronen täglich erfolgen. Von der Auslieferung des Ratifikationsinstrumentes aber hing es ab, ob Frankreich und Schweden fortan gemeinsam oder getrennt verhandeln würden. Im ersteren Falle war Adolf


1) Im Postscr. lit. Adolf Friedrichs vom 27. November 1637: "Kais. Majestät hat einen eigenen Legatum, den H. Gr. Kurtz zu Beförderung der Friedenstraktaten von dero Hof abgeschickt, welcher in gar kurzem zu uns gelangen wird."
2) Oxenstierna hatte sich (1636) bewegen lassen, in Wismar einen neuen Bundesvertrag mit Frankreich zu schließen. Dieser Traktat wurde jedoch so wenig als der in Compiègne 1635 verabredete von der Regierung ratifiziert; der Kanzler wollte nämlich durch diese Verträge dem Feinde zeigen, daß die alte Freundschaft zwischen Schweden und Frankreich noch ungeschwächt bestünde, aber er wollte nicht, daß Schweden sich definitiv mit Frankreich verbände, ehe jede Aussicht auf einen vorteilhaften Separatfrieden dahin wäre.
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Friedrichs Vermittelung und überhaupt die Hoffnung auf schnelle Beendigung des Krieges als gescheitert anzusehen.

Wenn Salvius als Trost dagegen geltend machte, daß diese Verbindung zweier Großmächte die Gegenpartei nur um so schleuniger zum Frieden treiben werde, so wußte dieser scharfblickende Mann wohl selbst am besten, daß das nichts als eine diplomatische Phrase war. Der Schweriner Herzog drang dagegen eifrig in Salvius, die Ratifikation zurückzuhalten und ließ zugleich durch den schwedischen Rat und Hofmarschall Ad. Heinrich Pentz neue Friedensvorschläge an Axel Oxenstierna gelangen. Er wies insbesondere Salvius darauf hin, daß Gallas wegen der Schweriner Vermittelung nach Wien gesandt habe, und bat, diese neue, erfolgversprechende Möglichkeit der Übereinkunft der schwedischen Reichsregierung zu berichten. Salvius fand des Herzogs Gründe so durchschlagend, daß er fürs erste von der Aushändigung der Ratifikationsurkunde Abstand nahm und, wie erwähnt, seine Vollmacht an den Herzog sandte, um zu erkennen zu geben, daß er allein imstande sei, falls es zu Verhandlungen käme, für seine Regierung den Frieden abzuschließen. Als nun die Reise des Reichsvizekanzlers von Wien nach Norden bekannt wurde, ohne daß der Schleier über ihren Zweck und ihr Ziel sich lüftete, gelangte auch er zu der Überzeugung, daß es den Kaiserlichen dieses mal mit dem Frieden ernst sei. Er hielt es nun ebenfalls für das beste, wenn Graf Kurtz ankäme, unter mecklenburgischer Vermittelung unmittelbar mit dem kaiserlichen Vizekanzler zu verhandeln und abzuschließen. Als Ort schlug er Lübeck vor. So wurde den Franzosen, deren Interessen zu vertreten das nordische Reich bis zu allerletzt nicht die geringste Lust hatte, noch im letzten Augenblick von den Schweden gezeigt, daß man auch ohne sie zum Frieden mit dem Kaiser gelangen könne. Aber Eile tat not. Salvius wurde von allen Seiten, nicht nur von Frankreich, zur Auslieferung des Ratifikationsinstruments gedrängt. Immer größere Versprechungen machte ihm d'Avaux, nur um das Bündnis zum Abschluß zu bringen. Salvius geriet in eine schwierige Lage. Er legte daher dem Herzog nahe, durch einen Kurier den Grafen Kurtz um Beschleunigung seiner Reise bitten zu lassen.

Die fürstlichen Räte in Güstrow fanden das bedenklich. Sie machten mit Recht darauf aufmerksam, daß man noch gar nicht sicher wisse, ob Kurtz mit einem Auftrage nach Mecklenburg kommen werde. Diese Männer bewiesen also eine größere Ruhe und Besonnenheit als der schwedische Diplomat. Als Adolf

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Friedrich im Einverständnisse mit ihnen wenigstens bei Gallas anfragte, wohin sich Kurtz begeben werde, erhielt er die lakonische Antwort, der Reichsvizekanzler sei in Berlin, und ob er ins Lager komme, sei noch zweifelhaft. Tags darauf (18./28. Dezember 1637) freilich kam dann doch aus dem kaiserlichen Hauptquartier, damals bei Loitz, die Nachricht, daß Graf Kurtz dort eingetroffen sei. Der Herzog nahm das für ein günstiges Zeichen. Sogleich sandte er in das kaiserliche Lager und beeilte sich, Salvius von dieser Sendung in Kenntnis zu setzen.

Dieser trieb nur immer zur Eile an und bat zugleich, wenn etwas aus dem mecklenburgischen Plane werden solle, Hamburg statt Lübeck als Ort der Verhandlung zu wählen. Er fügte hinzu, ein Bürger der Stadt halte für Kurtz schon eine passende Wohnung bereit. Zunächst aber solle jener seine Vollmacht vorweisen. 1 )

Um einen Druck auf den kaiserlichen Gesandten auszuüben und ihn zu rascherem Eintritt in die Verhandlung zu veranlassen, appellierte jetzt Adolf Friedrich bei Gallas und dem Reichsvizekanzler nicht mehr, wie früher, nur an die kaiserliche Friedenssehnsucht, sondern faßte dort an, wo er allein auf Empfindlichkeit und Empfänglichkeit stoßen konnte: Er wies auf die bevorstehende französisch=schwedische Allianz und auf ein damals schwebendes weiteres Bündnisprojekt zwischen Schweden, Frankreich, England und Holland hin. Aber alles war umsonst. Die vom Grafen Kurtz den mecklenburgischen Gesandten erteilte Antwort, die in den Akten nicht enthalten ist, muß nichtssagend gewesen sein. Sie bezeichnen sie als zu allgemein und zu unbestimmt gehalten. Und bald danach ging der Reichsvizekanzler, von dem man so viel erwartet, dessen Bewegungen Furcht und Hoffnungen begleitet hatten, zurück, ohne ein Wort vom Frieden gesprochen zu haben. 2 ) Übrigens schrieb Salvius


1) Seine Schreiben, die die Lage besonders klar erkennen lassen, siehe im Anhange I.
2) Bei Ohdner findet sich, wie gesagt, von dem allen keine Spur. Er scheint die erste Reise des Grafen Kurtz garnicht zu kennen, sonst hätte er sie nicht übergangen, zumal auch Pufendorf sie bespricht. (Vgl. Pufendorf IX, § 62.) Dort erfahren wir einiges über die Mission des Grafen. Er sollte Winterquartiere besorgen. Was er weiter bei Kurbrandenburg wollte, wissen wir nicht. - Salvius schreibt an den Herzog am 21./31. Januar 1638: "Von Graf Kurtzen Commission ist nicht allein das ganze Reich, sondern auch alle umliegende Königreiche vollgewesen Jetzt ist er davon nach Wien, da er herkommen, und hat nicht ein Wort vom Frieden, sondern nur wie hiesige evangelische Stände je länger
(  ...  )
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später 1 ) die Schuld daran, daß diese erste Reise des Grafen Kurtz, der schon damals, wie alle Welt wisse, Vollmacht gehabt habe, vergeblich, ja "ohne jeden Anfang" gewesen sei, der "Schulfuchserei" des brandenburgischen Grafen Schwarzenberg zu, der den kaiserlichen Reichsvizekanzler von "seiner guten Intention" mit dem Vorgeben abgebracht habe, man brauche keinen Frieden mit Schweden, da man sie schon im Sack habe!

Daß Schweden seit langem nicht mehr viel Hoffnung auf die habsburgische Friedensfreudigkeit setzte, haben wir gesehen. Es hatte sich entschlossen, die Ratifikation übergeben zu lassen, und war wohl dem Zögern seines Gesandten deshalb noch nicht entgegengetreten, weil es noch günstigere Bedingungen von Frankreich erpressen zu können hoffte, und weil es die äußerste Gelegenheit, einen Separatfrieden mit Österreich zu erreichen, nicht unversucht lassen wollte. 2 )

Jetzt mußten diese Rücksichten fallen. Man konnte nach der Haltung, die der Gegner eingenommen hatte, nicht mehr an Österreichs Ernst zum Frieden glauben. Von Frankreich hatte man, was man erhalten konnte. Den Bogen nutzlos zu überspannen, wäre eine Torheit gewesen, die sich Schwedens Lenker und Vertreter damals nicht zu schulden kommen ließen. Bisher hatte Salvius immer wieder durch Erhebung von allerhand Schwierigkeiten sowohl bei der Regierung in Schweden als beim französischen Gesandten in Hamburg nicht ohne Mühe die Auslieferung der Ratifikation aufgeschoben in der unzweifelhaften Hoffnung, die Gegenpartei werde endlich ernst machen und die Hand zum Frieden bieten. In dieser Hoffnung war Salvius von verschiedener Seite hohen Orts bestärkt worden. Die Tatsache, daß aber nun seit so langer Zeit keine befriedigende Erklärung des Kaisers erfolgt war, hatte die Reichsregierung in dem lange gehegten Verdacht bestärkt, daß die Wiener Politik nur dahin strebe, Zeit zu gewinnen und Frankreich und Schweden auseinanderzuhalten. So war denn der Entschluß gereift, die Ratifikation nun endlich auszuliefern und die lange umgangene Verbindung mit Paris herzustellen. 3 ) Gleichwohl wollte Salvius bis zum letzten Augenblick versuchen, zu einem Separatfrieden mit dem


(  ...  ) je mehr durch den Krieg und Armeen verheert und verdorben werden sollen, mitgebracht" . . . (Letzteres bezieht sich auf das, was Kurtz für die Winterquartiere anzuordnen hatte.)
1) Relation zur Neddens, Mai 1638. A. F.
2) Vgl. Odhner a. a. O. p. 57, Anmerkung.
3) Salvius an den Herzog 5./15. Dezember 1637. A. F.
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Kaiser zu gelangen. Er trieb und drängte den Mecklenburger, wie er nur konnte, zur Vermittelung, wobei er immer wieder sich anheischig machte, die Ratifikation ferner zurückzuhalten, vorausgesetzt, daß jener bald von der anderen Seite in den noch unerörterten drei Hauptpunkten Schwedens Entgegenkommen erlangen werde. 1 ) Adolf Friedrich sandte noch einmal von Passow und Cothmann an Gallas, der bei Sternberg stand, und ließ ihm melden, daß das neue Bündnis zwischen Schweden und Frankreich, das man vermeiden wollte, nun in Hamburg ratifiziert werden müsse, falls sich nicht ungesäumt ein kaiserlicher Bevollmächtigter mit annehmbaren Bedingungen zeige. Gallas, der genügend Vollmacht zum Verhandeln zu haben behauptete, sandte alsbald den kaiserlichen Generalquartiermeister Hubalt Ruck nach Schwerin. Dieser begann denn auch im Namen des Feldmarschalls, aber ohne Beglaubigung, am 27. und 29. Januar 1638 Verhandlungen mit dem Herzoge. Gallas wünschte zunächst die Spezialvollmacht Salvius' einzusehen; Adolf Friedrich hoffte sie zu erhalten und versprach, sie dann ins Lager zu schicken. 2 ) Dagegen ließ er nun auch ernstlich durch Ulrich Pentz bei dem kaiserlichen General um Mitteilung der seinigen anhalten, um endlich in die Verhandlungen eintreten zu können. Zugleich wurde für Salvius ein Sicherheitsbrief erbeten, während an von Passow und Cothmann der Befehl erging, sich mit allen einschlägigen Akten in Schwerin einzustellen. Der Herzog hoffte wohl, Salvius noch dazu zu bewegen, sich in die Nähe Schwerins zu begeben. Die Antwort, die Pentz zurückbrachte, die auch von Ruck speziell mündlich wiederholt wurde, lautete recht verheißungsvoll. Gallas habe in der Friedensangelegenheit noch einmal eine eilige Post an Ferdinand III. gesandt, worauf in zwölf Tagen Antwort ein=


1) "Da aber E. f. Gn. einige mehre Versicherung vom Gegenteil wußten und getraueten sich, das Werk zu einer eilfertigen Resolution . . . zu bringen, daß man daraus sähe, daß mit Bestand darauf zu bauen wäre, so wollte ich mich noch einmal, Gott gebe, was ich darüber hazardieren sollte, unterwinden, einen Einwurf in die Allianztraktaten zu finden, daß sie annoch eine Weil aufgezogen werden möchten." A. F. a. a. O.
2) Salvius hatte am 13. Sept. 1637 neue Vollmacht und Instruktion erhalten. Vgl. Odhner, a. a. O. p. 56 und 57 Anmerk. Vgl. auch den Eingang des im Anhang abgedruckten Schreibens des Legaten vom 2./12. Dez., wo es heißt: "Ich habe noch eine ganz vollkommene, untadelhafte Vollmacht auf mich allein gerichtet . . ." Wenn also Pufendorf a. a. O. IX § 62 sagt: "Solche (d. h. unmittelbare) Traktaten könnte zwar Oxenstierna eingehen, der keinen unbeschränkten Befehl hatte, Salvius aber war an seine Ordre gebunden und durfte solches vor sich, nicht wagen" . . . so ist das, wie die Tatsachen beweisen, nur Kombination.
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treffen müsse. Man erwartete im Lager jetzt allen Ernstes von Wien Vollmacht zur Verhandlung auf Grund von Bedingungen, die für Schweden annehmbar waren. War man doch im österreichischen Lager des Treibens herzlich müde. Nur seine Spezialvollmacht sollte Salvius vorzeigen; Gallas wollte dann gern auch eine beglaubigte Abschrift der kaiserlichen Vollmacht mitteilen. 1 )

Inzwischen hatten auch die Herzöge von Lauenburg eine Vermittelung zwischen den streitenden Mächten versucht. 2 ) Herzog Franz Albrecht hatte im Frühjahr 1637 die Überzeugung gewonnen, daß der Kaiser zum Frieden neige und sich auf annehmbare Friedensbedingungen einlassen werde. Er begab sich daher nach Hamburg und begann Verhandlungen mit Salvius und dem Franzosen St. Chaumont, deren Haltung ihn in seiner Hoffnung bestärkte. Von da reiste er sodann selbst nach Wien. Daraus, daß er dort nichts erreichte, geht durchaus nicht hervor, daß man in Wien den Frieden nicht wünschte, zumal seine Brüder später erfolgreicher waren. Vielmehr liegt die Annahme nahe, daß man seine Person nicht ernst nahm und das deutlich zu verstehen gegeben hat.

Als er zurückkam, erhielt Salvius statt der erwarteten kaiserlichen Bedingungen einen Entschuldigungsbrief, in dem der Herzog erklärte, daß er die Vermittelung aufgegeben habe. Sie wurde aber von seinen Brüdern Julius und Franz Karl, unterstützt durch ihren eifrigen Rat Dr. H. Mithoff, im August 1637 wieder aufgenommen. Als diese sich an Salvius mit der Bitte wandten, seine Vollmacht einsehen zu dürfen, gab er diese zwar nicht heraus, aber er legte ihnen die in Berlin gedruckte Vollmacht Bielke's vor und gab ihnen genau an, worin die seinige von jener abwich, so daß die Herzöge über deren Inhalt nicht im Zweifel sein konnten. Überdies waren inzwischen die von Axel Oxenstierna mit Adolf Friedrich von Mecklenburg gepflogenen Verhandlungen von 1635 veröffentlicht worden. Aus ihnen konnten die Lauenburger die Bedingungen ersehen, ohne deren Erfüllung die Schweden sich nicht zu einem Frieden verstehen wollten.

Im Verlaufe der Verhandlungen, die nun die lauenburgischen Herzöge anknüpften, setzte Mithoff eine Schrift auf, deren Vor=


1) Salvius trug nach seinem Schreiben an den Herzog vom 24. Jan. 1638 kein Bedenken, die seinige auszuantworten, wenn er die kaiserliche dagegen sehen werde.
2) Wir folgen unabhängig von Odhner (a. a. O. p. 55 ff.) ganz der Darstellung, die Salvius in dem Schreiben vom 24. Januar 1638 davon gibt. Über Mithoff u. Franz Alb. vgl. Baner R. A. O., B. VI, 514.
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schläge nach Ansicht der Herzöge geeignet waren, einen Vergleich zwischen Schweden und Österreich zu stande kommen zu lassen. Sie wurde an Salvius gesandt, der sie wohl las, aber eine Antwort bis zur Anknüpfung der definitiven Unterhandlungen der beiden Mächte sich vorbehielt. Auf diese Unterhandlungen arbeiteten Anfang 1638 Mithoff und die beiden Herzöge in Wien mit allem Eifer hin.

Während in solcher Weise Adolf Friedrich von Mecklenburg und die sachsen=lauenburgischen Herzöge getrennt von einander die Friedensunterhandlungen in Gang zu bringen sich bemühten, war am 27. Januar 1638 der königlich schwedische Sekretär Schmaltz in Hamburg mit dem ausdrücklichen Befehl an Salvius eingetroffen, das Ratifikationsinstrument des französisch=schwedischen Bündnisses auszuliefern. Salvius konnte nicht wohl länger zögern. Noch am 12./22. Februar 1638 hatte er an Adolf Friedrich berichtet, daß er durch allerhand Verhandlungen mit dem französischen Gesandten die Aushändigung jenes Instruments verzögert habe.

"Weil aber von Friedenstraktaten noch nirgends etwas einkommt", schrieb er jetzt, "so besorge ich mich nicht unbillig, ich werde als ein Diener kein kgl. Befehl länger übersitzen können, sondern endlich demselben zu Folge gemelte Ratifikation notwendig ausliefern müssen."

Auf der Gegenpartei hat man sich diese Gelegenheit, die letzte, die sich bot, unter Vermeidung des französisch=schwedischen Bündnisses einen Separatfrieden mit Schweden zu schließen, entgehen lassen. Wer weiß, ob man sie nicht mit Absicht verpaßt hat! Denn Graf Kurtz, der nun zum zweiten Male nach Norddeutschland kam, ging bald zu Verhandlungen nach Dänemark, und wir wissen, daß Christian IV. sich dem Kaiser schriftlich verpflichtet hatte, "wenn Schweden seine angebotene Vermittelung und den Frieden nicht annähme, seine Waffen mit denen des Kaisers zu vereinigen. 1 ) Nimmt man hinzu, daß in Wien die Politik nach der augenblicklichen Kriegslage täglich wechselte, und daß das Jahr 1637 auf dem Felde für die Kaiserlichen Erfolge gebracht hatte, so ist bei dem Laufe der oben dargestellten Vermittelungsversuche, bei der unzweideutigen Aufrichtigkeit Schwedens in dieser Beziehung der Gedanke naheliegend, daß Habsburg dahin neigte, Christian IV. beim Wort zu nehmen und den Weg des Friedens ganz wieder zu verlassen. Indessen ist eine Ent=


1) Vgl. Odhner a. a. O. p. 58 und Anm. daselbst.
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scheidung hier unmöglich, und immerhin könnte richtiger sein, was Odhner meint, daß Kurtz den Auftrag hatte, entweder Separatfrieden zu schließen oder die niedersächsischen Stände und Christian IV. zum Bündnis mit dem Kaiser zu bewegen.

Wenn am 18./28. Februar 1638 von dem mecklenburgischen Gesandten 1 ) aus Wien die Nachricht eintraf, daß Graf Kurtz und Herzog Franz Karl zu Sachsen=Lauenburg nach Norden unterwegs seien "mit vollkommener Vollmacht, den Frieden abzuschließen", wenn Gallas, von Adolf Friedrich nochmals zur Eile angetrieben, endlich am 21. Februar/3. März mit der frohen Botschaft aufwarten konnte, daß Franz Karl mit kaiserlicher Resolution bereits bei Salvius eingetroffen sei, dem der Reichsvizekanzler mit Vollmacht folge, so läßt sich nicht mehr entscheiden, ob darin wirklich ein ernster Gesinnungsumschwung des Kaisers zu sehen war, oder ob es sich nur darum handelte, den Abschluß zwischen Schweden und Frankreich aufzuhalten. Denn am 24. Februar/6. März 1638 wurde mit der Übergabe der Ratifikation in Hamburg der Bündnisvertrag zwischen Frankreich und Schweden abgeschlossen, der "ein diplomatisches Meisterstück von Salvius und d'Avaux", obgleich nur für drei Jahre bindend, den Grund zu dem engen Bunde legte, der seitdem bis zum Ende des Krieges Schweden und Frankreich vereinigte. Dieser Vertrag, "der außer der Bestätigung des Wismarschen Traktates von 1636 verschiedene neue Artikel enthielt, wurde ein Programm für die gemeinsame Politik der beiden Mächte in Deutschland." 2 ) Die Wahrheit dieser Worte Odhners lehrt die Folgezeit bis zum endlichen Frieden! Aber wenn derselbe Verfasser kurz vorher von Salvius sagt, er habe von Frankreich "durch Vorspiegelung eines Separatfriedens" mit dem Kaiser die günstigsten Bedingungen zu erreichen gewußt, so irrt er. Ohdner sah ganz richtig das auffallende Zögern des schwedischen Vertreters; da er aber von den Vermittelungsversuchen, die Mecklenburg in jenen Tagen machte, keine Kenntnis hatte, so hielt er jenes Zögern des schwedischen Gesandten, obwohl er den Ernst der schwedischen Friedenslieben betonte, lediglich für einen diplomatischen Schachzug und geriet dadurch mit sich selbst in Widerspruch. Unrichtig ist auch seine Darlegung, wenn er nach der Erzählung des Bündnisses, auf die Rückkehr der Lüneburger überleitend, schreibt:


1) Es ist wohl von Rohr gemeint, der im November 1637 dorthin gesandt wurde (vgl. Kapitel 4, Seite 64) und dort Anfang 1639 starb.
2) Odhner, a. a. O. p. 57.
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"Indessen hörten die separaten Friedensverhandlungen darum nicht auf. Gerade zu der Zeit, wo der Traktat mit Frankreich abgeschlossen wurde, kamen die lauenburgischen Herzöge und Mithoff von Wien nach Hamburg zurück, nachdem sie den Auftrag des Kaisers, mit Salvius zu unterhandeln, bekommen hatten."

Die Tatsachen stellen sich, wie wir sehen, anders. Franz Karl von Lauenburg ist vor der erfolgten Ratifikation am 24. Februar/6. März in Hamburg eingetroffen, und sodann hängt seine wie Kurtz'ens und der übrigen Ankunft von Wien sicherlich mit jener zweiten eiligen Post, die Gallas der Friedensunterhandlungen wegen an den kaiserlichen Hof abgehen ließ, zusammen.

Weiteres läßt sich nicht mit Sicherheit erkennen.

Aber wenn der Lauenburger wirklich, wie Gallas sagt, schon am 21. in Hamburg war, also drei Tage vor der bedeutungsvollen Stunde des Bündnisschlusses, so wird die von ihm mitgebrachte schriftliche Erklärung des Kaisers wohl nicht viel deutlicher und besser gewesen sein als alle früheren, die bisher in dieser Beziehung von Wien abgegangen waren. Hätte der Kaiser ernstlich jene Friedensliebe bekundet, so hätte Salvius unzweifelhaft auch jetzt noch das Ratifikationsinstrument der Allianz mit Frankreich in der Tasche behalten. "Nur mit Widerwillen entschloß sich die schwedische Regierung, diesen Schritt zu tun, denn abgesehen davon, daß er Schweden an einem Separatfrieden verhinderte, machte er dessen Politik und Absichten bei den deutschen Ständen verdächtig. Schweden hatte bis jetzt nur einigen Ersatz für seine Aufopferung verlangt, nun aber sollte es zugleich die Interessen Frankreichs, die offenbar auf Eroberungen hinausliefen, befördern." 1 )

Klarer als Odhner es hier ausspricht, lassen sich die in der schwedischen politischen Tendenz wurzelnden Gründe für unsere Darstellung gar nicht zusammenfassen! -

Der neue mecklenburgische Versuch, zu vermitteln, war auch diesmal vergeblich geblieben. Man hatte ihn ernst genommen, man war vor allem von schwedischer Seite auf die Unterhandlung eingegangen, aber an dem Hochmute Habsburgs, das sich zu einem redlichen Friedensschluß nicht entschließen konnte, war er gescheitert. Wenn Salvius am 9. März 1638 dem Herzoge brieflich anheimgab, die schwedische Regierung noch einmal zu einer unmittelbaren Unterhandlung mit dem nun in der Nähe befindlichen Grafen


1) Odhner a. a. O. p. 56.
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Kurtz "eilends" aufzufordern, da die Ratifikation des in Hamburg am 6. März zwischen Frankreich und Schweden geschehenen Schlusses: nicht anders als gemeinsam zu traktieren, noch auf zwei Monate aufgeschoben worden sei, so war das nur ein höfliches Trosteswort für die vergebens angewandte Mühe. So hat es der Herzog auch aufgefaßt. Jener Vorschlag ist von ihm nicht berücksichtigt worden. Anders lag die Sache mit einem kaiserlichen Schreiben, das am 20./30. März in Schwerin anlangte und am 5. März, also einen Tag vor dem Hamburger Vertrag zwischen Schweden und Frankreich, aus Preßburg abgesandt worden war. Hierin wurde Adolf Friedrich mitgeteilt, daß kürzlich eine aussichtsvolle "Eröffnung" zu ernsten Verhandlungen zwischen Habsburg und Schweden erreicht worden sei, bei denen Mecklenburg sich gefallen lassen möge, seine erprobten Dienste zu leisten. Zum Verständnis dieses Briefes mag dienen, daß er an den bisher dargestellten mecklenburgischen Vermittelungsversuch, also an die letzte eilige Post Gallas', anknüpft, da Ferdinand III. sein Wohlwollen für Adolf Friedrichs bisherige Arbeit ausspricht, zweitens daß er mit jener "Apertur" unzweifelhaft auf die lauenburgischen Bemühungen in Wien hinweist, und daß er am Tage vor dem Abschlusse der drohenden schwedisch=französischen Allianz, also ohne Kenntnis von ihr, verfaßt wurde.

Seine tatsächliche Bedeutung sinkt damit erheblich. Von Schwedens Teilnahme an den Verhandlungen war nicht mehr die Rede. Und auf den guten Willen dieser Macht kam es doch vor allem an, sollte der Abschluß eines unmittelbaren Friedens zustande kommen. Herzog Adolf Friedrich hat in seinen optimistischen Friedenshoffnungen diesen Gedanken nicht aufkommen lassen und die kaiserliche Aufforderung zur Vermittelung höher bewertet, als sie verdiente. Noch am Tage, da er das Schreiben erhielt, trug er in sein Tagebuch die Bemerkung ein: "Habe ein Schreiben von seiner kaiserlichen Majestät empfangen, darin sie mir gnädigst aufgetragen, daß ich wegen des Friedens mit der Krone Schweden traktieren soll." 1 ) Man hat aus dieser Notiz den Schluß gezogen, der Kaiser habe "am 5. März 1638 in einem eigenhändigen Brief dem Herzog Adolf Friedrich den Auftrag erteilt, wegen des Friedens mit der Krone Schweden zu traktieren." 2 )


1) von Lützow, Beitrag zur Charakteristik des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg=Schwerin. Jbb. XII p. 106.
2) Raabe, Mecklenburgische Vaterlandskunde 2. A. III, Abriß der mecklenburgischen Geschichte, p. 316. Der Verf. hat den wahren Sachverhalt nicht durchschaut, da er die Akten nicht kannte und nur scheinbar unzweideutigen Wortlaut der Tagebuchstelle benutzte.
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Mit Unrecht. Der Kaiser, der noch keine Kenntnis davon hatte, daß die Allianz bereits abgeschlossen worden sei, versuchte lediglich durch den Schein, als sei er bereit, mit Schweden Friedensverhandlungen anzuknüpfen, die beiden Mächte auseinander zu halten.

Wenn man sich um die Vermittelung gerade an den Mecklenburger wandte, so geschah dies, weil er wegen seiner Bemühungen, das Friedenswerk zu fördern, sich bereits einen Namen gemacht hatte, und weil seine Wahl den Schweden eine gewisse Bürgschaft zu geben schien, daß es sich nicht blos um einen diplomatischen Winkelzug handele.

Herzog Adolf Friedrich war in seiner Friedenssehnsucht nur zu sehr geneigt, an redliche Absichten des Wiener Hofes zu glauben Noch einmal schien sich ihm die Gelegenheit zu bieten, durch die Übernahme der Vermittelung seinem schwergeprüften Lande Frieden und damit die Rettung aus dem Verderben zu bringen.

Ohne das Spiel des Wiener Hofes zu durchschauen, nahm er in seinem naiven Optimismus den Brief wie er war, besser gesagt, wie er klang, und übertrieb zudem die Bedeutung der ihm in demselben zugedachten Rolle in seiner Einbildungskraft, wie der Vergleich des Eintrags in sein Tagebuch mit dem Hauptinhalt des kaiserlichen Schreibens erkennen läßt. Er überlegte nicht, daß das französisch=schwedische Bündnis inzwischen geschlossen worden war, sondern er verließ sich einfach auf die Worte des römischen Kaisers, die eine glückverheißende "Friedensapertur" verkündeten und baute darauf neue Hoffnungen. Alsbald wandte er sich unter Mitteilung des kaiserlichen Antrags an die Güstrower Regierungsräte, deren Rat er in allen wichtigen Angelegenheiten anzuhören pflegte, und forderte von ihnen ein Gutachten über die Frage, ob und wie weit Mecklenburg die Vermittelung des Friedens weiter übernehmen solle und könne. Die Räte mahnten zur Vorsicht. Zunächst müsse man abwarten, was die Geschäftsträger des Kaisers ihm des weiteren für Eröffnungen machen würden. Im übrigen schlugen sie vor, inzwischen General Gallas brieflich auszuholen. Vielleicht daß man über jene kaiserliche "Apertur" Aufklärung erhalten könne. Adolf Friedrich handelt in diesem Sinne.

Sobald im April 1638 die Nachricht kam, daß Graf Kurtz im kaiserlichen Hauptquartier eingetroffen sei, sandte er sogleich Ulrich von Pentz dorthin, um in der Friedensangelegenheit die Vermittelung zu übernehmen. Der Reichsvizekanzler, der jetzt zum zweiten Male im kaiserlichen Feldlager weilte, trat nun sofort

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in lebhaften Verkehr mit dem Mecklenburger. Rasch folgten einander mehrere ausführliche Schreiben. Ja es müssen bald auch persönliche Zusammenkünfte stattgefunden haben, wie aus den Akten geschlossen werden kann. Die Versprechungen des Reichsvizekanzlers, seine Zuvorkommenheit in betreff der mecklenburgischen Spezialforderungen auf Dömitz und die Boizenburger und Warnemünder Zölle haben das ihrige getan, den Herzog willfährig zu machen, wenn auch die Zukunft zeigte, wie wenig ernst sie gemeint waren, und Salvius, als zur Nedden bei ihm war, vor drohenden kaiserlichen Ränken gegen das Schweriner Fürstenhaus, wohl in etwas übertriebener Weise, zu warnen mehrfach Gelegenheit nahm. 1 ) Die Lage hatte sich im Frühjahr 1638 völlig verändert.

Bisher wollte der Kaiser den Schweden hauptsächlich aus zwei Gründen nicht entgegenkommen. Er glaubte nach der günstigen Kriegslage, wie Schwarzenberg es ja deutlich aussprach, sie "bald im Sack zu haben", und war überzeugt, daß zwischen Frankreich und Schweden ein Bund nicht zustande kommen könne. Von beidem trat das Gegenteil ein. Mit jedem Tage fast wurden die Schweden im Felde glücklicher, und der 6. März brachte das schwedisch=französische Bündnis, das bis zum Frieden nicht wieder zerriß. Sein Abschluß leitete recht eigentlich die allgemeinen Friedensverhandlungen ein. Sie begannen von jetzt ab ihren schleppenden Gang, um erst nach zehn langen Jahren ihren Abschluß zu finden.

Aber nun war es der Kaiser, der, begreiflicherweise erschreckt, die allgemeinen Unterhandlungen, die Schweden jetzt forderte, auf jede Weise zu umgehen und öffentlich wie insgeheim Sonderverhandlungen mit Schweden anzubahnen strebte. Im geheimen sollte der mecklenburgische Herzog als Vermittler dienen, öffentlich sollte Dänemark, dessen Vermittelung beiderseits endlich angenommen worden war, diese Wünsche befördern helfen.

Es ist bekannt, wie lange Schweden sich gegen eine Vermittelung des dänischen Königs, die er wiederholt dem Kaiser und Schweden hatte antragen lassen, gewehrt hat. Man kannte Christian IV. in Stockholm nur zu gut. Zuletzt aber war seine Vermittelungen nicht zu umgehen gewesen. Die lauenburgischen Bemühungen begann Schweden schon jetzt als wenig erfolgversprechend zu betrachten, wie sie denn Ende 1639 überhaupt zurückgewiesen wurden. 2 ) Dem Schweriner Herzoge hat die nordische


1) Salvius machte zur Nedden in dieser Beziehung sehr interessante Andeutungen. S. die Relation des Geheimsekretärs v. 18. Mai im Anhange II.
2) Salvius an den Herzog 30. März 9. April l638. A. F. Vgl. Odhner, a. a. O. p. 65 und Anmerkung daselbst.
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Macht, wie gesagt, in dieser Beziehung, wenigstens äußerlich, stets eine günstigere Gesinnung bewahrt.

In Ulrich Pentz's Instruktion für Kurtz und Gallas wurde dem Wiener Hof ein verspätetes Anknüpfen zum Vorwurf gemacht: Salvius habe sich auf die Mitteilung des Herzogs bedauernd geäußert, daß die sehr erwünschte Erklärung des Kaisers nicht ein oder zwei Monate früher, also vor Auslieferung der Ratifikation, eingekommen sei, da er überzeugt sei, daß man in diesem Falle schon jetzt Frieden haben würde.

Was der mecklenburgische Gesandte von dort zurückbrachte, ob er vielleicht gar von dem kaiserlichen Kanzler einen direkten Vorschlag für seinen Herrn erhalten hat, wieder Sonderverhandlungen einzufädeln und zu vermitteln, wissen wir nicht, da keine Relation über den Erfolg seiner Mission berichtet. Genug, schon am 4./14. Mai wurde der Geheimsekretär des Herzogs, Simon Gabriel zur Nedden, mit einem von den Güstrower Regierungsräten verfaßten, von Adolf Friedrich unterzeichneten Memorial an Salvius nach Hamburg abgeschickt. In ihm findet sich klar und deutlich der alte Vorschlag, unmittelbar und separat zu verhandeln, erneuert, aber mit einer Zuversicht, wie sie kaum während der hoffnungsfreudigen Tage vor Aushändigung der Ratifikation des französisch=schwedischen Bündnisses zu Tage getreten war. Forderte dieses, gemäß eines Vorschlags von Kaiser und Kurfürstenkollegium in Regensburg, gemeinsame Verhandlungen mit dem Kaiser für Schweden in Lübeck und Frankreich in Köln, so wies die mecklenburgische Note nun zur Aufdeckung der Gesinnung Frankreichs auf die Lage in Köln hin, wo der päpstliche und der kaiserliche Deputierte sich bereits seit vierzehn Monaten aufhielten, ohne daß während dieser Zeit aus Frankreich jemand sich eingestellt hätte. 1 ) Unmöglich könne sich Schweden durch die Hamburger Allianz ein= für allemal die Hände gebunden haben, gleichsam nur für das französische Interesse zu arbeiten. Jetzt sei die beste Gelegenheit einen schnellen Frieden zu erhalten, da ein kaiserlicher und ein schwedischer Gesandter, beide mit unbeschränkter Vollmacht, sich nahe beieinander befänden.

Adolf Friedrich erbot sich nochmals als Vermittler und schlug als Verhandlungsort Lübeck vor. Er war überzeugt, daß sich der Erfolg zeigen werde, wenn es nur erst zu einer Zusammen=


1) Dabei sollte ein französischer Agent in Lübeck und ein schwedischer in Köln ohne Votum den Verhandlungen beiwohnen, um die gegenseitigen Übermittelungen zu besorgen.
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kunft käme. Es ist nicht denkbar, daß der Herzog zu diesem Vorgehen ganz aus sich heraus bewogen worden ist. Vielmehr ist sicherlich von österreichischer Seite ein starker Antrieb erfolgt, wenn wir ihn auch nicht direkt aktenmäßig nachweisen können.

Von dem Plane, den zur Nedden brachte, wollte der schwedische Legat zunächst nichts wissen. Er verschanzte sich immer wieder hinter das neue Bündnis und sein Gewissen. "Secretissime" ließ er endlich doch verlauten, daß, wenn Graf Kurtz ein Projekt nach dem früher (1635) von Adolf Friedrich aufgesetzten entwerfen und darin die drei Hauptpunkte, Amnestie und Satisfaktion der Krone Schweden wie der Soldateska in annehmbarer Weise "erläutern" werde, so sei er selbst bereit, innerhalb zwanzig Tagen persönlich darüber Ratifikation aus der Heimat einzuholen.

Zur Nedden rühmt sich, dieses überraschende Entgegenkommen dadurch herbeigeführt zu haben, daß er Salvius während eines zweiten Besuches die Unbeständigkeit der Franzosen, besonders in ihren Bündnissen, vor Augen geführt habe. Salvius habe schließlich ihm zustimmen müssen und erklärt, er habe selbst schon einen Vers nach Schweden geschrieben, der ihm einst an deutschen Universitäten zu Ohren gekommen sei: Qui non vult falli, fugiat consortia Galli!

Es ist unzweifelhaft, daß die Männer, die in Christinens Namen die Regierung in Stockholm führten, ja daß der schwedische Reichsrat in seiner Mehrheit bis vor kurzem immer wieder unmittelbar mit dem Kaiser über einen Frieden sich hatten einigen wollen. Andererseits wissen wir, daß sich Schweden gezwungen sah, den vielgescheuten Bund mit Frankreich einzugehen und daß dieser seit seiner Verwirklichung am 6. März 1638 ununterbrochen fortgedauert hat und zum Fundament des westfälischen Friedens geworden ist. Da ist die Tatsache dieses Geheimpunktes, den zur Nedden am 18. Mai in seiner Relation mit nach Hause brachte, doppelt interessant zum Verständnis der Politik Schwedens und zur Beleuchtung der österreichischen Hauspolitik, die trotz aller Winkel= und Schachzüge, in der Sucht, alles zu erreichen, den nächstliegenden wahren Vorteil verkannte.

Zunächst indessen schien der neue Versuch einer Vermittelung einen Erfolg zu versprechen.

Herzog Adolf Friedrich wurde durch die Mitteilung Salvius' natürlich veranlaßt, sofort und voll Eifer einen Weg weiter zu verfolgen, den er zu seinem und seines Landes Wohl so gerne längst eingeschlagen hätte, und der sich ihm wider Erwarten nun in der glücklichsten Weise darbot.

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Die Güstrower Räte von Passow und Cothmann wurden alsbald nach Schwerin berufen und erhielten hier ihre Instruktion für die Verhandlungen mit dem kaiserlichen Abgesandten. Besondere Schwierigkeiten bei den Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Schweden und Österreich mußte in erster Linie die Frage nach der "Satisfaktion", nach der Entschädigung Schwedens, bereiten.

Seit Gustav Adolf war es ein feststehender Satz der schwedischen Politik, daß, um die zur Sicherheit des eigenen Landes nötige Herrschaft über das baltische Meer behaupten zu können, das Königreich eine gesicherte Stellung an der deutschen Küste gewinnen müsse. In erster Linie kam jetzt, da Schweden für sein Eingreifen in den deutschen Krieg als Frucht seiner Siege eine Entschädigung beanspruchen durfte, nach dem Tode seines letzten Stammesfürsten (März 1637) das Herzogtum Pommern in Betracht, das Schweden seit den dreißiger Jahren mehr oder weniger in Besitz hatte, ganz abgesehen davon, daß "ohne Pommern Schwedens übrige Besitzungen in Deutschland ihm mehr eine Last als eine Verstärkung werden mußten". 1 ) Wenn auch die Bevölkerung gemäß der früheren Abmachungen zwischen beiden Ländern in dem Kurfürsten von Brandenburg ihren neuen Landesherrn erblickte und anerkannte, so führte der feierliche Protest Georg Wilhelms und die dadurch veranlaßte Auflösung der einheimischen pommerschen Zwischenregierung nur eine solche Lage der Dinge herbei, "daß die schwedische Regierung sich nicht nur für berechtigt, sondern geradezu für verpflichtet halten mußte, die Verwaltung zu übernehmen." 2 ) Während Schweden entschlossen war, den Besitz Pommerns zu behaupten, setzte Österreich alles daran, jede Abtretung deutschen Bodens an das nordische Reich zu hintertreiben. Denn eine solche bedeutete einen unzweideutigen endlichen Sieg der feindlichen Waffen. Noch dachte man in Wien garnicht daran, daß man, um den Frieden zu gewinnen, Opfer bringen müsse. Die allgemeine Ansicht war hier vielmehr durchaus die, daß es mit der Zeit sicher gelingen werde, den Feind über die Ostsee zurückzutreiben. An der Frage der Entschädigung der Krone Schwedens sind alle früheren Verhandlungen, die über Formalien hinausgelangten, wie die Versuche, die Adolf Friedrich machte, um zwischen Kursachsen und Schweden 1635/6 zu vermitteln,


1) Odhner a. a. O. S. 22.
2) Odhner S. 37.
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gescheitert. Leichter war es, die Forderungen der schwedischen Soldateska zu befriedigen. Die Kaiserlichen hatten schon verlauten lassen, sie würden für den Fall eines Friedens die Leute an sich ziehen und zufrieden stellen.

Auch bei der schwedischen Forderung allgemeiner Amnestie mochten sich nicht unüberwindliche Schwierigkeiten erheben. Wenn Schweden auch entschlossen war, für die verbündeten und exkludierten Stände einzutreten, so handelte es sich dabei doch nicht um eine entscheidende Frage der schwedischen Politik. Daher konnte Salvius zur Nedden gegenüber geradezu äußern, diese Sache solle so geordnet werden, wie es der Herzog von Mecklenburg im Interesse der Evangelischen für gut finde. Er hatte aber gleich, indem er damit auf den Angelpunkt der Verhandlungen hinwies, hinzugefügt und zwar so deutlich und bestimmt, daß er nicht mißverstanden werden konnte, Schweden werde sich, abgesehen von der Geldfrage, nur durch Lehnsübertragung Pommerns befriedigen lassen. Er begründete diese Forderung, um sie dem Kaiser annehmbarer zu machen, mit dem Hinweis auf die wachsende Größe Brandenburgs, das zuletzt selbst dem Kaiser gefährlich werden würde.

Für den Vermittler erwuchs also die Aufgabe, zwischen den streitenden Mächten eine Einigung in der Entschädigungsfrage herbeizuführen. Adolf Friedrich war sich der Schwierigkeiten, die die Entschädigungsfrage in sich barg, wohl bewußt. Da er nicht von vornherein die Verhandlungen an dieser Klippe scheitern lassen wollte, war sein Bestreben darauf gerichtet, zunächst den Punkt der Abtretung deutscher Gebiete garnicht zu berühren. Hoffnungsvoll wie er trotz aller herben Enttäuschungen immer wieder in die Zukunft sah, erwartete er, daß, wenn man sich über die anderen Punkte geeinigt habe, auch in dieser wichtigen Frage eine Vereinbarung möglich sei.

Daher schweigt die Hauptinstruktion, die er Passow und Cothmann mitgab, ganz über die Entschädigungsfrage, ja sie berührt nicht einmal direkt jenen Geheimpunkt Salvius', sondern verweist schlechthin auf die allgemeinen Verhandlungen und bittet, diese baldmöglichst unter mecklenburgischer Vermittelung in Lübeck von seiten Schwedens und des Kaisers beginnen zu wollen. Mit Leichtigkeit kommt er dabei auch über die Schwierigkeiten hinweg, die das französisch=schwedische Bündnis seinen Versuchen, einen Separatfrieden zwischen Österreich und Schweden herbeizuführen, in den Weg stellte. Er begnügt sich mit der Bemerkung, man sei überzeugt, daß Schweden sich gewiß nicht durch die Allianz auf einmal allen

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freien Handelns beraubt habe und daher für den Fall guter Bedingungen ohne Rücksicht auf Frankreich in Lübeck Frieden schließen werde. Nur in einem Nachtrag wurde die Entschädigungsforderung Schwedens, die Salvius noch kurz vorher, wie gesagt, gegen zur Nedden mit Hinweis auf Pommern erhoben hatte, behandelt, aber nur für den Fall sollten die Gesandten auf diese Frage eingehen, daß Graf Kurtz von dieser Äußerung des schwedischen Gesandten in Hamburg gehört haben sollte. Der Herzog verwies in diesem Nachtrag auf seine eigenen früheren Äußerungen, besonders auf seine Stellungnahme bei dem Vermittelungsversuch von 1635. Aus dessen Verlaufe gehe hervor, daß er von einer Abtretung Pommerns nie etwas habe wissen wollen. Der Herzog betonte sogar, Salvius habe sicherlich eine so weitgehende Forderung nur aufgestellt, um sie in der Verhandlung auf ein billiges und mögliches Maß zurückzuführen. Hierdurch sollte also die Vorstellung erweckt werden, als handele es sich nur um einen Vorschlag, wie ihn der Kaufmann liebt, um bei Kauf und Verkauf nicht zu kurz zu kommen.

Adolf Friedrich mochte in genauer Kenntnis der Verhältnisse und der Bedingungen schwedischer Politik immerhin noch jetzt, unter der Voraussetzung, daß der Kaiser Ernst machen werde, günstige Aussichten für einen Separatfrieden erhoffen, aber er mußte wissen, daß Schweden nach seinen letzten Erfolgen und durch das Bündnis mit Frankreich zu neuer Stärke gelangt, niemals in einen Frieden willigen werde, der ihm nicht Pommern als Siegespreis brachte. Wenn er sich nun den Anschein gab, als wenn er glaube, daß Schweden mit sich handeln lassen werde, so ließ er sich von dem Wunsche leiten, die Parteien zunächst nur einmal zusammen zu bringen. In der Folge, so hoffte er, werde es ihm gelingen, durch kluge Vermittelung sie nachher auch über das schlimme Hindernis hinwegzuführen.

Mag man über seine Leichtgläubigkeit und Kurzsichtigkeit, wie sie bei Gelegenheit des kaiserlichen Schreibens vom 5. März 1638 zum Vorschein kamen, abfällig urteilen, diese Hoffnung, daß er imstande sein werde, alle Schwierigkeiten der Verhandlung durch seine Vermittelung zu überwinden, diese Hoffnung, die dem heißen Wunsche entsprang, sein Land aus allem Jammer und Elend zu erretten, hat etwas Rührendes an sich, und indem sie immer wieder so natürlich echt und elementar hervortritt, erweckt sie eine Freude an dieser Persönlichkeit, die ihr auch bei Handlungen zu folgen vermag, deren Keime schon ihre Aussichtslosigkeit offenbaren.

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Über die folgenden Verhandlungen wegen eines Separatfriedens sind wir nicht unterrichtet. Auch wissen wir nicht, woran sie eigentlich scheiterten.

Die beiden Güstrower Räte gingen zunächst zum Reichsvizekanzler Grafen Kurtz, von ihm zu Salvius. Von Hamburg zurückgekehrt, haben sie noch einmal Mitte Juni das kaiserliche Feldlager bei Grabow aufgesucht. Was haben sie gebracht, was erreicht? Wir wissen es nicht. Tatsächlich war es dem Herzoge noch einmal gelungen, die Verhandlung über einen Separatfrieden in Fluß zu bringen. Und daß die geheime Eröffnung Salvius' im Mai ernst gemeint war, wird auch von anderer Stelle bestätigt.

Pufendorf erzählt bei Gelegenheit der Lauenburger Bemühungen von 1638: 1 ) "Eben dieses (der Vorschlag zum Separatfrieden) trug der Herzog von Mecklenburg schriftlich und durch einen Minister vor. Es mißfiel auch Salvius nicht . . . . Dem Herzoge von Lauenburg wurde öffentlich zur Antwort gegeben, man müsse die Partikular=Traktaten aufgeben und nach einem allgemeinen Frieden trachten . . . . Doch heimlich gab Salvius Vertröstung, er wolle sich auf alle Weise bemühen, Partikular=Traktaten zu verschaffen, wenn er wüßte, daß der Kaiser dieselben wirklich verlange . . . . Deswegen bat er auch den Herzog von Mecklenburg, wegen des Projektes zwischen Oxenstierna und Kursachsen (1635) mit dem Grafen Kurtz zu reden".

Noch am 19. Juni richtete Salvius an Adolf Friedrich die dringende Bitte, "alles in integro zu behalten", womit doch wohl die Separatunterhandlung gemeint ist.

Allein sie blieb ohne Erfolg. Sie wurde völlig abgebrochen, als Graf Kurtz in den letzten Tagen des Juni vom Kaiser die Nachricht erhielt, daß er auch in Verhandlungen wegen eines allgemeinen Friedens einwilligen möge. 2 ) Es ist nicht klar, wem der größere Teil der Schuld an dem Abbruch dieser Verhandlungen zufällt. Die Behauptungen der Parteien stehen einander gegenüber. Wenn eine Vermutung erlaubt ist, so scheint es, als wenn diesmal Salvius, nachdem nicht sofort günstige Anerbietungen von der österreichischen Seite erfolgten, sich hinter die bindende Kraft des französischen Bündnisses und seine offizielle Instruktion zurückzog und sich auf keine weiteren Verhandlungen über einen Separatfrieden einließ.


1) Schwedische Kriegsgeschichte, X § 65.
2) Adolf Friedrich an Oxenstierna und an Salvius am 20./30. Juni 1638. A. F.
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Adolf Friedrich, der im Interesse seines Landes auch nach dem Scheitern seines Lieblingsplanes mit allen Mitteln versuchte, die Hand im Spiele zu behalten, tat von nun an nach Kräften sein Bestes, daß die allgemeinen Friedensverhandlungen ernstlich aufgenommen und fortgeführt würden. Er war entschlossen, an den Verhandlungen in Lübeck persönlich teilzunehmen und hatte deshalb schon mit Bürgermeister und Rat dieser Stadt wegen einer passenden Wohnung für sich und für sein Gefolge Abrede treffen lassen. Aber auch aus dem Kongreß in Lübeck ist nichts geworden.

Wie allgemein auch der Wunsch nach dem Frieden werden sollte, die ersehnten Verhandlungen kamen nicht von der Stelle. Und noch sechs lange Jahre vergingen, ehe die Hoffnungen der Verwirklichung näher rückten, ehe dieses unselige Friedenswerk endlich seinen trägen Gang vorwärts nahm und es dem Herzoge vergönnt wurde, den westfälischen Kongreß zu beschicken.

 


 

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4. Kapitel.

Das Ende des Vormundschaftsstreites.

Während des Vermittelungsversuches hatte der Vormundschaftsstreit seinen Fortgang genommen. Die Herzogin=Witwe von Mecklenburg=Güstrow zeigte sich im Herbst 1637 plötzlich sehr entgegenkommend. Sie schrieb damals an den Kaiser, wenn man Bedenken habe, der Religion wegen ihr den jungen Prinzen zuzustellen, bäte sie, zu verfügen, daß jener dem evangelisch lutherischen Herzoge August von Braunschweig=Lüneburg bis zur Erledigung des Hauptstreites übergeben werde. Ihre kluge Nachgiebigkeit trug gute Früchte. Der Kaiser ging sofort auf das Anerbieten ein. Er ersuchte den Herzog von Braunschweig, sich den Knaben von Adolf Friedrich übergeben zu lassen, und sandte diesem am 19. Oktober 1637 den Befehl, den jungen Herzog an die Gesandten des Beauftragten auszuliefern. Zugleich erging am 19. Oktober ein kaiserliches Mandat, durch das allen Beamten, Zollverwaltern und dem Rentmeister von Mecklenburg=Güstrow befohlen wurde, die Landeseinkünfte bis auf weitere kaiserliche Entschließung oder rechtlichen Entscheid an die Herzogin auszuliefern. Obwohl der Kaiser in dem früher erwähnten Schreiben vom 19. September 1637 dem Herzog zur Verantwortung eine dreimonatige Frist gesetzt hatte, war er durch das Drängen der Gegenpartei nun nach nicht mehr als einem Monat zu jenen beiden Edikten vom 19. Oktober verleitet worden! Kein Wunder, wenn der Herzog von bitterem Groll erfaßt und zu immer schrofferem Auftreten geneigt wurde. Die braunschweigischen Gesandten, die seinen Neffen zu holen kamen, mußten unverrichteter Sache heimkehren. von Rohr aber erhielt Anfang November zum zweiten Male den Auftrag, in der peinlichen Angelegenheit an den kaiserlichen Hof zu gegen. Zugleich sollte er, nach einem von Pistorius gegebenen Rat, in aller Stille sich auch an den Hof des Kurfürsten von Bayern begeben, um diesen zu gewinnen. Aber ehe er noch in Wien eintraf, war Milden ihm schon zuvorgekommen und hatte Kurbayern und Kurmainz in das Interesse seiner Herrin zu ziehen gesucht. Die Partei Eleonorens zeigte sich überhaupt der des Herzogs überlegen. Sie arbeitete im allgemeinen schneller und

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wirksamer. Zudem verfügte sie über zahlreichere Kräfte. Milden vor allem war unermüdlich und sehr verschlagen. Er sagt von sich, er habe täglich Memorialia zu übergeben, denn für den kaiserlichen Hof heiße es mit Recht: Jura vigilantibus sunt scripta. 1 ) Und Pistorius verrät uns über seine Gegner: "Sie feiern nicht und spendieren dabei tapfer, sie nehmen's, wo sie wollen und bezahlen hernach wieder, wie sie können . . . ." 2 ) Was konnte dieser rastlosen Tätigkeit gegenüber eine neue Gegenschrift Adolf Friedrichs, wenn auch noch so weitläufig, ausrichten, die von Rohr nach Wien brachte! Was Adolf Friedrich hatte von Anfang an vermeiden wollen: der Streit um die Vormundschaft war längst zu einem verwickelten Rechtshandel geworden, ja noch mehr, die Sache stand 1638 sogar auf dem Punkte, daß der Mecklenburger sich beklagen konnte, daß er nicht, wie es in jedem Prozesse Rechtens sei, behandelt werde. Wenn, trotz der dem Herzog gestellten dreimonatigen Frist, der Kaiser zu entschiedenen Mandaten gegen ihn griff, so mag das teilweise damit zusammenhängen, daß der Vizereichskanzler von Stralendorf, der bisher immer noch auf Seiten der Schweriner Partei gestanden hatte, am. 18. Oktober 1637 gestorben war. Wenigstens war dies die Ansicht des Pistorius.

Jedenfalls mußte der Herzog jetzt einsehen, daß er seine Hoffnung auf Bestätigung seiner Vormundschaft endgültig aufzugeben habe. So blieb ihm nur übrig, auf dem Wege des Prozesses sein Recht durchzusetzen. Da mußten beide Parteien gleichmäßig gehört werden, ehe das endgültige Urteil fiel.

Im Sommer 1637 waren auch König Wladislaus von Polen, der auf Bitten Eleonorens seine gewichtige Stimme abgeben zu müssen glaubte, weil mit drei kaiserlichen mandatis restitutoriis bishero nichts verrichtet sei 3 ) und Erzbischof Anselm Casimir von Mainz 4 ) für die Herzogin Witwe beim Kaiser vorstellig geworden. Am wirksamsten aber hatte sich die bereits erwähnte Eingabe Brandenburgs erwiesen. So gelang es dem Drängen Eleonorens den kaiserlichen Hofrat dahin zu bestimmen, daß ein Pönalmandat gegen den Herzog beschlossen wurde. 5 )


1) Brief vom 24. Januar/3. Februar. A. T. Vol. VIII Fasc. II Vol. II pars 1.
2) Brief vom 6./16. Januar 1638. Vien.
3) A. T. a. a. O. No. 122.
4) A. T. a. a. O. No. 124.
5) El. M. an Kurbrandenburg, 4. Okt. 1637. Georg Wilh. an El. M. 16. Okt. 1637. A. T. a. a. O. No. 128 und 130.
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Der Beschluß kam indes aus unbekannten Gründen nicht zur Ausführung. Der Kaiser entschloß sich vielmehr dazu, den mecklenburgischen Streit der Beurteilung des Kurfürstenkollegiums zu unterbreiten, da die Sache "Statum publicum concernire". Unterdessen sollte alles im alten Stande gelassen werden. Das war im Herbst 1637. Das folgende Jahr sah die Kaiserlichen zurückweichen und ihre Gegner wieder im vollen Besitze des nördlichen Küstenstrichs. Und nun wurde Adolf Friedrichs Stellung auch im Lande schlechter. War er bisher tatsächlich im Güstrowischen Herr gewesen, so verstand Eleonore, die Schweden, die noch Güstrow besetzt hielten, auf ihre Seite zu ziehen und die kalvinistische Propaganda unter den Schutz der Fremden zu stellen. Ja es gelang ihr in der Folge mit schwedischer Hülfe, das Güstrower Schloß wieder in Besitz zu nehmen, nachdem sie alle Schweriner Räte, als letzten den Hofmeister Adolf Friedrichs, von Ihlefeld, der dort bisher noch ein Zimmer gehabt hatte, vertrieben hatte. Baner, dessen Hülfe sie durch den Oberstleutnant Meyer hatte anrufen lassen, 1 ) sandte ihr, wie David Franck 2 ) erzählt, noch am 24. November 1639 einen Schutzbrief aus Leitmeritz. So unterstützt, konnte sie schon den ernstlichen Plan fassen, ihren jungen Sohn dem Schwager mit List oder Gewalt wieder zu entreißen. Inzwischen war am 28. August 1638 schon wieder ein neues kaiserliches Dekret ergangen, das dem Herzoge eine Frist von drei Monaten zur Unterwerfung setzte: 3 ) anderenfalls werde die Publikation des Endurteils erfolgen. Wie es schien, war dieses schon zu Beginn des Jahres 1638 verfaßt worden. Mit Recht konnte Adolf Friedrich dies ganze Verfahren, weil er nicht einmal gehört worden war, anfechten. Er erteilte daher Pistorius zunächst den Auftrag, beim Kaiser alles aufzuwenden, daß ihm zu einer Verteidigungsschrift noch eine weitere Frist von drei oder vier Monaten gewährt werde, da bei der Vertreibung der Schweriner Räte aus Güstrow alle Akten und Dokumente in die Hände der Gegenpartei gefallen seien und daher ihm nicht mehr zur Verfügung ständen. Hiernach wurde die Verteidigungsschrift unterm 26. November 1638 eingesandt. 4 )


1) Vgl. R. A. O., B. VI, p. 680.
2) a. a. O. p. 222 und 227. Vgl. auch Pr. u. Ref., Beilage V.
3) Der Herzog sollte "paritionem dociren," noch dazu "sub poena praeclusionis!"
4) Inf. Jur. et F., Beilage No. XII. Sie trägt das Datum: Schwerin, den 26. November 1638, und nicht: Schwaan, den 6. November 1638, wie Franck a. a. O. 205 angibt.
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Sie gipfelte in der Forderung, daß seine Anklägerin gegen ihn, der "in possessione" sei, den Rechtsbeweis zu führen habe und überhaupt zunächst zur Übergabe einer ordentlichen Klageschrift anzuhalten sei, auf die dem Gesetze nach die Verteidigung erfolgen könne. Auch wurde gebeten, in dieser Angelegenheit die Kurfürsten um ihr Gutachten zu ersuchen, wie ja bereits früher beschlossen worden sei. 1 ) Als aber Pistorius nach Einlauf der mecklenburgischen Akten die Bitte mündlich wiederholte, antwortete man ihm, daß die meisten Kurfürsten schon für die fürstliche Frau Witwe entschieden hätten. Es sei daher von einer Befragung des Kurfürstenkollegiums für seine Partei nichts zu hoffen. Daß dies nicht den Tatsachen entsprach, können wir heute feststellen. Wie wir wissen, hatte sich Georg Wilhelm von Brandenburg sehr zurückhaltend ausgedrückt. Er hatte lediglich auf Bitten Eleonore Marias darauf gedrungen, daß man dem Rechte und der Billigkeit zum Siege verhelfe. Das war keine eigentliche Parteinahme, denn Adolf Friedrich war sicher ebenso sehr von der Rechtmäßigkeit seiner Forderungen überzeugt, wie seine Schwägerin.

Hinsichtlich Kurköln und Kurmainz hatte der Schweriner Gesandte 2 ) seinem Herrn geschrieben, daß sie auf seiner Seite stünden, und daß zu hoffen sei, daß sie das ganze Kollegium zu seinen Gunsten beeinflussen würden. Das ist für Kurmainz gerade das Gegenteil wie im vorhergehenden Jahre, und dieser schnelle Stellungswechsel zum wenigsten auffällig. Kursachsen hatte, wie schon gesagt, stets mit Adolf Friedrich gehalten, und von den übrigen Kurstimmen, so Bayern, ist wenigstens niemals eine absprechende Meinung laut geworden. Dann im März 1639 hören wir von Adolf Friedrich die Behauptung, sämtliche Kurfürsten hätten sich seinen Gesandten gegenüber erklärt, daß sie seiner Sache recht geben müßten, wenn ihr Bedenken nur eingefordert würde.

Die Folgezeit lehrt, daß Adolf Friedrichs Behauptung im allgemeinen der Wahrheit mehr entsprach, als die Versicherung der kaiserlichen Beamten.

Mit dem Vormundschaftsstreit aufs engste verbunden war nun die Erledigung einer anderen Angelegenheit.

Der Herzog hatte bei Ferdinand III. um Belehnung nachzusuchen und zwar, da er als Vormund seines Neffen auftrat,


1) Lit. Pist. vom 4. Mai 1639. Vien.
2) Es war Barthold von Plessen und sein Subdelegierter Heinrich Friedrich; vgl. dessen Brief an Pistorius. Vien. 14./24. April 1638.
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für beide Mecklenburg. Er hatte dies im Herbst 1636 getan und am 12. August 1637 sein Gesuch wiederholt, aber am 5. November 1637 nur die übliche Empfangsbescheinigung für seine Eingabe, zugleich mit dem Bescheid, vor dem 5./15. Februar 1638 wieder einzukommen, erhalten. Er wiederholte die Mutung demgemäß im folgenden Jahre durch seinen Gesandten von Rohr. "Weil aber der Streit wegen der Vormundschaft noch nicht entschieden war," erhielt er im Januar 1639 nur die Belehnung für den Schweriner Landesteil. Adolf Friedrich begnügte sich aber im Interesse der Vormundschaft über seinen Neffen mit diesem Entscheid nicht, sondern forderte weiter die gleichzeitige Belehnung für Schwerin und Güstrow. Er ließ dies durch seine Gesandten folgendermaßen begründen. Aus allen Lehnbriefen gehe hervor, daß man immer nur dem nächsten männlichen Agnaten die Vormundschaft übertragen habe. So sei es auch unter anderm bei seiner und seines verstorbenen Bruders Minderjährigkeit, als Herzog Karl für sich und für sie beide belehnt worden sei, gehalten worden. Überhaupt so lange das fürstliche Haus bestehe, sei es nicht vorgekommen, daß ein "Weibsbild" den Lehnsempfang gefordert oder der Regierung sich angemaßt habe. Der Reichshofratspräsident war jedoch anderer Meinung. Er erklärte, wenn man bisher in Mecklenburg anders verfahren habe, so hänge dies damit zusammen, daß Testamente, wie das jetzt vorliegende, bisher nicht vorgekommen seien. Gebühre dem letzten Willen einer Privatperson Ehre, um wie viel mehr dem eines Fürsten. Herzog Adolf Friedrich in der gewünschten Weise belehnen, hieße nichts anderes, als auch seine Vormundschaft bestätigen.

Adolf Friedrich gab sich jedoch mit der Abweisung nicht zufrieden. Im Frühjahr 1639 sandte er an Pistorius, denn von Rohr war kurz vorher gestorben, ein Memorial zur Aushändigung mit der erneuten Bitte um Belehnung für sich und den minderjährigen Gustav Adolf. Auch dieses Gesuch blieb ohne Wirkung, und wenn im Herbst 1641 eine besondere Gesandtschaft Adolf Friedrichs in Regensburg wiederholt darum anhielt, so hat sie doch wieder nur eine Empfangsbescheinigung ihres Gesuches erhalten.

In dieser Frage hat man am Wiener Hofe nicht nachgegeben, und noch 1649, als der Herzog von allen Ständen des Reiches bei Gelegenheit der Friedensverhandlungen als legitimer Vormund anerkannt worden war, war die Angelegenheit nicht erledigt. 1 )


1) Pistorius an Adolf Friedrich 12./22. September 1649. Der Herzog ist anerkannt, niemand kann in Wien etwas wider die Gesamt= (  ...  )
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Für Eleonore Maria schien jetzt gegen Ende 1638 die Zeit gekommen, die ihr die Erfüllung ihrer Wünsche bringen sollte.

Im Lande hohe schwedische Offiziere, die für sie Partei nahmen und Hülfe leisteten, und im Reiche der deutsche Kaiser und der Reichshofrat, der ihre Sache durch Dekrete und mit der Feder verfocht.

Wahrhaftig, diese reformierte Fürstin konnte sich rühmen, die beiden Mächte, deren Gegensatz die zweite und grausigere Hälfte des großen Krieges beherrschte, in ihrem Dienste friedlich vereint zu sehen!

Eleonore meinte endlich den lang erstrebten, mit kluger Berechnung und entschlossener Tatkraft vorbereiteten Sieg in den Händen zu halten. Voll Ungeduld wandte sie sich mit einer Reihe von Briefen an den kaiserlichen Hof, an die fürstlichen Damen, die sie anfangs um Beistand angefleht hatte, und auch unter andern an den neuen Vizereichskanzler, den Grafen Kurtz. Da der Termin verstrichen sei, während dessen Adolf Friedrich sein Vorgehen hätte rechtfertigen müssen, - sie wußte offenbar nichts von seiner Eingabe am 26. November - da er vor allem unterdessen den kaiserlichen Mandaten keinen Gehorsam geleistet habe, solle nunmehr, so beantragte sie, die Veröffentlichung des kaiserlichen Endurteils erfolgen. Ja, ihre Forderungen gehen weiter. Sie verlangte bereits eine Exekution gegen den Herzog, unbekümmert um die schweren Gefahren, die damit über das unglückliche mecklenburger Land heraufbeschworen wurden.

Sie begnügte sich aber nicht allein mit Bittschreiben. Zur Beförderung und Vertretung ihrer Forderungen sandte sie Ende 1638 einen gewissen Zacharias Quetz nach Wien, der nachher auch auf dem Regensburger Reichstage für sie tätig war.

Es ist undenkbar, daß die Herzogin alle die aus Gesandtschaften, so auch wieder aus dieser neuen, entstehenden Kosten; den ganzen Aufwand für die nötigen Geschenke und das damals unerläßliche, häufige "Spendieren" aus eigenen Mitteln oder eigenem Kredit hat leisten können. Man wird wohl annehmen müssen, daß auch der fürstlich anhaltische Schatz für den guten kalvinischen


(  ...  ) belehnung haben. "Wenn ich aber täglich sehe und erfahre, daß Fürsten und Stände des Reiches, welche auch ihre Regalia vor diesem gesucht, noch wirklich nicht belehnet worden, fast täglich einkommen, die Lehen nach dem Instr. Pacis innerhalb Jahr und Tag von dem Schluß an zu rechnen, requiriren, teils die wirkliche Investitur, teils Indulta bis auf künftigen Reichstag suchen, so halte ich für notwendig, daß dergleichen auch von E. f. Gn. geschehe. -" Vien.
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Zweck mit angegriffen wurde. Jedenfalls haben Adolf Friedrich bei weitem nicht ähnliche Geldmittel zur Verfügung gestanden, obgleich auch er "tapfer spendiert" hat. 1 ) Dafür hatte er als unschätzbaren Vorteil das Land, und zwar beide Mecklenburg auf seiner Seite. Noch einmal, am 24. Januar 1639, verwendete sich der lutherische Kurfürst von Sachsen 2 ) für den Herzog beim Kaiser. Er wies darauf hin, daß Ferdinand die Absicht gehabt habe, die Kurfürsten zu Rate zu ziehen, und indem er bat, diese Absicht auszuführen, warnte er dringend, den Herzog ungehört zu verurteilen, damit er nicht gerechten Grund habe, sich wegen Rechtsverweigerung mit Fug zu beschweren. Zum mindesten sei jener bis zu erfolgtem Urteil der Kurfürsten in dem Besitze von Vormundschaft und Regentschaft zu belassen. Auch Christian IV. von Dänemark, der schon im vorhergehenden Jahre an den Kaiser das Ersuchen gerichtet hatte, den Herzog im Besitze zu lassen oder wenigstens bis zur Entscheidung des Kurfürstenkollegiums, von allen strengen Mandaten abzusehen, wiederholte jetzt, im Januar 1639, seine Fürsprache. Nur daß sie, weil ihm keine Antwort geworden war, viel schroffer ausfiel. Man müsse annehmen, so schrieb er, daß es in diesen schweren Kriegszeiten mehr im Interesse Ferdinands liege, Fürsten und Stände des römischen Reiches in Treue und Gehorsam zu erhalten, als sie durch allzu schleunige, ungerechte Prozesse zu erbittern. Der Kaiser sei aber dem Herzog Adolf Friedrich, einem vornehmen Stand und Mitglied des Reiches, mit herben Exekutionsmandaten über den Hals gekommen und habe ihm nicht einmal Abschriften von den Eingaben der Gegenpartei mitgeteilt. Wenn man aber einem Angeschuldigten die Forderung auf Mitteilung der Anklage versage, so zerstöre man damit die ganze Justiz samt allen Gesetzen, Reichsabschieden und Konstitutionen! Noch schlimmer aber sei es, daß man gegen einen nicht Vorgeladenen und nicht Verhörten vor dem Entscheide des Kurfürstenkollegiums und auf einseitigen Bericht des Klägers hin einen Urteilsspruch erlassen habe. Er gebe dem Bedenken des Kaisers anheim, welches Mißtrauen, was für "weitläufiges Nachdenken" derartige Maßnahmen bei den übrigen Ständen erwecken könnten. Christian IV. forderte endlich noch einmal, alles


1) . B. erhielten Dr. O. Melander von Schwarzenthal und Dr. J. Gebhard, Reichshofräte, und der Reichshofratspräsident jeder noch bei Lebzeiten von Rohr's 300 Reichstaler, blieben dem Herzoge aber doch zuwider. Pistorius an Adolf Friedrich 1./11. Januar 1640. Vien.
2) Johann Georg an den Grafen von Trautmannsdorf, den 24. Jan. 1639. Vien.
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auf das Gutachten des Kurkollegiums ankommen zu lassen und bis dahin nichts zu unternehmen. Er forderte dies, so betont er nachdrücklich, nicht nur für sich, "sondern für alle übrigen hohen Anverwandten des mecklenburgischen Hauses."

Christian IV. spielte hier mit die Macht der Nation, der er feindlich wie keiner andern gesinnt war, deren damalige gebietende Stellung an der Ostsee ihn stets mit Neid erfüllt hatte, deren Zurückdrängung, ja Unterwerfung sein Lieblingsplan blieb, 1 ) - er spielte die Macht Schwedens dem Kaiser gegenüber aus und legte sie in eine Wagschale mit der seinigen. 2 )

Aber wenn er glaubte, die beabsichtigte Einschüchterung zu erreichen, so irrte er sich, denn man hatte nach der Kriegslage jener Jahre keinen Grund in Wien sich vor den Schweden zu fürchten.

Den gesteigerten Bemühungen der Herzogin=Witwe und ihrer Leute gelang es zunächst, wenigstens einen Teil ihrer Forderungen durchzusetzen. Ein kaiserliches Mandat vom 7. Mai 1639 erteilte dem Herzog August von Braunschweig=Lüneburg den Auftrag, Adolf Friedrich noch einmal zum Gehorsam zu mahnen. Dem Mandat war das unter demselben Datum ausgefertigte Endurteil in der mecklenburgischen Streitsache beigefügt, das der Herzog, wenn sein Mahnen fruchtlos bleiben sollte, sogleich zu überreichen hatte. Danach sollte er das fürstliche Mündel abfordern und an seinem Hofe erziehen lassen. Da Herzog August lutherisch war, so nahm man Adolf Friedrich den Hauptgrund, den er für seine Forderung der Vormundschaft immer vorgebracht hatte, denselben Grund, der Ritter= und Landschaft auf seine Seite getrieben hatte. Ferdinand III. wies zunächst die Einwendungen, die der Schweriner Herzog am 26. November 1638 gegen das Testament erhoben hatte, 3 ) zurück und erkannte sodann den Inhalt des Testamentes Johann Albrechts II. in der Hauptsache an. Die Witwe wurde also Vormünderin


1) Vgl. Schäfer, Gesch. Dänemarks, Band V.
2) Neben kleinen Fürstenhäusern, die an dieser Stelle nicht in Betracht kommen können, war Schweden nah mit dem mecklenburgischen Hause verwandt. König Gustav I. jüngste Tochter Elisabeth war mit Herzog Christoph von Mecklenburg vermählt. Die einzige Tochter aus dieser Ehe, Margarethe Elisabeth, die also mit König Gustav Adolf Geschwisterkind war wurde die erste Gemahlin Johann Albrecht II. von Mecklenburg. Von ihr stammt jene Christ. Margarethe, die Herzog Franz Albrecht von Sachsen heiratete, während, wie mehrfach erwähnt, des Prinzen Gustav Adolf leibliche Mutter Eleonore Maria war!
3) Vgl. p. 66.
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ihres jungen Sohnes und Regentin von Mecklenburg=Güstrow. Die Mitvormundschaft aber fiel, da Wilhelm von Hessen in zwischen gestorben war, dem Fürsten Ludwig von Anhalt und dem Kurfürsten von Brandenburg zu, obwohl letzterer sie abgelehnt hatte. Die Erziehung des jungen Herzogs sollte in die Hände Augusts von Braunschweig, des Stiefschwiegersohnes der Herzogin gelegt werden. So war es wirklich dahin gekommen, daß der Kaiser einen Reichsfürsten, ohne ihn gehört und ohne die Entscheidung der Kurfürsten hinzugezogen zu haben, verurteilt und dadurch "incognita causa" seiner Ansprüche auf die Vormundschaft und Regentschaft in Güstrow für verlustig erklärt hatte.

Das hatte Adolf Friedrich bis zum letzten Moment nicht erwartet. Er war aufs tiefste ergrimmt, und die meisten seiner Standesgenossen teilten seine Gefühle. Aber nicht nur, daß der kaiserliche Hof die dem Fürsten gebührende Rücksicht aus dem Auge gelassen hatte, das Recht des Einzelnen überhaupt schien mit Füßen getreten worden zu sein. Voll Erbitterung schrieb der Herzog am 15. Oktober 1639 an seinen Agenten, daß er geringer als der geringste Bauersmann seines Landes behandelt worden sei, welchen er vermöge aller Völkerrechte und der natürlichen Billigkeit so lange bei seinem Besitze schütze, bis sein Gegenteil ein besser Recht erweise.

Am 10. Oktober 1639 erhielt Eleonore Maria das von Adolf Friedrich so langersehnte kaiserliche Tutorium, die Bestätigung ihrer Vormundschaft und Regentschaft. 1 ) Demgemäß ergingen auch im Beginn des Oktober von Wien die Befehle an alle Beamten des Güstrower Landesteiles, an die Stadt Rostock und an die Schweriner Regierungsräte in Güstrow, nicht länger Befehle von Adolf Friedrich anzunehmen und alle Akten auszuliefern. Zugleich wurde am 4. Oktober an Herzog Adolf Friedrich ein Exekutorialmandat abgesandt, das ihm gebot, bei kaiserlicher Ungnade und Strafe von tausend Mark lötigen Goldes binnen sechs Wochen Gehorsam zu leisten.

Adolf Friedrich war im Urteil das Recht der Berufung zugestanden worden. Es war selbstverständlich, daß er davon Gebrauch machte. Aber weniger als je dachte der Erzürnte daran, in der Zwischenzeit dem kaiserlichen Mandate zu gehorchen Er drückt das bezeichnend so aus: "Bis dahin müssen wir's Gott und der Zeit befehlen."


1) Inf. F. et J.
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Am 30. August 1639, als die Wogen der ersten Erregung sich wohl etwas gelegt hatten, trug er die Sache einem allgemeinen mecklenburgischen Landtage vor. Er erhielt hier den Rat, den Versuch eines gütlichen Vergleiches zu machen, und Adolf Friedrich hat eingewilligt. Das macht der Überlegung dieses sanguinischen Charakters alle Ehre. Er war imstande, trotz seiner Empörung einen Weg, der ihm nach den letzten Ereignissen der widerlichste sein mußte, zu betreten, weil er ihm politisch rätlich erschien und ihm im Augenblick Hoffnung gab, weiter zu kommen. Er glaubte dadurch die Exekution aufhalten zu können.

Die Witwe ging darauf ein, schob aber den Termin klug hinaus, bis das kaiserliche Mandat vom 4. Oktober, bei Ungnade und einer Strafe von 1000 Mark Goldes binnen sechs Wochen sich zu verantworten, zur Veröffentlichung gelangt war.

Der Vermittelungsversuch selbst zerschlug sich sehr bald, weil, wie vorauszusehen, beide Seiten schon in der Frage der Konfession und Erziehung des fürstlichen Mündels gleich wenig nachzugeben geneigt waren. Daß die Herzogin=Witwe aber vorschützte, sie könne sich wegen des kaiserlichen Urteils in keinen Vergleich einlassen, es sei ihr dies vom Wiener Hof aus widerraten worden, konnte die Kluft nur erweitern. Adolf Friedrich erfuhr sehr bald, daß derartiges weder vom Kaiser noch von seinen Räten jemals ausgesprochen worden war und daher von einem der Agenten Eleonorens erfunden und ausgestreut sein mußte. Der Reichshofratspräsident gab ausdrücklich zu verstehen, daß solche "üblen Reden" weder vom Kaiser noch von seinen Räten stammten, vielleicht habe es Zach. Quetz geschrieben. 1 ) Er fügte hinzu, sie seien auch niemals auf den Gedanken gekommen, die reformierte Religion in Mecklenburg einführen zu lassen. Nur deshalb, weil die Herzogin kalvinisch sei, könne man aber nicht von der Vollstreckung des Testamentes absehen. Überhaupt habe man den ganzen Handel gründlich satt und würde froh sein, wenn er sich beilegen lasse. Aber zu einer Urteilskassation und Restitution in integrum könne man sich nicht entschließen. Es bleibe daher nur das Mittel gütlichen Vergleichs, und nichts sähe man am Hofe lieber, als wenn ein solcher einträte! 2 )


1) Dieser tritt jetzt als treibende Kraft besonders hervor. Die Reichshofratsprotokolle vom 4. und 13. Oktober 1639 in A. T. vol. IX A Fasc. 3a vol. II, pars II Nr. 56 und 61.
2) Pistorius an den Herzog, Wien, den 19./29. Februar 1640 Vien.
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Man sieht, die Stimmung am Wiener Hofe war schon anders geworden, und Eleonorens beste Tage waren gerade in dem Augenblick vorüber, wo sie glaubte, ihr Ziel erreicht zu haben. Aber dies kam ihr damals nicht zum Bewußtsein, da sie die tatsächliche Herrschaft im Lande immer mehr in ihre Hände zu bekommen schien. Schon 1638 hatte der Eifer dieser Frau nicht gescheut, während sie in Wien alle Hebel in Bewegung setzte, durch eine eigene Gesandschaft die schwedische Regierung um Unterstützung ihrer Ansprüche zu ersuchen. Sie wurde hier kurz und scharf mit dem Bescheide abgewiesen, das Testament sei ohne Vorwissen und Billigung der Krone Schwedens entstanden und mit kaiserlicher Hülfe zur Vollstreckung gelangt. Daher habe Schweden mit ihm nichts zu tun.

Merkwürdig ist aber, daß Eleonore Maria trotz dieser deutlichen Ablehnung der schwedischen Regierung seit dieser Zeit und teilweise schon vorher die dauernde Hülfe schwedischer Truppen, schwedischer Offiziere, ja Baners selbst gefunden hat. Schon vor der Austreibung der Schweriner Regimentsräte, im Beginn des Jahres 1639, hatte der Kommandant von Wismar in Güstrow durch Offiziere Baners alle mecklenburgischen Besatzungstruppen abgeschafft, eine für Adolf Friedrich empfindliche Maßregel, weil ihm dadurch die Möglichkeit, in Güstrower Verhältnisse einzugreifen, genommen war. Von diesem Augenblicke an war Eleonorens Herrschaft gesichert gewesen. Dem Kalvinismus war Vorschub geleistet worden. Ja, die Herzogin=Witwe und Franz Albrecht von Sachsen hatten ungestört in Güstrow eine neue Leibkompagnie aufgestellt. Stolz rühmte sich Franz Albrecht, von dem Pistorius sagt, er pflege aus einer Mücke eine Elefanten zu machen, 1 ) er sei kaiserlicher Statthalter der Güstrower Lande, habe "Urteil und Sentenz" gegen den Schweriner Herzog in den Händen und die Exekution zu verrichten. Seine Stellung wurde weiter durch die Vermählung mit Christine Margaretha, der Stieftochter Eleonorens, am 11. Februar 1640 gefestigt. Und das alles geschah unter den Augen der Macht, die für die lutherische Sache wie kein anderer Staat unter ihrem großen Könige eingetreten zu sein, mit Recht behauptete, der Macht, die seit 1630 bis zum Frieden der erbittertste Gegner des Hauses Habsburg blieb!

Wenn es allein das schwedische Heer war, nicht die schwedische Regierung, die die kalvinistische Herzogin, den Schützling Habs=


1) Pistorius an Adolf Friedrich, 7./17. März 1638. Vien.
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burgs, stützte, so nimmt es nicht wunder, wenn Adolf Friedrich durch eine Enthüllung dieser sonderbaren Sachlage eine rasche Abänderung herbeiführen zu können hoffte. Als sein Gesandter Johann von Berg, über dessen Mission an anderer Stelle zu berichten ist, im Februar 1639 nach Schweden ging, wurde er auch beauftragt, 1 ) die schwedische Regierung über die Stellung ihrer Truppen zum Vormundschaftsstreit in Kenntnis zu setzen. Der Herzog konnte hoffen, auf diesem Wege Eleonore Marias Stellung zu erschüttern, zum wenigsten den Besitz Güstrows wieder zu erlangen.

Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Von Berg besorgte, als er in Jönköping zuerst mit der Reichsregierung in Berührung kam, sofort, daß man sich sehr ungern in die mecklenburgischen Händel einmenge, und der Beschluß der Regierung bewies ihm, daß diese Empfindung begründet gewesen war, indem sie die Frage der Vormundschaft mit Stillschweigen überging. Aber während der Audienzen, die dem Gesandten gewährt wurden, kam zuletzt doch auch die Güstrower Frage mehrfach zur Sprache, und da zeigte sich, daß die schwedischen Reichsräte ohne Ausnahme auf Adolf Friedrichs Seite standen. Sie hielten ihn für die Vormundschaft berechtigt, aber sie überließen es ihm, seine Sache selbst zu verfechten. Ausdrücklich erklärten sie, daß Schweden ihm nichts in den Weg legen werde, aber als von Berg ihnen gerade heraus sagte, daß man in Güstrow den Kaiser oder vielmehr den Reichshofrat als Richter und Schweden zur Vollstreckung des Urteils gebrauche, und die Frage an sie richtete, wie sich das zusammen reime, suchte man hinter verlegenen Ausflüchten Schutz.

Von Berg bat dringend um eine schriftliche Antwort, aber er mußte sich mit dem Gehörten begnügen.

Die Regierung wollte offenbar ihrem Feldherrn, dem sie so viel verdankte, mit der größten Vorsicht begegnen. Auch im Beginn des nächsten Jahres kam von Berg bei Gelegenheit einer zweiten Sendung nicht zum Ziele. Die schwedische Regierung gab wohl ihr großes Mißfallen an dem Verlaufe des mecklenburgischen Vormundschaftsstreites kund, wollte sich aber nach wie vor nicht einmischen. Nur gab sie die Vertröstung, sie lasse die Kalvinisten in Güstrow nicht aufkommen und könne Herzog Franz Albrecht nicht gestatten, daß er in Mecklenburg sich aufhalte, geschweige denn, daß er dort Grundbesitz erwerbe. Ja,


1) Adolf Friedrich an von Berg, 28. März 1639. Suec. Vol. IV.
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im geheimen teilte sie mit, sie wolle ihn beim Kopf nehmen und wie den Feldmarschall von Arnim 1 ) aufheben, da er Konspirationen mit dem Feinde habe und Schweden feindlich gesinnt sei. Auch muß damals an die schwedischen Befehlshaber die Aufforderung ergangen sein, in dem mecklenburgischen Streit nicht weiter Partei zu nehmen, sondern sich neutral zu verhalten, wie ein Schreiben an den Kommandanten in Wismar aus dem Jahre 1640 beweist. 2 ) Dem ist dann auch Folge geleistet worden, und im Sommer 1640 ist die Schweriner Regierung wieder in den Besitz des Güstrower Schlosses gelangt. 3 )

Adolf Friedrich hat gegen die kaiserliche Entscheidung am 1. November 1639 in einer Schrift Berufung eingelegt, die den Titel "Deductio Causalium oder Deductio Nullitatis" führt und im Januar 1640 dem Kaiser selbst übergeben wurde.

Sie legte noch einmal, weitläufig ins einzelne gehend, Ursache und Verlauf des ganzen Handels dar und gipfelte in der Zurückweisung aller bisherigen kaiserlichen Mandate, weil sie rechtswidrig seien. "Ja, es mag . . . sein, was es wolle, dadurch Sie, kaiserliche Majestät, gegen mich verleitet und hintergangen, so ist und bleibet doch immer wahr und unbeweglich, daß, weil darauf me inaudito et non servato juris ordine verfahren, alles, was darauf gegen mich angeordnet, von keinem Bestande sei . . ." 4 )

Der Vorsitzende des geheimen Rates, der Graf von Trautmannsdorf, versprach auf des Herzogs Bitte, dessen Sache zu vertreten, sobald sie an den geheimen Rat komme. Auf die Verhandlungen im Reichshofrate einzuwirken, erklärte er sich außerstande. 5 )

Im März 1640 sandte Adolf Friedrich Dr. Abraham Kaiser, den nachherigen mecklenburgischen Gesandten auf dem westfälischen Friedenskongresse, zu dem Kurfürstentage, der nach Nürnberg berufen worden war. Hier ließ er seine Sache mit Nachdruck führen. Auch seine Bundesgenossen rührten sich tatkräftig für


1) Johann Georg von Arnim, geb. 1583 in Boitzenburg, nacheinander in schwedischen, polnischen, kaiserlichen und sächsischen Diensten, wurde 1637 auf seinem Schloß Boitzenburg aufgehoben und nach Stockholm in Haft gebracht, entfloh 1638, gestorben 1641 in Dresden. Vgl. Dr. G. Irmer, Hans Georg von Arnim. Leipzig 1894. Bes. Beziehungen zu Adolf Friedrich. p. 334 ff. und P. 343.
2) v. Bergs 2. Relation, Stockholm, d.29. August 1640. Suec. Vol. IV.
3) Inf. F. et J. p. 158.
4) Ded. Caus. Punkt 17. A. T. Vol. VII Fasc. I.
5) Schreiben vom 2. Nov. 1639. Vien.
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ihn. Von Christian IV. von Dänemark wissen wir, daß er noch am 14. April sich beim Kaiser wie beim Kurfürstenkollegium für den Herzog aufs wärmste verwandte.

Und endlich winkte ihm der Erfolg. Das Kurfürstenkollegium sprach sich nach Prüfung der Ansprüche beider Parteien für den Herzog aus und richtete an den Kaiser ein Schreiben zu seinen Gunsten.

Inzwischen hatte der Kurfürstentag in Nürnberg im Februar 1640 vom Kaiser die Berufung eines Reichstages gefordert, der dann noch im selben Jahre in Regensburg zusammentrat. Von Adolf Friedrich und dem Lande wurden der Kanzler Cothmann und ein Herr von Behr dorthin gesandt. Aber vergebens suchen wir diese im Theatrum Europaeum in der Liste zu der bekannten Abbildung der Session vom 3./13. September 1640. Wohl findet sich der Anhalter Gesandte Dr. Milagius und Zach. Quetz, die beide das Interesse Eleonorens vertraten, unter den Gesandten. 1 ) Auch hier wieder war die Witwe schneller gewesen, da sie nicht wie ihr Schwager Verhandlungen mit den Landständen zu führen hatte, um Geld bewilligt zu erhalten.

Quetz und Milagius taten übrigens bei Beginn des Reichstages im Interesse der Witwe einen Schritt, der zum Schaden Mecklenburgs gereicht und Verwirrung angerichtet hat.

Als sie mit ihrer Vollmacht und Legitimation etwas spät angekommen waren, hatten die vier Fürstenhäuser Baden, Württemberg, Hessen und Pommern 2 ) sich betreffs der Reihen=


1) Vgl. Bild und Namensliste bei Winter, G., Geschichte des dreißigjährigen Krieges. Berlin 1893. [Oncken, Allgemeine Gesch. in Einzeldarstellungen.]
2) Wer vertrat Pommern auf diesem Reichstage, nachdem seit 1637 der letzte Stammesherzog verstorben war und Schweden wie Brandenburg Ansprüche erhoben? Wir wissen, daß auf dem späteren allgemeinen Friedenskongreß die pommerschen Landstände selbst zwei Bevollmächtigte in Osnabrück hatten (Dr. Fr. Runge und Markus von Eickstedt), die eifrig in Tätigkeit gewesen sind. Vgl. M. Wehrmann, Gesch. von Pommern, II. Bd., Gotha 1906 p. 137 ff. [Allgemeine Staatengeschichte, III. Abteilung, deutsche Landesgeschichten: V. Werk.] - 1640/1, während der Verhandlungen in Regensburg, finden sich unter den anwesenden Ständen zwei Pommern vertreten, P.=Stettin und P.=Wolgast, gemäß alter Gliederung. Vgl. Londorp, Acta Publ. IV, 866 bei Gelegenheit der ersten Sitzung u. ff. Wer vertrat sie? Weder Odhner a. a. O., Wehrmann a. a. O., O. Melmström, Bidrag till svenska Pommerns historia 1630-1653, Diff. Lund 1892, noch die sonst zitierte und herangezogene Literatur bringt Aufschluß darüber. Einen Hinweis, der allerdings Bestätigung verlangt, gibt nur Albert Georg Schwartz, Versuch einer
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folge in Sitz und Stimme bereits auf eine gewisse Alternation geeinigt. Um nun nicht rückständig zu bleiben und zugleich, auf bequeme Weise den sich verspätenden Schweriner Rivalen den Rang abzulaufen, scheute Quetz sich nicht, am 11. und 12. September 1640 vor der zweiten Sitzung, als sei er für ganz Mecklenburg bevollmächtigt, mit Pommern, Württemberg, Hessen und Baden wegen der Session einen Vergleich einzugehen, der, allerdings ausdrücklich nur für diesen Reichstag gemeint, folgende Alternation der fünf Häuser einführte:

1.   Pommern,     Württemberg,    Hessen,    Baden,    Mecklenburg.
2.   W. B. M. H. P.
3.   M. W. P. H. B.
4.   P. W. M. B. H.
5.   W. H. B. M. P. 1 )

In der dreizehnten Sitzung am 1./11. Oktober 1640 protestierten die Gesandten Adolf Friedrichs, Kanzler Cothmann und Landrat Kurt Behr, die vierzehn Tage vorher eingetroffen waren, feierlich gegen eine Neuerung, die ohne Vorwissen Adolf Friedrichs geschehen und, da er Vormund für Mecklenburg=Güstrow sei, auch für diesen Landesteil keine Gültigkeit haben könne.


(  ...  ) Pommersch= und Rügiauischen Lehn=Historie, Greiffswald 1740, wo es unter dem Jahre 1640, pp. 1057/8, heißt: "Man war schwedischerseits bedacht, sich das Herzogtum Pommern und dessen zubehörige Lande sonst zu versichern . . . . Es räumte zwar der Kaiser den brandenburgischen Gesandten auf dem Regensburger Reichstage 1640 Sitz und Stimme wegen Pommern ein. Aber das konnte, bei gegenwärtiger der Sachen Bewandtnis, nicht entscheiden, wer Pommern haben oder behalten sollte." Schwartz beruft sich auf die ältere Arbeit von E. S. Schurtzfleisch, Origines Pommeranic., Wittenberg 1673, die in not. b zum § 9 ausführt: "A. 1641 Fridericum Wilhelmum Patris in septemviratu et Pomerania successorem, legatos ad comitia dimisisse, qui respectu ducatus Pomeraniae, Stettinensis et Wolgastensis, ratione quorum A. 1551 Duces ipsi pacti sunt mutuam successionem, sedendi suffragandique dignitatem habuerunt." - Nimmt man aber zu diesen Äußerungen, daß unter den Unterfertigten im Reichsabschiede 1641 für Pommern lediglich angegeben ist: "Vor wegen . . . . Friedrich Wilhelms . . . . als Herzogen in Pommern . . . . wegen Pommern=Stettin Urban Kaspar von Freilitsch, wegen Pommern=Wolgast Matthaeus Wesenbecius" (vgl. Neue . . . Sammlung der Reichsabschiede, Frankfurt a.M. bei E. Koch 1747, III 569) daß also zwei bekannte Brandenburger Beamte, die Gesandten des Kurfürsten hier als Vertreter beider Pommern sich finden, so ist das sich ergebende Resultat kaum noch zu bezweifeln. Schweden ist nachweislich nicht auf diesem Reichstage gewesen, und von Gesandten der pommerschen Landstände dort keine Spur. So. bleibt nur Brandenburg, und die übereinstimmenden Nachrichten bestätigen dies.
1) Londorp, Acta Publica, IV, 874, V. 724/25.
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Mecklenburg hatte seit alters die Oberstelle vor jenen vier Fürstenhäusern inne, 1 ) und die Schweriner Gesandten erhielten Befehl, den Reichstagsberatungen nicht eher beizuwohnen, als bis Quetz entfernt worden sei. Da dies nicht geschah und auch die vier alternierenden Häuser auf den Protest Mecklenburg=Schwerins nicht eingingen, so haben Behr und Cothmann an diesem Reichstage wohl überhaupt nicht teilgenommen. 2 ) Der hier entstandene Sessionsstreit aber spielte noch 1645 in Osnabrück eine traurige und für den schleppenden Gang der Friedensverhandlungen bezeichnende Rolle.

Es wirft einen Schatten auf die Anhalterin, daß sie neben diesen öffentlichen Bemühungen, die ihr keiner verdenken wird, auch Wege einzuschlagen suchte, die von Verleumdung und Doppelzüngigkeit nicht weit entfernt waren. Während sie Adolf Friedrich öffentlich beim Kaiser wegen vertraulicher und gefährlicher Korrenspondenz und Freundschaft mit Schweden anklagte, 3 ) soll sie durch ihre Leute und durch Gesandten der Generalstaaten ihn in Stockholm "einer sehr gefährlichen Correspondence und der Krone Schweden nachteiliger Consiliorum mit dem Kaiser und dem Könige von Dänemark" beschuldigt haben. 4 ) Aber jetzt nützte ihr weder großer Eifer noch Intrigue mehr. Der Bogen war überspannt worden und gesprungen, und mit jedem Augenblicke gewann der Schweriner Herzog in dem Streit um die Vormundschaft auch außerhalb der Landesgrenze an Boden. Wie die Dinge lagen, konnte der Kaiser es nicht gut auf einen Bruch mit den Kurfürsten ankommen lassen. Dazu war auch der ganze Handel nicht angetan. Im Januar 1641 setzte er in Regensburg eine Kommission mit der Aufgabe ein, den


1) Adolf Friedrich an v. Berg, 6./16. November 1640. Suec. IV. Vgl. Prodromus künftiger Refut. § 35 ff. (Hier finden sich Angaben über Mecklenburgs Stellung auf früheren Reichstagen.)
2) Vgl. Londorp, Acta Publ., Tom. IV und V, a. a. O. und IV, 914 ff. Die Schweriner Gesandten sind hier nach dem 11. Oktober in keiner Sitzung wiederzufinden, und so wird D. Franck wohl recht haben, wenn er (a. a. O. p. 245) berichtet, die Schweriner Gesandten hätten nicht stimmen, auch nicht den Reichsabschied unterschreiben wollen, weil sie mit den alternierenden Häusern, besonders mit Württemberg in Streit geraten seien. In den von ihm dafür angezogenen Stellen der Acta Publica findet sich freilich von diesem allem nichts. Vgl. auch de Beehr a. a. O. p. 1368 ff.
3) In der letzten Klageschrift, auf die sie noch ein kaiserliches Mandat vom 20. August 1640 aus Regensburg gegen den Herzog erreichte.
4) Adolf Friedrich an von Berg, 6. November 1640. Suec.
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Vormundschaftsstreit gütlich zu begleichen. Die Kommission, die aus Juristen bestand, unter denen sich der Reichshofratspräsident Freiherr von der Recke und der Vizereichskanzler Dr. Graf Kurtz befanden, hatte die Vollmacht, die Gesandten beider Parteien vor sich zu fordern, und sie, wenn möglich, zu versöhnen. 1 )

Sie stieß auf Schwierigkeiten, denn beide Parteien suchten jetzt ihr Recht in langatmigen Druckschriften zu erhärten. Eleonore in der Informatio Facti et Juris, der Schweriner Herzog im Prodromus und der Refutatio. Diese Druckschriften gingen auch den Kurfürsten zu. Nach genommener Einsicht entschieden diese in einem dem Kaiser eingereichten Gutachten vom Anfang des Jahres 1642 dahin, daß die Eingaben der Herzogin=Witwe unbegründet und Adolf Friedrich in der Vormund= und Regentschaft zu schützen und zu erhalten sei, bis ein gütlicher Ausgleich oder rechtlicher Austrag erfolge.

Damit waren alle bisherigen Handlungen des Herzogs gerechtfertigt. Nicht lange darauf kam Franz Albrecht bei einer Kriegsexpedition in Schlesien ums Leben, und damit schwand die Seele der Opposition. So lange er lebte, hatte Quetz auf seinen Befehl sich jedem Gedanken eines gütlichen Ausgleichs eifrig widersetzt. Auf das kurfürstliche Gutachten entschloß sich Ferdinand III., dem Könige von Dänemark, dem Kurfürsten von Brandenburg und dem Herzog Friedrich von Holstein aufzutragen, nochmals eine Aussöhnung zwischen Adolf Friedrich und seiner Schwägerin zu versuchen. Die Erteilung dieses Auftrags zog sich bis Januar 1643 hin, da für den Fall, daß der Ausgleich fehlschlüge, alle Akten beider Parteien zur gegenseitigen rechtlichen Auswechselung im Reichshofrate noch einmal zusammengeschrieben werden mußten. Außerdem fehlte es wieder am Gelde; die Schreibgebühren beliefen sich auf über 130 fl.; Adolf Friedrich sandte kein Geld; Pistorius mußte schließlich das Geld auslegen. Endlich am 2./12. August 1643 sandte Pistorius den Auftrag und die Prozeßakten nach Schwerin. Noch während des Jahres 1642 hatten, nach Franck, auf Adolf Friedrichs Ersuchen hin auch die mecklenburgischen Landräte und die Gesandten der Seestädte die Herzogin=Witwe zum gütlichen Vergleich zu bewegen gesucht. Sie hatten ihr vorgestellt, wie sehr die Residenz Güstrow darunter zu leiden habe, daß dort kein Fürst residiere. Schon damit Gustav Adolf in Güstrow weiter erzogen werden könne, müsse sie die Residenz räumen.


1) Vgl. Prodr. u. Ref. Beilage Nr.
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Als sie nun auch zu ihrem Schmerz sehen mußte, wie der Kaiser, der bisher ihre ganze Hoffnung gewesen war, seine Meinung änderte, brach wohl allmählich die Widerstandskraft dieser tatkräftigen Frau. Sie entschloß sich, Güstrow dem Gegner zu überlassen. Am 3. Juli 1644 konnte der Rat der Stadt Güstrow dem Herzoge Adolf Friedrich berichten, "daß die fürstliche Frau Wittibe sich gänzlich nach I. f. Gn. Wittiben=thuembs Ampt Strelitz begeben," und zwar in dem Augenblicke, als gerade der dänisch=schwedische Konflikt ausbrach, der den Streit von neuem anzufachen geeignet war.

Der Schweriner hatte gesiegt. Man würde fehlgehen, wollte man annehmen, daß nur persönliche Motive diesen Mann bewogen haben, seinen Willen so hartnäckig durchzusetzen.

 


 

Anhang I.

Der schwedische Gesandte in Hamburg Johann Adler Salvius an Herzog Adolf Friedrich I. von Mecklenburg=Schwerin, (Originale im Großherzoglichen Geheimen und Hauptarchiv zu Schwerin unter A. F.) Vgl. oben p 47.

1.                                                           Hamburg, den 2./12. Dezember 1637.

Durchlauchtigster . . . .

Nachdem Euer fürstlichen Gnaden Trompeter weg war, fiel mir ein, Euer fürstlichen Gnaden etwas näher zu advisieren, daß ich bin nicht allein mit Herrn Bielke in einer Commission zusammen, sondern habe noch eine ganz vollkommene, untadelhafte Vollmacht auf mich allein gerichtet, da der kaiserlichen Majestät gefiele, jemanden herabzuschicken, den Frieden ohne Weitläufigkeiten oder solemniteten zu schließen. Sollte nun der Herr Graf Kurtz bald an Euer fürstlichen Gnaden kommen, und Sie vernehmen würden, daß er raisonnable und annehmliche conditiones mitbrächte, benebenst einer untadelhaften Vollmacht vom Kaiser, bitte ich untertänigst mir solches eilends wissen zu lassen. Es ist aber hoch nötig, daß alles sehr geheim gehalten werde noch zur Zeiten. Denn sein Abzug von Wien ist schon in Frankreich, Holland, England kund worden, und werden selbige Könige und Staaten sich mächtig befleißigen, zu hindern, daß Schweden nicht absonderlich schließe. Maßen dann der französische Ambassadeur allhier

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mir schon sieben Tonnen Goldes offeriert, nur daß ich die Ratifikation ausliefern möge. Die Englischen erbieten sich auch auf ein ehrliches mit mir zu schließen . . . . Derowegen stehet nun alles darauf, daß Graf Kurtz bald komme, aber gute conditiones bringe. Sonsten wissen Euer fürstlichen Gnaden gnädigst wohl, daß das Geld ist unsern Armeen sehr lieb und nötig, und ich möchte deswegen bald Ordre kriegen, mit der Extradierung fortzufahren. Schweden kann die continuation des Krieges so gar hoch nicht schaden, als dem lieben Deutschland, bevorab anjetzo dem sächsischen Kreise! Derowegen solche momenta temporis hoch zu beobachten. Dieses aber alles deponiere ich so offenherzlich in sinum Euer fürstlichen Gnaden, bitte es secretissime zu halten.

 

2.                                                           Hamburg, den 29. Dez. 37/8. Jan. 38.

Durchlauchtigster . . . .

Euer fürstlichen Gnaden gnädiges Schreiben vom 23. Dezember habe ich den 28. dito spät zu recht erhalten und daraus mit mehrerem verstanden, daß Euer fürstlichen Gnaden Geheimeräte ins kaiserliche Lager an den Herrn Vizereichskanzler Graf Kurtz das bewußte geheime negotium zu fördern, abgefertigt, von deren Verrichtung Sie mir dann unverzügliche vertrauliche communication gnädigst verheißen, begehrende, daß ich inmittelst rem integram allhier behalten wolle, in guter Hoffnung, Gott werde Gnade und Segen zu einer allerseits gewünschten perfection verleihen. Zur untertänigsten Antwort dürfen Euer fürstlichen Gnaden ganz nicht zweifeln, daß die königliche Majestät und Krone Schweden zum rechtschaffenden Frieden wohl geneigt, inmaßen Sie denselben zu erlangen keine einzige occasion bishero aus den Händen gehen lassen. Sie stehen aber an ihrem Ort in großem Zweifel, ob auch dem Gegenteil ein gleichmäßiger Ernst dabei sei, weil er so gar langsam mit seiner Resolution einkommt und haben Euer fürstlichen Gnaden aus der eingeschlossenen kaiserlichen Erklärung vor Württemberg hochvernünftig abzunehmen, was Hoffnung von der Universalamnestie (so doch der prinzipalste Punkt im Frieden) übrig sein muß. Bishero habe ich noch alles allhier in integro behalten, ohnangesehen Frankreich und England durch ihre hiesigen Gesandten gleichsam täglich sehr hart das contrarium getrieben. Besorge aber sehr, dafern der Herr Graf Kurtz sich nicht bald mit genüglichen Conditionen herauslasset, daß ich es nicht länger werde halten können. Sage derowegen Euer fürstlichen Gnaden untertänig hohen Dank, daß Sie mir seine Erklärung gnädigst

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zusagen, bitte, daß solches so schnell wie möglich geschehen möge, damit ich daraus sehen könne, ob er auch zu solchem Friedenstraktat wie sich's gebühret, bevollmächtiget, und wie weit er in den Conditionen zu gehen ermächtigt, wonach die Resolutionen auch dieserseits alsdann gefasset werden müssen. Vorhin habe Euer fürstlichen Gnaden ich ratione loci an Lübeck gedacht, könnte es aber zu Hamburg sein, wäre es so viel besser und bequemer. Denn hier hat man beiderseits das Postwesen an der Hand, welches zur Förderung der Traktaten, da etwas hin und her zu referieren nötig, sehr dienlich ist. Ein E. Rat dieser Stadt hat auch schon ein logiment vor hochwohlgedachten Graf Kurtz bestellet, und da Euer fürstlichen Gnaden geruheten, jemand der Ihrigen dabei zu haben, könnte das ganze Werk so viel geschwinder durchgearbeitet und nächst göttlichem Beistande in der Stille abgehandelt werden. Wozu . . . .

 


 

Anhang II.

Der mecklenburgische Geheimsekretär zur Nedden berichtet über den Erfolg einer Gesandtschaftsreise nach Hamburg zu Salvius im Frühjahr 1638 an den Herzog Adolf Friedrich in der Relation vom 18./28. Mai 1638. (Original im Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archiv zu Schwerin unter A. F.) Vgl. oben p. 58.

Die folgende Stelle aus derselben bringt Äußerungen des Legaten, die, übertrieben oder nicht, die Stellung Mecklenburgs und des Schweriner Herzogs zum damaligen Kaiserhofe treffend kennzeichnen. "Er (Salvius) wolle nicht sagen, wie gefährliche consilia gegen Euer fürstlichen Gnaden selbsten vorgingen, des Stifts Bützow wären Sie nicht gesichert und würde es in kurzem eingezogen werden, die Komturei Mirow sollte auch in kurzem dem Grafen von Schwarzenberg eingeräumt werden. Die Lehen hätten Euer fürstlichen Gnaden noch nicht empfangen und sollten auch Euer fürstlichen Gnaden nicht belehnet werden, es seien denn allerhand höchst präjudicierliche Sachen versprochen.

In der Vormundschaftssache hätten Ihre fürstlichen Gnaden dem Kaiser einen Schimpf und Ungehorsam in nicht Abfolgung des Pupilli, wie am kaiserlichen Hofe vorgegeben würde, erwiesen; solche contumacia müßte mit Ernst gestraft und der Güstrowsche

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Teil von Ihrer kaiserlichen Majestät und deren Ministris selbsten administrieret, auch der fürstliche Pupillus von Ihro educieret werden. Die Elbzolle könnten und sollten nicht restituieret werden, die beschehenen Vertröstungen wären nur lautere Aufzüge, und wenngleich die Restitution auf eine Zeitlang, wie doch nicht zu hoffen, erfolgete, so würden doch solche Assignationes darauf geschehen, daß Ihre fürstlichen Gnaden nichts davon zu genießen hätten, zumalen dieselbe und deren Intraden von etlichen hochmeritierten kaiserlichen Offizieren auf eine Zeitlang schon ausgeboten und erhalten wären. Andere Gefährlichkeiten mit vorhabender Occupation Euer fürstlichen Gnaden eigener Residenzen diesmal zu geschweigen. Welches alles nicht effectuieret würde, weil die Schweden in totum noch nicht gedämpfet und sie sich die Gedanken machen, daß Euer fürstlichen Gnaden denselben leicht wieder zutreten möchten, von denen Sie mehr guts als von ihnen empfangen; Euer fürstlichen Gnaden hätten an etlichen benachbarten Kurfürsten und Grafen nicht gar gute Freunde und sich wohl vorzusehen, denn es würde viel Böses gegen Sie am kaiserlichen Hofe durch dieselben prakticieret . . .

. . Das Stift Bützow sei den Herzogen zu Sachsen zugesagt, wenn sie die Capitularen contentieren. Die Belehnung wird daher diffikultieret, weil Ihre fürstlichen Gnaden kaiserlichen mandatis in der Vormundschaft nicht parieren und den Herzog von Braunschweig, der den Pupillum abholen sollen, schimpflich abgewiesen, und wäre sonsten Eure fürstlichen Gnaden am kaiserlichen Hofe in dem Praedicament, daß Sie kein devoter Fürst wären; Mirow sollte conte de Negro Monte eingeräumt werden" 1 ) . . . .

 

Vignette

1) Nach der gleichlautenden Äußerung oben wohl kein anderer als Graf Schwarzenberg!