zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I.

Zur Topographie der Länder Schwaan und Laage.

Von

Oberlehrer Dr. Rudloff zu Schwerin.

~~~~~~~~~~~~~

G egenstand der folgenden Untersuchung ist derjenige Theil der Herrschaft Werle, welcher sich zwischen Warnow und Augraben=Recknitzthal ausbreitete und im Norden von der Herrschaft Rostock, im Süden vom Stiftslande Bützow und der Nebel begrenzt wurde. 1 )

Von den Kirchspielen dieses Gebietes hat immer Schwaan das meiste Interesse erregt, weil dasselbe am rechten Warnow=Ufer den Burgwall Werle und das Dorf Wiek mit umfaßt. Eine Pfarre in Schwaan bestand schon 1232 2 ), und den Bau der jetzigen Kirche schreibt Lisch 3 ) noch dem dreizehnten Jahrhundert zu. In Bezug auf die Filialverhältnisse ist noch eine Berichtigung nöthig, welche meines Wissens bisher nicht erfolgt ist. Nach einer Urkunde von 1249 (jetzt im U.=B. Nr. 622) nahm Lisch 4 ) an, daß Mistorf bei Werle in früherer Zeit Mutterkirche gewesen und erst später Filial von Schwaan geworden sei. Der in der Urkunde genannte Johannes plebanus de Mistisdorph, capellanus domini Burivini, befindet sich aber beim Bischof von Kamin zugleich mit anderen Geistlichen der Kaminer Diöcese; es ist daher an Mistorf im Lande Kalen zu denken, welches damals im Besitz der Rostocker Fürsten war. - Soweit die Nachrichten zurückreichen, war vielmehr Schwaan Mutterkirche für Dörfer


1) Meine Bemerkungen stützen sich zum großen Theil auf Hülfsmittel, deren Benutzung mir im Großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive gestattet wurde.
2) M. U.= B. Nr. 406. Pertolldus sacerdos in Sywan.
3) Jahrb. 6 b, S. 89.
4) Jahrb. 6, S. 96. Ein Burgkaplan des Namens in Kalen kommt häufiger vor (M. U.= B. Nr. 677, 684, 713).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auf beiden Warnowseiten. Am rechten Ufer wurden 1342 propter distantiam locorum etc. vom Schweriner Bischof Mistorf mit Wiek, Goldenitz und Rukieten als Filial abgezweigt und zugleich der Bau einer Kapelle gestattet. Schon vorher finden wir Goldenitze in parrochia Sywan (1336), und später wurde auch hier eine Kapelle gebaut, deren Verhältniß zu Schwaan eine Urkunde von 1360 ordnet. 1 ) Die Visitationsprotocolle (1552) nennen im öftlichen Theile des Kirchspiels außer den erwähnten Dörfern noch: Zeetz (auch schon in einem Heberegister von 1526), Wiendorf und Niendorf 2 ). - Ebenso wie Schwaan gehört auch Laage nur mit einem Theile seines Pfarrgebiets hierher, mit den westlich von der Recknitz gelegenen Ortschaften Kronskamp, Groß= und Klein=Lantow (so auch 1552).

An die Nordgrenze des Landes führt uns das im Osten vom Recknitzthal abgeschlossene Kirchspiel Cammin, wo in Uebereinstimmung mit den späteren, vollständigeren Angaben 1462 3 ) Weitendorf (Amts Gnoien) und Wohrenstorf, 1526 Kossow und Kätwin namhaft gemacht werden. Obwohl es an älteren Urkunden in dieser Gegend nicht fehlt, begegnet doch ein Pfarrer von Cammin nicht vor 1339 4 ). Indessen kann gegen ein höheres Alter der Kirche dies nicht geltend gemacht werden, da auch Geistliche von benachbarten Kirchspielen, zu denen Cammin damals gehört haben könnte, in den betreffenden Urkunden nicht genannt werden. Das westlich sich anschließende Kavelstorf erscheint ebenfalls als Pfarre erst 1334 5 ), während der Umfang des Kirchspiels bis 1365 garnicht nachgewiesen wird (später 1526 durch Dummerstorf und Scharstorf, 1552 durch die meisten übrigen Dörfer). Trotzdem aber bestand hier schon in sehr früher Zeit die Kirche, deren Chor (mit deutlichen Merkmalen des romanischen Stils) Lisch für das älteste Gebäude der ganzen Gegend hielt. 6 )

Ebenfalls als altes Bauwerk giebt sich die Kirche in Lüssow zu erkennen, für welche übrigens schon 1226 ein Geistlicher erwähnt wird. 7 ) Wegen der dazu gehörigen Dörfer vermag ich auch hier nur auf die Visitationsprotocolle zu verweisen, welche von der heutigen Anordnung keine Abweichung zeigen. Die Ortschaften aber, welche


1) M. U.=B. Nr. 6252. - 5660. 8740.
2) Auf dem linken Warnow=Ufer 1552: Letschow, Bandow, Vorbeck, Gr.= und Kl.=Grenz und Bröbberow. Aeltere Zeugnisse für Verbeke (M. U.=B. Nr. 8420) und Bröbberow (in einem der letzten Bände bes U.=B.).
3) Jahrb. 9, S. 477 (Nr. 16).
4) M. U.=B. Nr. 5958. Marquardus de Buren plebanus in Cammyn.
5) M. U.=B. Nr. 5511. dominus Johannes plebanus in Caboldestorp.
6) Jahrb. 31, S. 75.
7) M. U.=B. Nr. 323. Godefridus sacerdos de Lussowe. - Ueber die Kirche Jahrb. 6b, S. 87, ausführlicher 35, S. 201 f.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

außerhalb unseres Gebietes im Süden an das Kirchspiel grenzen, erscheinen, sobald sie in den Urkunden vorkommen, im Besitz des Bischofs von Schwerin: Wolken und Zeppelin (Kirchspiel Bützow) 1178 und 1246, Gülzow (Kirchspiel Parum) und Parum 1333 1 ). Von den Feldmarken der beiden letzteren wird das Pfarrgebiet von Lüssow durch die Nebel getrennt, welche weiterhin auch die Grenze bildete zwischen der Alt= und Neustadt Güstrow. Zu der Kirche von antiquum Gustrowe am nördlichen Ufer, welche im Schweriner Sprengel lag 2 ), wird das Dorf Suckow (jetzt zur Pfarrkirche Güstrow) gehört haben; am anderen Ufer war der Dom in der Neustadt zwar 1229 noch vom Schweriner, aber 1235 schon vom Kaminer Bischof abhängig. 3 )

Genau an der Ostgrenze der Kirchspiele Alt=Güstrow und Lüssow fließt der Augraben, den wir weiter aufwärts auch noch für die Pfarre Kritzkow als kirchliche Grenze betrachten können. In derselben finden wir 1552 nur angeführt: Kuhs, Zehlendorf (auch schon 1526) und Dudinghausen, aber nicht Weitendorf (Amts Güstrow). Dagegen heißt es bei der Pfarre Hohen=Sprenz, nachdem Klein=Sprenz, Sabel, Kankel, Dolgen, Striesdorf und Siemitz als Kirchspieldörfer aufgezählt sind: "Item zu Weitendorf hat er (der Pfarrer) eine Kapelle von den Vieregge," und zu dieser Kapelle gehörte auch Levekendorf, durch welches die Verbindung mit den übrigen Ortschaften der Kirche Hohen=Sprenz vermittelt wird. Beide Dörfer erreichen mit ihren Feldmarken die Recknitz, welche etwa vom gleichnamigen Orte an nach Norden abfließt, ohne von dem Thale des Augrabens, das sich zur Nebel hinabsenkt, durch eine bemerkbare Wasserscheide getrennt zu sein 4 ) Die Pfarre Weitendorf, welche bei ihrem geringen Umfange wohl niemals selbstständig gewesen war 5 ), wird 1603 (mit Levekendorf)


1) M. U.=B. Nr. 124, 583, 5472. (Ueber die Parumer Kirche verfügte der Bischof schon 1233, Nr. 420.)
2) Schon 1258 protestirte der Schweriner Bischof gegen die Zehntenerhebung von Seiten des Kaminer u. a. in Alt=Güstrow und Suckow (M. U.=B. Nr. 826), vergl. Wigger, Meklenburgische Annalen, S. 118, A. 10. - 1270 (M. U.=B. Nr. 1178) soll der Dekan der Bützower Kirche bannum ecclesiarum u. a. in Antiquum Ghustrowe haben, und 1346 (M. U.=B. Nr. 6701) wird die Kirche daselbst ausdrücklich zum Schweriner Sprengel gerechnet, ebenso wie die curia Sancti Georgii extra muros oppidi Gustrowe.
3) Vergl. Lisch, Jahrb. 12, S. 32. - M. U.=B. Nr. 368, 438. (Der Bischof von Kamin schenkte 1235 ecclesie in Gustrowe in nostra dyocesi plantate 60 Hufen.)
4) Boll, Meklenburgische Landeskunde, S. 258.
5) Dominus Jacobus de Weytendorp, 1334 unter den sacerdotes als Zeuge genannt (M. U.=B. Nr. 5511) ist, wie das Personenregister des U. B. gewiß mit Recht annimmt, nicht Pfarrer in Weitendorf, sondern ein Priester dieses Namens in Güstrow.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schon als Filial von Kritzkow genannt. Die Kirchen von Hohen=Spren, und Kritzkow finden wir 1270 zuerst erwähnt, und die Grenze der beiden Pfarrgebiete (zwischen Siemitz und Kritzkow) tritt 1342 hervor, wie auch schon 1335 Cymace in parrochia - Sprentze nachgewiesen wird 1 ) In baugeschichtlicher Beziehung steht mit der Kirche in Lüssow der Chor des Gotteshauses zu Hohen=Sprenz nach Lisch 2 ) auf ganz gleicher Stufe (Anfang des dreizehnten Jahrhunderts).


In politischer Hinsicht wird das Land, ohne mit einem Namen bezeichnet zu werden, in seiner ganzen Ausdehnung urkundlich erwähnt im Jahre 1294, als Nicolaus II. von Werle dem Fürsten von Rostock und der Stadt Rostock verpfändete totam terram nostram sitam infra fluvios Warnoviam ac Rekenitzam usque ad agros et metas seu terminos civitati Guzstrow pertinentes protendentem 3 ). Der Pfandbesitz äußert sich später nur einmal, indem Nicolaus von Rostock 1295 (1. Juni) einem Rostocker Bürger das Dorf Dolgen mit der Erlaubniß verlieh, es einer Kirche oder einem Kloster zu übertragen, worauf 1298 Nicolaus von Werle, ohne des Pfandverhältnisses zu gedenken, villam Dolghen, sitam inter duo fluenta Warnowe - et Rekeniz dem Kloster zum heiligen Kreuz in Rostock überließ. 4 ) Auf dieselbe Verpfändung deutet auch wohl noch die Urkunde hin (1301), in welcher Nicolaus II. den kurz vorher mit dem König Erich von Dänemark geschlossenen Frieden zu halten verspricht. 5 ) Diesem zufolge leistete der Fürfs zu Gunsten des Königs Verzicht auf munitio Sywan cum medietate totius terre que eidem ab antiquo adjacuerat, behält dagegen für sich terram - Werle in suis terminis, sicut fuisse dinoscitur, cum domino de Rozstoc inpignorata fuerat - excepio solummodo campo Sywan adjacente. Indem ich von der terra Werle vorläufig absehe, wende ich mich zu einer Besprechung der Vogteiverhältnisse, wie sie sich im Lande zwischen Warnow und Recknitz gestalteten.

Daß, wie nach den Friedensbestimmungen anzunehmen ist, das Land Schwaan sich ehemals auch am rechten Warnow=Ufer ausbreitete,


1) M. U.=B. Nr. 1178, 6259, 5577.
2) Jahrb. 6b, S. 87 und 35, S. 207 f.
3) M. U.=B. Nr. 2302.
4) Es darf daher aus der Urkunde vom 23. März 1295 (2329) nicht geschlossen werden, daß das Land damals schon wieder in Werleschem Besitz gewesen sei, wie Stichert meint (Nicolaus II. von Werle, Programm des Rostocker Gymnasiums, 1891, S. 25, A. 1).
5) M. U.=B. Nr. 2745, 2748.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bestätigt uns schon eine Urkunde Nicolaus II. von 1272. Dieser gestattet hier den Bewohnern des Dorfes Suckow pro munere speciali, daß sie (propter distantiam locorum) nicht wie bisher in Schwaan, sondern in Güstrow die judicia und den praeco aufsuchen und bezahlen dürfen. Die Verlegung von einer Vogtei zur anderen 1 ), welche hier als einzelne Ausnahme zugestanden wird und vielleicht auch für andere in der Nähe von Güstrow gelegene Dörfer vorgenommen wurde, sehen wir später, nach dem Verluste der Stadt Schwaan und des linken Warnow=Ufers, auf einem größeren Gebiete durchgeführt: Caboldestorp in dem lande to Guzstrowe 1347, Minor Sprenz 1365 und Nikesse 1359 in advocacia Guzstrowe 2 ); daß aber diese Umlegung nicht das ganze Gebiet bis zur Recknitz betraf, zeigt die Grenzlinie der Vogteien Güstrow und Laage, welche, soweit das vorliegende Material es gestattet, im Folgenden aufgesucht werden soll.

Da im Theilungsvertrage über die Werleschen Lande 3 ) (1316), in welchem die Namen Schwaan und Werle nicht mehr vorkommen, die Vogteien Güstrow und Laage verschiedenen Linien zugetheilt wurden, so können zur Grenzbestimmung zunächst die Verleihungs=Urkunden herangezogen werden.

Von den Dörfern der Pfarre Kavelstorf ist die Abhängigkeit von Güstrow nachzuweisen für das Kirchdorf selbst und Niex (s. oben), ferner für Damm, über welches 1353 Nicolaus III., und Klingendorf, über welches 1361 Lorenz von Werle=Güstrow Bestimmungen traf. 4 )

Aus dem Kirchspiel Hohen=Sprenz liegen unzweideutige Nachrichten vor über Kankel 1319 und die Mühle zu Klein=Sprens 1336, da die Urkunden über beide Ortschaften unzweifelhaft von dem älteren Johann (von Güstrow) herrühren; ebenso über Sabel und Groß=Sprenz, da in beiden Dörfern Nicolaus III. 1353 Eigenthum und Rechte verlieh. Ferner wurden von Johann dem Aelteren Einkünfte in Siemitz aufgelassen, welche er von seinen Vasallen daselbst gekauft hatte (1335). 5 )

Dagegen fehlt es für das Kirchspiel Kritzkow im U.=B. (bis 1365) an Angaben, welche für den politischen Connex desselben mit Sicherheit verwerthet werden können. 1342 erscheinen zwar die Herren Nicolaus und Bernhard (von Güstrow) als Lehnherren über 3 1/2 Hufen,


1) So faßt diesen Vorgang auch das Wort= und Sachregister des U.=B. auf.
2) M. U.= B. Nr. 1247. - 6779, 9399, 8653.
3) M. U.=B. Nr. 3860.
4) M. U.=B. Nr. 7710 Ausstellungsort Güstrow und die gewöhnlichen Zeugen Nicolaus III.). - 8926.
5) M. U.=B. Nr. 4054, 5715, 7710, 5577 (5624).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von welchen 1 1/2 zu Siemitz in der Pfarre Sprenz, 2 zum Kirchdorfe Kritzkow gehörten; aber wir erfahren nicht, zu welchem der beiden Pfarrgebiete der "Vrienhof" gehörte, dessen Feldmark um jene Hufen verkleinert oder mit deren Auftheilung ganz eingegangen war. An einer politischen Grenze wird indessen der Vrienhof auch damals nicht gelegen haben, 1 ) da später nach dem Erlöschen der Goldberger Linie Zehlendorf im Kirchspiel Kritzkow, welches noch weiter nach Osten hin sich erstreckt, vom Fürsten Lorenz verliehen wurde, 2 ) also im Güstrow'schen, nicht im Waren'schen Landestheile zu suchen ist.

Daß das Gebiet der Pfarre Lüssow in seiner ganzen Ausdehnung der Vogtei Güstrow zuzuweisen ist, zeigen die Urkunden der Fürsten Nicolaus und Bernhard über Besitzungen in Oettelin 1339, über Hufen in Goldewin 1341 und Hebungen aus Sarmstorf 1345; ferner des Fürsten Nicolaus III. über Schwiesow und die Mühle zu Lüssow 1353. 3 ) Endlich gehört noch hierher die Pfarre Alt=Güstrow mit dem schon 1272 zu Güstrow gezogenen Suckow.

An die zuletzt genannten Kirchspiele grenzt östlich vom Augraben das Pfarrgebiet von Recknitz. Daß dasselbe in der Herrschaft Werle=Goldberg lag, kann nicht zweifelhaft sein, da u. a. das castrum Rossevitz dazu gehörte und es 1365 heißt: Glasevitzhe - in advocacia Lawis (mit "Pruzsekendorpe" in eadem advocacia). 4 )

Schwierigkeiten bereitet hingegen derjenige Theil der Vogtei Laage, welcher zwischen Warnow und Recknitz sich mit dem Lande Güstrow berührte, da das Urkundenbuch über diese Gegend für die Zeit von 1316 - 1365 überaus dürftig ist. Dennoch reichen die wenigen Nachrichten wohl aus, um wahrscheinlich zu machen, daß die Grenze schon damals einen ähnlichen Verlauf nahm, wie wir ihn aus späteren Mittheilungen nachweisen können.

Da die Herren von Werle=Goldberg über drei Dörfer des Namens Weitendorf zu verfügen hatten, so entsteht die Frage,


1) M. U.=B. Nr. 6250. Vergl. 6260, wo bestimmt wird, daß die Besitzer des Kritzkower Antheils bei Brüchen, welche sich auf der Feldmark Kritzkow ereignen, nach Anzahl ihrer Hufen berücksichtigt werden sollen. - Man sollte erwarten, daß, wenn es sich um verschiedene Herrschaftsgebiete handelte, dies in den beiden (freilich nur ihrem Inhalte nach durch Clandrian überlieferten) Urkunden irgendwie zum Ausdruck kommen müßte.
2) Wigger, Jahrb. 50, S. 244.
3) M. U.=B. Nr. 6120, 5993, 6489. - 7710, 7704. - 1436 Strentze - an der vaghedie to Gustrowe (Lisch, Maltzansche Urkundensammlung, 3, S. 80).
4) M. U.=B. Nr. 9325. - Aeltester Nachweis der Kirche im Testamente des Johann Frise (1269), welcher unter seinen übrigen Zuwendungen für geistliche Stiftungen auch 4 solidos in Reckenitz giebt (M. U.=B. Nr. 1153). - Beschreibung der Kirche Jahrb. 13, S. 412 (Lisch).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welches derselben in der Urkunde gemeint ist, wo (1360) Nicolaus III. als Vormund Johannis domicelli de Werle (von Goldberg) zur Stiftung einer Vicarei dem Pastor und dem Bürgermeister in Laage außer 7 Hufen in Deutsch=Kobrow und einem dortigen Ackerstücke auch noch verleiht unam kotam in villa Weytendorp 1 ). Die Güter in Deutsch=Kobrow waren schon 1346 und 1356 vom Knappen Heinrich Schönfeld an dieselben Personen verkauft worden, und in der Folge bildeten die 7 Hufen das Heiligen Dreikönige=Lehen in der Kirche zu Laage, für welches auch jener geringfügige Besitz, den ich später 2 ) nicht besonders erwähnt finde, bestimmt gewesen sein mag. Am nächsten liegt es, an das jetzige Kirchdorf Weitendorf (bei Laage) zu denken, während der gleichnamige Ort bei Tessin schon weiter entfernt liegt und das Dorf im Amte Ivenack wohl kaum in Betracht kommen kann. Dazu kommt, daß das Werle=Goldberger Geschlecht der Nortman damals schon in Weitendorf bei Laage begütert war: Gherardus Nortman in Weytendorpe 1354, und zwar ist Joachim Nortman famulus (derselbe, welcher schon 1356 unter den Compromissores bei dem Knappen Schönfeld erscheint) Zeuge in der Urkunde von 1360 und wird als Gherardi Nortman filius bezeichnet 1365. 3 )

Es kann dagegen nicht eingewandt werden, daß 1358 Johan Zasse zu Lutken Weytendorpe 4 ) "vor seinem Lehnherrn gewesen und ihm aufgelassen sein gudt zu Weytendorpe und Zelendorpe" (Clandrian), so daß beide Dörfer zu einer Herrschaft (Werle=Güstrow) gehört hätten. Denn damals stand Johann IV. von Goldberg unter Vormundschaft seiner Vettern Nicolaus von Güstrow und Bernhard von Waren, und 1357 hatten sich diese beiden über die gemeinschaftliche Verwaltung der Länder ihres Vetters dahin geeinigt, daß "alle werlike leen in des kindes lande scole wy Clawes lenen, also wy dar vormunder to sin," und vom Lande Malchin heißt es einige Monate früher, daß "de man, borghere und lude yn deme lande ere lengud scolen untfan bynnen den jaren, dat juncher Henneke, unse veddern unmundych is, van deme eldesten - Clawese, unde deme scolen se ere plycht don." 5 )


1) M. U.=B. Nr. 8758.
2) Ueber die Schicksale dieses Lehnes s. Beyer, Geschichte der Stadt Laage. Jahrb. 52, S. 239 f.
3) M. U.=B. Nr. 8012, 9325.
4) M. U.=B. Nr. 8431. Weitendorf bei Laage bestand früher aus Groß= und Klein=Weitendorf.
5) M. U.=.B. Nr. 8404, 8310.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Innerhalb des Kirchspiels Hohen=Sprenz läßt sich über Weitendorf hinaus, welches 1552 dazu gerechnet wird, die Grenze nach den älteren Urkunden nicht mehr verfolgen. Denn wenn 1326 Johann der Jüngere vor Johann dem Aelteren (coram patruo nostro) über streitige Ansprüche auf Hölzung und Schweinemast in Dolgen entscheidet, so ist daraus für unsere Zwecke wohl nichts zu folgern. Auch daß Denekinus de Oldenstad famulus, welcher 1362 Zeuge bei Lorenz von Güstrow ist, bei einer anderen Gelegenheit mit dem Zusatze morans in Strisdorpe bezeichnet wird, erwähne ich nur. 1 ) - Ebensowenig erhalten wir über das Vogteiverhältniß der sich östlich anschließenden Dörfer des Kirchspiels Laage in der älteren Zeit Aufschlüsse. Dieselben können indessen hier wohl am ehesten entbehrt werden, zumal ein Bürger in Laage 1330 in der dortigen Kirche aus Einkünften in "grossen Lankow u. kleinen Lankow" (Groß= und Klein=Lantow) eine Vicarei stiftete, 2 ) was wenigstens dafür spricht, daß diese Dörfer in kirchlicher Beziehung schon damals zu Laage gehörten.

Im Gebiete der Pfarre Cammin finden wir seit etwa 1276 das Geschlecht der Koß mit Besitz in Kossow und Teschow. 3 ) Der hier angesessenen Familie wird Johannes Coz de Tessecowe (miles) angehört haben, welcher 1336 in Laage bei Ankauf des halben Dorfes Vippernitz durch das Kloster Dargun als Zeuge gegenwärtig war. 4 ) In den folgenden Jahren begegnen wir dem Ritter Johann Koß in der ständigen Umgebung der Herren Nicolaus und Bernhard, und zwar häufig als miles noster bezeichnet, 5 ) nie dagegen, soweit das Personenregister des U.=B. Auskunft giebt, bei den Goldberger Herrschern. Nach der Landestheilung innerhalb der Güstrower Linie (1347) kommt Johannes Koss miles noch zweimal vor, 1349 und 1358, aber nicht bei dem älteren Bruder, sondern bei dem jüngeren Bernhard von Waren, zu dessen Gebiet weder das Land Güstrow, noch die Vogtei Laage gehörte. 6 ) Falls wir es daher in allen diesen Urkunden


1) M. U.=B. Nr. 4698, 8988, 8443.
2) M. U.=B. Nr. 5109.
3) Cotzow und Teskow cum stagno inter villam Teskow et - Kemmyn - cum prato quod extendit se super rivulum Rekeniz (Zeugen Echehardus et Herderus de Kemmyn milites). M. U.=B. Nr. 1409.
4) M. U.=B. Nr. 5679. Für Teschow im Lande Kalen (Ortsregister des U.=B.) sehe ich keinen Anlaß. - Vgl. auch Koz Teskowe 1311 (M. U.=.B. Nr. 3463 und die Anmerkung). 1310 (M. U.=B. Nr. 3379) sind zwar die beiden Namen durch ein Satzzeichen getrennt, doch kann dies leicht auf einem Versehen des Abschreibers (15. Jahrhundert) beruhen.
5) So M. U.=B. Nr. 6040, 6042, 6229.
6) M. U.=B. Nr. 6991, 7033. - Uebrigens kommt Johann Koß (famulus und advocatus) schon 1333 (5470) Bei Johann dem Aelteren vor, welcher damals über die Pfarre Schlön (in der späteren Herrschaft Waren) Bestimmungen (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mit derselben Person zu thun haben, läßt sich annehmen, daß Johann Koß von Teschow in die Dienste der Güstrower Fürsten trat und im südlichen, später Warenschen Theil ihres Landes Besitzungen erwarb. Jedenfalls darf trotz des Beinamens Teschow (1336) aus dem Vasallenverhältniß zu den Güstrower Fürsten nicht auf den politischen Zusammenhang der Stammgüter des Geschlechtes geschlossen werden. - Andererseits begegnet 1353 Hinric Kosse in der Zeugenreihe der Goldberger Linie, aber wieder bei Bernhard von Waren der Knappe Tydeke Cozs 1 ). - Mehr Werth für Ortsbestimmung ist der Urkunde beizulegen, welche 1339 Johann der Jüngere in Goldberg über eine Verleihung an Parchimsche Bürger ausstellte presentibus - plebano in Theterowe, Marquardo de Buren in Cammyn et Johanne Rochowen in Borborleve notariis nostris. Ein Ort "Borborleve" ist bisher in Meklenburg nicht nachzuweisen. Aber die Kirche des plebanus in Cammin wird im Goldberger Landestheile zu suchen sein. Denn 1346 werden in Goldberg bei Johann von Werle, welcher das Dorf Pinnow der Stadt Laage verlieh, unter den Zeugen (nostri fideles et dilecti) zuerst die drei Pröpste von Dobbertin, Malchow und Ivenack angeführt, hierauf die ecclesiarum rectores, und zwar Marquardus in Gamyn neben den Pfarrern von Parchim, Laage, Stavenhagen, Belitz und dem Vicar von Recknitz. Da sämmtliche andere hier genannten Orte im Goldberger Lande lagen, wird man kaum umhin können, auch Cammin dort zu vermuthen. 2 )

Den spärlichen aus den Urkunden bis 1365 gewonnenen Andeutungen entsprechen nun aber durchaus die bestimmten Angaben aus der späteren Werleschen Zeit. Die Linie Goldberg erlosch mit Johann IV., welcher vor dem 14. December 1374 starb. Nach Wigger traten die Regierung seines Landes "zunächst" Lorenz und Johann V. von Güstrow und Bernhard von Waren gemeinsam an. 3 ) Nachher müssen aber bald genauere Bestimmungen getroffen sein.


(  ...  ) traf. - 1474 verkauften Hermann und Martin Koß auf Teschow die "wüste Feldmark zu Stieten" und ihren Hof Gaarz mit 8 1/2 Hufen (bei Waren). Jahrb. 16. S. 185.)
1) M. U.=B. Nr. 7771, 8869.
2) M. U. B. Nr. 5958, 6667. Nur für Belitz läßt es sich für diese Zeit noch nicht bestimmt behaupten, die Urkunde von 1334 (4621) reicht wohl nicht dazu aus. 1314 (3721) gehört tota parra Belitz noch zum Lande Kalen. Aber auch Jahmen wird 1314 als Burglehen von Kalen erwähnt und liegt doch 1349 (7010) in der voghedige to der Lawe. Hier finden wir später (1442 - 1496) auch Belitz mit einer ganzen Reihe anderer, früher gleichfalls zu Kalen gerechneter Dörfer.
3) Jahrb. 50, S. 250.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Da Johann V. von Güstrow nach 1377 nicht mehr vorkommt, hält Wigger (S. 245) den Fürsten Johann, welcher 1382 einen Vergleich mit dem Kloster Ivenack abschloß, für Johann VI. von Waren. Wie hiernach das Land Stavenhagen an Waren gekommen zu sein scheint, so wird auch die Vogtei Laage in den ausschließlichen Besitz der jüngeren Linie gelangt sein. 1 ) Denn in demselben Jahre verfügte Johann von Werle über den Roßdienst zu Rossewitz, Zapkendorf und Groß=Weitendorf 2 ); ferner verpfändete er 1383 höchstes Gericht und 1 1/2 Hufen zu Deperstorf (Dobistorp 1301) und 3 Hufen zu Weitendorf (wohl bei Cammin) an Henneke Moltke von Tessin. 1402 verkauften Claus und Christoph, Gebrüder zu Werle (Johanns VI. Söhne), an Claus Bassewitz alle Rechte in Lütten=Weitendorf 3 ) und Wohrenstorf, nachdem schon 1401 beide Fürsten an Curd Bützow "Wordelstorpe 4 ) und Plaweze (Plaatz, Kirchspiel Recknitz) in der Vogtei Lage" verpfändet hatten (Lehnacten).

Zur Ritterschaft "in deme lande tor Lawe" werden um 1425 gerechnet u. a.: Hermann und Clawes Cosse, Clawes und Vicke Nortmann, Hinrik Butzouwe. 5 )

Wir kommen zu dem Resultate, daß das Kirchspiel Cammin, soweit sich erkennen läßt, ganz, von Hohen=Sprenz wenigstens Weitendorf Bestandtheile der Vogtei Laage waren, ein Verhältniß, welches allem Anscheine nach zur Zeit der Landestheilung (1316) schon bestand.

Als nach dem Erlöschen des Werleschen Hauses (1436) die Länder desselben an Meklenburg fielen, blieben die Vogteien Güstrow imd Laage noch geraume Zeit hindurch neben einander bestehen. Für die Ausdehnung der letzteren unter meklenburgischer Herrschaft stehen verschiedene Quellen zu Gebote.

Einige Heberegister des Stiftes Schwerin (von 1535) zählen die Dörfer nach Vogteien geordnet auf. In einem derselben finden wir unter Laage folgende Ortschaften: Gr.=Wardow, Kl.=Wardow, Bresen, Gr.= und Kl.=Lantow, Gr.=Ridsenow, "der Hanen Güter zu Basedow": Kl.=Ridsenow, Wozeten, Kronskamp.


1) Nach Beyer (Jahrb. 52, S. 230) fiel Laage an Werle=Waren.
2) Weitendorf bei Laage gehörte seit Ende des 14. Jahrhunderts zum Nortmannschen, später Viereggeschen Lehen Rossewitz (M. U.=B., Anmerkung zu Nr. 4322).
3) Weitendorf bei Cammin war 1462 im Besitz der Bassewitz (Jahrb. 9, S. 477), wird daher hier trotz des Zusatzes "Lütten" gemeint sein.
4) Ueber den Namen s. Jahrb. 9, S. 219. Als Ortsnamen finde ich Wohrenstorf im U.=B. noch nicht genannt, aber 1280 Sifridus de Woroldestorpe (M. U.=B. Nr. 1552).
5) Maltzansche Urkundensammlung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein zweites Verzeichniß fügt noch Subsin hinzu. - Zur Vogtei Güstrow werden dagegen am linken Recknitz=Ufer angeführt: Damm, Cammin, Kankel, Siemitz, Kritzkow, Niendorf, Zeetz, Scharstorf 1 ), Dolgen; dazu Kossow, Kätwin, Weitendorf bei Cammin, Deperstorf, Zehlendorf.

Hiernach würde das ganze Land von der Warnow bis Recknitz und Augraben zu Güstrow gehört haben, mit Ausnahme der Dörfer des Kirchspiels Laage. Diese Angaben stehen aber nicht nur mit den älteren Nachrichten, sondern auch mit den von mir eingesehenen Roßdienstregistern in Widerspruch. In dem ältesten derselben ("Anschlag der Roßdienste im Lande zu Meklenburg, Wenden und Stargard wegen der Lübecker Händel errichtet 1506) 2 ) werden in der Vogtei Laage genannt die Besitzer von: Potrems (Johan Bülow), Zapkendorf, Gottin, Rensow, Wüstenfelde, Weitendorf (Friedrich Viereggen - nachgelaßene Wittewe), Teschow (Hermann und Achim Kosse), Cammin (Martin Kosse). - Zur Vogtei Güstrow finden wir angeführt u. a. die von Kl.=Sprenz, Oettelin, Karow, Zehlendorf und Dudinghausen. Die späteren Verzeichnisse (von 1521, 1535 und 1545) zeigen in den uns interessirenden Partieen keine wesentlichen Abweichungen. Derartige Register sind nun freilich für Ortsbestimmungen nicht ohne Weiteres zu verwerthen, da die in den einzelnen Vogteien genannten Vasallen außerhalb denselben ihren Wohnsitz haben konnten. In diesem Falle wird man indessen doch den Eindruck gewinnen, daß zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Vogtei Laage im Westen noch den alten Umfang hatte.

Der Ungewißheit hierüber machen übrigens die Bedenregister im Großherzoglichen Geheimen und Haupt =Archive ein Ende. Dieselben bestätigen und ergänzen die früheren Nachrichten und sind für die Topographie dieser Gegend von um so größerer Bedeutung, als sie bis zu den ersten Jahren der meklenburgischen Herrschaft zurückreichen. Das älteste der Verzeichnisse (1442) nennt "to der Lawe" u. a. folgende Dörfer: Striesdorf 3 ), Kätwin, Cammin, Weitendorf, Prangendorf, Kl.=Lantow.


1) Scharstorf kommt als Ortschaft in den älteren Urkunden nicht vor; aber 1309 (M. U. B. Nr. 3335, Anmerkung): Heyno de Scarstorp, Rostocker Bürger.
2) Dazu drei jüngere Copieen und ein wohl hierher gehöriges, auf Pergament geschriebenes Verzeichniß. - Das Register bei Klüver (Beschreibung des Herzogthums Meklenburg, I, S. 162 f.) ist kein Abdruck des datirten Originals. - Vergl. Beyer, Jahrb. 52, S. 214.
3) Auch im "Register der Hebungen zum Antheil des Herzogs Heinrich 1517 - 24" wird "Stritzstorp" zur Vogtei Laage gezählt, zu Güstrow u. a. Griebnitz (Kirchspiel Kavelstorf).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In einem zweiten Register (1445) kommen hinzu: "Dolghin" (Dolgen), Potrems, Teschow, Wohrenstorf, Deperstorf, "Borrentin".

1495 werden noch beigefügt: Levekendorf und Kossow. - Alle sonst noch erwähnten Ortschaften liegen weiter östlich (u. a. Recknitz, Spotendorf 1 ) und Glasewitz); westlich vom Augraben aber, in den Kirchspielen Alt=Güstrow, Lüssow und Kritzkow, werden keine mehr genannt.

Die Abweichung der geistlichen Verzeichnisse (1535) von den weltlichen kann so erklärt werden, daß im Laufe des 16. Jahrhunderts das Gebiet von Laage eingeschränkt, das von Güstrow hingegen erweitert ward, während die späteren Roßdienstregister (1535 und 1545) noch nach dem alten Schema weitergeführt wurden. Wenigstens müßten die Heberegister schon auf sehr alter Vorlage beruhen, um ihnen für die frühere Topographie einen Werth beimessen zu können.

Von etwaigen Verschiebungen der einzelnen Feldmarkscheiden abgesehen, war demnach die alte Grenzlinie folgende:

Im Süden kann wohl unbedenklich der Augraben als solche betrachtet werden; es lagen daher in der

Vogtei Güstrow
Feldmark Güstrow, Sukow, Sarm=
storf, Kuhs, Zehlendorf.
Vogtei Laage
Glasewitz, Spotendorf, Recknitz.

Dann folgt sie aber nicht der Recknitz, sondern verläuft in nordwestlicher Richtung bis in die Nähe des Sees von Hohen=Sprenz, indem Weitendorf 2 ) dem Gebiet von Laage, ein Theil von Zehlendorf, sowie Kritzkow und Dudinghausen noch dem von Güstrow zugewiesen werden. Von hier an lassen uns aber die kirchlichen Grenzen im Stich; innerhalb des Kirchspiels Hohen=Sprenz waren das Pfarrdorf selbst, Klein=Sprenz, Sabel und Kankel von jeher Bestandtheile des Güstrower Landes (früher Schwaan); dagegen standen Weitendorf und, wenn die Angaben des Bedenregisters schon für die ältere Zeit als gültig betrachtet werden dürfen, 3 ) nicht nur Levekendorf, sondern auch Striesdorf und Dolgen mit Laage in alter


1) Zwischen Korleput und Zapkendorf genannt, daher wohl Spotendorf im Kirchspiel Recknitz.
2) An dieser ehemaligen Grenze des Kirchspiels Hohen=Sprenz liegen auch die kleinen Feldmarken von Woland und Neu=Woland, früher als Weitendorfer und Levekendorfer Woland bezeichnet. - Ersteres (jetzt zu Dudinghausen) war früher Pertinenz von Weitendorf (s. Rabe, Meklenburgische Vaterlandskunde, I, S. 554) und ist vielleicht auf dessen Feldmark angelegt.
3) Anderenfalls stände zur Erwägung, ob das jetzige Kirchspiel Weitendorf, bevor es an Hohen=Sprenz kam, von einer anderen Pfarre (etwa Laage) abgetrennt wurde.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

politischer Verbindung 1 ); so daß das Pfarrgebiet entweder auf beide Vogteien seit dem Bestehen derselben vertheilt war, oder in seiner Zusammensetzung eine uns unbekannte Veränderung erlitten hat.

Kankel berührt sich schon zum Theil mit Klein=Potrems im Kirchspiel Cammin, welches weiterhin mit Kirchspiel Kavelstorf grenzt. Hier fehlen nur für die Grenzdörfer selbst Nachweise aus der Werleschen Zeit, während wir die meisten übrigen Dörfer zu beiden Seiten der kirchlichen Scheidelinie schon damals in verschiedenen politischen Gebieten finden. Wir sind daher wohl zu der Annahme berechtigt, daß die Grenze weiter ihren Verlauf nahm zwischen

Vogtei Güstrow
(Kirchspiel Kavelstorf)
Scharstorf, Prisannewitz, Dummer=
storf.
Vogtei Laage
(Kirchspiel Cammin)
Klein=Potrems, Groß=Potrems.

Prisannewitz wird von Groß=Potrems durch ein Moor und einen See getrennt. Die Dörfer beider Landestheile berühren sich am See von Dolgen 2 ); vom Hohen=Sprenzer See (majus stagnum Majoris Sprenz) scheint aber das jetzige Kirchspiel Weitendorf durch ein Stück der Feldmark von Dudinghusen geschieden zu sein. 3 ) An dieser Stelle muß das untergegangene "Dechow" gelegen haben, wenn die Nachricht auf Wahrheit beruht, daß mit diesem Namen ein Theil der Dudinghausener Feldmark zwischen dem Hofe, Striesdorf und Friedrichshof bezeichnet wurde. 4 )

Von sonstigen im Grenzgebiete untergegangenen Dörfern 5 ) würden in der Vogtei Laage Klein=Weitendorf und Borrentin zu suchen sein. An ersteres mag noch das "Lüttendorfer Holz" nördlich vom Hofe Weitendorf erinnern. Das Feld zu "Bartin" gehörte 1466 zu Levkendorf, dessen Bauern es in der Folge bewirthschafteten, und lag


1) Eine neuere Anlage ist hier nur Friedrichshof, von diesem abgesehen, läßt sich nach den Feldmarkscheiden der genannten Dörfer die ungefähre Grenze verfolgen.
2) Dies war auch in alter Zeit der Fall: 1298 verlieh Nicolaus von Werle Dolghen cum stagno adjacente; 1320 erhielt Lutmarus de Strisdorpe Antheil an der Ficherei in stagno Dolgen; 1326 erhob die relicta Howeschildes in Sabene Ansprüche auf die Fischerei daselbst. Wahrscheinlich berührte auch Kankel schon damals den See: nemora octo mansorum ville Kankel ab illa parte rivuli qui transit de stangno ville Dolghen ad aquas molendini in Sabene. M. U.=B. Nr. 2484, 4223, (3898), 4698, 5277.
3) Zwischen Dudinghausen und dessen Pertinenz Weitendorfer Woland finde ich keine Scheide angegeben. Der Staatskalender von 1792, der erste, welcher eine kirchliche Topographie enthält, giebt hier aber die Kirchspielgrenze.
4) Lisch, Jahrb. 13, S. 398 f., wo auch der Bericht von Ahrens und Thiem.
5) Vergl Schildt, Untergegangene Dörfer, Jahrb. 56, S. 204.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach Angabe von 1485 in der Vogtei Laage. 1574 war es noch wüst, wurde aber nachher wieder aufgebaut. 1630 wird es mit Kronskamp zusammen genannt (als dessen Hauptgut es 1708 erscheint), im Laufe des 18. Jahrhunderts ist es zum zweiten Male untergegangen. 1 ) (Lehnacten.) Vom Hofe Levekendorf in nordöstlicher Richtung, nach Kronskamp hin, liegt nach Schmettau (Brouillon) das "Borrentin=Holz", am Recknitz=Ufer südlich von Kronskamp die "Borrentin'sche Wisch". Dagegen müssen Groß=Sprenz (ehemals zwischen Hohen= und Klein=Sprenz), sowie die benachbarte Feldmark des untergegangenen Osterfelde zur Vogtei Güstrow gehört haben. 2 )

Hoffentlich gelingt es noch, die Grenze genauer und mit größerer Sicherheit festzustellen, als es hier geschehen konnte. In ein zweifelhafteres Gebiet führt uns die Frage, in welchem Verhältniß zu dem Districte zwischen Warnow und Recknitz das Land Werle stand. Dasselbe ist in den früheren Bänden der Jahrbücher 3 ) häufiger behandelt worden, ohne daß über seine Ausdehnung sich sichere Resultate gewinnen ließen. Ob das Land, wie Wigger annahm, ursprünglich auf das rechte Warnow=Ufer beschränkt war oder von vorneherein Landstriche auf beiden Seiten des Flusses umfaßte, kann hier unberücksichtigt bleiben. Jedenfalls muß wenigstens später der Name in letzterem Sinne gebraucht worden sein, da in einer Fälschung der Bewidmungsurkunde Heinrichs des Löwen (1171ß) dem Bisthum Schwerin verliehen wird castrum Werle dictum cum terra attinenti etiam Werle dicta ex utraque parte aque Warnowe. 4 ) Dies schließt nicht aus, daß die Bezeichnung doch vorzugsweise an dem Theile des Landes haftete, in welchem das alte castrum 5 ) lag, so auch in dem


1) Im Staatskalender 1792 noch "Barentin" im Ksp. Laage, nicht mehr 1793.
2) Nach Jahrb. 51, S. 184 lag bei Kritzkow das Dorf "Peryede".
3) Von Lisch, Jahrb. 6, S. 88 f., 8, S. 220 (wo noch Niendorp in terra Werle für Neuendorf bei Rostock oder Niendorf bei Viestow gehalten wird); ferner von Wigger im Leben Bernos, Jahrb. 28, S. 264 f., und Meklenburgische Annalen, S. 108, 117 b.
4) M. U.=B. Nr. 100 C, ebenso auch in der Bestätigungs=Urkunde Cölestins III., 1197 (162).
5) Beschreibung des Burgwalles 6, S. 88, von Lisch; 6 b, 6. 72, von Koch; 21, S. 59, von Lisch; Fundbericht außerdem 12, S. 415. - Nach Kirchberg c. 119 wurde die Burg Werle am Ende des 12. Jahrhunderts wieder aufgebaut (vergl. Jahrb. 6, S. 95). Nicolaus (I.) in Gustrow scribens titulum dominii sui de castro Werle (Doberaner Genealogie, Jahrb. 11, S. 14); de castro Werle primo (Parchimsche Genealogie ebd. S. 15); 1232 sacerdos in Sywan (s. o.); Boguphal (ca. 1250) nennt beide Orte neben einander: item castrum Verla - item Swanowo (Jahrb. 27, S. 128). - Jordanus miles de Werle bei Heinrich Borwin II. von Werle und Nicolaus von Meklenburg 1219 als Zeuge (M. U.=B. Nr. 258), wahrscheinlich derselbe, welcher (M. U.=B. Nr. 425 (1234?) als Jordanus de Gabene (nach M. U.=B. 4 B, (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rostocker Vertrage (1301) über die Schwaaner Friedensbestimmungen, welche das Werlesche Land am linken Fluß=Ufer von dem am rechten unterscheiden wollen. Zum letzten Male wird der Name 1302 von Nicolaus II. für den ihm verbliebenen Theil des Landes Schwaan angewandt: Nyendorp in terra nostra Werle (M. U.=B. Nr. 2831), um sodann als Benennung eines Bezirkes aus unseren Urkunden für immer zu verschwinden.

Wenn die von König Erich an Nicolaus II. zurückgegebene terra Werle sich mit dem 1294 verpfändeten Lande bis zur Recknitz völlig deckte, so liegt die Annahme nahe, daß auch das ehemalige Land Schwaan im Osten die Recknitz erreichte; es würde dann das Gebiet zwischen beiden Flüssen noch vor 1316 (Landestheilung) mit seinem nordöstlichen Theile der Vogtei Laage (wie mit seinem südwestlichen der Vogtei Güstrow) zugelegt sein, so daß die Grenze erst aus dieser Zeit datiren würde. Sollte aber nicht ebensogut die Auslegung zulässig sein, daß es sich in dem Rostocker Vertrage nur um einen Theil des 1294 dem Fürsten von Rostock überlassenen Gebietes handelte, so daß der Hinweis auf die Verpfändung nur den Zweck hatte, die zurückgegebene Hälfte des Landes Schwaan im Gegensatz zu dem an König Erich abgetretenen Theil deutlicher hervorzuheben? Es fällt auf, daß nicht schon 1294 statt der etwas umständlichen Beschreibung des Landes die Bezeichnung Werle gewählt wurde.

Die Vogtei Laage wird zuerst 1297 genannt: Vippernitz - in advocacia Lawis (M. U.=B. Nr. 2429), wird aber schon früher bestanden haben. Die Herrschaft der Pommerschen Herzöge läßt sich im Urkundenbuche über Polchow hinaus nicht nachweisen. Die Orte westlich davon bis zur Recknitz erscheinen, sobald ihr politischer Zusammenhang hervortritt, im Besitz der Herren von Werle: zuerst 1253 Vippernitz, bei dessen Verleihung durch Nicolaus II. Hartvicus plebanus de Lawe Zeuge ist. 1 ) Gelegentlich der Schilderung des durch den Werleschen Vatermord verursachten Krieges erzählt Kirchberg (c. 172), Heinrich von Meklenburg habe gewonnen zu der Lawe - hus und stad. Das zur Burg gehörige Gebiet müßte, falls es vom linken Recknitz=Ufer damals ganz ausgeschlossen war, ein Landstrich von zum Theil sehr geringer Breite gewesen sein. Denn östlich von Laage werden um 1314 schon Polchow und Jahmen zum Lande


(  ...  ) S. 338 zu verbessern in Saben, d. i. Sabel im Kirchspiel Hohen=Sprenz) vorkommt vergl. Jahrb. 32, S. 20). - Schwaan als Sitz einer Vogtei zuerst 1272 (M. U.=B. Nr. 1247).
1) M. U.=B. Nr. 223 (1216), 439 (1235). - 721. Die Kirche in Laage stammt nach Lisch aus der Mitte des 13. Jahrhunderts (Jahrb. 12, S. 463, vergl. 52, S. 216).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kalen gerechnet (letzteres 1235 zur Caminer Diöcese, 1255 zu Circipanien, dagegen Vippernitz 1288 zum Schweriner Sprengel). 1 ) Im Norden war das untergegangene Depzow 1302 in Werleschem Besitz und gehörte nach einer Urkunde von 1304 u. a. mit Vippernitz und Klein=Wardow zu einem Kirchspiel des Schweriner Bisthums; über das benachbarte Goritz hingegen wurde schon 1262 von Borwin von Rostock verfügt. 2 ) - Im Rostocker Vertrage wird unter den zu brechenden Festungen auch Dobistorp (Deperstorf) neben Law genannt, aber nicht in Zusammenhang mit den Bestimmungen über die terra Werle. Da ferner bei Laage die Recknitz keine Kirchspielgrenze bildet, möchte ich trotz der ungenügend erklärten terra Werle vorläufig für wahrscheinlich halten, daß der 1294 verpfändete District zwischen beiden Flüssen das halbe Land Schwaan (resp. Güstrow) und die halbe Vogtei Laage umfaßte.

Das Haus Werle war schon in früherer Zeit (nach Nicolaus I. Tode, im Mai 1277 und bis zu Heinrichs Ermordung, 8. October 1291) in mehreren Zweigen vertreten. Da indessen die Urkunden jener Zeit eine bestimmte Theilung nach verschiedenen Herrscherlinien in der uns interessirenden Gegend nicht klar genug erkennen lassen, so können von ihnen genügende Aufschlüsse über die damaligen Vogteigrenzen kaum erwartet werden. 3 )


1) M. U.=B. Nr. 758, 1983. Vergl. S. 9, A. 2.
2) M. U.=B. Nr. 2819, 2954, vergl. 6087. - 952. Ueber das im vorigen Jahrhundert untergegangene Depzow, Jahrb. 20, S. 279.
3) Für Orte in dem Gebiete der Vogtei Laage stellte während dieser Zeit der ältere Bruder Heinrich Urkunden aus, und zwar gemeinsam mit dem jüngeren Johann 1279 über Lewkendorf, nach Johanns Tode (1283) aber allein 1284 über Spotendorf (mit Einwilligung u. a. des Neffen Nicolaus), 1285 über Dolgen und 1287 für die Bewohner Majoris Wethendorpe (?) (M. U.=B. Nr. 1509, 1730, 1792, 1897). - Dagegen sehen wir in der späteren Vogtei Güstrow Fürsten von jeder der drei Linien mehrfach für sich allein thätig: 1) Nicolaus, den Sohn Johanns, für Schwiesow 1284: und Goldenitz 1285 (unter Mitbesiegelung von Seiten des Oheims Heinrich), ferner für Kuhs 1286 und 1291, wie er auch 1284 zweimal eine Urkunde in Sprenz ausstellte (M. U.=B. Nr. 1729, 1817, 1861, 2106. - 1780, 1781); 2) Bernhard, den dritten Bruder, für Prisannewitz 1282 (1612); 3) nach Bernhards Tode (10. October 1286) auch den älteren Heinrich 1287 zweimal über Niendorf bei Schwaan, mit Zustimmung aller Erben (1919, 1925). Endlich urkunden die drei Brüder gemeinsam über Groß=Sprenz 1278 und Sukow bei Güstrow 1281 (1466, 1571). - Dieser Thatbestand würde immerhin die Annahme offen lassen, daß zwar das Land am östlichen Warnow=Ufer (mit Werle) dem ganzen Fürstenhause gemeinsam blieb, das Gebiet von Laage hingegen zu dem besonderen Antheil Heinrichs gehörte. Vergl. indessen die von Koppmann gegen die Behauptung, daß schon in dieser Zeit eine Güstrower Linie bestanden habe, geltend gemachten Bedenken. Jahrb. 56, S. 223 f.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Um so weniger wage ich zu entscheiden, ob die nachgewiesene Scheidelnie mit Grenzverhältnissen schon der wendischen Zeit irgendwie in Zusammenhang stand. Doch mögen einige Thatsachen bemerkt werden, welche für die Beurtheilung dieser Angelegenheit zu berücksichtigen sind.

An drei Stellen des Grenzgebietes sind Erhöhungen (nicht Burgwälle) aufgefunden worden, welche sich als wendische Ansiedelungen characterisiren, ohne daß bisher der Zweck derselben genügend aufgeklärt wäre: zwei künstliche Aufschüttungen, die eine auf einem Moore von Dummerstorf zwischen den Höfen von Groß=Potrems und Prisannewitz, die andere im nördlichen Theile des Sees von Hohen=Sprenz; dazu kommt eine von den Wenden für ihre Zwecke benutzte künstliche Erhebung ähnlicher Art, die sogenannte "Dorfstelle" (mit zahlreichen Burgwallscherben) auf der Feldmark von Zehlendorf, ganz nahe dem Augraben, also hart an der Grenze. 1 ) Auch auf der Fischer=Insel bei Wustrow, an der Grenze des Tollenser Landes, wurden 1887 wendische Ueberreste ausgegraben, welche, nach der Beschreibung zu urtheilen, vielleicht einer Anlage ähnlicher Art entstammen. 2 ) Da anderswo, soweit mir bekannt ist, derartige Werke noch nicht näher beachtet sind, die bisher aufgefundenen aber alle an der Scheide ehemaliger Länder liegen, so muß es weiteren Nachforschungen überlassen bleiben, zu entscheiden, ob hier ein Zufall obwaltet, oder ob wir es in der That mit Vertheidigungsanstalten an wendischen Landesgrenzen zu thun haben.

Der sogenannte Burgwall von Dudinghausen in der Nähe des Sees von Hohen=Sprenz (nach Pastor Thiems Beschreibung in Jahrb. 13, S. 401) ist nach Ansicht des Herrn Dr. Beltz eine neuere, vielleicht erst aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges herrührende Umwallung. Eine "alte Burg" findet sich ferner auf dem Brouillon der Schmettauschen Karte südlich vom Hofe Dolgen.


Im Süden unseres Gebietes kann mit dem Stiftslande Bützow und dem alten Lande Güstrow nur die Vogtei Schwaan, nicht auch Laage, gegrenzt haben, da zu ersterer bis 1272 Sukow gerechnet wurde, dessen Feldmark im Osten den Augraben erreicht. Die Grenzen des alten Landes Werle, welches in Urbans III. Urkunde für das Bisthum Schwerin (1186) zugleich mit der auf beiden Seiten der


1) Nach mündlicher Mittheilung von Beltz. Vergl. Jahrb. 56, Quartalberichte October 1890 und April 1891.
2) Beltz. Quartalbericht October 1890, S. 5. - Beschreibung der Funde auf der Fischer=Insel von Brückner, Jahrb. 54, S. 162.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nebel und bis zum Lande Tribeden sich erstreckenden terra nova genannt wird, scheinen hier infolge der Vergrößerung des Stiftslandes Bützow verwischt zu sein 1 )

Im Norden war die Herrschaft Werle bis zum Aussterben des Werleschen Hauses dem Lande Rostock benachbart. Die in hinreichender Anzahl vorhandenen Verleihungs=Urkunden von beiden Seiten (bis 1436) genügen für eine vorläufige Feststellung der Grenzlinie. In demselben berührten sich die Feldmarken folgender Ortschaften:

Herrschaft Werle
Vogtei Laage
  Herrschaft Rostock
Vogtei Tessin
Wohrenstorf, Weitendorf, Prangendorf, Cammin (Forst Cammin), Teschow, Kossow, Groß=Potrems. Tessin, Klein=Tessin (Kirchspiel=Tessin), Horst und Vietow (Kirchspiel Sanitz),
Klammer Hohen=Gubkow, Neu=Kokendorf, Lieblingshof, Göldenitz, Schlage, Pankelow,
Vogtei Güstrow
Dummerstorf (mit Klein=Dummerstorf und Waldeck), Kavelstorf. Niex, Damm. Pankelow, Bandelstorf (Kirchspiel Petschow),
Beselin, Hohen=Schwaß (Kirchspiel Kessin).

Ueber die Kirche zu Kessin führen die Nachrichten weiter zurück als über fast alle anderen Kirchen dieser Gegend, da schon bei dem älteren Nicolaus von Rostock (1189?) Hinricus capellanus de Goderac erwähnt wird, wie auch die Bezeichnung des Dorfes als villa Sancti Godehardi 1171 in der echten Urkunde Heinrichs des Löwen für das Bisthum=Schwerin auf das Vorhandensein eines Gotteshauses schließen läßt. 2 ) (1219 ecclesia in Kizsin.) Von der Ausdehnung des Pfarrgebietes geben aber ältere Urkunden ebensowenig Kunde 3 ), wie von dem benachbarten Petschow. Dieses Dorf kommt erst seit 1327 vor, ein plebanus in Petzekowe zuerst 1347. 4 ) Dagegen erscheint die Pfarre von Sanitz, deren Kirche noch bedeutende


1) M. U.=B. Nr. 141. Vergl. den Erklärungsversuch von Wigger, Jahrb. 28, S. 210.
2) M. U.=B. Nr. 147, 100. Daß die villa Sancti Godehardi (früher Goderac genannt) nicht in Goorstorf (Lisch, Jahrb. 6, S. 70 f., und Schildt, Jahrb. 56, S. 202), sondern in Kessin zu suchen sei, scheint mir von Wigger (Jahrb. 28, S. 163, Anm.) überzeugend nachgewiesen zu sein.
3) 1526 u. a. Swervitze.
4) M. U.=B. Nr. 4857, 6769. - 1526 werden im Kirchspiel genannt: Bantmerstorp, Gudow, Sclawe, Kokendorp.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueberreste des romanischen Stils enthält, schon 1248, und als Dörfer derselben werden 1256 Dänschenburg, "Utessendorp", Freienholz und Wendisch=Reppelin, 1340 Teutendorf genannt. 1 ) Oestlich bis zur Recknitz erstreckt sich das Kirchspiel Tessin, dessen Existenz im Anfange des 14. Jahrhunderts bezeugt ist. 2 ) Mögen daher die Pfarren von Petschow und Tessin auch vielleicht erst später ins Leben gerufen sein, so wird doch die südliche Grenze der ältesten Circumscription der Kirchspiele entstammen und war wohl schon zur Zeit der Hauptlandestheilung vorhanden; denn die politische Grenze zeigt, soweit sie sich nach dem Urkundenbuche verfolgen läßt, keinerlei Abweichung.

Ueber Beselin verfügte Heinrich von Meklenburg 1321, über Hohen=Schwaß (Zweruisse) Erich von Dänemark 1305. 3 ) - Bandelstorf gehörte dem oft als meklenburgischen Vasallen genannten Preen von Bandelstorp (zuerst bei König Erich 1302). 4 ) Pankelow wurde 1328 von Heinrich von Meklenburg, Göldenitz 1332 von Erich verliehen. 5 ) In Kokendorf (an dessen Stelle jetzt Neu=Kokendorf und Lieblingshof) hatte 1344 Fürst Albrecht Bede und Gericht verpfändet, und über Schlage (dorp to der Slawe) entschied 1391 das Hofgericht des Herzogs Albrecht. 6 ) Mit Vietow belehnte letzterer nach einer allerdings gefälschten Urkunde 1418 Henneke von Kardorf, welcher das Gut von den Jork gekauft haben sollte. Schon 1362 hatte Heinrich von Jork Hebungen aus Vitecowe dem Pastor zu Sanitz überlassen, und zur Pfarre Sanitz wird auch 1534 die Kirche gerechnet, welche beim "hilligen Moore" auf der Feldmark Vietow stand. 7 ) - Tessin begegnet zuerst in Boguphals Chronik (nach Wigger um die Mitte des 13. Jahrhunderts geschrieben) unter den castra des Wendenlandes und kommt urkundlich als munitio vor seit 1301, als terra (neben den Ländern Ribnitz, Marlow, Sülz) zuerst 1322, als Stadt des dominii Rostokcensis 1323, als Name einer meklenburgischen Vogtei seit 1333. 8 ) In derselben liegen 1350 Kescyn,


1) M. U.=B. Nr. 603 (clerici: Hinricus de Zayniz), 778, 6032. Dänschenburg, Filial von Sanitz noch 1534 (Jahrb. 38, S. 48). Beschreibung der Kirche Jahrb. 23, S. 322 (Lisch).
2) 1306 Henricus sacerdos de Thessyn, 1307 Antonius plebanus in T. (M. U.=B. Nr. 3074, 3161). - Im Kirchspiel 1526 Stormestorp.
3) M. U.=B. Nr. 7294, 3022. Als Hoghen Sweruitz bezeichnet 1323 (4422).
4) M. U.=B. Nr. 2828 (nach Chemnitz).
5) M. U.=U. Nr. 4966, 5356.
6) M. U.=B. Nr. 6380. Maltzansche Urkundensammlung II, S. 403. Ueber Kokendorf, Schildt, Jahrb. 56, S. 202; Rabe I, S. 787.
7) Jahrb. 38, S. 48 f. - M. U.=B. Nr. 8840.
8) M. U.=B. Nr. 2748, 4353, 4446, 5381 (Johannis Molteken advocati nostri in terra Gnogen et Tessyn). Jahrb. 27, S. 128 (Boguphal).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1309 außerdem Vynkenberch und Dudeschen Kusseuitze (beide damals im Kirchspiel Volkenshagen). 1 ) Hiernach zu urtheilen, muß die Herrschaft Werle an ihrer ganzen Nordgrenze von der Recknitz bis zur Warnow sich mit der Vogtei Tessin berührt haben.

Aelter sind die Nachrichten, welche über die meisten Werleschen Grenzdörfer zu Gebote stehen. Kavelstorf verdankt seinen Namen dem Werleschen Vasallengeschlechte der Cabold, welche sich zuerst 1272 wieder nach dem Dorfe nennen (Johannes et Hinricus de Kaboldisdhorpe famuli bei Heinrich von Werle. 2 ) Verleihungs=Urkunden sind vorhanden für Damm (von Johann und Heinrich, 1277), Prangendorf (von Nicolaus I., 1262ß), für Niex, welches 1304 von Heinrich Grube, einem Vasallen Nicolaus II., verkauft worden war 3 ); ferner für Kossow und Teschow, wie oben erwähnt, schon 1276. Daß Major Wethendorpe, welchem Heinrich von Werle 1287 Freiheit von Nachmessung zusicherte, Weitendorf bei Tessin sei, wird im Register des Urkundenbuches angenommen, kann aber wohl nicht mit Sicherheit behauptet werden. Auch über Wohrenstorf und Groß=Potrems fehlen ältere Belege als die oben bereits angegebenen.

Auf die Grenze der Herrschaften Rostock und Werle wird hingewiesen 1347, als Nicolaus et Stanghe fratres dicti de Gubecowe dem Doberaner Klosterdorf Prangendorf ein Torfmoor zur Ausnutzung überließen, unter der Bedingung, daß jener Verkauf non debet - dominis terrarum in suis distinctionibus seu metis esse impedimentum aliquale. Unter den Compromissores wird in dieser Urkunde noch Henninghus Svetzin de Hoghen Gubekowe genannt. Prangendorf grenzt noch jetzt mit der Feldmark Hohen=Gubkow, auf deren westlichem Theile früher Sieden=Gubkow lag. 4 ) - Um die Werle=Rostocker Grenze muß es sich auch in einer Streitigkeit zwischen den Besitzern von Hohen=Schwaß und dem Kloster Doberan als Eigenthümer von Niex gehandelt haben. Dieselbe wurde 1326 beendigt, indem die ersteren erklärten, aus Unkunde sich einer Gebietsverletzung


1) M. U.=B. Nr. 7124, 8557. Das Concept (B) hat ebenfalls Kessyn in advocatia Tessyn, aber: Vinkenbergh et Dudeschen Cusewitze in advocatia Rozstock. - Vergl. Nr. 9378: villam Sagheniz advocacie Rozstockiensis (1365); Nr. 9173: Vicke Moltke - unse vogt in dem lande to Rozstoke (1363). - Goldenisse in terra Rozstock 1379 (Nr. 5356, Anm.). - Das Heberegister (1535) zeigt die Vogtei Tessin (Rostock?) in erheblich verringertem Umfange (nur noch mit Klein=Tessin, "Gramstorf" und Helmstorf).
2) M. U.=B. Nr. 1254. Ueber das Geschlecht der Kabold Jahrb. 31, S. 73 (Lisch) und 39, S. 38 (Wigger).
3) M. U.=B. Nr. 947, 1429, 2970.
4) M. U.=B. Nr. 6769. - Schildt, Jahrb. 56, S. 202.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schuldig gemacht zu haben; jetzt aber, eines Besseren belehrt, versprächen sie, daß villa Nikez in suis terminis et limitibus maneat quos adhuc possidet et ab antiquis temporibus dinoscitur possedisse. 1 ) - Von allgemeinerem Interesse dürfte eine in Proceß=Acten von 1570 aufgefundene Nachricht sein, auf welche mich Herr Archivar Dr. Saß aufmerksam machte:

"- Landwehr 2 ) das das landt zu Wenden und den erwenten Potrembser Feltmark vonn dem Lande zu Rostock und den Goldenitzer Felde 3 ) mit grosen scheinlichenn alten Landgreintzen und mahlen vonn alters abgesondert und gescheiden."

Sämmtliche Grenzdörfer des Kirchspiels Cammin liegen jetzt im Amte Güstrow, bis auf Wohrenstorf und Weitendorf im Amte Gnoien (so auch 1792). Die des Kirchspiels Kavelstorf gehören sonst alle zu Güstrow, wohin auch Niex und Damm (jetzt Amts Schwaan) noch in neuerer Zeit gerechnet wurden. Eine Ausnahme macht nur Dummerstorf (mit Klein=Dummerstorf und Waldeck), welches schon im 16. Jahrhundert in der Vogtei Ribnitz lag. 4 ) Gerade für diese Ortschaft, welche ich im Urkundenbuche nur einmal genannt finde, fehlt bisher der Nachweis des politischen Verbandes. Vielleicht kann aber das spätere Vogteiverhältniß daraus erklärt werden, daß das Dorf, in welchem noch 1378 die Moltke von Strietfeld Gericht und Bede besaßen, später an das Geschlecht der Preen kam, welche vorzugsweise im alten Rostocker Lande begütert waren. 1492 wurde den von Preen zu Bandelstorf, Dummerstorf, Gubkow und Wehnendorf ein Lehnbrief über ihre gesammten Güter ertheilt.

Das Gebiet zu beiden Seiten der Grenze ist großentheils von Mooren und Sümpfen durchzogen: "Gubekower Torff - Mohr", bei Dummerstorf "grosses Mohr" und östlich davon "schwartze See" nach Schmettau; Teufelsmoor, Groß= und Klein=Teufelssee auf den Feldmarken von Horst und Vietow u. a. m. Von einer angeblichen Burgstelle bei Göldenitz (die "Borg" in der Nähe eines Sees), welche Jahrb. 5 b, S. 120 erwähnt wird, ist, soviel ich weiß, seitdem nicht wieder die Rede gewesen. 5 ) Nach Krause (Alterthümer in der Umgegend von Rostock, Jahrb. 48, S. 292) soll sich in den Warnow=


1) M. U.=B. Nr. 4758, 4759.
2) Vergl. Jahrb. 5 b, S. 117 (4 b, S. 77) die Landwehren der Grafschaft Schwerin (bei Brüsewitz und Granzin); ferner Beyer, die Landwehren und Grenzheiligthümer des Landes der Redarier, Jahrb. 37, S. 50 f.
3) Groß=Potrems grenzt nördlich mit Pankelow, Schlage und Göldenitz.
4) Heberegister 1535. Auch bei Klüver "Hans Preen tho Dummerstorp" in der Vogtei Ribnitz.
5) Eine "alte Burg" bei Schmettau südlich von Tessin an der Recknitz.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Wiesen bei Hohen=Schwaß ein alter wendischer Burgwall (?) befinden, und an der Zarnow in der Nähe des Hofes Reez liegt ein jetzt beackerter wendischer Burgwall von der Höhe desjenigen zu Teutenwinkel. Die Gegend bedürfte wohl noch näherer Untersuchung.

Wie weit nach Norden bei Beginn der christlichen Zeit sich das Land Werle erstreckte, wird nirgends bestimmt angegeben. Die Zarnow, bis zu welcher es nach Urbans III. Urkunde (1186) dem Bischof von Schwerin gehören soll, fließt, von der Kirchspielscheibe ziemlich weit nach Süden entfernt, in ihrem unteren Laufe quer über die Feldmarken Klingendorf und Reez in die Warnow 1 ), würde also, falls damit 1186 die Nordgrenze bezeichnet sein soll, den größten Theil des Kirchspiels Kavelstorf vom Lande Werle ausschließen. Diejenigen Bewidmungs=Urkunden, welche castrum Werle cum terra attinenti Werle, also jedenfalls das ganze Land, dem Bischof verliehen wissen wollen, geben eine Grenze nicht an.

Da auch den Archidiakonatsverhältnissen vielfach Werth für die ältere Topographie beigemessen wird, so sei auf Jahrb. 21, S. 21, verwiesen, wo ein Verzeichniß (aller?) Pfarren des Archidiakonates Rostock mitgetheilt wird (1471). Zwischen Warnow und Rostock werden auf Werleschem Gebiete nur Kavelstorf und Cammin, östlich vom Augraben und Recknitz überhaupt nur Laage und Recknitz genannt (vergl. auch M. U.=B. Nr. 1178). Hiernach gehörten die in der ehemals Werle=Goldbergischen, später Warenschen Vogtei Laage befindlichen Kirchen, soweit hier die Schweriner Diöcese reichte, sämmtlich damals zum Archidiakonat Rostock. Für Kavelstorf ist zu bemerken, daß im Theilungsvertrage von 1347 das Verleihungsrecht der dortigen Kirche von dem Güstrower Antheil ausdrücklich ausgenommen und der Warenschen Linie zugewiesen wurde.

Vignette

1) M. U.=B. Nr. 141, (149). Wigger (Jahrb. 28, S. 207) hält für zweifelhaft, ob diese Zarnow in der Urkunde von 1186 gemeint sei.