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Inhalt:

III.

Die Gräber der älteren Bronzezeit in Meklenburg.

Erster Theil.

Von Dr. Robert Beltz.

~~~~~~~~

N achdem in den letzten Jahrgängen der Jahrbücher die steinzeitlichen Erscheinungen im Lande Behandlung gefunden haben, soll im Folgenden in ähnlicher Weise die Bronzezeit besprochen werden. Wir beginnen mit den hervorragendsten Bildungen dieser in Meklenburg bekanntlich sehr gut vertretenen Periode, den Gräbern, und beschränken uns auf den älteren Abschnitt, da die neueren Beobachtungen aus der jüngeren Bronzezeit erst vor einigen Jahren (Band 61) behandelt sind. Auch hier werden wir zunächst nur neuere Ausgrabungen und Funde mittheilen, von denen sich eine beträchtliche Zahl (39) aufgesammelt hat. Eine Statistik des gesammten bronzezeitlichen Materials mag dann später nachfolgen. An unsere meklenburgischen Bronzegräber knüpfen sich eine große Anzahl Fragen und Probleme, zum Theil von einer Bedeutung, die weit über lokale Interessen hinausgeht, deren Löfung dem Schreiber dieser Zeilen nicht möglich ist. Immerhin sind einige allgemeine Bemerkungen für das Verständniß der Einzelberichte unumgänglich.

Es ist bekannt, daß Meklenburg einen Theil des nordeuropäischen Bronzegebietes bildet, eines Gebietes, das außer den skandinavischen Ländern einen kleinen Theil Norddeutschlands umfaßt, etwa einen durch eine Linie Wesermündung-Harz-Odermündung eingeschlossenen Ausschnitt, dessen südliche Ausdehnung elbwärts kein Zufall ist. In der ganzen Bronzezeit haben an dem Materiale, auf das sich unsere Kenntniß dieser Periode beschränkt, in unserem Lande dieselben Veränderungen in derselben Reihenfolge stattgefunden, wie dort; die Ordnung der Altsachen,

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die man hauptsächlich auf Grund des skandinavischen Materials vorgenommen hat, hat sich auch bei uns als richtig erwiesen. Das Hauptwerk über die Systematik der nordischen Bronzezeit ist Montelius Tidsbestämning inom Bronsålderen, Stockholm 1885, geblieben (im Folgenden abgekürzt mit M. genannt); hier werden die gesammten bronzezeitlichen Typen auf 6 Perioden aufgeteilt. Daß die Reihenfolge der Typen das Richtige trifft, ist wohl unbestritten. Weniger sicher ist es, ob man auf Grund dieser Eintheilung berechtigt ist, von sechs im Wesentlichen gleichartigen, nach Montelius sogar gleich langen Kulturperioden zu sprechen. Ich habe schon 1887 (Jahrb. 52, S. 3) hervorgehoben, daß die Perioden II III als ältere Stufe einerseits, IV V als jüngere anderseits sich enger aneinanderschließen, und an andrer Stelle (Vorgeschichte 1899, S. 36 u. s.) betont, daß weder die Anfangserscheinungen (M. I) noch die Schlußerscheinungen (M. VI) spezifisch nordisch sind. Das ist im Wesentlichen auch die Auffassung von Sophus Müller (Ordning af Danmarks Oldsager II Bronzealderen, im Folgenden mit dem bloßen Namen zitirt, Ordning af Bronzealderens Fund in den Aarböger for nordisk Oldkyndighed 1891 und Nordische Alterthumskunde 1898), der die Periode M. I nur als Anfang gelten läßt und von einer älteren Bronzezeit in zwei Stufen und von einer jüngeren in ebenfalls zwei Stufen spricht (I 1-2, II 1-2); diese vier stimmen mit M. II-V überein. Aus Deutschland liegt bisher nur aus einem Gebiete eine berechtigten Ansprüchen genügende Bearbeitung der nordischen bronzezeitlichen Erscheinungen vor: Splieth, Inventar der Bronzealterfunde von Schleswig=Holstein 1900, welches sich fast ganz an die Eintheilung von Montelius anschließt. Auch wir werden im Folgenden, allein schon der leichteren Verständigung wegen, stets nach Montelius zitiren. Die Funde, die wir behandeln, gehören der älteren Bronzezeit an, also M. I-III, und zwar ganz überwiegend der Periode M. III; von den 39 Grabfunden ist ein einziger (Warrenzin) in M. I, nur zwei (Wozeten und theilweise Hallalit) in M. II zu setzen, dagegen 31 in M. III (fünf geben keine genügenden Bestimmungspunkte). Und dem entsprechen unsere älteren Funde durchaus. M. II ist nur sehr schwach vertreten, die große Masse unserer älteren Bronzen gehört M. III an, und hier werden sich sicher noch zeitlich zu trennende Gruppen herausschälen lassen; einige Andeutungen werden unten gegeben werden. Wenn schon dieses Zahlenverhältniß der Vertheilung unserer Bronzegräber auf M. II und M. III einen scharfen Unterschied zwischen Meklen=

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burg einerseits und Schleswig=Holstein und Dänemark anderseits bedeutet, so wird dieser noch stärker, wenn man die einzelnen Typen ins Auge faßt. Es ergiebt sich daraus, daß Tracht und Bewaffnung des bronzezeitlichen Menschen, wie sie aus der Ausstattung der Gräber hervorgeht, in gar manchen Stücken von den dortigen Erscheinungen abweicht. So sind die steinernen Pfeilspitzen der Männergräber dort fremd, Handbergen, Halskragen mit einer bestimmten Spiralverzierung, große Nadeln mit flachem Kopfe, die Bandfibel mit Kreuzbalkennadel, die Fülle von Armschmuck in Frauengräbern eine hiesige Eigenthümlichkeit; wir werden wiederholt Typen zu besprechen haben, die über die Grenzen Meklenburgs wenig hinaufgehen und als lokale Formen anzusehen sind, allerdings nur in M. III. Diese Verschiedenheiten sind zweifellos durch eine stärkere Beeinflussung unseres Landes von der Bronzezeit südlicher Länder mitbedingt. Wir sind daher wohl berechtigt, von einer meklenburgischen Bronzekultur zu sprechen, die besonders gegen den Schluß der älteren Bronzezeit hervortritt.

Wenn sich in der angegebenen Weise ein Komplex wiederkehrender Erscheinungen zu dem Begriffe einer "älteren nordischen Bronzezeit" zusammenfassen ließ, dessen räumliche Grenzen, wenn auch nur in großen Zügen, bestimmbar sind, so können wir im Gegensatz dazu auch von einer südlichen Bronzezeit sprechen, welche Ungarn, Nieder= und Ober=Oesterreich, Böhmen und Süddeutschland umfaßt. Gewiß sind die lokalen Unterschiede hier größer als auf dem Gebiete der nordischen Bronzezeit; mit dieser verglichen aber zeigen ihre Typen eine Aehnlichkeit, die es uns im Norden bisher unmöglich macht, zu bestimmen, aus welchem Theile dieses weiten Gebietes die jener Gruppe angehörenden, hier auftretenden Stücke eingeführt sind. In diesem Sinne will das im Folgenden oft gebrauchte "südlich" verstanden sein. Eine ganz besondere Rolle in den Beziehungen zwischen der nordischen und der südlichen Bronzezeit hat das südwestliche Böhmen gespielt, wo wir ganz überraschende Analogien gerade zu unserer meklenburgischen älteren Bronzezeit finden. Im einzelnen sei auf folgende Behandlungen verwiesen, die im Folgenden mit den Namen der Verfasser genannt werden sollen: für Ungarn hat P. Reinecke in den Archaeologiai Ertesitö Budapest 1899 Band 19, S. 225 ff. eine Periodeneintheilung durchgeführt, die sich im allgemeinen an die von Montelius anschließt und die ganze Bronzezeit hindurch einen Parallelismus der dortigen Typen mit den nordischen erkennen

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läßt; die zweite ungarische Periode (Tafel V-VII) entspricht M. II, die dritte (Tafel VIII-X) M. III. Für Böhmen liegt jetzt das große Werk von Pič, Cechy predhistoricke, vor, dessen Band II 1900 die Hügelgräber des südwestlichen Böhmens behandelt, der Text für mich leider ganz unverständlich. Die österreichische Bronzezeit behandeln Heger, Mitth. d. pähist. Kommission d. K. K. Akademie I 1893 und Hörne Mitth. d. anthrop. Gesellschaft in Wien XXX, 1900, S. 72. Die bayerischen Verhältnisse hat Naue mit Hineinziehung eines weit über sein engeres Forschungsgebiet hinaufgehenden Materials in seinem großangelegten Werke "Die Bronzezeit in Oberbayern 1894" dargestellt und im wesentlichen zwei Gruppen, eine ältere und eine jüngere Bronzezeit, festgestellt, eine Zweitheilung, die für ganz Süddeutschland durchführbar erscheint. "Alt" und "jung" hat hier aber eine ganz andere Bedeutung wie bei uns, indem die ältere süddeutsche Periode unserer M. II, die jüngere unserer M. III entspricht, Perioden, die wir als ältere Bronzezeit zusammenfassen. Auf die jüngere Bronzezeit folgt dort die Hallstattperiode, welcher zeitlich im Norden die "jüngere Bronzezeit" gleichsteht.

Zwischen diesen südlichen und den nordischen Bronzezeitgebieten liegen nun weite Landstriche, auf denen überall bronzezeitliche Erscheinungen auftreten, die aber im Zusammenhange überhaupt noch nicht behandelt worden sind. Auf welchem Wege die Berührung zwischen nordischer und südlicher Bronzezeit sich vollzogen hat, muß daher hier unerörtert bleiben. Ein Weg weist westwärts durch Hannover, deutlicher tritt ein Saale 1 ) und Elbe abwärts gebender Weg hervor, und auch Einwirkungen von Osten her, besonders von Pommern, auf welches Land die reichentwickelte ungarische Bronzekultur schon früh bedeutenden Einfluß geübt hat, wohl auf dem Oderwege durch die Gebiete der "Karpodaker" Kossinnas, sind unverkennbar (vgl. unten Hallalit). Daß überall der Süden der gebende Theil gewesen ist und die nordische Bronzezeit eine isolierte Kulturerscheinung darstellt, die keine wesentlichen Rückwirkungen ausgeübt hat, scheint mir bei dem Gange der europäischen Kulturentwickelung selbstverständlich. In dem nordsüdlichen Verkehre nimmt nun unser Land eine ganz besondere Stellung ein; besonders in der Periode M. III haben wir eine ganze Anzahl von Gegenständen, die entweder direkt von Süden eingeführt sind, und von Typen, die dortigen nachgebildet sind; wir werden im Verlauf unserer Darstellung wiederholt darauf


1) Vgl. dazu Kossinna, Deutsche Geschichtblätter II S. 25.
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zurückzukommen haben. Schon ein Vergleich mit dem benachbarten Schleswig=Holstein zeigt wie ein stärkeres Hervortreten von M. III, so auch ein bedeutendes Vorwiegen südlicher Typen bei uns. Die meklenburgische ältere Bronzezeit macht als Ganzes entschieden einen jüngeren Eindruck als die dänisch=cimbrische.

Die Beziehungen, die zwischen den nordischen und den südlichen Bronzekulturen bestanden, festzustellen, ist nun schon darum von der größten Wichtigkeit, weil dies der einzige Weg ist, auf dem man absolute zeitliche Werthe für unsere Bronzezeit zu erlangen hoffen darf. Die Chronologie der klassischen Völker nützt uns hier nichts, für Griechenland und Italien sind die dort der nordischen Bronzezeit entsprechenden Zeitperioden ebenso gut vorgeschichtlich wie für uns; erst in den alten orientalischen Reichen geht das zeitlich fixirbare staatliche Leben in die entsprechenden hohen Zeiträume hinauf, und von den Regierungszeiten ägyptischer Könige hängt schließlich auch die chronologische Festlegung der meklenburgischen Bronzegräber ab. Das giebt natürlich eine sehr komplizirte Rechnung mit sehr weiten Fehlergrenzen, und von gesicherten Ergebnissen kann hier noch keine Rede sein. Wie weit die Ansichten kompetenter Forscher hier auseinandergehen, möge umstehende schematische Tabelle zeigen, bei der wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden braucht, daß die geraden Linien in Wirklichkeit ganz beträchtliche Kurven bedeuten. Am eindringlichsten ist bekanntlich Montelius dem chronologischen Probleme zu Leibe gegangen, welcher sogar für die einzelnen Perioden seines Systems Jahresgrenzen gefunden zu haben hofft. Ich kann dem verdienten Forscher, dessen Systematik ich mich sonst fast ganz anschließe, auf diesem Gebiete nicht folgen; ich halte es für einen Grundfehler, jeder "Periode" eine bestimmte Anzahl Jahre (200) zuschreiben zu wollen, wo doch unsere Kenntniß der Perioden fast nur auf gewissen Typen beruht, deren zum Theil recht geringfügige Formenveränderungen zeitlich überhaupt nicht faßbar sind. Wir werden uns bei dem jetzigen Stande der Forschung, soweit ich ihn zu übersehen vermag, was mir bei der theilweisen Entlegenheit und der Vielsprachigkeit der betreffenden Veröffentlichungen nur in sehr bedingtem Maaße möglich ist, mit einigen groben Umrissen begnügen müssen, und da wird die Ansetzung von Montelius, daß die ältere (reine) nordische Bronzezeit um das Jahr 1000 herum zu Ende geht, das Richtige treffen. Wie weit man sie noch in das zweite hinauf= oder in das erste herunterrücken soll, wird einmal von der Fixirung des Dipylonstils in Griechenland und des Villanovastils in Italien abhängen, sodann

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Tabelle
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aber auch von der Herstellung eines Synchronismus zwischen den dortigen und hiesigen Erscheinungen, beides noch ungelöste Fragen; vor einer zu hohen Ansetzung möge der Skalleruper Wagen warnen! Den Beginn der Bronzezeit rückt man jetzt bis in den Anfang des zweiten Jahrtausends hinauf, und es wird dagegen nichts einzuwenden sein, aber für die Zeit, wo die fast gemeineuropäische älteste Periode (M. I) sich von der spezifisch nordischen Bronzezeit (M. II) scheidet, ist bisher kein überzeugendes Datum beigebracht. Ich kann mich also nur zu der ganz allgemeinen Ansetzung:

Erste Periode:    
  Beginn der Bronzezeit 2000-X,    
zweite Periode: Vertikale Klammer X-1000
  ältere nordische Bronzezeit, erster Abschnitt
dritte Periode:
  ältere nordische Bronzezeit, zweiter Abschnitt

entschließen, werde aber sehr erfreut sein, wenn die auf genauere Werthe und Herstellung eines Synchronismus gerichtete Betrachtungsweise, wie sie neuerdings besonders von P. Reinecke mit weitem Blick und eindringender Sachkenntniß geübt ist, recht bald Erfolg haben wird.

Unsere Kenntniß der Bronzezeit beruht nach dem Gesagten in erster Linie auf den Geräthtypen. Dazu kommen die Gräber. Von anderen Kulturerscheinungen ist wenig erhalten: Wohnplätze in verschwindender Anzahl, Befestigungs=Anlagen fehlen. Also fast alle unsere Kenntniß des bronzezeitlichen Lebens entnehmen wir seinen Gräbern. Neben den niedergelegten Objekten sind die Grabgebräuche und Grabbauten der Gegenstand unserer Studien. Und da ist es zuerst eine Frage, die sich hier aufdrängt, das ist die Bestattungsart; besonders das Verhältniß von Beerdigung und Leichenbrand. Es ist unmöglich, alle hier zu beachtenden Gesichtspunkte zu berühren, und es sei auf die bahnbrechende Arbeit von Olshausen über Leichenbrand (Verhandlungen der Berliner anthropol. Geseilschaft 1892, S. 129 flgd.) verwiesen. Abweichend von Olshausen werden wir aber, und glauben damit dem Sprachgebrauche näher zu kommen, Bestattung als Allgemeinbegriff, Beerdigung (für die Beisetzung unverbrannter Leichen) und Verbrennung als Unterbegriffe fassen. "Begräbnisse" im gewöhnlichen Wortsinne kennt die ältere Bronzezeit nicht.

Es ist nun sehr merkwürdig, daß das Verhältniß von Leichenbeerdigung und Leichenbrand in der Bronzezeit auf sehr weiten Gebieten dasselbe ist, indem in älterer Zeit die Todten beerdigt, in jüngerer verbrannt wurden, und zwar geht die Analogie noch weiter: überall treten zur Zeit der entwickelten Bronzezeit Hügel=

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gräber zunächst mit Beerdigung auf, die später meist durch Flachgräber mit Leichenbrand (Urnenfelder) ersetzt werden; auch die Zwischenstufe, Hügelgräber mit Leichenbrand, scheint meist vorhanden. So finden sich in Ungarn in der unserer Periode M. II entsprechenden Stufe Hügelgräber mit Beerdigung, in der Zeit von M. III Hügelgräber und Flachgräber mit Leichenbrand; ähnlich in Böhmen und Oesterreich; in Bayern hat die ältere Periode (M. II) Beerdigung in Hügeln, die jüngere (M. III) ebenfalls in Hügeln Leichenbrand, sehr selten in Urnen, aber noch immer vereinzelt Skelette. - Auf unserem Gebiete haben wir ziemlich komplizirte Vorkommnisse: für M. II ist unser Material zu gering, um von einer Regel in der Bestattungssitte sprechen zu können; soweit ich sehe, herrscht hier die Beerdigung in Hügeln durchaus. In M. III aber haben wir eine reiche Fülle von Erscheinungen, und die folgenden Berichte werden manches neue Material bringen, ohne die Frage aber schon vollständig lösen zu können. Klar ist, daß die Beerdigung die überwiegende Bestattungsart ist, daß aber der Leichenbrand daneben sehr früh auftritt und gegen das Ende der Periode zu den Sieg gewinnt; in den auf die ältere Bronzezeit folgenden Perioden herrscht er ja auch viele Jahrhunderte, ja über ein Jahrtausend, ausschließlich. Nachweisbar ist auch, wie die Form des Körpergrabes noch beibehalten wird (Alt=Meteln S. 96), als die Verbrennung schon Sitte geworden ist, und wie die in der Folgezeit allgemeine Beisetzung der Gebeine in Urnen auf unserem Gebiete in dieser Periode nur ganz ausnahmsweise (s. Basedow) vorkommt. Der alte Brauch der Beerdigung hat sich also hier entschieden länger gehalten als im Süden. Wie aber der Uebergang sich vollzogen hat, das bleibt noch dunkel. Ich glaube wahrscheinlich machen zu können, daß der Leichenbrand in Frauengräbern häufiger ist als in Männergräbern, ohne aber doch allgemein geworden zu sein; wir werden eine ganze Reihe Beerdigungen von Frauen aufzuzählen haben. Wie sorgsamer Beobachtungen es hier bedarf, wird unten z. B. das Grab von Blengow zeigen, wo unter dem Beerdigten verbrannte Gebeine doch wohl für ihn verbrannt, also Opfer, lagen. Solche Erscheinungen sekundären Leichenbrandes sind natürlich gesondert zu betrachten; doch liegt in ihnen vielleicht zum Theil die Erklärung der Sitte überhaupt. Man neigt jetzt dazu, die Sitte des Leichenbrandes in vorgeschichtlicher Zeit auf die Anschauung der Befreiung der Seele von den Banden des Körpers zurückzuführen und hat darin eine mächtige Stütze in Homerischen Anschauungen. Zweifellos darf man diese für

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die Denkweise des bronzezeitlichen Menschen heranziehen, da die Homerischen Gedichte ihren Stoff und einen guten Theil ihrer Vorstellungen der jüngeren Mycenezeit entnehmen, welche zeitlich dem Ende unserer älteren Bronzezeit (M. III) entspricht. Eine frühere Erklärung (die von Jakob Grimm) sah im Leichenbrande ein Opfer, und zwar dachte man dabei an ein Opfer für die Götter. Wenn wir nun in den bronzezeitlichen Gräbern und schon sehr früh (vgl. den zu dem Grabe von Blengow angeführten Fund von Schülp M. I) Leichenbrand als Opfer antreffen und weiterhin die Weiber verbrannt neben den beerdigten Mannern, so liegt der Gedanke nahe, daß auf diesem Wege der Leichenbrand überhaupt zur Sitte geworden ist, vielleicht allerdings in Verbindung mit neuen, von Süden her eindringenden Vorstellungen, die sich an ihn knüpften.

Die Grabform der älteren Bronzezeit schien auf unserem Boden so durchgehend das Hügelgrab zu sein, daß Lisch die ganze Periode (mit Einschluß sogar der jüngeren Bronzezeit) als "Periode der Kegelgräber" bezeichnet hat. Wir werden sehen, daß, wenn auch ganz vereinzelt, Flachgräber vorkommen. Die Form der Hügel ist recht verschieden; es sind ja jetzt meist rundliche Kuppen von sehr verschiedener Höhe (1 1/2 bis 9 m), und mir ist kein Grab bekannt, das eine ausgesprochene Kegelform bewahrt hätte, doch ergiebt sich bei der Ausgrabung oft, daß der ursprüngliche, an den Umfassungssteinen erkennbare Durchmesser im Verhältniß zu der vorauszusetzenden Höhe nicht bedeutend war, also eine dem Kegel nahekommende Gestalt vorauszusetzen ist, und ich habe daher den traditionellen Namen bei allen größeren Hügeln beibehalten. Die bronzezeitlichen Hügelgraber vertheilen sich nun durchaus nicht gleichmäßig über das Land, sondern lassen sich zu einer Anzahl von Gruppen vereinigen, über die auf meine Vorgeschichte S. 38 verwiesen sein mag. Wir ordnen in der folgenden Besprechung die Gräber in der dort gegebenen Art, also beginnend mit dem Nordwesten des Landes und mit dem Nordosten schließend. Auch unter den unten zu besprechenden Gräbern werden die dort als bevorzugt erscheinenden Gebiete besonders hervortreten; neu ist, daß auch die wenig durchforschten Gruppen 2 und 6 jetzt einige hervorragende Funde ergeben haben. Ob auch im Inhalt der Gräber sich lokale Verschiedenheiten von Bedeutung zeigen, bleibe noch unerörtert; jedenfalls hat sich auch hier die Ausbeute der Gräber im Westen des Landes als sehr ärmlich herausgestellt, und auch der Osten hat keine reicheren Funde ergeben. Die Zahl der Gräber, wo keine oder nur geringfügige Alterthumsfunde gemacht sind, ist überhaupt

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verhältnißmäßig groß, und man pflegte solche Ausgrabungen in einer Zeit, wo nur der Erwerb interessanter Gegenstände das Ziel von Untersuchungen vorgeschichtlicher Denkmäler war, als ergebnislos zu bezeichnen. Wir denken heute darüber anders; die Kenntniß der Grabanlagen hat einen selbstständigen Werth, und die Aufschlüsse über die in ihnen sich offenbarenden Sitten sind die einzigen Mittel, mit denen wir in die hinter ihnen stehenden Anschauungen, also das geistige Leben der alten Bevölkerung einzudringen hoffen dürfen, sie sind uns oft werthvoller als der Besitz der sich so oft wiederholenden Objekte. Daß in den älteren Berichten, auch in denen von Lisch, so wenig auf die Grabanlage geachtet ist, ist ein nicht zu überwindender Verlust. Es wird die Aufgabe einer späteren Behandlung sein, auf Grund der an den neueren Ausgrabungen gemachten Erfahrungen die älteren Berichte zu revidiren. Ich gebe im Folgenden im Wesentlichen nur Berichte über Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte und Funde, die bisher unveröffentlicht geblieben sind; nur wo es zur richtigen Würdigung neuerer Ausgrabungen erforderlich war, (z. B. bei Retzow) sind ältere Fundberichte herangezogen. Unter den zu besprechenden Funden sind eine ganz Anzahl, und gerade einige der bedeutendsten, die sich nicht im Schweriner Museum befinden, sondern in kleineren öffentlichen Sammlungen oder in Privatbesitz. Ich bin erfreut, diese Sachen, die naturgemäß schwerer zugänglich sind und für die wissenschaftliche Behandlung leicht verloren gehen, hier bekannt geben zu können und sage auch an dieser Stelle den Herren, die sie mir zu dem Zwecke überlassen haben, meinen herzlichsten Dank.


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Kegelgräber von Upahl (bei Grevesmühlen).

Der an steinzeitlichen Funden so reiche Nordwesten des Landes hat für die Bronzezeit nur wenig ergeben; größere Grabanlagen, die man in Zusammenhang bringen könnte, sind nur südöstlich von Grevesmühlen bekannt geworden: hier liegen noch jetzt zwei schöne, in ihrem Kern anscheinend unberührte Kegelgräber gegenüber dem Sternkruge (Gemeinde Meiersdorf); vergl. Jahrb. 6 B, S. 69. Drei werden zu Groß=Pravtshagen erwähnt (Jahrb. 18, S. 246), von denen zwei nicht mehr zu erkennen sind, während das dritte, der große und schön gelegene "Rauhe Berg", zum größten Theile abgetragen und niedergeackert ist, wobei man wohl Steinsetzungen und Kohlenschichten, aber keine Altsachen gefunden hat; ein weiteres liegt bei Hilgendorf, nahe dem Plüschower

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Holze; und dazu kommen nun zwei bisher nicht beachtete bei Upahl, welche Verfasser im Juli 1894 mit Hülfe des Herrn Lehrer Däbler in Upahl untersucht hat.

1. Der "Ramberg" liegt auf der Hufe des Erbpächters Schulzen Greve, gleich östlich vom Orte am Wege nach Gr.=Pravtshagen. Das Gelände ist uneben, und der Boden besteht aus schwerem Lehm. Die Bestimmung der ursprünglichen Höhe ist nicht möglich, da der Hügel stark niedergeackert ist. Auch sind ihm schon beträchtliche Steinmengen entnommen; beobachtet ist damals, daß im ganzen Hügel in geringer Tiefe ein Steinkranz aus Blöcken von etwa 40 cm lief, zwischen denen Asche und Kohlen lagen. Altsachen sind dabei nicht gefunden. An den Hügel knüpft sich folgende Sage: Zur Erntezeit erschien auf der Spitze täglich ein gedeckter Tisch, der wieder verschwand wenn die bei der Ernte beschäftigten Leute abgegessen hatten. Eines Tages blieb er stehen, man fand, daß eine Gabel fehlte. Diese hatte ein Knabe entwendet; sie wurde zurückgebracht, der Tisch verschwand, kam aber nie wieder.

2. Der "Twäschenbarg" (Zwillingsberg) liegt etwa 200 m südöstlich vom Ramberge, gleich links von einem Feldwege auf der Hufe des Erbpächters Evert. Er war bedeutend niedriger als der Ramberg und schien im Wesentlichen unberührt zu sein; auch hier war man auf Steine gestoßen; ich habe ihn daher bis auf den Grund durchgraben lassen. Der Hügel war regelmäßig rund geformt und bestand aus Lehm mit Sand gemischt. Bei 1 m Tiefe schon wurde der Grundboden erreicht (schwerer und fester Lehm), der Durchmesser der Grundfläche betrug 10 m. Im Mantel des Hügels lagen einige Kohlenstücke und kleine Thongefäßscherben, auf dem Grunde ein ovaler Steinkranz aus Blöcken von etwa 50 cm Höhe, 8 m ostwestlich, 6 m nordsüdlich; am nördlichen Ende außerhalb des Steinkranzes ein fest gefügter Steindamm 3 m ostwestlich, 1,5 m nordsüdlich. Von einer Bestattung zeigten sich keine irgendwie erkenntlichen Reste. Da aber bei mehreren der weiterhin zu besprechenden Gräber (Wittenburg, Brahlstorf, Retzow, Deperstorf) sich ergiebt, wie außer ordentlich geringfügig oft die Spuren der Beisetzung sind, dürfen wir auch hier eine oder mehrere Bestattungen vermuthen.

Die Anlage des rundlichen Grabhügels auf einem natürlichen Hügel wird uns auch sonst begegnen (Wittenburg, Hallalit, Waren, Blengow, Deperstorf). Eine genauere zeitliche Bestimmung der Anlage würde noch verfrüht sein.

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Kegelgrab von Alt=Meteln (bei Schwerin).
(Katalog=Nummer Br. 487-490.)

Am Wege von Alt=Meteln nach Zickhusen nordöstlich vom Orte liegen zwei große und schöne mit Gestrüpp bewachsene Grabhügel, danach die "Strowelbarge" (oder "Strubbenbarge") genannt: der eine rechts vom Wege im Pfarracker 1 Kilometer vom Dorfe entfernt, der andere links etwas weiter im Acker des Erbpächters Facklam. Zahlreiche Sagen knüpfen sich an die Hügel; auf dem ersten soll in gewissen Nächten eine "Spinnmutter" sitzen, im zweiten sollen Unterirdische hausen, für welche die Bauern, wenn sie ihr Korn nach Wismar fuhren, einige Garben niederlegten; bei der Rückfahrt fanden sie dann das Geld, nach anderer Erzählung eine gedeckte Tafel vor, von der ein Bauer einmal einen goldenen Becher mit nach Hause genommen hätte. Eine ähnliche Sage ist eben bei Gelegenheit des Kegelgrabes von Upahl erwähnt.

Im Winter 1898/99 hatte der Pfarrpächter Buse einen Theil der Erbe des ersten Hügels zur Wiesenverbesserung abgefahren, und es hat darauf Ende März 1899 eine Ausgrabung stattgefunden. Der Hügel zeigte die Form eines Ovals von etwa 15 m Länge (nordsüdlich) und 12 m Breite, hoch scheint die ursprüngliche Form rund gewesen zu sein; die Höhe war etwa 3,40 m, er bildet die Spitze eines langsam ansteigenden Ackerstücks, in Folge dessen er noch höher erscheint.

Um den Hügel ging früher ein Steinkranz, der allmählich entfernt ist; seine Form ließ sich nach Angabe der Arbeiter und einigen noch gebliebenen Steinen herstellen und führt auf einen (inneren) Durchmesser von 14 bis 15 m. Der Auftrag bestand aus schwerem, kalkhaltigem Lehm und schien festgestampft zu sein, wenigstens bildete er eine fast steinharte Masse die zum Theil mit der Spitzhacke entfernt werden mußte, ähnlich wie bei dem Kegelgrabe von Radelübbe (unten S. 97). Die Ausgrabung war unter diesen Umständen schwierig und ging nur langsam vor sich. Auch ist noch immer ein beträchtlicher Theil des Hügels an den Rändern (etwa 1/4 des ganzen) stehen geblieben. Ich fand das Grab nicht intakt mehr; das ganze nordöstliche Viertel fehlte, sodaß meine Ausgrabung nur etwa die Hälfte umfaßt hat und nicht den Anspruch machen kann, alle Geheimnisse der Spinnmutter entschleiert zu haben.

Zwischen dem Erdauftrag fanden sich zahlreiche Kohlen und kleine Bronzestücke. Schon 60 cm unter der Oberfläche, etwa

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2,40 m nordwestlich von dem vorauszusetzenden Zentrum war eine starke Brandschicht von 50 cm Durchmesser, dazwischen kleine geschmolzene Bronzestücke unbestimmbarer Art, wohl ein Opferfeuer. Größere Steinsetzungen waren im Hügel überhaupt nicht, doch fanden sich zwei Gräber, beide auf dem Urboden:

Grab I. Steinhäufung von 0,40 m Höhe, 3,30 m Länge (südostnordwestlich) und 0,95 m Breite, 2 m vom Zentrum nach Nordosten. Der innere (Grab=) Raum war abgedämmt und bildete eine flache Mulde von 2,75 und 0,45 m. In diesem Räume lagen zahlreiche zerbrannte Knochen, nicht gleichmäßig vertheilt, sondern besonders in der Mitte, dazwischen kleine Stücke von zarten Bronzegegenständen, erkennbar die Reste von Nadeln und eine feine Fibel. Der Bügel ist gerade gestreckt, rund und mit ganz feinen Querstricheln (Nachahmung der Torsion) versehen; die Spiralscheiben nur 1 cm Durchmesser; das Ende der Nadel leider unkenntlich, aber sehr wahrscheinlich in der Art des bekannten Typus, von dem wir beistehend ein Stück abbilden. 1 )

Fibel

Wir werden der für M. III charakteristischen Form noch begegnen bei Ruthenbeck, Sarmstorf, Liepen, Blengow (in Gold) und Stülow; zwei anderen, aber verwandten, gleichzeitigen Typen bei Retzow und Sarmstorf.

Dieses Grab reichte bis an den Rand der Abgrabung. Nach Angaben der Arbeiter sind in dieser hier auch Steine angetroffen und dazwischen Reste eines bronzenen Ringes, sehr wahrscheinlich ein zweites Grab. Die Bronzereste sind offenbar im Feuer gewesen und entstammen anscheinend einem gedrehten Halsringe, wie wir sie im Folgenden bei gleichstufigen Gräbern von Radelübbe, Ruthenbeck, Turloff, Schlemmin, Sarmstorf, Boldebuck, Vogelsang und Kl.=Grenz bekommen werden.

An der Südostecke des Grabes war eine starke Brandschicht (Asche und Kohlen).

Grab II. 2,50 m vom Mittelpunkte nach Süden; in der Anlage dem vorigen gleich, doch bestehen die Wände aus größeren, aufrecht gestellten Steinen. Länge (ostwestlich) 2,20, Breite 0,70 m (innen 1,90 und 0,40 m). In einer Mulde zerbrannte Knochen, durch das Grab zerstreut, am Westende zu einem Haufen ge=


1) Die Abbildung ist genommen nach einem im Moor bei Krassow bei Güstrow gefundenen 12,5 cm langen Stück (K.=N. 2693, vgl. Jahrb. 16, S. 271).
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sammelt; überdeckt mit einer Steinschicht, sodaß hier eine Abdeckung nach oben stattgehabt zu haben scheint.

Auch hier lag im Süden des Grabes eine Brandschicht. Oberhalb des Westendes, etwa 40 cm unter der Oberfläche des Hügels (das Grab selbst lag 2,40 m tief) standen zwei glatte, große Steine, die wohl die Lage des Grabes im Hügel bezeichnen sollten (ähnliches unten bei Waren).

Außerdem fanden sich im westlichen Theile des Hügels, 4 m vom Mittelpunkte, im Halbrund gesetzte Steinblöcke, deren Bedeutung unklar bleibt.

Die zeitliche Stellung des Grabes ergiebt sich aus der Bestattungsart. Die eigenthümliche Sitte, die Reste des Leichenbrandes in Gräbern zu bergen, welche die Form des Körpergrabes noch bewahren, ein Kennzeichen einer Zeit, wo der Leichenbrand über die alte Sitte der Gestaltung den Sieg davontrug, wird uns noch weiter begegnen. so in dem Grube von Sarmstorf unten S. 139, wo auch eine fast gleiche Fibel gefunden ist. Mit diesem hat es auch den sparsamen Gebrauch der Steine gemein, während die große der bronzezeitlichen Gräber sehr bedeutende Steinmassen verbrauchen. Hierin ähnelt es auch sehr dem "Beierbarge" von Brahlstorf (unten S. 106), wo ganz gleich gebaute Gräber auch fast ohne Ausstattung, aber mit Leichenbeerdigung, sich fanden.

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Kegelgrab von Radelübbe (bei Hagenow).
(Katalog=Nummer Br. 298-300.)

Am Wege von Radelübbe nach Gammelin links, etwa 600 m westlich vom Dorfe, lagen in ganz ebenem Gelände auf sandigem Boden neben einander drei sehr auffallende Hügel, "Dreibergen" genannt. Zwei sind allmählich abgetragen, da der Lehm, aus dem sie bestanden, zur Ackerverbesserung und auch sonst sehr erwünscht war; Brandstellen und Gefäßscherben sind dabei beobachtet, größere Steinsetzungen und Metallsachen aber nicht. Der dritte, zur Erbpachthufe Nr. 4 gehörig, wurde im Winter 1889/90 angegriffen, und man stieß dabei auf eine Steinsetzung, in der sich Bronzen fanden. Ich habe daraufhin am 27. und 28. Mai 1890 und 19. bis 21. Mai 1891 den Hügel durchgraben.

Derselbe war mit Gebüsch bewachsen und ganz aus schwerem Lehm, der über den Grabstellen noch besonders fest gestampft war, aufgeführt, was auffallend ist, da Lehm in der Nähe gar nicht zu finden, das Material also weiter hergeholt sein muß.

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Die Achsenhöhe betrug 3,50 m, der Durchmesser war nicht genau zu bestimmen, da die Ränder beschädigt waren und Umfassungssteine fehlten, wird aber etwa 20 m betragen haben. Der Hügel glich also in Anlage und Form genau dem von Alt=Meteln, was um so mehr zu beachten ist, als die ganze Gegend westlich und südlich von Schwerin an Kegelgräbern sehr arm ist. An das Radelübber Grab knüpfte sich in unbestimmter Form die übliche Sage von einem goldenen Sarge oder einer goldenen Wiege.

Die Ausgrabung ergab mehrere Grabstellen.

Grab I. Nach der Lage das Hauptgrab. Ziemlich in der Mitte des Hügels, die Südostecke unter dem jetzigen Mittelpunkte, eine Steinsetzung auf dem Urboden; zwei Schichten größerer Dammsteine (etwa 15 cm Durchmesser), an den Längsseiten mit aufgeschichteten Wänden aus größeren (bis 60 cm hohen) Steinen; Länge 4 m (ostwestlich), Breite 3,40 m. Auf den Steinen Spuren von Knochen, sehr wahrscheinlich von einem beerdigten Leichnam; von Beigaben keine Spur.

Grab II. 4 m östlich vom Mittelpunkte, nicht auf dem Urboden, sondern etwa 1 m höher, ein einfacher Damm aus kleineren Steinen, 5,60 m lang (ostwestlich), also bis an den (jetzigen) Rand des Hügels gehend, und 2,20 m breit. Darunter war eine muldenartige Vertiefung, die etwa 60 cm tief ging, nicht mit Steinen ausgesetzt. Die Mulde war gefüllt mit lockerer Erde, die mit Asche durchsetzt war. Auch hier fanden sich nur Spuren von Knochen, keine zerbrannten Gebeine, sodaß auch hier die Beerdigung wahrscheinlich ist. Nahe dem östlichen Ende fand sich ein viereckiges Ortband mit Resten der hölzernen Scheide. Es hat die Form eines Pyramidenstumpfes und ist mit längslaufenden Linien verziert. Breite (unten) 1,25, Höhe 1 cm. Es ist die S. Müller 93 abgebildete, der dritten Periode eigenthümliche Form des Abschlusses der Schwertscheiden. Es scheint also wirklich, daß dem Beerdigten nur die Schwertscheide mitgegeben ist, von einem Schwerte fand sich keine Spur. Beispiele für diese Seltsamkeit sind mir nicht bekannt.

Grab III. Nördlich von I, etwa 4 m vom Mittelpunkte, an I fast anschließend. Es ist dieses das Grab, welches bei der Abtragung des Hügels angetroffen und zum größten Theil zerstört wurde. Ich fand noch unberührt den südlichen Theil, 4 m lang (ostwestlich), 2 m breit, doch war die ursprüngliche Anlage sicher so gewesen, daß die Längsrichtung nordsüdlich war. Es war aus mehreren Schichten größerer Dammsteine errichtet, an den Rändern aufrecht stehende Granitblöcke. Zwischen den Steinen fand ich noch

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Scherben starkwandiger Thongefäße, Asche, Kohle und zerbrannte Menschenknochen. In dem abgegebenen Theile waren eine Anzahl Bronzen gefunden, über die ich aber nur weniges in genauere Erfahrung bringen konnte; ein zerbrochener Ring (anscheinend der Rest eines gedrehten Halsringes) ist in Privatbesitz gekommen. Einen Tutulus (Zierkegel mit Steg auf der Unterseite) konnte ich noch erwerben.

Tutulus

Er ist verziert mit konzentrischen Kreisen auf dem Mantel und geht jetzt spitz zu; ob er ursprünglich in einer kleinen Scheibe endigte wie das unten zu besprechende Stück von Klein=Grenz und das S. Müller 116 abgebildete, ist nicht mehr zu entscheiden. Höhe 4, Durchmesser der unteren Seite 5,5 cm. Ein ganz gleicher stammt von Boldebuck (S. 144 dieser hier abgebildet), und wir werden ähnliche noch bei Retzow, Schlemmin, Liepen, Stülow und Klein=Grenz antreffen.

Außerdem fand sich noch im südwestlichen Theile, 1,60 m unter der Oberfläche, eine kleine zerdrückte Henkelurne, welche umgestülpt in einer Schicht schwärzlicher, mit Brandresten durchsetzter Erde stand, dabei eine Anzahl zarter zerbrannter Knochen. Ob das eine Nachbestattung ist oder Reste eines Todtenopfers, welches, als der Hügel halb fertig war, gebracht ist (ähnlich wie in Alt=Meteln), bleibe dahingestellt.

Wenn auch die Ausbeute des großen Hügels nur geringfügig ist, so genügt sie doch zur zeitlichen Bestimmung. Das Grab gehört sicher in eine Reihe mit unseren bekannten großen Gräbern der dritten Monteliusschen Periode, Alt=Sammit, Ruchow, Friedrichsruhe, Peckatel u. s. w., einer Gruppe, von der wir unten in den Gräbern von Boldebuck, Blengow, Stülow noch drei hervorragende Vertreter zu behandeln haben werden. Daß das Grab, in dem man nach der Lage das Hauptgrab zu erwarten habe, überhaupt keine Ausstattung zeigt, wird uns noch wiederholt (Brahlstorf, Retzow, Deperstorf) begegnen. Fast allgemein zeigen in dieser Periode das Hauptgrab oder die Hauptgräber Beerdigung, während am Ende der Periode der Leichenbrand den Sieg davon getragen hat (vergl. Alt=Meteln, Sarmstorf). Neben der Beerdigung des Hauptgrabes erscheint

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aber sekundärer Leichenbrand und zwar in mehreren Fällen, so besonders im Kannensberge von Friedrichsruhe so, daß der männliche Leichnam beerdigt, die Frau verbrannt beigesetzt ist. Dahin ist auch das Radelübber Grab zu rechnen, denn daß die Beigaben des nördlichen Grabes (III) eine weibliche Ausstattung enthalten haben, kann nach den erhaltenen Gegenständen nicht zweifelhaft sein; ein Beispiel vollständiger weiblicher Ausstattung wird uns unten bei Boldebuck beschäftigen.

Auffallend ist auch hier die ungleiche Vertheilung der Gräber im Hügel: alle drei lagen im Norden und Osten; ganz leer war der Westen. Das Gleiche werden wir bei Wittenburg und Blengow zu bemerken haben, während umgekehrt bei Stülow der östliche Theil leer war. Einen Zufall in solchen Erscheinungen zu sehen, ist in dieser Zeit, der älteren Bronzeperiode, die ein sehr ausgebildetes Grabrituell gehabt hat, nicht angängig. Deutungen zu wagen, werden wir aber erst berechtigt sein, wenn noch sehr viel mehr Beobachtungen gesammelt sind, als wie bisher vorliegen.

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Kegelgräber von Perlin (bei Wittenburg).
(Katalog=Nummer B 360.)

In dem Gehölz südwestlich vom Gute nahe der Scheide zu Pogreß liegen eine Anzahl sichtlich aufgetragener Hügel. Ich zählte im Jahre 1884 acht; wohl eine Gruppe von bronzezeitlichen Gräbern, ähnlich wie auf dem benachbarten Felde von Pogreß. Einen habe ich im Mai 1884 aufgegraben. Dieser hatte eine Höhe von etwa 1 1/2 m und bestand zum großen Theil aus Steinen (unter diesen war ein muldenförmiger Mühlstein). Da er mit alten Bäumen bestanden war, hatten die starken Wurzeln ihn völlig durchzogen und die ursprüngliche Gestalt sowie die Lagerung des Inhalts unkenntlich gemacht. Beobachtet wurden auf dem Urboden ein Haufe zerbrannter Gebeine. An Beigaben dabei:

Armring Armring
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1. Einige Scherben von braunen unverzierten Tongefäßen.

2. Ein bronzener Armring 1 ), zerbogen und zerbrochen (alter Bruch), anscheinend im Feuer gewesen. Die Größe ist nicht mehr bestimmbar. Er hat einen scharfen Mittelgrat und ist innen konvex. Die Verzierung besteht aus schräg gestellten Linienstreifen, die sich in der Mittellinie (welche leicht gekerbt ist) berühren. Sehr ähnliche Verzierungen zeigen die auch sonst gleich geformten Ringe aus Gräbern von Toddin, Reinstorf (Jahrb. 4 b, S. 37), Wittenburg (Jahrb. 5 b, S. 62), Gr.=Methling (Jahrb. 11, S. 374), Spornitz (Jahrb. 11, S. 388; abgebildet auf nebenstehender Seite), Tessenow (Jahrb. 48, S. 318) und von den unten zu besprechenden die Ringe von Schlemmin und Kl.=Grenz und die Handberge von Liepen. Alle diese Gräber sind der Periode III zuzuschreiben. Daß aber dieser Form und Ornamentation ein relativ hohes Alter zukommt, ergiebt der Vergleich mit den von Naue a. a. O. S. 182-184 besprochenen Typen, z. B. aus einem böhmischen Grabe (Pič, Pamatky) 1886, S. 535), wo ein fast gleicher Ring mit einem Flachcelt zusammen erscheint (gleichzeitig etwa mit M. II).

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Kegelgräber von Pogreß (bei Wittenburg).
(Katalog=Nummer Br. 355-359.)

Auf dem Felde südöstlich von Pogreß nahe dem Orte lagen früher mehrere Erhebungen, die sich in dem leichten, ebenen Boden leicht als künstlich erkennen liesen. Im Laufe der Zeit sind sie niedergeackert, und es zeigte sich dann, daß sie keine beträchtlichen Steinsetzungen, wohl aber auf dem Grunde einen Steindamm hatten. Der langjährige Pächter von Pogreß, Herr K. Peitzner, hat stets ein aufmerksames Auge auf diese Hügel gehabt und einem eine Urne mit Leichenbrand und Bronzebeigaben (Hohlwulstring) entnommen (vgl. Jahrb. 41, S. 165, der Fund ist dort zur Bronzezeit gerechnet ist aber sehr wahrscheinlich gleichzeitig dem ebenda S. 167 beschriebenen eisenzeitlichen Urnenfelde und von den unten zu besprechenden Bronzen zu trennen). Ich selbst habe mehrmals die Steindämme durchgraben, aber nichts gefunden als Brandstellen. Dagegen sind beim Ackern in dem Felde, wo die Gräber liegen, wiederholt Bronzen


1) Wir bezeichnen hier wie im Folgenden stets die größeren Ringe als Armringe, die kleineren als Handringe.
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im Charakter der Kegelgrabfunde aufgedeckt, die zum großen Theil sicher zerstörten Gräbern entstammen. Mit der Peitzner'schen Sammlung (vgl. Jahrb. 63, S. 2) sind 1893 in die Großherzogliche Sammlung folgende Stücke gelangt:

1. Ein Celt mit rechteckig abgesetzter Schaftrinne, stark, mit kräftiger Mittelrippe, schwer; Länge 16,5 cm, der Schaftansatz ziemlich in der Mitte, Breite der Schneide 5 cm.

Die Form ist die wohlbekannte, oft abgebildete, in der Schweriner Sammlung durch 32 Stücke vertreten. Die Mehrzahl davon sind Einzelfunde im Acker oder noch häufiger in Mooren; daß sie aber Gräbern nicht fremd sind, zeigen die Funde von Wohld (Jahrb. 4 B, S. 30) und Hallalit (s. unten), die unsicheren Funde von Steinbeck (Fr. Fr. 54), Lüssow und Zepkow mögen hier aus dem Spiele bleiben. Wie sie sich auf Männer= und Frauengräber vertheilen, ist noch nicht klar.

Celt

Auch in dem interessanten Funde von Wiek bei Schwaan (M. II oder III ?) kommt die Form vor (Jahrb. 12, S. 414). Wie bei uns, sind sie auch in Dänemark (S. Müller 133) in Gräbern verhältnißmäßig selten und scheinen dort ebenso wie in Schleswig=Holstein einem früheren Abschnitte der älteren Bronzezeit (also etwa M. II) anzugehören. Da eine verwandte, nur graciler gebildete Form typisch M. II ist und da auch in Meklenburg Schaftcelte ("Paalstäbe") in den charakteristischen Gräbern vom Ende der Periode (Peckatel, Friedrichsruhe u. s. w.) gänzlich fehlen, (über Lappencelte vgl. unten bei Roggow) werden wir sie auch hier in eine frühere Zeit zu setzen haben, also M. II.

2. Die Schneide eines kräftigen Hohlceltes; 5 cm breit, Form nicht weiter erkennbar (schwerlich hierher gehörig).

3. Eine Dolchklinge mit hoher, schmaler Mittelrippe, sich nach oben verschmälender Schaftzunge und drei Nietpflöcken. Länge 19, Länge der Schaftzunge 2,5, größte Breite 3,5 cm.

Die Form unterscheidet sich von der des unten zu besprechenden Dolches von Goldenitz durch den Mittelgrat und die besondere Form der Schaftzunge und ist typologisch zweifellos jünger, erscheint aber durch Mittelformen mit ihr verbunden. Sie ist hier nicht gerade häufig; außer in einigen Einzelfunden ist sie vorhanden in den unten zu besprechenden Gräbern von

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Ruthenbeck, Hallalit, Liepen und Stülow, ferner in Gräbern von Tessenow (Jahrb. 48, S. 315), Zepkow, Friedrichsruhe (Kannensberg, Jahrb. 47, S. 266), diese alle außer Hallalit aus M. III. Auch der hierneben abgebildete Dolch vonBorkow (Jahrb. 38, S. 145)und ein zwischen Güstrow und Dobbertin gefundenes Stück (15 cm lang, größte Breite 3 cm, Museum in Güstrow, K.=N. 410a) entstammen wahrscheinlich Kegelgräbern.

Dolch

4. Ein Schmuckring (ob für Hand= oder Fußgelenk ist zweifelhaft, daß ganz gleiche Ringe am Hand= und am Fußgelenk getragen würden, zeigen z. B. die in situ gefundenen Ringe von Loiz unten S. 135), innen flach, außen leicht gewölbt, mit scharf abschneidender Oeffnung und an der Oeffnung leicht verstärkt. Durchmesser (hier wie immer innen) 9 und 7,25 cm, Höhe 1 cm. Reichverziert: vier Felder mit Spitzovalen, die mit je zwei Linien eingefaßt und mit Querstricheln begrenzt sind, abgeschlossen durch je vier senkrechte Linien, ebensolche Linienstreifen trennen die Felder von einander.

Hand= und Fußringe sind gerade in den meklenburgischen Gräbern außerordentlich beliebt, man kann diese Vorliebe direkt als eine Eigenthümlichkeit der hiesigen Bronzezeit bezeichnen; doch sind die Formen wenig abwechselnd und bisher zu einer genaueren Klassifizirung der Funde nicht verwendbar. Wir haben dem besprochenen ganz gleiche aus Kegelgräbern von Boizenburg (Jahrb. 20, S. 353), sehr ähnliche von Steinbeck, Lehsen, Friedrichsruhe; alle derselben Zeit (M. III) gehörend. In Dänemark (S. Müller, 106) sind sie wesentlich seltener; die zeitliche Stellung ist dieselbe wie bei uns. (Wenn Splieth, Inventar Nr. 159, die Form zur Periode IV rechnet, so liegt wohl, wie die sicher zu III gehörende Nadel Nr. 157 des einzigen dortigen Gesammtfundes zeigt, ein Mißverständniß vor.) -

Armring Armring
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Die Verzierung mit Spitzovalen ist sicher nicht nordisch, sondern, wie so vieles, mit süddeutsch=österreichischen Formen zu uns gekommen. In Bayern gehören ähnliche Ringe (mit Endstollen) nach Naue in dessen "ältere" Bronzezeit (vgl. Bronzezeit in Oberbayern S. 192), für Ungarn rechnet sie Reinecke in seine Periode III (Arch. Ert. 1899, S. 247, Fig. 13); über Funde zwischen Bayern und Ungarn vgl. Hein, Mitth. d. anthrop. Ges. in Wien 28 (1898) S. 54; zahlreiche Beispiele auch in Pič aus Hügelgräbern derselben Periode.

5. Der Rest eines kleinen Fingerringes, zwei Stücke, verbogen und mit Rissen, als ob sie im Feuer gewesen waren. In der kleinen Schachtel, wo Peitzner sie verwahrte, liegt ein Stück zerbrannter Menschenknochen. Sehr wahrscheinlich werden also die Pogresser Gräber zum Theil Leichenbrand enthalten haben.

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Kegelgrab von Wittenburg. Nr. 8.
(Katalog=Nummer Br. 549-552.)

Südlich und südwestlich von Wittenburg lagen in früheren Jahren eine größere Anzahl bronzezeitlicher Gräber: ein offenbar einem Grabe entstammendes Bronzeschwert von hier ist bereits 1837 in die Vereinssammlung gekommen (vergl. Jahrb. 3 B, S. 78), ein Grab von etwa 1,8 m Höhe und 14,5 m Durchmesser hat Ritter 1838 aufgegraben und darin drei Grabsetzungen ohne Inhalt gefunden (Jahrb. 4 B, S. 28), sechs weitere dann 1839 (Jahrb. 5 B, S. 58); diese gehören offenbar verschiedenen Zeiten an und haben eine, im Verhältniß zu der Größe der Hügel nur geringe Ausbeute an Bronzen der Periode M. III und an Urnen der jüngeren Bronzezeit ergeben. Die Stellen mehrerer stark niedergeackerter Gräber, zu denen vielleicht die von Ritter untersuchten gehören, sind noch jetzt erkennbar.

Die Kenntniß eines bisher nicht untersuchten Grabes verdanken wir Herrn Oekonom Dittmann in Wittenburg. 1 km südlich vom Schützenhause, links von einem in den Wellbusch führenden Wege, liegt auf ebenem sandigen Acker eine weithin sichtbare Erhebung, der "Gelbe Berg". Beim Ackern stieß man hier auf Steine, die entfernt werden sollten und in denen Dittmann mit Recht die Umfassungssteine eines Grabes vermuthete. Dieses ist dann am 5. Juni 1900 ausgegraben. Die Steine waren Blöcke von etwa 1 m Höhe und bildeten eine zusammenhängende Mauer, deren Fugen mit kleineren Steinen und Keilsteinen geschlossen waren, so künstlich, wie ich es bisher noch nirgends zu beobachten Gelegenheit hatte. Der Durchmesser der

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Mauer betrug 23 m ostwestlich und 20,5 m nordsüdlich. Der dazwischen befindliche Erdmantel (sandiger Boden) war noch 2 m hoch, ursprünglich sicherlich beträchtlich höher, so daß wir hier ein Grab von den Ausmessungen derer von Radelübbe, Brahlstorf, Blengow u. s. w. vor uns haben. Der Urboden wurde in 1 m Tiefe erreicht, also war auch dieses Grab, wie so viele andere (vergl. oben S. 93 Upahl) durch Aufhöhung des natürlichen Bodens gebildet. In dem aufgetragenen Boden fanden sich einige Scherben und zwei Brandstellen, Reste des üblichen Ceremonialfeuers. Auf dem Urboden waren folgende Grabstellen:

I. Ziemlich in der Mitte des Hügels Steinsetzung von etwa 1,5 m Länge und 0,50 m Breite bestehend aus aufrecht stehenden kleinen Randsteinen und darüber gehäuften Decksteinen. Darin zerbrannte Knochen in geringer Anzahl, zum Theil grün gefärbt ganz geringfügige Bronzereste, ein kleines steinernes Messer und eine sehr einfache steinerne Pfeilspitze.

II.-IV. Die anderen drei lagen neben einander im nordöstlichen Theile des Grabes; sie schlossen sich so einander an, daß sie im Allgemeinen der Rundung der Abschlußmauer folgten, etwa 5 m von dieser entfernt. Der Bau war der gleiche: rahmenartige Steinsetzungen von 2 m Länge und 1,70 m Breite, gebildet durch flache Steinplatten von durchschnittlich 25 cm Höhe, überdeckt mit kleinen Steinhaufen, darin fand sich schwarze Erde, offenbar von Brandstellen, aber keine Spur des Beerdigten, der vollständig vergangen war. Wir werden eine ähnliche Grabanlage unten S. 106 bei Brahlstorf bekommen. Der ganze westliche Theil des Hügels war leer, wie wir es schon bei Radelübbe bemerkten.

Die Ausbeute des Grabes ist also eine sehr geringfügige, wie bei mehreren der von Ritter in derselben Gegend ausgegrabenen und gleich gebauten. Wo diese Inhalt hatten, gehörten sie der Periode M. III an. Vermuthlich wird auch das unsere dahin zu stellen sein.

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Kegelgrab von Brahlstorf (bei Boizenburg).
(Katalog=Nummer Br. 234.)

Aeltere Berichte reden von einer größeren Anzahl von Hügelgräbern, die in einer Reihe auf einer Hügelkette von Brahlstorf bis Melkof sich hinziehen (Jahrb. 5 B S. 107). Größere und kleinere wechselten. In diesen Hügeln sind die ersten Ausgrabungen gemacht, von denen wir etwas genauere

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Kunde haben und von denen Ergebnisse bewahrt sind. Hier grub nämlich im Auftrage des Herzogs Christian Ludwig (1747-1756) der fürstliche Leibmedikus Hornhardt, dessen Sammlung 1759 an den Erbprinzen Friedrich ausgeliefert wurde und den Kern der jetzigen Großherzoglichen Alterthümersammlung bildet. Als aus Brahlstorf stammend sind in dem alten Kataloge verzeichnet (vgl. Friderico-Francisceum Text S. 3 und S. 55):

1. Eine Dolchklinge mit hohem Mittelgrate und zwei Nieten, die wir anbei abbilden, da wir die Form wiederholt (vgl. unten bei Goldenitz S. 108) zu erwähnen haben werden.

Dolchklinge

2. Eine Fibel (erhalten ein Theil des Bügels, zwei Spiralscheiben, Nadel), von der hier zu Lande häufigen, sonst seltenen Form der größeren Spiralfibeln mit länglichem flachen Bügel und Kreuzbalken an der Nadelendigung; abgebildet Frid.-Franc. XI, 2. Es ist eine Charakterform der Periode M. III in Meklenburg, die uns unten bei Retzow (S. 119) und Karow (?) wieder begegnen wird; ähnliche, aber größere Stücke z. B. in den berühmten Kegelgräbern von Alt=Sammit und Friedrichsruhe.

3. Ein Halsring, gewunden, an den Enden sich verbreiternd mit ineinander greifenden, in Spiralen endigenden Haken; abgebildet Frid.-Franc. X, 1, vgl. Text S. 118.

Offenbar sind diese Stücke nicht demselben Grabe entnommen; die Dolchklinge und die Fibel sind zu einander passende Stücke der älteren Bronzezeit (M. III); der Halsring aber gehört zweifellos einer viel jüngeren Zeit an (M. V. vgl. Tidsbest. 114), wie die Zusammensetzung zahlreicher Funde auch auf unserem Boden zeigt, vgl. Jahrb. 61, S. 230. Es hat das ja auch nichts Befremdendes, da ausdrücklich erwähnt wird, daß größere Hügel (also im Charakter der älteren Bronzezeit) und kleinere (also im Charakter der jüngeren) auf dem Gebiete, wo die Ausgrabungen stattgefunden haben, mit einander wechselten. 1 )

Erhalten sind zur Zeit auf dem Brahlstorfer Felde noch zwei


1) Doch mag, da solche Ringe in Gräbern sonst nicht gefunden werden, nicht unerwähnt bleiben, daß auf dem benachbarten Düssiner Gebiet, wo Hornhardt auch gegraben zu haben scheint, später ein Hängegefäß gefunden ist, welches derselben Zeit (M. V) angehört wie der Halsring; vgl. Jahrb. 37, S. 204, und Jahrb. 61, S. 224.
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Hügel, die den Namen "Beierberge" führen. Es knüpft sich an sie die Sage, daß in ihnen Gnomen ("Unterirdische") gehaust hätten, die aber zu einer Zeit ausgewandert ("über die Elbe gegangen") wären. Der Name enthält vermuthlich den Stamm "beiern" = "mit der Glocke anschlagen" und weist auf eine Sage von unterirdischem Glockenlauten, wie sie sich häufig an Grabhügel knüpft und auch, wo die Sage vergessen ist, oft noch im Namen (z. B. Glockenberg) weiter lebt. Der eine Hügel liegt an der Düssiner Scheide links vom Wege dahin und ist wohlerhalten; ihm gegenüber auf Düssiner Gebiet ein fast ganz gleicher; der andere liegt in einem kleinen Tannenbestande, nordöstlich vom Orte auf etwas ansteigendem Terrain. Dieser Hügel ist ganz aus Sand aufgetragen und mit Kaninchenröhren durchsetzt. In dem aufgeworfenen Sande einer solchen fanden Angehörige der gräflich Oeynhausenschen Familie vor einigen Jahren eine bronzene Pincette.

Pincette

Diese hat eine schöne helle Patina; die Zwingen sind verhältnißmäßig breit und greifen unten in einander; auf jeder Seite sechs getriebene Buckel; Länge 8, Breite unten 3,5 cm. Das Stück ist ungewöhnlich groß. Nach S. Müller 86, 87 gehört die Form Mannesgräbern aus dem jüngeren Abschnitt der älteren Bronzezeit an, womit, wie wir sehen werden, der Befund unseres Grabes durchaus stimmt. Häufig sind Pincetten in dieser Periode noch nicht (vgl. Naue S. 118), während sie in der folgenden zu dem fast regelmäßigen Grabinventar gehören. Doch haben wir immerhin einige, so aus älteren bronzezeitlichen Gräbern von Toddin, Lüssow, Friedrichsruhe (vgl. Frid. Franc. XIX, 5 und 6; in dem Exemplar von Friedrichsruhe scheint doch ein von S. Müller 18 vermißter Uebergangstypus von den Pincetten der Periode. M. II zu denen von M. III zu stecken); auch Splieth (94) und Montelius (57) setzen sie in M. III.

Ich habe darauf am 30. September 1901 den Hügel durchgraben. Es ergab sich, daß er aus Sand besteht, während der Grund kiesig ist. Der Hügel bildete eine ziemlich unregelmäßige halbrunde Kuppe von 3 m Achsenhöhe und 18 m Durchmesser. Gefunden sind darin drei Grabanlagen:

Grab I. Rahmenartige Steinsetzung; die Nordwestecke 1,6 m vom Mittelpunkte südlich, 1 m über dem Urboden, 1,80 m lang (ostwestlich), 1 m breit, am Westende größere Steine (bis 30 cm), sonst kleinere Geschiebesteine. Darin war eine Brandschicht, die noch unter der Steinsetzung bis auf den Urboden ging.

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Grab II. Damm größerer Steine, 4,5 m nördlich vom Mittelpunkte mit der Südostecke, 1 Meter über dem Urboden, darunter eine Brandschicht, und unter dieser ein Steinrahmen mit Steindamm von 2,30 und 1,10 m. Auf dem Pflaster war deutlich erkennbar die Lage eines Leichnams, allerdings in so geringfügigen Spuren, daß näheres nicht zu bestimmen ist, und Holzreste, wohl von einem Sarge stammend; außerdem Bronzespuren.

Grab III. An II nach Westen anschließend, ähnlich gebaut, aber einfacher; genauere Maaße waren wegen der Störung der Steinsetzung durch die Kaninchen nicht zu nehmen. Auch hier zeigten sich Spuren eines beerdigten Leichnams.

Außerdem fand sich im nordöstlichen Theile eine starke, bis auf den Urboden gehende Brandschicht.

Die Anlage der Gräber erinnert an die von Alt=Meteln, Sarmstorf und andere, die dem Ende der älteren Bronzeperiode entstammen. Während aber dort schon Leichenbrand herrscht, ist in Brahlstorf noch beerdigt. Die Brandspuren in den Gräbern stammen wohl von Feuern, die vor der Beisetzung hier abgebrannt sind. Wir werden analogen Erscheinungen noch mehrfach begegnen.

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Kegelgrab von Goldenitz (bei Lübtheen).
(Katalog=Nummer Br. 469-471.)

In dem Tannengehölz zwischen dem Gute, der Bahnlinie und der Scheide von Pritzier befinden sich mehrere Hügel, die man für künstliche Auftragungen halten kann. Einer derselben, welcher nahe dem Hofe am Ende des Gehölzes lag, ist beim Sandfahren allmählich zerstört, und es sind ihm, ohne daß auf die Fundverhältnisse näher geachtet wäre, mehrere Bronzen entnommen, die Herr Rittmeister von Könemann auf Goldenitz im Juni 1898 der Großherzoglichen Sammlung übergeben hat. Die Patina ist dunkel, körnig und geht ziemlich tief; der Metallkern hat, wie oft bei alten Bronzen, eine röthliche Färbung angenommen.

Es sind:

1. Ein Schwert mit platter Griffzunge und flach gewölbter Klinge. Die Griffzunge, wie üblich mit leicht erhöhten Rändern und drei Nietlöchern in der Mitte, je einem an der Seite, ist 7 cm lang, die Klinge jetzt noch 21 cm, der untere Theil ist abgebrochen.

2. Ein Schwert mit breiter Griffangel und flach gewölbter Klinge. An der Griffangel sitzt noch der Knauf des Griffes, bestehend aus einer flachen, unregelmäßig vierseitigen Platte, die

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in der Mitte in einem niedrigen Knopfe schließt; die Platte ist verziert durch ein Saumband mit leichten Stricheln und acht symmetrisch vertheilte, kleine konzentrische Doppelkreise mit Mittelpunkt; unter der Platte ein leicht erhöhtes Band mit Stricheln, nach unten gerichtete Lappen und zwei, durch Rinnen getrennte Bänder mit Stricheln, die im stumpfen Winkel zusammenstoßen (Tannenwedelverzierung). Die Klinge hat in der Mitte eine flachrundliche Erhöhung, die mit Parallellinien abgefaßt ist. Die Länge beträgt jetzt noch 32 cm, ursprünglich 55 bis 60 cm.

3. Eine Dolchklinge; der Mittelgrat flach gewölbt, oben halbrund abschließend, mit zwei Nietlöchern. Länge 16, Breite 3 cm.

Die Geräthformen sind die wohlbekannten unserer älteren Bronzezeit; das erste Schwert ist der Typus S. Müller 34 das zweite 90, die Dolchklinge 22. Daß das Grab einem jüngeren Abschnitt der Periode angehört (Montelius III) ergiebt die entwickeltere Form des Knaufes an dem zweiten Schwerte, an dem die ursprünglichen Spiralen schon zu Kreisen und die ovale Platte zum Rhombus geworden ist (vergl. Montelius, Compte rende du congrès de Stockholm 1876, S. 887, Figur 6, s. auch Splieth, a. a. O. 78 und 80 a). In unserer Sammlung befinden sich noch sieben Schwerter dieses Typus aus Grabfunden und zwar gerade in einigen der bekanntesten aus dem späteren Abschnitt der älteren Bronzezeit (Friedrichsruher Glockenberg, Dabel, Peckatel, Brunstorf) vergl. auch unten S. 113 Ruthenbeck und Roggow. Ein besonders schönes Exemplar wird unten S. 169 abgebildet werden. Sie gehören unsern schönsten und bekanntesten Gräbern an und stellen den Höhepunkt unserer entwickelten Bronzezeit dar.

Weniger charakteristisch sind die Griffzungenschwerter, von denen in unserer Sammlung ungefähr 50 aus Gesammtfunden sich finden, alle der älteren Periode der Bronzezeit angehörend, aber überwiegend dem jüngeren Abschnitt. Wir werden sie im Weiteren noch bei Retzow, Karow, Loiz, Roggow (Abbildung siehe dort), Blengow, Stülow und Stubbendorf zu besprechen haben und zwar überall, wo die zeitliche Stellung nachweisbar ist aus M. III.

Anders ist das zeitliche Verhältniß der Dolchklingen. Klingen der besprochenen Art sind in älteren Veröffentlichungen gewöhnlich als "Lanzenspitzen" bezeichnet; daß es sich in der That um Dolche handelt, ergiebt sich aus zahlreichen Fällen, wo die Schäftung oder auch die Scheide erhalten ist; so in Meklenburg in dem unten zu besprechenden Kegelgrabe von Stülow; aus

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Dänemark s. z. B. Sophus Müller a. a. O., Abb. 26; aus Bayern Naue, S. 68 flgd.

Daß die Grundform dieser Klingen in die ältesten Abschnitte der nordischen Bronzezeit hinaufreicht, ergeben die ganz alten, an den Anfang unserer Bronzezeit zu stellenden "triangulären" Dolche, von denen mehrere, hier in Meklenburg die von Malchin, Prieschendorf und Waren (vergl. Vorgeschichte S. 35, Abb. 56, Montelius, Chronologie der ältesten Bronzezeit S. 49, Abb. 134 und 137) die breite Mittelrippe haben, ebenso wie die Klingen der gleichzeitigen "Kommandostäbe", z. B. Müllers Nordische Alterthumskunde I, S. 310. Montelius hat demnach in seiner Tidsbestämning alle diese Klingen seiner ersten Periode zugeschrieben. Ein dem Goldenitzer entsprechendes Stück ist dort unter Fig. 6 abgebildet. Auch Splieth (Inventar der Bronzealterfunde), der sich völlig an Montelius anschließt, bildet sie nur bei der ersten Periode ab (Tafel I); ein dem unsern ganz entsprechendes fehlt. Aus den Verzeichnissen S. 30 und 48 ergiebt sich aber, daß sie dort in der zweiten Periode noch häufig sind, in der dritten aber, allerdings mit der einen Ausnahme des interessanten sichtlich unsern Friedrichsruher Gräbern gleichzeitigen Grabes von Uelsby (Mitth. d. anth. Ver. in Schlesw.=Holst. 1900), fehlen. Auch in Dänemark scheinen sie im Wesentlichen in Sophus Müllers "älteren Abschnitt der älteren Bronzezeit", also M. II, zu gehören (vergl. das Verzeichniß Aarbøger 1891, S. 194 flgd.).

Dem gegenüber ist es doch bemerkenswerth, daß in Meklenburg die besprochene Dolchform in Gräbern M. III durchaus nicht selten ist; es seien nur erwähnt Grabfunde von Püttelkow, Wittenmoor, Friedrichsruhe, Zachow, und von den hier besprochenen die von Brahlstorf, (s. oben S. 105, allerdings wie auch die andern mit schärferem Mittelgrate als das Goldenitzer Stück), Retzow, Liepen. Und auch in den südlichen Bronzegebieten reicht die Form in eine jüngere Zeit hinein; so rechnet sie Naue für Oberbayern in seine jüngere Bronzezeit, die dem Ende unserer älteren entspricht (sein Typus IV. Naue S. 79), und in der Schweiz soll sie gar in die der nordischen vierten Periode entsprechende "Pfahlbauzeit" reichen (Heierli Urgeschichte der Schweiz, S. 214 und 266).

Es scheint demnach der Gebrauch des Dolches in Meklenburg ebenso wie in Süddeutschland in eine (absolut) jüngere Zeit zu reichen als im weiteren Norden.

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Kegelgrab von Peckatel (bei Schwerin) Nr. 3.
(Katalog=Nummer Br. 315-317.)

Auf der Feldmark von Peckatel, welche in zwei Hügeln die weitbekannten Grabfunde des Kesselwagens u. s. w. ergeben hat vgl. Jahrb. 9, S. 369 flgd. und 11, S. 366 flgd.), ist beim Bahnbau Ende der achtziger Jahre ein Hügel durchschnitten, der ebenfalls eine Grabanlage enthüllte. Die Gegenstände sind 1890 von der Großherzoglichen Eisenbahn=Direktion dem Großherzoglichen Museum übergeben.

I. Eine Urne groß, hellbraun, am unteren Theile rauh, oben mit glattem Ueberzug; von breiter Standfläche ausgebaucht, mit starkem Bauchwulst, dann zu einem hohen Halse sich allmählich verjüngend. Höhe 32, Durchmesser oben 20,5, unten 14, größter Umfang (13 cm von unten) 96 cm. Es ist eine bei den Ossuarien der jüngeren Bronzezeit häufige Form, die in altbronzezeitlichen Gräbern noch nicht vorgekommen ist; und es ist daher wahrscheinlich, daß das Gefäß einer Nachbestattung jüngerer Zeit entstammt, wie sicher auch die ähnlich geformten von Hallalit (vergleiche unten S. 160).

2. Eine Handberge, in drei Theile zerbrochen, schön, groß, von der gewöhnlichen Form. (Das nebenbei abgebildete Stück stammt von Alt=Sammit, vgl. Jahrb. 12, S. 408, es ist das schönste in der Sammlung erhaltene.) Die Spiralscheiben haben 10 cm Durchmesser. Ein Röhrenknochen steckt noch in der Windung.

Handberge

"Handbergen" sind bekanntlich die auffallendste Charakterform der meklenburgischen entwickelten Bronzezeit, hervorgegangen aus südlichen Ringen mit Spiralwindungen durch eine sehr starke Vergrößerung dieser Endigungen. Ich zähle in unserer Sammlung 47 Exemplare aus

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Gräbern, zu denen noch 7 aus Moorfunden und annähernd 12 uncharakterisirbare Einzelfunde kommen, und die Verzierungsart ist, abgesehen von sehr wenigen unverzierten, sehr gleichförmig, überall gleich der der Handringe von Retzow (abgebildet unten S. 119) u. s. w. Wir werden im Folgenden sie bei Dabel, Boldebuck, Ganschow, Liepen, Kargow, Stülow stets unter denselben Erscheinungen zu besprechen haben. Nur bei dreien, denen von Teterow (Jahrb. 26, S. 137), Boizenburg (Jahrb. 20, S. 283) und Liepen (unten S. 156), haben wir ein anderes Ornament in der Art der Handringe, wie oben bei Perlin, S. 99, einer abgebildet ist. Auf einen zeitlichen Unterschied ist darum aber nicht zu schließen. Wohl aber scheinen einige Exemplare mit breitem flachen Bügel (z. B. von Vogelsang und Güstrow) einer jüngeren Periode, etwa M. IV, anzugehören.

Der (wahrscheinlich weibliche) Leichnam ist also beerdigt, mit seinem Schmucke beigesetzt.

Das Grab gehört sicher derselben Zeit an wie die anderen von Peckatel (M. III).

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Kegelgräber von Ruthenbeck (bei Crivitz).
(Katalog=Nummer 4521. Br. 318, 319, 351-354, 407, 408.)

Oestlich vom Dorfe Ruthenbeck nahe der Scheide zu Gut Ruthenbeck und Friedrichsruhe fanden sich eine größere Anzahl Hügel, die immer weiter niedergeackert sind und in denen man schließlich auf Steinhäufungen stieß, die Gräber bargen. In mehreren sind Bronzegegenstände gefunden, von denen die Mehrzahl achtlos verworfen wurden, einige aber von den Findern an das Großherzogliche Amt in Crivitz abgegeben und so in die Sammlung gelangt sind, andere von den Herren Lehrern Linshöft in Ruthenbeck und Wildhagen in Stubbendorf, unserm langjährigen Freunde, dessen früheres, durch sehr glückliche Funde bekannt gewordenes Arbeitsgebiet Friedrichsruhe an Ruthenbeck grenzt, geborgen wurden.

Ich habe im Herbst 1893 die Fundstellen besucht, fand sie aber schon zur Unkenntlichkeit entstellt. Die Grundflächen der Hügel waren noch erkennbar, sie waren kleiner als bei den meisten Kegelgräbern, höchstens 8 m Durchmesser; auch scheinen die Hügel keine bedeutende Höhe gehabt zu haben. Ueber die innere Einrichtung der Gräber ist nichts beobachtet; Thongefäße sind überall gefunden, aber nichts bewahrt.

Die eingesandten Bronzen zeigen keine Spur von Leichenbrand, doch werden wir darauf hier so wenig wie bei den nächsten

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Gewicht legen. In den benachbarten Gräbern von Friedrichsruhe überwiegt übrigens die Beerdigung.

Grab 1.

Lanzenspitze, zerbrochen; flach ausgebogene, ziemlich tief sitzende Flügel, scharfer Mittelgrat, zwei umlaufende Ringe an dem Schaftloch, zwei seitliche Löcher. In der Schaftöffnung sitzt noch jetzt das Holz des Schaftes. Länge noch 10 cm, Oeffnung des Schaftlochs 2 cm. Der schlechte Erhaltungszustand ermöglicht eine Einreihung in die Formenreihe der Lanzenspitzen nicht; am nächsten scheint das Stück dem Typus Montelius 29 = S. Müller 159, gehörend in M. II, zu kommen; wenigstens stimmt es, soweit es erkennbar ist, genau mit dem nebenstehend abgebildeten Exemplar von Radepohl bei Crivitz überein (K.=N. 684; vgl. Jahrb. 5 B S. 65, gefunden mit einem gleichen in einer Mergelgrube). Lanzenspitzen in Gräbern sind bei uns ungewöhnlich, doch haben wir sie z. B. in Friedrichsruhe (Frid.-Franc. S. 50, abgebildet VIII 6, J. 47, S. 285), Toddin (Frid. Franc. S. 54), Retzow (unten S. 121) und Tarnow.

Lanzenspitze

Grab 2 (Büdneracker 5).

1. Zwei Reste eines Halsringes mit Schrägkerben (nachgeahmte Torsion).

2. Handring, dünn, fein, nach beiden Seiten leicht gewölbt; verziert mit Streifen leichter Vertikalstriche, zwischen denen unverzierte Stellen; etwas verbogen. Durchmesser jetzt 5 cm, Höhe 0,5 cm. Ein sehr ähnliches Stück haben wir aus Kegelgräbern von Steinbeck.

Grab 3 (Büdneracker 6).

1. Drei Reste eines Halsringes, ganz gleich denen des zweiten Grabes; die Enden bestehen aus ineinander greifenden Haken.

2. Fünf Reste eines gedrehten Halsringes, dünner als der vorige.

3. Reste einer sehr zarten Fibel: zwei Spiralplatten von 1 cm Durchmesser; Nadelkopf mit 2 Schrägbalken, sicher von der Form der Fibel von Krassow, über die oben (Alt=Meteln S. 95) gesprochen ist.

4. Ein Klumpen zusammengerosteter Spiralröhrchen, wie

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sie mit durchgezogenem Bande und Hängezierathen als Halsschmuck dienten; vgl. unten bei Gelegenheit des Grabes von Hallalit.

Grab 4.

1. Der Knauf eines Schwertes, flach, rhombisch mit abgestumpften Ecken, mit kleiner länglicher Spitze, verziert mit sechs gegossenen Spiralen. Es ist die von Montelius, Compte rendu S. 887, 6 besprochene Form (vgl. bei Goldenitz S. 109), die der dritten Periode angehört und verwandt (wohl etwas älter) ist mit dem Typus des Schwertes von Walow (unten S. 169).

2. Rest eines Dolches mit spitz abschließender Griffzunge und drei pflockartigen Nieten, flacher Mittelgrat mit zwei Seitenlinien. Analoga s. oben bei Pogreß S. 102.

Die zeitliche Stellung der Gräber als zu M. III gehörend ist also gesichert.

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Kegelgräber von Friedrichsruhe (bei Crivitz).
(Katalog=Nummer Br. 161-163, 263.)

Im Verlaufe unserer Darstellung werden wir sehr oft die 1880 bis 1882 ausgegrabenen Kegelgräber von Friedrichsruhe zu erwähnen haben, die durch den Reichthum ihrer Funde fast die wichtigsten unserer bronzezeitlichen Grabfunde geworden sind. Grab 1-12 ist Jahrb. 47, S. 257 flgd. besprochen. Ein kleiner Nachtrag mag hier folgen.

Grab 13.

Auf dem Acker des Erbpächters Thießen II sind beim Wegräumen eines Steinhügels, offenbar also in einem niedergeackerten Kegelgrabe gefunden und 1884 eingeliefert:

1. Zwei goldene Spiralfingerringe aus Doppeldraht von der gewöhnlichen Form, jeder 8,5 Gramm schwer, von 5 1/2 und 4 Windungen und 2 cm Durchmesser.

Spiralfingerring

2. 21 durchbohrte Bernsteinperlen, flach, mit gleichmäßig gewölbten, in scharfen Kanten zusammenstoßenden Seiten.

3. Ein Nadelkopf, rund, 0,75 cm Durchmesser. Wahrscheinlich von einer Nadel wie die aus dem Kannensberge Grab C a. a. O. S. 266 Nr. 3. Die Form, wahrscheinlich sogar die Stücke, ist sicher aus dem Süden importirt, ähnlich den großen Nadeln, von denen unten S. 145 bei Boldebuck zu sprechen sein wird. Für Ungarn bildet Reinecke, S. 245, 3 ein Exemplar als der

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dritten Periode gehörend ab, Naue, S. 165, bespricht sie als seiner jüngeren Bronzezeit angehörend; ähnliche bei Pič mehrfach, z. B. 8, 8.

Ueber die Art der Bestattung ist nichts beobachtet.

Grab 14. (?)

Im Jahre 1890 ist beim Pflügen eine Nadel gefunden und von Herrn Oekonomierath Schwieger eingesandt. Ueber die Fundverhältnisse ist nichts Näheres bekannt geworden, und es muß daher zweifelhaft bleiben, ob sie zu den Kegelgräberfunden zu rechnen ist, zumal sie durch Patina und auch Form sich von diesen etwa unterscheidet. Die Nadel hat eine helle, schwache Patina, ist sehr zierlich, hat einen flachen, eingeschnürten Kopf und darunter schräg um den Hals laufende Windungen, Länge 9,5 cm. Diese zierlichen "Vasenkopfnadeln" (vgl. Naue, S. 174) erinnern an gewisse zarte Nadeln unserer jüngeren Bronzezeit (Jahrb. 51, Tafel II), scheinen doch aber im Süden einer etwas älteren Zeit anzugehören, so daß eine Zusammengehörigkeit mit den anderen Friedrichsruher Funden nicht ausgeschlossen wäre.

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Grabfund von Granzin (bei Lübz).
(Katalog=Nummer 480, 481.)

In der Sammlung des verstorbenen Herrn Paul Langermann, welche im Dezember 1898 als Schenkung des Herrn Amtsanwalt Langermann in Hagenow in das Großherzogliche Museum gelangt ist (vergl. Jahrb. 64, S. 161) befanden sich auch, in einem Kasten zusammengelegt, die hier zu besprechenden Stücke. Ein Fundort war nicht angegeben. Da sich aber in einem Briefe Langermanns an mich die gelegentliche Bemerkung findet: "auch aus Granzin habe ich einen schönen Grabfund mit Bronzen bekommen", andere unbezeichnete Bronzen aber in der Sammlung nicht vorhanden waren, halte ich mich für berechtigt, die Sachen unter der obigen Ueberschrift zu behandeln. Eine innere Unwahrscheinlichkeit der Zuweisung nach Granzin liegt nicht vor. Kegelgräber bei Granzin werden schon Friderio-Francisceum S. 79 erwähnt und sind noch jetzt vorhanden, und auch aus einer jüngeren Periode der Bronzezeit stammen von hier hervorragende Funde ("Italische" Eimer, Jahrb. 47, S. 288; ein goldener "Eidring", Jahrb. 61, S. 217). Auch entsprechen die Stücke solchen, die in dem nicht weit entfernten Friedrichsruhe gefunden sind.

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Es sind:

1. Bruchstücke eines getriebenen Bronzegefäßes in Tassenform, unverziert, mit leicht nach außen gebogenem Rande und eingezogenem Boden, ganz wie das Gefäß aus dem Glockenberge von Friedrichsruhe (Jahrb. 47, Tafel VI, Fig. 10, Text S. 273). Mit den bei der Besprechung dieses Stückes aufgezählten von Ruchow, Peckatel und Weisin ist es das vierte seiner Art.

2. Rest einer bronzenen Nadel, 2 1/4 cm lang; die ursprüngliche Form ist unbestimmbar.

3. Eine steinerne Pfeilspitze mit Einkerbung, annähernd 4 cm lang, ganz wie die von Friedrichsruhe (a. a. O. S. 261 u.s.w.). Zu den dort aufgezählten Fundorten steinerner Pfeilspitzen in bronzezeitlichen Gräbern (Friedrichsruhe, Pölitz, Dabel, Slate, Brunstorf, vergl. auch unten S. 123 bei Retzow) kommt noch außer unserem Stück ein Grabfund von Loiz (unten S. 135). Alle diese Funde gehören in M. III. Gewöhnlich kommen die steinernen Pfeilspitzen zusammen mit Schwertern vor; wahrscheinlich stand auch das Granziner Gefäß wie das des Glockenberges zu Füßen des Beerdigten. Ist also unsere Zuweisung richtig, so haben wir es hier mit einem schönen Grabe der dritten Periode zu thun.

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Kegelgrab von Tessenow (bei Parchim).
(Katalog=Nummer Br. 208.)

Ueber eine größere Anzahl von Fundstücken aus niedrigen Kegelgräbern, welche bei Tessenow im Laufe der Jahre allmählich zerstört sind, ist bereits in den Jahrbüchern 48, S. 314 flgd. berichtet worden. Die Niederackerung der Grabhügel ist in der Folgezeit weiter gegangen, und bei der Gelegenheit ist ein Bronzeschwert gefunden, welches 1889 der damalige Besitzer von Tessenow, Herr Senator Wallbrecht, der Großherzoglichen Sammlung als Geschenk übergeben hat.

Das Schwert zeigt eine helle, nicht tiefe Patina; es ist schlank und von einfacher, aber seltener Form. Die Klinge ist flach gewölbt, unter dem Griff leicht eingezogen und dann sich etwas verbreiternd. Der Griff wurde gehalten durch eine kurze, oben dünne Griffangel, die am obern Ende ein Loch hat; zwei andere Löcher befinden sich an den Seitenrändern der Klinge; eine Griffniete ist erhalten, unregelmäßig viereckig, mit flach gehämmerten Enden. Der Griff hatte, wie die verschiedene Farbe

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der Patina zeigt, einen halbrunden Ausschnitt. - Die ganze Länge betragt 55 cm, die Länge der Griffangel nur 4 cm, die Breite der Klinge 2,75 bis 3 cm; der Griffnagel ist verhältnißmäßig lang, 2 cm.

Die Schwertform ist ungewöhnlich. Durch Form und Länge der Klinge schließt es sich an die große Masse der Griffzungenschwerter aus dem jüngeren Abschnitte der älteren Bronzezeit an, wenn auch unser Stück etwas schmäler ist; Griffangeln mit Loch sind mir aber sonst aus nordischen Funden nicht bekannt. Das von Schumacher, Fundberichte aus Schwaben, Heft VII, Abb. 18 gegebene Stück ähnelt mehr den länglichen Schwertern jüngerer Zeit. Ob eine Verwandtschaft mit den schlanken (älteren) Myceneschwertern besteht, bleibe hier dahingestellt. Ueber die Form des Griffes läßt sich nichts bestimmen. Zeitlich wird kaum ein Unterschied von den bekannten Griffzungenschwertern sein, von denen auch ein Stück bei Tessenow gefunden ist, doch mag der Typus immerhin eine Art Uebergangsform von diesen zu den rappierförmigen, z. B. "Vorgeschichte von Meklenburg" S. 75, Abb. 111 dargestellten sein.

Ich habe, durch diesen Fund veranlaßt, am 29. September 1889 den Fundort besucht und eine Ausgrabung veranstaltet. Der Fundplatz ist ebener sandiger Acker und liegt nordöstlich vom Gute Tessenow, rechts von dem Wege nach dem Vorwerke Mühlenberg, nahe bei diesem. In dem flachen Gelände heben sich neun Erhöhungen ab, davon sechs als flache Bodenwellen, drei mit deutlich erkennbarer Hügelform. Die ersten sind, wie auch Gräben, die sie durchziehen, zeigen, die bereits untersuchten Gräber denen die früher (1882) in die Sammlung gekommenen Bronzen entstammen; einem der liieren war das Schwert entnommen. Alle Hügel waren aus gelbbraunem, reinem Sande aufgeschichtet und hoben sich schon durch ihre Färbung von dem weißgrauen, kiesigen Sande des ursprünglichen Bodens ab.

Die Ausgrabung hat sich auf den Hügel beschränkt, in dem das Schwert gefunden war. Dieser hatte noch eine Achsenhöhe von 1,40 m und auf dem Urboden einen Durchmesser von 12 m; der ursprüngliche Umfang läßt

Schwert
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sich nicht bestimmen, da die üblichen Umfassungssteine fehlten. Auf dem Grundboden standen zwei Steinschichtungen aus mittelgroßen Geschiebesteinen errichtet, genau rechteckig mit steilen Wandungen, die zum Theil sogar aus flachen, glatten Steinen (Sandsteinplatten) aufgesetzt waren. Die größere lag in der Mitte des Hügels und war 3 m lang, 2,30 m breit und 0,70 m hoch, mit nordwest=südöstlicher Richtung, die andere, näher dem östlichen Ende des Hügels zu und west=östlich gerichtet, zeigte 2,30 × 1 × 0,70 m. Zwischen den Steinen und unter ihnen auf dem Grunde fanden sich zerbrannte Knochen, Kohlenstückchen und Asche, aber verstreut und in geringer Menge. Zwischen den beiden Steinschichtungen in der Höhe der oberen Kante, etwas über 1/2 m unter der jetzigen Oberfläche lag ein größerer Haufe verbrannter Gebeine. Das Schwert hatte nicht auf einer dieser Steinschichtungen gelegen, sondern ist unmittelbar unter der Oberfläche, reichlich 1/2 m oberhalb der größeren Steinsetzung, etwas westlich von dem Mittelpunkte des Hügels gefunden.

Ein deutlich erkennbares Grab ist also in dem Hügel überhaupt nicht gefunden. Ob der Todte spurlos vergangen ist oder die Bestattung in einem der benachbarten Hügel stattgefunden hat, bleibe dahingestellt. Die beiden Steinsetzungen sind wohl als tischartige Erhöhungen, auf denen Ceremonien bei den Leichenfeiern stattfanden, aufzufassen. Erinnert sei an die beiden "Altäre" aus dem bekannten Grabe von Peckatel (Jahrb. 11, S. 369), die aus Lehm gebildet und höher waren, aber sonst den besprochenen glichen. Auch die zerbrannten Knochen zwischen den Steinsetzungen rühren wohl eher von Ceremonien her, als daß sie die Gebeine des Bestatteten darstellen, wenigstens kommt ähnliches oft vor, und eine so formlose Beisetzung der Leichenbrandreste wird sonst nicht geübt. Das Schwert an der Oberfläche ist dann wahrscheinlich eine Weihegabe, wie sie ja nicht selten in dem Mantel von Kegelgräbern sich findet. Die allgemeine zeitliche Zusammengehörigkeit des Schwertes mit den anderen Tessenower Altsachen (M. III) ergiebt sich schon aus dem völlig gleichen Erhaltungszustande.

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Kegelgräber von Dorf Retzow (bei Plau).
(Katalog=Nummer Br. 400-403.)

Die ebene Sandgegend an der Landesgrenze zwischen Lübz und Plau, das Land Ture (=Urstierland) der wendischen Zeit, bot noch vor wenigen Jahrzehnten ein ungemein reiches Bild

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vorgeschichtlicher Denkmäler. Hünengräber und zahlreiche stattliche Kegelgräber, die der Kultur entzogen, nur mit Haide bewachsen und so in ihrer Form trefflich erhalten waren, beherrschten auf der ebenen Fläche das Landschaftsbild. Eine Reihe von Jahren war hier das Arbeitsgebiet des trefflichen Pastor Ritter in Vietlübbe, dem wir eine Anzahl guter Ausgrabungen und Berichte verdanken; seitdem (1848) ist die Gegend für die meklenburgische Alterthumsforschung vergessen geblieben, und als wir vor einigen Jahren wieder einsetzten, war es zu spät. Die alten Denkmäler waren den gesteigerten modernen Wirthschafts= und Verkehrsansprüchen schonungslos zum Opfer gefallen.

Eine besondere Fülle bronzezeitlicher Denkmäler hatte bei Dorf Retzow gelegen. Zu Gruppen vereint standen hier eine große Anzahl größerer und kleinerer Grabhügel, die früh die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und zum Theil schon 1804 von Zinck untersucht worden sind; später hat hier Ritter gegraben. Einzelne verschwanden schon damals, da ihre Steine in der steinarmen Gegend eine willkommene Beute waren. Das Jahr des Verhängnisses wurde aber erst 1896, wo der Weg von Ganzlin nach Lübz chaussirt wurde. Die Hügel sind damals Steinbrechern ohne jede Cautel zur Ausbeutung, überlassen und diese haben ihr Zerstörungswerk gründlichst betrieben, ein Akt der Barbarei, der hoffentlich der letzte in seiner Art sein wird. Ich habe dann im Herbst 1896 die Stellen besichtigt, den Thatbestand aufgenommen und durch Ausgrabung zu retten gesucht, was noch zu retten war. Die ziemlich kümmerlichen Ergebnisse dieser Ausgrabungen seien im Folgenden mit der Besprechung der älteren Funde und Berichte verbunden.

Schwert

Ohne Angabe der genaueren Fundverhältnisse sind früher eingesandt:

1. 1826, ohne Fundbericht, aber doch sicher ebenso gut wie alle bezeichneten Retzower Bronzen aus einem Grabe, welches wir in Folgendem, um die alte Zählung in den Jahrbüchern beibehalten zu können, als Grab 8 bezeichnen sollen: Ein prächtiges Schwert, 53 cm lang, beschrieben Friderico-Francisceum XIV, 1, bei Gelegenheit des ähnlichen Schwertes von Lehsen,

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von diesem (beistehend nach Jahrb. 26, S. 146 u. s. abgebildeten) unterschieden dadurch, daß der Griff massiv ist und die Hohlräume zwischen den Spiralen aus kleinen Vertiefungen bestehen; die Zahl der (ornamentalen) Nietköpfe ist sechs. Man sieht allgemein (Montelius, Tidsbest. 24, Compte-rendu du congrès de Stockholm 1876 II, S. 886, S. Müller, Ordning 27, Splieth 36) in dieser Schwertform eine der ältesten auf nordischem Boden, und die Nachweise bei Müller und Splieth führen auf die zweite Monteliussche Periode.

2. 1837 als "beim Steinbrechen gefunden" (Jahrbuch 3 B, S. 68), bezeichnet als Grab 1: ein Armring der üblichen Form von spitzovalem Querschnitt; Verzierung unter der Patina nicht erkennbar;

zwei Handringe, innen flach, außen leicht gewölbt, verziert in der sehr häufigen Weise mit Schräglinien, beistehend abgebildet;

Armring Armring

eine Bronzefibel mit flachem, geradem Bügel(abgebildet untenstehend mit Ergänzungen), Spiralscheiben, Nadel mit zwei parallelen Balken; zerbrochen; die Form ist in Meklenburg nicht selten, wir haben sie z. B. aus Gräbern von Alt=Sammit, Friedrichsruhe und sonst, vgl. auch oben bei Brahlstorf, unten bei Karow, also Montelius III; es scheint aber eine uns eigenthümliche Form zu sein, deren einzelne Elemente in anderen Kombinationen in anderen Theilen des nordischen Bronzegebietes und darüber hinaus in Norddeutschland weit verbreitet sind. Vgl. z. B. Undsel, Etudes, S. 75. Typologische und stratigraphische Betrachtungen weisen sie gleichmäßig nach M. III.

Bronzefibel
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3. Ebenso 1839 (Jahrb. 5 B S. 64), bezeichnet als Grab 2: ein Celt, Flachcelt mit aufgehöhten Rändern und stark ausbiegender Schneide, 14 cm lang, von der beistehend wiederholten Grundform, die man allgemein der ältesten Periode der Bronzezeit zuzuschreiben gewöhnt ist;

Flachcelt

ein Handring, zerbrochen, gleich denen des vorigen Grabes.

4. 1843 (Jahrb. 9, S. 381), "unter einer Erhöhung gefunden", bezeichnet als Grab 3: ein Celt, gleich dem des vorigen Grabes, 10,5 cm lang; ein Armring scharfkantig, auf beiden Seiten flach gewölbt, sehr zart, verziert gleich den Handringen von Grab 1 und 2, nur 0,5 cm hoch;

zwei Windungen eines spiralförmig gewundenen Armringes.

Auffallend ist das Auftreten der Flachcelte, und ich würde sie für eine zufällige Beimengung halten, wenn sie nicht eben in zwei verschiedenen, zu verschiedenen Zeiten gemachten und von verschiedenen Leuten geborgenen Funden aufträten. Es muß doch auch bemerkt werden, daß wir noch mehrere Flachcelte haben, die nach den Berichten Gräbern entstammen sollen, Nachrichten, die man ja bei der Ungenauigkeit der älteren Ausgrabungen einer Systematik nicht zu Grunde legen, aber doch auch nicht einfach ignoriren darf; so von Marnitz (Frid.-Franc., Text S. 71, abgeb. XIII, 7) und Goehlen (Frid.-Franc., Text S. 53), wo ebenfalls eine Pincette ältester Form (Frid.-Franc. XIX, 3=S. Müller 18, Naue XVIII, 17) gefunden ist, die zeitlich sehr gut zu dem Flachcelt paßt. Auch in Pommern kommen diese in M. II vor (vgl. Schumann zu dem Depotfunde von Arnimshain in den Mitth. d. Uckermärkischen Museumsvereins I, 1, 1901, S. 4), und ebenso in gleichstufigen südlichen Gräbern, z. B. in Böhmen, vgl. Pič I, 3. Jedenfalls berechtigen sie uns, den Gräbern ein relativ hohes Alter zuzuschreiben, also M. II.

Grab 9:

Ein isolirter Hügel lag östlich vom Orte, etwa 500 m entfernt, rechts vom Wege nach Ganzlin auf dem zur Windmühle gehörenden Acker. Er war etwa 1 m hoch, umgeben von einem Steinkranze und bestand fast ganz aus Steinen. Als diesem Hügel 1896 Steine entnommen wurden, fand der Besitzer, Gastwirth Doll

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in Dorf Retzow, darin mehrere Bronzen von ausgezeichneter Erhaltung und schöner Patina, über deren Lagerung nichts Näheres beobachtet ist. Die Gegenstände, die in Dolls Besitz geblieben sind, sind folgende:

1. Eine Lanzenspitze mit durchgehender Schafttülle, von der die mittelhoch sitzenden Flügel scharf absetzen; zwei Löcher an den Seiten. Länge 14 cm, größte Breite 3,5 cm. Grundform Montelius 29, Splieth 42, dort zur zweiten Periode gerechnet; vergl. oben S. 112 bei Ruthenbeck.

2. Eine Nadel; der Kopf kolbenförmig verdickt und geriefelt; die Spitze fehlt; Länge noch 13,5 cm. Vergl. S. Müller 120, dort ist sie dem zweiten Abschnitte der älteren Bronzezeit zugeschrieben und als eingeführt betrachtet. (Aus Böhmen vergl. Pič 11, 22.) Ueber die meklenburgischen Stücke (bisher fünf, alle aus derselben Zeit, M. III, angehörenden Gräbern) vergl. Jahrb. 48, S. 317.

3. Ein Messer; sehr schön. Klinge gewölbt, Spitze nach unten; der Griff flach mit aufgehöhten Rändern und zwei Nietlöchern; der Griff in einem Ring schließend. An der Klinge unter dem Rücken verziert mit kleinen Halbkreislinien und Punkten, ganz gleich einem von Slate (Jahrb. 33, S. 129), ähnlich Naue 18,6. Länge 20 cm, Länge der Klinge 10 cm. Der Griff ist absichtlich verbogen. Schon in zwei Fällen sind gleichzeitigen meklenburgischen Gräbern (Alt=Sammit, Friedrichsruhe) ganz gleiche Messer, ebenfalls verbogen, entnommen (vergl. Jahrb. 47, S. 275), und merkwürdiger Weise findet sich die Sitte, diese Messer zu verbiegen, in weit entlegenen Ländern wieder; z. B. in dem auch sonst für uns wichtigen Grabe von Velka Dobra, Pič 6, 14.

4. Ein goldener Spiralring von 2 cm Durchmesser, mit 7 1/2 Windungen. Die Windung ist nicht gleichmäßig, sondern geht von der Mitte an nach der entgegengesetzten Seite.

Das Grab ist sicher M. III zuzuschreiben.

Hügelgruppe vor der Krim.

Nordwestlich vom Dorfe, etwa 800 m entfernt, am Wege nach der Krim links lagen zwei etwa 1 m hohe Hügel, anscheinend früher beträchtlich höher, wenigstens ist der eine für seine Höhe auffallend lang. Auch sie sind nach Steinen durchwühlt und dabei sind mehrere Bronzegegenstände gefunden; die meisten sind achtlos verworfen, nach den Angaben der Leute scheinen es Armringe und Tutuli gewesen zu sein; bewahrt sind einige Bronzen, die in den Besitz des Herrn Voß jun. in Lübz=

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Bauhof gelangt sind (Grab 10), und über welche dieser freundlichst berichtet hat:

1. Eine Lanzenspitze mit durchgehender Schaftrinne und ziemlich tief sitzenden Flügeln; Länge 16,5, größte Breite (7,5 cm von unten) 4 cm.

2. Ein Messer mit gebogener Klinge, die unter dem Rücken mit kleinen in Dreieck gesegten Schrägstreifen verziert ist, sonst ganz gleich dem Vorgeschichte S. 50 abgebildeten Messer von Dabel, der Griff besteht aus einer länglichen Rinne mit Randleisten, aber rund abschließenb. Eine Niete ist erhalten, 1,75 cm lang, oben kegelförmig, unten sich Zuspitzend. Länge 17 cm, Höhe 3cm. Die Griffform ist uns, und soweit ich sehe, dem ganzen Norden fremd (wir besitzen nur zwei gleiche Stücke, eins gefunden bei Kreien, nicht weit von Retzow, unter unsicheren Umständen, und eins aus den Gräbern von Tessenow, Br. 104)); es ist der von Naue, S. 102, Abb. 34, gegebene Typus, sehr ähnlich den Tafel XVII 2 und 3 gegebenen Stücken, dort der Uebergangszeit von der älteren zur jüngeren Bronzezeit angehörend, also unserem M. III.

3. Eine vierseitige kleine Stange, 9 cm lang, 0,4 cm dick.

4. Ein Handring mit Einkerbungen gleich dem unten S. 143 zu Boldebuck abgebildetem Stücke. Durchmesser 6 und 5,5 cm, Dicke 0,80 cm.

5. Ein geschlossener Ring mit rundlichem Querschnitt. Durchmesser 3, Dicke 0,9 cm.

Die Hügel scheinen die Reste einer Gruppe zu sein, die Ritter, Jahrb. 10, S. 278, erwähnt.

Ein damals abgetragener Hügel von etwa 0,75 m Höhe und 6 m Durchmesser ergab (bezeichnet als Grab Nr. 4): 1. eine "Speerspitze", richtiger Dolchklinge, ähnlich den oben schon mehrmals besprochenen Formen (Brahlstorf S. 105) mit halbrundem oberen Ende, zwei Nieten, scharf hervortretendem Mittelgrate, 12 cm lang, ursprünglich etwas länger. Es ist der Typus III von Naue (Bronzezeit S. 79, die auf Tafel XIII, 4 und XIV, 2 abgebildeten Stücke entsprechen dem unsern auch in der Größe); vgl. S. Müller 22, 26 (dort selten); angehörend wahrscheinlich im allgemeinen einem älteren Abschnitte der Periode.

2. Einen Spiralring, zerbrochen, innen scharf, außen scharfkantig, erhalten sind 5 Windungen; 6 cm Durchmesser. Zu zeitlichen Bestimmungen ist diese weit verbreitete Form nicht zu verwenden. (S. Müller, 55.)

Ueber die Bestattungsart sagt Ritter nichts; da Leichenbrandreste ihm schwerlich entgangen sein würden, ist Bestattung

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wahrscheinlicher. Ob das Grab in M II oder III zu setzen ist, bleibe dahingestellt.

Hügel bei der Krim.

Noch etwa 700 m weiter an dem Wege ebenfalls links lagen früher eine Anzahl Hügel (auf dem Meßtischblatt Meyenburg, welches auf einer Aufnahme von 1879 beruht, sind noch fünf verzeichnet). Erkennbar waren bei meiner Anwesenheit nur noch drei, gelegen auf der Hufe des Erbpächters Engel vor der Krim.

1. Großer, schöner, regelmäßig runder Hügel von etwa 2 m Achsenhöhe, zwecks Steingewinnung ganz durchwühlt; bronzene Ringe und Thongefäße sind gefunden, aber verworfen. Auch schon früher sind an den Rändern zahlreiche Bronzegegenstände zu Tage getreten.

2. Der Form nach gleich dem ersten, mit Buchen bestanden; auch schon durch Steinsucher etwas beschädigt, aber im wesentlichen erhalten. An den Rändern sind sehr viele Urnen gefunden und zerschlagen.

3. Regelmäßig runder Hügel von 1 m Achsenhöhe, halb schon entfernt.

Aus der Bemerkung von Ritter, Jahrb. 10, S. 278, geht hervor, daß hier schon Zinck gegraben hat. Im Friderico-Francisceum wird von einer Ausgrabung von Kegelgräbern bei Retzow nicht berichtet (über andere Hügelgräber vgl. unten S. 125), doch enthält die Schweriner Sammlung mehrere Bronzen aus der Zeit der Zinckschen Ausgrabungen (1804), die sicher nicht aus den Frid.-Franc. S. 71 berichteten Ausgrabungen stammen und daher mit großer Wahrscheinlichkeit hier aufzuführen sind; wir bezeichnen sie als Grab 11, es sind:

1. 2. Zwei bronzene Pfeilspitzen mit leicht gewölbten Flügeln, von 3,5 cm Länge; eine selten vorkommende Form.

Unter den nordischen Bronzen sind Pfeilspitzen sehr selten. S. Müller, Alterthumskunde I, S. 253, bemerkt, daß sie in Gräbern der älteren Bronzezeit ganz fehlen und schließt daraus, daß damals nur der Nahkampf, entsprechend der Kampfweise der Ilias, von eigentlicher Bedeutung gewesen wäre. Das stimmt noch für Schleswig=Holstein (Splieth a. a. O. S. 41 und 58), aber nicht mehr für Meklenburg. Hier kommen steinerne Pfeilspitzen in der dritten Periode verhältnißmäßig häufig vor. Die Nachweise sind oben S. 114 und unten S. 136 bei den Gräbern von Granzin und Loiz gegeben worden, und auch bronzene Pfeilspitzen finden sich z. B.

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in Peckatel und Friedrichsruhe. Es ist das wiederum ein Verhältniß, in dem sich Meklenburg mehr als die andern Provinzen des nordischen Bronzegebietes an südliche Bronzegediete anschließt. In Ungarn (Reineckes Periode II, s. A. E. S. 237, Fig. 5), Nieder=Oesterreich (Heger a. a. O. Fig. 17, 21, 22, vgl. S. 20 und 23; dort auch steinerne Pfeilspitze, Hörnes a. a. O. S. 76), Böhmen (Pič mehrfach, aber keine steinernen), Bayern (Naue S. 100), sind sie häufiger und die Form mit Röhren gehört dort anscheinend einer jüngeren Stufe an, entsprechend ungefähr wie bei uns M. III. Ein interessanter Fund ist der von Neu=Haldensleben, wo in einer Gruppe niedriger Hügelgräber auf dem dortigen Fuchsberge, die nach den Fundstücken der Periode M. III. anzugehören scheinen, eine ganze Anzahl steinerner Pfeilspitzen mit bronzener Schäftung und mit bronzenen zusammen gefunden sind (vgl. Wegener, Gymnasialprogramm Neu=Haldensleben 1897, S. 10 und 12).

3. Kleine Schmuckkegel aus Bronzeblech, wie sie unten S. 145 bei einem Grabe von Boldebuck zur Besprechung kommen werden.

4. Ein größerer Tutulus mit flach gewölbter Scheibe und kleiner Spitze, 5,5 cm Durchmesser, eine Uebergangsform von den großen Schmuckscheiben (s. Dabel S. 133) zu den gewöhnlichen Tutuli (z. B. Boldebuck unten S. 144).

5. Eine Pincette = S. Müller, Ordning 87, 5 cm lang. Ueber Pincetten in Kegelgräbern s. oben S. 106 bei Brahlstorf.

Der mit 2 bezeichnete Hügel ist von mir am 29. September 1896 ausgegraben (Grab 12). Der Aufbau der Grabanlage im Innern war außerordentlich deutlich. Der Urboden wurde bei 3 m Tiefe erreicht; da aber die Oberfläche schon abgegraben war, muß die ursprüngliche Höhe annähernd 4 m betragen haben. Der Durchmesser war nicht genau zu bestimmen, da die Ränder Beschädigungen zeigten; regelmäßige Anlage vorausgesetzt, wird er 20m betragen haben. Der Erbauftrag bestand aus gemischter Erde. 70 cm unter der jetzigen Oberfläche stieß man auf eine fast quadratische Steinplatte von 60 cm Durchmesser unter der ein regelmäßiger Steinkegel von 2,30 m Höhe und etwa 8 m Durchmesser aus Sammelsteinen aufgeschichtet war. In halber Höhe war er umstellt mit etwas größeren (etwa 30 cm hohen) aufrecht stehenden Steinen. Auf dem Grunde des Hügels war ein Steinpflaster und hier wurde auch das Grab gefunden; doch brachte es eine große Enttäuschung. Es fanden sich wohl

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Spuren des Leichnams, besonders deutlich ein Stück der Schädeldecke, aber nicht die geringste Beigabe. Einige schwarze Streifen sind vielleicht als Reste eines Sarges zu deuten. Auch einige Kohlenstücke lagen auf dem Grunde zwischen den Steinen, sonst nichts.

Es gehört also auch dieses Retzower Grab, das letzte einer einft stattlichen Menge, zu den unausgestatteten, von denen wir im Verlauf unserer Darstellung schon mehrere (vergl. Upahl, S. 93) aufzuzählen gehabt haben. Ob die Urnen vom Rande Nebengräbern angehören oder Nachbestattungen einer späteren Zeit sind, muß unentschieden bleiben.

Hügel an der Dammerower Scheide.

Am Wege nach Dammerow, rechts unmittelbar vor der Scheide, sind auf dem Meßtischblatt fünf Hügel neben einander angegeben, eine Gruppe, zu der noch drei daneben auf Dammerower Gebiete und ein ebendort etwas weiter nördlicher gelegener gehören. Ich zählte im ganzen auf Retzower Seite sieben Stellen, sechs fast ganz nieder geackert; eines in seiner Form sehr gestört, aber noch immer stattlich, mährend auf der Dammerower Seite fünf flache, ebenfalls stark niedergeackerte und zum Theil durchwühlte Gräber erkennbar sind. Nach Angabe der Arbeiter sind in den niedrigen Hügeln massenhaft Thongefäße gefunden, aber keine Bronzen.

Hier hat schon Zinck gegraben. 1806 sind mehrere Hügel aufgedeckt, die in der Mitte eine kleine Steinkiste mit Urnen enthielten (Friderico-Francisceum, S. 71, vgl. auch S. 56), wir bezeichnen sie als Nr. 13; erhalten ist von dem Inhalte nichts, doch gehören sie nach der Beschreibung sicher der jüngeren Bronzezeit an. Metallgegenstände sind damals anscheinend hier nicht gefunden, wohl aber in den anliegenden Dammerower Hügeln und später auch hier von Ritter.

Drei Gräber hat Ritter geöffnet (Jahrb. 11, S. 384); bezeichnet als Grab 5 bis 7.

Nr. 5. Steinkegel, 1,5 m hoch, 9 m Durchmesser. Darin sechs Graburnen mit zwei kleinen Thongefäßen und bronzenem Kleingeräth im Charakter der jüngeren Bronzezeit.

Nr. 6 und 7. Steinkegel, 1,2 m hoch, 9 m Durchmesser. Darin je eine Graburne mit bronzenem Kleingeräth, ebenfalls zweifellos jüngere Bronzezeit.

Ich habe den größeren Hügel am 28. September 1896 durchgraben (Grab 14), er war aus Sand und Kies aufgeschichtet

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und hatte die stattlichen Ausmessungen von 3,50 m Höhe und 21 bis 24 m Durchmesser. Es ergab sich aber, daß er schon ganz durchwühlt war. Urnenscherben und zerbrannte Knochen fanden sich zerstreut in der Erde, aber keine erkennbare Grabanlage mehr. Da der Hügel wesentlich höher ist, als die von Ritter hier ausgegrabenen, wird er zu den schon zu Zincks Zeiten durchsuchten "Urnenhügeln" gehören.

Hügel in der Niederung (Grab 15).

Etwa 500 m von der Gruppe an der Scheibe liegt auf abfallendem Terrain nahe der sumpfigen Niederung, die durch den Bach entwässert wird, ein auffallend großer Hügel, dem allein 96 Fuder Steine entnommen sind. Es fanden sich zwischen den Steinen mehrere Mahlsteine steinzeitlichen Charakters, eine schon wiederholt in bronzezeitlichen Gräbern beobachtete Erscheinung (vgl. Jahrb. 12, S. 420; 48, S. 323 und oben S. 99); über die Form und Ausstattung der Gräber, die der Hügel barg, sind keine Beobachtungen gemacht, doch hat man ein bronzenes Schwert geborgen, welches der Besitzer der Hufe, Herr Erbpächter Meyer, der Großherzoglichen Sammlung geschenkt hat. Es ist ein schönes Griffzungenschwert, breit, mit geringer Ausbiegung der Schneide, mit breitem flachen, scharf absetzenden Mittelgrate. Der (beschädigte) Griff hatte wohl drei Nietlöcher, an den Seiten sind je zwei. Länge noch 54 cm, Länge der Klinge 49 cm, größte Breite 4 cm. Das Schwert gleicht fast ganz dem viel besprochenen von der Akropolis in Mycenä (vgl. z. B. Naue, Bronzezeit, S. 87, und, mit besserer Abbildung, Montelius, Chronologie S. 168, Fig. 405), eine Form, die schon in der Periode M. II im Norden erscheint, in Meklenburg allerdings noch in keinem dieser Zeit mit Sicherheit zuzuschreibenden Grabe, aber in Menge in der folgenden Periode (vgl. z. B. oben S. 108), sodaß wir bei der zeitlichen Einordnung dieses Grabes keine sichere Entscheidung zwischen II und III treffen können.

Ueberblicken mir die Retzower Gräber als ganzes, so erhellt zunächst, daß es sich um mindestens zwei ganz verschiedenzeitliche Gräbergruppen handelt, solche der älteren und solche der jüngeren Bronzezeit. Zu der letzteren gehören die Hügel der Gruppe von der Dammerower Scheibe, also die als 5 bis 7, 13 und 14 bezeichneten. Alle andern sind der älteren Bronzezeit angehörig. Eine Scheidung zwischen dem früheren und späteren Abschnitt dieser Periode ist zum Theil durchführbar: 2, 3 und 8 sind in M. II; 1, 9, 10 und 11 sind nach III zu versetzen; die Stellung von 4, 12 und 15 muß unentschieden bleiben. Hätten wir ausreichende

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Nachrichten, so würde sich hier, wo so verschiedenartige Gräber neben einander liegen, der Unterschied zwischen den einzelnen Perioden, besonders der der Grabgebräuche in II und III haben feststellen lassen, wie an keiner zweiten mir bekannten Stelle im Lande. Leider aber fehlen Fundberichte über die Gräber mit reicherem Inhalt ganz, und das einzige sorgsam durchgrabene (12) hat keine Ausbeute ergeben. So bedeutet die sinnlose Zerstörung der Gräber im Jahre 1896 einen unwiderbringlichen Verlust für die heimische Alterthumskunde.

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Kegelgrab von Karow (bei Plau).
(Katalog=Nummer Br. 175-182.)

Auf dem ausgedehnten Felde von Karow lagen früher mehrere Kegelgräber, die schon seit langem Ausbeute ergeben haben. In der Großherzoglichen Sammlung finden sich die Reste der hölzernen Scheide eines Bronzeschwertes mit dem Vermerk: Carow 1805. Vom Schwerte selbst ist nichts erhalten. Der am meisten in die Augen fallende Hügel führte den Namen "Blocksberg" (schon Jahrb. 9, S. 355 kurz beschrieben). Es war ein mächtiger Hügel von annähernd 6 m Achsenhöhe, bestehend aus Erde und beträchtlichen Steinmassen. Nachdem diese für Chausseebauten und sonst im Bedürfnißfalle ausgebeutet sind, ohne daß sich etwas Bemerkenswerthes zeigte, ist der größte Theil des Hügels im Winter 1884/85 zwecks Moorkultur abgetragen, und hierbei ist man auf Grabstellen gestoßen. Ich habe im Februar 1885 unter Führung des damaligen Besitzers, des Herrn Rittmeister von Clewe den Ort besucht, fand das Grab aber schon zerstört; die gefundenen Alterthümer, mit Ausnahme der Goldringe, hat mir Herr von Clewe für die Großherzogliche Alterthümersammlung übergeben. Nach Mittheilungen des genannten Herrn und einem Verhör der Arbeiter ergiebt sich Folgendes über die Grabanlage:

In der Mitte des aus lockerer Erde aufgetragenen Hügels fand sich eine starke Steinhäufung 4 m unter der Spitze; sie war ganz überzogen mit einer sehr festen Lehmschicht, die sich deutlich von der Erde des aufgetragenen Hügels unterschied. Zwischen den Steinen fand sich (über die Lagerung ist leider nichts Genaueres beobachtet):

1. Ein Schwert, an dem Griffe etwas beschädigt, sonst vollständig; in sechs Stücke zerbrochen, von der üblichen Form

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des Griffzungenschwertes: vier Nietlöcher in der Griffzunge, je zwei am Klingenansatz, flacher Mittelgrat, nur leicht ausbiegende Klinge. Ganze Länge 62 cm, Länge des Griffs 9 cm, größte Breite der Klinge 3,5 cm.

2. Ein Doppelknopf; die Oberseite flach und mit vier von dem Mittelpunkte ausgehenden vertieften Linien verziert. Höhe etwas über 1 cm, Durchmesser der Scheiben 2 cm.

3. Ein goldener Handring, gewunden, mit übereinander greifenden Enden; 6 cm Durchmesser; fast ganz gleich dem Ringe von Friedrichsruhe (Jahrb. 47, S. 263).

Im Mantel des Hügels sind noch mehrere andere Steinsetzungen angetroffen und zwischen diesen folgende Gegenstände (die Zahl der Grabbauten und Vertheilung der Fundstücke auf die einzelnen ließ sich nicht mehr feststellen):

4. Der Rest einer bronzenen Axt, die im Schaftloch zerbrachen ist; erhalten nur das Bahnende, spitz zugehend; Länge des Stückes 4 cm, Durchmesser des Schaftloches 2 cm, Höhe 1,2 cm. Das Stück hatte sehr wahrscheinlich eine ähnliche Form

Axt

wie das nebenbei abgebildete Stück aus dem Depotfund von Wiek, doch ist dieses schlanker. Ueber diese Aexte, die besonders in Ostpreußen häufig sind und von denen wir in Schwerin außer den beiden Stücken noch eins von Basedow haben, vgl. S. Müller 95, Splieth 83, besonders Tischler, Sitzungsberichte der physik.=ökonomischen Gesellsch. in Königsberg 28 S. 13, auch Lissauer, Alterthümer der Bronzezeit in Westpreußen II, 21.

Daß die Form der nordischen Bronzezeit angehört, ist wohl unbestritten, ebenso klar aber, daß sie dort aus südlichen Formen sich entwickelt hat, wie sie besonders in der ungarischen Bronzezeit sehr häufig sind. Dieser Umstand ebenso wie die Fundumstände, unter denen diese Axtform erscheint, z. B. in unserem Grabe, machen für sie M. III wahrscheinlicher als II.

5. Ein Halskragen ("Diadem") mit Spiralreihen von der im Verlauf unserer Darstellung noch mehrmals zu besprechenden

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eigenthümlichen meklenburgischen Form; eine Seite abgebrochen. Höhe 5,5 cm. Die beistehende Abbildung ist nach unserem schönsten Exemplar, dem von Alt=Sammit, genommen (vgl. Jahrbuch 12, S. 408).

Halskragen

Unsere Sammlung besitzt aus Grabfunden 13 Halskragen dieses Typus, die sich in der Form und Verzierung nur sehr wenig von einander unterscheiden und stets in derselben Zusammensetzung, besonders häufig mit Handbergen und großen Scheibennadeln auftreten. Alle diese Funde gehören in die dritte Periode, die Form ist jünger als die, wo die Fläche, ohne Spiralen, mit Parallelstreifen besetzt ist.

Zu der Auffassung dieser diademartigen Bleche als Halsschmuck berechtigt nicht nur der Umstand, daß sie sehr wahrscheinlich einer Garnitur übereinander gelegter Halsringe ihre Entstehung verdanken (vgl. Montelius, Chronologie S. 34), sondern auch, daß sie wirklich mehrfach in dänischen Gräbern und auch bei uns in dem Grabe von Stülow am Halse beerdigter Leichen gefunden sind, und zwar in Frauengräbern. Ihre Entwickelung ist deutlich erkennbar: die älteste Form sind sichtlich die mit parallelen Längsrippen, wie sie weit verbreitet und auch in Mecklenburg zahlreich (vgl. unten Hallalit) vorhanden sind (M II). Dann kommen einige mit parallelen Streifen und Strichornamenten, wie unsere von Friedrichsruhe und Pisede (Jahrb. 47, S. 266), sodann die mit Spiralreihen (beide M. III); diese scheinen eine meklenburgische Spezialität zu sein, wenigstens giebt es nirgends so viele und sich gleichende Stücke wie bei uns. Dagegen fehlen umgekehrt bei uns Varianten, wie sie in Dänemark, Schleswig=Holstein und sonst vorkommen (z. B. Splieth a. a. O. 104), mit falschen Spiralen, Kreisen u. s. w. Eine andere interessante Variation hat das nordwestliche Deutschland, eine Verzierung mit Buckeln, die aber nicht getrieben, sondern mitgegossen sind, z. B. ein Stück aus Gandersheim (Museum in Braunschweig), andere im Museum zu Hildesheim, auch bei von Estorff, Alterthümer von Uelzen XI, 7. Wir werden der

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Form weiter unten noch bei Turloff, Dabel, Schlemmin, Boldebuck, Kargow, Stülow, Kl.= Grenz, überall in derselben Umgebung begegnen.

6. Ein Handring; glatt abschneidende, eng an einander schließende Enden, Querschnitt spitzoval, verziert mit senkrechten Strichen, die an vier Stellen durch senkrechte Doppelstreifen mit Schrägstricheln unterbrochen werden, gleich dem unten S. 132 abgebildeten Ringe von Turloff. Durchmesser 6 und 5 cm, Höhe 0,75 cm, also eine kleine Form.

7. Reste einer Fibel; leider nur erhalten eine Spiralscheibe (3 cm Durchmesser) und Theile der Nadel. Nach der Größe dieser Stücke wird das Ganze eine jener großen Fibeln mit breitem geraden Bandbügel gewesen sein, wie sie von Friedrichsruhe, Alt=Sammit u. s. w. aus dieser Periode bekannt sind (vgl. oben S. 119).

8. Ein goldener Spiralring von 6 Windungen und 2 cm Durchmesser.

9. Ein kleine Henkelgefäß; einfach gearbeitet, rothbraun, der Hals gleich nach der größten Ausbauchung eingezogen, Rand leicht ausbiegend, Henkel vom Rande bis zum Ansatz des Halses. Höhe 9 cm, Durchmesser oben 6,5, unten 5 cm, größter Umfang 33 cm (4,5 cm von unten).

10. Einige unbestimmbare Scherben ähnlicher Art.

(Ein zugleich mit eingeliefertes eisernes Messer gehört offenbar neuerer Zeit an.)

Die Ausstattung des Hauptgrabes stimt sehr mit der des Grabes von Blengow überein; die anderen Gegenstände gehören in ihrer Mehrzahl sicher weiblichen Nebengräbern an, wie z. B. bei Ruchow. Bebrannte Stücke sind nicht dabei, doch beweist das nichts gegen Leichenbrand. Die Nebengräber können ebenso gut verbrannte wie unverbrannte Leichen enthalten haben. Die zeitliche Stellung ist unbedenklich M. III.

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Grab von Turloff (bei Sternberg) Nr. 4.
(Dialog=Nummer Br. 371-374.)

Wir betreten mit der Besprechung dieses Fundes den an vorgeschichtlichen, besonders aber bronzezeitlichen Funden überreichen Boden der Gegend von Sternberg, Bützow, Güstrow. Bereits im Jahre 1868 sind bei Turloff drei niedrige Grabhügel zerstört und haben für die Großherzogliche Sammlung einige Bronzen ergeben (vgl. Jahrb. 38, S. 139): 1. zwei Handringe,

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2. zwei Halsringe, 3. drei Armringe, einen Tutulus, eine Bernsteinperle, alles in den bekannten Formen des Frauenschmuckes M. III.

Im Winter 1894/95 ist beim Stämmeroden im Forste, östlich und unweit der Chaussee, ein viertes Grab desselben Charakters angetroffen, dessen Inhalt der seitdem verstorbene Herr Förster Hunger in Turloff eingesandt hat. Aeußerlich war das Grab nur als niedrige Erhöhung erkennbar gewesen. Es wurde gebildet durch eine Steinhäufung von 2 m Länge,

Halsring

0,80 m Breite und 0,60 m Höhe mit geringem Erdauftrag. Unter den Steinen wurden nahe bei einander folgende Bronzen gefunden, alle mit schöner Patina und unverletzt; über die Art der Bestattung liegt keine Beobachtung vor und ist auch kein Schluß statthaft; daß es ein Frauengrab M. III war, ergeben die Fundstücke:

I. Ein Halskragen ("Diadem") von der gewöhnlichen Form (vgl. oben S. 128).

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2. Ein Hering, gedreht. stark und schön, mit Oesen, an den Enden verziert mit dem bei den Handringen beliebten Strichornament, welches gelegentlich auch bei Halsringen zur Anwendung kommt (vgl. Friedrichsruhe=Kannensberg, Boldebuck unten S. 143). Durchmesser 14,5 und 15 cm, größte Dicke 1 cm. (S. Abbildung auf vorhergehender Seite.)

3. 4. Zwei Handringe, scharfkantig, innen und außen leicht gewölbt, mit Linienverzierungen, abwechselnd Querstriche und Strichzonen (vgl. Abbildung), Durchmesser 6 und 4,75 cm, Höhe 1,1 cm.

Handring

Daneben lag noch:

5. Eine kleine Steinaxt, besprochen Jahrb. 63, S. 62, von einem einfachen, in der Steinzeit in zahlreichen Exemplaren vorkommenden Typus.

Steinäxte in bronzezeitlichen Gräbern sind sonst nicht beobachtet, und daß diese echt steinzeitliche Form damals noch nachgebildet sein sollte, ist kaum wahrscheinlich. Wohl aber ist noch mit einer andern Möglichkeit zu rechnen. Die Steinsachen können in die Gräber als Gegenstände eines abergläubischen Gebrauches hineingelegt sein. Vielleicht gelingt es noch einmal, Kriterien dafür zu finden. In Turloff lag die Axt neben weiblichem Schmuck. Als Gebrauchsgegenstand? schwerlich; vielleicht also als Amulet, Zaubermittel u. s. m. Wie ja noch heute Steingeräthen vielfach eine übernatürliche Kraft, besonders bei dem Wetterzauber, angeschrieben wird.

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Kegelgrab von Dabel (bei Sternberg) Nr. 5.
(Katalog=Nummer Br. 238-240.)

Die Feldmark von Dabel hat schon vor Jahren einige unserer schönsten Grabfunde ergeben; über drei Gräber ist Jahrb. 22, S. 279 flgd. und 23, S. 279 flgd. berichtet; aus einem vierten sind später beim Chausseebau zwei Handbergen entnommen (Jahrb. 38, S. 144). Zwei der Hügel, aus denen diese älteren Funde stammen, sind in ihrer Form noch gut erhalten. Nicht weit von diesen ist beim Bau der Wismar=Karower Eisenbahn 1887 ein niedrigerer Hügel durchschnitten, in dem einige Bronzen gefunden sind, die das Großherzoliche Amt in Warin eingesandt hat. Ueber die Fundverhältnisse ist nichts Näheres zu erfahren

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gewesen, doch handelt es sich zweifellos auch hier um ein bronzezeitliches Grab.

Die Gegenstände sind:

1. Ein Halskragen ("Diadem") mit Spiralstreifenornament von der bekannten, hier wiederholt erwähnten Form (s. oben S. 128), an den Enden beschädigt; 4,5 cm hoch.

2. Eine Handberge der bekannten schönen Form; in drei Theile zerbrochen und etwas verbogen, die Spiralscheiben haben einen Durchmesser von 14 cm.

3. Eine Schmuckscheibe, unvollständig. Unterteile ganz leicht gewölbt auf der Oberseite eine kleine Spitze. Verziert mit zwei konzentrischen Streifen, in denen schraffirte Dreiecke, die Spitzen nach dem Rande zu, neben einander stehen; die Streifen sind getrennt und abgeschlossen durch Punktreihen. Durchmesser 9,5cm, Höhe des Stachels 1,25 cm.

Schmuckscheibe

Solche Schmuckscheiben sind auf unserem Boden nicht gerade häufig und von ziemlich verschiedener Form. Wir hatten bisher nur aufzuzählen:

1. Vorderbollhagen; der von Dabel an Größe gleich, in der Mitte unverziert, am Rande mit konzentrischen Linienstreifen, gefunden in einem niedrigen Kegelgrabe mit einem Halskragen älterer einfacher Form (Jahrb. 20, S. 285); der ganze Fund scheint einer älteren Periode (M. II) anzugehören.

2. Kl.=Grenz (s. unten S. 189); dem vorigen Stücke ähnlich; zusammen gefunden mit Halskragen, Handringen u. s. w. in einer Schmuckgarnitur, die vollständiger ist als die der übrigen Schmuckscheibenfunde.

3. Peckatel; aus dem berühmten Grabe; beschrieben Jahrb. 11, S. 368 als besonders großer Tutulus (mit Bezugnahme auf Frid.-Franc. XXXIII, Fig. 10, nicht, wie gedruckt ist, XXIII), verziert mit konzentrischen erhabenen (im Guß hergestellten) Linien; die hohe Spitze mit einer Scheibe mit Sternmuster abschließend; eine offenbar jüngere Bildung, wie aus S. Müller 115 hervorgeht.

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4. Aus einem im Amte Grabow (ohne nähere Fundangabe)1826 ausgegrabenen Kegelgrabe (vgl. Frid.-Franc. Text S. 68, Abb. Tafel XXXIII, Fig. 8).

Schmuckscheibe

Prachtstück, verziert mit Streifen von Spiralen, wobei die einzelnen Spiralen durch ausgezogene Linien, nicht, wie bei unseren einheimischen Stücken übliche, durch Punktlinien verbunden sind, eine Verzierungsart, die allein schon das Stück als Importstück kennzeichnet; 15 cm Durchmesser. Ein größeres, aber sonst ganz gleiches s. S. Müller 58. Zu dem Funde gehört noch eine Handberge, ein Halsring und (sehr wahrscheinlich) ein später eingelieferter Halskragen, also dieselbe Zusammensetzung wie in Dabel.

5. Wieck. Dem vorigen ähnlich, aber kleiner (9,5 cm Durchmesser), verziert mit getriebenen Buckeln, die von Kreisen umgeben sind und so an Spiralen erinnern, mit einander durch ausgezogene, mit Punkten umgrenzte Linien verbunden. Aus einem Kegelgrabe zusammen mit Halsringen, Armringen und Tutuli (Jahrb. 20, S. 282). Auch die hier angewendete Verzierungsart, zu der hier auf S. Wide, "Nachleben mykenischer Ornamente", Athen. Mittheilungen XXII, S. 150 u. f. verwiesen sein mag, ist der meklenburgischen Bronzezeit fremd, kommt aber auch sonst im Norden und auch gerade an solchen Zierscheiben vor, z. B. in Norwegen (Rygh, Norske Oldsager 135).

Die Bestimmung dieser Schmuckscheiben als Gürtelschmuck und zwar in weiblichen Gräbern ist durch dänische Funde gesichert, wo sie in ihrer ursprünglichen Lage angetroffen sind (vgl. die Abbildung S. Müller 49, auch Nordische Altertumskunde I, S. 374:); das größte und wohl schönste aller gefundenen Stücke ist Ordning 58 abgebildet und mißt 28,5 cm Durchmesser. Sie gehören in Dänemark schon dem älteren Abschnitte an (M. II), gehen aber noch in den nächsten hinein; ähnlich liegt das Verhältniß in Schleswig=Holstein (Splieth 69).

In Meklenburg erscheinen sie nach dem Gesagten, vielleicht als Fremdlinge, stets in derselben Zusammensetzung; die unter 2-5 aufgezählten sicher der Periode III angehörend. Weiterhin nach Osten werden sie noch seltener; ein Stück ist in der Uckermark in dem schönen Depotfunde von Angermünde gefunden, der auch

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M. II (oder III?) angehört; vgl. Schumann, Nachr. über deutsch. Alterthumsfunde 1901, Heft 2 und Mitth. des Uckermärk. Vereins I 1.

Daß auch das Dabeler Grab ein Frauengrab M. III ist, ergiebt sich aus der Darstellung; ob es Beerdigung oder Leichenbrand enthielt, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, doch ist nach den Befunden der früheren Gräber das erstere wahrscheinlicher.

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Flachgräber von Loiz (bei Sternberg).
(Katalog=Nummer Br. 395-399. 495. 496.)

Ueber ein im Jahre 1893 aufgedecktes Urnenfeld jüngerer Bronzezeit auf dem "Kirchhofschlage" bei Loiz ist Jahrb. 61, S. 198, berichtet. Auf demselben Schlage, aber von den Urnensetzungen getrennt, weiter dem See zu, und auf dem angrenzenden, dem Erbpächter Bülow gehörenden Felde, sind nun seitdem Gräber anderen Charakters angetroffen. Zwei von diesen sind untersucht. Man war nämlich beim Tiefpflügen wiederholt auf Steindämme gestoßen; als bei dieser Gelegenheit einige Bronzen freigelegt wurden, machte Herr Erbpächter Ahrens, dem wir auch die früheren Funde verdanken, Mittheilung, und ich habe am 26. September 1896 ein Grab ausgegraben.

Grab I. Auf einer flachen, ausgedehnten Kuppe in sandigem Acker, 25 cm tief, ein Steindamm von kleineren Geschiebesteinen (10 cm Durchmesser), 2,25 m lang (ostwestlich) und 1,50 m breit. Auf dem Damme lag ein beerdigter Leichnam, von dem noch hinreichend Reste erkennbar waren, um seine Lage zu bestimmen; der Kopf war im Westen; in der Gegend, wo bei gestreckter Lage die rechte Hand gelegen haben mußte, lag ein Handring, wie die übrigen Sachen mit heller grüner Patina; innen flach, nach außen leicht gewölbt, fast ganz gleich, auch in der Verzierung, dem oben S. 119 abgebildeten von Retzow. Durchmesser 6,25 und 6 cm, Höhe 1 cm. In der Gegend der linken Hand die Reste von einem (oder zwei) spiraligen Fingerringe (13 Windungen, Durchmesser 1,5-2 cm. Am östlichen Ende zwei Ringe, zwischen denen noch Knochen steckten, also Fußknöchelringe; verbogen und unvollständig; ganz gleich dem Ringe von der Hand. Noch weiter Reste eines kleinen zerdrückten Thongefäßes, derbwandig, mit absetzendem Boden, Form nicht genauer erkennbar. In der umgebenden Erde Holzspuren, ob von einem Sarge, einem Bretterbau u. s. w., ist nicht bestimmbar. Da ein

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Steinschutz nach oben fehlte, mögen Bretter oder Bohlen zur Abdeckung verwendet worden sein.

Spuren eines aufgetragenen Hügeln sind nicht beobachtet; ist einer vorhanden gewesen, so kann er nur ganz niedrig gewesen sein. Der Boden war nur soweit berührt, als es zur Aufnahme des Beerdigten erforderlich war.

Grab II. Ein ganz gleiches Grab hat Ahrens 1899 aufgedeckt. 30 bis 40 cm unter dem jetzigen Boden ein Steindamm, auf dem in der Mitte ein Bronzeschwert und zur Seite steinerne Pfeilspitzen lagen. Reste des Beerdigten sind nicht beobachtet.

1. Ein Schwert mit Griffzunge von dem schon wiederholt erwähnten Typus. Die Griffzunge ist abgebrochen, doch ist erkennbar, daß der Griff halbrund abschloß und unten vier Nieten hatte. Der Mittelgrat ist sehr breit und flach, mit Linien begrenzt. Länge noch 58,5 cm. Größte Breite 4 cm (34 cm von unten).

2. 3. Zwei steinerne Pfeilspitzen mit halbmondförmigen Kerben, dünn und fein. Damit erweitert sich die Zahl der aus Meklenburg bekannten Gräber mit steinernen Pfeilspitzen wieder um eins; fast stets sind sie in Gesellschaft von Schwertern gefunden, wie hier (vgl. oben S. 115 bei Granzin).

Es handelt sich also um Körpergräber der dritten Periode, ein weibliches und ein männliches, für die zahlreiche Analogien vorhanden sind und auch im Verlauf unserer Besprechung mehrfach zur Behandlung kommen.

Eigenartig und zu beachten ist aber die Bestattungsart. Bronzezeitliche Flachgräber mit Beerdigung sind eine früher nicht beobachtete Erscheinung, die wir noch einmal (bei Dobbin s. S. 153) zu behandeln haben werden. Wie sie sich zeitlich zu den andern Grabformen verhalten, ist noch nicht zu bestimmen. Die bei Loiz gefundenen Sachen stimmen genau mit dem Inventar der typischen Gräber (Friedrichsruhe u. s. w.) überein, während die Dobbiner etwas jünger sind.

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Kegelgrab von Schlemmin (bei Bützow).

In dem ausgedehnten Forstrevier Schlemmin finden sich eine Anzahl Hügel, welche zweifellos künstlichen Ursprungs und sehr wahrscheinlich bronzezeitliche Grabstellen sind. Bei dem Abtragen eines solchen sind eine Anzahl Bronzen gefunden, die als Geschenk eines Schülers 1886 in die Sammlung zu Neubranden=

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burg gelangt sind. (Katalog=Nummer 1669-1675). 1 ) Sie haben eine hellgrüne, z. Th. blaue Patina. Die Stücke sind:

1. Ein Halskragen ("Diadem"), erhalten nur der mittlere Theil. Die Form und Verzierung ist genau dieselbe wie bei dem Stücke von Karow (oben S. 129) u. s. w.

2. Ein gedrehter Halsring; unvollständig. Da die Enden fehlen, ist der Verschluß nicht mehr zu bestimmen.

3. 4. Zwei starke Armringe; der eine ist an den Enden beschädigt, der andere zerbrochen, und nur drei Stücke sind erhalten; innen glatt, nach außen mit ziemlich scharfem Mittelgrate, also von stumpfdreieckigem Durchschnitt, Durchmesser 9,5 cm, Höhe in der Mitte 1,5 cm, aber nach den Enden zu abnehmend. Die Verzierung ist selten: ein Saum mit Schrägstricheln und eine leicht erhöhte Linie, die Mitte leer; ähnliche haben wir an Ringen von Pisede, Lehsen, aber hier abwechselnd mit senkrechten Strichstreifen, und von Bobzin, Steinbeck, Lehsen, Friedrichsruhe, Boizenburg, aber abwechselnd mit Spitzovalen (vgl. oben Pogreß S. 102); auch in Stülow ist ein ähnlicher gefunden (s. unten S. 183). Die scharfkantige Form, die Verjüngung und die Verzierung, ausschließlich mit horizontalen Linien, weist auf gewisse alte süddeutsche Formen mit Horizontalrippen als Urform hin, über die Naue, Bronzezeit, S. 179 flgd., zu vergleichen (das Bobziner Grab gehört nach den andern Fundstücken wohl noch in M. II).

5. Ein starker Armring, den beiden vorigen sonst gleich, aber innen konvex; Durchmesser 8,5 und 7 cm, Höhe 1,25 cm, nach den Enden zu abnehmend. Verziert mit zarten Querstrichen, ähnlich dem oben bei Perlin, S. 99, besprochenen Ringe und dem Bügel der Liepener Handberge (unten S. 156). Doch verhindert die Patina einen genaueren Anblick.

6. 7. Zwei kleine Tutuli, genau von der oben S. 98 bei Radelübbe abgebildeten Form. Höhe 3,25 cm, Durchmesser 2,75 cm.

Der Fund entstammt, wie die große Mehrzahl der hier zu besprechenden, sichtlich einem Frauengrabe der dritten Periode; ob Beerdigung oder Leichenbrand vorliegt, muß auch hier dahingestellt bleiben.


1) Dem Vorstande des Neubrandenburger Museums, Herrn Schlosser, schulde ich Dank für zeitweilige Ueberlassung des Fundes.
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Kegelgrab von Sarmstorf (bei Güstrow).
(Katalog=Nummer Br. 380-390)

Bei Sarmstorf liegen östlich von der Chaussee, etwa 2 Kilometer vom Dorfe (gerechnet von der Kirche aus) entfernt, auf den Hufen 1 (Besitzer: Schulze Jörn) und 3 Besitzer: Erbpächter Kindt) vier Hügel in unregelmäßigem Rechteck zu einander. Der Boden ist wellig, Lehm und Sand wechseln, die Hügel sind stark niedergeackert, zeigen aber deutlich Spuren künstlichen Auftrags ober doch Bearbeitung. Drei haben sich als Grabstätten erwiesen, zum Theil schon seit langer Zeit. Nachdem bei der Anbringung eines trigonometrischen Zeichens auf dem einen Thongefäße gefunden waren, habe ich ihn am 9. September 1895 unter thätiger und dankenswerther Mitwirkung des Herrn Lehrer Zierow in Sarmstorf ausgegraben und Nachrichten über frühere Funde gesammelt.

Nr. I (Kindt). Hoher Hügel, der nördlichste der Gruppe von dem schon an die 100 Fuder Erde abgefahren sind, ohne daß man auf Steine oder eine Grabanlage gestoßen ist.

Nr. II (Jörn) stark niedergeackert; 1881 sind Steine weggebrochen und dabei ein Grab zerstört; dabei soll man auf eine "Urne mit Asche" und einen goldenen Ring gestoßen sein, der in die Güstrower Alterthümersammlung gelangt ist (Nr. 105). Es ist ein einfacher Spiralring von drei Windungen; die Enden sind abgebrochen; 2,6 Gramm schwer.

Nr. III (Kindt). Ebenfalls 1881 zerstört durch große Abgrabungen; es war ursprünglich der größte der vier Hügel, jetzt noch eine flache Bodenwelle; einige erhaltene Bronzen ("Diadem", Armring) und der Rest eines Thongefäßes sind in die Schweriner Sammlung gelangt und Jahrb. 47, S. 288, kurz beschrieben.

Nr. IV (Jörn). Der südlichste, jetzt hervorragendste, früher "Timpberg" genannt und mit Gehölz bestanden; als dieses in den sechziger Jahren abgeräumt und der Hügel urbar gemacht wurde, stieß man auf einen Steindamm; darunter stand eine Urne mit "Asche", in welcher kleine zerbrochene Ringe und mehrere goldene "Stricknadeln" lagen, daneben lag ein "grüner Dolch". Die Goldsachen sind verkauft, die andern Sachen verworfen. Was unter den "Stricknadeln" zu verstehen ist, wird wohl dunkel bleiben; ich kenne keine Altsachen, die damit Aehnlichkeit haben. Von da an hat der Hügel im Wesentlichen seine Form behalten; 1894 sind dann "Urnen mit Asche" in größerer Anzahl angetroffen und zerstört.

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Die Ausgrabung ergab, daß der Hügel, der etwa 2,5 m Achsenhöhe bei einem bedeutenden Umfange (an 50 m Durchmesser) hatte, nicht aufgetragen war, sondern in geringer Tiefe die natürlichen Schichtungen des Lehmes zeigte. Auf eine Grabstelle stieß man etwa 3 m nordöstlich von dem Endpunkte des trigonometrischen Zeichens entfernt. Das Grab lag 1 m unter der jetzigen Oberfläche im natürlichen Boden. Es bildete ein Rechteck mit abgestumpften Kanten von 2,50 m Länge (südwest=nordöstlich) und 1,20 m Breite, aufgeschichtet aus Steinlagen in etwa 40 cm Höhe und 30-35 cm Breite, am stärksten am südwestlichen (Kopf=) Ende, sodaß der innere Raum ungefähr 1,80x0,80 m betrug. Dieser war mit einer doppelten Steinlage gepflastert. Ueberall stieß man auf Asche und Kohle, die den ganzen Raum schwarz färbte, dazwischen lagen regellos über die ganze Fläche zerstreut zerbrannte Menschenknochen; ziemlich in der Mitte auf ganz engem Raume (etwa 10 cm Quadrat) in einander gepackt und umgeben von Gewebe= und Holzresten einige kleine Schmucksachen, meist aus Bronze, anscheinend Beigaben für den Bestatteten, die in ein Tuch gewickelt und in ein Holzkästchen gelegt hier beigesetzt waren. Sie sind verbogen und beschädigt, als wären sie mit auf der Brandstätte gewesen, und haben eine dunkle, grüne Patina. Es sind:

1. Ein Doppelknopf mit einfachem Sternmuster auf der ganz flach gewölbten Oberseite. Höhe 1 cm, Durchmesser der oberen Patte 1,75, der unteren 1,5 cm.

2. Ein stark verbogener Halsring; unvollständig, erhalten drei Stücke. Gewunden, mit zurückgebogener Oese.

3. Eine Fibel, zerbrochen und unvollständig, von der oben S. 95 abgebildeten Grundform, doch ist der Bügel etwas gedrungen und das obere Ende der Nadel fehlt, so daß das Stück schon einem etwas jüngern Typus (etwa S. Müller 71) angehören kann. Länge etwa 8 cm, Durchmesser der Spiralscheiben 1,25 cm.

4. Ein spiraliger Fingerring, zerbrochen und unvollständig, erhalten sechs und eine halbe Windung; Durchmesser 2, Höhe 1,25 cm. Gleich S. Müller 56.

5. Zwei glatte Fingerringe aus einfachem Draht, zerbrochen. Gleich S. Müller 220 (dort zur jüngeren Bronzezeit gerechnet).

6. Ein spiraliger Goldring aus Doppeldraht, das eine Ende offen; vier Doppelwindungen. Durchmesser 1,5, Höhe 0,75 cm.

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Am östlichen Ende ein ganz zerdrücktes Thongefäß, derb, mit rauher Wandung; die Form ist nicht mehr zu bestimmen.

Neben diesem Grabe war in höherer Lage (50 cm unter dem Urboben) eine starke Brandschicht von 1 m Durchmesser, vielleicht die Stätte der Leichenverbrennung, vielleicht auch von Opferfeuern ("Ceremonialfeuern") stammend.

Da bei dem Eingraben des Zeichens Urnen zerstört waren, habe ich die Umgebung durchgraben lassen und noch die Stellen von drei Urnen gefunden, die aber bei jener Arbeit schon völlig zerdrückt waren. Interessant war nur, daß zerbrannte Menschenknochen in ziemlicher Anzahl dazwischen lagen, die Thongefäße also wirklich als Urnen, d. h. Behälter des Leichenbrandes aufzufassen sind; es waren nach den Scherben gut gearbeitete, braune Gefäße mit starker Ausbauchung, wie sie schon in der älteren Bronzezeit vorkommen.

Eine Anzahl Gegenstände, die bei der Anlage des Zeichens gefunden sind, sind in das GüstrowerAlterthumsmuseum gelangt 1 ) (Nr. 345). Diese sollen in einer großen Urne mit Knochen gelegen haben, in der auch ein kleineres Thongefäß sich befand, offenbar das übliche Beigefäß. Die bewahrten Bronzen sind sehr stark zerbrannt und im Einzelnen nicht zu erkennen. Die Stücke, denen die Reste entstammen, waren:

1. Handringe (von zwei bis drei Exemplaren) mit starken Kerben (wie bei Boldebuck unten S. 143).

2. Ein spiraliger Armring, in der Art dessen aus dem älteren Grabe von Sarmstorf, welcher sich in Schwerin befindet (Jahrb. 47, S. 288).

3. Zwei (?) dünne tordirte Halsringe (von den Enden nichts erhalten).

4. Ein spiraliger Fingerring von 1,5 cm Durchmesser.

5. Eine Fibel, erhalten eine Platte, flach, dünn, 2 cm Durchmesser, und das Ende der Nadel, bestehend aus einer gleichen flachen Platte, welche an den Rändern Strichverzierungen zeigt.

Fibel

Es ist eine am Ende der älteren Bronzezeit öfter vorkommende Form, über die z. B. Jahrb. 54, S. 100 bei


1) Die Notizen über die Fundverhältnisse und die Kenntnißnahme der in Güstrow befindlichen Funde verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn Gymnasialprofessor Markwardt dort.
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Gelegenheit des Fundes von Blücherhof gesprochen ist. Danach ist die beistehende Abbildung genommen.

Die zeitliche Stellung des Grabes ist im ganzen dieselbe wie die der eben besprochenen und noch weiter zu besprechenden Gräber. Vielleicht gehört es einer ein wenig jüngeren Stufe an, wie die Gräber von Boldebuck, Ganschow, Liepen u. s. w. Interessant sind aber die Grabanlagen, die auf eine relativ späte Entwickelung weisen: noch besteht die Form des Hügelgrabes, aber man wählt natürliche Hügel, deren Umrisse man ja vielleicht absichtlich regelmäßiger (wenigstens bei dem von mir ausgegrabenen) gestaltet hat; noch giebt man dem Grabe die Form des Körpergrabes, aber man verbrennt schon den Todten und streut die zerbrannten Gebeine in den Raum, eine sehr interessante Sitte aus einer Zeit des Uebergangs von Beerdigung zu Leichenbrand, die auch in den Ländern mit verwandter Kultur (Dänemark und schon Schleswig=Holstein) beobachtet ist; dahin gehört z. B. das wegen seines Kesselwagens hochinteressante Grab von Skallerup auf Seeland; wir haben in Meklenburg ganz gleiche Erscheinungen in dem großen Grabe von Alt=Meteln (oben S. 95), vielleicht auch in einem der Wittenburger Gräber. Und auch ältere Berichte lassen sich am leichtesten durch die Annahme von Brandgräbern in Form von Körpergräbern erklären, so ein von Ritter, einem bekanntlich sehr exakten Beobachter, 1838 bei Wohld (bei Wittenburg) geöffnetes Kegelgrab (Jahrbuch 3 B, S. 61). Das Grab, dessen Inhalt in Güstrow ist, scheint die zerbrannten Gebeine in einer Urne gesammelt enthalten zu haben, ein in Meklenburg seltener und sicher erst einem jüngern Abschnitt von M. III angehörender Gebrauch, der uns noch weiterhin (unten S. 163 bei Basedow) begegnen wird.

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Kegelgräber von Boldebuck (bei Güstrow).
(Katalog=Nummer Br. 271-295.)

Ueber einen weiteren interessanten Grabfund in jener reichen Gegend, aus der die zuletzt besprochenen Funde stammen, berichtet Herr Karl Mann in Wismar, unser langjähriger Freund, der zugleich im August 1889 den schönen, von ihm bis dahin treu behüteten Fund der Großherzoglichen Sammlung übergeben hat.

"In Boldebuck bei Güstrow lagen etwa 1000 Schritte westwärts vom Hofe auf einer freien Anhöhe im Ackerlande und

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etwa 50 Schritt von einander entfernt zwei kegelförmige Hügel, welche mit Dorngebüsch bewachsen und auf der Gutskarte mit dem Namen "Trielberge" bezeichnet waren.

Als im Jahre 1851 in dem Ackerschlag, in welchem diese beiden Hügel belegen, mehrere der vorhandenen offenen Gräben durch Drainage entbehrlich geworden, wurden zur Ausfüllung derselben diese beiden Hügel auf Anordnung des Oberinspektors Herrn Oekonomierath Metelmann daselbst verwandt und abgetragen. Da solche mit einem Steinring nicht abgegrenzt waren und auch auf der Wölbung sowie im Innern derselben keine Steine gefunden werden konnten, sondern sie gänzlich aus reiner aufgetragener Erde nur zu bestehen schienen, so fehlten anfangs alle Merkmale, daß es Grabhügel. Als jedoch der Hügel Nr. 1, dessen Höhe in der Mitte fast 12 Fuß und dessen fast kreisrunde Grundfläche etwa 35-40 Fuß Durchmesser betrug, bis gegen dessen Mitte abgetragen war, fand ich in der Grundschicht desselben 4 rundliche Steine von 1 1/2 bis 2 Fuß Durchmesser, welche ein Viereck bildeten und soweit von einander gesetzt waren, daß solche etwa 3 □Fuß mittleren Zwischenraum enthielten. Dieser gleichfalls mit fester Erde ausgefüllte Zwischenraum enthielt aber die Ueberreste eines Leichenbrandes, bestehend aus Asche und zerbröckelten Kohlen= und Knochenresten, zwischen welchen folgende Schmuckgegenstände aus Bronze: 1 Diadem mit Längs= und Spiralverzierungen, 1 Kopfring aus gewundenem Drahte, 1 desgl. mit eingeschlagenen Verzierungen, 2 dünne Armringe und 4 stärkere mit eingeschlagenen Verzierungen, 6 trichterförmige Hütchen, in deren Höhlung eine Oese zur Befestigung, 2 große Handbergen, 1 große Nadel mit plattem Kopfe, 1 kurzes Schwert mit kurzer Griffzunge und 6 Nietlöchern mit Nieten, 7 kleine hohle halbrunde Hütchen, in deren Spitze ein kleines Loch zum Anheften, 1 kleiner Fingerring, dessen Enden spiralförmig gewundene Platten bildeten, und 1 kleiner Fingerring in runder geschlossener Form. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Leiche mit diesen Gegenständen geschmückt gewesen, als solche auf dem Scheiterhaufen verbrannte, da diese Schmuckgegenstände durch die Glut des Feuers eine theilweise Verbiegung sowie auch Verschmelzung zeigen und auch das Metall so mürbe geworben, daß es größtentheils leider zerbrochen und kleinere Gegenstände gar nicht konservirt werden konnten.

Der kleinere Hügel (Nr. 2), dessen Höhe in der Mitte fast 10 Fuß und dessen kreisrunde Grundfläche etwa 30 Fuß betrug,
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bestand gleichfalls aus reiner Erde. Ich fand in der Mitte desselben 2 kleinere, jedoch nur flach vergrabene Urnen, neben oder zwischen welchen ein Kopfring aus gewundenem Draht und 4 kleine Armringe mit eingeschlagenen Verzierungen aus Bronze lagen; etwas weiter seitwärts ein Skelett, ausgestreckt liegend, neben welchem ein Doppelknopf aus Bronze lag. Es gelang mir leider nur diese Ringe, welche zerbrochen, zu bergen. Die beiden Urnen waren jedoch so sehr mit Wurzeln durchwachsen und das Gerippe nebst Kopf gleichfalls so mürbe geworden, daß solche schon bei der ersten leisesten Berührung gänzlich zerfielen. Ich bemerke hierbei noch, daß außer diesen beiden Kegelgräbern sich damals auf der Boldebuckschen Feldmark keine weiteren mehr befunden haben."

Ueber einen weiteren Grabfund bei Boldebuck hat Lisch, Jahrb. 25, S. 214, kurz berichtet. Es soll danach "vor vielen Jahren" [geschrieben 1860] ein Kegelgrab von 12 Fuß Höhe abgetragen sein, in 6 Fuß Tiefe ein bronzezeitliches Begräbniß, darunter eine steinzeitliche Grabkammer. Alterthümer von Bedeutung seien nicht gefunden. Ob dieses Grab mit dem oben beschriebenen identisch ist oder ein drittes, wird sich nicht mehr bestimmen lassen.

Die gefundenen Bronzen sind:

1. Halskragen ("Diadem"), in vier Stücken erhalten, an den Seiten und in der Mitte zwei erhabene Bänder mit Einkerbungen, auf den Feldern dazwischen Spiralbänder, Länge (auf der Oberfläche gemessen) 30 cm, größte Höhe 4,5 cm. Zur Form vgl. S. 129.

2. Drei Stücke eines gedrehten Halsrings.

3. Ein Halsring mit spitzen Enden, verziert mit jenem Muster von Schräglinien, welches bei den Handringen, Handbergen u. s. w. so beliebt ist (vgl. oben den Halsring von Turloff, S. 131). Durchmesser 18 und 15 cm, doch ist das Stück etwas verbogen. Vgl. S. Müller, 103.

4. Ein starker Handring, 8 und 6 cm Durchmesser, 1,5 cm hoch, etwas verbogen, Innenseite flach, Außenseite leicht gewölbt; verziert, soweit der tiefe Rost erkennen läßt, gleich dem Halsringe.

Handring Handring
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5-8. Vier Handringe mit rundlichem Querschnitt, verziert mit senkrechten, dicht stehenden Einkerbungen. Durchmesser 6 und 6,5 cm. (Abbildung auf der vorigen Seite.)

9. 10. Zwei den vorigen gleiche Handringe, nur kleiner. Durchmesser 6 und 5,5 cm.

Die einfache Verzierungsart dieser Ringe ist wesentlich seltener als die des Rings 4 u. s. w., aber durch zahlreiche Zwischenglieder damit verbunden. (Vgl. z. B. den Ring von Turloff, oben S. 132.)

11. 12. Zwei große Handbergen, sehr stark zerbrannt und ganz zerbrochen. Die Form war die übliche, mit dem bekannten Schrägstrichmuster.

13-17. Fünf Tutuli; flach gewölbt, mit Spitze, verziert mit concentrischenLinien, auf der unteren Seite ein Steg, 5,5 cm Durchmesser, 4,4 cm hoch.

Tutuli

18. 19. Zwei kleine Tutuli, 3 cm Durchmesser, ungefähr 3 cm hoch. Ueber diese weit verbreiteten "Tutuli", die zweifellos als Kleiderschmuck vorkommen, gewöhnlich in größerer Anzahl und in Frauengräbern, vgl. S. Müller, 59; sie gehören z. Th. schon in M. II. In Meklenburg haben wir Tutuli der gleichen Form (andere sind hier selten) in neunzehn Grabfunden (s. oben S. 98 bei Radelübbe, unten S. bei 190 Kl. Grenz), fast stets in mehreren Exemplaren und, soweit die dabei befindlichen Sachen ein Urteil gestatten, aus Frauengräbern, M. III. Sie kommen fast stets in derselben Zusammenstellung vor wie hier in Boldebuck, besonders die Funde von Gädebehn, Dabel, Holzendorf, Karbow, Stülow gleichen diesen bis in das einzelne. Merkwürdigerweise fehlen sie in den großen Grabfunden von Alt=Sammit, Friedrichsruhe und Ruchow.

20. Ein Fingerring mit Spiralplatten von 2 cm Durchmesser; in drei Stücke gebrochen; ähnliche sind mehrmals in Kegelgräbern gefunden (vgl. Jahrb. 47, S. 268). Zu chronologischen Besimmungen sind sie nicht zu verwenden, da sie z. B. in Dänemark schon in

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der älteren Bronzezeit=M. II (S. Müller, a. a. O., 57), bei uns noch in der jüngeren (= M. IV/V) vorkommen, vgl. Jahrb. 51, S. 27.

21. Kleine halbrunde Hütchen, zerbrochen, erkennbar die Reste von vier, nach dem Fundbericht ursprünglich sieben; etwa 1,25 cm hoch. Die Befestigungsart ergiebt sich aus einem dem unsern fast ganz gleichen Funde, dem von Gädebehn, wo eine Anzahl gut erhaltener bewahrt sind; hier sind unten kleine einwärts gebogene Häkchen; die Hütchen sind also sicher als Schmuck auf Kleidern (Lederpanzern, Gürteln u. s. w.) aufgesetzt gewesen, der "Panzer" von Peckatel, Jahrb. 9, Tafel Abbildung 8 zeigt ähnliche, nur etwas rundere, noch an ihrer ursprünglichen Stelle; auch in Gräbern von Retzow sind gleiche gefunden (oben S. 124).

22. Eine große Nadel, zerbrochen in sechs Stücke und unvollständig. Beistehende Abbildung ist nach dem Funde von Karbow. Länge noch 36 (ursprünglich über 40) cm.

Nadel

Der Kopf ist platt (4 cm Durchmesser); unter ihm fünf verschieden starke umlaufende Wulste mit Längskerben. Diese großen Nadeln sind eine Besonderheit unserer Bronzegräber. Wir haben außer der besprochenen in Schwerin acht Exemplare aus Gesammtfunden, von denen die meisten aus Gräbern von ganz derselben Zusammenstellung wie das Boldebucker stammen und dadurch als Frauenschmuck gesichert werden (Gädebehn, Weisin, Karbow, Friedrichsruhe=Kannensberg C, Ruchow); dazu kommt noch der in Neu=Ruppin aufbewahrte ganz gleiche Grabfund von Bellin (Leichenbrand; Halskragen, Armringe, Handbergen; vgl. Quartalbericht 1895, S. 29). Auch in dem Grabe von Dabel (Jahrb. 22, S. 281) wird die Nadel nicht zu dem Leichnam, dem das Schwert u. s. w. gehörte, zu rechnen sein, sondern zu dem unmittelbar rechts davon gelegenen (nach der Lage der Fundstücke wahrscheinlich auch unverbrannt beigesetzten) weiblichen, so daß die Folgerungen von Lisch, der in den Nadeln eine Art Stecken (zum Antreiben der Pferde) zu sehen geneigt war, hinfällig werden. In einem Kegelgrabe von Rakow soll eine ähnliche Nadel neben Schwertern gefunden sein, (vgl. Frid.-Franc. S. 48. erster Bericht S. 9), doch fehlt ein ausreichender

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Ausgrabungsbericht, bei Zachow ist eine Nadel mit drei Dolchen gefunden, Dolche sind aber als Ausrüstung von Frauengräbern wohl bekannt.

Die Vertheilung dieser Nadeln ist nun recht merkwürdig; in Dänemark und Schleswig =Holstein fehlen sie gänzlich; ein Stück aus Lauenburg, S. Splieth 157 (dort zu M. IV gerechnet); aus Hannover eins von Barskamp (bei Lüneburg); aus Pommern ist ein interessantes, aber doch abweichendes und sicher lokales Stück bekannt (Glendelin, vgl. Pommersche Monatshefte 1889, Tafel II 2); ein dem Boldebucker ganz gleiches Exemplar stammt aus der Lausitz (Koschen, Berliner Merkbuch V, 33); an dieses schließen sich die sicher verwandten "Spindelnadeln" ebd. 35-37 aus Sachsen, Schlesien u. s. w. an. Etwas abweichend und wohl jünger ist das Stück aus Posen, Album prähist. Denkmäler I, 19 1. Gleiche oder ähnliche Nadeln kommen dann in Süddeutschland vor (vgl. Lindenschmit, Alterth. uns. heidn. Vorzeit I, IV, 4, 7 und 17, von Tröltsch, Fundstatistik 77a. S. auch R. Reinecke, Correspondenzblatt der Deutschen anthropologischen Gesellschaft 1900, S. 25.). Verwandte s. auch bei Naue, Bronzezeit S. 154 flgd., auch hier zum Theil älteren Funden angehörend. In Böhmen sind ähnliche Nadeln sehr häufig gefunden (Pič, fast auf jeder Tafel), zum Theil mit Sachen, die älter sind als unsere Periode III, zum Theil in Grabhügeln, die ihr genau entsprechen. Wir sind also wohl berechtigt, die besprochenen Nadeln als eine Nachahmung südlicher Stücke auf unserm Boden aufzufassen und damit als einen neuen Beleg für die Einwirkung der südlichen Bronzezeit auf Meklenburg, die stärker ist als auf die nördlich anschließenden Länder. Neben Handbergen, Halskragen mit Spiralstreifen und breitbändigen Fabeln erscheint die Scheibennadel als eine meklenburgische Charakterform dieser Periode.

23. Ein Dolch (oder Kurzschwert), zerbrochen in drei Stücke. 29 cm lang. Flache Griffzunge mit aufgehöhten Rändern und vier Nietlöchern, zwei Nietlöcher am Klingenansatz, leichter, flach gewölbter Mittelgrat. Die Form ist die übliche der Griffzungenschwerter (s. unten S. 172 u. s.); in so kleinen Dimensionen bisher hier nicht vertreten.

Ueberblicken wir den Fund als Ganzes, so bietet er eine ungemein reiche und einheitliche Ausstattung eines weiblichen Grabes aus der dritten Periode der Bronzezeit; er erinnert am meisten in seiner Zusammensetzung an die Ausstattung des Grabes C im Kannensberg von Friedrichsruhe (Jahrb. 47, S. 264);

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es fehlen in Boldebuck die dort auftretenden Perlen aus Glas und Bernstein, sowie die Goldringe, während in Friedrichsruhe die Tutuli und kegelförmigen Besatzstücke nicht vorkommen. Auch das haben die beiden Gräber gemeinsam, daß die Sachen offenbar gesammelte Beigaben verbrannter Leichen sind.

Anders ist der Charakter des zweiten Grabes. Hier hat eine Beerdigung stattgefunden, und zwar wahrscheinlich von zwei Leichen: die eine mit Doppelknopf (vgl. Blengow, unten S. 178) war wohl männlich, die andere weiblich. Die erhaltenen Stücke zeigen keine Brandspuren; sie haben eine helle, gleichmäßige Patina, leider sind sie sehr zerbrochen:

1. Ein gedrehter Halsring; vier Stücke, Enden und Verschluß nicht erhalten.

2. Zwei (oder drei?) größere Handringe; zehn zusammenhangslose Reste, dünner als gewöhnlich, innen flach, außen ganz leicht gewölbt; 1,25 cm hoch, verziert in der sehr beliebten Art mit schrägen Linienstreifen, deren Zwischenräume durch kleinere, die ersten rechtwinklig treffende Linien ausgefüllt sind (Abbildung oben S. 119).

3. Ein (oder zwei?) kleinerer Handring; nur 1 cm hoch, sonst dem vorigen gleich.

Ein zeitlicher Unterschied zwischen Grab I und II ist nicht zu machen. Der Wechsel von Beerdigung und Leichenbrand, selbst in derselben Gräbergruppe, ist hinlänglich belegt.

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Kegelgrab von Ganschow (bei Güstrow).
(Katalog= Nummer Br. 259, 260.)

Ganschow liegt südlich von Güstrow in jener Gegend, die an Bronzegräbern vielleicht die reichste im Lande ist und wo fast jedes Dorf bronzezeitliche Erscheinungen aufzuweisen hat. Auf der Hufe des Erbpächters Gratopp befand sich ein niedriger Hügel, der immer weiter niedergeackert wurde. Auf seinem Grunde stieß man auf Steine, und zwischen diesen wurden einige Bronzen gefunden, die Gratopp im Oktober 1889 dem Großherzoglichen Museum übersandt hat. Sie haben eine helle Patina und zeigen tiefe Risse und Sprünge; die Bronze innen hat eine röthliche Färbung angenommen. Die Stücke sind:

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1-2. Zwei ganz gleiche Handringe, innen und außen leicht gewölbt, die obere Seite des einen zeigt eine scharf kantige gerade Fläche, während die des anderen rundlich ist. Diese garnicht selten vorkommende Erscheinung weist darauf hin, daß solche Ringe an einem Arm über einander getragen sind. (Ein Beispiel vgl. unten S. 150.) Die Enden schließen glatt und gerade ab. Durchmesser 6,5 und 5, Höhe 1,30 cm. Die Verzierung besteht in dem bekannten Motiv der Streifen, das uns hier (S. 119 u. s.) schon wiederholt begegnet und das überhaupt das häufigste in dieser Periode ist.

3. Eine Windung einer Handberge der gewöhnlichen Form.

Ueber die Beisetzung des Leichnams ergiebt sich aus den Stücken nichts; weibliche Schmuckgarnituren kommen bei verbrannten (Friedrichsruhe, Boldebuck) und unverbrannten (Stülow) Leichen vor. Auch dieses Grab gehört sicher in die zahlreiche Gruppe der Frauengräber M. III.

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Kegelgrab (?) von Vogelsang (bei Güstrow).
(Katalog=Nummer Br. 560, 561.)

Im Jahre 1869 sind bei Vogelsang in einem aufgeworfenen Haufen Erde, über dessen Herkunft nichts weiter beobachtet ist, einige Bronzen und ein Spiralring von Gold gefunden, vgl. Jahrb. 36, S. 140. Der Sohn des damaligen Besitzers, Herr Bernhard Rudloff in Rostock, hat einige Stücke bewahrt und im Dezember 1901 der Großherzoglichen Sammlung überlassen. Die Sachen zeigen eine starke, z. Th. glänzende dunkle Patina und alte Bruchstellen. Daß sie einem Grabe entstammen, ist nur wahrscheinlich. Es sind:

1. Eine Anzahl Reste einer Schmuckdose mit flachem Boden und flachem (unverziertem) Deckel; der Durchmesser wird etwa 8 cm betragen haben. Die Verzierung ist außerordentlich schön: am Rande längliche Lappen, dann ein Streifen konzentrischer Linien z. Th. mit Strichelungen, nach der Mitte zu Halbkreise; das Ganze im Charakter der großen und schönen Schmuckschale von Kritzmow (Jahrb. 37, S. 199. Vorgeschichte S. 55 und 58). Vgl. S. Müller 123,124; Montelius 64, angebend M. III.

2. Drei Reste eines großen Halsrings mit nachgeahmter Torsion; 1 cm dick; gleich dem von Turloff oben S. 131.

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Flachgräber von Dobbin (bei Krakow).
(Katalog=Nummer Br. 433-437.)

Die Feldmark von Dobbin gehört schon seit längerer Zeit zu den ergiebigsten an Alterthumsfunden: steinzeitliche Hünengräber und mehrere Einzelfunde, ein ausgedehntes jungbronzezeitliches Urnenfeld, eine ausgezeichnet schöne römische Bronzeschale und ein wendischer Burgwall sind Reste der Besiedelung aus den verschiedensten vorgeschichtlichen Perioden. Vieles war noch im Boden verborgen. Da traf im Winter 1896 auf 1897 diese noch nicht gehobenen Schätze das Unheil, daß eine Chaussee gebaut und der Boden berufsmäßigen Steinschlägern zur Ausbeutung überlassen wurde. Dabei ist das Urnenfeld fast ganz zerstört; von Herrn Ministerialrath H. Krause, damals Amtsrichter in Plau, benachrichtigt, habe ich am 22. und 23. April 1897 durch Ausgrabung unberührter Stellen zu retten gesucht, was zu retten war. Die Ausgrabung bezog sich zunächst auf das Urnenfeld bei der Mühle am Einflusse der Nebel in den Krakower See, welches schon seit Jahren (1845) bekannt ist und Funde ergeben hat (vgl. Jahrb. 11, S. 377). Die dort gemachten Funde werden in anderem Zusammenhange behandelt werden, da das Grabfeld als ganzes einer jüngeren Periode als der hier zu besprechenden angehört. Neu bekannt wurde dagegen eine zweite Grabstelle, welche ich mit dankenswerther Unterstützung des Herrn v. Brocken, des damaligen Besitzers, und des Herrn Lorenz in Krakow untersuchen konnte. Der Ort liegt von dem Urnenfelde etwa 1 1/2 km nördlich (1 km westlich vom Hof Dobbin), auf hügeligem Gelände und bildet eine Bergkuppe, die als "hilge Barg" (Heiligenberg) bekannt war; sie erhebt sich 6-7 m über das umgebende Ackerland und ist mit Ulmen bestanden. Die obere Fläche ist fast eben und bildet ein Oval von 44 m in nordsüdlicher und 37 m in ostwestlicher Richtung. Der Boden ist mit Steinen durchsetzter Lehm. Hier ist man in geringer Tiefe (30-50 cm) auf Steine gestoßen, die sich als Grabanlagen herausstellten. Bei meiner Ankunft war das Verwüstungswerk der Steinschläger noch im Gange, und ich konnte daher zwei noch unbeschädigte Graber aufdecken. Aus den Angaben der Leute und den Vertiefungen, die im Boden geblieben waren, auch einigen Resten von Steinsetzungen ergab sich, daß hier im ganzen acht Gräber gelegen hatten, sechs in nordsüdlicher Reihe mit westöstlicher Orientirung, die äußersten etwa 8 m vom Ende entfernt, also über eine Strecke von 28 m hin, und zwar über diese ungleichmäßig vertheilt;

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zwei lagen zur Seite, ziemlich in der Mitte, also mit nordsüdlicher Orientirung. Die gut erhaltenen Gräber waren die beiden südlichsten. Wir geben daher die Aufzählung vom Süden her:

Grab I. In den Urboden etwa 1,25 m tief war eine flache Mulde gegraben, diese mit faustgroßen Steinen gepflastert und mit einer festen Lehmschicht versehen. Darauf lag der Leichnam, noch leidlich erhalten und in seiner Lagerung deutlich erkennbar: der Kopf im Westen, die Arme zur Seite, die Füße übereinander. In der Gegend der linken Hand fanden sich zwei kleinere bronzene Handringe, zu Füßen zwei Stachelknöpfe, links von den Füßen die zerdrückten Scherben von mehreren (vier?) Thongefäßen. Der Grabraum war eingefaßt mit mauerartig geschichteten Steinen (drei bis vier Lagen über einander) und abgedeckt mit einer kleinen Steinhäufung; die Länge betrug (außen) 3 m, die Breite etwa 1,75 m.

Grab II. 7 m von I nördlich anders gebaut; aufrecht stehende glatte Steine von etwa 60 cm Höhe umschließen im Rechteck einen flachen Steindamm; am Ostende statt der abschließenden Seite eine kleine rundliche Steinsetzung; einige Steine zur Ueberdeckung; Länge 2,5 m, Breite 1,25 m. Auf dem Damme einige Knochenspuren. Wir haben also wohl einen beerdigten, ohne jede Beigabe gelassenen Leichnam vor uns.

Grab III bis V. Bis auf wenige Steine, aus deren Lagerung hervorgeht, daß es dem ersten geglichen haben wird, zerstört; nach Aussage der Arbeiter war die Ausbeute an Steinen nicht bedeutend, es können die Grabstellen also nur mit kleinen Steinhaufen überdeckt gewesen sein.

Grab VI. Das nördlichste, erhalten noch die nördliche Seitenwand, ganz gleich der des ersten Grabes; hier wurde zwischen den Steinen, anscheinend in der Fußgegend des Beerdigten, ein bronzenes Messer gefunden.

Grab VII. Westlich von Grab IV (nördlich gerichtet), etwas rundlicher als die anderen, sonst zur Unkenntlichkeit zerstört.

Grab VIII. Oestlich von Grab IV, ebenfalls nordsüdlich, der Anlage nach Grab II gleichend, aber auch schon zerstört.

Ueber die gefundenen Altsachen ist zu bemerken:

1. 2. Zwei Doppelknöpfe mit Stachel, sehr zerbrochen, aber in ihrer Form deutlich erkennbar. Abbildung umstehend. Die obere Platte ist am Rande mit einem gestrichelten Saum verziert und hat fünf Einkerbungen. Der Stachel enthält zwei umlaufende Strichbänder und schließt oben in einer kleinen Scheibe. Höhe etwa 3 1/2 cm.

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Ueber die hier aufbewahrten Stachelknöpfe ist Jahrb. 51, S. 28 gesprochen.

Doppelknopf

Es gehörte dazu ein auf dem Dobbiner Urnenfelde gefundenes Stück. Alle dort aufgezählten mußten nach den Fundverhältnissen der jüngeren Bronzezeit zugeschrieben werden. Daß die Form dieser Periode aber nicht eigenthümlich ist, sondern schon früher vorkommt, ergiebt sich aus den Funden von Slate (4048, Jahrb. 33, S. 132), wo ein dem unsern recht ähnliches Stück der Leichenbrandurne eines Grabhügels der ausgesprochenen dritten Periode entnommen ist, und Stülow und Zepkow, worüber unten weiter gesprochen werden soll. Auch Montelius zählt den Typus (Tidsbestämning 65) seiner dritten Periode zu, und S. Müller 207 führt aus, daß sie in Dänemark dem Ende der älteren Bronzezeit und dem Anfang der jüngeren angehören. Ebenso wird es bei uns sein, und es bleibe nicht unbemerkt, daß diese Form in unseren reich ausgestatteten Gräbern der dritten Periode, wo doch Doppelknöpfe (als Gürtelschließen) ganz allgemein im Gebrauch sind, mit Ausnahme des von Stülow, ganz fehlt, also ein relativ junges Alter wahrscheinlich wird.

3. 4. Zwei Handringe, stark verbogen und nur in Resten erhalten; ungleich, klein, der eine von rundem Durchmesser, der andere innen glatt, außen gewölbt, verziert nur an den Enden mit feinen Geradstrichen und einer leichten Erhöhung nahe der Oeffnung. Die Ringe sind im Vergleich zu der großen Masse zart und klein, ähnlich denen von Steinbeck (Friderico-Francisceum, S. 54), Malchin (Jahrb. 1 B, S. 12), Püttelkow (Jahrb. 6 B, S. 33), Ruthenbeck (s. o. S. 112) und Zepkow (s. u. S. 170), alles Gräber der dritten Periode. Uebrigens scheint die Form auch in den gleichstufigen böhmischen Gräbern eine Hauptform zu sein (Nachrichten bei Pič zahlreich). Innerhalb der Periode M. III aber wird diese Ringform, die sich schon den Stollenringen der vierten nähert, eine ganz junge Stellung einnehmen.

Bronzemesser

5. Ein Bronzemesser, der Griff gerade, an den Enden sich flügelartig erweiternd, mit hohen Rändern und vertieftem

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Mittelste zur Aufnahme eines Griffbelages und drei Nietlöchern; die Klinge stark geschweift, mit gewölbtem Rücken und in die Höhe gebogener Spitze; zwischen Klinge und Griff vier umlaufende Erhöhungen, die beiden äußern gestrichelt. Der Rücken und die Aufhebungen der Klinge sind reich mit Strichornamenten in dem Geschmack der Bronzeringe verziert. Ganze Länge 27 cm, Länge der Klinge 1 cm. Ueber die zeitliche Stellung s. unten.

6. Die Thongefäße waren leider zerdrückt. Sie bestanden aus der üblichen Masse und zeigten die übliche hellbraunröthliche Oberfläche. Erkennbar ist z. Th. ein Henkelgefäß mit steilem Rande, Schrägkerben an der Schulter und drei Grübchen unter dem Henkel, und ein einfacheres Henkelgefäß mit nach außen gebogenem Rande.

Die Grabanlage ist von besonderem Interesse. Nichts weist darauf hin, daß über den Gräbern einst ein größerer Hügel errichtet gewesen ist, wir haben sie als Flachgräber zu bezeichnen, die in einem natürlichen Hügel in natürlichem Boden angelegt sind. Das ist eine auf dem Gebiete der nordischen Bronzezeit bisher kaum beobachtete Erscheinung. Was man in Meklenburg hierher zählen konnte, ist meist mehrdeutig.

1. Reinstorf bei Bützow Jahrb. 4 B S. 37): "auf einem natürlichen Abhang in einer Tiefe von 4 Fuß, . . . in einen dunkel gefärbten 4 1/2 Fuß langen Erdstrich gehüllt, der von Osten nach Westen laufend 1 bis 2 " hoch und 5 bis 6 " breit war": eine Anzahl Ringe und ein Tutulus, alle vom Typus M. III. Erwähnt wird auch eine "Aschenurne", von Gebeinen ist nicht die Rede. Ob also ein Flachgrab mit Beerdigung (Typus Dobbin) oder Leichenbrand (Typus Sarmstorf oben S. 139) vorliegt, muß leider dahingestellt bleiben.

2. Pisede bei Malchin (Jahrb. 21, S. 234): "Begräbnisplatz von 70' und 50' Durchmesser mit ganz flacher Erhebung", darin angeblich Brandurnengräber mit einzelnen Bronzen und ein Skelettgrab mit schönen Bronzen, Typus M. III. Der Hügel soll früher höher gewesen sein; es kann sich also auch um ein niedergearbeitetes Kegelgrab handeln.

3. Parchim (Jahrb. 29, S. 182). Auf einem eisenzeitlichen Urnenfelde in flachem Boden und in gleicher Lagerung wie die Urnen zwei bronzene Armringe, die auf ein früheres bronzezeitliches Grab schließen lassen; da der Boden schon gestört ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, daß der Fund hierher gehört.

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4. Lankow bei Schwerin (erster Bericht S. 12): "beim Steinbrechen unter Steinen, . . . der Begräbnißplatz bildete eine große kreisförmige Mauer aus Feldsteinen, an deren innerem Rande die einzelnen Begräbnisse mit den Urnen standen, welche jedoch alle zertrümmert waren. In den Urnen waren gefunden": Tutulus, Hals= und Handringe aus Bronze, ganz wie die oben erwähnten von Reinstorf, also M. III. Auf den Passus des Berichtes "in den Urnen" ist nichts zu geben; die Anschauung, daß, wo Altsachen und Urnen zusammen gefunden sind, die Sachen in den Urnen gelegen haben müßten, durchzieht alle unsere älteren Publikationen, ebenso wie eine ganz unberechtigte Ausdehnung des Leichenbrandes (selbst für die Steinzeit!), und die Angaben sind daher von Fall zu Fall auf ihre Wahrscheinlichkeit zu prüfen. Diese ist nun hier sehr gering. Ist der Bericht wörtlich richtig, so handelt es sich hier um ein Urnenfeld schon in der dritten Periode, eine ja nicht undenkbare, aber doch bisher durch nichts belegte Erscheinung; Leichenbrandurnen mit Inhalt sind in dieser Periode bei uns überhaupt noch sehr selten und finden sich nur in Hügeln (vergl. Basedow); es ist demnach ebenso wahrscheinlich, daß das Lankower Grab zu den Flachgräbern mit Beerdigung (Typus Dobbin) zu rechnen ist, und mit allem Vorbehalt sei es darum hier mit aufgezählt.

5. Loiz bei Sternberg s. S. 135.

Wir haben also in dem Dobbiner Grabtypus eine im Wesentlichen neue Erscheinung, die in den Entwickelungsgang der Grabgebräuche einzureihen oder, bescheidener gesagt, deren Zusammenhang mit den andern zu bestimmen unsere Aufgabe ist. Daß das künstlich auf getragene Hügelgrab, das "Kegelgrab" Lischens mit überwiegender Bestattung, die typische Grabform unserer älteren Bronzezeit (M. II/III) ist, ist unbestritten. Wie es entstanden ist, wissen wir noch nicht. Gräber aus der ersten Periode der Bronzezeit fehlen ja zur Zeit noch fast ganz (s. unten S. 194 Warrenzin), werden aber hier wie sonst in Norddeutschland niedrige Hügelgräber gewesen sein. Anknüpfungen an die Steinzeit sind nicht vorhanden. Aber wie es sich gegen den Schluß der Periode zu verändert hat, ist deutlich erkennbar. An Stelle der Bestattung in künstlichen Hügeln tritt die in natürlichen, der Leichenbrand ersetzt die Bestattung und zwar so, daß zunächst die Form des Körpergrabes beibehalten wird. später die Gebeine in einer Urne gesammelt werden. So ergeben sich zahlreiche Kombinationen, die etwa

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folgende Schema ausdrückt, wobei die typischen Fundstellen aus den von uns hier besprochenen Gräbern gewählt sind.

  Form des Körpergrabes Urne
  mit beerdigten Leichen mit verbrannten Leichen mit verbranntem Leichnam
künstliche Hügel "Kegelgrab" Radelübbe u. s. w. Alt=Meteln Basedow
Natürliche Hügel Dobbin Sarmstorf Sarmstorf?
Flacher Boden Loiz   "Urnenfeld" (erst in der jüngeren Bronzezeit üblich)

Wir haben also in der III. Periode sechs (oder sieben?) verschiedene Grabformen; diese werden schwerlich neben einander hergehen, aber wie sie zeitlich zu trennen sind, dafür sind noch weitere genauere Untersuchungen nöthig. Es erübrigt hier nur noch eine bestimmtere chronologische Fixirung des Dobbiner Grabes zu geben. Nach den besprochenen Typen steht es auf der Grenze von M. III zu IV. Wenn wir es hier unter III besprechen, so veranlaßt uns besonders die Grabform. Von besonderer Bedeutung erscheint da der Messertypus. Man bezeichnet diese sehr charakteristischen, geschweiften, mit scharfer Spitze in die Höhe gebogenen Klingen wohl als "Schweizer Pfahlbautypus", da sie dort in Massen gefunden werden und im Norden sicher zum großen Theil Importstücke sind. (Vgl. z. B. Heierli, Vorgeschichte der Schweiz S. 215, Fig. 179 ein dem unsern fast ganz gleicher Messer aus dem berühmten Pfahlbau von Wollishofen bei Zürich.) Daß diese Schweizer Pfahlbauten im ganzen jünger sind als unsere dritte Periode, daß sie der vierten zeitlich gleichzustellen sind und daß die große Anzahl nordischer Nachbildungen solcher Messer noch jünger sind (Periode V), ergiebt eine jede Statistik der Bronzefunde (vgl. z. B. Splieths Inventar, vergleiche auch Naue, S. 100 flgd., Müller, 183). Auch in Ungarn scheinen sie in einem unserer

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fünften Periode entsprechenden Abschnitt zu gehören (Arch. Ertesitö 1896, S. 383, Reineckes Periode IV Schluß, S. 329, Abb. 20). Doch brauchen wir damit unser Dobbiner Grab noch nicht in die vierte Periode zu rücken, wo es eine ganzsel seltsame Ausnahmestellung einnehmen müßte, da damals der Leichenbrand bei uns wie überall in kulturell verwandten Gebieten zu unbestrittenem Siege gelangt ist. Es kam der Typus des geschweiften Messers, besonders die Form mit Griffzunge, wie wir sie hier vor uns haben, und einer Ornamentation, die ganz der der Armringe der dritten Periode entspricht, einer etwas älteren Periode entstammen. So findet er sich in Italien im Pfahlbau von peschiera (Montelius, Civilisation primitive de l'Italie 5, 11) mit einem Inventar, das sicher älter ist, als die vierte nordische Periode (Montelius, dritte italienische Periode), und in Ober=Bayern in Gräbern der Naueschen jüngeren Bronzezeit (vgl. a. a. O. Tafel 13, 6), die unserer dritten Periode entspricht. Ich würde also kein Bedenken sehen, das Dobbiner Grab noch in jene Periode zu versetzen und damit der hier behandelten Gruppe anzugliedern. Es liegt überhaupt nicht so, daß unsere jüngere Bronzezeit, beginnend mit M. IV, chronologisch zugleich mit der Schweizer Pfahlbautenkultur (den Larnaudien der Franzosen), der älteren Hallstattzeit, dem italischen Villanova einsetzte, sondern es finden sich Importstücke dieser Kulturperioden schon am Ende unserer älteren Bronzezeit (M. III); es sei hier nur wiederholt auf den Fund von Skallerup (Seeland) hingewiesen, wo ein bronzener Kesselwagen, ähnlich dem von Peckatel, aber mit Hallstattvogel und französisch=schweizerischem Klappermerk (wie z. B. Groß, Protohelvètes 14, 11. 12. 43, de Mortillet, Musée préhistorique 961) in einem nach der ganzen Ausstattung (Pferdekopfmesser, Goldring mit glatten Enden, Bronzeschwert mit Griffzunge) und Anlage (Form des Körpergrabes mit Leichenbrand) unzweifelhaft dem Ende der Periode III angehörenden Grabhügel gefunden ist. (Vgl. Blinkenberg, Aarböger 1895, S. 360 flgd. Mémoires des antiquaires du Nord 1896, S. 70 flgd.)

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Kegelgrab von Liepen (bei Malchow).
(Katalog= Nummer Br. 472-476.)

Im Sommer 1898 trug der Erbpächter Niehusen in Liepen einen Steinhaufen auf seinem Felde ab und fand darunter ein größeres Thongefäß, welches zerbrach und nicht weiter be=

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achtet wurde und in welchem ein kleines wohl erhaltenes lag. Dabei lagen mehrere bronzene Gegenstände mit heller, ziemlich tief gehender Patina. Es handelt sich offenbar um ein zerstörtes Grab, dessen Anlage nicht mehr bestimmbar ist, das aber sicher einer Frau angehört hat. Ob die Gegenstände mit den Resten der Leiche in dem großen Gefäße gelegen haben, wie in dem gleich zu besprechenden Falle von Basedow, oder wie die Leiche sonst bestattet ist, bleibt ungewiß. Die jetzt im Großherzoglichen Museum aufbewahrten Gegenstände sind:

1. Eine Handberge, zerbrochen, aber in Stücken erhalten. Die Spiralscheiben bestehen aus neun Windungen und haben 7 cm Durchmesser, der Bügel hat 7 bezw. 5 1/2 cm Durchmesser und eine von der großen Mehrzahl der Handbergen unterschiedene Ornamentirung, nämlich Schrägstreifen aus zarten Linien, die in der Längsachse in scharfen Winkeln zusammenstoßen; eine Verzierungsart, wie wir sie oben S. 99 bei dem Handringe von Perlin zu besprechen hatten; Beispiele hierfür sind S. 111 gegeben.

2. Ein Handring, zur Hälfte erhalten, mit rundem Querschnitt, verziert mit leichten Strichstreifen ähnlich den Dobbiner Ringen (oben S. 151).

3. Eine kleine Spiralscheibe von 1,25 cm Durchmesser, wohl der Rest einer Fibel.

4. Eine Dolchklinge, zerbrochen, aber in Stücken fast ganz erhalten; länglich mit flachem schwachem Mittelgrate, oben rundlich schließend, mit drei Nietlöchern (1 Niete erhalten). Länge 16 cm, größte Breite 2,25 cm. Zur Form s. oben S. 109.

5. Ein kleines Thongefäß; mit scharf absetzendem Halse, kleinen Henkelösen an der größten Ausweitung, flacher Standfläche. Höhe 10 cm, Durchmesser der Oeffnung 6,25 cm, Durchmesser des Bodens 4,5 cm, größter Umfang

Thongefäß
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27 cm (also größte Weite 8,75 cm). Farbe schwärzlich. Sehr ähnliche Beigefäße aus gleicher Zeit sind in Friedrichsruhe (Kannensberg) und Basedow (s. unten S. 164) gefunden.

Das Liepener Grab gehört geographisch zu jener sehr großen Gruppe von Gräbern, die in einem breiten Streifen von Waren bis Lalendorf etwa sich erstrecken. Auch sonst sind bei Liepen schon Gräber angetroffen und haben gleichartige Funde ergeben. Im Museum von Güstrow (Rr. 292 a-d) liegen ohne näheren Fundbericht, mit dem Vermerk "Angekauft von einem Unteroffizier, der ihn auf dem Manöver selbst erworben hat 1892":

1. Eine Handberge, schön, groß, allerdings verbogen. Die Form ist die übliche, der Bügel hat, wie gewöhnlich, Schräglinienverzierung; die Platten haben 11 Spiralwindungen und 9,5 cm Durchmesser.

2. Eine Dolchklinge mit hohem Grat und spitzer Griffangel, ähnlich denen von Regreß u. s. w. s. oben S. 102, in vier Stücke zerbrochen, aber beschädigt, noch 19 cm lang.

Während diese beiden Gegenstände keine Spur von Brandeinwirkung zeigen, sind die folgenden stark verbogen und zum Theil zur Unkenntlichkeit zerschmolzen:

3. Ein Tutulus, klein, flach, mit stumpfer Spitze.

4. Reste eines "Diadems" (Halskragen) mit den üblichen Spiralverzierungen.

5. Armringe mit Kerben verziert, von der bei dem Boldebucker Funde besprochenen Form (S. 143).

6. Reste einer Handberge.

7. Rest eines Dolchmessers.

Außerdem ein kleines becherartiges Thongefäß mit schmaler Standfläche und weiter scharfrandiger Oeffnung. Höhe 7 cm, Durchmesser der Oeffnung 7 cm, des Bodens 4,5 cm.

Wahrscheinlich lag das Gefäß als Beigabe in einer größeren Urne, welche die Leichenbrandreste barg, ähnlich wie bei Basedow (unten S. 163) und wohl auch Sarmstorf (oben S. 140). Es ist anzunehmen, daß die Güstrower Stücke zwei verschiedenen Gräbern angehören, einem Körpergrabe und einem Brandgrabe; beide werden Frauen angehört haben; Handberge und Dolchmesser gehören ganz allgemein zu der weiblichen Aufrüstung; daß sie demselben Grabfelde und derselben Zeit (M; III), wie die in Schwerin befindlichen entstammen, ergiebt der Charakter der Gegenstände und die Patina.

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Kegelgrab von Hallalit (bei Teterow).

Auf dem Felde südlich von Hallalit liegen eine größere Anzahl niedriger Hügel, meist mit Bäumen und Gebüsch bewachsen, zum Theil auch schon in Folge der Ackerkultur zu flachen Bodenwellen niedergeackert, die sicher alle vorgeschichtliche, und zwar bronzezeitliche Gräber bergen. Ein früher durchgrabener hat fünf Thongefäße und einen bronzenen Dolch ergeben, Sachen, deren Verbleib nicht bekannt ist. Ich zählte noch dreizehn solcher Hügel. Sie alle werden überragt von einem sehr stattlichen Grabe, welches, auf ansteigendem Gelände gelegen, mit alten Eichen bestanden ist, und auf der einen Seite mit steilen Wänden seine ursprüngliche, annähernd kegelförmige Gestalt noch bewahrend, ein so schönes Bild bronzezeitlicher Grabanlage giebt, mie man sie nur noch selten sieht. Der Hügel wird der "Königsberg" genannt nach der Sage, daß ein König darin begraben sei. Einer sehr freundlichen Einladung des Herrn von Tiele=Winckler auf Vollrathsruhe folgend und mit dessen Unterstützung habe ich am 8. und 9. Juni 1900 das auch inhaltlich hervorragenbe Grab durchgraben, dessen Ausbeute in Vollrathsruhe aufbewahrt wird. An der Ausgrabung nahm auch der durch seine Untersuchungen der steinzeitlichen Gräber im Weichselgebiet und seine Studien im Kaukasus rühmlichst bekannte Herr General von Erkert Exc. Theil.

Der Umfang des Grabes ließ sich durch einen, wenn auch nicht mehr vollständigen Kranz von Umfassungssteinen, die an seinem Fuße stehen, bestimmen. Der Durchmesser betrug darnach annähernd 22 m; eine genaue Bestimmung der Höhe ist nicht möglich, da das Grab auf einer natürlichen Erhebung liegt und die Umfassungssteine nicht in einer Ebene liegen; sie beträgt 4 bis 5 m.

Bei der Ausgrabung stellte sich heraus, daß nicht der ganze Hügel aufgetragen war, sondern hier wie in so vielen anderen Fällen (vgl. oben S. 93 Upahl u. s. w.) eine natürliche Bodenerhebung benutzt war. Der Urboden wurde in 2,50 m Tiefe erreicht. Die alte Bodenoberfläche hob sich deutlich ab, nicht nur durch die natürliche Schichtung, sondern auch durch dicke Brandschichten, die ihn auf einem großen Theile seiner Fläche bedeckten. In diesen Brandschichten, zum Theil auch zerstreut auf dem Boden lagen zahlreiche zerbrannte Gebeine, offenbar Reste von Todtenopfern, die nach der Versenkung des Todten und vor

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Aufhebung des Hügels dargebracht waren. In den Urboden hinein war eine Grube mit abgeschrägten Wänden gegraben und in dieser, genau unter dem Mittelpunkte des Hügels, fand sich das Grab, etwas über 4 m tief, also etwa 1,5 m unter dem ursprünglichen Boden. Das Grab war überdeckt mit einem Steinhaufen, der die ganze Grube füllte. So weit stimmt die Anlage genau mit der des Grabes von Blengow, von der unten S. 175 eine schematische Skizze gegeben ist. Aber während dort der Hügelauftrag aus Erde besteht, ist hier über dem Niveau des Urbodens ein Steinkegel aufgeschüttet, und erst dieser ist mit einem Erdmantel umkleidet. Die Steine gehen bis fast unmittelbar unter die jetzige Oberfläche.

Auch die Art der Beisetzung ist eine andere. Von einem Holzsarge fand sich hier keine Spur. Dafür war in der Tiefe durch aufrecht stehende flache Steine von etwa 80 cm Höhe ein rundlicher Raum von 2,50 m Länge (nordsüdlich) und 1,80 m Breite gebildet, in dem auf einem Steinpflaster die Bettung des Beerdigten stattgefunden hat. Knochenreste lagen in ostwestlicher Richtung, aber zu wenig, um genaueres bestimmen zu können.

Nach der Lage der Beigaben scheint er nach Osten blickend beigesetzt zu sein. Es fanden sich nämlich ziemlich in der Mitte des Grabes ein spiraliger Fingerring aus Bronze; 60 cm davon nach Südost ein Messer in einer Scheide von Holz und Leder, von seltener Form; der Rücken ist gekrümmt, die Spitze aber leicht nach oben gebogen, das Griffende wird gebildet durch eine Griffzunge mit zwei Nietlöchern. Noch etwas weiter östlich eine durchbohrte Bernsteinscheibe, flach, groß, sodann ganz am Rande des Grabes ein merkwürdiges Thongefäß.

Diese Lage der Beigaben erklärt sich am einfachsten so, daß der Beerdigte an der linken Hand einen Ring trug, an der rechten Seite das Messer und daß ihm, wie in vielen anderen Fällen (vgl. Blengow), ein Thongefäß zu Füßen gestellt wurde. So bleibt nur die Lage der Bernsteinscheibe unerklärt.

Zu den Fundstücken sei noch bemerkt:

1. Das Thongefäß ist sehr groß und in viele Stücke zertrümmert; erkennen läßt sich aber doch noch, daß es von einer verhältnißmäßig schmalen Standfläche sich stark ausbaucht, dann zu einem mäßig hohen Halse zusammenzieht und dieser in einen starken (6 cm breiten) nach außen gebogenen Rand ausladet. Die Farbe ist schwarz, an der Wandung sind tiefe Strichverzierungen, Streifen aus schrägen, sich treffenden Parallelstrichen, und Punkte. Die Form ist der nordischen Bronzezeit fremd; wir

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können höchstens ein bei Slate gefundenes Buckelgefäß als Analogon anführen vom Charakter der älteren Lausitzer Keramik (Jentsch, Niederlausitzer Mitteilungen II, 1892, Tafel I, oben links). Dagegen finden sich Aehnlichkeiten im Gebiete der südlichen Bronzezeit (z. B. Gemeinlebarn in Oesterreich); vgl. über diesen Zusammenhang die Ausführungen von Reinecke, Correspondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1900, S. 26, der, sicher mit Recht, das Vorbild für den ausgebogenen Rand in Metallgefäßen wie in dem Wagen von Peckatel sieht. Ueber Süddeutschland vgl. Naue, S. 210 flgd. Das Gefäß gehört einer jüngeren Periode an und kann nicht älter sein als M. III.

2. Das Messer erinnert an die bei Naue, TafeI XVI flgd. abgebildeten, S. 102 flgd. besprochenen Typen und hat schon Aehnlichkeit mit der jungbronzezeitlichen Form des "Pfahlbaumessers"; es ist ebenfalls höchstens der Periode M. III zuzuschreiben. Das Grab ist demnach dem Blengower und andern, denen es im Aufbau gleicht, auch zeitlich gleichzusehen.


Am Ostende der Abdeckung, kaum 30 cm unter der Oberfläche, fand sich eine aus Steinplatten regelmäßig gesetzte Steinkiste von 1,30 m Länge (nordnordwest=südsüdöstlich), 0,45 m Breite und 0,50 m Höhe. Darin stand:

1. Eine größere Urne mit gewölbter Wandung und schmälerem Hals, etwa von der Form der Urne von Loiz, Vorgeschichte, S. 83, Abbildung 139. Sie war gefüllt mit zerbrannten Gebeinen; zwischen diesen lagen: eine einfache Bronzenadel ohne Kopf und eine Bronzenadel mit Einbiegung, ähnlich der Vorgeschichte, S. 90, 148 abgebildeten.

2. Ein leeres Thongefäß, ähnlich dem Vorgeschichte, S. 82, 136 abgebildeten. Die Gegenstände gehören ebenso wie die Bestattungsart der jüngeren Bronzezeit an, und die Steinkiste stellt offenbar eine Nachbestattung aus dieser Periode dar.


Südwestlich an diesen großen Hügel schloß sich, mit dem Rande ihn berührend, ein wesentlich kleinerer, bei dem sich nach der Durchgrabung eine Höhe von 1,50, ein Durchmesser von 9,80 m ergab. Der größte Theil des Hügels, etwa 1,50 m vom jetzigen Rande bis fast zur Spitze, bestand aus einer Steinschichtung. Auf dem Grunde derselben fand sich ein Steinpflaster und hierauf ein Röhrenknochen ohne Brandspuren. Der Todte ist also auch hier beerdigt.

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Eine wichtige Beobachtung wurde am Südende gemacht. Im Mantel des Hügels, etwa 1,50 m vom Rande außerhalb der Steinhäufung lagen eine Anzahl Bronzen, die wohl als Weihegaben für den im Hügel Beerdigten oder, wie wir sehen werden, die Beerdigte aufzufassen sind.

Schon 30 cm unter der Oberfläche stieß man auf eine starke Brandschicht auf einem Steinpflaster mit Kohlen und angebrannten Thierknochen, die anscheinend von einer Mahlzeit herrührten; die Brandschicht war etwa 20 cm dick und über 1 m breit. In ihr lagen vermengt mit den Kohlen u. s. w. eine Menge interessanter Dinge, die aber anscheinend dem Brande nicht ausgesetzt waren, nämlich:

1. Eine kleine dreieckige Dolchklinge mit Spitze und zwei Nieten, ohne Mittelgrat; alte Form.

2. Eine Dolchklinge mit Schaftzunge, gleich den oben S. 102 bei Pogreß besprochenen Stücken.

3. Ein Celt mit Schaftrinne von der bekannten oben S. 101 besprochenen Form.

4. Ein Tutulus seltener Form, spitzer massiver Kegel, mit runder Fußplatte und Steg.

5. Ein Halskragen ("Diadem") mit Längsrippen.

6. Ein großer Spiralarmring aus breitem Bronzebande von 3 Windungen mit Spiralen an den Enden. Es ist die Reinecke S. 241, 4 abgebildete Form; auch Jahrb. 61, S. 233 besprochen (die dort gegebene Zuweisung in die jüngere Bronzezeit ist irrig). Die Ringe gehören einer relativ alten Periode (M. II) an; vgl. dazu Schumann, Nachr. über deutsche Alterthumsfunde 1897, S. 9. In einem Grabe ist hier bisher ein solcher Ring nur einmal gefunden, bei Schwasdorf (Frid. Franc. XXI, 5 Text S. 135), merkwürdiger Weise auch zusammen mit einem Hängeschmuck = Nr. 8.

7. Eine große Anzahl kleiner Spiralröllchen; diese steckten in der Höhlung des Spiralarmringes fest, die sie fast ganz füllten.

8. Hängeschmuck, fünf Scheiben mit erhabenen konzentrischen Ringen und einer zurückgebogenen Oese, sehr wahrscheinlich zusammengehörend mit den Spiralröllchen, mit denen sie einen Halsschmuck gebildet haben werden. Dieses im Süden weit verbreitete Stück (vgl. z. B. Reinecke, S. 241, 6, Periode II) kommt auch in Pommern oft vor, auch dort M. II angehörend, erscheint auch in Hannover (bei Uelzen, s. von Estorff, Alterthümer IX, 25), ist aber den Kernländern der nordischen Bronze=

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zeit fremd. In Meklenburg hatten wir bisher nur den einen Fund von Schwasdorf.

9. Hängeschmuck aus Spiralscheiben mit Bügel. ("Brillenspiralen".) Ein sehr altes und zeitlich tief hinabreichendes Schmuckstück, über welche Naue, S. 130 zu vergleichen; es ist dem Norden fremd, in Meklenburg aber doch schon dreimal beobachtet: in Schwetzin (bei Teterow) zusammen mit alten Bronzen, die vielleicht noch in M. I zu setzen sind (Jahrb. 14, S. 319), in Sophienhof bei Waren, (vgl. Jahrb. 8 B, S. 54,) und in Rülow bei Neubrandenburg, (vgl. Jahrb. 6 B, S. 108,) ebenfalls mit alten Bronzen (M. I/II), z. B. denselben Halskragen wie bei Hallalit. Wenn Lisch schon damals die Bemerkung machte, daß diese "brillenförmigen Haarspangen" (richtiger Brustschmuck) dem östlichen Theile Meklenburgs zuzuschreiben sein würden, so hat sich das durchaus bewährt; sie sind sicher vom Osten her hier eingeführt.

10. Reste einfacher glatter Handringe (zweier?); Verzierung nicht erkennbar.

11. Ein Fingerring mit kleinen Spiralscheiben, verbogen. Die Gesammtheit dieser Fundstücke ist merkwürdig genug und für Meklenburg ohne Beispiel. Analogien finden sich in Pommern, z. B. in den Funden von Crüssow bei Pyritz, Rosow bei Randow (vgl. Schumann, Baltische Studien 1901, S. 1 und 8), und Bruchhausen (Spiralarmring, Brillensiralen u. s.w., Pommersche Monatshefte 1892, S. 17), auch in der Uckermark, z. B. Blankenburg (Montelius, Chronologie S. 47) und Arnimshain (Schumann, Mitth. d. Uckermärkischen Museumsvereins 1901). Demnach gehört der Fund als ganzes der Periode M. II an; bei dem Ueberwiegen von Schmucksachen ist wohl an eine weibliche Ausstattung zu denken, die sich allerdings ganz wesentlich von den sehr gleichmäßigen der Periode M. III unterscheidet. Es ist kein Zufall, daß der Fund mehr an pommersche als an schleswig=holsteinische oder dänische sich anschließt. Es ist schon oft bemerkt, daß zwischen Pommern und Ungarn in dieser Periode (II) engere Beziehungen bestehen, deren Richtung sich vielleicht erfolgen läßt (vgl. z. B. den Spandauer Bronzefund); wir haben in den Hallaliter Funden ein Uebergreifen dieses Einflusses auch in unser Land, während er nach Westen zu erlischt.


Ganz oben im Hügel standen zwei Steinkisten aus flachen Platten errichtet, die eine mit einem Binnenraum von 60 und 40 cm, die andere, etwas gestörte, etwa 40 und 40 cm. In

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der größeren standen zwei zerdrückte Urnen mit zerbrannten Gebeinen, einfache Gefäße mit gewölbter Wandung, ähnlich der Vorgeschichte S. 82, 136 abgebildeten jung bronzezeitlichen Urne. Die andere Kiste war leer. Sicherlich liegt hier ebenso eine Nachbestattung vor, wie in der gleichen Steinkiste des ersten Hügels.


Der Hügel barg also, wenn unsere Auffassung der Erscheinungen richtig ist: 1. einen beerdigten weiblichen Leichnam, über dem ein Steinhaufen gewölbt ist; 2. dessen Ausstattung, bestehend in weiblichem Schmuck und Gebrauchsgegenständen der Periode M. II, niedergelegt mit Speiseresten in einer Brandschicht im Mantel des Hügels am Südende; 3. eine Nachbestattung aus jüngerer Bronzezeit auf der Höhe des Hügels.

Ueber das Verhältniß des großen Hügels zu dem kleinen gestatte ich mir noch kein abschließendes Urtheil. Die Gesammtheit der Funde im kleineren ist zweifellos älter, und es würde demnach am nächsten liegen, in der Nähe der beiden Hügel einen Zufall zu sehen und anzunehmen, daß sie gar nichts mit einander zu thun haben, daß der jüngere große, in späterer Zeit neben dem älteren kleinen errichtet ist. Doch wage ich es bei der derzeitigen Lage der Studien über bronzezeitliche Synchronismen nicht, die Möglichkeit, daß die Funde der beiden Hügel sich zeitlich berühren und also die Fundstücke in beiden gleichzeitig geborgen seien, schlechthin zu leugnen.

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Hügelgräber von Basedow (bei Malchin).

Ueber eine Gruppe vorgeschichtlicher Hügelgraber im "Thiergarten" bei Basedow nahe der Rothenmoorer Scheide ist schon Jahrb. 64, S. 121, kurz berichtet. Es handelte sich dort um ein schönes und gut charakterisirtes steinzeitliches Steinkistengrab. Nachdem durch die Entdeckung dieses Grabes die Aufmerksamkeit auf die Hügel in jenem Walde, die man bis dahin für natürliche gehalten hatte, gelenkt war, sind noch mehrere angeschnitten worden, unter denen besonders einer interessante Ergebnisse gebracht hat. Verfasser hat diesen dank der freundlichen Einladung und Unterstützung des Herrn Grafen Hahn auf Basedow am 30. Dezember 1898 ausgegraben. Die Funde werden auf Schloß Basedow bewahrt. Der Hügel liegt nicht weit von dem "Hünengrabe" auf der rechten Seite der Chaussee und stellte sich äußerlich

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als eine runde Kuppe dar, die stark verwachsen war und deren ursprüngliche Höhe in Folge davon nicht zu bestimmen ist; sie mag 1 1/2 bis 2 m betragen haben. Gleich unter der Oberfläche stieß man auf Steine und 1 m tiefer auf eine Steinplatte, ganz wie bei dem Hünengrabe, sodaß man glauben durfte, eine gleichartige Anlage vor sich zu haben. Zur großen Ueberraschung stellte sich aber heraus, daß es sich um eine ganz anderartige, nämlich bronzezeitliche Grabanlage handelte. Die Steinplatte, aus Sandstein, unregelmäßig dreieckig, 10 cm dick, überdeckte eine rundliche Steinsetzung von ungefähr 1 m Durchmesser (außen), die aus großen, eng an einander und in mehreren Reihen hinter einander gestellten, nach oben etwas geneigten Platten von etwa 60 cm Höhe gebildet war. Diese Steinkiste war bis auf ihren Grund mit Steinen überdeckt. In ihr stand in einem runden Kessel von etwa 50 cm Durchmesser eine sehr große Urne, mit einer kleineren Steinplatte überdeckt. Der Raum zwischen der Urne und den Wandungen war mit weißem, klarem Sande ausgefüllt.

Die Urne war annähernd 40 cm hoch und hatte einen oberen Durchmesser (Halsweite) von etwa 35 cm; sie war leicht ausgebaucht und hatte sehr starke Wandungen (am Boden 2 cm dick), die Oberfläche war rauh und schmutzig braun; sie war schon so mit Rissen und Sprüngen durchsetzt, daß eine Erhaltung unmöglich war; die Grundform war die wie in meiner Vorgeschichte, S. 82, Abbildung 136, aber etwas schlanker.

Die Urne war gefüllt mit starken, wenig gebrannten Knochen, die stark versintert und nur schwer zu entnehmen waren; dazwischen lagen eine Anzahl Gegenstände, die anscheinend nicht dem Feuer ausgesetzt gewesen waren, aber anderweitig beschädigt sind:

1. Ein kleines Henkelgefäß etwa gleich Vorgeschichte, Abbildung 145 von einer schon in der älteren Bronzezeit bekannten Form, wie sie in Friedrichsruhe ("Kannensberg" s. Jahrb. 47, S. 269 oben) und bei Liepen (s. oben S. 156) gefunden sind und gewöhnlich als Beigaben in größeren Urnen auftreten; sie ist 15 cm hoch und hat 3 cm oberen Durchmesser.

2. 3. Reste von zwei Messern der bekannten Form mit durchbrochenem Griff und nach unten gebogener Schneide etwa 10 cm lang. Die Form ist z. B. Jahrb. 54, Tafel II, 3, abgebildet bei Gelegenheit der Gräber von Blücherhof, und ebenda S. 99 sind die analogen, alle M. III angehörenden meklenburgischen

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Stücke besprochen. Ueber ähnliche, zeitlich gleiche Funde aus Pommern, den interessanten Hügelgräbern von Glendelin bei Demmin s. Lemcke, pommersche Monatsblätter 1889, S. 85, aus Schleswig=Holstein: Splieth 93; vgl. auch Montelius 56, Sophus Müller 81; die Zeitstellung ist überall die nämliche.

4. Ein flaches Messer mit leicht gewölbter Klinge und kleinem Griffansatz, an dem nicht mehr zu erkennen ist, wie er endete, vielleicht in einen Pferdekopf; Länge etwa 9 cm, Breite etwa 2 cm. Vergl. Vorgeschichte Abbildung 67, auch unten S. 185; Splieth 91; Montelius 54; S. Müller 85.

5. Ein Doppelknopf (Gürtelknopf) von 3 cm Durchmesser mit Sternmuster, ebenfalls eine bekannte Form; so aus Slate, Jahrb. 33, S. 131; Splieth 88; Montelius 66; S. Müller 76; ebenfalls stets M. III.

6. Eine "Rollennadel", d. h. Nadel, deren Kopf durch eine Breithämmerung und Umbiegung des Griffendes gebildet wird. In diesem Zusammenhange bei uns etwas befremdlich, da die bisher hier und sonst in Norddeutschland gefundenen Stücke einer jüngeren Periode angehören (vgl. Jahrb. 51, S. 22), doch kommen sie anderwärts in gleichstufigen Hügelgräbern vor (Böhmen: Pič, XI, 13; Bayern: Naue, S. 155), und wir brauchen ihretwegen das Grab nicht tiefer zu rücken.

Außerdem fanden sich zwischen den Knochen und besonders am Knopfe Stücke von Leder.

Ein zweites, ähnlich gebautes Grab wurde in größerer Entfernung östlich von diesem aufgegraben. Der Hügel hatte etwa 1 1/2 m Achsenhöhe und bestand aus dem lehmigen Boden der Umgebung. Der Umfang war nicht mehr zu bestimmen. 20 cm Humus und aufgetragene Erde, dann 60 cm hohe Steinschichtung, darunter die Steinkiste, rechteckig aus hinter einander stehenden Platten, von außen gemessen 1,50 m (nordwest=südöstlich) und 1 m (nordost=südwestlich), von innen 7 × 50 cm breit, die Platten etwa 60 cm hoch, der Deckstein 70 × 50 × 25 cm. Darin eine sehr große Urne, in die der Deckstein gesunken war, sodaß sie ganz zertrümmert ist. Die Wandung ist rauh, der Rand gerade, an der Stelle der größten Wölbung geht ein Band rundlicher Vertiefungen, ein in der jüngeren Bronzezeit beliebtes Motiv. Die Knochen waren ziemlich stark gebrannt, und zwischen ihnen lag ein kleines Stück Feuerstein dreieckiger Form, welches vielleicht als Pfeilspitze anzusehen ist.

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Die Basedower Gräber sind in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Ihre zeitliche Stellung ist zweifellos, Daß in der dritten Periode der Leichenbrand allgemeiner wird, ist längst bekannt; wir hatten aber bisher Urnenbestattungen als Hauptbestattung noch nicht; wo verbrannte Gebeine in Urnen in einem Hügel vorkamen (Friedrichsruhe, Slate u. s. w.), war die Beisetzung eine sekundare, die verbrannte Frau neben dem beerdigten Manne. In Dänemark ist man, Dank dem sehr reichen Material, längst dahin gekommen, aus der Ausstattung eines Grabes Männer= und Frauengräber zu scheiden; man wurde dort unser Grab Nr. I als Männergrab bezeichnen, und mir müssen dem folgen. In den Ländern nun, die uns in der älteren Bonzezeit am nächsten stehen, Dänemark und Schleswig=Holstein, sind Urnenbestattungen wie in Basedow schon langer bekannt geworden, auch bei Männergräbern, wenn auch immerhin nicht in großer Anzahl, und weiter südlich, z. B. in Böhmen, sind sie schon in dieser Periode allgemein. Das Basedower Grab schließt also eine Lücke unserer Kenntniß; vielleicht sind auch die oben erwähnten Gräber von Sarmstorf (S. 140) und Liepen (S. 157) so gebaut gewesen.

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Gräber von Kargow (bei Waren).

Ueber eine jungbronzezeitliche Begräbnisstätte bei Kargow ist Jahrb. 61, S. 217 kurz berichtet; die dort erwähnten Funde sind seitdem als Schenkung des Herrn Neumann auf Kargow dem Großherzoglichen Museum zugegangen. Noch auf einer anderen Stelle bei Kargow, auf der Hufe dev Erbpächterse Knöchel ist man auf Gräber gestoßen, von denen nur bekannt geworden ist, daß sie Urnensetzungen mit starken Deckplatten enthielten. Die "Urnen" (alle zerbrochen) sollen verziert gewesen sein und zwischen den Scherben eine Anzahl Bronzegegenstände gelegen haben. Diese sind stark oxydirt, verbogen und zeigen alte Brüche; es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie vom Scheiterhaufen gesammelt und mit den Leichenbrandresten in den Urnen geborgen sind, es sich also um Gräber von dem oben bei Basedow besprochenen Typus handelt. Die gefundenen Bronzen sind in den Besitz des Herrn Senator Geist in Waren gelangt, dessen Freundlichkeit wir ihre Kenntniß verdanken. Es sind:

1. Ein Halskragen ("Diadem"), genau von der oben (S. 129) besprochenen Form.

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2. Ein Messer; der Griff durchbrochen, gleich dem Messer von Basedow (oben S. 164); die Klinge leicht nach oben gebogen.

3. Zerbogene Bänder mit Strichverzierungen, wohl die Reste einer Handberge der bekannten Art.

4. Ein Handring aus gewundenem Draht, 4 cm Durchmesser; ähnlich dem von Zepkow (S. 170), aber stärker.

Die Zusammensetzung des Fundes entspricht also genau der der Frauengräber der dritten Periode, von denen unter den hier besprochenen das von Boldebuck das reichste ist. Die große Mehrzahl von jenen Funden gehörten der Mitte des Landes an; im Südosten sind, wie überhaupt wenige Bronzefunde, Funde dieses Charakters bisher nicht bekannt geworden.

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Hügelgräber von Waren.

In dem Gehölz Werder nördlich von Waren wurde im Winter 1898/99 ein interessanter Bronzefund gemacht, der durch Schenkung des Herrn Senator Geist in das Großherzogliche Museum gelangt ist. Es waren ein Dolch, ein Flachcelt und ein unverzierter rundlicher Halsring in den Formen ältester Bronzezeit (vgl. Vorgeschichte S. 32 flgd.); ein mitgefundener Handring ist von den Arbeitern verworfen. Der ganze Fund ist sehr ähnlich dem Funde von Prieschendorf (Jahrb. 4 B, S. 38), und die von Montelius, Chronologie d. ältesten Bronzezeit S. 48 besprochenen sieben meklenburgischen Funde sind dadurch um eine wichtige Nummer vermehrt. Im Museum von Güstrow liegt ein Flachcelt, sehr ähnlich dem vom Werder, auch von derselben Patina, der in "den Buchen" bei Waren, also nicht weit von dem Fundorte der anderen Stücke, gefunden sein soll. Ob dieses Stück mit den andern zusammengehört, ist nicht zu bestimmen; jedenfalls aber handelt es sich bei dem Funde vom Werder ebenso wie bei den sieben früheren um einen Depotfund.

In der Nähe des Fundortes liegen nun eine ganze Anzahl niedriger Hügel, die offenbar künstlich sind und den Gedanken nahe legten, daß es Gräber seien, die vielleicht mit dem Depotfunde im Zusammenhang ständen. Ich bin daher mit Freuden einer Einladung des Herrn Senator Geist zu einer Ausgrabung gefolgt, die unter dessen und des Herrn Oberlehrer R. Wossidlo thätiger Theilnahme am 17. Juli 1899 stattgefunden hat.

Grab I: Am Westrande schon etwas beschädigt, aus Lehm 1 m hoch errichtet, ungefähr 6 m Durchmesser. Der östliche Theil ist in der Tiefe von 40 cm mit einem Steindamm ab=

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gedeckt, dessen Steine nach dem Rande zu am stärksten sind (hier 30 × 15 cm starke); wo der Damm anfängt, ziemlich unter der Mitte des Hügels, eine Kohlenschicht. Am westlichen Theile, etwa in halber Höhe des Hügels ein horizontaler Damm von 3 m Länge (nordost=südwestlich) und nur 0,60 m Breite, aus einer Schicht Steine, darunter in der Mitte ein kleiner Hohlraum von etwa 20 cm Weite, aus kleinen Steinen gebildet, und darin ein zerbrannter Knochen, die einzige Ausbeute des Hügels.

Grab II. Sandhügel; 1 m hoch, 6-7 m Durchmesser. Darin vereinzelt Kohlen; keine Steinsetzung.

Grab III. Sandhügel; 0,70 m hoch, 5-6 m Durchmesser. Auf dem Boden ein Steindamm; sonst nichts.

Grab IV. Sandhügel; 0,75 m hoch, 6 m Durchmesser. Ganz leer.

Die Ausgrabung verlief also an Objekten ergebnißlos. Als Bestattungsart ist Beerdigung wahrscheinlicher als Leichenbrand, da zerbrannte Knochen kaum spurlos verschwinden (der einzige gefundene gehört schwerlich dem Hauptgrabe an). Zu einer zeitlichen Bestimmung fehlen die erforderlichen Bestimmungsstücke, doch mögen es immerhin die hier zu Lande bisher noch vergeblich gesuchten Gräber der ersten Bronzeperiode, welcher der Depotfund angehört, sein. Wir werden unten bei Warrenzin den ersten in Meklenburg gemachten Grabfund ältester Bronzezeit zu besprechen haben. Auch dort handelt es sich, wie in der großen Mehrzahl der norddeutschen ältesten Bronzezeitgräber, um niedrige Hügel.


In den Seeblänken, einem schönen großen Buchenbestande, 5 Kilometer nördlich von Waren, liegen vier stattliche Kegelgräber in schwerem Lehmboben. Eines, das am meisten nach Westen gelegene, habe ich am 18. Juli 1899 durchgraben. Der Umfang des Grabes ließ sich durch einen Kranz von Steinblöcken bestimmen, die den Hügel am Fuße umgaben. Dieser Kranz hatte einen Durchmesser von 10,30 m (nordsüdlich) und 9,60 m (ostwestlich). Die Höhe betrug etwa 1,75 m, doch stellte sich bei der Ausgrabung heraus, daß nicht der ganze Hügel aufgetragen war, sondern schon in 1 m Tiefe der Urboden erreicht wurde. Wir haben hier also dieselbe Erscheinung wie oben bei Upahl (S. 93), auch mit denselben Ausmessungen und denselben Ergebnissen. In dem ganzen Auftrage fanden sich Scherben von Thongefäßen, auch vereinzelt Kohlen, Steinsetzungen aber gar nicht und auch keine Grabstelle. Das einzige Bemerkenswerthe war ein aufrecht stehender Felsblock von 80 cm Höhe im west=

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lichen Theile des Hügels, 3,30 cm vom Mittelpunkte, auf dem Urboden (zur Bezeichnung eines Grabes? vgl. oben bei Alt=Meteln, S. 96).

So ergab auch dieser Hügel für die Bronzezeit, der seine Errichtung sicher angehört, nur ein negativer Resultat, doch fand sich auf ihm ein sekundäres Begräbniß. Nahe dem Mittelpunkte stand 30 cm tief eine wendische Urne ohne jeden Steinschutz, gefüllt mit zerbrannten Knochen, und etwa 2 m weiter nach Westen ein zweites ebenfalls wendisches Thongefäß; also ein neues Beispiel für die oft gemachte Beobachtung von Nachbestattungen aus jüngeren vorgeschichtlichen Perioden auf vorgeschichtlichen Denkmälern.


Wir schieben hier ein Fundstück ein, das keinem Grabe entstammt, aber so typisch für die von uns hier besonders zu beachtende Periode M. III ist, daß seine Wiedergabe auch hier angebracht zu sein scheint.

Schwert von Walow (bei Malchow).

In dem Gr.=Kressiner See bei Walow wurde vor mehreren Jahren, frei im Sande steckend, ein Bronzeschwert von ausgezeichneter Erhaltung gefunden, vielleicht das schönste Exemplar seines Typus, welches überhaupt vorhanden ist. Das Schwert ist im Besitze des Herrn von Flotow auf Walow.

Es hat eine dunkle, nicht tiefe Patina; die Form zeigt beistehende Abbildung. Die Maaße sind: Ganze Länge 62 cm, Länge von der Spitze bis zum Griffansatz 52 cm, Länge des Griffes bis zu Knauf 10 cm, größte Breite der Klinge 4 cm (25 cm von unten). Die Klinge hat einen flachen Mittelgrat von 8 mm Breite, daneben je 5 feine Parallellinien. Der Knauf ist rautenförmig mit gerundeten Ecken, 8 punktartigen Vertiefungen, leicht gewölbt mit

Schwert
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flacher ovaler Spitze. Länge 4 und 3,5 cm. Der Griffabschluß besteht aus überfassenden Bändern mit Längsriefeln und auf jeder Seite 5 Nagelköpfen, endigend in Lappen, die über die Schneide übergreifen und in der Mitte einen Kreis frei lassen. Der Griff besteht aus 5 Scheiben, die noch beweglich sind, um die Griffangel dazwischen sind Reste einer weisen Masse (Füllmasse oder von der Erde der Fundstelle?). Länge des Griffe (zwischen Knopf und Griffabschluß) nur 4 cm.

Schwertgriffabschluß

Das Schwert entspricht fast genau der Abbildung bei S. Müller 89. Es ist der bei Montelius Compte-rendu de Stockholm S. 887 unter Fig. 6 abgebildete Typus, überall, wo er erscheint, eine Charakterform von M. III. Ueber sein Auftreten in Meklenburg s. oben S. 108 bei Gelegenheit eines Fundes von Goldenitz.

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Grabfund von Zepkow (bei Röbel).
(Katalog=Nummer Br. 320-323, 325-326.)

Ueber ein Kegelgrab von Zepkow berichtet Lisch im Ersten Berichte über das Großherzogliche Antiquarium S. 11. "Unter einem kleinen von Feldsteinen aufgerichteten Hügel von 3 bis 4 Fuß Höhe und ungefähr 4 Quadratruthen Grundfläche wurden 1842 . . . gefunden und eingeliefert: ein Diadem, zwei Halsringe, ein Handring, eine Lanzenspitze" (richtiger: Dolchklinge). Die Gegenstände entsprechen genau den Grabfunden von Friedrichsruhe, Stülow u. s.w. Aus dem Nachlasse des Försters Dohse sind nun vom Großherzoglichen Museum 1891 mehrere Bronzen erworben, die bei Zepkow gefunden sein sollen und von denen mehrere nach ihrer gleichmäßigen Patina und ihrer Zusammensetzung sehr wahrscheinlich einen einheitlichen Grabfund bilden, nämlich:

1. Ein Stachelknopf im Charakter des oben S. 151 bei Dobbin besprochenen; die untere Platte ist abgebrochen und fehlt, der Mantel ist mit konzentrischen Linien verziert, der Stachel kurz und stumpf. Höhe 1,75, ursprünglich etwas über 2 cm.

2. Ein Handring aus dünnem Draht; tordirt, platt abschneidend; Durchmesser 6 und 5 cm. Ähnliche Ringe aus Kegelgräbern von Wiek, Slate, Grabow.

3, 4. Zwei gleiche Handringe, dünn, nach außen konkav, nach innen konvex, verziert mit senkrechten Strichen, die an drei Stellen durch je zwei senkrechte Streifen mit Schrägstricheln unterbrochen werden. Durchmesser 5,25 und 5 cm. Die Verzierung ist sehr häufig (vgl. oben S. 132; ich zähle 54 fast

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gleich ornamentirte Ringe; soweit die Fundverhältnisse ein Urtheil erlauben, alle M. III.

5. Ein kleiner Handring mit ovalem Durchschnitt, an den Enden spitz zugehend, verziert mit zarten senkrechten Strichen, ähnlich den oben S. 151 erwähnten von Dobbin.

6. Reste einer Fibel, länglicher schmaler Bügel mit nachgebildeter Torsion, oben 5 cm lang, und Nadel, leider ohne Kopf, 6 cm lang. Da die wesentlichen Theile, die Scheiben und der Nadelkopf fehlen, ist eine genauere zeitliche Bestimmung der Periode nicht möglich, sehr wahrscheinlich aber auch M. III.

Zusammen mit diesen Stücken eingeliefert ist ein Celt mit Schaftrinne von der oben S. 101 besprochenen Form, 12,25 cm lang, dessen Patina mehr auf einen Moorfund schließen läßt und der schwerlich mit den andern Sachen zusammengehört.


Die folgenden Grabfunde gehören dem Nordosten des Landes an:

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Grabfund und Erdfund von Roggow (bei Neubukow).
(Katalog=Nummer L I B 1a 5. L I E 3 13. L I B 2a 45.)

Die an steinzeitlichen Fundstücken so reiche Feldmark von Roggow hat auch einige sehr schöne Bronzefunde geliefert. Schon im Jahre 1822 hat der damalige Landrath Jaspar v. Oertzen einige Bronzen an den Großherzog Friedrich Franz I. gesandt, die nach ihrer Erhaltungsart offenbar einem Grabfunde entstammen. Da ich die Dinge nirgends in unseren Publikationen behandelt finde, seien sie hier besprochen. Die Stücke sind stark beschädigt, haben eine ungleiche, höckerige, helle und dunkle, tiefgehende Patina, und der Metallkern ist röthlich.

1. Ein Schwert, unvollständig, sechs Stücke. Der Griff besteht aus einer Griffangel und losen Scheiben, zwischen denen ursprünglich eine Füllmasse saß. Der Griffabschluß entspricht genau dem oben S. 169 abgebildeten Schwerte von Walow; desgleichen die Gestaltung der Klinge. Die Maaße sind nicht mehr zu bestimmen.

2. Ein Schaftlappencelt, oben gerade abschneidend, in der Mitte kleiner Absatz, flacher, schmaler Schneidentheil; die Schaftlappen, leider beschädigt, in der Mitte ansetzend und anscheinend nicht

Schaftlappencelt
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stark. Länge 16, Länge bis zum Absatz 7,5, Breite oben 2,25, unten 4,75 cm.

Diese Celtform ist offenbar aus schlanken Flachcelten so entstanden, daß die Ränder an der einen Stelle besonders erhöht wurden, vgl. z. B. das Stück bei Pič I 3, welcher dem unsern in der allgemeinen Form fast ganz gleicht. Der Schaftlappencelt ist auf dem Gebiete der nordischen Bronzezeit eine fremdartige Erscheinung; wir haben in Schwerin noch acht Stück, keins unter bezeichneten Umständen gefunden, davon eins mit dem bei den südlichen Funden wohl allgemeinen halbmondförmigen Ausschnitt am Bahnende und zwei mit seitlichen Oesen.- Splieth bildet eine ähnliche Form 28 ab (er rechnet sie, schwerlich richtig, zur Periode M. II); auf der Insel Fehmarn wurden 15 Stück zusammengefunden, wohl der Vorrath eines fremden Händlers, sonst ist die Form auch dort fremd. Ihr Verbreitungsgebiet vermag ich nicht nachzuweisen; soweit ich sehe, weist es eher nach Südosten als nach Westen.

Das Grab ist sehr wahrscheinlich das eines beerdigten Mannes. Schwert und Celt (Absatzcelt) sind in der zweiten Periode eine sehr häufige Ausrüstung. S. Müller, Aarbøger 1891, S. 194 giebt für Dänemark 19 gut charakterisirte Beispiele, aber alle (mit vielleicht einer Ausnahme) aus M. II; in Meklenburg haben wir in drei Fällen (Wohld, Bobzin, Schulenberg) Schwert und Absatzcelt zusammen, auch in Gräbern M. II. In der folgenden Periode M. III scheint der Celt als Waffe oder doch männliches Ausrüstungsstück zu verschwinden; das besprochene Grab ist das einzige, wo ein Celt neben einem Schwerte dieser Zeit vorkommt und hier in der jüngeren Form des Lappenceltes.


Es sei bei dieser Gelegenheit noch ein zweiter älterer Fund von Roggow zur Behandlung gebracht. 1862 würde beim Drainiren, annähernd 1 m tief, in einer Mergelschicht ein schönes Schwert gefunden (vgl. Jahrb. 29, S. 153), welches Herr Landrath von Oertzen 1897 der Großherzoglichen Sammlung überwiesen hat. Das Schwert hat eine schwache dunkelgrüne Patina, ist etwas verbogen und im obern Theil des Griffes zerbrochen. Sonst ist es vortrefflich erhalten und zeigt den Typus des Griffzungenschwertes so deutlich wie kein zweites Schwert unserer Sammlung. Die Griffzunge

Schwert
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ist leicht nach außen geschweift, hat vier Nietlöcher, aufgehöhte Ränder und oben einen Ausschnitt mit seitlichen Spitzen. Der Griffansatz ist stark nach unten gebogen und hat vier Nietlöcher; die breite Klinge, unter dem Griffansatz eingezogen, schweift ganz leicht aus und hat einen dachförmigen Mittelgrat mit scharfer Mittellinie, abgeschlossen durch je eine scharfe Längslinie. Länge 71,5, Länge des Griffs (und Griffaufsatzes) 11, größte Breite (33 von unten) 4cm. Es ist die bekannte Form, die uns schon oft beschäftigt hat, die des viel besprochenen Mykeneschwertes (z. B. Naue S. 87, 11), aber mit etwas tiefer hinabgehendem Griffabschluß. Die große Mehrzahl dieser Schwerter bei uns gehört sicher erst in M. III.

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Kegelgrab von Blengow (bei Neubukow).
(Katalog=Nummer Br. 365-370, 391-393, 511-512.)

Der Küstenstrich nördlich von Neubukow und Kröpelin gehört zu den für unsere Vorgeschichte bedeutsamsten Stellen des Landes. Zahlreiche zum Theil noch heute wohlerhaltene Hünengräber und eine sehr beträchtliche Menge von Einzelfunden jeder Art sind als Denkmäler einer starken Besiedelung der Steinzeit geblieben, und auch die Bronzezeit hat in stattlichen Einzelgräbern (Kegelgräber von Rakow, Roggow, Westhof, Wendelstorf, Kagsdorf) und vielen schönen Einzelfunden dauernde Spuren ihrer Bedeutung hinterlassen. Merkwürdiger Weise treten die folgenden vorgeschichtlichen Perioden, schon die jüngere Bronzezeit, sodann die ganze Eisenzeit und die wendische Periode ganz bedeutend hinter diesen älteren Funden zurück; auch da, wo man ein aufmerksames Auge auf die vorgeschichtlichen Bodenschätze gehabt hat. Diese Aufmerksamkeit ist besonders auch dem Gebiete von Blengow zu Theil geworden, wo Herr Berthold Beste († Januar 1902) seit Jahren auf alle hierher gehörigen Vorkommnisse geachtet und eine schöne Sammlung zusammengebracht hat, die als Schenkung des Herrn Anton Beste sich jetzt im Großherzoglichen Museum befindet. Ein Theil davon, die Steinzeit umfassend, ist bereits Jahrb. 66, S. 126 und 138 beschrieben; andere Stücke gehören hierher. Diese entstammen einem Kegelgrabe, das im Herbst 1894 und 1895 und Ostern 1897 zum Theil vom Verfasser, zum Theil von Herrn Syndikus Lisch in Schwerin, auch unter Mitwirkung des Herrn Dr. Beste in Nauheim, stets mit freundlichster Unterstützung des Herrn Anton Beste auf Blengow, ausgegraben ist.

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Das Grab lag 1 km nordöstlich vom Hofe auf ansteigendem Gelände; die Anhöhe hieß der "Kahle Berg", weil sie früher nicht beackert wurde und gewährt einen weiten Rundblick, auch über die etwa 3 km entfernte See. Der die Bearbeitung erschwerende Hügel wurde im Herbst 1894 abgefahren. Man stieß dabei auf mehrere Steinringe aus Dammsteinen, bei denen weiter nichts beobachtet wurde; als etwa 1,5 m Erde abgetragen waren, wurde der Boden

Lageskizze

locker, und bei Sondirungen ergab sich eine Steinschichtung, in der ein Grab vermuthet wurde; die Ausgrabung hat dieses bestätigt. Wir geben im folgenden deren Ergebnisse, wie sie am Schluß sich herausgestellt haben. Eine natürliche Höhe aus schwerem Lehm ist zu einem kegelförmigen Hügel, dessen Höhe nicht mehr genau bestimmbar ist, aber annähernd 2,25 m betragen haben mag, aufgehöht. Um den Hügel herum lief ein Kranz von Steinblöcken (etwa 70 cm hoch, 30 cm breit, ein besonders hoher

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stand genau im Südwesten), den wir nur an einigen Stellen. unversehrt antrafen, sodaß der Durchmesser sich nicht genau bestimmen läßt, die weitesten Abstände betrugen 28 m. In der Nähe des Steinkranzes lagen verstreut Urnenscherben. Innerhalb des durch den Steinkranz gebildeten Raumes sind drei Gräber frei gelegt, im Zentrum und am östlichen Ende.

Grab I. Das bei Weitem wichtigste Grab lag ziemlich genau im Centrum des Hügels. Die beistehende Abbildung giebt ein schematisches Bild. Im Urboden war eine Grube von etwa 2 m Länge auf dem Grunde mit schräg ansteigenden Seiten

Querschnitt

gegraben, der Grund bestand aus festem Lehm und einem schwachen Steindamm, darauf lagen zerbrannte Gebeine und stand der Eichensarg, zu dessen Seiten und über dem beträchtliche Massen von Seegras (zostera marina) lagen; der Deckel des Sarges war mit einigen mächtigen Steinen beschwert und darüber geschichtet war eine Steinhäufung, die 4,75 m Länge (nordsüdlich) und 4,20 m Breite zeigte, in der Mitte eingesunken, etwa 1,15 m hoch. Die Holzspuren, die die Grube durchzogen, am östlichen und westlichen Ende stark genug, um die Richtung der Holzfasern erkennen zu lassen, genügten, um die Lagerung des Sarges zu bestimmen, der, wie nach den in Dänemark und Schleswig=Holstein gemachten Erfahrungen anzunehmen ist, nichts Anderes als ein ausgehöhlter Eichenstamm gewesen sein kann; er stand genau westöstlich. In ihm war ein Leichnam bestattet, von dem ebenfalls genügend körperliche Reste erhalten waren, um wenigstens

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die Lage des Kopfs, im Westen, bestimmen zu können und den Beigaben ihren Platz anzuweisen. Diese waren: Ein bronzenes Schwert mit Resten der hölzernen Scheide und des Horngriffes, daran auch Reste eines wollenen Gewebes, von dem es aber fraglich bleiben muß, ob sie zur Umhüllung des Schwertes gehören oder von der Bekleidung des Beerdigten stammen. Das Schwert lag an der rechten Seite und zwar am Oberkörper. Daneben ein goldener Handring, dessen hohe Lage sich am besten wohl so erklärt, daß der Todte mit über der Brust gekreuzten Armen bestattet ist; auf der Brust eine goldene Fibel ohne Nadel; in der Gürtelgegend ein bronzener Doppelknopf, offenbar zum Zusammenhalten des Gürtels; zu Füßen ein Thongefäß.

Merkwürdig war nun, daß unter dem Sarge und auch an seinem Fußende eine große Menge zerbrannter Gebeine sich fanden, zu klein, um ihren Charakter genau bestimmen zu können, überwiegend menschliche, aber ein Schädelstück scheint einem kleinen Vierfüßler anzugehören. Die Erklärung ist wohl darin zu suchen, daß dem Todten zu Ehren in der Grube, die seinen Sarg bergen sollte, ein Todtenopfer stattfand, dessen Reste man hier liegen ließ als man den Sarg einsenkte. Aehnliche Erscheinungen sind auch sonst beobachtet; so lag in einem Grabe der Periode M. I von Schülp bei Rendsburg die Leiche auf einer Schicht verbranter Knochen (Splieth, S. 17). Vielleicht sind auch die "zerbrannten Knochen" des Schwarzen Bergs von Gönnebeck bei Segeberg (Mitth. d. anthrop. Ver. in Schleswig=Holstein IV, S. 6) eines Grabes, welche sehr an das Blengower erinnert so zu erklären.

Grab II. Südöstlich von I, etwa 11 m (Mitte von Mitte gemessen) entfernt, auf dem Urboden; hufeisenförmig, aus niedrigen Steinmauern (40 cm hoch), westöstlich gerichtet, 4,50 m lang, 4 m breit, der innere Raum 3,20 m lang, 1,40 m breit, innen mit einer dreifachen Schicht Steine abgedämmt. Auf diesem Damme war der Todte unverbrannt beigesetzt und mit einer einfachen Steinschicht überdeckt. Er lag, wie Knochenspuren zeigten, nicht in der Mitte, sondern am südlichen Ende, nach Osten gerichtet. Auch Holzreste sind beobachtet, aber zu wenig, um eine Deutung zuzulassen, und Spuren von Wollenzeug. Die einzige Beigabe aber war ein stark vergangener Doppelknopf in der Gürtelgegend.

Grab III. Nordöstlich von I, etwa gleich weit entfernt von diesem wie 2; nordsüdlich gerichtete Steinsetzung im Charakter

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von 2, aber weniger deutlich, 4 m lang, 2,50 m breit; darin Asche und Kohlen, ferner Knochenreste, die der Beobachter (Herr Syndikus Lisch) für verbrannte hielt.

Im westlichen und südlichen Theile des Hügels sind keine Gräber gefunden, wohl aber einige unregelmäßige kleinere Steinsetzungen und schwarze Erde, wohl von Ceremonialfeuern stammend; auch einige Thongefäßscherben lagen dabei.

Ueber die Bestattungsart ergiebt sich aus dem Gesagten folgendes Bild. Auf der Höhe eines natürlichen Hügels ist das Hauptgrab so angelegt, daß eine Grube gegraben und in dieser dem zu Ehrenden ein Todtenopfer, bestehend in Verbrennung von Thieren und Menschen, dargebracht ist. Der Todte ist bestattet in einem ausgehöhlten Eichenstamm, dessen Deckel mit größeren Steinen beschwert ist; Schichten von Seegras schützen den Sarg. Er ist beigesetzt nach Osten blickend, in einem wollenen Gewande, das Schwert zur Rechten an oder auf dem Oberkörper, die Arme gekreuzt, mit goldenem Handring, das Gewand auf der Brust durch eine goldene Gewandnadel, am Gürtel durch einen Bronzeknopf zusammengehalten, zu Füßen ein Thongefäß, wohl mit Speisen. Die Grube ist dann mit einem Steinhaufen geschlossen und überdeckt.

An dieses Hauptgrab schließen sich östlich zwei Nebengräber an, das eine (Nr. 2) mit einem beerdigten, wohl männlichen Leichnam (der Gürtelknopf gehört mehr zur männlichen Tracht), das andere (Nr. 3) mit einem wahrscheinlich verbrannten Leichnam. Da in einer Anzahl von Fällen die Beisetzung eines verbrannten Weibes neben dem beerdigten Manne sicher gestellt ist, darf man vielleicht auch hier mehr auf ein Frauengrab schließen. Im westlichen Theile haben Feuer gebrannt. Ueber dem ganzen zu den Bestattungsfeierlichkeiten gebrauchten Raume ist dann ein Erdhügel aufgetragen, der die an sich schon hoch gelegene Stelle noch weiter, auch über die See hin, sichtbar gemacht und zu einem Denkmale gestaltet hat.

Wenn in den Darstellungen der Vorgeschichte solche Erscheinungen besprochen werden, pflegt man wohl an die Worte des Beowulfliedes zu erinnern:

Einen Hügel heißt mir die Helden erbauen,
Ueber den Bühl blinken an der Brandungsklippe,
. . . . , mir zum Gedächtnißmal . . . . . . . . .

Worte, die vielleicht zwei Jahrtausende jünger sind als der Blengower Hügel und seine Verwandten; aber der Gedanke ist uralt und auch schon in Zeiten ausgesprochen, die, auch nach

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ihrer Kultur, sich von her Periode her nordischen bronzezeitlichen Hügelgräber so sehr nicht entfernen, wenn z. B. in der Odyssee (II, 75) der Schatten des vergessenen Elpenor bittet:

Schütte ein Grabmal mir auf am Strande des schäumenden Meeres,
Des unseligen Mannes, auch künftigem Volke zur Kunde.

Wie üblich, schloß dann ein Steinkranz den Raum nach außen ab.

Ueber die in den Gräbern gefundenen Gegenstände ist noch zu bemerken:

Aus Grab I:

1. Griff zungenschwert; stark, sehr stark vergangen, in einer hölzernen, mit Leber überkleideten Scheibe. Der Griff wird gebildet durch eine flache Griffzunge mit aufgehöhten Rändern; Reste der aus Horn (oder Knochen?) bestehenden Griffbekleidung sind erhalten, auch drei Nieten, diese auffallend dünn, 2 cm lang. Die Klinge hat einen breiten, flachen Mittelgrat und verbreitert sich nach unten zu etwas, endet dann aber schlank und spitz; die ganze Länge wird ursprünglich etwa 65 cm betragen haben; eine Länge, die das gewöhnliche Maaß dieser Schwerter ein wenig überschreitet. Die Form ist die oben (S. 108, 172) mehfach besprochene Hauptform der Schwerter unserer älteren Bronzezeit. Bei dem Erhaltungszustande des Schwertes ist eine Einordnung in den vorauszusetzenden Entwicklungsgang des Typus nicht möglich; nur die Ausladung der Klinge läßt es relativ jung erscheinen (vgl. darüber Naue, Bronzezeit S. 87 und 88, wo das unter Fig. 18 abgebildete dänische Stück dem besprochenen am meisten gleichen dürfte).

2. Doppelknopf; zerbrochen, die obere Platte flach gewölbt, mit einem in Folge der starken Patina im einzelnen nicht erkennbaren Sternmuster. Höhe etwa 1, Durchmesser der Platten 2 cm. Nach den bei S. Müller a. a. O. zu 75 flgd. gegebenen Zahlen (genauer Aarbøger 1891), womit die schleswig=holsteinschen Beobachtungen stimmen (Splieth 88), gehört die Form ganz überwiegend in Männergräber M. III; ebendahin führen die in Meklenburg gemachten Erfahrungen.

3. Handring ans rothem Golde; gedreht und zwar anscheinend aus mehreren Fäden, die an den Enden zusammengehämmert und scharf abgeschnitten sind. Die Furchen sind sehr ungleich stark; Gewicht 13 Gramm, Durchmesser 6 und 5 cm.

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Es ist das erste Mal, daß ein Goldring von dieser Form in Meklenburg gefunden ist, während sonst goldene Hand= und Fingerringe eine ganz gewöhnliche Erscheinung in Kegelgräbern sind. In Dänemark sind an die zwanzig Stücke gefunden (S. Müller 66) und zwar fast ausschließlich in Männergräbern der dritten Periode; so in dem schon mehrmals herangezogenen Grabe von Skallerup (Seeland), wo der Ring zusammen mit einem Kesselwagen im Charakter des Peckateler gefunden ist (Mémoires 1896, S. 73, Abb. 3); ähnlich liegen die Verhältnisse in Schleswig=Holstein (Splieth 85), auch Montelius 61 setzt sie in seine dritte Periode.

Goldring

4. Fibel aus Gold ohne Nadel; der Bügel mit leichten, die Tordirung nachahmenden Einkerbungen; die Scheiben sind spiralig, aber die äußerste Windung enthält ornamentale Einkerbungen. Gewicht 6 Gramm; ganze Länge 6,75 cm, Durchmesser der Scheiben 1 cm. Es ist die erste goldene Fibel, die in Meklenburg bekannt geworden ist; der Typus scheint der oben S. 95 besprochene. Sicher gehört dieser M. III an, und

Fibel

diese Fibeln sind ein Bestandtheil der männlichen Tracht. Merkwürdig, daß sowohl in Dänemark wie in Schleswig=Holstein, wo je drei solcher goldenen Fibeln gefunden sind, stets die Nadeln fehlen (S. Müller 70-71. Mitth. d. anthropol. Vereins in Schleswig=Holstein IV, S. 6; VII, S. 14).

5. Thongefäß. Leicht ausgebaucht mit schwachem Bauchrande; hoher, etwas sich verjüngender Hals, gerade Standfläche; zwei Henkel an der Stelle der größten Ausbauchung. Farbe

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glänzend schwarzbraun. Höhe 19,5 cm, größter Umfang (9,5 cm von unten) 58 cm, Durchmesser oben 13, unten 9 cm. Die Form unterscheidet sich etwas von den sonst aus Gräbern dieser Zeit bekannten größeren Thongefäßen und erinnert mehr an die kleinen Beigefäße von Basedow), Liepen (S. 156) u. s. w., sowie an jungbronzezeitliche Formen, hat aber dieselbe glänzende Färbung wie andere Thongefäße der dritten Periode (Ruchow, Friedrichsruhe).

Tongefäß

Aus Grab II:

6. Reste eines Doppelknopfes im Charakter des oben unter Nr. 3 beschriebenen, sehr vergangen und nicht genauer erkennbar.

Das Hauptgrab von Blengow ist nach dem Gesagten ein durch bisher nicht beobachtete Erscheinungen der Grabanlage und Ausstattung (Goldfibel) ausgezeichneter Vertreter einer männlichen Bestattung M. III.

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Kegelgrab (?) von Stülow (bei Doberan).
(Katalog=Nummer Br. 513-539.)

Das ansteigende Gelände südlich von Doberan ist reich besetzt mit stattlichen bronzezeitlichen Gräbern. Im Quellholze, dann bei Reddelich, Glashagen, Bollbrücke, Hohenfelde, im Ivendorfer Forste und bei Retschow finden sich zum Theil noch jetzt die charakteristischen Hügel, zum Theil liegen ältere Berichte darüber vor. Aufgegraben sind wenige. Ueber Gräber von Bollbrücke mit interessanten Grabanlagen, aber geringer Ausbeute ist Jahrb. 48, S. 320 flgd. berichtet; ein Grab bei Hohenfelde hat einige Bronzeschwerter ergeben, doch ist kein Fundbericht vorhanden. Es ist daher als eine wirkliche Bereicherung der vorgeschichtlichen Landeskunde zu begrüßen, daß vor einigen Jahren bei Stülow ein Grab aufgedeckt wurde, das neben einer beträcht=

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lichen Anzahl von Fundstücken auch genügenden Aufschluß über die Grabanlagen ergeben hat.

Links von dem Bache in einer Linie zwischen der Weggabelung und dem Dorfe Stülow, etwa 500 m von ersterer entfernt, lag im Acker des Erbpächters Westendorf (Hufe X) eine scharf hervortretende Kuppe, der sog. "Voßberg", die im Herbst 1898 abgefahren wurde. Man stieß hierbei auf Steinsetzungen, die Westendorf zu einer Meldung bei dem Großherzoglichen Amte in Doberan veranlaßten. Daraufhin hat zunächst am 22. und 23. November j. J. eine Ausgrabung unter Leitung des Herrn Geheimen Archivrath Dr. Grotefend und des Verfassers stattgefunden, und es hat sodann Herr Gymnasialprofessor Dr. Meyer in Doberan die Aufsicht über weitere bei Fortgang der Erdarbeiten zu Tage tretenden Vorkommnisse übernommen und die betreffenden Gräber unter Mitwirkung des Herrn Oberlehrer Algenstädt ausgegraben. Ueber die Gesammtanlage der Gräber läßt sich leider kein vollständiges Bild geben, da die Abgrabungen schon weit fortgeschritten waren, als das erste Einzelgrab entdeckt wurde und auch die weitere Untersuchung von diesen Abtragungen abhängig war; so ist keine Klarheit arüber zu erhalten gewesen, ob der abgetragene Theil des Hügels wirklich über allen Gräbern gelegen hat und als Auftragung anzusehen ist oder ob diese zum Theil in den gewachsenen Boden hinein gegraben sind ohne Erdauftrag.

Unter dem Boden fanden sich an verschiedenen Stellen eine Anzahl Steine, die zum Theil dicht neben einander standen und offenbar einen zusammengehörenden Steinkranz gebildet hatten, der eine Anzahl Gräber nach außen abschloß. Angenommen, daß der Kranz auch an den Stellen, wo sich jetzt Lücken finden, regelmäßig verlaufen ist, ergiebt sich ein Durchmesser des Grabraumes von 19 m, eine Größe, die mehreren der hier besprochenen Gräber (Radelübbe, Brahlstorf, Retzow, Hallalit) ziemlich entspricht.

Am nächsten der Mitte, von dieser etwa 3 m nach Norden entfernt, lag ein Grab, das wir nach Aufbau und Ausstattung als Hauptgrab bezeichnen müssen und darum hier zunächst behandeln.

Erstes Grab (= Grab III des Katalogs; ausgegraben von Meyer). Steinsetzung von 2,80 m Lange (ostwestlich), 1,30 m Breite, 1,10 m Höhe; der Grabraum 1,90 m lang, 0,90 m breit. Der Boden war, wie bei allen Gräbern, abgedämmt. Die Steine, aus denen dieses Grab errichtet war, waren wesentlich größer (zum Theil wirkliche Blöcke) und sehr

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sorgsam geschichtet, die Seitenwände des Grabraumes bestanden aus Steinplatten, über dem Steinhügel war eine kalkhaltige Lehmschicht, wie bei dem zweiten Grabe. Der Leichnam war noch gut erhalten, sehr im Gegensatz zu den andern Gräbern, wo er meist ganz vergangen ist; es erklärt sich das wohl durch die Verschiedenheit des Bodens; dieses Grab lag in reinem Sande, die andern meist in kalkigem Lehmboden. Er lag wie in allen Stülower Gräbern, wo man es nachweisen konnte, mit dem Kopfe am Ostende, als nach Westen blickend, eine sehr bemerkenswerthe Abweichung von der sonst üblichen Bestattungsweise.

Deutlich erkennbar war die Lage der Beigaben, die aber nur zum Theil am Körper selbst gesessen haben können, zum Theil sicher beigelegt sind.

Am Kopfe fand sich ein Halskragen, dessen Lage durch die Grünfärbung des Unterkiefers bestimmt ist, nahe den Grabwänden rechts und links Armringe, in denen noch die Armknochen stecken; durch das Grab verstreut, wohl besonders in der Brustgegend Tutuli, zwei Doppelknöpfe der Rest einer Fibel.

Am Kopfende lagen außerdem zwei goldene, spiralige Ringe und zwei große Bronzeringe. Daß Schmuckgegenstände in den Gräbern nicht immer in situ liegen, sondern gelegentlich als besondere Gaben dem Beerdigten beigelegt wurden, ist bekannt;

Lageskizze
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vgl. z. B. das vierte Grab des Kannensbergs von Friedrichsruhe (Jahrb. 47, S. 267), wo zwei Handringe und zwei Handbergen zu Füßen lagen; die Lage der Sachen wie hier in Stülow neben dem Kopfe ist eine ungewöhnliche. Thongefäße fehlten merkwürdigerweise hier ebenso wie in allen andern Stülower Gräbern. Die Gegenstände sind:

1. Ein Halskragen ("Diadem"), in vier Stücken; von genau derselben Form, und soweit die rauhe und tiefe Patina ein Urtheil zuläßt, auch derselben Ornamentirung wie der oben S. 129 abgebildete von Alt=Sammit.

2. Vier Reste einer kleinen Fibel mit Spiralplatten von 1,5 cm Durchmesser, der Bügel ist dünn, lang gestreckt und gedreht; von der Nadel sind nicht genug Stücke zur Bestimmung erhalten, doch ist kaum eine andere Form denkbar, wie die häufigste unserer Kegelgräber, die oben S. 95 zu dem Grabe von Alt=Meteln abgebildete.

3. Elf Tutuli (einer davon in kaum erkennbaren Resten), alle von der oben S. 98 zu Radelübbe abgebildeten Form, aber verschieden groß; die Größe wechselt von 1 bis 2,5 cm, der Durchmesser von 2 bis 3,75 cm.

4. 5. Zwei Doppelknöpfe, gleich den oben S. 151 bei Dobbin besprochenen, 3 und 2,25 cm hoch.

6. Ein Handring, auf der rechten Seite liegend. Klein, die Enden über einander gebogen, nach außen und innen nicht gewölbt. Ornamente sind unter der dicken Patina nicht zu finden. Durchmesser 5 cm, Höhe 1 cm.

7. Ein Handring, zur linken Seite; in drei Stücke zerbrochen, runder Querschnitt; verziert mit zarten Horizontallinien, die nicht genau zu erkennen sind. Durchmesser 6 und 5 cm.

Die oberhalb des Kopfes liegenden Gegenstände waren:

8. 9. Zwei Armringe, sehr schön, nach den Enden leicht verjüngt, nach innen leicht, nach außen etwas stärker gewölbt. Sehr fein ornamentirt: in der Mitte eine Linie, an der kleine Streifen von Schrägstrichen zusammenstoßen, an den Rändern je zwei leicht erhöhte Säume mit Schrägstrichen. Durchmesser 8,25 und 8 cm, Höhe 1 cm.

Die Abfassung der Handringe durch Säume ist bei uns sehr selten (vgl. S. Müller 108); wir haben Beispiele von Pisede und Lehsen, das Dreiecksornament erinnert an die oben S. 99 bei Perlin besprochene Form.

10. 11. Zwei goldene Spiralringe zu je 8 Gramm, aus Doppeldraht, der an den Enden zusammenschließt; 3 bzw.

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2 3/4 Windungen; 2,35 bzw. 2 ein Durchmesser. Da derartige Ringe bei uns wiederholt in der Handgegend gefunden sind (z. B. in Ruchow Jahrb. 5B S. 31), habe ich sie unbedenklich für Fingerringe gehalten, will aber nicht unerwähnt lassen, daß man sie auch als Haarschmuck aufgefaßt hat und daß dazu die Lagerung in unserem Grabe gut passen würde; vgl. zu der Frage Olshausen, Zeitschr. f. Ethn. 1886, Verhandlungen S. 492.

Das Grab enthält also den typischen weiblichen Schmuck der dritten Periode, wie ihn unter den hier besprochenen Funden am reichsten das Grab von Boldebuck zeigte. Neu und interessant ist, daß er hier gefunden ist in einer Lage, wie die Beerdigte ihn getragen hat, während in den bisher bekannten Fällen einer reicheren Ausstattung, wo man die Bestattungsart nachweisen konnte, die Schmuckgarnitur gesondertdem verbrannten Leichnam beigegeben war.

Zweites Grab (= Grab II des Katalogs; ausgegraben unter Leitung Grotefends). Etwa 12 m südwestlich vom ersten Grabe, 70 cm unter der Grasnarbe eine Steinschichtung von 2,10 m Länge (ostwestlich) und 1 m Breite, bestehend aus größeren Randsteinen (bis 40 cm) und darüber gehäuften Geschiebesteinen; auf dem Boden ein Steinpflaster. Es fiel auf, daß über den Steinen eine feste, stark kalkhaltige Erdschicht lag, sehr wahrscheinlich eine Abdeckung der Anlage nach außen durch einen Erdmantel, wie wir es ähnlich im Verlaufe unseres Berichtes bei Radelübbe (s. oben S. 96) und Karow (s. oben S. 127) gehabt haben.

Der Grabraum, erkennbar an dem Steinpflaster, war etwa 1,50 m lang und 50 cm breit. Es fand sich darin keine Spur von Knochen; in der Mitte lag ein Handring und östlich davon ein Tutulus. Der Handring ist klein, mit rundlichem Querschnitt, verbogen, Ornamente nicht erkennbar; Durchmesser 4,5 und 4 cm. Der Tutulus hat die übliche Form, ist 2 cm hoch, 3 ein Durchmesser. Beide Stücke gleichen den entsprechenden des ersten Grabes. Die Form des Grabes und die Lagerung der Beigaben (Tutulus als Brustschmuck, der Handring an den gekreuzten Händen eines nach Westen blickenden Leichnams) machen Beerdigung wahrscheinlicher; jedenfalls war es ein Frauengrab.

Drittes Grab (= Grab II des Katalogs; ausgegraben unter Leitung des Verfassers). In einer Entfernung von nur 1,5 m von dem zweiten Grabe nach Südosten eine zweite, ausgedehntere Steinsetzung, 3,60 m lang (ostwestlich), 1,50 m breit, 0,70 m hoch. Die Ränder wurden auch hier durch größere (bis

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40 cm hohe), aufrecht stehende Steine gebildet, über denen kleinere gehäuft waren. Anscheinend ging auch eine Steinschicht quer durch den Grabraum und theilte diesen in zwei, nicht ganz gleiche Abtheitungen. Der Boden der Grabkammern war durch sorgsam neben einander gelegte Steine gedämmt.

Die westliche (kleinere) Hälfte der beiden Abtheilungen war ganz leer; die östliche enthielt einen beerdigten Leichnam, der sehr stark vergangen, dessen Lage aber durch Knochenreste deutlich erkennbar war; der Kopf lag im Osten, er blickte also, ebenso wie es bei Grab I sicher war und wir es bei Grab II vermuthet haben, nach Westen. Zahlreiche Holztheile zwischen den Steinen rühren offenbar von einem Sarge oder doch von einer Bretter= oder Bohlenlage her, in der der Todte gebettet war. Dieser war sichtlich in seiner Ausstattung beigesetzt. Reste von kleinen bronzenen Gegenständen, ganz verwittert und in ihrer Form nicht erkennbar, lagen am Ostende und gehören vielleicht einem Kopfschmucke an, wie ihn z. B. der Beerdigte des Grabes 9 von Friedrichsruhe (Jahrb. 47, S. 283) trug: kleine, auf Fäden aufgereihte Spiralröhrchen. 60 cm weiter, also etwa in der Brustgegend, ein ebenfalls stark vergangenes Messer mit pferdekopfartigem Griff; dann in der Gegend des Gürtels eine Klinge, mit drei Nieten, die Spitze nach unten, mit erhaltener lederner Scheide, offenbar ein am Gürtel befestigter Dolch, daneben die Reste einer Gewandnadel (Fibel).

Die einzelnen Gegenstände sind:

1. Messer mit Pferdekopf, 6 cm lang, 1 cm hoch. Ueber frühere Funde vgl. Jahrb. 47, S. 262, wo noch drei Beispiele für das Vorkommen solcher Messer in Kegelgräbern M. III gegeben sind (vgl. auch oben S. 165).

Messer

2. Bronzereste, unter denen Reste einer Fibel zu erkennen sind. Erhalten zwei Spiralscheiben von 1,25 cm Durchmesser und einige Stücke des dünnen gedrehten Bügels und der Nadel. Die Form war wohl dieselbe wie in Grab I, also gleich oben S. 95.

3. Dolch; spitze Griffzunge; drei Nieten, Mittelgrat. Die Griffzunge ist spitzer und der Klingenansatz schärfer als bei der schon wiederholt besprochenen sonst gleichen Form (oben S. 102 Pogreß u. s. w.), Länge 19, Breite 3,5 cm. Interessant ist, daß die Scheide erhalten ist, Leder mit ledernen Streifen gleich den

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Schwertscheiden von Friedrichsruhe und von Sylt (Compterendu de Stockholm I, S. 520).

Nach dem Nachweis dänischer Gräber, wo man die Vertheilung der Fundstücke auf Männer= und Frauengräber durchzuführen gelernt hat, ist das Grab eher einem Manne (das Messer ist ein Rasiermesser, vgl. S. Müller 85) zuzuschreiben.

Viertes Grab. (Ausgegraben, wie auch alle folgenden von Meyer.) Nahe bei 2; etwas südöstlich davon. Steinsetzung von 1,82 in Länge (südost=nordwestlich), 1,10 m Breite, 0,80 m Höhe; der Grabraum 1,30 m lang, 0,60 m breit. Am östlichen Ende standen sehr große Steine (60-40-30 cm); von dem Leichnam sind eine Anzahl zerbrannter Knochen am westlichen Ende gefunden, dazwischen Reste von Fibeln und Ringen. Die Gegenstände sind:

1. Eine Fidel, zerbrochen, aber fast ganz erhalten. Spiralscheiben, dünner, gedrehter Bügel; Nadel mit zwei Querbalken, also die bekannte Form, die wir schon in zwei Fällen auch hier bei Stülow vermuthet haben. Länge etwa 9, Länge der Nadel 8, Durchmesser der Scheiben 1,25 cm.

2. Zwei kleine Spiralscheiben, anscheinend von einer Zweiten Fibel stammend. Da Fibeln in Männer und Frauengräbern vorkommen, ist nicht zu bestimmen, wohin wir dieses Grab zu rechnen haben. Die Grabform ist die oben S. 96 besprochene des Körpergrabes mit Leichenbrand.

Fünftes Grab. 1,10 m unter der Oberfläche. Etwa 1,5 m südwestlich vom vierten, mit seinem westlichen Ende an den Steinkranz stoßend. Länge (ostwestlich) 2,85m, Breite 1,50 m, Höhe 0,87 m, der Grabraum 1,90 m lang, 0,85 m breit. Der Grabraum wurde umschlossen von aufrecht stehenden Steinblöcken, die z. B. Ausmessungen von 50 cm Höhe, 60 cm Länge, 35 cm Dicke (ein anderer 40 × 50 × 25 cm) zeigten; die größten Steine standen im östlichen Theile, am Kopfende. Die Erde im Grabraum war mit verwesten Stoffen (Holz?) stark durchzogen. In der Mitte des Grabes lag, die Spitze nach Westen, ein Schwert, unter dem Schwertgriff ein Bronzering. Vom Leichnam ist nichts erhalten. Der Bau des Grabraums und die Lage der Beigaben weisen auf Beerdigung.

1. Ein Griffzungenschwert mit breitem Mittelgrate; unvollständig; erhalten vier Stücke. Länge etwa 50cm, größte Breite 3,5 cm.

2. Ein Handring, in zwei Stücken, zart; außen mit scharfer Mittelkante, innen leicht gewölbt, nach den Enden zu sich etwas ver=

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jüngend. Verzierungen nicht erkennbar. Durchmesser 6 und 5, Höhe 0,75 cm.

Der ganze östliche und südöstliche Theil des durch den Steinkranz abgegrenzten Theils war leer; die Gräber lagen also dicht zusammengedrängt am westlichen Ende. Sie machen nicht den Eindruck einer einheitlichen Anlage, besonders das an den Rand des Kranzes gedrängte Grab 5 macht es wahrscheinlich, daß nicht erst nachträglich die Gräber mit einem Steinkranze umgeben sind, sondern daß sie zum Theil wenigstens in den durch die Umfassungssteine gegebenen Raum hineingezwängt sind. Warum blieb der östliche Theil leer? Sollten hier Todtenopfer stattgefunden haben, wie wir auch sonst in Kegelgräbern auf leeren Räumen Reste von Brand finden, und sollte hier, wie es Sitte der Homerischen Zeit ist, die Ceremonie nach Westen gerichtet vor sich gegangen sein? sind doch auch die Stülower Bronzezeitleute nach Westen blickend beigesetzt. Erst später sind dann wohl Grabraum und Opferstätte mit einem gemeinsamen Hügel überdeckt.

Mit dieser Auffassung vereinbart sich leicht eine zweite Gruppe von Gräbern, die an die bisher behandelten angrenzen; an die Steinumfassung schließt sich nämlich eine zweite in Form eines Kreissegmentes mit etwa 15 m Basis (auch hier vorausgesetzt, daß die Lücken gleichmäßig zu ergänzen sind) und 10 m Höhe am südwestlichen Theile der ersten Fläche. In diesem Raume, der sich am einfachsten als Erweiterung der zu eng gewordenen ursprünglichen Anlage erklärt, lagen noch drei, in ihrer Bauart den besprochenen gleichende Gräber.

Sechstes und siebentes Grab. 4 m südlsch von Grab 5 lagen unmittelbar nebeneinander (mit den Längsseiten) zwei ganz gleich gebaute Gräber von 2,80 m Länge (ostwestlich), 1 m Breite, 0,70 m Höhe; der Grabraum 1,80 m lang, 0,60 m breit; sie sind errichtet aus ganz kleinen Steinen, und wie das erste Grab innen mit Sand gefüllt. In Grab 6 war der Leichnam in seiner Lage erkennbar; er trug die Arme gekreuzt auf der Brust; in der Mitte des Grabes, offenbar auf der Brust des Leichname, lag ein Bronzeschwert, neben dem Schwertgriff steckte ein Armband von Golddraht in der Erde und an der rechten Seitenwand fanden sich zwei Theile einer Fibel, außerdem ein kleiner Tutulus. Die Ausrüstung erinnert an das Grab von Blengow. Die Stücke sind:

1. Ein Griffzungenschwert, in drei Stücken. Der Griff ist leicht ausgeschweift und hat drei Nieten, der Griffansatz vier Nietlöcher. Die Klinge ist schlank, mit leicht gewölbtem Mittelgrate.

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Ganze Länge 64, Länge des Griffs 10, größte Breite 3,25 cm. Erhalten sind Reste der hölzernen Scheide und der dazu gehörenden ledernen Riemen.

2. Ein Armband: 2 3/4 Windungen doppelten Golddrahts mit geschlossenen Enden; 42 Gramm schwer. Unsere Sammlung besitzt erst einen ähnlichen Handring von Sukorn in der Priegnitz (Jahrb. 18, S. 254) nahe der Grenze, und dieser ist in einer Schmuckdose gefunden; die andern Handringe, die in Männergräbern gefunden sind (Stülow, Peckatel, Friedrichsruhe, vielleicht auch Cremmin), sind massiv. Vgl. S. Müller 5.

Armband

3. Ein Tutulus von der oft erwähnten Form, aber flacher; Höhe 1,5, Durchmesser 5 cm.

4. Reste einer Fibel (?); eine Nadel von 13 cm Länge und der Rest einer Spiralscheibe; näheres nicht erkennbar.

Das Nebengrab (7) war vollständig leer.

Achtes Grab. Annähernd 5 m südöstlich von Grab 7; wie die beiden letzten aus kleinen Steinen geschichtet. Auffallend lang (3,25 m ostwestlich), 1,55 m breit, 0,82 hoch; der Grabraum 2,50 m lang, 0,60 breit. Die Erde war mit vielen schwarzen Streifen durchzogen und stark mit Kohle durchsetzt. Am Ostende lag ein Doppelknopf und eine Nadel. Es ist möglich, daß hier Leichenbrand vorliegt und auch dieses Grab in die Gruppe der Körpergräber mit Leichenbrand gehört.

1. Die Nadel; in fünf Stücken, 15,25 cm lang, mit rundlichem, etwas gedrücktem Kopfe. Der Kopf in Folge starker Oxydation nicht genauer erkennbar, aber wahrscheinlich gleich dem der Radel von Friedrichsruhe, Glockenberg Grab A, Jahrb. 47, S. 272.

2. Ein Doppelknopf, gleich denen des ersten Grabes, stark verwittert.

Beide Sachen kommen in Männer= und Frauengräbern vor, also ist dieses Grab nicht bestimmbar.

Die sieben Gräber mit Beigaben würden also enthalten: beerdigte Leichen in fünf Fällen, davon drei männliche, zwei weibliche; verbrannte in einem Falle sicher, in einem wahrscheinlich, beide Male läßt sich das Geschlecht des Bestatteten nicht bestimmen.

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Die Beerdigung überwiegt also beträchtlich und zwar bei beiden Geschlechtern in gleicher Weise.

In ihrer Gesammtheit schließen sich die Stülower Gräber an die bekannten von Friedrichsruhe u. s. w. an und bilden hervorragende Vertreter der Grabstätten der Periode M. III.

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Kegelgrab (?) von Klein=Grenz (bei Schwaan).

Die Umgegend von Schwaan hat schon mehrere Bronzefunde ergeben (Kegelgräber von Schwaan und Letschow; Depotfund der älteren Bronzezeit von Wiek, Gräber der jüngeren Bronzezeit von Bandow), die dadurch an Interesse gewinnen, daß nördlich und nordöstlich ein an bronzezeitlichen Funden sehr armes Gebiet sich anschließt. Die kleine Schwaaner Gruppe wird jetzt erweitert durch einen schönen Fund, den vor mehreren Jahren ein Bauer in Klein=Grenz gemacht hat. Die Stücke, ausgezeichnet durch gute Erhaltung, sind in das Rostocker Alterthumsmuseum gelangt. Eine kurze Besprechung des Fundes mit Abbildung giebt Herr Th. Völkner in der Zeitschrift "Niedersachsen" 1900, S. 322. Die umstehende Abbildung ist nach dem von dem Verleger, Herrn Karl Schünemann in Bremen, freundlichst zur Verfügung gestellten Cliché genommen, die Beschreibung verdanke ich der stets bewährten Gefälligkeit des Herrn Ludwig Krause in Rostock.

Ueber die Fundverhältnisse berichtet Herr C. Salemann in Kl.=Grenz:

"Die Fundstelle ist auf einem der höchsten Punkte der hiesigen Feldmark, einem Kieshügel, in nördlicher Richtung vom Dorfe. Beim Kiesfahren stieß 1897 der Erbpächter Martens ungefähr 2 Fuß unter der Oberfläche auf eine Menge geschichteter Steine, zwischen denen die Sachen gefunden wurden."

Ueber Funde von Gebeinen u. s. w. verlautet nichts; der Hügel ist anscheinend eine natürliche Erhebung, wir können also nicht mit Bestimmtheit sagen, daß ein Grabfund vorliegt. Jedenfalls aber entspricht seine Zusammensetzung genau der der weiblichen Gräber der dritten Periode.

Die Sachen sind:

1. Ein Halskragen ("Diadem"), in drei Stücken, genau dem oben S. 129 abgebildeten gleichend (in der Abbildung sind die Linien zwischen den Spiralen ausgezogen, im Original, wie

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stets in Meklenburg, nur punktirt). Höhe in der Mitte 5 cm, an den Enden 2 cm.

Halsringe, Armringe, Tutuli . . .

2. 3. Zwei gedrehte Halsringe mit in einander greifenden Enden, wie wir sie oben bei Turloff, S. 131, zu besprechen hatten. Durchmesser 14, Dicke 0,5 cm.

4. 5. Zwei große und schöne Armringe mit scharfem Mittelgrate und leichter Verstärkung der Enden; verziert mit Dreiecken, die mit den Spitzen (im Mittelgrat) zusammenstoßen;

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eine Verzierungsart, für die wir oben S. 99 bei dem Grabfunde von Perlin Beispiele gehabt haben. Von dem dort abgebildeten Exemplar von Spornitz unterscheidet sich das Kl.=Grenzer durch die geringere Breite und entsprechend größere Zahl der Dreieckspaare (dort 4 + 4, hier 4 + 5 + 4). Durchmesser 11 und 8,5 cm.

6. 7. Zwei Handringe, einfach; verziert mit vier Längsreifen; Durchmesser 6,5 und 6 cm.

8. Ein größerer Tutulus, gleich den oben besprochenen (S. 98) von Radelübbe u. s. w., oben mit kleinem Knauf, wie ihn vielleicht auch andere Exemplare ursprünglich hatten (vgl. S. Müller, Nord. Alterthumskunde I, Abb. 180). Höhe 3 cm, Durchmesser 0,47 cm.

9. 10. Vier kleine Tutuli (abgebildet zwei) mit spitzem Stachel. Höhe 1,5 bis 2 ein, Durchmesser 3,5 cm.

11. Eine Schmuckscheibe, wie sie oben S. 133 besprochen sind. Die Abbildung giebt das Ornament nicht ganz genau wieder. Dieses besteht aus sechs konzentrischen Kreisen, welche durch kleine, sehr regelmäßig angeordnete radiale Striche gebildet sind und von denen die äußeren einen Saum von kleinen Zickzacklinien oder kleinen eingepunzten Winkeln haben.

Ueber den Fund als Ganzes ist dem oben Gesagten nichts mehr hinzuzufügen. Er entspricht vollständig den Schmuckgarnituren von Boldebuck u. s.

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Kegelgrab von Deperstorf (bei Laage).

Auf einem ausgedehnten Höhenrücken am Thale der Recknitz liegt 1/2 km nördlich vom Hofe Deperstorf entfernt ein hervorragender Hügel von Kegelform, weithin sichtbar, sehr an den "Kahlenberg" von Blengow erinnernd. Er liegt in Ackerkultur, und so stieß man im Herbst 1897 auf Steine, deren regelmäßige Setzung auffiel. Daraufhin habe ich am 4. und 5. April 1898 mit Hülfe des Herrn Voigt auf Deperstorf eine Ausgrabung vorgenommen. Die Steine, die man getroffen hatte, bildeten in halber Höhe des Hügels einen Steinkranz, der ursprünglich wohl frei gelegen hatte und beim Beackern und allmählichen Einebnen des Hügels mit Boden bedeckt war. Der Umfang betrug etwas über 60 m, der Durchmesser entsprechend annähernd 20; eine Anzahl Steine waren schon früher entfernt, so daß die ursprüngliche Zahl nicht zu bestimmen ist; sie standen dicht neben einander, aufrecht stehende Blöcke von etwa 1 m Höhe und 75 cm Breite. Interessant war, daß einer

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kleine näpfchenartige Vertiefungen zeigte (6 Stück auf der inneren, dem Hügel zugekehrten Fläche), also ein "Näpfchenstein" der von den Hünengräbern her bekannten Art war. Der Steinkranz bildete offenbar ursprünglich die Umfassung des anfgetragenen Hügels, dessen Grund bei 2,20 m Tiefe erreicht wurde. Der Auftrag besteht aus gemischter, leichterer Erde, während der Kern des Hügels aus schwerem Lehme gebildet wird, also genau die Erscheinung, wie bei vielen der hier besprochenen Kegelgräber, so dem von Upahl (oben S. 92), wo ebenfalls ein natürlicher Hügel auf gehöht war. Auch die Ausbeute war von derselben Kümmerlichkeit wie dort. Zwischen der Erde des Auftrags fanden sich vereinzelt Scherben, dieses besonders in der Nähe der Umfassungssteine, Kohlen und einige ganz kleine Brandstellen, aber gar keine Steinsetzung. Nahe dem Urboden war eine größere, etwa 1 m im Durchmesser haltende Brandschicht, und nahe dabei, ziemlich unter dem vorauszusetzenden Mittelpunkte des Hügels lagen neben einander drei größere platte Steine. Doch zeigte sich unter diesen, wo man ein Grab erwarten sollte, nichts als einige leichte Knochenspuren. Immerhin bleibt wahrscheinlich, daß hier wirklich ein Grab gewesen ist, dessen Leichnam zur Unkenntlichkeit vergangen ist. Denn etwas nördlich davon fand sich ganz frei im Boden ohne jede Steinsetzung, Steinpflaster oder Steinschutz das Stück einer Schädelkapsel, nach der Lagerung einem nach Osten gerichteten Leichnam angehörig.

Es ergiebt sich aus diesen Verhältnissen, daß gelegentlich die Leichen der Hügelgräber frei im Boden liegend und ohne jede Beigaben bestattet sind; eine Warnung vor zu rascher Annahme von Kenotaphien. Daß derartige Grabhügel in die Bronzezeit und zwar in die ältere Periode, zu setzen sind, ist wohl nicht zu bezweifeln; für eine Zutheilung an einen der beiden Abschnitte liegt aber kein Anhalt vor.

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Grab von Wozeten (bei Laage).

Im April 1901 wurde beim Entsteinen eines Feldstückes in einer Steinhäufung ein Bronzeschwert in drei Stücken gefunden, über welches Herr Administrator Martens in Spotendorf freundlichst berichtet hat. Nach der eingesandten Zeichnung ist der Griff rundlich und besteht aus kleinen Ringen mit einer Füllmasse; der Griffansatz mit vier Nieten endet in einem Dreiviertelkreise mit spitzen Schaftlappen, der Knauf ist rundlich und hat eine Spitze in Form eines Kegelstumpfes. Das Schwert

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gehört demnach in die Reihe alter Bronzeschwerter, die Montelius (C. R. S. 886 und 887, Fig. 3-5, dazu S. 889, Fig. 12, Tidsb. 25) abbildet und die der zweiten Periode der nordischen Bronzezeit angehören.

Die Schwertform ist in Meklenburg selen; am ähnlichsten die Stücke von Schwaan und Schulenberg.

Eine Untersuchung der ganzen Fundstelle ist in Aussicht genommen; verdient doch der Fund besondere Beachtung schon darum, weil jene Gegend bisher an Bronzefunden sich wenig ergiebig gezeigt hat und hier offenbar einer der seltenen Grabfunde der Periode M. II vorliegt.

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Grab von Stubbendorf (bei Dargun).
(Katalog=Nummer Br. 468)

Im Januar 1898 hat Herr H. Wildhagen in Stubbendorf dicht am Dorfe, beim Schulzengarten, eine Steinpflasterung aufgenommen, die sehr wahrscheinlich der Boden eines niedergeackerten Kegelgrabes ist. In der Mitte, anscheinend auf der Brust des Beerdigten, dessen Lagerung (westöstlich) an Gebeinresten erkennbar war, lag ein schönes Bronzeschwert, am Griff beschädigt, aber vollständig erhalten. Es ist ein Griffzungenschwert vom Typus des Roggower Schwertes; von diesem unterscheidet es sich durch größere Schlankheit, durch den breiteren und flacheren Mittelgrat (gleich dem Loizer Schwerte) und das Fehlen der Ausbauchung an Griff und Klinge; auch vier Nieten, zwei größere von 2,5 und zwei kleinere von 1,25 cm Länge und Resten des hölzernen Griffbelages sind erhalten. Länge 62,5, Länge des Griffs 10, größte Breite 3 cm.

Ob das Grab der Periode M. II oder III angehört, ist nach dem Schwerte allein nicht zu entscheiden. Der Fund ist zu beachten als einer der wenigen, die in jener an schönen Grabhügeln reichen Gegend gehoben sind. Stubbendorf ist bekannt als Fundort unseres bedeutendsten Depotfundes ältester Bronzezeit.

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Hügelgrab von Dargun.
(Katalog=Nummer Br. 409, 410.)

Eins der Jahrb. 61, S. 215 kurz erwähnten Hügelgräber hat 1884 Herr Oberlanddrost von Pressentin in Dargun angegraben, indem von oben her eine Oeffnung in den Hügel geführt ist. Die Fundstücke sind Januar 1897 übersandt. Man stieß auf eine

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Steinschichtung, und in dieser fand sich eine Brandstelle mit Gefäßscherben (zu bemerken der breite Henkel eines kleinen Gefäßes) und ein breites flaches Bronzestück mit erhöhten Rändern, anscheinend der Griff eines Dolches oder Messers.

Die Gegenstände sind zu geringfügig, um eine Deutung zuzulassen, gehören aber anscheinend eher der älteren Bronzezeit an, als, wie a. a. O. für die Hügel vermuthet, der jüngeren.

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Hügelgräber von Warrenzin (bei Dargun).
(Katalog Kummer 4729.)

In der Darguner Gegend finden sich eine sehr große Anzahl Grabhügel, die mit keiner der anderen Grabhügelgruppen unmittelbar zusammenhängen; besonders in den schönen Waldungen bei Brudersdorf, Wolkom, Barlin, Upost sind noch Gräber von sehr charakteristischer Form wohl erhalten. Ausgrabungen haben hier bisher nur in sehr beschränktem Maße stattgehabt. Den Bericht über eine verdanken wir dem (1899 verstorbenen) Herrn Oekonomierath E. Schmidt in Warrenzin, welcher mit Uebersendung der Ergebnisse im Juli 1889 schrieb: "In nördlicher Richtung, 500 m vom Dorfe Warrenzin entfernt und fast unmittelbar an dem zu Warrenzin gehörenden Tannenwald sind im Dreieck neben einander drei kleine Erderhöhungen, welche so viel Steine in sich bargen, daß sie der Feldbestellung sehr hinderlich waren; ich beschloß daher, diese Stellen tief und gründlich zu reinigen. Es fanden sich bald bei allen drei Stellen im Kreise gelegte größere Steine, welche nur wenig mit Erde bedeckt waren. Gleich bei der ersten in Angriff genommenen Stelle fand sich neben einem größeren Stein eine bronzene Lanzenspitze [Dolchklinge]. - Die zweite Stelle enthielt an der inneren Westseite eine Grabkammer aus Steinplatten, welche zwar sehr gerade und sauber zu einander paßten, aber unbehauen waren; die Kammer war 1 Fuß breit, 2 Fuß lang und etwa 1 1/2 Fuß tief, als Boden eine Platte, auf allen vier Seiten ebenfalls Steinplatten, doch war die Deckplatte vielleicht früher entfernt. In dieser Kammer wurde nichts gefunden. Im Zentrum dieser Stelle befand sich eine ebenso gebildete Grabkammer, jedoch fast doppelt so groß wie die erste; auch hier fehlte die Deckplatte, doch fand ich in der Kammer Urnenscherben, welche mir werthlos schienen. - Bei Durchgrabung der dritten Stelle wurde nichts gefunden.

Augenscheinlich hatten alle drei Stellen durch gelegentliche Wegnahme von Steinen, welche der Feldbestellung hinderlich

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waren, sehr gelitten. Nicht unerwähnt will ich lassen, daß auf allen drei Plätzen vieie ziemlich gut erhaltene Holzkohlenreste beim Ausgraben gefunden wurden, auch kleinere Feldsteine, welche augenscheinlich durch starke Erhitzung gelitten hatten, sozusagen verbrannt waren."

Es handelt sich hier also um niedrige, mit einem Steinkranz umgebene Gräber; die Steinkisten des zweiten würden wir nach unseren bisherigen Erfahrungen zu den bekannten Urnenbehältern der jüngeren Bronzezeit rechnen, wie sie bei Gelegenheit der letzten Behandlung dieser Periode (Jahrb. 61, S. 182 flgd.; vgl. auch Vorgeschichte S. 66) mehrfach besprochen und seitdem

unter besonders charakteristischen Erscheinungen in dem Grabe von Lanken (bei Lübz) aufgedeckt sind. Auch bei Hallalit hatten wir sie zu erwähnen. Doch kommen in anderen Gegenden, auf die unten einzugehen sein wird, Steinkisten schon in wesentlich älteren Perioden vor, und auf eine ganz andere Zeit weist der Dolch, der sicher viel älter ist und als bisher einziger Vertreter einer hier zu Lande noch nicht beobachteten sehr alten Gräbergruppe besonderes Interesse beansprucht.

Dolch

Der Dolch hat in der Mitte der Klinge eine schwach markirte Mittellinie, dachförmigen Querschnitt, schließt oben scharf ab in einem Bogen und hat sechs noch in ihren Löchern sitzende Nieten (in der Form eines anschwellenden Pflockes), darunter zieht er sich zusammen und bleibt dann ziemlich gleich breit bis nahe an die Spitze. Länge 21,5 größte Breite 5, Breite der Klinge 2 cm. Die Form gehört nicht in den Formenkreis der von uns bisher besprochenen Gräber. S. Müller, Ordning 23, bildet sie ab, aber als in Dänemark seltene und wahrscheinlich eingeführte Form. Allgemein setzt man diese Dolchform, wenn nicht an den Anfang, so doch in einen sehr frühen Abschnitt der Bronzezeit; vgl. z. B. Naue, S. 68; Reinecke, S. 235, 12 (Uebergang der ersten ungarischen Bronzeperiode zur zweiten). Aus dem Gebiete der nordischen Bronzezeit liegen besonders für Schleswig=Holstein gute Beobachtungen vor. Splieth giebt die Form auf Tafel I, 7 wieder (vgl. auch Montelius, Chronologie S. 63, Fig. 185). Aus der Statistik auf S. 15 ergiebt sich, daß dort in zwölf Fällen diese Dolche in Gräbern gefunden sind, und zwar in

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fünf Fällen zusammen mit Gegenständen, die ihnen ihre zeitliche Stellung als ganz altbronzezeitlich (M. I) sichern. Die Grabform war ein niedriger Hügel, in dem der beerdigte Leichnam in einem Sarge oder in einer kleinen Steinkiste beigesetzt war. Vereinzelt finden sich Gräber her Periode M. I in Norddeutschland aber auch sonst. Montelius, Chronologie S. 61 und 220 zählt auf aus Westpreußen 3, Posen 1, Provinz Sachsen 6, darunter das berühmte, noch immer nicht veröffentlichte Grab von Leubingen; dazu kommt noch ein Fund aus dem Mansfeldischen, den Größler, Mansfelder Blätter 15, S. 3 veröffentlicht hat. Aus Hannover giebt Montelius keine Funde, doch vgl. den von Hohenaverbergen bei Verden (Grabhügel mit Dolch unserer Art) bei Müller=Reimers, Alterth. v. Hann. IV, 49 und S. 116 und einen älteren Fund von Lehmke bei Bodenteich, wo in einem Flachgrabe ein Dolch unserer Form zusammen mit einem halbmondförmigen Feuersteinmesser, zwei Doppelmeißeln und einer Scheibennadel gefunden ist (v. Estorff, Alterth. v. Uelzen, S. 70). Fast überall scheint es sich um niedrige Hügel (nur in Leubingen ein größerer Hügel), zum Theil mit kleinen Steinkisten zu handeln. Dem reiht sich nun auch unser Land mit dem Warrenziner Grabe an. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß wir hier ein Grab her ersten Periode der nordischen Bronzezeit vor uns haben, vorläufig als das einzige seiner Art, dem aber wohl bald ebenso gut mehr folgen werden, wie die Schleswig=Holsteinischen Beobachtungen in verhältnißmäßig kurzer Zeit zusammengekommen sind. Das Verbreitungsgebiet dieser Gräber geht etwas über das des nordischen Bronzegebietes hinaus und erstreckt sich Elbe und Saale entlang südwärts; das ist wohl der Weg, auf dem wir unsere ältesten Bronzen erhalten haben. Wie diese norddeutschen (und skandinavischen?) Hügelgräber ältester Bronzezeit mit den im Ganzen wohl noch etwas älteren Flachgräberfunden, die von Ungarn bis Rheinhessen nachgewiesen sind (vgl. Reinecke, Korrespondenzblatt d. Westdeutschen Zeitschrift 1900, S. 207) zusammenhängen, wird noch festzustellen sein; soweit bisher erkennbar, findet die Berührung der beiden Gruppen oder sagen wir lieber Erscheinungen in der Provinz Sachsen statt.

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