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VIII.

Über das Haus in der Schwerin,
in welchem zuerst lutherischer Gottesdienst
gehalten ist.

Von

weiland Geh. Archivrat Dr. Lisch.


E s ist ein Gegenstand der Teilnahme für die Bewohner der Stadt Schwerin, die Lage des Predigthauses genau zu kennen, in welchem die Lutherlehre in der Stadt stark geworden ist, nachdem seit 1526 dem Prädikanten Martin Oberländer gestattet war, in der Vorstadt in der St. Georgen=Kapelle * ) und auf dem gegenüberliegenden Rosengarten (dem jetzigen alten Kirchhofe) lutherisch zu predigen. Die Forschung nach dem ersten festen Sitze des Luthertums in Schwerin, während der Dom mit dem Domkapitel bei seiner katholischen Verfassung gelassen ward, ist um so schwieriger gewesen, als dieselbe über drei Jahrhunderte umfaßt, und das Stadtarchiv fast ganz entblößt von alten Urkunden und Akten ist. Jedoch ist die viele Jahre hindurch fortgesetzte Forschung endlich gelungen, und ich will hier im voraus gleich die Stelle bezeichnen, wo das Haus gestanden hat, um die nachfolgende Geschichte des Hauses verständlicher zu machen.

Das Haus stand an der Salzstraße, wenn man von der Königstraße nach dem Kleinen Moor hinabgeht, unten rechts an der Ecke der Salzstraße und der jetzigen Ritterstraße, lag also der Baderstraße gegenüber: es ist das Haus, welches


*) In dem soeben abgerissenen Hause Nr. 1186, Rostockerstraße 30. (Grotefend.)
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nach der jetzigen Katasterbezeichnung die Nummer 772 (Salzstraße 2) führt.

Die älteren Nachrichten bewahrt das großherzogliche Geheime und Haupt=Archiv.

Eine Hauptquelle ist der kommissarische Bericht des wohl bewanderten Rats Andreas Mylius vom 4. August 1576, welcher sagt:

"Daß obgemeltes Haus Herzog Heinrich seliger auf eine wüste Stätte erbauen lassen und ist erstlich für einen Stall, darnach zur Zeit des angehenden Evangelii für eine Kapelle, darin * ) die erste evangelische Predigt in diesem Fürstentum geschehen, Kinder getauft und Sakrament gereichet, eine geraume Zeit gebraucht worden, wie denn Herzog Heinrich seliger Gedächtnis selbst hierin zur Kirche gezogen und einen sonderlichen Stand oder Stuhl darin gehabt, bis so lange daß man den evangelischen Gottesdienst in die Mönchenkirche verlegt, da ist gemeldetes Unterhaus zugeschlossen, der oberste Teil aber auf Bitte des Rats zu Schwerin Anno 1548 eine Zeitlang zur Schule gebraucht."

Hiermit stimmt auch der kundige Schweriner Schulrektor Bernhard Hederich überein, welcher in seiner 1598 gedruckten Schwerinschen Ehronik zum Jahre 1532 berichtet, daß der Herzog Heinrich

"fürs ander in der Stadt einen Stall, darin der Vogt . . . Henning Pentz seine Pferde gehabt, abbrechen und zur Kirchen und über dem Chor eine Schule zurichten lassen."

Ohne Zweifel war das Haus, welches früher auf dieser Stelle gestanden hatte, in dem großen Stadtbrande am 25. Juli 1531 abgebrannt, und die Stelle lag noch wüst, als der Herzog Heinrich sie, wahrscheinlich im Jahre 1532, mit dem Stall bebauen ließ, weil sich vielleicht kein anderer Baulustiger finden wollte. So kamen die Herzoge zum Besitze dieses Hauses.

Während dieser Zeit wird in einem alten Kopialbuche der Stadt 1539 ein Haus

"in der hundestraten tuschen hertogh Hinrikes orthuse unde Bussen Schnider"


*) Durch den geharnischten Prediger M. Egidius Faber.
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erwähnt. Von diesen Bezeichnungen wird weiter unten gehandelt werden.

Dieses Eckhaus an der Salzstraße ist nach des A. Mylius Bericht

"darnach aber Meister Jesten (Timme)zur Schmiede eingetan worden. Nach Absterben Herzogs Heinrich seliger Gedächtnis hat sich Meister Jost zu meinem gnädigen seligen Herrn (Herzog Johann Albrecht) die Zeit seines Lebens in Dienst begeben und im oberländischen Zuge Anno 1552 für einen Zeug= oder Wagenmeister gedient, bei s. f. G. seliger Gedächtnis bitthalten, daß ihm ostgemeldetes ganzes Haus erblich gegeben worden, vermöge s. f. G. seligen Verschreibung, welches er auch eine Zeit darauf besessen und bewohnt."

Hiermit stimmen auch die übrigen Archivakten überein. Am Michaelistage 1556 bestellte der Herzog Johann Albrecht den "Jost Timme" zu seinem "Schirrmeister" auf die Zeit seines Lebens und "gab" ihm dafür "das Eckhaus, so er bewohnte, zwischen Gregorius Markwardt und Bernd Fensin gelegen, erblich" und zur jährlichen Besoldung 40 Gulden, ein gewöhnliches Hofkleid, ein paar Stiefeln und für seine Person Kost auf dem Schlosse.

Nach Mylius Bericht zog Jost Timme aber noch bei Lebzeiten des Herzogs Johann Albrecht um das Jahr 1570 nach Schweden und hatte das Haus

"nach seinem Abzuge in Schweden seinem Sohne Melchior Timme, darin wohnend, hinterlassen, der es auch fast bei drei Jahren bewohnte."

Nachdem Jost Timme um das Jahr 1574 gestorben war, zog sein Sohn Melchior nach Rostock, jedoch mit der Hoffnung auf Anstellung in fürstlichen Diensten, und vermietete das Haus.

Hierauf berichtet A. Mylius, daß

"m. g. seliger Herr (Herzog Johann Albrecht) ungeachtet daß Meister Melchior solches Haus andern um gebührliche Heuer eingetan, nach gemeldeten Meisters Melchior Abreisen, es durch den Hausvogt zuschließen, hernachmals etwas darin bauen lassen"

und es endlich an andere verschenkt habe.

Darauf starb der Herzog Johann Albrecht am 12. Februar 1576.

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Im Sommer 1576 wandte sich Melchior Timme klagend an den Herzog Ulrich mit der Bitte, ihm das von dem Herzoge Johann Albrecht seinem verstorbenen Vater erblich geschenkte "Schmiedehaus binnen Schwerin", belegen zwischen Gregorius Markwardt und Berend Fentzen, zurückzugeben, und wiederholte diese Bitte, erhielt aber, nach eingefordertem Bericht der Kommissarien, am 7. September 1576 Abschlag, weil sein "Vater seiner Verpflichtung nach nicht in i. f. G. Dienst geblieben" sei.

Der Herzog Johann Albrecht hatte um das Jahr 1574 das Haus, nachdem er es wieder eingezogen hatte, in zwei Teile geteilt und nach Mylius Bericht

"den einen Teil (das Vorderhaus) dem Platenschläger eintun lassen, welcher es auch bis an seinen Tod bewohnet",

aber

"den andern Teil (das Hinterhaus) hatte der Uhrmacher Peter Jachenow eine Zeitlang besessen".

Es müssen also von jetzt an eine Zeitlang zwei verschiedene Häuser betrachtet werden.

Das Vorderhaus an der Ecke der Salzstraße hatte der Herzog Johann Albrecht um das Jahr 1574 nach A. Mylius Bericht dem "Platenschläger" eingetan; das Haus blieb also ein Schmiedehaus. Und hiermit stimmen auch die Inventarien im großherzoglichen Archive überein, welche zugleich eine Beschreibung des Hauses geben. In einem Inventarium von 1576 heißt es:

"Das Haus, darin der Platenschläger wohnt, hat 12 Gebinde und ist umher in Holz gemauert. Voran im Hause ist eine Schmiedesse. Darüber ist ein klein Gemach, darin 2 Fenster. Über demselben in die Quere über das Haus ist ein Gemach."

Der Raum der Schmiedesse ist damals also die ehemalige Kirche, das Quergemach darüber die ehemalige Schule.

In einem Inventarium der fürstlichen Häuser von 1592 heißt es:

"Das Haus, darin der Grobschmied Joachim Falkenhagen * ) wohnet, ist von 12 Gebinden."

Ein Inventarium der fürstlichen Häuser von 1610 nennt:

"In der Stadt eine Schmiede ist ein Gebäude von 10 Gebinden, in Holzwerk gemauert und mit einem


*) Nach dem großen Stadtbrande von 1651 hatte ein Grobschmied Hans Falkenhagen bis zum Jahre 1657 ein Haus an der Stadtmauer, welcher er mit einem Uhrmacher bewohnte.
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" 'Wipdache', liegt auf der Ecke der Salzstraße, ist baufällig."

Nach dem alten Schweriner Stadtbuche besaß im Jahre 1644 das Vorderhaus Lübbert Zander; denn am 26. November 1644 "verkaufte Lübbert Zander an Nikolaus Lamberg sein in der Salzstraße bei Peter Möller und gegen Andreas Thielen über auf der Ecke belegenes Haus."

Der große Stadtbrand vom 18. Juli 1651 stellte den früheren Zustand wieder her, indem es die beiden zusammengehörenden Hausstätten wieder vereinigte.

Das Hinterhaus an der jetzigen Ritterstraße hatte nach A. Mylius Bericht der Herzog Johann Albrecht dem Uhrmacher Peter Jachenow gegeben. Dieser Uhrmacher war bei des Herzogs Liebe zur Wissenschaft und Kunst und bei dem Wirken des Mathematikers Tilemann Stella am Schweriner Hofe gewiß eine dem Herzoge willkommene Person. Peter Jachenow hatte "Bestallung" vom Hofe, war also Hofuhrmacher, und erhielt Hofgehalt und "Hofkleidung"; am 18. April 1572 quittierte er über die seit 1569 rückständigen Hofkleider. Im Jahre 1580 hatte er einen Garten auf der Schelfe gekauft (vgl. Jahrb. IX, S. 177, Note) und erhielt darüber im Jahre 1584 Konsens.

Der Kontrakt über dieses Haus ist noch vorhanden. Am 8. September 1574 verkaufte der Herzog Johann Albrecht

"dem Meister Peter Jachenow Seigermacher und dessen Erben Unser Haus zu Schwerin gelegen in der Hundestraße zwischen Heinrich Ebhard und Unserm andern Hause, das Orthaus (Eckhaus) oder die alte Schmiede genannt, für 200 Gulden."

Hier wird die Lage des Hinterhauses ziemlich genau bezeichnet. Es wird gesagt, daß das Haus an der Hundestraße gelegen habe, welche unter diesem Namen lange nicht mehr besteht und schwer zu finden gewesen ist. Die Hundestraße ist die Straße, welche jetzt Ritterstraße heißt und von der Schloßstraße in das Ende der Salzstraße, oder vom Regierungsgebäude gerade auf die Baderstraße in der Verlängerung führt. Die Hundestraße wird in einem alten Kopialbuche von 1481 wiederholt genannt. Im Jahre 1481 verschrieb der Bürger Benedikt Bagenz dem Schweriner Domkapitel 2 Mark Pacht aus seinem Hause

"in der hundestrate by der Halverstade huse uppe de enen side na der monnekenkarken wardt unde Engelke Rosenhagen to der andern side na der soltstaten wert."

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Diese Bezeichnung ist ganz klar: das hier zur Frage stehende Haus lag an der einen Seite nach der Franziskaner=Mönchskirche hin, an deren Stelle jetzt das (alte) Regierungsgebäude steht, und an der andern Seite nach der Salzstraße hin: die Hundestraße kann also keine andere sein, als die jetzige Ritterstraße. Im Jahre 1489 wird in demselben Buche von dem nächsten Hause zwischen Engelke Rosenhagen und Hans Kolling gesagt, daß es "in der hundestraten" liege, wo auch 1481 des Stadtmusikanten Haus ("piperhus") lag. Im Jahre 1539 verpfändete der Bürger Georg Marcks dem Schweriner Domkapitel 2 1/2 Mark Pacht aus seinem Hause und Hofe

"in der hundestraten tuschen hertogh Hinricks orthuse und Bussen Schnider".

Hier ist also das an das herzogliche Eckhaus (an der Salzstraße) grenzende Haus bestimmt als an der Hundestraße gelegen bezeichnet.

Nach dem Uhrmacher Peter Jachenow und dessen Erben oder Nachfolger besaß dieses Hinterhaus eigentümlich der schon bekannte "Hofmaler Daniel Block", eine oft genannte und verdiente Persönlichkeit, welcher das Haus im Jahre 1612, also bald nach dem Regierungsantritt des jungen Herzogs Adolf Friedrich, von der Witwe des Uhrmachers Peter Jachenow erwarb. Am 30. März 1612 befahl der Herzog dem Rat der Stadt Schwerin,

"das Haus zu wardieren und zu bedingen, da Peter Uhrmachers Witwe einwohnet Daniel Block will es kaufen."

Daniel Block kam bald darauf aus dem Auslande nach Mecklenburg; am 7. April 1612 erhielt er einen "Paß auf 6 Wagen in I. F. G. Land für sein Weib und Geräte". Im Jahre 1649 sagt er, daß er das Haus "in die 40 Jahre bewohnt" habe. Daniel Block, welcher im Jahre 1616 von dem Herzoge Adolf Friedrich als Maler angestellt ward, von dem gewiß noch manche alte Bilder im Lande vorhanden sind, war eine dem Fürstenhause sehr lange Zeit hindurch angenehme Person, an Alter und Lebensdauer ungefähr dem Herzoge Adolf Friedrich gleich, daher er auch im Jahre 1625 die Ernennung zum "Kammerdiener", d. h. die Erhebung in den Kammerdienersrang mit Hofbesoldung erhielt, nach früheren Ansichten viel. Im Jahre 1629 malte er auch für Wallenstein, z. B. die vier Elemente. Als Daniel Block "alt und schwach geworden war und sein Ende täglich vor Augen zu haben" meinte, vermachte er im Jahre 1649 dieses Haus, welches "er von vier Häusern allein noch hatte von allem seinem

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Herrendienste", seinem jüngsten Sohne Benjamin Block, den er zu einem tüchtigen Künstler ausbilden wollte, zum Danke dafür, daß er sich seiner Eltern allein angenommen. Am 13. August 1649 bestätigte der Herzog Adolf Friedrich diese Schenkung und versicherte dem Benjamin Block

"das seinem Vater zustehende und in die 40 Jahre von ihm bewohnte Wohnhaus in der Hundestraße belegen. so unter des Rats Jurisdiktion nicht belegen, sondern Unsern hochseligen Herren Vorfahren vordem zuständig gewesen und nachgehend von dem weiland Herzog Johann Albrecht an Dero gewesenen Seigermacher Peter Jachenow am 8. Sept. 1574 verkauft worden, dergestalt und also daß gleich wie der Vater das Haus durch fürstliche Begnadigung gänzlich frei besessen habe, also auch der Sohn die Zeit seines Lebens es von aller Unpflicht frei zu besitzen und bewohnen haben solle, aus sonderlichen erheblichen Ursachen und in Ansehung des Sohns bekannter schuldiger 'und gehorsamer Anschickung gegen seine liebe Eltern' ".

Diese Urkunde ist ein rührender Beweis von des Herzogs Liebe und Vertrauen zu dem alten Künstler, welcher viel Freude und Leid mit seinem fürstlichen Herrn erlebt hatte. -

Dies ist das letzte Mal (1649), daß die Benennung Hundestraße vorkommt. Schon am 1. Oktober 1643 wird die Straße Ritterstraße genannt, als, nach dem Stadtbuche, Heinrich Pommerenig sein "Haus an der Ritterstraße zwischen Daniel Block und Joachim Lagemann an Andreas Hein" verkaufte.

Woher die Hundestraße plötzlich Ritterstraße * ) genannt worden sei, ist bis jetzt noch nicht bekannt.

Am 25. September 1650 ließ der Hofmaler Daniel Block den Herzog durch den Sekretär Simon Gabriel zur Nedden bitten, daß derselbe, "da es mit ihm in den abnehmenden Mond


*) Es gab in Schwerin noch eine zweite Ritter straße auf der Schelfe oder der Neustadt. Der große Hauptstraßenzug, welcher die Stadt Schwerin von der Burgstraße bis über den Schelfmarkt (also ungefähr vom Burgsee bis zum Ziegelsee) der Länge nach durchschneidet und seit den neuesten Zeiten den Namen Königstraße führt, hatte früher in seinen verschiedenen Strecken verschiedene Namen. Die Strecke von der Burgstraße bis zum altstädtischen Markt hieß früher Filter= (d. h. Hutmacher=) Straße, sicher aber schon seit 1651 Königstraße (Text zum Wedelschen Plane im Archiv). Am Ende zwischen der jetzigen (  ...  )
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komme", ihm, als seinem alten Diener und einem von seinen Kammerdienern, für sich, seine Frau und seinen Sohn Benjamin ein Begräbnis im Dome (unter dem Glockenturme) und Glockengeläute, Prediger= und Schulfolge, auch die Eröffnung des Begräbnisses frei schenken möge. Block wollte dagegen Gott zu Ehren und der Kirche zur Zier "zwei Konterfei Lebensgröße, nämlich Dr. Martin Luthers und M. Philipp Melanchthons", welche schon fertig waren, schenken und an den Pfeilern neben der Kanzel, dem fürstlichen Stuhl gegenüber, also an den mittleren Nordpfeilern des westlichen Mittelschiffes, wo noch das Kapitelwappen steht, aufhängen. Der Herzog erfüllte am 14. Oktober 1650 in Gnaden seine Bitte. Daniel Block schenkte ferner der Kirche ein "Stück von der Maria Magdalena, wie sie dem Herrn Christo die Füße waschet", "für manchen bußfertigen Sünder eine schöne Erinnerung", dafür, daß der Herzog ihm einen bessern Stand in der Kirche verbriefte, da sein Stand bis dahin " allerunterst im Glockturm" gewesen war.

Block hatte wahrscheinlich 3 Söhne, welche auch Maler waren. sicher Emanuel und Benjamin, wahrscheinlich auch Adolph Block.

Daniel Blocks letzte Wünsche gingen aber nicht in Erfüllung. Der große Stadtbrand, welcher am 18. Juli 1651 die ganze Altstadt in Asche legte, vernichtete auch alle "seine Güter".

In dem im großherzoglichen Archive aufbewahrten "Verzeichnisse der Schwerinschen Bürger und Einwohner, welche am 18. Juli 1651 abgebrannt" sind, werden, wenn auch ohne Angabe der Straßen, die Namen der Hausbesitzer völlig in Übereinstimmung mit dem Stadtbuche in der Reihenfolge aufgeführt. Es folgen nämlich von den Abgebrannten:

½ Haus Peter Möller, Beutler Salzstraße.
1   "   Klaus Lambrecht, Schneider Salzstraße.


(  ...  ) Friedrichstraße und der Scharfrichterstraße (jetzt Burgstraße) stand das Schelftor. Die Strecke vom Schelftor bis zum neustädter Palais, oder von der Friedrichstraße bis zur ersten Wasserstraße (Elisabethstraße), hieß seit alter Zeit Steinstraße. Die Strecke vom neustädter Palais bis zur Nikolaikapelle oder zum Schelfmarkt hieß früher Ritterstraße, weil hier seit dem Mittelalter außerhalb der Stadt viele adelige Familien Wohnhöfe hatten; hier hat der Name also Bedeutung. - Der Schelfmarkt war im Jahre 1735 noch nicht bebaut.
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½ Haus Daniel Block, Maler Ritterstraße
½   "   Andreas Heyn, ein blinder Mann Ritterstraße.

Im Stadtbuche wird 1644 Peter Möller Lambergs Nachbar (vgl. S. 249) und 1643 Andreas Hein Blocks Nachbar (vgl. S. 251) genannt. Die Lagen sind also unzweifelhaft.

In der Not zog Daniel Block nach Wismar. Hier starb seine Frau, welche auch daselbst begraben ward.

Von seinen Söhnen war der ältere, Emanuel, nach Rostock gezogen. Dieser nahm nach seiner Mutter Tode seinen Vater zu sich dahin. Daniel Block starb in Rostock vor 10. Mai 1658 und ward daselbst begraben.

Am 27. Februar 1674 bat Emanuel Block zu Rostock um die Erlaubnis, die Begräbnisstelle im Dome veräußern zu dürfen, was ihm auch gewährt ward. Emanuel lebte noch 1688 hochbejahrt in Rostock.

Der jüngere Sohn, Benjamin Block, war nach seines Bruders Emanuel Bericht vom 27. Februar 1674 "an Kaiserlicher Majestät Hofe und wünschte nach seinen Tode nicht in Schwerin begraben zu werden".

Ein Maler Adolph Block war 1653 bei dem Herzoge Christian und zog zu diesem nach Stinchenburg (jetzt Stintenburg).

Mit diesen Ereignissen verschwindet die Familie Block in Mecklenburg und auch die urkundliche Geschichte ihres Hauses.

Über die Hausstätte gibt von jetzt an nur noch das erste nach dem Brande von 1651 angelegte Stadtbuch * ) allein notdürftige, jedoch sichere Auskunft.


Durch den Brand von 1651 kommen die seit 80 Jahren getrennt gewesenen beiden Teile des alten Schmiedehauses an der Salzstraßenecke wieder zusammen.


*) Ich verdanke die folgenden urkundlichen Nachrichten dem Herrn Archivschreiber Ernst Jahr, welcher für diese Abhandlung das alte Schweriner Stadtbuch durchgesehen und ausgezogen hat. (Jahr ist inzwischen als Archivsekretär verstorben. Grotefend.)
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Am 26. November 1644 hatte der Schneider Nikolaus Lamberg das an der Salzstraße "bei Peter Möller, und Andreas Thielen gegenüber, auf der Ecke belegene Haus", also das Vorderhaus, gekauft. Er hatte nach dem Brande sein Haus wieder aufgebauet, da er noch lange in demselben wohnend erscheint.

Daniel Block war gestorben, von seinem Sohne Benjamin ist in Mecklenburg keine Rede mehr, die Brandstätte seines Hauses lag noch sehr lange unbebaut und wüst. Am 10. Mai 1658 verkauften nach dem Stadtbuche:

"seligen Daniel Block's Erben ihrer seligen Eltern in der Ritterstraße bei Heinrich Platen gelegene abgebrannte Hausstätte an den Schneider Nikolaus Lamberg für 15 Taler, mit der Verpflichtung zum Aufbau des Hauses."

Aber noch nach 20 Jahren war das Blocksche Haus nicht wieder ausgebaut, denn am 8. Juni 1679

"verpfändete der Schneider Nikolaus Lambrecht (Lamberg) sein in der Salzstraße an der Ecke bei der Rittergasse belegenes Haus samt dem dabei vorhandenen Hofraum und wüsten Stätte an den Pastor Linse zu Pinnow"

und am 19. Juli 1697 ward

"das am 13. Juli 1697 von den Lambergschen Erben verkaufte Haus nebst der dahinter gelegenen sogenannten Blockenstätte auf Heinrich Ladwig zu Stadtbuch verlassen."

Am 17. Oktober 1699,

"nachdem Heinrich Ladwig das am 19. Juli 1697 von sel. Niklaus Lambergs Erben gekaufte Haus, in der Salzstraße an der Ecke der Rittergasse belegen, wiederum an Ms. Streit verkauft hatte, übernahm Ladwig die bisher auf diesem jetzt verkauften Hause haftende Hypothek der 'Armen' und andere auf sein neu erkauftes Grundstück an der Königstraße."

Am 20. Oktober 1699 verpfändete

"der Schneider Gabriel Franck sein in der Salzstraße an der Ecke gegen den Stadtmusikanten

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über belegenes, von dem Kammerdiener Streit gekauftes Haus",

und 1704

"verkaufte Gabriel Franck sein in der Salzstraße belegenes Eckhaus an den Bäcker Philipp Christian Hartmann",

von welchem es, nach dem im Jahre 1726 angelegten Hypothekenbuche, an Luger überging. Noch am Ende des 18. Jahrhunderts besaß die Lugersche Familie das Haus, welches am 20. Dezbr. 1797 auf den Amtslosbäcker Luger verlassen ward.

Im 18. Jahrhundert war auch die Stelle des Hinterhauses wieder bebaut, beide Häuser blieben aber das ganze Jahrhundert in der Hand derselben Besitzer Hartmann und Luger.


Mit dem Anfange des 19. Jahrhunderts wurden aber beide Häuser wieder getrennt und gingen an folgende Besitzer über:

Das Vorderhaus an der Salzstraße (Nr. 2) besaßen:

1797. Dez. 20. Amtslosbäcker Luger.
1800. Dez. 30. Festbäcker Klockow.
1802. Jul. 13. Festbäcker Schumacher.
1804. Nov. 2. Schlosser Finckert.
1810. Juni 30. Mehlhändler Hencke.
1827. Mai 30. Schullehrer Harling.
1840. Sept. 11. Glaser Milatz (dann seine Erben).
(seit 1893 Malermeister Heimsoth.)

Das Hinterhaus an der Ritterstraße (Nr. 1) besaßen:

1797. Dez. 20. Amtslosbäcker Luger.
1803. März 22. Maitre d'hôtel Moldt.
1803. Nov. 4. Regierungskanzlist Plate.
1826. Mai 6. Advokat Livonius.
1831. Kandidat Ebeling.
1838. Gastwirt Hoff
1842. Schneider Lange.
(seit 1845 Klubdiener, später Rentner Bobzin).
(seit 1865 Schneidermeister M. Holzmann dann seine Erben).


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Die Geschichte dieses Hauses hat sich durch ungewöhnlich günstige Umstände so genau verfolgen lassen, wie kaum die Geschichte eines andern Hauses in der Stadt. Es ist also nicht zu bezweifeln, daß das erste lutherische Gotteshaus an der Ecke der Salzstraße und der Ritterstraße stand und das Haus ist, welches jetzt die Katasternummer 772 (Salzstraße 2) trägt. Dieses Haus ist aber nur der vordere Teil des ehemaligen Gotteshauses, zu welchem früher noch die Stätte des Hinterhauses in der Ritterstraße gehörte, welches jetzt die Katasternummer 771 (Ritterstraße 1) trägt. Daß von dem alten Schmiedehause Nr. 772 (Salzstraße 2) etwas an das andere Nachbarhaus an der Salzstraße Nr. 773 (Salzstraße 4) gekommen sei, ist nicht wahrscheinlich.

Hiermit stimmt auch eine alte Überlieferung in dem Kirchen=Visitations=Protokolle vom Jahre 1625 überein, welches klar sagt:

"Ist die Stadtkirche am Ende der Saltzstraße, wenn man hinuntergehet zur Rechten, woselbst der Pentze einen Stall gehabt, und weil er das Evangelium angenommen, hat er diesen Stall - - zu einer Kirche eingeräumet."


Anhang.
I.

Um allen Verwechselungen vorzubeugen, muß hier noch ein anderes Haus in der Salzstraße kurz berührt werden. Die Herzoge besaßen in der Salzstraße an derselben Seite nicht weit von dem Eckhause noch ein zweites Haus, welches zwischen dem Kanzlei=Registrator Müterer und dem Beutler Peter Möller lag und "vor dem unglücklichen Brande von dem Hofgerichts=Protonotar Ludwig Wolter bewohnt" gewesen war. Dies ist aber ein anderes Haus, welches von dem Eckhause durch Peter Möllers Haus getrennt war und wahrscheinlich in dem Hause Nr. 773 (Salzstraße 4) aufgegangen ist. Möglich ist es allerdings, daß der alte herzogliche Stall, später die Schmiede, so weit in die Straße hineingereicht habe, daß das von Ludwig Wolter bewohnte herzogliche Haus durch Verkauf von dem Eck=

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hause getrennt ist. Am 26. März 1653 schenkte der Herzog Adolf Friedrich die abgebrannte Stätte des Hauses, in welchem der Protonotar Ludwig Wolter gewohnt hatte, dem Domprediger Johann Susemihl zum erblichen Eigentum, um darauf ein Haus für seine Frau zur Wohnung nach seinem Tode zu bauen.

II.

Wenn nun die Lage des ersten evangelischen Gotteshauses in der Stadt Schwerin sicher festgestellt ist, so ist es nötig, eine Annahme zu beseitigen, welche in neueren Zeiten aufgetaucht, aber durch nichts begründet ist. Man nimmt an, daß die erste evangelische Kirche, rechts im Anfange des Kleinen Moor, auf der Ecke der Ritterstraße und des Kleinen Moor, in der Verlängerung der Salzstraße, also der ermittelten Stätte der alten Kirche und Schmiede seitwärts gegenüber gestanden habe, also an der Stelle des Hauses, welches später die Katasternummer 757 führte.

Lageplan

*) Alle hier in Betracht kommenden Häuser des Kleinen Moor und der Komödienstraße (Theaterstraße) sind seit der Abfassung der Arbeit (1860 abgebrochen, was hier ein für allemal bemerkt werden soll. (Grotefend).

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Man hat dies wahrscheinlich daraus geschlossen, daß diescs Haus, welches die Katasternummer 757 führt, massiv gebaut ist und flachbögige Fenster und eine einfache Friesverzierung und allerdings das Ansehen höhern Alters hat, so daß man in diesem Bau "Kirchenmauern" * ) hat erkennen wollen. Aber abgesehen davon, daß dieser Annahme die ununterbrochene Geschichte des ehemaligen Kirchenhauses widerspricht, kann der Baustil des Hauses Nr. 757 allein sehr wenig oder garnichts beweisen. Das im Jahre 1651 abgebrannte, also später gebaute Haus Nr. 691 an der Burgstraße (jetzt Schloßstraße 31) ist ebenfalls massiv und in einem ähnlichen Stile gebaut. Es kann über das Haus 757 am Kleinen Moor ebenfalls nur die Geschichte entscheiden.

Die beiden Straßen: der Große Moor und der Kleine Moor sind erst im 18. Jahrhundert bebaut; früher wird die Moorniederung, auf welcher sie stehen, mitunter wohl mit der allgemeinen Bezeichnung Moor belegt. Diese beiden Moorstraßen waren in ihren Anfängen in älteren Zeiten nur soweit bebaut, als sie jetzt noch enge sind, also bis zu den ersten seitwärts abgehenden Straßen, der Grünenstraße und der Komödienstraße. ** ) Und auch diese kurzen Strecken waren nur mit Hintergebäuden der Eckhäuser an der Bader= und Ritter= (früher Hunde=) Straße besetzt. Auf dem Moor war in alten Zeiten, außer dem Tappenhagen, nur die Zweite Glaisinstraße bebaut, durch welche ein Weg von der Salzstraße über den Kleinen Moor durch die Zweite Glaisinstraße in die spätere Scharfrichterstraße (jetzt Burgstraße) nach dem ehemaligen Schelftor ging. Die Glaisinstraße kommt schon seit 4 bis 5 Jahrhunderten unter dem Namen "Glesin" oder "Glassin" vor. Hier hatte das holsteinsche Cistercienser=Mönchskloster Reinfeld, welches die Mühle in Schwerin und Landgüter in der Nähe von Schwerin besaß, einen Hof mit Speichern, wahrscheinlich wegen der Nähe des großen Schweriner Sees, von welchem ein Kanal bis an den Glaisin ging. Weil der Glaisin allein bebaut war, so wird der jetzt sogenannte Kleine Moor, über welchen der Weg vom Glaisin führte, noch in neueren Zeiten oft auch Glaisin genannt.


*) Dies nimmt auch z. B. Wex in seiner Geschichte der Schweriner Gelehrtenschule, 1853, S. 30, an. (Nach ihm Fromm, Chronik von Schwerin S. 77 Anm.).
**) Die jetzige Häuserreihe der Theaterstraße dem Theater gegenüber ist die östliche Flucht der früheren Komödienstraße. (Grotefend).
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Aus der urkundlichen Geschichte des Hauses Nr. 757 wird sich ergeben, daß dieses Haus nicht die ehemalige lutherische Kirche sein kann, da dasselbe erst in neueren Zeiten erbaut ist. Über dieses Haus sind aus der Zeit vor dem Brande von 1651 keine Nachrichten vorhanden; aber seit dieser Zeit sind nicht allein noch die Stadtbücher vorhanden, sondern auch noch die Hauspapiere im Besitze des Herrn Hofklempners Zipplitt, welchem das Eckhaus Nr. 759 gehört, zu welchem früher auch die Hausstätte Nr. 757 gehörte. Man muß also bei der Erforschung des Hauses Nr. 757 von der Geschichte des Eckhauses Nr. 759 ausgehen.

Die erste Nachricht kommt schon in dem Jahre des Brandes 1651 im Stadtbuche vor; es ist also möglich, daß diese Seite der Ritterstraße nicht abgebrannt war. Am 13. Oktober 1651 verkaufte

"Anna Randow, des wail. Kanzlei=Registrators Thiel Wittwe, ihr in der Ritterstraße zwischen Peter Rodefahnen Hause und seligen Christoph Grönings wüster Hausstätte belegenes Wohnhaus an Otto Leuwe."

Diese "wüste Hausstatte Grönings" ist die Stelle, auf welcher die vermeintliche Kirche steht; die Hausstätte lag aber 1651 wüst, also kann das auf derselben stehende Haus nicht die Kirche von 1532 sein. Die Familie Rodefahn kommt sehr lange als diesem Eckhause benachbart vor, wahrscheinlich im Besitze des Eckhauses in der Salzstraße. - Bald nach 1651 beginnen die Hauspapiere des Eckhauses. Am 11. April 1666 verkaufte nach den Hauspapieren

"des Brauers Otto Lowen Witwe Margarethe Deetzen ihr in der Ritterstraße an der Ecke zwischen Peter Rodefahnen Hause und sel. Christoph Grönings wüster Hausstätte gelegenes Haus an den Stadtmusikanten Hartig Witzendorf."

Die Familie des Stadtmusikanten Witzendorf blieb sehr lange im Besitze des Hauses. Am 27. Juli 1680 verpfändeten nach dem Stadtbuche sel. Hartig Witzendorfs Kinder nach dem Tode ihrer Mutter ihr "in der Ritterstraße an der Ecke belegenes Haus samt dem Platz, darauf es steht", dem Pastor Linse zu Pinnow, welcher auch Pfingsten 1679 Rodefahns Haus und 8. Juni Lambergs Eckhaus an der Salzstraße (die ehemalige Kirche) zu Pfande genommen hatte (vgl. oben S. 254.)

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"Am 28. Sept. 1683 verlassen des wail. Stadtmusikanten Hartig Witzendorf Erben ihr in der Ritterstraße an der Ecke des Glaisins belegenes Eckhaus auf den Stadtmusikanten Gottfried Witzendorf, Sohn und Nachfolger Hartigs Witzendorf, nebst der dabei belegenen wüsten, jetzt zum Garten aptierten Hausstätte, so absonderlich zu 45 Tlr. gesetzt ist."

Völlig klar wird dieses Haus dadurch bezeichnet, daß am 20. Oktober 1699 das ehemalige Kircheneckhaus als

"in der Salzstraße an der Ecke gegen den Stadtmusikanten über belegen"

in dein Stadtbuche bezeichnet wird, als der Schneider Gabriel Franck dasselbe verpfändete (vgl. oben S. 254).

Mit diesen Angaben stimmt auch ein Häuserregister vom Jahre 1709 im großherzoglichen Archive überein: in demselben werden als aufeinander folgend in der Salzstraße von der Königstraße nach dem Kleinen Moor hin belegen folgende Häuser aufgeführt:

"Salzstraße.

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"Weinschenk. (Salzstraße).
Schultzen wüste Stelle (Salzstaße).
Dessen Haus. (Eckhaus).
Bäcker Hartmann. (Eckhaus).
Gottfried Witzendorf. (Eckhaus).
Dessen Stelle. (Kleiner Moor).
Dessen Bude. (Kleiner Moor).
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Das Haus des Bäckers Hartmann ist das an der Ecke der Salzstraße belegene ehemalige Kirchenhaus, welches Hartmann 1704 kaufte (vgl. oben S. 255). Neben diesem Hause, dem ehemaligen Hause Lambergs, aufwärts in der Salzstraße lag das Haus des Goldschmieds Joachim Schultz, denn nach dem Stadtbuche kaufte dieser am 24. Juli 1694 das zwischen Lambergs Häusern und dem Hofweinschenken Tarnow belegene Haus mit der dabei befindlichen wüsten Stelle von Jens Thomsen. - Der

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Weinschenk ist also der an den Goldschmied Schultz grenzende Hofweinschenk Tarnow. - Des Goldschmieds Haus und wüste Stelle sind jetzt also von dem Hause Nr. 773 (Salzstraße 4) besetzt. - In dem Häuserregister von 1709 wird der Anfang des Kleinen Moor mit den Grundstücken Witzendorfs noch zur Salzstraße gerechnet.

Es ist also klar, daß noch im Jahre 1709 das Witzendorfsche Grundstück aus dem Hause (Nr. 759 an der Ritterstraße), der wüsten Hausstelle (am Kleinen Moor Nr. 757) und der Bude (an der Komödienstraße Nr. 756) bestand.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts verkauften die Witzendorfschen Erben nach und nach ihre Besitzungen.

Im Jahre 1726 besaß Witzendorf noch alle drei Teile des Grundstücks.

Am 2. Nov. 1751 verkaufte, nach den Hauspapieren, Sophie Dorothea Witzendorf, Ehefrau des herzoglichen Kochs Julius Witte, "ihr von ihren seligen Eltern ererbtes, in der Ritterstraße hart an der von der Salzstraße gerade nach dem "Kleinen Moor hinunterführenden Gasse belegenes Haus mit den daran stoßenden, jetzt zu einem Garten eingerichteten wüsten Stätte" (ehemals Christoph Grönings wüsten Hausstätte) "an den Apotheker Johann Friedrich Molle mit dem Vorkaufsrecht an das daran stoßende im Jahre 1747 an Lüders verkaufte Hinter= oder Eckhaus."

Am 4. Mai 1747 hatte nämlich, nach den Hauspapieren, die Frau Witte ihr von ihrer Mutter angeerbtes, an ihrem Wohnhause hinten an gelegenes Eck= und Hinterhaus neben "dem dabei befindlichen Thorwege an den fürstlichen Reitknecht Joachim Lüders" verkauft. Dieses Haus ist also das Hinterhaus Nr. 756 an der Komödienstraße. Dieses Hinterhaus ist nun für immer von dem Haupthause getrennt geblieben und hat bis zum Jahre 1840 zehn Besitzer gehabt.

Am 12. März 1753 verkaufte der Apotheker Molle die zwischen seinem Wohnhause und dem Kaphingstschen Hause gelegene Hausstelle an den herzoglichen Mundkoch Moldt.

Am 12. Juni 1754 verkaufte aber der Apotheker Molle das Haupthaus an der Ecke der Ritterstraße und des Kleinen Moor an den Klempner Georg Friedrich Zipplitt, auf welchen es 1757 verlassen ward.

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Im Jahre 1785 erscheint das für das Kirchenhaus gehaltene massive Haus Nr. 757 am Kleinen Moor, zuerst, indem es im Jahre 1785 in das Stadtbuch auf den Klempner Zipplitt eingetragen ward. Es ist also wohl ohne Zweifel, daß dieses Haus erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaut ist.

Im Jahre 1805 ward sowohl das Haupthaus Nr. 759 an der Ritterstraße als das Nebenhaus Nr. 757 am Kleinen Moor auf den Hofklempner J. H. F. Zipplitt zu Stadtbuch verlassen, von welchem das Haupthaus im Jahre 1843 auf den Hofklempner Ph. J. Fr. Zipplitt überging.

Es ist also klar, daß das für die alte Kirche gehaltene Haus am Kleinen Moor ein ganz junges Haus ist, welches erst in den neuesten Zeiten als ein selbständiges Haus von dem Haupthause abgetrennt ist.

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