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XLV, 1.
des
Schwerin, 7. October 1879.
D ie statutenmäßige Michaelis=Versammlung des Vereins=Vorstandes ward gestern in üblicher Weise gehalten.
I.
Den ersten Gegenstand der Verhandlung bildeten die ziemlich zahlreichen Veränderungen, welche unsere Matrikel während des letzten Quartals erlitten hat. Es ward an erster Stelle darauf hingewiesen, daß durch das am 28. Juli zu Heidelberg erfolgte Ableben Sr. Hoheit des Herzogs Wilhelm von Meklenburg=Schwerin unser Verein eines seiner hohen Beförderer beraubt ist. Ferner verloren wir zwei langjährige ordentliche Mitglieder durch den Tod, nämlich am 30. Juli den Herrn Oberkirchenrath Schliemann hieselbst, welcher im Jahre 1850 dem Verein beigetreten war, und am 28. September den Herrn Landrath von Oertzen auf Woltow, der dem Verein schon seit dem Jahre 1843 angehörte und für unsere Bestrebungen, namentlich für das Meklenburgische Urkundenbuch, ein großes Interesse an den Tag legte. Wenngleich der am 30. Juli zu Rostock verstorbene Landesarchivar, Herr Advocat Sohm, nicht zu den Mitgliedern unsers Vereins zählte, können wir doch nicht umhin hier dankbar daran zu erinnern, daß derselbe an der Sammlung der Rostocker Stadturkunden für die erste Abtheilung des Meklenburgischen Urkundenbuches sich als freiwilliger
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Mitarbeiter eifrig betheiligte. Bedauerlichst ist weiter zu berichten, daß zwei ordentliche Mitglieder, die Herren Dr. Sonnenburg und Oberlehrer Bolle an der Realschule zu Ludwigslust, im August d. J. ihren Austritt aus unserm Verein angezeigt haben.
Indessen ist trotz dieser großen Verluste die Zahl unserer Mitglieder doch auch in diesem Quartal wieder gestiegen. Zunächst hat Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog Adolf Friedrich von Meklenburg=Strelitz auf unsere unterthänige Bitte in einem Schreiben vom 31. Juli zu erklären geruht, daß er "mit großer Freude" unserm Verein als hoher Beförderer angehören wolle. Es haben ferner auf ihren Wunsch folgende sieben Herren das Diplom eines ordentlichen Mitgliedes empfangen: Kammerherr Drost von Oertzen zu Mirow, Landgerichtsrath Ahmsetter zu Schwerin, Lieutenant Eggers zu Plön, Dr. Hofmeister, Custos an der Universitätsbibliothek zu Rostock, Präpositus Lindemann zu Goldberg, Förster Dohse zu Wredenhagen und Ministerialrath Sohm zu Schwerin.
In der Reihe unserer Ehrenmitglieder und unserer correspondirenden Mitglieder ist im letzten Quartal keine Veränderung vorgekommen. Wir gedenken hier aber gern des 17. August, an welchem 50 Jahre seit dem Tage verflossen waren, da unser Ehrenmitglied, Herr Rector Römer in Grabow sein Schulamt daselbst angetreten hatte. Der Vorstand konnte nicht unterlassen, die warme Theilnahme des Vereins an diesem Feste unsers hochverdienten Mitarbeiters am Urkundenbuche durch eine Votivtafel kund zu geben. Wir dürfen auch hinzufügen, daß unser erhabener Protector, Se. Königl. Hoheit der Großherzog, an diesem Tage den Herrn Rector Römer durch die Verleihung der goldenen Verdienstmedaille ausgezeichnet und hoch erfreuet hat.
Endlich ist in Bezug auf unsere Vereinsmatrikel noch anzuführen, daß sich die Zahl der mit uns correspondirenden Vereine wiederum um einen vermehrt hat; nämlich auf den Wunsch des neu entstandenen Oberhessischen. Vereins für Localgeschichte zu Gießen ist mit demselben im Juli d. J. ein Schriftenaustausch angeknüpft.
II.
Die Sammlungen unsers Vereins sind, wie gewöhnlich im Sommer, so auch im verflossenen Quartal wiederholt von auswärtigen Forschern besucht und studirt worden. Im Juli
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verweilte hier zu diesem Zwecke Herr Dr. Sven Söderberg, Docent an der Universität Lund, im August nahm der Director des märkischen Museums der Stadt Berlin, Herr Stadtrath Friedel, unsere Sammlungen in Augenschein; später traf unser berühmter Landsmann, der Archäologe Dr. Heinrich Schliemann, mit seiner durch die Mitwirkung bei den Aufgrabungen von Hissarlik in der gelehrten Welt bekannt gewordenen Gemahlin hier ein; im September sprach Herr Dr. Joseph Hampel, Conservator des Nationalmuseums zu Buda=Pest, auf seiner Rückkehr von Stockholm und Kopenhagen hier vor, und endlich hat Herr Dr. H. Petersen, Assistent am Kön. Museum der nordischen Alterthümer zu Kopenhagen, längere Studien theils hier im Archiv zu heraldischen Zwecken, theils im Antiquarium an den prähistorischen Alterthümern gemacht, hernach auch das große Grab bei Naschendorf, nicht ohne eine wissenschaftliche Frucht, und mit großer Befriedigung auch Wismar, Doberan, Rostock und Güstrow besucht.
In Betreff unserer neuen Erwerbungen ist zu bemerken, daß zunächst
A. unsere Alterthümer-Sammlung
durch hervorragende Funde allerdings im letzten Quartal nicht bereichert worden ist; doch ist sie auch nicht ganz leer ausgegangen. Nämlich:
1) durch Vermittelung des Herrn Dr. Crull zu Wismar erwarb dieselbe
1 Keil aus rauchbraunem Feuerstein, welcher zu Redentin 7 Fuß tief im Moor neben einer zerbrochenen Schildkrötenschale gelegen hat, und
1 Keil aus Feuerstein von kalkweißer Farbe, gefunden zu Fahren bei Wismar.
2) Herr Rentier Mann zu Wismar schenkte
2 zu Oberhof und zu Tarnewitz bei Klütz gefundene ganz geschliffene, aber leider nicht mehr vollständige Feuerstein=Keile.
3) Einen zu Zapel bei Crivitz gefundenen Feuerstein=Keil verdanken wir dem Herrn Erbpächter Ripke daselbst.
4) Bei dem Legen eines Sieles in der Amtsstraße zu Schwerin kam, in der Nähe der Turnhalle, ein spanförmiges Feuerstein=Messer von 9 Cent.
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Länge, mit Schlagmarke, vielfach abgenutzt, zu Tage und ward unserer Sammlung vom Steinsetzer Herrn Kröplin zugewandt.
5) Einen Feuerstein=Dolch von 16 Cent. Länge, sowie einen Spindelstein von Thon, beide zu Wietow bei Wismar gefunden, schenkte uns Herr Rittmeister von Weltzien zu Schwerin.
Zahlreicher sind
B. die Erwerbungen des Münz-Cabinets
während der beiden verflossenen Quartale gewesen:
I. Geschenk des Herrn Real=Primaners Plähn aus Goldberg hieselbst:
1) Chinesische Messingmünze mit viereckigem Loch.
II. Geschenk des Herrn von der Lühe hieselbst:
2) Schwedische Kupfermünze von 1620,
Av.: | GVSTAVUS ADOLPH . . . . . . . GOTH VAN REX M . . . . (zum Theil verwischt). Gekröntes schwedisches Wappen. |
Rev.: | MONETA NOV . . . . . . . OIENSIS MDCXX Gekrönter aufgerichteter Greif. |
3) Rostocker Pfennig von 1682,
Av.: | ROSTOCKER. Greif. |
Rev.: | * I * | . 1682. | . * .Evers II, pag. 410. |
(2 und 3 gefunden in Gnewitz.)
III. Geschenk des Herrn Pastors Ragotzky zu Potsdam:
4) Brandenburgische Silbermünze von 1563 (Kurfürst Joachim II.),
[Tabelle] Av.: Adler im Schilde, darüber x 1563, Rev.: Scepter im Schilde.5) Desgleichen von 1624 (Kurfürst Georg Wilhelm),
[Tabelle] Av.: Adler, mit dem Scepter belegt, im Schilde; an der Seite L - (Münzmeister Lippold Müller), Rev.: Reichsapfel mit 96 im Schilde, an den Seiten -6 - 24.Seite 5 |
6) Einseitiger Heller (hohl geprägt) der Grafen zu Stolberg, circa 1560.
Wappen.
7) Desgleichen der Grafen zu Solms (=Lich), circa 1580.
Wappen.
8) Desgleichen von Adolph Heinrich, Wild= und Rheingrafen zu Kyrburg, † 1606.
Wappen im Perlenrand, darüber AHK
9) Desgleichen von Otto, Wild= und Rheingrafen zu Kyrburg, † 1637.
Wappen im Perlenrand, darüber OK
10) Desgleichen der Grafen Waldeck, circa 1590.
Wappen im Perlenrand, darüber W
11) Desgleichen von Kur=Mainz (Johann VII. von Schönenberg, 1581 - 1599).
Wappen im Perlenrand.
12) Desgleichen gemeinschaftlich von Mainz, Cöln, Trier und Pfalz, circa 1600.
Wappen im Perlenrand, darüber .T.
13) Desgleichen vom Erzbisthum Magdeburg von 1624 (Christian Wilhelm, Markgraf von Brandenburg).
Wappen, darüber 24; an den Seiten A - K
(Münzmeister Anton Koburger).
14) Desgleichen vom Erzbisthum Salzburg (Matthäus Lang von Wellenburg, 1519 - 1540).
Doppel=Wappen, darüber Cardinalshut, in Dreiblattstellung.
15) Desgleichen von Burg Friedberg in der Wetterau, circa 1590.
Wappen, darüber B F.
16) Desgleichen vom Bisthum Chur (Flugi von Aspermont, 1601 - 1627).
Wappen.
17) Desgleichen (Peter Roscher, 1581 - 1601).
Wappen.
18) Desgleichen von Freiburg in der Schweiz, circa 1560.
Wappen im Perlenkranz, an den Seiten F-B.
19) Desgleichen von St. Gallen.
Ausgerichteter Bär im Perlenkranz.
(4 - 19: gefunden bei Frankfurt a./O.)
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IV. Geschenk Großherzoglicher hoher Cammer hieselbst:
20) Brandenburgische Silbermünze von 1513 (?) (Kurfürst Joachim I., 1499 - 1535).
Av.: | , Adler, mit einem Wappenschild belegt. |
Rev.: | 1531 (?) 4 Wappenschilder in einem Lilienkreuz. |
21) Brandenburgisches 2/3=Stück von 1693 (Kurfürst Friedrich III).
22) Preußisches 1/3=Stück von 1727.
23) Desgleichen 2/3=Stück von 1801.
24) Desgleichen 2 1/2=Silbergroschen von 1869.
25) Sächs.=poln. 2/3=Stück von 1705.
26) Braunschw.=Lüneburg. 1/12 Thaler von 1790.
27) Desgleichen 2/3=Stück (24 Mariengroschen) von 1797.
28) Hannover, 2=Pfennigstück von 1797.
29) Schleswigsche Silbermünze, undeutlich.
30) Lübecker Viertel=Species=Thaler von 1629.
31) Schwedisches 5=Ör=Stück von 1692.
32) Desgleichen von 1693.
33) Desgleichen von 1696.
34) Desgleichen von 1710.
35) Schwedisches 10=Ör=Stück von 1763.
36) Dänisches 2=Schillings=Stück von 1801.
(20 - 36: gefunden bei und in dem Schlosse zu Gadebusch gelegentlich des Durchbaues desselben.)
C. Zur Bilder-Sammlung
wurde angekauft:
Illustrirte Zeitung Nr. 1825 mit dem Portrait Konrad Eckhof's.
Von dem Herrn Kais. Deutschen Consul Brüning zu Beirut, unserm langjährigen Mitgliede, erhielten wir 11 verschiedene Bildnisse geschenkt:
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1) Photographie I. Kais. H. der Frau Erbgroßherzogin Anastasia aus ihrem 16. Lebensjahre,
2) Portrait von Adolf Wilbrandt, Radirung,
3) Portrait des Kön. Preuß. Staatsministers, Staatssecretairs H. von Bülow, Stahlstich,
4) Photographie des Grafen Werner von Hahn auf Kuchelmiß,
5) Photographie des Majors Printz von Buchau,
6) Photographie des damaligen Premierlieut., jetzigen Rittergutsbesitzers Hundt von Hafften,
7) Photographie des weil. Geh. Cabinetsraths Dr. Prosch,
8) Photographie des weil. Oberappellations=Vicepräsidenten Ackermann,
9) Photographie des Professors Dr. K. von Lützow (aus Schwerin) zu Wien,
10) Photographie des weil. Oberlehrers Dr. Karl Schiller,
11) Photographie des weil. Professors Dr. F. Eggers zu Berlin.
D. Die Bibliothek
erhielt folgenden Zuwachs:
I. Amerika.
II. Rußland.
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III. Belgien.
IV. Schweiz.
V. Italien.
VI. Oesterreich=Ungarn.
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VII. Allgemeine deutsche Sprach=, Geschichts= und Alterthumskunde.
VIII. Baiern.
IX. Würtemberg.
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graphischen Bureau.) 1879. I. 1. II. 1. Stuttgart 1879. (Tauschex. des gen. Bureaus.)
X. Hessen.
XI. Thüringen.
XII. Anhalt.
XIII. Oldenburg.
XIV. Preußen.
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XV. Hansestädte.
XVI. Meklenburg.
III.
Die wissenschaftlichen Arbeiten des Vereins haben auch in diesem Quartal ihren stillen Fortgang genommen. Von dem 44sten Jahrgange der Jahrbücher ist die erste Abhandlung bereits gedruckt: "Ein Kalandsbuch der Stadt Güstrow vom Geh. Archivrath Dr. F. Lisch", und eine zweite
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Abhandlung ist für diesen Jahrgang eingeliefert vom Herrn Dr. Hofmeister, Custos der Universitäts=Bibliothek zu Rostock: "Beiträge zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg". Doch wird voraussichtlich vor Weihnacht dieser Band noch nicht ausgegeben und an die Mitglieder versandt werden können. Das Register zu den Bänden 31-40 der Jahrbücher ist noch nicht druckfertig geworden; indessen hofft Herr Secretair Fromm dasselbe im nächsten Frühling zu vollenden, wenn seine Amtsgeschäfte es irgend gestatten. Das große Wort= und Sach=Register zu der zweiten Abtheilung des Meklenburgischen Urkundenbuches ist noch in der Schlußredaction begriffen; bevor diese nicht über das ganze Alphabet ausgedehnt ist, wünscht Herr Rector Römer den Druck nicht beginnen zu lassen. Für die dritte Abtheilung (Band 13 und folgende) sind die Güstrowschen Stadturkunden aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, welche wir durch die Güte des Herrn Bürgermeisters Dahse benutzen durften, abgeschrieben, die Siegel, welche zum Theil von Interesse sind, genau verglichen; ebenso sind 400 Urkunden und sehr instructive Register aus dem Rostocker Rathsarchiv, deren Benutzung uns auf gütige Fürsprache des Hrn. Bürgermeisters Dr. Crumbiegel von E. E. Rath freundlichst gewährt wurde, ganz absolvirt; daneben schreitet auch die Sammlung des Materials aus der bedeutendsten Fundgrube, dem Großh. Geh. und Hauptarchiv, vor und werden zugleich die auswärtigen Urkundenbücher durchforscht. Die Fülle des Materials aus den Jahren 1351 - 1400 ist indessen so groß, daß sich noch nicht übersehen läßt, bis wann dasselbe vollständig gesammelt sein wird. Früher aber kann der Druck des nächsten Bandes nicht begonnen werden, da wir sonst allzu viele Nachträge zu befürchten haben würden.
Archivrath
Dr. F. Wigger,
als zweiter Secretair des Vereins.