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Hünengrab von Garvsmühlen.

(Katalog=Nummer St. 15-21. 94.)

Bei dem zu dem Gute Blengow (bei Neubukow) gehörenden Vorwerke Garvsmühlen lag neben einem alleinstehenden Hause zwischen Alt=Gaarz und Westhof ein Hünenbett, welches in den letzten Jahren allmählich abgetragen ist. Das Grab hatte eine Länge von 13,5 m (ostwestlich) und eine Breite von 5 m. Eine Grabkammer war äußerlich nicht erkennbar, doch war das Grab umstellt mit 14 großen und schönen Umfassungssteinen. Eine Ausgrabung, welche Verfasser am 5. Oktober 1895 mit freundlicher Unterstützung des Herrn Beste auf Blengow unter Mitwirkung des Herrn SenatorLisch aus Schwerin vorgenommen hat, ergab Folgendes:

Der Hügel bestand aus lockerer, schwarzgrauer Erde und war etwa 1,25 m hoch aufgetragen. Ganz am südlichen Ende auf dem Urboden an den Umfassungssteinen fand sich ein

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Haufe menschlicher Gebeine wirr durcheinander, die, wie sich bei der Ordnung ergab, vier Skeletten angehörten. Bei der völligen Abräumung sind weitere vier Skelette gefunden, deren Reste im September 1898 von Herrn Beste der Großherzoglichen Sammlung übergeben sind. Die Gebeine machen zwar den Eindruck hohen Alters; sie gehören aber schwerlich zu der alten Grabanlage, sondern entstammen wohl einer benachbarten Grabstätte (Wendenzeit?), sind bei der Feldarbeit gefunden und hier zusammengetragen. Zwischen den Gebeinen lag ein Feuersteinspahn ("prismatisches Messer") einfachster Form. Der Grund des Hügels war abgedämmt mit größeren, flachen Geschiebesteinen. 4,5 m vom westlichen Ende stand auf diesem Damme quer in dem Hügel ein mächtiger Granitblock von etwa 2 m Länge und 1,5 m Höhe, dessen eine, nach Westen gerichtete, Seite ganz glatt war. Durch ihn wird der Hügel in zwei ungleiche Abschnitte getheilt. An Altsachen fanden sich in dem westlichen Abschnitte nur zwei kleine charakterlose Scherben. Dagegen stand im östlichen Ende auf dem Urboden zwischen den Steinen des Dammes in starken Steinen verpackt eine Graburne, gefüllt mit Knochen und Asche. Sie ist zerdrückt, aber ihre Form erkennbar. Von einer ziemlich schmalen Standfläche weitet sie sich zu einem Umfange von etwa 70 cm aus, den sie bei 13 cm Höhe erreicht, dann biegt sich der Rand leicht nach außen, die ganze Höhe wird etwa 16 cm betragen haben. Die Farbe ist graubraun. Leider fehlen Verzierungen gänzlich; aber die Form redet schon deutlich genug. Von den kugeligen, becher= und flaschenförmigen Gefäßen, welche die echte Steinzeit charakterisiren, unterscheidet sie sich wesentlich; sie erinnert dagegen an die breiten, vasenförmigen Gefäße der Bronzezeit. - Ebendahin führt ein Zweites in der Nähe stehendes Gefäß ohne Inhalt, von dem leider außer einer derben, glatt abschließenden Standfläche und einem leicht nach außen gebogenen Rande nichts zu erkennen ist.

Verwandte Formen (stärkere Ausbauchung, leicht gebogener Rand, allerdings wohl stets mit Henkeln) sind am Ende der Steinzeit in unseren Nachbarländern weit verbreitet; vergl. z. B. Steinkistengräber von Pommern (Schumann, Nachr. über d. A., 1898, S. 86), wo die Beziehungen dieser Form zu den mitteldeutschen jüngststeinzeitlichen dargelegt sind. (Uebrigens ist auch in Meklenburg in einem Hünengrabe bei Molzow ein Becher mit Henkel gefunden, freilich unter nicht ganz sicheren Verhältnissen. Lisch, Jahrb. 10, S. 263 ff.)

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Leider sind die Erscheinungen des Garvsmühlener Hünengrabes mehrdeutig. Daß das Grab selbst seiner Anlage nach steinzeitlich ist, kann nicht bezweifelt werden. Ob aber die Urnen der Steinzeit angehören oder eine spätere Nachbestattung bilden, wage ich nicht zu entscheiden.

Ebenso ist die Bedeutung des großen Steines in der Mitte nicht sicher. Es kann der Rest einer Grabkammer sein, deren andere Steine schon früher weggebrochen sind. Es kann aber auch eine Querwand sein, durch welche der Hügel in zwei Abtheilungen getrennt wird, in der Art, wie bei den oben S. 86 angeführten Beobachtungen von Wittenburg u. s. w. Hierfür spricht die Abdämmung des ganzen Bodens. Die Ausbeute der Gräber dieser wenig beachteten Gruppe (Hünenbetten ohne Steinkammern) ist stets nur unbedeutend gewesen.

Ist diese Auffassung richtig und ist die Leichenbrandurne steinzeitlich, so haben wir dieses Grab in eine ganz junge Periode der Steinzeit zu setzen (S. oben S. 90), in der die alte Sitte der Grabkammern und der Beisetzung unverbrannter Leichen verschwindet. Anscheinend ist es das einzige seiner Art in jener an steinzeitlichen Gräbern und Einzelfunden überaus reichen Gegend.