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Feuersteinbeile
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I.

Mittheilung

über

zwei rohe Feuersteinbeile

aus der Ostsee bei Warnemünde.

Von

Professor E. Geinitz

zu Rostock.


I m Sommer 1882 fand ich an dem Strande östlich von Warnemünde, bei dem als "Rosenort" bezeichneten niedrigen Abbruchsufer der Rostocker Haide ein roh gearbeitetes, vom Wasser etwas abgerolltes Feuersteinbeil. Dasselbe, auf Tafel I, Fig. 1 in halber natürlicher Größe abgebildet, besteht aus blaugrauem Feuerstein und hat eine stumpf lanzettliche Form. Es ist 15,5 cm lang, mit einer größten Breite in seinem unteren Anfang von 5,5 cm, an der Spitze sich zu 3,5 cm verjüngend; seine größte Dicke beträgt 2,5 cm. Seine Bearbeitung ist durch große unregelmäßige, flach muschlige Abspaltungsstücke auf beiden Seiten angedeutet; die (nicht abgebildete) Rückseite zeigt eine unvollkommnere Form, indem hier die ursprüngliche oder durch Zufall abgespaltene Oberfläche in unregelmäßiger flacher Krümmung vorherrscht und nur an den Rändern die kleinen muschligen Schlagflächen erscheinen. Jedenfalls hat aber das Ganze eine Form, die entschieden als Kunstproduct aufzufassen ist. Durch Abrollung im Meereswasser sind die scharfen Kanten verloren gegangen, gewissermassen abgerieben.

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Das Stück, im Rostocker Universitäts=Museum aufbewahrt, bietet nach zwei Richtungen besonderes Interesse. Einmal wegen seiner primitiven Form, die an Producte der älteren Steinzeit, z. B. an die Feuersteinkeile von Amiens, erinnert. Wenn man auch annehmen kann, daß bei dem Abreiben und Abstoßen unter den Strandkieseln einige Ecken und Kanten verloren gegangen, andere Schlagflächen auch neu hinzugekommen sein mögen, so bleibt doch immer noch eine sehr primitive Gestalt des Steinbeiles bestehen.

Zweitens ist die Fundstelle von hohem Interesse. Vor dem Lande, am Strand unmittelbar an der See, in einer Gegend, der Rostocker Haide zugehörig, wo im Hinterlande (Hinrichshäger Revier) prähistorische Orte ("Hünengräber") bekannt sind, und wo eine sogen. säculare Senkung geologisch nachgewiesen ist. 1 ) Das bei größeren Fluthen beobachtete Zurückweichen des Strandes hat wohl seine Hauptursache in dem säcularen Sinken unserer Ostseeküstenländer. So wie durch dieses Phänomen die Torflager mit ihren Baumstubben jetzt vor den Strand, unter den Seespiegel gerathen sind, sind auch die Reste des prähistorischen Menschen an den Seegrund gelangt; wie die Bruchstücke der Torflager als Torfgerölle an den Strand ausgeworfen werden, so ähnlich gelangte auch unser Steinbeil wieder zur Tagesfläche, um hier durch einen glücklichen Zufall aufgefunden zu werden. -

Im Frühjahr 1885 machte Herr Dr. med. Sprengell=Lüneburg am Strande vor dem Pavillonhotel in Warnemünde einen ganz analogen Fund, den er freundlichst dem Rostocker Museum überließ. Es ist ein stark vom Wasser abgerollter und abstoßener Keil aus blaugrauem Feuerstein, in Fig. 2 zu etwa 2/3 natürlicher Größe photographisch abgebildet, 12 cm lang, hinten 4 cm breit, sich nach vorn verjüngend zu 3 cm und alsdann stumpf zugespitzt, hier 2 cm dick, hinten 3 cm, von vier fast ebenen, wenig eingebuchteten Flächen begrenzt, mit nicht ausgekerbten, aber durch das Wasser abgerundeten Kanten, hat er ungefähr die Form eines noch jetzt gebräuchlichen Hammers.

Auch dieser Fund bestätigt das oben über die säculare Landsenkung Gesagte. -


1) Vergl. E. Geinitz: über die gegenwärtige Senkung der meklenburgischen Ostseeküste in Zeitschr. d. deutsch. geolog. Gesellsch. 1883, S. 301; und 6. Beitrag z. Geol. Mekl., Arch. d. Ver. d. Fr. d. Naturgesch. Mekl. 1884.
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Zur Ergänzung dieser Mittheilung sei noch der Fund erwähnt, der im Sommer 1884 westlich Warnemünde gemacht wurde. In der nahe am Strande an der Grenze der Warnemünder und Diedrichshäger Fluren gelegenen, jetzt eingegangenen Kalk=Grube des Herrn Steffen zu Diedrichshagen fand man in dem Torf, der in einer Mächtigkeit von 0,5 m unter 2 m Dünensand verdeckt ist, vier Steinbeile, von denen meines Wissens zwei an das Schweriner Museum abgeliefert worden sind. Hier waren also die menschlichen Reste noch auf ursprünglicher Lagerstätte. Dasselbe Torflager, zum Grenzgebiet der weiten Breitling=Niederung gehörig, erstreckt sich in seinem nördlichen Theile bereits an den Seeboden hinaus, ganz ebenso wie die Torflager östlich von Warnemünde.

 

Vignette
[Aufsatz]