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IV.

Der Nothhelfer St. Theobald (Ewald).

Von

Dr. F. Techen in Wismar.

E s ist bekannt, daß im Mittelalter von unsern Gegenden aus viel zum heiligen Ewald gepilgert worden ist. Wo dieser Heilige aber seinen Sitz hatte und wer er eigentlich war, das war hier schon zu Reimar Kocks Zeiten vergessen 1 ) und lag im Dunkeln, bis vor einigen Jahren Dr. Crull nachwies, 2 ) daß Ewald der niederdeutsche Name für den oberdeutschen Theobald ist und daß man ihn in Thann im Elsasse aufsuchte. Der Beweis ließe sich jetzt noch durch einige weitere Belege stützen, indessen kann davon als von Ueberflüssigem billig abgesehen werden. Eher lohnt es sich , auf die Frage einzugehn, weshalb jene Pilgerfahrt bei unsern Vorfahren so beliebt war. Denn haben wir auch vorzugsweise erst danach zu streben, die Thatsachen der Geschichte früherer Jahrhunderte festzustellen, so ist doch, wenn irgend möglich, danach und daneben die weitere und schönere Aufgabe zu erfüllen, einzudringen in den Gedankenkreis der Vorzeiten. Ein sehr wesentlicher Theil davon, die religiöse Seite, ist unserm Verständnisse in Folge des im 16. Jahrhundert eingetretenen Bruches der kirchlichen Entwickelung fast gänzlich entzogen, und nur mühsames Arbeiten oder glückliche Zufälle können hier einigermaßen abhelfen. Mir ist für mein Thema der Zufall günstig gewesen, indem er mir den 1875 zu Colmar erschienenen Tomus miraculorum sancti Theobaldi, herausgegeben von Georg Stoffel, in die Hände gespielt hat.

Das schön gedruckte und ausgestattete Buch giebt eine Pergamenthandschrift wieder, die der Hauptsache nach im 15. Jahrhundert


1) Die Lübeckischen Chroniken in niederdeutscher Sprache, herausgegeben von Grautoff, II, S. 683.
2) Mittheilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte, Heft IV, S. 82 ff.
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geschrieben, ins 16. nur hineinragt und im 17. noch einen Nachtrag erhalten hat. Den Inhalt bilden die eidlichen Aussagen der Pilger über die Hülfe, die ihnen auf das Anrufen des Heiligen in ihren Nöthen geworden ist, und wofür sie durch die Pilgerfahrt ihren Dank abstatten. Viele schwören bei dieser Fahrt. In wenigen Fällen ist über die überstandene Krankheit das Zeugniß des heimischen Pfarrers beigebracht, oder es haben die Genesenen das an ihnen geschehene Wunder mit eigener Hand eingetragen. Einige Berichte sind in lateinischer Sprache, die meisten deutsch abgefaßt.

Aus einer Stelle geht hervor, daß der Heilige, durchweg Thiebolt, weiter gegen Ende öfter Diebolt, einmal Dyepolt, auf lateinisch aber Theobaldus genannt, eigentlich in Gubbio ruhte, wo er, hier Ubaldus geheißen, von 1129 bis 1160 den Bischofsstuhl eingenommen hatte, und daß man von ihm in Thann nur einen Daumen besaß. Hülfreich erwies sich seine Fürbitte vor Allem Gefangenen und Kranken (im Einzelnen werden Stein= und Bruchleiden, Krebs, Antoniusplage und Pestilenz, St. Valentinskrankheit, Würmer und Geschwüre erwähnt), Besessenen und Wahnsinnigen, Gelähmten, Verkrüppelten, Blinden, Verwundeten, Frauen besonders in Kindesnöthen. Weiter bewährte sich seine Anrufung in Feuersgefahr und Seenoth. Kinder, die schon dem Tode verfallen schienen, erwachten, nachdem man ihn angefleht hatte, zum Leben, einige Male nur, um noch die Taufe erhalten zu können. Andere Noth, in der man sich an ihn wendete, begegnet seltener, ist aber mannigfaltig genug: Ueberfall von Feinden und Räubern, falsche Verdächtigung, Verlust der Habe oder der Ehre, Absturz in einen Steinbruch, Noth auf dem Eise, Erstickungsgefahr und Anderes.

Verhältnißmäßig viele Pilger kamen aus dem nördlichen Deutschland, von der Küste, aus dem Seelande, von der Häringssee, wie es heißt, aus dem Niederlande, den Bisthümern Bremen und Lübeck, aus Dänemark, Holland, Flandern, dann besonders aus Holstein, aus Lübeck, aus Pommern, Preußen, Brandenburg. Meklenburg endlich ist durch folgende Wunder vertreten.

1) 1429, Juli 10.

Anno domini millesimo cccc° xxix° am sunnentag vor sant Margarethen tag ist komen Heinrich Barser von Wissmer vnd hat geseit bie siner truwe vnd by siner vart, das er bie zweien joren oder mee gefangen gelegen sie in Dennemargkin zu Bûkolm vnd ist do geslagen in isen, das er niendert komen möchte. Zuo lest hat er angeruft vnser liebi frouwe zu den Einsiedellen vnd den heiligen sant Thieboltin hie ze Tann,

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das sie im den almechtigen got húlffen bitten, das er vsser gefengnúsz komen möchte, dar vmb wolt er sie bede suchen. Also hab er mit einem stein das slosz vff gebrochen, das an den ringen was, dar inne er gefangen lage, vnd sie also vsser dem gefengnusz komen etc.

Seite 9, als Nr. 11. Mit Heinrich Barser kann H. Bartze gemeint sein, dessen Name mehrfach in gleichzeitigen Urkunden belegt ist. Es ist anzunehmen, daß er im Kriege (Jahrb. LV, S. 25 ff.) in Gefangenschaft gerathen, und in der Angabe über ihre Dauer, wie häufig, etwas übertrieben ist. Bukolm ist Bygholm bei Horsens. Auch Konrad Mesman aus Stettin, der im gleichen Jahre Sonntag nach Johannis (Juni 26) aus dänischer Gefangenschaft erlöst eintraf, könnte ein Kriegsgefangener sein, zumal er sein Schicksal mit andern theilte (S. 8, Nr. 10).

2) 1429.

Anno domini millesimo ccccº xxixº in dem summer. In dem lande ze Mechelburg sind edellute, die heissen die Wisenwer, die fingen einen biderman vnd furten in vff ein hohes hus, heisset Vogetzhagen vnd do leiten sie im an beden beine grosse isene ringe vnd schlugen in darzuo in einen stogk. Vnd in einer nacht wart, do rufft er an sant Thiebolt, das er ime dannen helfen solte, vnd ze stunt sprungen die ringe von dem stogke vnd kam do zu einem loche zuo dem dritten mole 1 ) vnd viel am lesten durch das loch abe vnn viel in studen vnn in húrste 2 ) mit den ringen. Vnd do half im got vnd sant Thiebolt, das er einen slússel vant in den húrsten; mit dem slússel enslosz er die ringe vff vnd kam also enweg. Der selbi biderman hette gerne die ringe har getragen, do worent sie ze swer, vnd was ouch ze krang. 3 ) Vnd das hat er behebt, 4 ) als hoch er das beheben mochte, vnd by siner bittevart, so er har geton hat.

Seite 9 f., als Nr. 12. Die Wisenwer (Wisouwer?) sind die Quitzow zu Vogtshagen.

3) 1447, Juni 25.

Anno domini mº ccccº xl[v]ij° vff den nechsten sunnendag noch sant Johannis tag des heiligen toüffers hat geseit Heinrich


1) unverständlich.
2) Stauden und Horste, Buschwerk und Strauchwerk.
3) schwach.
4) behaupten, beweisen.
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Hoffmeister von einem dorff genant Stúlow, gelegen by Dobe=ron in hertzog Heinrich lant von Mechlenburg, hat ouch behept by sinen trúwen vnd ouch by der fart, die er darumb getan hat, wie das sich gefúgt hat, das fur usz ist gangen in dem egenanten dorffe an dem nechsten mentag noch sant Jocobstag in der nacht in dem jor, als man zalt tusent vier hunder vnd fúnff vnd viertzig (1445, Juli 26), hat sich ouch gefuegt, das sibentzehen húser verbrant sint, das sin husz ist das achtzehendes gewesen. Also rueff er an got den almechtigen vnd den lieben hymelfúrsten sant Thiebolt, das er im wolt beschirmen sin hüsz, so wolt er in suochen mit sim oppffer. Zue hant do kart 1 ) sich der wint, der vormals gewett het fúrs halb vnd was wider das fúr, das im bleib sin húsz vnd hoff. Als hat er sin fart vnd opffer sant Thiebolt bracht(en). Das hat er behept als vor. Darumb sy gelopt got, sin werdige mueter Maria vnd der lieber herr sant Thiebolt, durch den got sin wunder wúrcket etc.

Seite 52 f., als Nr. 81.

4) 1449, October 22.

Anno domini millesimo quadringentesimo quadragesimo nono vff die nechste mittwuoche nach der oellfftúsend jungfrowen tag ist komen ein man, heisset mit namen Peter Rost vsz dem lant von Púll. Der vorgenant Peter Rost hat geseit, wie das er uff ein zit gar in einer grossen krangheit gewesen sye vnd imm alle cristenliche recht geschöchent vnd nút me von diser welt wissette vnd wol ein gantze stunde, als sine frund sprechend, tod were, ouch in so lange zit tod hieltend. Also rufftend sin frúnd den almechtigen gott an vnd den lieben himelfúrsten sant Thiebolt, das er wider lebendig wúrde vnd gesunt: so müste er den lieben heiligen suochen mit dem oppffer, daz denn sy dem lieben heiligen gelopten. Als bald wart er einen grossen sufftzen lossen vnd vff tuen sine ougen vnd wart von tag zue tag wider gesunt. Das dem also sye, das hat er behept by siner trúwe vnd by der fart, die er darumb getan hat. Also hat er die fart geleistet mit dem oppffer, das dem lieben heiligen verheissen wart. Darumb sye gelopt etc.

Seite 98 f. als Nr. 113. Das lant von Púll kann wohl nur Pöl (oder Polen?) sein.


1) kehrte sich.
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Die Stadt Libsz in Nr. 166 mit dem Herausgeber für Lübz zu erklären, halte ich für bedenklich und denke meinerseits eher an Leipzig.

5) 1450, Januar 17.

Anno domini millesimo quadringentesimo quinquagesimo vff samstag des lieben heiligen sant Antonyen tag ist komen ein bruoder, heisset mit namen Heinrich Loesthin vsz der stat von Rostock, gelegen in dem land zuo Mecklenburg ouch in dem bistum zu Swerin. Der vorgenant Heinrich Loesthin hat geseit, wie das er vff dem mer in einem schiff by drin tagen vnd naehten gewesen sy vnd vff die zit so grosz vngestúme wetter gewesen ist, das sy nit anders wisseten, wenne das sy muesten vnder gon von vngewitter. Also ruefft er au gott den almechtigen vnd den lieben hymelfúrsten sant Thiebolt, das er zuo lant moechte komen, so wolt er in suochen mit einem opffer. Zue stuend gelag das grosz vngewitter vnd wart also stil vff dem mer als vor ye. Also koment er vnd ander, die in dem schiff woren, mit guoten ruewen 1 ) zuo land. Das dem also sy, das hat [er] behept by siner trúwe vnd by ter fart, die er darumb getan hat. Also hat er die fart geleistet mit dem oppfer, das er dem lieben heiligen, verheissen hat. Darumb sy gelobt etc.

Seite 99 f. als Nr. 114. Das zweite Mal ist Loeschin gedruckt.

6) 1457.

Anno domini lvij Clausz Schriber von Besunge, ein stat also genant, lit in dem bistum Schwerinen, sprichet, dasz an dem achten tag vor vnser frowen tag der liechtmisz (Januar 26) ist er gefaren vff den see hering zuo fohen, 2 ) ist kommen 3 ) ein grosse vnstúmikeit, das sy all meineten zuo ertrincken. Also ruofften sy an got vnd sanctum Theobaldem, das sy in wolten suochen mit irem oppffer. Schnelleclich wart do ein stille. Vnd ir worent in dem schiff xxiiij.

Seite 114 f., als Nr. 123, wiederholt Seite 117 als Nr. 130.

6a.) 1461.

Anno lxj. Venit quondam peregrinus nomine Nicolaus Schriber de Besunge ciuitate sita in dyocesi Schweringensi(s)


1) Ruhe.
2) fangen.
3) gedruckt ist kemmen.
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wr Schoerin, dicit quod octaua die ante festum purificationis Marie (Januar 26) in anno lxij º (wohl lvij º) contingerat sibi in der vor wegen, da er fuor vff den sewe ad capienda 1 ) alleca, 2 ) tunc vna magna tempestas, quod credebant omnes submergi, et sic 3 ) invocauerunt deum et sanctum Theobaldum, quod vellent eum inquirere cum oblationibus. Et immediate fuit facta tranquilitas. Et eorum fuerunt xxxiiij in naui.

Seite 117 als Nr. 130. Wiederholung von Nr. 123. Unverständlich ist wr Schoerin (Ortsbestimmung?) und vor wegen. Der zwiefach gleich überlieferte, entstellte Name Besunge ist ein Räthsel. Leider läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob See je nach der Bedeutung mit dem männlichen oder dem weiblichen Artikel versehen wird. Dafür scheint allerdings der überwiegende Gebrauch angeführt werden zu können. Doch findet man in Nr. 61 uff der see als er gefroren was, und Seite 83 kommt ein zu Kopenhagen gefangen gehaltener auf seiner Flucht an einen heringse. Ungewiß ist weiter, ob unter Hering wirklich der Seefisch zu verstehn ist, oder ob nicht etwa auch ein ihm oberflächlich ähnlicher Süßwasserfisch, wie etwa die Maräne, darunter begriffen sein könne. Aber welches Fischerfahrzeug ist mit 34 Mann besetzt?

7) 1461.

Anno lxj Thomas von Rastack, ein stat gelegen in dem bistum [S]werinensis, 4 ) das an dem nesten mentag noch sant Albans tag (Juni 22) ist er vnsinnig worden vnd bliben viij tag, also das er kein sinne nit hette vnd lieff an vatter vnd an muoter sy zuo schlahen vnd verfluocht sy vnd schwor vnmenschlich, also das man meinte, er wer besessen. Do verhiesz vatter vnd muotter in zuo sant Diebolt har gen Tann, 5 ) vnd bald vmb anruoffung des himelfúrsten wart er gesunt, vnd hatt dasz sin vatter selbs behept by siner fart.

Seite 115 als Nr. 124, wiederholt als Nr. 131.

7a.) 1461, Juni 22.

Anno domini mº [cccc] lxj secunda post Albani dixit per uotum suum Thomas de ciuitate Rastock dyocesis [S]werinen=


1) Gedruckt ist: captenda,
2) Gedruckt ist: alleta,
3) Gedruckt ist: sit,
4) werinensis; es ist danach das Verbum des Sagens, von dem der folgende Satz abhängt, ausgelassen.
5) tam.
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sis , 1 ) ducatus Magnipolensi[s] principis, per octo dies fuit vesanus seu frenetus ita, quod caruit 2 ) sensibus suis et invasit patrem et matrem percuciendo eos et maledicabat plasphemando, quod videbant 3 ) esse possessus. Et parentes vouerunt eum ad visitandum sanctum Theobaldum, et statim fuit sanatus et curatus. Et proprius ejus pater hec retulit per fidem suam etc. Laus deo et sancto seruo suo Theobaldo.

Seite 118 als Nr. 131.

Die wenigen mitgetheilten Proben werden hinreichen, eine Vorstellung vom Ganzen zu vermitteln, insoweit es ein Zeugniß ist für den gläubigen frommen Sinn der Vorzeit. Nebenbei findet sich selbstverständlich Manches erwähnt, das unsere Kenntnisse in erwünschter Weise bereichert. Anstatt jedoch dafür dieses oder jenes Beispiel beizubringen, ziehe ich es vor, bei der Verehrung des Heiligen zu verweilen und das Bild durch wenige Mittheilungen aus meklenburgischen, hauptsächlich allerdings nur wismarschen Urkunden zu vervollständigen.

1367 war Joh. Wotzetze socius et familiaris des Nic. Kröpelin zu Lübeck auf der Wallfahrt zum h. Ewald verstorben. Seine Schwester war die Witwe Konrad Horns zu Rostock. M. U.=B, 9625.

1430 ward in der Sühnurkunde die Stadt Wismar verpflichtet, zu Troste der Seelen der 1427 hingerichteten Rathmannen und aller Christen Seelen drei Pilger auszusenden, einen zum h. Ewald, einen nach Rom und einen zum St. Jakob in Compostella. Die Pilger sollten auf ihrer Fahrt und an den heiligen Stätten treulich für die ihnen empfohlenen Seelen beten. Jahrb. LV, S. 78.

1454, Mai 11, kam zwischen Herman Stolle zu Wismar und Reineke Treppenmaker aus Emden ein Vertrag dahin zu Stande, daß der erste zur Sühne für den Tod eines Bruders von Reineke, der in Hamburg ums Leben gebracht war, eine Pilgerfahrt nach Einsiedeln, Aachen und zum h. Ewald auf sich nahm und außerdem 2 Mark zahlte und eine gute Schützenarmbrust abtrat. Zeugebuch, Seite 64.

1468, Juni 1, bekannte sich Heinrich Swartekop Herrn Dietrich Hinrichs schuldig auf 50 M. lüb., die er ihm nach seiner Rückkehr von der Fahrt zum h. Ewald zu zahlen versprach. Zeugebuch, S. 119.


1) werimensis.
2) taruit.
3) wohl verlesen, statt videbatur.
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Wichtiger als diese wenigen Zeugnisse, die gegen das, was v. Melle in seinem 1711 erschienenen Buche de itineribus Lubicensium sacris aus lübischen Testamenten zusammengebracht hat, vollständig verschwinden, wichtiger als das ist der Umstand, daß der Rath sich veranlaßt sah, in die Bürgersprache einen Satz über die Pilgerfahrten - nicht gerade im Besondern zum h. Ewald, aber doch einmal auch mit ausdrücklicher Erwähnung seiner - aufzunehmen. Schon in der ältesten Fassung der Bürgersprache, auf die später regelmäßig verwiesen und die demgemäß dauernd in Kraft geblieben ist, findet sich die Warnung: Quod nullus longas reysas velificet vel ambulet nisi cum consilio dominorum consulum, quia ipsi sciunt quod alii nesciunt. [Sub pena x marcarum.]M. U.=B. 6474. [ ] späterer Zusatz.

Nun ist es freilich gewiß, daß hier vorzugsweise auf Handelsfahrten gezielt ist (auf die dem Zusammenhange nach eine kürzere Verwarnung vom Jahre 1349 (M. U.=B. 6968, 6) sich beschränkt), doch wird in Beihalt der späteren Abkündigungen nicht zu zweifeln sein, daß gleich Anfangs die Pilgerreisen in die Warnung einbegriffen waren. Es heißt 1373: Item. Nullus debeat peregre proficisci sine consensu dominorum consulum. (M. U.=B. 10443.)

Nachdem die Aufzeichnung des Jahres 1373, wie man annehmen muß, auch für die folgenden Jahre benutzt, und auch in der nächsten Abfassung vom Jahre 1385 (Burmeister, Bürgersprachen, Seite 21) jener Satz lediglich wiederholt war, finden wir in der nächsten, 1394 entstandenen Ausarbeitung den Artikel so umgestaltet: Item. Nullus debet peregrinari, quod nullus dampnum ex hoc recipiat; et quisque caueat sibi de equitatura sua, quia, si aliquis captus fuerit de nostris a latronibus seu platearum raptoribus, hic nullatenus redimi debeat. Quod si aliquis de amicis suis eum redemerit, ille vadiabit ciuitati c marcas puri cum perpetua carencia ciuitatis. Sed qui honore captus fuerit, ille cum bonis suis se licite potest liberare. (Burmeister, Bürgersprachen, Seite 22.)

In der Fassung von 1395 (Burmeister a. a. O., Seite 24 f.) erscheint unser Artikel wörtlich übereinstimmend, nur daß aus Versehen das erste captus ausgefallen ist, und auch die nächsten Niederschriften der Bürgersprache vom Jahre 1397 und 1400 (Burmeister a. a. O., S. 27 und 30) bringen keine wesentlichen Abweichungen (die letzte hat statt honore honorifice). Ebensowenig kann man die folgenden Auszeichnungen von 1401 und 1417 und 1418 als in der Sache abweichend bezeichnen, doch sind immerhin die leichten Abwandelungen mittheilenswerth.

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1401 heißt es ulso: 1 )

Item. Nullus debet peregrinari nisi consilio et scitu dominorum, ne quis dampnum inde recipiat; et quisque caueat de equitatura sua, prout hoc in precedentibus statutis plenius reperitur. (Burmeister a. a. O., S. 32.)

1417 und 1418:

Item. Nullus debet peregrinari, nisi fiat cum scitu (consensu) dominorum consulum, ne quis ex hoc dampnum incurrat propter causas vobis sepius expressas et sub pena sepius recitata (intimata). (Burmeister a. a. O., Seite 35 und 38.)

1419 werden endlich Wallfahrtstätten, vor deren Besuche gewarnt wird, mit Namen genannt:

Item. Quod nullus debet peregrinari, nisi fiat cum consensu dominorum consulum. Specialiter nullus ciuium debet peregrinari uersus Aken, Eensedelingen siue Eenwolde sub pena x marcarum argenti. Eciam nullus seruus siue ancilla debet ibi peregrinari; qui contrarium fecerit, ciuitati carebit. (Burmeister a. a. O., Seite 41. Eensedelingen steht am Rande.)

In allen folgenden Niederschriften von 1420 bis 1430 wird, soweit sie ausgeführt sind, für die Pilgerfahrten auf die frühere Fassung hingewiesen, wobei seit 1424 (1422 ist der Strafsatz nachgetragen) Zuwiderhandelnden eine Strafe von 20 M. Silber angedroht ist. Die Fassung von 1430 ist die letzte, die der Stadtschreiber in das dafür bestimmte Buch niederzuschreiben sich die Mühe gegeben hat, und zu der 1435, 1436, 1452 und 1453 auch nur einige Nachträge hinzugekommen sind. Die jüngste Fassung der mittelalterlichen Bürgersprache, die allerdings nur abschriftlich erhalten ist, rührt vom Jahre 1480 her. Hier lautet der betreffende Satz: Item. Nemandt schall wandern pelegrinnacie butten landes sunder orloff des rades by xx m. lubesch. (Tit. I, Nr. 6, Vol. 2, fehlt bei Burmeister.)

Daß solche Warnungen nicht in Wismar allein, sondern in allen verwandten Städten erlassen sind, würde sich von selbst verstehn, auch wenn nicht beispielshalber eine ähnliche, 1367, October 6, von den in Rostock versammelten Rathssendeboten beschlossen vorläge. 2 ) Und ebenso würde auch, falls sie nicht mit klaren Worten


1) Bekanntlich zeichnet sich die Burmeistersche Ausgabe keineswegs durch Genauigkeit aus, was ich um deren willen bemerke, die etwa den hier gebotenen Text mit jenem nicht ganz übereinstimmend finden könnten.
2) Item concordaverunt, quod nullus de aliqua civitate tam virorum quam mulierum nullibi pergat in peregrinacione, nisi de consilio (  ...  )
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ausgesprochen wäre, die Absicht bei einiger Ueberlegung leicht genug erkennbar geblieben sein. Zwar im vorigen Jahrhunderte glaubte man, wie zu andern Erlassen auch zu diesen ein Wismaria antipapalis hinzu schreiben zu dürfen, da es sich doch einfach darum handelte, vorzubeugen, daß die Bürger nicht auf den weiten Reisen in Gefangenschaft geriethen und die Stadt dadurch in Händel verwickelt würde. Das Verbot der Auslösung war hart, aber nothwendig, übrigens dem lübischen Rechte entnommen (vergl. Hach, das alte lübische Recht, II, Nr. 211). Für den Landfrieden freilich, unter dessen besonderem Schutze die Pilger standen, sind die Warnungen das schlechteste Zeugniß.

Vignette

(  ...  ) consulatus sue civitatis. Et istud durabit usque ad festum pasche. (Hanserecesse I, S. 372.) Die Greifswaldische Bürgersprache aus dem 15. Jahrhundert erinnert ock sze eyn yslik, wor he ride unde gha, wente werth he ghefanghen, men schall ene nicht loszen. (Pommersche Geschichtsdenkmäler, II, S. 93. Aehnlich die lübische etwas ältere. Lüb. Urkundenbuch VI, Nr. 783.)