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Steinkistengrab von Friedland.

In dem kleinen, aber an wichtigen Funden reichen Museum von Neubrandenburg befindet sich eine Urne (Katalog=Nr. 1145) mit dem Vermerk: Steinkistengrab von Friedland 1881; in der Urne sollen zerbrannte Knochen gefunden sein; die Urne ist beim Bahnbau gefunden, ein genauer Fundbericht liegt leider nicht vor. Die Urne (Abb. 9) baucht sich von einer schmalen Standfläche weit aus, ein hoher Hals setzt in scharfem Winkel an, oberhalb der größten Ausbauchung sitzen vier Henkel, und an der Wandung befindet sich das bekannte Hängeornament, je drei Striche, und zwar Schnurornament.

Der Fund ist nach mehreren Seiten von besonderem Interesse: zunächst ist es eine der sehr seltenen steinzeitlichen Grabstellen mit Leichenbrand; sodann bietet die Urne für uns ganz Neues. Sie entspricht genau der Hauptform der "Thüringischen Schnurkeramik", der Amphore, wie sie Goetze.Gefäßformen, T. 1 ff.,

Abbildung 9.
Abbildung 9.

darstellt. Daß die Thüringer Schnurkeramik auch das nordische Steinzeitgebiet beeinflußt hat und ins Besondere eine große Anzahl "geschweifter Becher" als Importgegenstände anzusehen sind, ist schon lange bekannt (vergl. Goetze, Neolithischer Handel, Seite 9). Soweit ich sehe, ist es das erste Mal, daß auch eine Amphore hier beobachtet wird. Sehr merkwürdig ist es nun, daß die Amphore als Leichenbrandbehälter dient. Für Pommern ist festgestellt (nach Schumann's Formulirung, Nachr. über deutsche Alterthumsfunde 1898, S. 89): Steinkisten mit stichverzierten Amphoren als einheimische Begräbnißart, Flachgräber mit schnurverzierten Bechern als fremde (vom Süden eingedrungene) Begräbnißform gehen am Ende der Steinzeit neben einander her;

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Kreuzungen finden statt, sind aber selten. Eine solche Kreuzung bietet das Friedländer Grab: Steinkiste mit Schnurverzierter (fremder) Amphore. Das gliedert sich den bisherigen Beobachtungen sehr gut an, indem die Amphore der Friedländer Form im Allgemeinen einer älteren Stufe angehört als der schnurverzierte Becher in der nach dem Norden gedrungenen Form (Goetze, Gefäßformen, S. 46) und ebenso die Steinkisten den Flachgräbern gegenüber eine ältere Begräbnißart darstellen. Neu aber ist das Auftreten des Leichenbrandes. Steinkistengräber mit Leichenbrand sind meines Wissens noch nie beobachtet. Wo Leichenbrand am Ende der Steinzeit erscheint, hat er sich in Flachgräbern gefunden, und fast stets mit Anzeichen beginnender Metallzeit Nach seiner Bauart und Urnenform ist das Friedländer Grab wohl das älteste überhaupt bekannt gewordene mit Leichenbrand.

Auch außer dem Friedländer Grabe befinden sich im Neubrandenburger Museum eine Anzahl bemerkenswerther Steinzeitlicher Grabstellen; in dem gegebenen Zusammenhange besonders: Krappmühl (bei Neubrandenburg) 1877: "In einem Kieslager, zwei Fuß tief unter der Oberfläche, zwei Skelette in gestreckter Lage ohne jede Steinsetzung. Eine becherförmige Urne ohne Ornamente, die zwischen den Schädeln stand, enthielt eine Anzahl von Hundezähnen, die alle am Wurzelende durchbohrt sind, und die zweifelos als Halsschmuck [oder Gürtelschmuck] gedient haben." Brückner, 26. Jahresbericht des Museums von Neubrandenburg 1898, Seite 4. Durchbohrte Hundezähne sind in ganz gleicher Form in Ostorf gefunden, die Beigabe von Bechern bei Flachgräbern ist allgemein; wir sehen demnach in dem Grabe eines der Flachgräber vom Ende der Steinzeit (s. oben S. 88). Brückner hat in der angeführten, sehr verdienstlichen Arbeit die Schädel einer vergleichenden Betrachtung unterzogen und bemerkt, daß die Krappmühler (wie auch Ostorfer) Schädel im Gegensatz zu der Brachiocephalie der meisten "paläolithischen" Schädel dolichocephal sind; da er den Fund in Parallele mit dem altsteinzeitlichen Grabe von Plau stellt, sah er darin eine "paläolithische" Grabstelle. Nach dem Gesagten gehört der Fund nicht an den Anfang, sondern an das Ende der Steinperiode, und da gliedern sich die Krappmühler Schädel vortrefflich der von Brückner, S. 6, aufgestellten Reihe ein.