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VII.

Die Wappen des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg
in geschichtlicher Entwickelung.

Im Allerhöchsten Auftrage S. K. H. des Großherzogs Friedrich Franz von Mecklenburg=Schwerin bearbeitet und gezeichnet von C. Teske. (Güstrow, Opitz & Co. 1893. 4º.)

Von
Dr. Crull in Wismar.
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B ekanntlich hat Herr C. Teske, früher in Neustrelitz, jetzt in Schwerin in Großherzoglichen Diensten 1 ) 1885 ein Werk herausgegeben, welches die Wappen der beiden Großherzoglichen Häuser zu Meklenburg nach derzeitiger Gestaltung und die Wappen der meklenburgischen Städte Schwerinschen Antheils, wie solche nach den Feststellungen von Dr. Lisch im Thronsaale zu Schwerin angebracht sind, die der Strelitzschen nach eigener Forschung darstellt und erläutert. Der Fleiß, die Umsicht und die Geschicklichkeit, welche Herr Teske darin an den Tag gelegt hat, sind gebührend anerkannt und in einer für ihn höchst erfreulichen und ehrenvollen Weise dadurch belohnt worden, daß S. K. H. der Allerdurchlauchtigste Großherzog von Meklenburg=Schwerin den Allergnädigsten Auftrag ihm zu ertheilen geruhte, das Wappen Allerhöchstseines Großherzoglichen Hauses in geschichtlicher Entwickelung darzustellen. Diese Arbeit liegt jetzt nach mehr als dreijährigem Bemühen in einem glänzend ausgestatteten Quartbande vor, welcher das Wappen, wie solches (oder dessen Bestandtheile) in den verschiedenen Zeiten sich zeigt, mittelst 27 in Gold und Farben hergestellten Tafeln, zu denen dann noch 8 Tafeln mit


1) C. Teske ist am 2. Juli d. J. aus dem Leben geschieden. Der Abdruck dieses Aufsatzes erfolgt so, wie er vor seinem Ableben niedergeschrieben.
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photographischen Aufnahmen einschlägiger Denkmäler kommen, zur Darstellung bringt. Ein Text von 94 Seiten, außer der Widmung u.s.w., welcher reich mit Holzschnitten und Zinkotypien, 217 an der Zahl, ausgestattet ist, begleitet commentirend die Tafeln.

Herr Teske ist der erste nicht, welcher sich mit dem meklenburgischen Wappen eingehender beschäftigt hat. Schon unter Herzog Heinrich dem Friedfertigen verfaßte ein Oberländer Georg Rixner eine Geschichte der Herzoge zu Meklenburg mit Erörterungen über deren Wappen, die, wie nach Westphalens Angabe schon Meibom urtheilte, nicht mehr werth als diePhantastereien des Dr. Nicolaus Marschalk, aber doch von nachhaltigem Einfluß gewesen sind; Westphalen hat dieser Arbeit in dem 3. Theile seines Sammelwerks einen Platz vergönnt und sie sogar noch mit drei Kupfertafeln ausgestattet. Fast zweihundert Jahre später schrieb Joh. Dan. Sukow (gest. 1728) eine Abhandlung über das meklenburgische Wappen, die bruchstücksweise in David Francks Werke sich findet. 1 ) und im vorigen Jahrhundert, besser, der Professor A. J. D. Aepinus 2 ), anderer zu geschweigen, welche den Gegenstand nur nebenher behandelt haben, wie Klüver 3 ) und F. A. Rudloff 4 ). Derzeit stand die Kritik aber noch auf recht schwachen Füßen und war die Kunst zu sehen noch sehr unentwickelt; man muß die Siegelbeschreibungen lesen und Abbildungen vergleichen, um den Unterschied zwischen damals und jetzt zu begreifen und um ungerechter Beurtheilung sich zu enthalten.

Nach dem Berichte über die Arbeit an den Allerhöchsten Auftraggeber, einer Inhaltsübersicht, einem Personenregister und einem Verzeichnisse der benutzten Bücher, die citirt sind, giebt Herr Teske im ersten Abschnitte eine Einleitung, welche sich mit dem Wappenwesen überhaupt beschäftigt. Es ist kein Anlaß da, näher auf selbige einzugehen, doch kann ich nicht umhin, meine Meinung dahin auszusprechen, daß Herr Teske zu viel sagt oder sich mißverständlich ausdrückt, wenn er den sel. Dr. Masch als Altmeister der wissenschaftlichen Heraldik bezeichnet. Der liebenswürdige, frische, für die Heraldik (und Numismatik) sozusagen begeisterte Mann besaß eine überaus große Kenntniß von Wappen und war ein Meister im Blasonniren, aber zu einer kritischen Behandlung des Wappenwesens war er nicht geneigt und daher auch auf Karl Mayers von Mayerfels Heraldisches ABC=Buch, welches in der Heraldik wie ein reinigendes Gewitter wirkte, übel zu sprechen. Dankbarer Anerkennung


1) Alt= und Neues Mecklenburg VI, S. 316, VII S. 269.
2) Gel. Beiträge, 1763, S. 40; 1767, S. 39.
3) Beschreibung I, S. 19.
4) Pragmat. Handbuch II, 1, S. 126, 2, S. 364.
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mehr würdig war m. E. die Thätigkeit des Dr. Lisch, welcher, wenn auch nicht so sehr Heraldiker, doch durch seine Aufmerksamkeit auf die Siegel, insbesondere die landesfürstlichen, sowie durch Sorge für treue Abbildungen im Meklenburgischen Urkundenbuche einen soliden Grund für heraldische Forschung, insbesondere auch für das vorliegende Werk, geschaffen hat.

Die Entstehung des meklenburgischen Wappenwesens, insbesondere den Greifen und den Stierkopf, behandelt der zweite Abschnitt, aus dessen Eingange die treffende Bemerkung hervorgehoben werden mag, daß man die Vorgänge bei dem Uebergange aus dem Heidenthum in die christliche und deutsche Zeit möglichst einfach sich vorzustellen habe, und zwar, wie hinzuzufügen, nicht bloß überhaupt, sondern auch ganz besonders auf dem Gebiete des Wappenwesens, dessen Anfänge nicht gar so viel früher datiren als die Germanisirung unseres Landes. Die Herren des letzteren führten bekanntlich zu Anfang einen Greifen in ihrem Siegel, welcher aber frühzeitig durch den Stierkopf ersetzt wurde. Lisch und Masch sprachen jenen für ein allgemein wendisches Sinnbild an, diesen aber als speciell obotritisches Symbol, 1 ) während Dr. Beyer jenen als ostwendisches Feldzeichen nahm, den Stierkopf aber wie jene als das der Obotriten. Beyer thut dies in jener schönen, demnächst freilich von Dr. Wigger erfolgreich bekämpften 2 ) Abhandlung, in welcher er versucht hat, unser Fürstenhaus von Kruto, dem Könige von Rügen abzuleiten, 3 ) indem er nach einem Hinweise auf den Umstand, "daß die Nachkommen Niclots das Gedächtniß ihrer Verwandtschaft mit den Fürsten von Rügen, sowie mit den Herzogen von Pommern stets bewahrt haben, und umgekehrt," auch die Wappenbilder der drei Fürstenhäuser heranzieht. Wenn ihm dabei hinderlich war, daß die Fürsten von Rügen nicht einen Greifen, sondern im oberen Felde ihres Schildes einen wachsenden Löwen führten - zuerst 1224 nachweislich - und er sich überredete, es sei doch wohl eigentlich ein Greif, so irrte er allerdings, hätte sich aber auf das Contra=Sigill (clipeus) Wizlaws II. - von 1284: ab - sowohl, wie auf das Sigill Wizlaws III. - seit 1302 - und das Secret seines Bruders Zambor berufen können, die allerdings einen Schild mit einem Greifen zeigen, 4 ) eine Thatsache, welche, wenn sie Beyer schon bekannt gewesen wäre, ihn ohne Zweifel veranlaßt haben würde, seine Ansicht viel energischer zu vertreten.


1) Jahrb. X, S. 15, Anm. Meklenburgische Siegel aus den Archiven der Stadt Lübeck, S. 2.
2) Jahrb. L, S. 122.
3) Jahrb. XIII, S. 28.
4) Pyl, Pommersche Geschichtsdenkmäler VII, Tafel 4.
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Herr Teske theilt diese nicht und spricht sich sehr entschieden dafür aus, daß Heinrich Burwy I. so, wie die Mehrzahl der Fürsten den Herrscher der Thiere, den Löwen, oder den königlichen Adler als Symbol der Herrschermacht in ihre Siegel gesetzt, den aus beiden zusammengefügten Greifen in eben der Bedeutung als Symbol gewählt habe. Wenn derselbe dann aber noch hinzufügt, man könne (vielleicht) noch einen Schritt weiter gehen und sagen, der Greif sei die bildliche Darstellung des Begriffs "Slavien" (slava, Glanz, Ruhm), so sagt er damit offenbar viel mehr, als wohl seine Absicht ist, und nähert sich bedenklich der von manchen, z. B. Retberg 1 ), ausgesprochenen, von ihm selbst mit Recht bestrittenen Behauptung, der Greif sei allgemein slavisches Sinnbild.

Heinrich Burwy I. nennt sich auf seinem zweiten Siegel - das erste ist bekanntlich in der Umschrift sehr defect - Magnipolonensis und in zehn von ihm ausgestellten Urkunden Herr oder Fürst zu Meklenburg, während er in zwei Doberaner als Magnipolitanorum et Kyzzenorum princeps, in einer Neuklosterschen als princeps Slavorum sich einführt, Urkunden, die aber kaum in der fürstlichen Kanzlei oder vom fürstlichen Schreiber, sondern vermuthlich in den dankbaren Klöstern angefertigt sind. Schon bei Lebzeiten zog er seine Söhne ins Regiment. Heinrich Burwy II., welcher den Greifen in einen Schild setzte und denselben dadurch zu einem Wappenbilde machte, bezeichnet sich auf seinen Siegeln als von Rostock und so auch in vier der von ihm ausgestellten Urkunden 2 ), in einer als von Werle 3 ), wie er auch in den beiden Urkunden genannt wird, in denen er als Zeuge vorkommt. 4 ) Der jüngere Sohn, Nicolaus, nennt sich in den beiden von ihm ausgestellten Urkunden in der einen de Magnopoli, in der anderen Buruini Magnopolensis filius, begegnet zeugend als Burwini filius und wird einmal ebenso, das andere Mal als de Gadebusk genannt. 5 ) Dieser hinterließ keine Nachkommen, ist aber epochemachend für die meklenburgische Heraldik geworden, weil er den Greifen seines Vaters und Bruders verschmähte und statt desselben als erster einen gekrönten Stierkopf in sein Siegel setzte.

Weshalb hat Nicolaus das gethan und weshalb, füge ich hinzu, sind drei Söhne seines Bruders nicht ihrem Vater und ihrem Großvater und ihrer Vormundschaft, sondern ihrem Oheim hierin gefolgt?


1) Geschichte der deutschen Wappenbilder, S. 13.
2) M. U.=B., S. 258, 314, 319, 323.
3) Ebd., S. 283.
4) Ebd., S. 278, 317.
5) Ebd., S. 258, 269, 303, 298, 316.
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Herr Teske sagt, es gebe nur die eine Veranlassung dazu, nämlich "daß Nicolaus durch dasselbe (das Wappenbild des Stierkopfes) seinen Stand oder seine Eigenschaften besser zum Ausdruck bringen zu können" gemeint habe und verwirft m. E. mit Recht die von Wigger aufgestellte Ansicht, es möge der Stierkopf das Feldzeichen des neuerworbenen Landes Gadebusch, das Wappen der Burg und Stadt Gadebusch, sein. 1 ) Ich für meine Person vermag nicht mich für eine dieser verschiedenen Ansichten - die von Lisch, Masch, Beyer sind ja oben bereits erwähnt - bestimmt zu entscheiden. Für Beyer - Lisch begründet seine Ansicht nicht näher - könnte es sprechen, wenn Wagrien einen Stierkopf als Wappenbild oder Symbol gehabt hätte, aber Beyers Meinung, daß ein solcher sich in den Siegeln wagrischer Städte finde, beruht auf einem Irrthum, und wenn Jonas Elverfeld, ein Poet des ausgehenden sechszehnten Jahrhunderts, das Obige auch ausspricht 2 ) und auf der Homannschen Karte von Holstein ein ungekrönter Stierkopf als Wappenbild von Wagrien dargestellt ist, so ist das ohne alle Beweiskraft. Aber auch, was Herr Teske annimmt, scheint mir zu gewagt, und dürfte das, was derselbe aus der citirten Stelle bei Grimm herausgelesen hat, beträchtlich über das hinausgehen, was Grimm gesagt hat; ich meine, wir müssen uns vorläufig mit einem Non liquet begnügen. Uebrigens ist ein Wechsel der Schildfiguren ja keineswegs unerhört und hat sich ein solcher in unserem Lande auch bei den v. d. Lühe, Ummereiseke, v. Zernin u.s.w. vollzogen.

Nach ihres Großvaters Tode und einer kurzen vormundschaftlichen Regierung des Landes übernahmen zunächst die beiden älteren Söhne Heinrich Burwys II. die Herrschaft, Johann über den westlichen Theil des Landes und Nicolaus über den östlichen. Beide setzten, wie bereits gesagt, einen gekrönten Stierkopf in ihre Siegel, von denen das Johanns frühestens von 1229, dasjenige Nicolaus I. von 1235 erhalten ist. Beide Siegel zeigen denselben Typus des Wappenbildes: einen vorwärts gekehrten Stierkopf von der Grundform eines gleichseitigen Dreiecks mit einer Schnauze, die von der


1) Daß im Sigill der Stadt Gabebusch der Stierkopf nicht gekrönt ist, schreibt Herr Teske dem Umstande zu, daß eine Krönung aussschließliches Vorrecht des Fürsten war. Sollte es nicht näher liegen, die Unwissenheit des Stempelschneiders welcher kaum in Gadebusch selbst zu suchen sein dürfte, als Ursache des Fehlens der Krone anzusehen? Auch im Sigill von Marlow fehlt dem abenteuerlichen Wappenbilde die Krone, wie nicht minder dem Stier von Güstrow und dem Stierkopfe von Parchim. Fürst F. K. von Hohenlohe führt sogar ein Beispiel von einer Krone als Minderungszeichen an! Sphrag. Album Nr. 126.
2) Sperer, op. herald. II, S. 249
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Stirn ab bis zu dem geschlossenen Maule hin kolbig anschwillt, mit zwei abwärts gerichteten Hauern, kleinen Ohren und gedrungenen convergirenden Hörnern, die von einer Krone umschlossen werden. Das Halsfell findet sich auf Johanns Siegel noch nicht und ist erst 1260 auf dem zweiten Siegel Heinrichs des Pilgers nachweisbar, während die Hauer nicht wieder erscheinen.

Wenn ich hier, wie Herr Teske, für das Wappenbild die Bezeichnung Stierkopf, die schon der obengenannte J. D. Sukow hat, gebrauche, so geschieht das allerdings in Abweichung von der alten Benennung. Im 14. und 15. Jahrhundert sagte man Ossenhovet oder Ossenkopp 1 ), und so auch noch Rixner 1530 und der Rostocker Rath 1565, während die nach Lisch dem Anfange des 16. Jahrhunderts zuzuschreibende Copie einer Inschrift zu Doberan buf [felskopp] hat, 2 ) eine Benennung, welche auch Klüver 3 ) und Nettelbladt 4 ) brauchen, obgleich letzterer später wieder Ochsenkopf sagt. 5 ) Gegenwärtig scheint Büffelskopf der allgemeine, vulgäre Name zu sein, aber derselbe widerspricht unserem naturgeschichtlichen Wissen, und auf Ochsenkopf zurückzugreifen ist deshalb nicht thunlich, weil wir heutzutage unter einem Ochsen ausschließlich einen verschnittenen Bullen verstehen, der sich doch zu einer Wappenfigur nicht eignet, während vor Zeiten der Name Osse ebensowohl einen Bullen wie jenen bezeichnete. Ueberblickt man die Reihe der Siegel, so zeigt der Stierkopf die auffälligsten Abweichungen, und während der im Siegel des Nicolaus von Gadebusch fast jovial, derjenige der Herren zu Werle bis auf Nicolaus I., Nr. 69, und Lorenz, Nr. 87, höchst friedfertig und naturalistisch erscheint, als wahrer Ochsenkopf, begegnen auf den Siegeln der Linie Meklenburg die verschiedenartigsten Typen, und einigermaßen feststehend wurde hier die Schildfigur erst mit dem vierten Decennium des 14. Jahrhunderts. Vielleicht läßt sich jene Erscheinung dadurch erklären, daß der Kopf nicht den eines gerwöhnlichen Stieres (Bos taurus) darstellen sollte, sondern den jener Rindergattung, welche man heute - fälschlich - Auerochs nennt, die aber bei den Vorfahren Wisent, niederdeutsch Wesent, hieß; zweifellos ist dies scheue Thier vor der Kultur der deutschen Einwanderer gewichen, und werden die Stempelschneider, Schildmaler u.s.w. kaum je eins zu Gesicht gekriegt haben, so daß es ihrer Phantasie anheim=


1) M. U.=B. Nr. 10322n. Hanserec. II, S. 187. Lüb. U.=B. V, Nr. 66.
2) Jahrb. I, S. 136.
3) a. a. O. I, S. 113.
4) Rostocker Nachrichten 1752, S. 165.
5) Verzeichniß allerh. Schriften, S. 30.
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fiel, das Bild zu gestalten. Wenigstens wurde das Wappenbild der v. Plesse, welches, wie ich glaube, aus dem landesherrlichen Wappen abgeleitet ist, 1360 gradezu Wesent genannt, 1 ) wozu kommt, daß Brehms Beschreibung 2 ) des Auerochsen mit den Siegelbildern Johanns zu Meklenburg und Nicolaus' zu Werle wohl zusammenstimmt; wäre dies auch bei dem Siegelbilde Nicolaus' von Gadebusch der Fall, würde ich noch entschiedener meine Annahme für richtig halten. Inzwischen würde "Wisentkopf" unverständlich und "Auerochskopf" fremdartig sein, so daß "Stierkopf" doch die passendste Bezeichnung bleibt.

Im dritten Abschnitt schildert Herr Teske die Entwickelung des Wappens der Hauptlinie Meklenburg bis 1358. Die Hauptsache ist schon in dem Vorstehenden berührt und erübrigt nur zu sagen, daß die Krone, deren Futter meist in Form von Borten, Fransen, Troddeln unterhalb der Krone bis Mitte des 14. Jahrhunderts sichtbar bleibt, seit 1300 (Nr. 54) die Hörner nicht mitumfaßt, daß das Maul seit eben der Zeit geöffnet ist, die Zunge in dem Vormundschaft=Siegel von 1329 (Nr. 55) und die Zähne 1349 (Nr. 57) zuerst sich zeigen.

Auf dem 1300 zuerst vorkommenden, von Heinrich dem Pilger und seinem Sohne, Heinrich dem Löwen, gemeinschaftlich gebrauchten Secrete (Nr. 60) sehen wir zum ersten Male den Helmschuck der Linie Meklenburg dargestellt. Herr Teske bezeichnet denselben als "Schirmbrett," m. E. nicht mit Recht, denn ein solches besteht doch nur aus einer Platte, während in unserem Falle die Vorrichtung derartig war, daß ein abgestumpfter und zusammengepreßter Kegel, der nach den Siegeln Nr, 60-62 einen glatten Rand und vielleicht cannelierte oder gefelderte Flächen hatte, eine Reihe Pfauenfedern einschloß, welche jederseits mittelst eines Schildes mit dem Stierkopfe, der dann nur halb vor den Federn hervorsah, gesichert wurden. 3 )

Nach dem Erlöschen der Linie Rostock im Jahre 1314 theilten Heinrich der Löwe und Nicolaus II. zu Werle den Besitz, welcher Nicolaus dem Kinde übrig war, während der größere Theil des Landes zu Rostock in Händen des Königs zu Dänemark verblieb. Heinrich, welcher sich sonst Herr zu Meklenburg oder Herr zu Meklenburg und Stargard nannte, hat seitdem einige Male sich auch als Herrn zu Rostock bezeichnet, 4 ) aber in wirklichen Besitz des Landes kam er erst durch die dänische Belehnung vom 21. Mai 1323. In seinem Siegel traf er deswegen keine Veränderung und bloß in seinem Secrete, welches sich vom Jahre 1328 erhalten hat (Nr. 61),


1) M. U.=B. XIV, S. 451. Auch 1364. Ebd. XV, S. 448.
2) Thierleben, Volksausgabe I, S. 569.
3) Jahrb. LII, S. 47 und S. 48, Anm.
4) 1315: M. U.=B. Nr. 3759. 1322: 4362, 4394. 1323: 4421, 4434.
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finden sich die vollen Wappen von Rostock - dies vorne - und Meklenburg schlechthin neben einander gestellt. Seines Sohnes Albrecht II. erstes Secret von 1331, Nr. 62, ist dem älteren des Vaters gleich gebildet, ein zweites, von 1342, Nr. 63, zeigt dagegen bloß den Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe gleich dem, welches sein Bruder Johann von Stargard, 1348, Nr. 67, gebrauchte. Aber das mag ihm doch nicht zugesagt haben, und es erscheinen nach einander 1343, 1348, 1350, Nr. 64-66, Secrete von ihm, auf denen man den meklenburgischen Schild bedeckt sieht von einem Helme mit Hörnern, die mit Pfauenfedern besteckt sind, ohne Zweifel demjenigen der Rostockschen Herren, der erste jedoch derartig modificiert, daß der Grind weggelassen, dagegen aber ein halber meklenburgischer Schild, und zwar kammartig zu denken, auf dem Helme angebracht ist, der dritte (herzogliche) so, daß nicht allein der Grind sich zeigt, sondern auch an jeder Seite des Helms eine Hälfte des Stierkopfes. Wie dieses ist auch das 1349, Nr. 68, sich findende Secret des Bruders gehalten.

Der vierte Abschnitt behandelt das Wappen der Linie Werle. Das älteste Siegel, dasjenige von Nicolaus I., ist dem seines Bruders Johann zu Meklenburg, wie schon bemerkt, völlig gleichend, das zweite aber, Nr. 70, hat die Hauer auch nicht mehr, dagegen aber wie alle folgenden das Maul geöffnet; seit 1287, Nr. 75, zeigt sich fast ausnahmlos die Zunge, und länger als in der meklenburgischen Linie umfaßten die Kronen die Hörner. Die dem Stierkopfe jener gegenüber mehr friedfertige Physiognomie des Werleschen will Herr Teske dadurch erklären, daß wegen des Fehlens des Halsfelles der Kopf habe mehr in die Länge gezogen werden müssen, um den Raum des Schildes angemessen zu füllen, doch zeigt das Siegel des Fürsten Lorenz, Nr. 87, daß auch ohne Halsfell eine Uebereinstimmung mit dem Kopfe der Linie Meklenburg zu erreichen war. Ich bin der Meinung, daß jenes friedfertige Aussehen des Werleschen Stierkopfes nicht auf einem bewußten Gegensatze zu der Linie Meklenburg beruht, wie dies umgekehrt bei dem Halsfelle wohl unzweifelhaft der Fall ist, sondern einfach auf Tradition, auf bereits vorhandene Siegel u. dgl. zurückzuführen ist.

Der Helmschmuck der Herren zu Werle bestand in zwei über dem Helme sich kreuzenden Stangen, deren freie Enden je ein Federrad trugen, wie drei Frauensiegel, Nr. 91-93, und das Teterowsche Secret, auch das Warensche Sigill sie zeigen, wenn schon in dem letzten die beiden Federräder, anscheinend aus Raummangel, die Form von Wedeln erhalten haben; auch das Sigill von Neukalen beweist es, da das einzelne Federrad hier als Compendium dient. Herr Teske

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ist der Meinung, daß dieser Helmschmuck aus der Verbindung von Nicolaus I. mit der Tochter des Grafen Heinrich I. von Anhalt herrühre. Fast in demselben Jahre, wo Albrecht II. zu Meklenburg das alte Zimier seiner Linie veränderte, geschah dies auch in der Werleschen Linie, indem Nicolaus III. in seinem Secrete, 1344 nachweislich, den gespaltenen Werleschen Schild mit Pfauenfedern besteckt als "Schirmbrett" auf den Helm setzte. 1 ) Ob dabei die Pfauenfedern noch einen soliden Hintergrund hatten, wie es besonders nach Nr. 100 der Fall gewesen zu sein scheint, läßt sich nicht sagen; auf dem Siegel Balthasars von 1417, Nr. 105, ist von einem solchen nichts zu sehen, wogegen auf ihm unter dem, statt auf einem halben Schilde, auf einer halben Scheibe angebrachten halben Stierkopfe eine dem Kamme der Linie zu Meklenburg ähnliche Anordnung sich findet. Zwei Werlesche Herren auf einem Wandgemälde in der Kirche zu Teterow, die dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts zuzuschreiben sind und Nicolaus III. und seinen Bruder Bernhard II. darstellen werden, tragen bloß Pfauenfederbüsche, aus einer Krone aufsteigend, auf dem Helme. 2 ) Uebrigens blieben auch die Stangen mit den Federrädern in Gebrauch. Tafel 9.

Am Schlusse dieses Abschnittes giebt Herr Teske eine Abbildung der jetzt (seit 1837?) in S. Nicolai in Rostock aufbewahrten und vordem in S. Johannis befindlichen Holzsculptur, welche halberhaben einen Werleschen Herrn darstellt. Nettelbladt vermuthete, daß sie dem Prediger=Kloster 3 ), Herr Teske, daß sie der Karthause Marienehe entstamme, beide aber sehen darin den Fürsten Wilhelm, welcher die Linie zu Wenden beschloß.

Abschnitt 5 ist dem Wappen der durch den dritten Bruder Heinrich oder Burwy III., der seit 1236 sein Land selbständig regierte, gestifteten Linie Rostock gewidmet, welche 1313 oder 1314, nicht 1316, ausging. Sämmtliche Siegel dieser Linie zeigen nicht den Stierkopf, sondern auffallend genug den väterlichen und großväterlichen Greifen, und halten wir dazu, daß der Stifter vor der Zeit, da er seine Herrschaft überkam, stets Heinrich heißt, dann aber, nachdem er jene angetreten, wie in seinem Siegel Burwy sich nennt und bis auf drei Stellen 4 ) auch so genannt wird, so scheint in der


1) Ein ganzer Schild so verwendet, findet sich Zürcher Wappenrolle 371.
2) Jahrb. XLV, S. 281.
3) Wöchentl. Rostocker Nachrichten 1752, S. 171.
4) 1237, 471 vom Bischofe von Ratzeburg, (1244), 556 von seinem Bruder Nicolaus, die jedoch vom Kloster Amelungsborn redigirt sein, auch früher fallen könnte, und 1270, 1199, wo auf eine Urkunde von 1227 Bezug genommen wird.
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That fast, als habe er auf sein slavisches Blut besonders Werth gelegt. Das Zimier der Linie Rostock ist durch das Secret Nicolaus' des Kindes und das zweite Secret Heinrichs des Löwen überliefert; dasselbe bestand, wie bereits angegeben, aus Hörnern, mit Pfauenfedern besteckt, sammt dem Grinde mit einer Krone darüber.

Der Abschnitt 6 behandelt das Wappen der Linie Parchim=Richenberg, welche durch Pribislav, den jüngsten Sohn Heinrich Burwys II., gestiftet wurde. Das nur in wenigen und kleinen Bruchstücken an Urkunden von 1238 und 1241 erhaltene 1 ) Siegel desselben zeigt einen, nach dem Siegel seines Sohnes zu urtheilen, wahrscheinlich gekrönten Stierkopf; wenn ein Ring zwischen den Hörnern desselben sichtbar ist, so dürfte, wiederum in Beihalt von des Sohnes Siegel, Nr. 110, solcher ohne Bedeutung sein und bloß zum Füllen des Raumes gedient haben. Nach dem tragischen Ende seiner Herrschaft ging Pribislav nach Pommern, wo er die Herrschaft Wollin erwarb, und verschwindet sammt Söhnen und Enkel aus dem Lande.

Hier schiebt Herr Teske auf Grund von Seylers Geschichte der Heraldik zwei Excurse ein, deren ersteren, das Verwandtschaftsverhältniß Pribislavs mit den Herren zu Friesack betreffend, ich auf sich beruhen lassen muß. Den anderen anlangend, so beschäftigt sich derselbe mit dem Lande Dobere, welches Pribislavs I. älterer Sohn, Pribislav II., inne hatte. Seyler nimmt dasselbe für die terra Dobrinensis, das Land Dobrin, welches mit dem Hauptorte Dobrzin oberhalb Thorn auf dem rechten Weichselufer gelegen ist und einst dem Ritterorden von Dobrin, nach der Vereinigung desselben mit dem deutschen Orden diesem, und in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts dem Herzoge Kasimir von Pommern zuständig war. Diese Annahme widerspricht der bisherigen, nach welcher das Land Dobere das zu Daber im Kreise Naugard belegene Land sei, wie das Land Belgard in Kassubien - gegensätzlich zu Belgard an der Leba - das zu Belgard an der Persante und das Land Welsenborg das zu Welschenburg, Kreis Dramburg, gehörige. Mich dünkt, als ob diese Annahme so viel augenfällige Wahrscheinlichkeit für sich habe, daß ich sie gegenüber Seylers Vermuthung, die sich nicht auf eine Gleichheit, sondern nur auf eine entfernte Aehnlichkeit von Namen und Schildfiguren stützt, nicht weiter zu vertreten brauche.

Am Schlusse jeder der vier Abschnitte 2-6 handelt Herr Teske von den Tincturen der Wappen, für die aus dem 13. Jahrhundert kein monumentales oder sonstiges Zeugniß sich erhalten hat, wenn seiner Ansicht gemäß der Werlesche Schild in S. Marien zu Röbel


1) M. U.=B. Nr. 476, 522.
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erst aus dem folgenden Jahrhundert stammt, dem auch, wie oben bemerkt, die Werleschen Schilde in der Kirche zu Teterow angehören, welche ursprünglich den Stierkopf völlig weiß auf gelbem Grunde zeigten. Der meklenburgische Schild, welcher, aus der Mitte oder der zweiten Hälfte des 14. Jahrunderts stammend, in einem Fenster der Klosterkirche zu Doberan sich erhalten hat und den Herr Teske auf Tafel 8 unter C abbildet, dürfte dann die älteste farbige Darstellung des Landeswappens sein. Er zeigt in goldenem Felde den schwarzen Stierkopf mit Halsfell, schwarzen Hörnern, das Maul aufgerissen, die Zunge heraushängend und die Krone golden. Völlig damit überein stimmen sowohl das Gelresche Wappenbuch, von dem Herr Teske S. 82 nähere Nachricht giebt, als auch die Miniatur auf dem Titelblatte der Chronik Ernsts von Kirchberg, welche beide ebenfalls dem 14. Jahrhundert angehören (Tafel 7a und 7b). Nicht minder zeigen dieselbe Tingierung die Schilde an den Schranken der Kapelle des h. Grabes hinter dem Hochaltare zu Doberan, sowie das Donaueschinger Wappenbuch, Nr. 167 und Tafel 9a, die beide der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstammen, auch Grünenbergs Wappenbuch, Tafel 10a, und das Glasgemälde zu Dargun, Tafel 8, aus der zweiten Hälfte desselben.

Farbige Darstellungen des meklenburgischen Helmschmucks sind uns überkommen aus dem 14. Jahrhundert durch das Gelresche Wappenbuch, und aus dem 15. durch das Donaueschinger und das Grünenbergsche Wappenbuch, sowie die Glasmalerei in der Klosterkirche zu Dargun. Sie geben sämmtlich den Kamm gestreift, und zwar von Roth und Gold, nur Grünenberg hat roth und weiß, was jedenfalls nur ein Irrthum ist. Die Helmdecken haben Gelre gelb mit roth (weiß eingefaßt), Donaueschingen roth und gelb, Dargun blau, roth, gelb (und schwarz) und Grünenberg schwarz und gelb. Wenn Herr Teske der Meinung ist, daß die Farben Roth und Gelb erst eingeführt seien, nachdem die Grafschaft Schwerin von Herzog Albrecht angekauft wurde, so läßt sich so wenig etwas dafür wie dawider sagen; es ist aber immerhin möglich. Uebrigens sind diese Farben offenbar lange die meklenburgischen gewesen, und das Blau ist erst durch die Verordnung vom 26. März 1813 in die meklenburgische Cocarde gekommen, welche die Farben Roth, Blau und Goldgelb haben sollte.

Der Helmschmuck der wendischen Herren ist in Farben nicht überliefert; in Gelres Wappenbuch sind die Stangen, auf die es nur ankommen kann, golden gegeben. Auch die Farben des Rostockischen Zimiers sind nicht bekannt; das der Linie Parchim ist es überall nicht. Jenes, das Rostockische Zimier anlangend, so hat Herr Teske

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auf Tafel 3 nach dem Secrete Nicolaus' des Kindes und nach dem zweiten Secrete Heinrichs des Löwen auf Tafel 5 Darstellungen des Rostockischen Wappens gegeben und beide Male die Hörner sammt der Krone golden, die Ohren blau tingiert, indem er den Tincturen des Schildes folgte, wie das auch geschehen ist, als man im 16. Jahrhunderte die Flügel auf dem dritten Helme des meklenburgischen Wappens für das Rostockische Zimier ansah. Nach dem, was Herr Teske S. 81 zu Tafel 6 sagt, scheint es aber, als ob er bezüglich der Tingierung doch bedenklich geworden sei und, wie er es auf letzterer Tafel ausgeführt hat, Schwarz für Hörner und Ohren für angemessener und wahrscheinlicher halte, worin ich ihm völlig beitreten muß, denn wenn die beiden erstgenannten Secrete noch einen Zweifel übrig lassen möchten: die Secrete Albrechts II., Nr. 65 und 66, sowie das zweite seines Bruders Johann, Nr. 68, bezeugen klärlich, daß das Zimier der Rostockischen Linie dem von den drei übrigen Linien geführten Stierkopfe entlehnt ist und den Zusammenhang mit letzteren, die Zugehörigkeit zu denselben ausdrückt. Die Frage, wie die Helmdecke der Herren zu Rostock zu tingieren sei, bleibt eine offene.

Abschnitt 7 betrifft das Wappen der Grafen von Schwerin, welches in Jahrb. XXXIV von Wigger, Beyer und Lisch eingehend besprochen ist. In den Siegeln dieser Grafen zeigen sich zuerst zwei von einander gekehrte, rückwärts schauende Drachen, getrennt durch eine Art Lilie. Im zweiten Siegel Heinrichs I., Nr. 123, ist letztere schon zu einer Pflanze ausgestaltet und wird im vierten Siegel Günzels III., 1252, Nr. 127, zum Bäumchen. So führen es auch Helmold III., 1270, Nr. 128, Nicolaus I., 1279, Nr. 130, auf seinem ersten und 1289, Nr. 131, auf seinem zweiten Sigill, und endlich noch Günzel VI., 1322, Nr. 138. Während nun also Helmold III. im März 1270 angegebenermaßen noch das Drachensiegel gebraucht, siegelt er im September desselben Jahres mit einem neuen, runden, in dem, ohne Schild, frei im Felde ein trabendes Roß sich zeigt, und gleiche Siegel führen auch seine Söhne Günzel V., 1296, Nr. 132, und Heinrich III., 1298, Nr. 133, wie nicht minder wiederum Otto I. von der Wittenburger Linie, 1353, Nr. 152. Die Drachensiegel sind bis auf das erste, Günzels II., Nr. 121, alle schildförmig, und das runde Nicolaus' I., Nr. 131, hat wenigstens Drachen und Bäumchen auf einen Schild gesetzt. Die Längsdurchmesser der schildförmigen Siegel variiren zwischen 6,2 und 7,6 cm, die Durchmesser der runden zwischen 5,6 und 7,1. Von diesen Siegeln sind Nr. 121-123, 129 und 152 als sigillum bezeichnet, während die übrigen bloß ein Compendium zeigen, welches ebensowohl

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sigillum wie secretum bezeichnen kann. Dann hat sich eine Reihe runder Siegel im Durchmesser von 4,5 bis zu 3 cm hinab erhalten - nur von Nicolaus II., Nr. 140, ist es parabolisch oder spitzoval -, welche entweder einen Helm mit einem offenen Fluge oder mit einem Gitter, oder aber einen getheilten Schild oder beide, Schild und Helm mit Flug oder mit Gitter, enthalten. Zweifellos sind dies alles Secrete, obschon nur Nr. 135, das Günzels V., mit dem Rosse im Sigill, in der Umschrift als solches bezeichnet ist. Die sechs Frauensiegel haben sämmtlich den getheilten Schild mit oder ohne Helm, Nr. 137, 139, 141, 142, 144, 149. Die oben genannten Gelehrten sind uneins über diese Wappen, doch entscheidet sich Herr Teske für Lischs Meinung, daß sowohl die Drachen mit der Pflanze, wie das Roß keine Wappenfiguren, sondern nur Siegelbilder sind, und insoweit stimme ich ihm völlig zu, stelle aber dahin, ob letztere auch symbolische Bedeutung haben. Jedenfalls ist die paarweise Darstellung von Drachen, Löwen, Engeln u.s.w. neben einer Pflanze oder einem Baume ein uraltes und im Mittelalter höchst beliebtes Motiv, 1 ) und was das Roß anlangt, so scheint mir die Beziehung auf die ursprüngliche Heimath des Grafenhauses doch die zunächst liegende. Das eigentliche Familienwappen ist dann der getheilte Schild gewesen, welcher mit der Grafschaft auf den Käufer überging, während die Verkäufer, Grafen von Teklenburg, ihn gleichfalls weiter führten.

Der Helmschmuck der Grafen bestand in Flügeln, d. h. in "Schirmbrettern" oder platten Köchern, in welche Federn gesteckt waren - auf zwei Frauensiegeln sind jene weggelassen und nur Federn angebracht - und zwar in 7 Fällen, während zwei andere Siegel, Nr. 136 und 140, ein eigenartiges Zinmer zeigen, welches in rechteckiger Gestalt den ganzen Helm oben und seitlich umgiebt und von Wigger als Decke angesprochen wurde, von Herrn Teske aber glaublicher für Flechtwerk erklärt wird. Vielleicht kann es auch eine Art Netz sein. Dieser Helmschmuck findet sich auf dem Siegel Nicolaus' II. von 1326, aber auf dem Siegel desselben vor 1345, Nr. 146, hat er das Ansehen, als ob er aus (gestutzten) Federn oder dergl. hergestellt wäre. Endlich zeigt desselben Grafen drittes Secret in höchst sonderbarer Anordnung zwei getheilte Schilde, von denen der vordere das Gitter, der hintere das Flügel=Zimier trägt. Seyler hat, wie Herr Teske angiebt, diese Zusammenstellung dadurch erklärt, daß derselben der Anfall der Besitzungen des Schwerinschen Hauses an


1) Vergl. Bock, Musterzeichner des Mittelalters und desselben Geschichte der liturgischen Gewänder. Ein derartiges Siegel f. Dipl. Arna. Magn. II, Tafel 6.
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das Wittenburgische zu Grunde läge, eine Deutung, welche Herr Teske Bedenken trägt, zu acceptieren, die aber doch als die natürlichste und nächste erscheint. Allerdings findet, wie derselbe bemerkt, keine strenge Sonderung in den Bildern der Siegel der beiden Grafen=Linien statt, aber theils hat der letzte Schweriner den Flug als Zimier gebraucht und Nicolaus II. von Wittenburg, der Erbe, das gitterförmige, theils erscheint jenes auffällige Siegel grade, nach dem eben Nicolaus das Schwerinsche Erbe angetreten hatte.

Das Kleeblatt=Kreuz, mit dem Graf Otto I. den getheilten Schild belegt hat, Nr. 145, deutet Herr Teske ebenso wie den Arm, Tafel 7 c, ohne Zweifel zutreffend als persönliche Beizeichen.

Die gräflichen Schilde auf den Siegeln sind bald oben, bald unten rautenförmig schraffiert. Für Mindererfahrene macht Herr Teske mit Recht darauf aufmerksam, daß eine solche Schraffierung im Mittelalter so wenig Metall bezeichne wie Farbe, sondern allein dazu diene, verschieden tingierte Felder oder Heroldsfiguren schärfer zu trennen. Daß aber der Grafen=Schild von Roth und Gold getheilt war, ist nach allen alten Denkmälern unzweifelhaft. Das älteste Beispiel unberechtigter Umstellung der Tincturen ist vom Jahre 1526, Tafel 12. Wenn dann Herr Teske aber, Tafel 4 und 7, die Flügel von Gold und Roth theilt, die Schirmbretter roth, die Federn golden gegeben hat, so kann ich nicht umhin, dies für einen Mißgriff zu halten, denn erstens ist ein solcher Wechsel in der Tingierung an sich nicht gewöhnlich, zweitens findet er sich (auf den Hörnern) in älterer Zeit nur ein Mal, um 1540, Tafel 13, und dann erst wieder in der neuesten Zeit, Tafel 21 und 22 - auch Masch hat im Mecklenburgschen Wappenbuche noch das m. E. Richtige -, und endlich sind in den Siegeln, welche den Schild und den Flügelhelm zeigen, Nr. 142, 143, 145, wie die untere Hälfte des Schildes so auch die "Schirmbretter" übereinstimmend schraffiert. Ohnehin sind goldene Federn von vorne herein nicht recht wahrscheinlich.

Als die Herren zu Meklenburg vom Römischen Könige am 8. Juli 1348 als Fürsten des Reiches und Herzoge anerkannt worden waren, so trafen sie zunächst keine Aenderung in ihrem Wappen, und erst rund zehn Jahre später, als Herzog Albrecht II. die Grafschaft Schwerin erkauft hatte, fing er an sein Secret zu verändern. Diese Wandlung und die weiteren des 14. und 15. Jahrhunderts behandelt Herr Teske im 8. Abschnitte. Albrechts fünftes Secret, Nr. 68, ist zuletzt 1360 nachweislich. Dann findet sich an einigen zu Alholm auf Laland am 28. Juli 1366 ausgestellten Urkunden ein neues Secret, Nr. 165, das sechste, welches höchst roh und ohne Zweifel nur für die besondere Gelegenheit hergestellt ist. Es zeigt

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die Schilde von Schwerin und Rostock und einen nunmehr gekrönten Helm darüber, welcher den meklenburgischen Stierkopf als Zimier trägt. Merkwürdiger Weise ist der Helm in Seitenansicht gegeben, und das ist auch auf dem siebenten und letzten Secret Herzog Albrechts II. vom 28. October desselben Jahres der Fall, Nr. 156, welches bei besserer Ausführung genau dieselbe Anordnung zeigt wie das sechste. Albrechts ältester Sohn, Heinrich III., hat in seinem Siegel, Nr. 158, welches ich oben bei Besprechung von Tafel 7 D schon erwähnte, einfach den meklenburgischen Schild und den Schwerinschen Helm darüber, und der dritte, Magnus I., Nr. 159, ein dem väterlichen letzten Secrete gleichformiertes Siegel; beide siegelten aber zu Alholm mit, wie beim Vater, speciell hergestellten rohen Stempeln. Der Sohn Herzog Heinrichs, Albrecht IV., hat in seinem Siegel als Erbe zu Dänemark den Schild mit den drei Leoparden über einander und als Zimier den meklenburgischen Stierkopf, Nr. 157.

Der zweite Sohn Albrechts II., Albrecht III., König in Schweden, ist der erste in unserm landesherrlichen Hause, welcher einen verschränkten Schild, einen quadrierten, gebraucht hat, indem er die Schilde von Schweden, Meklenburg, Rostock und Schwerin in einen einzigen zusammenfaßte, 1385, Nr. 164. Sodann hat Herzog Johann IV., Magnus' Sohn, die Schilde von Meklenburg, Schwerin und Rostock in einem getheilten und oben gespaltenen Schilde vereinigt, wie sein Siegel von 1390 ausweist.

Leider war Herr Teske nicht in der Lage, auch die Siegel des 15. Jahrhunderts seinem Texte einverleiben zu können, und sind wir in Bezug auf jene nur auf seine Reproductionen angewiesen, deren Treue in allem Wesentlichen freilich nicht zu bezweifeln ist. Seine Tafel 8 bringt das Wappen Herzog Albrechts V., 1413, zur Ansicht, welches ziemlich auffallend ist. Sein Schild ist getheilt und oben gespalten, wie Johanns IV., seines Vetters, aber der Stierkopf nimmt nicht den ihm zukommenden ersten Platz ein, sondern den zweiten, und jenes Stelle Schwerin, vielleicht, wie Herr Teske anzunehmen scheint, um den Stierkopf unmittelbar unter den Helm zu stellen. An den Schranken der h. Grabes=Kapelle in Doberan, deren im Verhältniß zu dem oberen Schnitzwerke spätere Entstehung Herr Teske in glücklicher Beobachtung feststellt, findet sich, Tafel 9 a, ein ebenso auffallend verschränktes Wappen, nur daß hier den ersten Platz nicht Schwerin, sondern Rostock einnimmt; Herr Teske vindicirt auch diesen Schild glaubhaft Albrecht V. Den Helmschmuck anlangend, so hat Albrecht auf die früheren Secrete seines Großvaters zurückgegriffen und auf den Helm die mit Pfauenfedern besteckten Hörner von Rostock, jedoch ohne Grind, gesetzt und dazwischen den Kamm

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angeordnet, welcher in der Längenachse des Helms zu denken ist, und aus dem der halbe gekrönte Stierkopf, merkwürdiger Weise nicht auf einem Schilde, sondern frei hervorragt.

Johanns IV. älterer Sohn, Herzog Heinrich IV., der Dicke, begnügte sich nicht mit dem Wappen seines jüngeren Bruders Johann V., Tafel 8 B, der einfach den Stierkopf und auf dem gekrönten (!) Stechhelme das Zimier Heinrichs des Löwen, jedoch den halben Stierkopf frei und nicht auf einen Schild gelegt, führte, sondern vereinigte in seinem großen Siegel zu einer Gruppe die Einzelschilde von Meklenburg, Rostock und Schwerin, die, hier zuerst von Schildhaltern, nämlich einem Greifen und einem gekrönten Stiere, gestützt werden. Der Helm, ein gleichfalls erst jetzt erscheinender Spangen= oder Rosthelm, trägt den alten Kamm mit dem aus demselben hervorragenden halben Stierkopfe - hier aber auf einem Schilde - hinter dem ein Pfauenfederbusch sich erhebt, den Herr Teske jedoch in einen Wedel verwandeln zu sollen geglaubt hat, Tafel 9. Das wichtig gemalte Wappen in dem Fenster zu Dargun, 1474/9, zeigt die drei Schilde verschränkt, und so braucht es auch Herzog Heinrichs jüngster Sohn Balthasar.

Von der Linie Werle theilt Herr Teske ein Wappen nach einem Siegel von 1418, ein zweites nach einem von 1436 auf Tafel 9 mit. Jenes zeigt auf einem seitwärts gekehrten Stechhelme vor einem Pfauenfederbusche den halben gekrönten Stierkopf freiliegend, das andere auf vorwärts gewendetem Helme die alten Werleschen Federräder. Die Herren von Werle oder zu Wenden starben aber, wie erinnert, mit dem Fürsten Wilhelm 1436 aus, und fiel deren Land demzufolge an Herzog Heinrich den Dicken und seinen Bruder, Johann V., (gestorben 1442/3), ohne daß dies jedoch zu einer Aufnahme des Schildes von Werle oder Wenden geführt hätte, was sich naheliegend dadurch erklärt, daß letzterer dem meklenburgischen, wenn auch nicht gleich, so doch äußerst ähnlich war, und ebensowenig wurde Heinrichs Wappen beeinflußt durch den Anfall des Landes zu Stargard im Jahre 1471 (durch welchen das ganze Land in einer Hand vereinigt wurde), denn das Stargardische Haus, welches keinen Antheil an Schwerin hatte, führte nur den meklenburgischen Schild.

Herzog Heinrich starb 1477. Seine Söhne Albrecht VI. (gestorben 1483), Magnus II. und Balthasar, der geistlich und Administrator des Bisthums Schwerin war, aber 1479 dies Amt niederlegte und weltlich wurde und demnächst das Land mitregierte, haben sich zunächst eines kleinen Siegels bedient, welches wie auf dem väterlichen Siegel die drei alten hergebrachten Schilde enthält, die Herzog Balthasar

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aber in der Folge wieder zu einem Schilde zusammenfügte. Dann aber, nachweisbar zuerst 1483, nach Herzog Albrechts Tode, erscheinen die Schilde von vier Feldern mit einem Mittelschilde und 1489 ein großes Siegel mit eben dem Wappen, bedeckt von einem seitlich gestellten Spangenhelme, welcher einen Pfauenspiegel über dem Kamme trägt, auf den ein halber gekrönter Stierkopf rechtshin (!) gelegt ist. Im ersten Felde des Schildes zeigt sich der meklenburgische Stierkopf, im zweiten der Greif des Landes Rostock, im dritten, rothen, ein nackter, mit einer Binde (dwele) umschlungener linker Arm, der einen Ring hält, und im vierten der Stierkopf der Linie Werle, während der Mittelschild die Grafschaft Schwerin repräsentiert, eine Wappenvereinigung, welche zwar nicht rationell ist, die aber Herr Teske mit Recht durch Rücksicht auf figürliche und farbliche Wirkung erklärt.

Ueber dies fünffeldige Wappen, welche unsere Landesfürsten bis 1658 von nun an führten, handelt Herr Teske im 9. Abschnitte und bespricht zunächst das dritte Feld mit dem ringhaltenden Arme, welches seit lange das Kreuz der Heraldiker gewesen ist. Daß der Arm das Land Stargard repräsentiert, ist ja zweifellos und die Frage vielmehr die, ob dies Wappenbild dem Siegel der Stadt Fürstenberg entnommen sei, oder ob diese Stadt ihr Wappen dem landesherrlichen entlehnt habe. Herr Teske vertritt die, meines Wissens zunächst von Lisch 1 ) ausgestellte erstere Annahme und verwirft die ältere Ansicht, nach welcher die Erwerbung des Landes Stargard vermittelst Heirath durch den ringhaltenden Arm symbolisiert sein soll. Herr Teske ist der gewiß richtigen Ansicht, Seite 15, daß die Beherrscher eines Landes oder Volksstammes sich nicht nach einem Sinnbilde dieses bei ihren Wappen gerichtet hätten, sondern daß vielmehr das Umgekehrte der Fall gewesen sei, und wenn dem so ist, so ist es, auch wenn man die veränderten Seiten in Anschlag bringt, nicht wahrscheinlich, daß die Herzoge von der Stadt Fürstenberg das Wappen des Landes Stargard entnommen haben sollten, da dieser doch ein minder bedeutender Ort war und zudem von Hause aus gar nicht zum Lande Stargard gehörte, wie Herr Teske auch bemerkt. Dies tritt auch in den zunächst frappierenden, von Lisch mitgetheilten Urkunden von 1405, 1408 und 1475 zu Tage, in denen die Ausstellenden sich nicht bloß Grafen zu Fürstenberg, sondern auch Herren zu Stargard nennen, so daß sie sich offenbar dessen bewußt waren, daß die Grafschaft Fürstenberg etwas Besonderes sei und nicht ein Theil der Herrschaft Stargard. Ein Anderes wäre es, wenn der ringhaltende Arm als Fürstenbergisches Wappenbild vor 1483


1) Jahrb. XXV, S. 93 ff.
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nachweisbar wäre, aber es hat sich kein älterer Abdruck eines Siegels der Stadt Fürstenberg erhalten als von 1568, und da könnte doch leicht derselbe Wechsel stattgefunden haben wie bei Grabow, welches ein nichtssagendes Bild an die Stelle des Ritters S. Jürgen setzte, oder bei Stavenhagen, wo ein Stierkopf an Stelle des Pommerschen Greifen trat. Endgültig ist die Frage nur zu entscheiden, wenn sich ein mittelalterliches Siegel der Stadt Fürstenberg finden sollte, wozu freilich wohl kaum Hoffnung ist.

Herzog Magnus starb 1503, Balthasar 1507. Die von ihnen höchst wahrscheinlich gestiftete Tafel des Hochaltars im Dome zu Güstrow zeigt in dem am Fuße des Kreuzes angebrachten herzoglichen Wappen die ersten deutlichen Spuren des Verfalls des Stils, das Eindringen einer willkürlichen, weder an die Ueberlieferung, noch an die Wirklichkeit sich bindenden Formengebung und Ornamentik; der Schild ist beiderseits symmetrisch geschweift, sein oberer Rand ein flacher Kreisbogen und, während der Helm den Kamm trägt, auf welchem vor einem Pfauenbusche der halbe Stierkopf liegt, ist er doch nicht seitlich, sondern vorwärts gerichtet. Endlich hat hier, wie Herr Teske Seite 88 angiebt, der Stierkopf zuerst den Nasenring, welcher demnächst auf Siegeln Herzog Albrechts VII. von 1509 (Seite 55) und 1519, Tafel 12, erscheint und, bald silbern, bald golden, bis 1857 constant geblieben ist. Seit 1516 (!), auf Marschalks Holzschnitt, wird das Halsfell symmetrisch gestaltet, seit 1519 fängt man an den Stargardischen Arm zu bekleiden und 1526 zeigt sich zuerst der Stierkopf des Landes Wenden schräge gelegt und in seitlicher Ansicht, auch der Schwerinsche Schild von Gold und Roth getheilt statt von Roth und Gold. Vielleicht ist schon 1516 das Schirmbrett oder das "Pfahlwerk" auf dem meklenburgischen Helme in mehreren Farben und sind die Kronen der Stierköpfe roth tingiert worden, wenn beides auch erst durch ein 25 Jahre später hergestelltes Werk bezeugt wird, Tafel 12 c und Seite 90. Jedenfalls wird man einen ansehnlichen Posten von Rixners Schuldconto abschreiben müssen und ist es wohl nicht billig, wenn Herr Teske jenen als Betrüger bezeichnet. Die Fabeleien, welche Rixners Schrift enthält, übertreffen ja allerdings noch die Erfindungen Marschalks, aber es scheint doch, als wenn beide ebenso an ihre Phantasmen geglaubt haben, wie die Hexen des 16. und 17. Jahrhunderts an ihr Hexenthum. Gleichzeitig mit Rixner und möglicherweise ihm zuzuschreiben sind nur die weißen Hörner der Stierköpfe und die Verwechslung des Rostockischen und des Schwerinschen Helmes, insofern die Rostockischen Hörner nach Maßgabe des Schwerinschen Schildes, die Schwerinschen Flügel nach den Farben von Rostock tingiert wurden; daß sie überhaupt auf den

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Schild gesetzt wurden, wird einem Entschlusse der Herzoge zuzuschreiben sein 1 ).

Für die Folge ist zu bemerken, daß wie die Theilung des Schwerinschen Schildes von Gold und Roth statt von Roth und Gold, so auch die Uebereck=Theilung der Hörner von Gold und Roth die Oberhand gewann und anscheinend bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die herrschende wurde. Die alte Schild=Theilung von Roth und Gold drang aber im 18. Jahrhundert wieder durch, und wurden demgemäß auch, wie es scheint, die Hörner von Roth und Gold getheilt. So hat es auch noch Masch (M. W.=B.), und ist es auch geblieben bis 1857, wo man die Schildtheilung zwar beibehielt, auf den Hörnern aber die Tincturen umkehrte, da Lisch irrthümlich, wie Herr Teske durch seine Abbildungen nachweist, meinte, die Hörner seien so am häufigsten dargestellt. Die Tingierung der Flügel ist abgesehen von Tafel 17 D nur einmal, um 1540, Tafel 13, abgeändert, wo sie sich von Gold und Blau getheilt zeigen.

Am Schlusse dieses Abschnittes folgen noch Mittheilungen über diverse Darstellungen des landesherrlichen Wappens, die jedoch mehr die Kunstgeschichte als die Heraldik angehen, ohne Zweifel aber recht willkommen sind.

Abschnitt 10 giebt die Geschichte der Wappenbilder für die Fürstenthümer, vordem Bisthümer, Schwerin und Ratzeburg, welche im Westfälischen Frieden Meklenburg zur Entschädigung zugesprochen worden waren. Daß die Herzoge nicht gewillt waren die alten Wappen dieser Bisthümer, welche ihnen als Fürstenthümer überwiesen waren, zu übernehmen, ist erklärlich genug. Herzog Adolf Friedrich hat schon, wie es scheint, auf die Einfügung zweier neuer Felder nebst entsprechenden Helmen in das landesherrliche Wappen gedacht, doch ist es bei seinen Lebzeiten nicht dazu gekommen. Sein Sohn und Nachfolger Herzog Christian Louis erörterte bald nach seinem Regierungsantritte diese Angelegenheit mit seinen Räthen, welche vorschlugen für Schwerin "einen außgestrecketen springenden Greiffen im blawen Felde, oben auffm Helm einen halben fliegenden Greiffen (wie Anthyrius)" und für Ratzeburg "ein gelbeß Creutz, auff den Ecken etwaß zerspalten nach Arth, wie eß der Johanniter=Orden gebrauchet, in rohtem Felde, oder dem Creutz ein Fürstenhutt und auff dem Helm 7 estandarden." Herzog Christian Louis war damit aber nicht zufrieden, sondern wollte noch zwei Felder haben, eins wegen Parchim und eines wegen Güstrow, womit er aber bei


1) Es ist zu bedauern, daß sie nicht auch den Werleschen, also vier Helme auf den Schild setzten, da dann eine Rectificierung des meklenburgischen Zimiers leichter gewesen wäre.
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seinem Vetter Gustaf Adolf glücklicher Weise keinen Anklang fand, so daß es bei jenen zwei Feldern mit den entsprechenden Helmen verblieb. Lisch hat schon darauf aufmerksam gemacht, Jahrbuch VIII, Seite 34, daß das für Schwerin bestimmte Wappen dem Rixnerschen Werke seinen Ursprung verdanke, wo auch die für Parchim und Güstrow beabsichtigten Wappen sich finden, aber es ist auffallend, daß bezüglich Schwerins in dem Aktenstücke, welches Herr Teske mittheilt, einem Berichte des Hofmarschalls Wackerbart, die untere Hälfte des Feldes nicht erwähnt wird, und der von Lisch, Jahrbuch XXV, Seite 102, angezogene Regierungsbeschluß besagt, der Greif solle auf einem viereckigen grünen Plan mit silberner Einfassung stehen, ohne Quertheilung des Schildes (!?), während doch wohl jenes Actenstück eben den Regierungsbeschluß enthält. Sicher ist, daß der "Plan", eine Doppelleiste, wie Herr Teske sagt, von vorneherein da ist, daß aber die weiße Einfassung, ohne welche die Farbenzusammenstellung abscheulich, erst allmählich sich entwickelt, wie Tafel 17 und die Siegelabbildungen zu Seite 68 klärlich ergeben. Das Kreuz für Ratzeburg haben die Räthe nicht motiviert. Wenn sie es als Johanniter=Kreuz bezeichnen, so haben sie nicht das von graden Linien begrenzte im Auge gehabt, sondern ein dem Ankerkreuze ähnliches. So findet es sich aber eigentlich nur auf Christian Louis' Siegeln. Schon Gustaf Adolf von Güstrow gestaltete es nach Art eines Pattenkreuzes und ließ die Krone darüber fort, tingirte es auch silbern statt golden. Diese Tingierung blieb bei Bestand und wenigstens bis in dies Jahrhundert auch die Form des Kreuzes, wo dasselbe ziemlich unheraldisch durch ein gewöhnliches Lateinisches Kreuz ersetzt wurde. Wenn Lisch a. a. O. sagt, das Kreuz solle das Kreuz Christi sein, so widerspricht dem die erste Form sowohl wie die zweite, und steht davon auch nichts in dem Wackerbartschen Berichte. Oder liegt der Angabe von Lisch noch ein anderes Aktenstück zu Grunde?

Abschnitt 11 handelt von den heraldischen Prunkstücken, Rang= und Würde=Zeichen in vier Kapiteln, deren erstes die Helmkrone, den Helmwulst, das Halskleinod und die Helmdecken bespricht. Eine Helmkrone zeigt sich zuerst 1380 oder 1392 bei Herzog Johann IV., welcher einen Stierkopf als Zimier führte - ebenso ist das Wappen im Codex Seffken (Tafel 7 a) dargestellt - und gleichzeitig bei Herzog Rudolf von Stargard, dessen Helmschmuck Hörner bilden (Tafel 7). Recht unpassend schließt auf dem Helm Herzog Heinrichs d. ä. von Stargard eine Krone den Kamm ein (Tafel 8). Seitdem dann die drei Helme, die um 1530 auf dem Schilde angeordnet wurden, alle Kronen erhalten hatten, sind solche bis auf die Gegenwart beibehalten.

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Mit dem 17. Jahrhundert erscheinen die nichtssagenden Halskleinode. Im Allgemeinen richteten sich die Farben der Helmdecke nach denjenigen des Zimiers; - doch ist dies keineswegs ohne Ausnahme - und sind, so weit der Codex Seffken ein Urtheil in dieser Hinsicht zuläßt, namentlich in allen den Fällen, wo Thierköpfe oder Rümpfe von anderer Tinktur, als derjenigen des Schildes, das Zimier bildeten, die Helmdecken in den Farben jener gehalten, ja es finden sich, wenn man auf die Zürcher Wappenrolle in dieser Hinsicht sich verlassen darf, welche die Helmdecken nur andeutet, viele Fälle, wo letztere Tincturen zeigen, die sonst im Wappen gar nicht vorkommen, z. B. 11, 15, 28, 31, 51, 59, 60 u.s.w. Der offenbar höchst zuverlässige Codex Gelre hat die Helmdecken im Anschluß an den Kamm gelb und roth (mit Weiß bordiert) und mit ihm stimmt das Donaueschinger Wappenbuch, während sie im Codex Seffken im Einklange mit Grünenbergs Wappenbuch nach den Schildfarben schwarz=gelb gegeben sind. Vielleicht hat man sich in der Wahl der Farben eben so wenig an das Herkommen gebunden, wie bezüglich der Helmzierden. Herr Teske hat überall Schwarz und Gold für die Helmdecken gewählt, wogegen sich nichts einwenden läßt, und nur bei dem Wappen Herzog Heinrichs III., Tafel 7, eine Ausnahme gemacht, deren Berechtigung nicht in die Augen springt. In den Darguner Fenstern erscheinen dann die Helmdecken in den sämmtlichen Farben des Schildes: (Schwarz), Gold, Blau und Roth, welche auch festgehalten wurden, als man drei Helme auf den Schild von fünf Feldern setzte.

Das zweite Kapitel dieses Abschnittes behandelt die Schildhalter. Die Mittheilungen über diese, welche Herr Teske bringt, bestätigen die allerdings nicht unbekannte Thatsache, daß deren Wahl einzig dem persönlichen Ermessen anheim lag. Die ersten Schildhalter, welche in unserem Fürstenhause begegnen, finden sich, wie bereits angegeben, auf dem großen Siegel Herzog Heinrichs des Dicken im Jahre 1452 und bestehen in einem gekrönten Stiere und einem Greifen. Herzog Magnus, sein Sohn, wählte zwei Engel und dessen Bruder Balthasar zwei Greifen, die auch Herzog Johann Albrecht I. beliebte (Fürstenhof zu Wismar), während für vier von ihm gestiftete Epitaphien im Dome zu Schwerin Schildhalter gewählt sind, welche diejenigen, denen sie gewidmet sind, charakterisieren sollen. Herzog Ulrich bevorzugt dann wiederum Stier und Greifen, wie das wenig erfreuliche Wappen von Cromeney, Nr. 211, beweist. Herzog Christian Louis wählte bald Löwen, bald Stier und Greif, Engel oder Putten, welch letztere auch auf Herzog Adolf Friedrichs II. Siegel sich finden, während Engel auch noch von Karl Leopold gebraucht wurden, doch haben von Friedrich Wilhelm I. an alle

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Herzoge einen (ungekrönten) Stier und einen Greifen vorgezogen, für die Stempelschneider, Maler u.s.w. eine ebenso schwierige, wie in der Regel übel genug gelöste Aufgabe.

Zu Kapitel 3, welches von den Rangkronen handelt, möchte ich nur bemerken, daß es mir näher zu liegen scheint die Krone in Nr. 179 und 212 als Huldigungen des Gemahls anzusprechen (Spr. Sal. 12,4), denn als Rangkrone. Abgesehen von der Krone auf dem Wappen der Königin von Dänemark, Tafel 15, dürfte die erste Rangkrone in unserem landesherrlichen Hause die auf einem Siegel des Herzogs Christian Louis von 1650 sein; wenig später erscheint sie auf Siegeln seiner Brüder Gustaf, Rudolf und Friedrich, jedesmal als Reifen, der mit Blättern besetzt ist, als Herzogskrone. Später fügte der Erstgenannte noch Bügel hinzu und Futter; sowie er auch einen Mantel einführte. Er sowohl wie Herzog Gustaf Adolf setzten die Helme in verschiedenen Siegeln auf die Krone, auch die Herzoge Adolf Friedrich II. und III., dann aber enthielt man sich ihrer, und erst 1815 erscheinen sie wieder im Strelitzschen Hause (Tafel 20, D). Dagegen wurde der Mantel seit Annahme der großherzoglichen Würde Seitens unseres Fürstenhauses beliebt und seit 1840 erscheint dieser ebenso wie der Schild mit der Krone bedeckt.

Das vierte Kapitel handelt von Würdezeichen, Orden: Herzog Christian Louis ist der erste, welcher letztere seinem Wappen beigegeben hat.

Abschnitt 12 ist überschrieben: Das Wappen des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg in der Gegenwart. Während im Mittelalter die Wappen nach wirklichen Vorbildern, mindestens aber nach Siegeln u.s.w., denen solche zu Grunde lagen, hergestellt wurden, gestatteten sich seit dem ersten Viertel des sechszehnten Jahrhunderts die Künstler und Kunsthandwerker allerlei vermeintliche Verbesserungen und Verschönerungen, welche von den Auftraggebern übersehen oder, da auch sie in die Zeitströmung hineingerissen waren, gebilligt wurden. Nicht anders die Herzoge, die kaum sich um die Einzelnheiten gekümmert und vielmehr nur auf die Darstellung des Wappens in seiner Totalität ihr Auge gerichtet haben werden. So mußten Abweichungen und selbst Fehler in das landesherrliche Wappen eindringen, in welchem alle Perioden, Renaissance, Barock u.s.w. ihre Spuren hinterließen, ihre Ballhornisierungen verübten, die zum Theil und zum größeren Theile mit einer gewissen Pietät bis auf die neuere Zeit beibehalten sind. Die Zeit war noch nicht da, die Heraldik kritisch zu behandeln und künstlerisch wieder zu verwerthen. Erst der Bau des Schlosses zu Schwerin, in welchem, und zwar im Thronsaale, das Großherzogliche Wappen angebracht werden sollte, gab Anlaß, daß Lisch, welcher Einzelnheiten bereits früher behandelt hatte,

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mit einer Untersuchung und Feststellung desselben beauftragt wurde. Ob bezüglich der Revision etwaige Direktiven ergangen sind, welche die wünschenswerthen, beziehentlich nothwendigen Emendationen einschränkten, oder ob die Vorschläge zu solchen nicht allenthalben die Allerhöchste Billigung fanden, oder ob Lisch die Grenzen selbst sich enger gesteckt hat, ist nicht bekannt, und sicher allein, daß eine Richtigstellung nur in allerbescheidenster Weise stattgefunden hat, Unrichtigkeiten konserviert und selbst neue hineingetragen sind. So aber zurecht gemacht ist das Großherzogliche Wappen 1857 authenticiert und auch 1871 von S. K. H. dem Großherzoge von Strelitz acceptiert worden. Darstellungen giebt Herr Teske auf Tafel 21. Dann hat S. K. H. Großherzog Friedrich Franz III. 1884 eine neue Revision durch Wigger angeordnet, welche ein ziemlich gleiches Resultat hatte. Nach dieser Revision hat Herr Doepler jun. die Wappen, ein Staats= und ein persönliches Wappen, prachtvoll künstlerisch dargestellt, wie Herr Teske sie auf Tafel 22 und 23 zeigt.

Hieran schließen sich Erläuterungen zu den Tafeln, welche durch einen Ueberblick über den Einfluß der verschiedenen Stilrichtungen auf die Formierung der Wappen eingeleitet werden und Auskunft geben, welche Siegel oder sonstige Monumente den einzelnen Darstellungen zu Grunde liegen. Daß Herr Teske, wie man erfährt, bei dem unverhofften Anwachsen des Materials sich veranlaßt gefunden hat, die hervorragendsten heraldischen Kunstdenkmäler in genauester Abbildung einzuschalten, dazu kann man ihn nur beglückwünschen.

Nur einige dieser Erläuterungen geben zu Bemerkungen Anlaß. Das der Mitte des 14. Jahrhunderts angehörige Wappenbuch Gelre hat, wie oben bereits angegeben, die Helmdecken des meklenburgischen Wappens gelb mit einem weiß bordirten rothen Querstreifen in Uebereinstimmung mit der Tingierung des Kammes. Herr Teske vermuthet, wie ebenfalls oben schon bemerkt, daß letztere übernommen sei aus den Farben des gräflich Schwerinschen Schildes, die Darstellung also nach 1358 anzusetzen sei, und mag darin immerhin Recht haben, was sich allerdings nicht entscheiden läßt. Wenn derselbe aber ferner meint, der Streifen sei möglicher Weise der Fahne Herzog Heinrichs des Löwen im Schweriner Stadtsiegel entnommen, so scheint dies doch zu weit hergeholt und steht auch einigermaßen in Widerspruch mit dem, was er der Vermuthung Wiggers bezüglich der Aufnahme des Stierkopfes durch Nicolaus von Gadebusch mit Recht entgegensetzt.

Bezüglich der gestickten leinenen Decke des Claren=Klosters zu Ribnitz hat Herr Teske eine überaus schöne Entdeckung gemacht, indem er, was einem Lisch nicht gelang noch auch anderen, welche nach diesem das Räthsel zu lösen versuchten, ermittelte, auf welche Personen

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die auf besagter Decke befindlichen Wappen zu deuten seien, so daß sich nunmehr die Zeit der Anfertigung der Stickerei ziemlich genau bestimmen läßt; Herr Teske ist geneigt, dieselbe in das Jahr 1376 zu setzen. Lischs Beschreibung der Decke 1 ) ist, wie Herr Teske bemerkt, nicht accurat genug, da letztere offenbar aus zwei verschiedenen Stücken zusammengesetzt sei. Um aber ein Urtheil über die ursprüngliche Bedeutung der Decke zu gewinnen, dazu reicht dasjenige, was Herr Teske angiebt, auch nicht hin, doch glaube ich, daß sie wahrscheinlicher ein Vesperale als ein Dorsale war. 2 )

Die Vermuthung, daß die Bilder in der Sakristei (oder Kapitelhaus) zu Schwerin, S. 85, in innerem Zusammenhange mit denen der h. Bluts=Kapelle gestanden hätten, kann ich nicht theilen und bemerke nach bester Quelle, daß die Figur zur Rechten der Muttergottes dort so beschädigt war, daß es unmöglich war zu erkennen, ob dieselbe einen Mann oder ein Weib darstellen solle; Lisch entschied für das weibliche Geschlecht.

Sehr angenehm und schätzenswerth ist die Beigabe der Stammbäume unseres Fürstenhauses und der Grafen zu Schwerin, beide nach Wigger, mit den Angaben der bezüglichen Wappen.

Herr Teske hat durch seine Arbeit nicht bloß hoffentlich die Zufriedenheit seines Allerhöchsten Auftraggebers erworben, sondern auch um die Heraldik, die ein Franzose die Algebra der Geschichte genannt hat, im Allgemeinen, sowie um die vaterländische Kulturgeschichte im Besondern sich verdient gemacht. Das Werk läßt weitere Forschungen, allgemeiner Art wenigstens, auf lange Zeit hinaus überflüssig scheinen, und deswegen, und weil der unvermeidlich hohe Preis Wenigen es ermöglichen wird, sich in den Besitz desselben zu setzen, habe ich geglaubt, eingehend darüber hier berichten und eine Analyse des Buches geben zu sollen. Dadurch, und nicht etwa durch Uebermaß von Widerspruch und Ausstellungen, ist diese Anzeige zu einer auffälligen Länge gediehen. Die Freude an den schönen Abbildungen vermag ich freilich nicht zu übermitteln; solche ist nur durch eigene Anschauung zu gewinnen. Welche Mühe auf die Tafeln verwendet ist, wird man daraus ermessen, daß z. B. zur Herstellung des Titels nicht weniger als ungefähr 20 verschiedene und genau in einander passende Zeichnungen nöthig waren, die wiederum alle einzeln gedruckt werden mußten. Letztere Arbeit ist in der bekannten Starckeschen Anstalt auf das Vorzüglichste ausgeführt und der Buchdruck in der Bärensprungschen Officin tadellos hergestellt.

Vignette

1) Jahrb. XXVIII, S. 308.
2) Vergl. Bock, G. d. liturg. Gew. d. M.=U. Bonn 1871. Th. 3.