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Kegelgräber von Dorf Retzow (bei Plau).
(Katalog=Nummer Br. 400-403.)

Die ebene Sandgegend an der Landesgrenze zwischen Lübz und Plau, das Land Ture (=Urstierland) der wendischen Zeit, bot noch vor wenigen Jahrzehnten ein ungemein reiches Bild

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vorgeschichtlicher Denkmäler. Hünengräber und zahlreiche stattliche Kegelgräber, die der Kultur entzogen, nur mit Haide bewachsen und so in ihrer Form trefflich erhalten waren, beherrschten auf der ebenen Fläche das Landschaftsbild. Eine Reihe von Jahren war hier das Arbeitsgebiet des trefflichen Pastor Ritter in Vietlübbe, dem wir eine Anzahl guter Ausgrabungen und Berichte verdanken; seitdem (1848) ist die Gegend für die meklenburgische Alterthumsforschung vergessen geblieben, und als wir vor einigen Jahren wieder einsetzten, war es zu spät. Die alten Denkmäler waren den gesteigerten modernen Wirthschafts= und Verkehrsansprüchen schonungslos zum Opfer gefallen.

Eine besondere Fülle bronzezeitlicher Denkmäler hatte bei Dorf Retzow gelegen. Zu Gruppen vereint standen hier eine große Anzahl größerer und kleinerer Grabhügel, die früh die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und zum Theil schon 1804 von Zinck untersucht worden sind; später hat hier Ritter gegraben. Einzelne verschwanden schon damals, da ihre Steine in der steinarmen Gegend eine willkommene Beute waren. Das Jahr des Verhängnisses wurde aber erst 1896, wo der Weg von Ganzlin nach Lübz chaussirt wurde. Die Hügel sind damals Steinbrechern ohne jede Cautel zur Ausbeutung, überlassen und diese haben ihr Zerstörungswerk gründlichst betrieben, ein Akt der Barbarei, der hoffentlich der letzte in seiner Art sein wird. Ich habe dann im Herbst 1896 die Stellen besichtigt, den Thatbestand aufgenommen und durch Ausgrabung zu retten gesucht, was noch zu retten war. Die ziemlich kümmerlichen Ergebnisse dieser Ausgrabungen seien im Folgenden mit der Besprechung der älteren Funde und Berichte verbunden.

Schwert

Ohne Angabe der genaueren Fundverhältnisse sind früher eingesandt:

1. 1826, ohne Fundbericht, aber doch sicher ebenso gut wie alle bezeichneten Retzower Bronzen aus einem Grabe, welches wir in Folgendem, um die alte Zählung in den Jahrbüchern beibehalten zu können, als Grab 8 bezeichnen sollen: Ein prächtiges Schwert, 53 cm lang, beschrieben Friderico-Francisceum XIV, 1, bei Gelegenheit des ähnlichen Schwertes von Lehsen,

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von diesem (beistehend nach Jahrb. 26, S. 146 u. s. abgebildeten) unterschieden dadurch, daß der Griff massiv ist und die Hohlräume zwischen den Spiralen aus kleinen Vertiefungen bestehen; die Zahl der (ornamentalen) Nietköpfe ist sechs. Man sieht allgemein (Montelius, Tidsbest. 24, Compte-rendu du congrès de Stockholm 1876 II, S. 886, S. Müller, Ordning 27, Splieth 36) in dieser Schwertform eine der ältesten auf nordischem Boden, und die Nachweise bei Müller und Splieth führen auf die zweite Monteliussche Periode.

2. 1837 als "beim Steinbrechen gefunden" (Jahrbuch 3 B, S. 68), bezeichnet als Grab 1: ein Armring der üblichen Form von spitzovalem Querschnitt; Verzierung unter der Patina nicht erkennbar;

zwei Handringe, innen flach, außen leicht gewölbt, verziert in der sehr häufigen Weise mit Schräglinien, beistehend abgebildet;

Armring Armring

eine Bronzefibel mit flachem, geradem Bügel(abgebildet untenstehend mit Ergänzungen), Spiralscheiben, Nadel mit zwei parallelen Balken; zerbrochen; die Form ist in Meklenburg nicht selten, wir haben sie z. B. aus Gräbern von Alt=Sammit, Friedrichsruhe und sonst, vgl. auch oben bei Brahlstorf, unten bei Karow, also Montelius III; es scheint aber eine uns eigenthümliche Form zu sein, deren einzelne Elemente in anderen Kombinationen in anderen Theilen des nordischen Bronzegebietes und darüber hinaus in Norddeutschland weit verbreitet sind. Vgl. z. B. Undsel, Etudes, S. 75. Typologische und stratigraphische Betrachtungen weisen sie gleichmäßig nach M. III.

Bronzefibel
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3. Ebenso 1839 (Jahrb. 5 B S. 64), bezeichnet als Grab 2: ein Celt, Flachcelt mit aufgehöhten Rändern und stark ausbiegender Schneide, 14 cm lang, von der beistehend wiederholten Grundform, die man allgemein der ältesten Periode der Bronzezeit zuzuschreiben gewöhnt ist;

Flachcelt

ein Handring, zerbrochen, gleich denen des vorigen Grabes.

4. 1843 (Jahrb. 9, S. 381), "unter einer Erhöhung gefunden", bezeichnet als Grab 3: ein Celt, gleich dem des vorigen Grabes, 10,5 cm lang; ein Armring scharfkantig, auf beiden Seiten flach gewölbt, sehr zart, verziert gleich den Handringen von Grab 1 und 2, nur 0,5 cm hoch;

zwei Windungen eines spiralförmig gewundenen Armringes.

Auffallend ist das Auftreten der Flachcelte, und ich würde sie für eine zufällige Beimengung halten, wenn sie nicht eben in zwei verschiedenen, zu verschiedenen Zeiten gemachten und von verschiedenen Leuten geborgenen Funden aufträten. Es muß doch auch bemerkt werden, daß wir noch mehrere Flachcelte haben, die nach den Berichten Gräbern entstammen sollen, Nachrichten, die man ja bei der Ungenauigkeit der älteren Ausgrabungen einer Systematik nicht zu Grunde legen, aber doch auch nicht einfach ignoriren darf; so von Marnitz (Frid.-Franc., Text S. 71, abgeb. XIII, 7) und Goehlen (Frid.-Franc., Text S. 53), wo ebenfalls eine Pincette ältester Form (Frid.-Franc. XIX, 3=S. Müller 18, Naue XVIII, 17) gefunden ist, die zeitlich sehr gut zu dem Flachcelt paßt. Auch in Pommern kommen diese in M. II vor (vgl. Schumann zu dem Depotfunde von Arnimshain in den Mitth. d. Uckermärkischen Museumsvereins I, 1, 1901, S. 4), und ebenso in gleichstufigen südlichen Gräbern, z. B. in Böhmen, vgl. Pič I, 3. Jedenfalls berechtigen sie uns, den Gräbern ein relativ hohes Alter zuzuschreiben, also M. II.

Grab 9:

Ein isolirter Hügel lag östlich vom Orte, etwa 500 m entfernt, rechts vom Wege nach Ganzlin auf dem zur Windmühle gehörenden Acker. Er war etwa 1 m hoch, umgeben von einem Steinkranze und bestand fast ganz aus Steinen. Als diesem Hügel 1896 Steine entnommen wurden, fand der Besitzer, Gastwirth Doll

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in Dorf Retzow, darin mehrere Bronzen von ausgezeichneter Erhaltung und schöner Patina, über deren Lagerung nichts Näheres beobachtet ist. Die Gegenstände, die in Dolls Besitz geblieben sind, sind folgende:

1. Eine Lanzenspitze mit durchgehender Schafttülle, von der die mittelhoch sitzenden Flügel scharf absetzen; zwei Löcher an den Seiten. Länge 14 cm, größte Breite 3,5 cm. Grundform Montelius 29, Splieth 42, dort zur zweiten Periode gerechnet; vergl. oben S. 112 bei Ruthenbeck.

2. Eine Nadel; der Kopf kolbenförmig verdickt und geriefelt; die Spitze fehlt; Länge noch 13,5 cm. Vergl. S. Müller 120, dort ist sie dem zweiten Abschnitte der älteren Bronzezeit zugeschrieben und als eingeführt betrachtet. (Aus Böhmen vergl. Pič 11, 22.) Ueber die meklenburgischen Stücke (bisher fünf, alle aus derselben Zeit, M. III, angehörenden Gräbern) vergl. Jahrb. 48, S. 317.

3. Ein Messer; sehr schön. Klinge gewölbt, Spitze nach unten; der Griff flach mit aufgehöhten Rändern und zwei Nietlöchern; der Griff in einem Ring schließend. An der Klinge unter dem Rücken verziert mit kleinen Halbkreislinien und Punkten, ganz gleich einem von Slate (Jahrb. 33, S. 129), ähnlich Naue 18,6. Länge 20 cm, Länge der Klinge 10 cm. Der Griff ist absichtlich verbogen. Schon in zwei Fällen sind gleichzeitigen meklenburgischen Gräbern (Alt=Sammit, Friedrichsruhe) ganz gleiche Messer, ebenfalls verbogen, entnommen (vergl. Jahrb. 47, S. 275), und merkwürdiger Weise findet sich die Sitte, diese Messer zu verbiegen, in weit entlegenen Ländern wieder; z. B. in dem auch sonst für uns wichtigen Grabe von Velka Dobra, Pič 6, 14.

4. Ein goldener Spiralring von 2 cm Durchmesser, mit 7 1/2 Windungen. Die Windung ist nicht gleichmäßig, sondern geht von der Mitte an nach der entgegengesetzten Seite.

Das Grab ist sicher M. III zuzuschreiben.

Hügelgruppe vor der Krim.

Nordwestlich vom Dorfe, etwa 800 m entfernt, am Wege nach der Krim links lagen zwei etwa 1 m hohe Hügel, anscheinend früher beträchtlich höher, wenigstens ist der eine für seine Höhe auffallend lang. Auch sie sind nach Steinen durchwühlt und dabei sind mehrere Bronzegegenstände gefunden; die meisten sind achtlos verworfen, nach den Angaben der Leute scheinen es Armringe und Tutuli gewesen zu sein; bewahrt sind einige Bronzen, die in den Besitz des Herrn Voß jun. in Lübz=

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Bauhof gelangt sind (Grab 10), und über welche dieser freundlichst berichtet hat:

1. Eine Lanzenspitze mit durchgehender Schaftrinne und ziemlich tief sitzenden Flügeln; Länge 16,5, größte Breite (7,5 cm von unten) 4 cm.

2. Ein Messer mit gebogener Klinge, die unter dem Rücken mit kleinen in Dreieck gesegten Schrägstreifen verziert ist, sonst ganz gleich dem Vorgeschichte S. 50 abgebildeten Messer von Dabel, der Griff besteht aus einer länglichen Rinne mit Randleisten, aber rund abschließenb. Eine Niete ist erhalten, 1,75 cm lang, oben kegelförmig, unten sich Zuspitzend. Länge 17 cm, Höhe 3cm. Die Griffform ist uns, und soweit ich sehe, dem ganzen Norden fremd (wir besitzen nur zwei gleiche Stücke, eins gefunden bei Kreien, nicht weit von Retzow, unter unsicheren Umständen, und eins aus den Gräbern von Tessenow, Br. 104)); es ist der von Naue, S. 102, Abb. 34, gegebene Typus, sehr ähnlich den Tafel XVII 2 und 3 gegebenen Stücken, dort der Uebergangszeit von der älteren zur jüngeren Bronzezeit angehörend, also unserem M. III.

3. Eine vierseitige kleine Stange, 9 cm lang, 0,4 cm dick.

4. Ein Handring mit Einkerbungen gleich dem unten S. 143 zu Boldebuck abgebildetem Stücke. Durchmesser 6 und 5,5 cm, Dicke 0,80 cm.

5. Ein geschlossener Ring mit rundlichem Querschnitt. Durchmesser 3, Dicke 0,9 cm.

Die Hügel scheinen die Reste einer Gruppe zu sein, die Ritter, Jahrb. 10, S. 278, erwähnt.

Ein damals abgetragener Hügel von etwa 0,75 m Höhe und 6 m Durchmesser ergab (bezeichnet als Grab Nr. 4): 1. eine "Speerspitze", richtiger Dolchklinge, ähnlich den oben schon mehrmals besprochenen Formen (Brahlstorf S. 105) mit halbrundem oberen Ende, zwei Nieten, scharf hervortretendem Mittelgrate, 12 cm lang, ursprünglich etwas länger. Es ist der Typus III von Naue (Bronzezeit S. 79, die auf Tafel XIII, 4 und XIV, 2 abgebildeten Stücke entsprechen dem unsern auch in der Größe); vgl. S. Müller 22, 26 (dort selten); angehörend wahrscheinlich im allgemeinen einem älteren Abschnitte der Periode.

2. Einen Spiralring, zerbrochen, innen scharf, außen scharfkantig, erhalten sind 5 Windungen; 6 cm Durchmesser. Zu zeitlichen Bestimmungen ist diese weit verbreitete Form nicht zu verwenden. (S. Müller, 55.)

Ueber die Bestattungsart sagt Ritter nichts; da Leichenbrandreste ihm schwerlich entgangen sein würden, ist Bestattung

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wahrscheinlicher. Ob das Grab in M II oder III zu setzen ist, bleibe dahingestellt.

Hügel bei der Krim.

Noch etwa 700 m weiter an dem Wege ebenfalls links lagen früher eine Anzahl Hügel (auf dem Meßtischblatt Meyenburg, welches auf einer Aufnahme von 1879 beruht, sind noch fünf verzeichnet). Erkennbar waren bei meiner Anwesenheit nur noch drei, gelegen auf der Hufe des Erbpächters Engel vor der Krim.

1. Großer, schöner, regelmäßig runder Hügel von etwa 2 m Achsenhöhe, zwecks Steingewinnung ganz durchwühlt; bronzene Ringe und Thongefäße sind gefunden, aber verworfen. Auch schon früher sind an den Rändern zahlreiche Bronzegegenstände zu Tage getreten.

2. Der Form nach gleich dem ersten, mit Buchen bestanden; auch schon durch Steinsucher etwas beschädigt, aber im wesentlichen erhalten. An den Rändern sind sehr viele Urnen gefunden und zerschlagen.

3. Regelmäßig runder Hügel von 1 m Achsenhöhe, halb schon entfernt.

Aus der Bemerkung von Ritter, Jahrb. 10, S. 278, geht hervor, daß hier schon Zinck gegraben hat. Im Friderico-Francisceum wird von einer Ausgrabung von Kegelgräbern bei Retzow nicht berichtet (über andere Hügelgräber vgl. unten S. 125), doch enthält die Schweriner Sammlung mehrere Bronzen aus der Zeit der Zinckschen Ausgrabungen (1804), die sicher nicht aus den Frid.-Franc. S. 71 berichteten Ausgrabungen stammen und daher mit großer Wahrscheinlichkeit hier aufzuführen sind; wir bezeichnen sie als Grab 11, es sind:

1. 2. Zwei bronzene Pfeilspitzen mit leicht gewölbten Flügeln, von 3,5 cm Länge; eine selten vorkommende Form.

Unter den nordischen Bronzen sind Pfeilspitzen sehr selten. S. Müller, Alterthumskunde I, S. 253, bemerkt, daß sie in Gräbern der älteren Bronzezeit ganz fehlen und schließt daraus, daß damals nur der Nahkampf, entsprechend der Kampfweise der Ilias, von eigentlicher Bedeutung gewesen wäre. Das stimmt noch für Schleswig=Holstein (Splieth a. a. O. S. 41 und 58), aber nicht mehr für Meklenburg. Hier kommen steinerne Pfeilspitzen in der dritten Periode verhältnißmäßig häufig vor. Die Nachweise sind oben S. 114 und unten S. 136 bei den Gräbern von Granzin und Loiz gegeben worden, und auch bronzene Pfeilspitzen finden sich z. B.

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in Peckatel und Friedrichsruhe. Es ist das wiederum ein Verhältniß, in dem sich Meklenburg mehr als die andern Provinzen des nordischen Bronzegebietes an südliche Bronzegediete anschließt. In Ungarn (Reineckes Periode II, s. A. E. S. 237, Fig. 5), Nieder=Oesterreich (Heger a. a. O. Fig. 17, 21, 22, vgl. S. 20 und 23; dort auch steinerne Pfeilspitze, Hörnes a. a. O. S. 76), Böhmen (Pič mehrfach, aber keine steinernen), Bayern (Naue S. 100), sind sie häufiger und die Form mit Röhren gehört dort anscheinend einer jüngeren Stufe an, entsprechend ungefähr wie bei uns M. III. Ein interessanter Fund ist der von Neu=Haldensleben, wo in einer Gruppe niedriger Hügelgräber auf dem dortigen Fuchsberge, die nach den Fundstücken der Periode M. III. anzugehören scheinen, eine ganze Anzahl steinerner Pfeilspitzen mit bronzener Schäftung und mit bronzenen zusammen gefunden sind (vgl. Wegener, Gymnasialprogramm Neu=Haldensleben 1897, S. 10 und 12).

3. Kleine Schmuckkegel aus Bronzeblech, wie sie unten S. 145 bei einem Grabe von Boldebuck zur Besprechung kommen werden.

4. Ein größerer Tutulus mit flach gewölbter Scheibe und kleiner Spitze, 5,5 cm Durchmesser, eine Uebergangsform von den großen Schmuckscheiben (s. Dabel S. 133) zu den gewöhnlichen Tutuli (z. B. Boldebuck unten S. 144).

5. Eine Pincette = S. Müller, Ordning 87, 5 cm lang. Ueber Pincetten in Kegelgräbern s. oben S. 106 bei Brahlstorf.

Der mit 2 bezeichnete Hügel ist von mir am 29. September 1896 ausgegraben (Grab 12). Der Aufbau der Grabanlage im Innern war außerordentlich deutlich. Der Urboden wurde bei 3 m Tiefe erreicht; da aber die Oberfläche schon abgegraben war, muß die ursprüngliche Höhe annähernd 4 m betragen haben. Der Durchmesser war nicht genau zu bestimmen, da die Ränder Beschädigungen zeigten; regelmäßige Anlage vorausgesetzt, wird er 20m betragen haben. Der Erbauftrag bestand aus gemischter Erde. 70 cm unter der jetzigen Oberfläche stieß man auf eine fast quadratische Steinplatte von 60 cm Durchmesser unter der ein regelmäßiger Steinkegel von 2,30 m Höhe und etwa 8 m Durchmesser aus Sammelsteinen aufgeschichtet war. In halber Höhe war er umstellt mit etwas größeren (etwa 30 cm hohen) aufrecht stehenden Steinen. Auf dem Grunde des Hügels war ein Steinpflaster und hier wurde auch das Grab gefunden; doch brachte es eine große Enttäuschung. Es fanden sich wohl

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Spuren des Leichnams, besonders deutlich ein Stück der Schädeldecke, aber nicht die geringste Beigabe. Einige schwarze Streifen sind vielleicht als Reste eines Sarges zu deuten. Auch einige Kohlenstücke lagen auf dem Grunde zwischen den Steinen, sonst nichts.

Es gehört also auch dieses Retzower Grab, das letzte einer einft stattlichen Menge, zu den unausgestatteten, von denen wir im Verlauf unserer Darstellung schon mehrere (vergl. Upahl, S. 93) aufzuzählen gehabt haben. Ob die Urnen vom Rande Nebengräbern angehören oder Nachbestattungen einer späteren Zeit sind, muß unentschieden bleiben.

Hügel an der Dammerower Scheide.

Am Wege nach Dammerow, rechts unmittelbar vor der Scheide, sind auf dem Meßtischblatt fünf Hügel neben einander angegeben, eine Gruppe, zu der noch drei daneben auf Dammerower Gebiete und ein ebendort etwas weiter nördlicher gelegener gehören. Ich zählte im ganzen auf Retzower Seite sieben Stellen, sechs fast ganz nieder geackert; eines in seiner Form sehr gestört, aber noch immer stattlich, mährend auf der Dammerower Seite fünf flache, ebenfalls stark niedergeackerte und zum Theil durchwühlte Gräber erkennbar sind. Nach Angabe der Arbeiter sind in den niedrigen Hügeln massenhaft Thongefäße gefunden, aber keine Bronzen.

Hier hat schon Zinck gegraben. 1806 sind mehrere Hügel aufgedeckt, die in der Mitte eine kleine Steinkiste mit Urnen enthielten (Friderico-Francisceum, S. 71, vgl. auch S. 56), wir bezeichnen sie als Nr. 13; erhalten ist von dem Inhalte nichts, doch gehören sie nach der Beschreibung sicher der jüngeren Bronzezeit an. Metallgegenstände sind damals anscheinend hier nicht gefunden, wohl aber in den anliegenden Dammerower Hügeln und später auch hier von Ritter.

Drei Gräber hat Ritter geöffnet (Jahrb. 11, S. 384); bezeichnet als Grab 5 bis 7.

Nr. 5. Steinkegel, 1,5 m hoch, 9 m Durchmesser. Darin sechs Graburnen mit zwei kleinen Thongefäßen und bronzenem Kleingeräth im Charakter der jüngeren Bronzezeit.

Nr. 6 und 7. Steinkegel, 1,2 m hoch, 9 m Durchmesser. Darin je eine Graburne mit bronzenem Kleingeräth, ebenfalls zweifellos jüngere Bronzezeit.

Ich habe den größeren Hügel am 28. September 1896 durchgraben (Grab 14), er war aus Sand und Kies aufgeschichtet

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und hatte die stattlichen Ausmessungen von 3,50 m Höhe und 21 bis 24 m Durchmesser. Es ergab sich aber, daß er schon ganz durchwühlt war. Urnenscherben und zerbrannte Knochen fanden sich zerstreut in der Erde, aber keine erkennbare Grabanlage mehr. Da der Hügel wesentlich höher ist, als die von Ritter hier ausgegrabenen, wird er zu den schon zu Zincks Zeiten durchsuchten "Urnenhügeln" gehören.

Hügel in der Niederung (Grab 15).

Etwa 500 m von der Gruppe an der Scheibe liegt auf abfallendem Terrain nahe der sumpfigen Niederung, die durch den Bach entwässert wird, ein auffallend großer Hügel, dem allein 96 Fuder Steine entnommen sind. Es fanden sich zwischen den Steinen mehrere Mahlsteine steinzeitlichen Charakters, eine schon wiederholt in bronzezeitlichen Gräbern beobachtete Erscheinung (vgl. Jahrb. 12, S. 420; 48, S. 323 und oben S. 99); über die Form und Ausstattung der Gräber, die der Hügel barg, sind keine Beobachtungen gemacht, doch hat man ein bronzenes Schwert geborgen, welches der Besitzer der Hufe, Herr Erbpächter Meyer, der Großherzoglichen Sammlung geschenkt hat. Es ist ein schönes Griffzungenschwert, breit, mit geringer Ausbiegung der Schneide, mit breitem flachen, scharf absetzenden Mittelgrate. Der (beschädigte) Griff hatte wohl drei Nietlöcher, an den Seiten sind je zwei. Länge noch 54 cm, Länge der Klinge 49 cm, größte Breite 4 cm. Das Schwert gleicht fast ganz dem viel besprochenen von der Akropolis in Mycenä (vgl. z. B. Naue, Bronzezeit, S. 87, und, mit besserer Abbildung, Montelius, Chronologie S. 168, Fig. 405), eine Form, die schon in der Periode M. II im Norden erscheint, in Meklenburg allerdings noch in keinem dieser Zeit mit Sicherheit zuzuschreibenden Grabe, aber in Menge in der folgenden Periode (vgl. z. B. oben S. 108), sodaß wir bei der zeitlichen Einordnung dieses Grabes keine sichere Entscheidung zwischen II und III treffen können.

Ueberblicken mir die Retzower Gräber als ganzes, so erhellt zunächst, daß es sich um mindestens zwei ganz verschiedenzeitliche Gräbergruppen handelt, solche der älteren und solche der jüngeren Bronzezeit. Zu der letzteren gehören die Hügel der Gruppe von der Dammerower Scheibe, also die als 5 bis 7, 13 und 14 bezeichneten. Alle andern sind der älteren Bronzezeit angehörig. Eine Scheidung zwischen dem früheren und späteren Abschnitt dieser Periode ist zum Theil durchführbar: 2, 3 und 8 sind in M. II; 1, 9, 10 und 11 sind nach III zu versetzen; die Stellung von 4, 12 und 15 muß unentschieden bleiben. Hätten wir ausreichende

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Nachrichten, so würde sich hier, wo so verschiedenartige Gräber neben einander liegen, der Unterschied zwischen den einzelnen Perioden, besonders der der Grabgebräuche in II und III haben feststellen lassen, wie an keiner zweiten mir bekannten Stelle im Lande. Leider aber fehlen Fundberichte über die Gräber mit reicherem Inhalt ganz, und das einzige sorgsam durchgrabene (12) hat keine Ausbeute ergeben. So bedeutet die sinnlose Zerstörung der Gräber im Jahre 1896 einen unwiderbringlichen Verlust für die heimische Alterthumskunde.