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Bei Sarmstorf liegen östlich von der Chaussee, etwa 2 Kilometer vom Dorfe (gerechnet von der Kirche aus) entfernt, auf den Hufen 1 (Besitzer: Schulze Jörn) und 3 Besitzer: Erbpächter Kindt) vier Hügel in unregelmäßigem Rechteck zu einander. Der Boden ist wellig, Lehm und Sand wechseln, die Hügel sind stark niedergeackert, zeigen aber deutlich Spuren künstlichen Auftrags ober doch Bearbeitung. Drei haben sich als Grabstätten erwiesen, zum Theil schon seit langer Zeit. Nachdem bei der Anbringung eines trigonometrischen Zeichens auf dem einen Thongefäße gefunden waren, habe ich ihn am 9. September 1895 unter thätiger und dankenswerther Mitwirkung des Herrn Lehrer Zierow in Sarmstorf ausgegraben und Nachrichten über frühere Funde gesammelt.
Nr. I (Kindt). Hoher Hügel, der nördlichste der Gruppe von dem schon an die 100 Fuder Erde abgefahren sind, ohne daß man auf Steine oder eine Grabanlage gestoßen ist.
Nr. II (Jörn) stark niedergeackert; 1881 sind Steine weggebrochen und dabei ein Grab zerstört; dabei soll man auf eine "Urne mit Asche" und einen goldenen Ring gestoßen sein, der in die Güstrower Alterthümersammlung gelangt ist (Nr. 105). Es ist ein einfacher Spiralring von drei Windungen; die Enden sind abgebrochen; 2,6 Gramm schwer.
Nr. III (Kindt). Ebenfalls 1881 zerstört durch große Abgrabungen; es war ursprünglich der größte der vier Hügel, jetzt noch eine flache Bodenwelle; einige erhaltene Bronzen ("Diadem", Armring) und der Rest eines Thongefäßes sind in die Schweriner Sammlung gelangt und Jahrb. 47, S. 288, kurz beschrieben.
Nr. IV (Jörn). Der südlichste, jetzt hervorragendste, früher "Timpberg" genannt und mit Gehölz bestanden; als dieses in den sechziger Jahren abgeräumt und der Hügel urbar gemacht wurde, stieß man auf einen Steindamm; darunter stand eine Urne mit "Asche", in welcher kleine zerbrochene Ringe und mehrere goldene "Stricknadeln" lagen, daneben lag ein "grüner Dolch". Die Goldsachen sind verkauft, die andern Sachen verworfen. Was unter den "Stricknadeln" zu verstehen ist, wird wohl dunkel bleiben; ich kenne keine Altsachen, die damit Aehnlichkeit haben. Von da an hat der Hügel im Wesentlichen seine Form behalten; 1894 sind dann "Urnen mit Asche" in größerer Anzahl angetroffen und zerstört.
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Die Ausgrabung ergab, daß der Hügel, der etwa 2,5 m Achsenhöhe bei einem bedeutenden Umfange (an 50 m Durchmesser) hatte, nicht aufgetragen war, sondern in geringer Tiefe die natürlichen Schichtungen des Lehmes zeigte. Auf eine Grabstelle stieß man etwa 3 m nordöstlich von dem Endpunkte des trigonometrischen Zeichens entfernt. Das Grab lag 1 m unter der jetzigen Oberfläche im natürlichen Boden. Es bildete ein Rechteck mit abgestumpften Kanten von 2,50 m Länge (südwest=nordöstlich) und 1,20 m Breite, aufgeschichtet aus Steinlagen in etwa 40 cm Höhe und 30-35 cm Breite, am stärksten am südwestlichen (Kopf=) Ende, sodaß der innere Raum ungefähr 1,80x0,80 m betrug. Dieser war mit einer doppelten Steinlage gepflastert. Ueberall stieß man auf Asche und Kohle, die den ganzen Raum schwarz färbte, dazwischen lagen regellos über die ganze Fläche zerstreut zerbrannte Menschenknochen; ziemlich in der Mitte auf ganz engem Raume (etwa 10 cm Quadrat) in einander gepackt und umgeben von Gewebe= und Holzresten einige kleine Schmucksachen, meist aus Bronze, anscheinend Beigaben für den Bestatteten, die in ein Tuch gewickelt und in ein Holzkästchen gelegt hier beigesetzt waren. Sie sind verbogen und beschädigt, als wären sie mit auf der Brandstätte gewesen, und haben eine dunkle, grüne Patina. Es sind:
1. Ein Doppelknopf mit einfachem Sternmuster auf der ganz flach gewölbten Oberseite. Höhe 1 cm, Durchmesser der oberen Patte 1,75, der unteren 1,5 cm.
2. Ein stark verbogener Halsring; unvollständig, erhalten drei Stücke. Gewunden, mit zurückgebogener Oese.
3. Eine Fibel, zerbrochen und unvollständig, von der oben S. 95 abgebildeten Grundform, doch ist der Bügel etwas gedrungen und das obere Ende der Nadel fehlt, so daß das Stück schon einem etwas jüngern Typus (etwa S. Müller 71) angehören kann. Länge etwa 8 cm, Durchmesser der Spiralscheiben 1,25 cm.
4. Ein spiraliger Fingerring, zerbrochen und unvollständig, erhalten sechs und eine halbe Windung; Durchmesser 2, Höhe 1,25 cm. Gleich S. Müller 56.
5. Zwei glatte Fingerringe aus einfachem Draht, zerbrochen. Gleich S. Müller 220 (dort zur jüngeren Bronzezeit gerechnet).
6. Ein spiraliger Goldring aus Doppeldraht, das eine Ende offen; vier Doppelwindungen. Durchmesser 1,5, Höhe 0,75 cm.
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Am östlichen Ende ein ganz zerdrücktes Thongefäß, derb, mit rauher Wandung; die Form ist nicht mehr zu bestimmen.
Neben diesem Grabe war in höherer Lage (50 cm unter dem Urboben) eine starke Brandschicht von 1 m Durchmesser, vielleicht die Stätte der Leichenverbrennung, vielleicht auch von Opferfeuern ("Ceremonialfeuern") stammend.
Da bei dem Eingraben des Zeichens Urnen zerstört waren, habe ich die Umgebung durchgraben lassen und noch die Stellen von drei Urnen gefunden, die aber bei jener Arbeit schon völlig zerdrückt waren. Interessant war nur, daß zerbrannte Menschenknochen in ziemlicher Anzahl dazwischen lagen, die Thongefäße also wirklich als Urnen, d. h. Behälter des Leichenbrandes aufzufassen sind; es waren nach den Scherben gut gearbeitete, braune Gefäße mit starker Ausbauchung, wie sie schon in der älteren Bronzezeit vorkommen.
Eine Anzahl Gegenstände, die bei der Anlage des Zeichens gefunden sind, sind in das GüstrowerAlterthumsmuseum gelangt 1 ) (Nr. 345). Diese sollen in einer großen Urne mit Knochen gelegen haben, in der auch ein kleineres Thongefäß sich befand, offenbar das übliche Beigefäß. Die bewahrten Bronzen sind sehr stark zerbrannt und im Einzelnen nicht zu erkennen. Die Stücke, denen die Reste entstammen, waren:
1. Handringe (von zwei bis drei Exemplaren) mit starken Kerben (wie bei Boldebuck unten S. 143).
2. Ein spiraliger Armring, in der Art dessen aus dem älteren Grabe von Sarmstorf, welcher sich in Schwerin befindet (Jahrb. 47, S. 288).
3. Zwei (?) dünne tordirte Halsringe (von den Enden nichts erhalten).
4. Ein spiraliger Fingerring von 1,5 cm Durchmesser.
5. Eine Fibel, erhalten eine Platte, flach, dünn, 2 cm Durchmesser, und das Ende der Nadel, bestehend aus einer gleichen flachen Platte, welche an den Rändern Strichverzierungen zeigt.
Es ist eine am Ende der älteren Bronzezeit öfter vorkommende Form, über die z. B. Jahrb. 54, S. 100 bei
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Gelegenheit des Fundes von Blücherhof gesprochen ist. Danach ist die beistehende Abbildung genommen.
Die zeitliche Stellung des Grabes ist im ganzen dieselbe wie die der eben besprochenen und noch weiter zu besprechenden Gräber. Vielleicht gehört es einer ein wenig jüngeren Stufe an, wie die Gräber von Boldebuck, Ganschow, Liepen u. s. w. Interessant sind aber die Grabanlagen, die auf eine relativ späte Entwickelung weisen: noch besteht die Form des Hügelgrabes, aber man wählt natürliche Hügel, deren Umrisse man ja vielleicht absichtlich regelmäßiger (wenigstens bei dem von mir ausgegrabenen) gestaltet hat; noch giebt man dem Grabe die Form des Körpergrabes, aber man verbrennt schon den Todten und streut die zerbrannten Gebeine in den Raum, eine sehr interessante Sitte aus einer Zeit des Uebergangs von Beerdigung zu Leichenbrand, die auch in den Ländern mit verwandter Kultur (Dänemark und schon Schleswig=Holstein) beobachtet ist; dahin gehört z. B. das wegen seines Kesselwagens hochinteressante Grab von Skallerup auf Seeland; wir haben in Meklenburg ganz gleiche Erscheinungen in dem großen Grabe von Alt=Meteln (oben S. 95), vielleicht auch in einem der Wittenburger Gräber. Und auch ältere Berichte lassen sich am leichtesten durch die Annahme von Brandgräbern in Form von Körpergräbern erklären, so ein von Ritter, einem bekanntlich sehr exakten Beobachter, 1838 bei Wohld (bei Wittenburg) geöffnetes Kegelgrab (Jahrbuch 3 B, S. 61). Das Grab, dessen Inhalt in Güstrow ist, scheint die zerbrannten Gebeine in einer Urne gesammelt enthalten zu haben, ein in Meklenburg seltener und sicher erst einem jüngern Abschnitt von M. III angehörender Gebrauch, der uns noch weiterhin (unten S. 163 bei Basedow) begegnen wird.