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Kegelgrab von Brahlstorf (bei Boizenburg).
(Katalog=Nummer Br. 234.)

Aeltere Berichte reden von einer größeren Anzahl von Hügelgräbern, die in einer Reihe auf einer Hügelkette von Brahlstorf bis Melkof sich hinziehen (Jahrb. 5 B S. 107). Größere und kleinere wechselten. In diesen Hügeln sind die ersten Ausgrabungen gemacht, von denen wir etwas genauere

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Kunde haben und von denen Ergebnisse bewahrt sind. Hier grub nämlich im Auftrage des Herzogs Christian Ludwig (1747-1756) der fürstliche Leibmedikus Hornhardt, dessen Sammlung 1759 an den Erbprinzen Friedrich ausgeliefert wurde und den Kern der jetzigen Großherzoglichen Alterthümersammlung bildet. Als aus Brahlstorf stammend sind in dem alten Kataloge verzeichnet (vgl. Friderico-Francisceum Text S. 3 und S. 55):

1. Eine Dolchklinge mit hohem Mittelgrate und zwei Nieten, die wir anbei abbilden, da wir die Form wiederholt (vgl. unten bei Goldenitz S. 108) zu erwähnen haben werden.

Dolchklinge

2. Eine Fibel (erhalten ein Theil des Bügels, zwei Spiralscheiben, Nadel), von der hier zu Lande häufigen, sonst seltenen Form der größeren Spiralfibeln mit länglichem flachen Bügel und Kreuzbalken an der Nadelendigung; abgebildet Frid.-Franc. XI, 2. Es ist eine Charakterform der Periode M. III in Meklenburg, die uns unten bei Retzow (S. 119) und Karow (?) wieder begegnen wird; ähnliche, aber größere Stücke z. B. in den berühmten Kegelgräbern von Alt=Sammit und Friedrichsruhe.

3. Ein Halsring, gewunden, an den Enden sich verbreiternd mit ineinander greifenden, in Spiralen endigenden Haken; abgebildet Frid.-Franc. X, 1, vgl. Text S. 118.

Offenbar sind diese Stücke nicht demselben Grabe entnommen; die Dolchklinge und die Fibel sind zu einander passende Stücke der älteren Bronzezeit (M. III); der Halsring aber gehört zweifellos einer viel jüngeren Zeit an (M. V. vgl. Tidsbest. 114), wie die Zusammensetzung zahlreicher Funde auch auf unserem Boden zeigt, vgl. Jahrb. 61, S. 230. Es hat das ja auch nichts Befremdendes, da ausdrücklich erwähnt wird, daß größere Hügel (also im Charakter der älteren Bronzezeit) und kleinere (also im Charakter der jüngeren) auf dem Gebiete, wo die Ausgrabungen stattgefunden haben, mit einander wechselten. 1 )

Erhalten sind zur Zeit auf dem Brahlstorfer Felde noch zwei


1) Doch mag, da solche Ringe in Gräbern sonst nicht gefunden werden, nicht unerwähnt bleiben, daß auf dem benachbarten Düssiner Gebiet, wo Hornhardt auch gegraben zu haben scheint, später ein Hängegefäß gefunden ist, welches derselben Zeit (M. V) angehört wie der Halsring; vgl. Jahrb. 37, S. 204, und Jahrb. 61, S. 224.
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Hügel, die den Namen "Beierberge" führen. Es knüpft sich an sie die Sage, daß in ihnen Gnomen ("Unterirdische") gehaust hätten, die aber zu einer Zeit ausgewandert ("über die Elbe gegangen") wären. Der Name enthält vermuthlich den Stamm "beiern" = "mit der Glocke anschlagen" und weist auf eine Sage von unterirdischem Glockenlauten, wie sie sich häufig an Grabhügel knüpft und auch, wo die Sage vergessen ist, oft noch im Namen (z. B. Glockenberg) weiter lebt. Der eine Hügel liegt an der Düssiner Scheide links vom Wege dahin und ist wohlerhalten; ihm gegenüber auf Düssiner Gebiet ein fast ganz gleicher; der andere liegt in einem kleinen Tannenbestande, nordöstlich vom Orte auf etwas ansteigendem Terrain. Dieser Hügel ist ganz aus Sand aufgetragen und mit Kaninchenröhren durchsetzt. In dem aufgeworfenen Sande einer solchen fanden Angehörige der gräflich Oeynhausenschen Familie vor einigen Jahren eine bronzene Pincette.

Pincette

Diese hat eine schöne helle Patina; die Zwingen sind verhältnißmäßig breit und greifen unten in einander; auf jeder Seite sechs getriebene Buckel; Länge 8, Breite unten 3,5 cm. Das Stück ist ungewöhnlich groß. Nach S. Müller 86, 87 gehört die Form Mannesgräbern aus dem jüngeren Abschnitt der älteren Bronzezeit an, womit, wie wir sehen werden, der Befund unseres Grabes durchaus stimmt. Häufig sind Pincetten in dieser Periode noch nicht (vgl. Naue S. 118), während sie in der folgenden zu dem fast regelmäßigen Grabinventar gehören. Doch haben wir immerhin einige, so aus älteren bronzezeitlichen Gräbern von Toddin, Lüssow, Friedrichsruhe (vgl. Frid. Franc. XIX, 5 und 6; in dem Exemplar von Friedrichsruhe scheint doch ein von S. Müller 18 vermißter Uebergangstypus von den Pincetten der Periode. M. II zu denen von M. III zu stecken); auch Splieth (94) und Montelius (57) setzen sie in M. III.

Ich habe darauf am 30. September 1901 den Hügel durchgraben. Es ergab sich, daß er aus Sand besteht, während der Grund kiesig ist. Der Hügel bildete eine ziemlich unregelmäßige halbrunde Kuppe von 3 m Achsenhöhe und 18 m Durchmesser. Gefunden sind darin drei Grabanlagen:

Grab I. Rahmenartige Steinsetzung; die Nordwestecke 1,6 m vom Mittelpunkte südlich, 1 m über dem Urboden, 1,80 m lang (ostwestlich), 1 m breit, am Westende größere Steine (bis 30 cm), sonst kleinere Geschiebesteine. Darin war eine Brandschicht, die noch unter der Steinsetzung bis auf den Urboden ging.

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Grab II. Damm größerer Steine, 4,5 m nördlich vom Mittelpunkte mit der Südostecke, 1 Meter über dem Urboden, darunter eine Brandschicht, und unter dieser ein Steinrahmen mit Steindamm von 2,30 und 1,10 m. Auf dem Pflaster war deutlich erkennbar die Lage eines Leichnams, allerdings in so geringfügigen Spuren, daß näheres nicht zu bestimmen ist, und Holzreste, wohl von einem Sarge stammend; außerdem Bronzespuren.

Grab III. An II nach Westen anschließend, ähnlich gebaut, aber einfacher; genauere Maaße waren wegen der Störung der Steinsetzung durch die Kaninchen nicht zu nehmen. Auch hier zeigten sich Spuren eines beerdigten Leichnams.

Außerdem fand sich im nordöstlichen Theile eine starke, bis auf den Urboden gehende Brandschicht.

Die Anlage der Gräber erinnert an die von Alt=Meteln, Sarmstorf und andere, die dem Ende der älteren Bronzeperiode entstammen. Während aber dort schon Leichenbrand herrscht, ist in Brahlstorf noch beerdigt. Die Brandspuren in den Gräbern stammen wohl von Feuern, die vor der Beisetzung hier abgebrannt sind. Wir werden analogen Erscheinungen noch mehrfach begegnen.