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4) Ansiedelung und Burgwall von Behren=Lübchin.
(Katalog=Nummer E 633 - 635.)

In dem sog. "großen See" bei Behren=Lübchin bei Gnoien, heute einem ausgedehnten Sumpfe, liegt, 1 1/4 Kilometer nordwestlich vom Hofe, eine wendische Ansiedelung, welche sehr an die eben besprochenen von Dummerstorf und Dudinghausen erinnert. Herr Bürgermeister Kossel in Tessin hat neuerdings die Stelle untersucht; über den früheren Bestand hat Herr E. W. Peters in Güstrow berichtet. Es ist eine Aufschüttung von runder Form von 125 □Meter Umfang etwa, an deren Rande sich ein Pfahlwerk von starken eichenen Balken von 2 bis 3 Meter Länge befindet, die unten verzahnt und mit Querbalken verbunden sind; sie scheinen zum Absteifen der Aufschüttung gedient zu haben; die Zwischenräume waren mit Reisig gefüllt; die Humusschicht betrug früher gegen 1 Meter. Die Oberfläche ist übersäet mit Abfällen, z. B. Haselnußschalen, Thierknochen und Scherben, von denen Herr Kossel eine Anzahl gütigst übersandt hat. Die Scherben haben alle denselben Charakter: feine Mischung, starken Brand, Drehscheibenarbeit, hellbraune oder graue Oberfläche. Der Rand ist leise ausgebogen, scharf abgestrichen und profilirt. Die überwiegende Verzierung ist die Hohlkehle in regelmäßigen Abständen. Einige haben Einkerbungen, einmal auf einer wulstartigen Erhöhung, eine eine einfache Wellenlinie, eine eine senkrechte Linie neben der Hohlkehle, eine gitterartig gestellte Linien. Es ist derselbe Charakter der jüngeren wendischen Keramik, wie ihn die Scherben von Dudinghausen zeigen und wie er uns unten bei dem Burgwall von Neu=Nieköhr und sonst begegnen wird. Daneben fanden sich ganz wie an den beiden andern Ansiedelungen auch einige bearbeitete Feuersteine.

Schon Ende der sechziger Jahre hat Herr E. W. Peters, damals in Behren=Lübchin, eine an dieser Stelle gefundene Figur aus Eichenholz eingesandt, die trotz ihrer Einfachheit als einzige in Meklenburg erhaltene wendische Schnitzerei wohl Beachtung verdient. Es ist ein eichener Balken von 1,50 Meter Länge und durchschnittlich 15 cm (vorn und hinten), resp. 12 cm (an den Seiten) breit. Nur der vordere Theil des Balkens ist zur Figur gestaltet, die Rückseite schneidet gerade ab. Deutlich bearbeitet ist nur das Gesicht und der Hals. Das erstere ist oval, spitz zugehend; Nase und Mund ist abgesplittert, die Ohren erhalten. Um den Hals läuft ein Wulst, vielleicht ein Halsring. In der Mitte des Körpers läuft eine vertiefte Rille herab, schwächer am oberen, stärker am unteren Theile, vielleicht zur Markirung der Arme und Beine; in der Gürtelgegend ist eine

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Erhöhung, deren Bedeutung nicht mehr erkennbar ist. - Die Figur scheint in der Erde gestanden zu haben und hat wohl den Pfosten einer Thür gebildet. Figurale Verzierung der Thürpfosten, speziell durch Götterbilder, ist ja eine weitverbreitete und besonders im germanischen Norden allbekannte Sitte. Freunden einer sacralen Ausdeutung unserer Alterthümer bleibt es also unbenommen, in dem Packbau von Lübchin eine Tempelstätte zu sehen und sich auf die Analogie der Fischerinsel bei Wustrow, die in ganz gleicher Weise durch eine Brücke mit dem Festlande verbunden war, zu berufen. Eine Verwandtschaft mit anderen wendischen Bildwerken, die man mit gutem Grunde als Götzenbilder ansieht, läßt sich wenig erkennen. Weigel, Bildwerke aus altslavischer Zeit S. 8, Figur 4, bildet eine Steinfigur aus West=Preußen ab, die ebenfalls einen starken Halswulst trägt; und ebendort findet sich Figur 19, S. 23, eine Holzfigur von gleicher Größe mit der unseren und ähnlicher Rohheit der Ausführung, die bei Alt=Friesack in unmittelbarer Nähe eines wendischen Burgwalls gefunden ist.

Zwischen der erwähnten Stelle und dem Hofe liegt eine Anhöhe in Form eines flachen Bogens, welche künstlich erhöht zu sein scheint, wahrscheinlich der Rest eines Burgwalls. Dieselbe ist theilweise abgegraben, und dabei sind in früheren Jahren Altsachen gefunden, u. a. auch Schädel und Gebeine.

Die schon vor Jahren von Herrn Peters eingesandten Scherben sind von derselben Art, wie die jetzt von der Stelle im Sumpfe stammenden, nämlich hart gebrannt und überwiegend mit Kehlstreifen verziert.

Daß beide Anlagen zusammengehören, wird auch dadurch bewiesen, daß eine Brücke zwischen ihnen bestand, wie eine regelmäßige Doppelreihe starker Pfähle zeigt. Die Entfernung der beiden Punkte beträgt etwa 600 Meter; die Anlage ist also ähnlich wie in Dummerstorf (s. oben S. 203) und bei der viel berufenen Fischerinsel bei Wustrow in der Tollense, dem Rethra von Beyer und seinen Nachfolgern, dem castrum Wustrow von Schildt (s. Jahrb. 52, S. 26). Leider ist an diesen beiden Stellen nur der eine Brückenkopf bekannt.