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Kegelgrab von Hallalit (bei Teterow).

Auf dem Felde südlich von Hallalit liegen eine größere Anzahl niedriger Hügel, meist mit Bäumen und Gebüsch bewachsen, zum Theil auch schon in Folge der Ackerkultur zu flachen Bodenwellen niedergeackert, die sicher alle vorgeschichtliche, und zwar bronzezeitliche Gräber bergen. Ein früher durchgrabener hat fünf Thongefäße und einen bronzenen Dolch ergeben, Sachen, deren Verbleib nicht bekannt ist. Ich zählte noch dreizehn solcher Hügel. Sie alle werden überragt von einem sehr stattlichen Grabe, welches, auf ansteigendem Gelände gelegen, mit alten Eichen bestanden ist, und auf der einen Seite mit steilen Wänden seine ursprüngliche, annähernd kegelförmige Gestalt noch bewahrend, ein so schönes Bild bronzezeitlicher Grabanlage giebt, mie man sie nur noch selten sieht. Der Hügel wird der "Königsberg" genannt nach der Sage, daß ein König darin begraben sei. Einer sehr freundlichen Einladung des Herrn von Tiele=Winckler auf Vollrathsruhe folgend und mit dessen Unterstützung habe ich am 8. und 9. Juni 1900 das auch inhaltlich hervorragenbe Grab durchgraben, dessen Ausbeute in Vollrathsruhe aufbewahrt wird. An der Ausgrabung nahm auch der durch seine Untersuchungen der steinzeitlichen Gräber im Weichselgebiet und seine Studien im Kaukasus rühmlichst bekannte Herr General von Erkert Exc. Theil.

Der Umfang des Grabes ließ sich durch einen, wenn auch nicht mehr vollständigen Kranz von Umfassungssteinen, die an seinem Fuße stehen, bestimmen. Der Durchmesser betrug darnach annähernd 22 m; eine genaue Bestimmung der Höhe ist nicht möglich, da das Grab auf einer natürlichen Erhebung liegt und die Umfassungssteine nicht in einer Ebene liegen; sie beträgt 4 bis 5 m.

Bei der Ausgrabung stellte sich heraus, daß nicht der ganze Hügel aufgetragen war, sondern hier wie in so vielen anderen Fällen (vgl. oben S. 93 Upahl u. s. w.) eine natürliche Bodenerhebung benutzt war. Der Urboden wurde in 2,50 m Tiefe erreicht. Die alte Bodenoberfläche hob sich deutlich ab, nicht nur durch die natürliche Schichtung, sondern auch durch dicke Brandschichten, die ihn auf einem großen Theile seiner Fläche bedeckten. In diesen Brandschichten, zum Theil auch zerstreut auf dem Boden lagen zahlreiche zerbrannte Gebeine, offenbar Reste von Todtenopfern, die nach der Versenkung des Todten und vor

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Aufhebung des Hügels dargebracht waren. In den Urboden hinein war eine Grube mit abgeschrägten Wänden gegraben und in dieser, genau unter dem Mittelpunkte des Hügels, fand sich das Grab, etwas über 4 m tief, also etwa 1,5 m unter dem ursprünglichen Boden. Das Grab war überdeckt mit einem Steinhaufen, der die ganze Grube füllte. So weit stimmt die Anlage genau mit der des Grabes von Blengow, von der unten S. 175 eine schematische Skizze gegeben ist. Aber während dort der Hügelauftrag aus Erde besteht, ist hier über dem Niveau des Urbodens ein Steinkegel aufgeschüttet, und erst dieser ist mit einem Erdmantel umkleidet. Die Steine gehen bis fast unmittelbar unter die jetzige Oberfläche.

Auch die Art der Beisetzung ist eine andere. Von einem Holzsarge fand sich hier keine Spur. Dafür war in der Tiefe durch aufrecht stehende flache Steine von etwa 80 cm Höhe ein rundlicher Raum von 2,50 m Länge (nordsüdlich) und 1,80 m Breite gebildet, in dem auf einem Steinpflaster die Bettung des Beerdigten stattgefunden hat. Knochenreste lagen in ostwestlicher Richtung, aber zu wenig, um genaueres bestimmen zu können.

Nach der Lage der Beigaben scheint er nach Osten blickend beigesetzt zu sein. Es fanden sich nämlich ziemlich in der Mitte des Grabes ein spiraliger Fingerring aus Bronze; 60 cm davon nach Südost ein Messer in einer Scheide von Holz und Leder, von seltener Form; der Rücken ist gekrümmt, die Spitze aber leicht nach oben gebogen, das Griffende wird gebildet durch eine Griffzunge mit zwei Nietlöchern. Noch etwas weiter östlich eine durchbohrte Bernsteinscheibe, flach, groß, sodann ganz am Rande des Grabes ein merkwürdiges Thongefäß.

Diese Lage der Beigaben erklärt sich am einfachsten so, daß der Beerdigte an der linken Hand einen Ring trug, an der rechten Seite das Messer und daß ihm, wie in vielen anderen Fällen (vgl. Blengow), ein Thongefäß zu Füßen gestellt wurde. So bleibt nur die Lage der Bernsteinscheibe unerklärt.

Zu den Fundstücken sei noch bemerkt:

1. Das Thongefäß ist sehr groß und in viele Stücke zertrümmert; erkennen läßt sich aber doch noch, daß es von einer verhältnißmäßig schmalen Standfläche sich stark ausbaucht, dann zu einem mäßig hohen Halse zusammenzieht und dieser in einen starken (6 cm breiten) nach außen gebogenen Rand ausladet. Die Farbe ist schwarz, an der Wandung sind tiefe Strichverzierungen, Streifen aus schrägen, sich treffenden Parallelstrichen, und Punkte. Die Form ist der nordischen Bronzezeit fremd; wir

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können höchstens ein bei Slate gefundenes Buckelgefäß als Analogon anführen vom Charakter der älteren Lausitzer Keramik (Jentsch, Niederlausitzer Mitteilungen II, 1892, Tafel I, oben links). Dagegen finden sich Aehnlichkeiten im Gebiete der südlichen Bronzezeit (z. B. Gemeinlebarn in Oesterreich); vgl. über diesen Zusammenhang die Ausführungen von Reinecke, Correspondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1900, S. 26, der, sicher mit Recht, das Vorbild für den ausgebogenen Rand in Metallgefäßen wie in dem Wagen von Peckatel sieht. Ueber Süddeutschland vgl. Naue, S. 210 flgd. Das Gefäß gehört einer jüngeren Periode an und kann nicht älter sein als M. III.

2. Das Messer erinnert an die bei Naue, TafeI XVI flgd. abgebildeten, S. 102 flgd. besprochenen Typen und hat schon Aehnlichkeit mit der jungbronzezeitlichen Form des "Pfahlbaumessers"; es ist ebenfalls höchstens der Periode M. III zuzuschreiben. Das Grab ist demnach dem Blengower und andern, denen es im Aufbau gleicht, auch zeitlich gleichzusehen.


Am Ostende der Abdeckung, kaum 30 cm unter der Oberfläche, fand sich eine aus Steinplatten regelmäßig gesetzte Steinkiste von 1,30 m Länge (nordnordwest=südsüdöstlich), 0,45 m Breite und 0,50 m Höhe. Darin stand:

1. Eine größere Urne mit gewölbter Wandung und schmälerem Hals, etwa von der Form der Urne von Loiz, Vorgeschichte, S. 83, Abbildung 139. Sie war gefüllt mit zerbrannten Gebeinen; zwischen diesen lagen: eine einfache Bronzenadel ohne Kopf und eine Bronzenadel mit Einbiegung, ähnlich der Vorgeschichte, S. 90, 148 abgebildeten.

2. Ein leeres Thongefäß, ähnlich dem Vorgeschichte, S. 82, 136 abgebildeten. Die Gegenstände gehören ebenso wie die Bestattungsart der jüngeren Bronzezeit an, und die Steinkiste stellt offenbar eine Nachbestattung aus dieser Periode dar.


Südwestlich an diesen großen Hügel schloß sich, mit dem Rande ihn berührend, ein wesentlich kleinerer, bei dem sich nach der Durchgrabung eine Höhe von 1,50, ein Durchmesser von 9,80 m ergab. Der größte Theil des Hügels, etwa 1,50 m vom jetzigen Rande bis fast zur Spitze, bestand aus einer Steinschichtung. Auf dem Grunde derselben fand sich ein Steinpflaster und hierauf ein Röhrenknochen ohne Brandspuren. Der Todte ist also auch hier beerdigt.

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Eine wichtige Beobachtung wurde am Südende gemacht. Im Mantel des Hügels, etwa 1,50 m vom Rande außerhalb der Steinhäufung lagen eine Anzahl Bronzen, die wohl als Weihegaben für den im Hügel Beerdigten oder, wie wir sehen werden, die Beerdigte aufzufassen sind.

Schon 30 cm unter der Oberfläche stieß man auf eine starke Brandschicht auf einem Steinpflaster mit Kohlen und angebrannten Thierknochen, die anscheinend von einer Mahlzeit herrührten; die Brandschicht war etwa 20 cm dick und über 1 m breit. In ihr lagen vermengt mit den Kohlen u. s. w. eine Menge interessanter Dinge, die aber anscheinend dem Brande nicht ausgesetzt waren, nämlich:

1. Eine kleine dreieckige Dolchklinge mit Spitze und zwei Nieten, ohne Mittelgrat; alte Form.

2. Eine Dolchklinge mit Schaftzunge, gleich den oben S. 102 bei Pogreß besprochenen Stücken.

3. Ein Celt mit Schaftrinne von der bekannten oben S. 101 besprochenen Form.

4. Ein Tutulus seltener Form, spitzer massiver Kegel, mit runder Fußplatte und Steg.

5. Ein Halskragen ("Diadem") mit Längsrippen.

6. Ein großer Spiralarmring aus breitem Bronzebande von 3 Windungen mit Spiralen an den Enden. Es ist die Reinecke S. 241, 4 abgebildete Form; auch Jahrb. 61, S. 233 besprochen (die dort gegebene Zuweisung in die jüngere Bronzezeit ist irrig). Die Ringe gehören einer relativ alten Periode (M. II) an; vgl. dazu Schumann, Nachr. über deutsche Alterthumsfunde 1897, S. 9. In einem Grabe ist hier bisher ein solcher Ring nur einmal gefunden, bei Schwasdorf (Frid. Franc. XXI, 5 Text S. 135), merkwürdiger Weise auch zusammen mit einem Hängeschmuck = Nr. 8.

7. Eine große Anzahl kleiner Spiralröllchen; diese steckten in der Höhlung des Spiralarmringes fest, die sie fast ganz füllten.

8. Hängeschmuck, fünf Scheiben mit erhabenen konzentrischen Ringen und einer zurückgebogenen Oese, sehr wahrscheinlich zusammengehörend mit den Spiralröllchen, mit denen sie einen Halsschmuck gebildet haben werden. Dieses im Süden weit verbreitete Stück (vgl. z. B. Reinecke, S. 241, 6, Periode II) kommt auch in Pommern oft vor, auch dort M. II angehörend, erscheint auch in Hannover (bei Uelzen, s. von Estorff, Alterthümer IX, 25), ist aber den Kernländern der nordischen Bronze=

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zeit fremd. In Meklenburg hatten wir bisher nur den einen Fund von Schwasdorf.

9. Hängeschmuck aus Spiralscheiben mit Bügel. ("Brillenspiralen".) Ein sehr altes und zeitlich tief hinabreichendes Schmuckstück, über welche Naue, S. 130 zu vergleichen; es ist dem Norden fremd, in Meklenburg aber doch schon dreimal beobachtet: in Schwetzin (bei Teterow) zusammen mit alten Bronzen, die vielleicht noch in M. I zu setzen sind (Jahrb. 14, S. 319), in Sophienhof bei Waren, (vgl. Jahrb. 8 B, S. 54,) und in Rülow bei Neubrandenburg, (vgl. Jahrb. 6 B, S. 108,) ebenfalls mit alten Bronzen (M. I/II), z. B. denselben Halskragen wie bei Hallalit. Wenn Lisch schon damals die Bemerkung machte, daß diese "brillenförmigen Haarspangen" (richtiger Brustschmuck) dem östlichen Theile Meklenburgs zuzuschreiben sein würden, so hat sich das durchaus bewährt; sie sind sicher vom Osten her hier eingeführt.

10. Reste einfacher glatter Handringe (zweier?); Verzierung nicht erkennbar.

11. Ein Fingerring mit kleinen Spiralscheiben, verbogen. Die Gesammtheit dieser Fundstücke ist merkwürdig genug und für Meklenburg ohne Beispiel. Analogien finden sich in Pommern, z. B. in den Funden von Crüssow bei Pyritz, Rosow bei Randow (vgl. Schumann, Baltische Studien 1901, S. 1 und 8), und Bruchhausen (Spiralarmring, Brillensiralen u. s.w., Pommersche Monatshefte 1892, S. 17), auch in der Uckermark, z. B. Blankenburg (Montelius, Chronologie S. 47) und Arnimshain (Schumann, Mitth. d. Uckermärkischen Museumsvereins 1901). Demnach gehört der Fund als ganzes der Periode M. II an; bei dem Ueberwiegen von Schmucksachen ist wohl an eine weibliche Ausstattung zu denken, die sich allerdings ganz wesentlich von den sehr gleichmäßigen der Periode M. III unterscheidet. Es ist kein Zufall, daß der Fund mehr an pommersche als an schleswig=holsteinische oder dänische sich anschließt. Es ist schon oft bemerkt, daß zwischen Pommern und Ungarn in dieser Periode (II) engere Beziehungen bestehen, deren Richtung sich vielleicht erfolgen läßt (vgl. z. B. den Spandauer Bronzefund); wir haben in den Hallaliter Funden ein Uebergreifen dieses Einflusses auch in unser Land, während er nach Westen zu erlischt.


Ganz oben im Hügel standen zwei Steinkisten aus flachen Platten errichtet, die eine mit einem Binnenraum von 60 und 40 cm, die andere, etwas gestörte, etwa 40 und 40 cm. In

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der größeren standen zwei zerdrückte Urnen mit zerbrannten Gebeinen, einfache Gefäße mit gewölbter Wandung, ähnlich der Vorgeschichte S. 82, 136 abgebildeten jung bronzezeitlichen Urne. Die andere Kiste war leer. Sicherlich liegt hier ebenso eine Nachbestattung vor, wie in der gleichen Steinkiste des ersten Hügels.


Der Hügel barg also, wenn unsere Auffassung der Erscheinungen richtig ist: 1. einen beerdigten weiblichen Leichnam, über dem ein Steinhaufen gewölbt ist; 2. dessen Ausstattung, bestehend in weiblichem Schmuck und Gebrauchsgegenständen der Periode M. II, niedergelegt mit Speiseresten in einer Brandschicht im Mantel des Hügels am Südende; 3. eine Nachbestattung aus jüngerer Bronzezeit auf der Höhe des Hügels.

Ueber das Verhältniß des großen Hügels zu dem kleinen gestatte ich mir noch kein abschließendes Urtheil. Die Gesammtheit der Funde im kleineren ist zweifellos älter, und es würde demnach am nächsten liegen, in der Nähe der beiden Hügel einen Zufall zu sehen und anzunehmen, daß sie gar nichts mit einander zu thun haben, daß der jüngere große, in späterer Zeit neben dem älteren kleinen errichtet ist. Doch wage ich es bei der derzeitigen Lage der Studien über bronzezeitliche Synchronismen nicht, die Möglichkeit, daß die Funde der beiden Hügel sich zeitlich berühren und also die Fundstücke in beiden gleichzeitig geborgen seien, schlechthin zu leugnen.