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Die Kirche zu Lübsee bei Rehna.

Da in der Gegend der Stadt Gadebusch die ältesten romanischen Kirchen stehen (Gadebusch, Vietlübbe, Rehna) und der Ort Lübsee schon 1236 und die Kirche daselbst schon 1263 genannt wird, so waren in der Kirche zu Lübsee noch alte Baureste zu vermuthen. Diese Erwartung hat sich aber nicht ganz bestätigt.

Die Kirche besteht aus einem quadratischen Chor mit einem Gewölbe und einem oblongen Schiff von zwei Gewölben Länge.

Das Schiff besteht aus zwei ganz verschiedenen Hälften.

Die westliche Hälfte ist ganz aus Feldsteinen erbaut, welche sorglich gespalten und an den Ecken behauen sind. Dieser Theil enthält geringe Spuren von rundbogigen Oeffnungen in Pforten, welche zugemauert, und in Fenstern, welche ausgebrochen sind. In jungem Zeiten ist dieser Theil durch Ziegel erhöht, um ihn mit dem östlichen Theile zur beabsichtigten Wölbung in gleiche Höhe zu bringen. Dieser kleine Theil mag früher romanischen Baustyl gehabt und allein das Schiff einer kleinen Kirche gebildet haben. In

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noch Jüngern Zeiten sind die alten Fenster ausgebrochen und dafür zwei gleiche große Fenster, an jeder Seite eines, mit einfacher Ziegeleinfassung eingesetzt worden. Diese Fenster tragen ganz den junggothischen Charakter des 15. Jahrhunderts.

Die östliche Hälfte des Schiffes ist aus großen, alten Ziegeln aufgeführt, auf einer Unterlage von vier Schichten von Feldsteinen. In diesem Theile ist an jeder Seite ein großes Fenster und eine Pforte, alle ziemlich reich und kräftig gegliedert und sehr gut, wenn auch einfach, construirt. Alle tragen den Charakter des altgothischen Styls, etwa aus dem Ende des 13. oder dem Anfange des 14. Jahrhunderts. Auch dieser Theil hat noch keine Strebepfeiler, sondern nur Lissenen an den Ecken.

Das Innere des Schiffes hat, mit Ausnahme der Fensterformen, vielleicht zur Zeit der Erbauung der östlichen Hälfte gleiche Wände und gleiche Höhe erhalten und ist auf Wölbung angelegt, welche jedoch nicht zur Ausführung gekommen ist.

Im Osten steht ein kleiner quadratischer Chor, welcher gewölbt ist. Dieser hat in der östlichen Altarwand drei Fenster, von denen das mittlere höher ist, als die beiden anderen, mit schräge und glatt eingehender und leise gespitzter Laibung, ohne Schmuck, im Uebergangsstyle, als wäre die Construction aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Da es aber wahrscheinlich ist, daß wegen der östlichen Hälfte des Schiffes der ganze Bau von Westen nach Osten vorgeschritten ist, so wird dieser Chor im Uebergangsstyl wohl ein letzter Anklang, vielleicht gar eine Nachahmung des Uebergangsstyls sein. Denn der dazu gehörende Triumphbogen und die jetzt im Innern durch eine Empore halb verdeckte, im Aeußern in dem Vorbau aber ganz sichtbare Nordpforte sind im altgothischen Style gewölbt und die Gewölberippen tragen auch keinen alten Charakter. In der Südwand des Chors haben ohne Zweifel zwei gekuppelte Uebergangsfenster, wie die Altarfenster, gestanden, welche aber in neueren Zeiten zu einem modernen viereckigen Fenster umgeschaffen sind, das bei der (1867) bevorstehenden Restauration 1 ) vernichtet werden soll. In der Nordwand sind diese Fenster schräge über der Pforte nur durch zwei kurze Nischen angedeutet.


1) Am 1. November (Reformationsfest) 1874 ist die Kirche nach vollendeter gründlicher Restauration feierlich eingeweiht worden. Vgl. Mecklenb. Anzeigen 1874, Nr. 257, November 3.
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Nach einigen unter der Kalktünche entdeckten Rankenverzierungen in den Gewölbezwickeln war das ganze Chorgewölbe bemalt.

 

Der Altar

Altargliederung
der Kirche ist ein alter Flügelaltar 1 ) mit doppelten Flügeln. Der Altar ist alt, nach dem noch ziemlich rein gehaltenen gothischen Schnitzwerk der Baldachine aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, hat jedoch durch Unbill sehr stark gelitten und ist im Jahre 1741 ganz und schlecht mit Wasserfarben überschmiert, wie eine prahlende Inschrift auf der übermalten Predelle angiebt; bei der Gelegenheit sind denn auch alle Flügel hinten auf allen Seiten überpinselt, so daß von denselben gar nicht mehr die Rede sein kann.
Die Vorderseite enthält aus Holz geschnitzte Figuren in nebenstehender Anordnung in der Ansicht:
In der Mitte ist die Krönung Mariä in zwei großen, durchgehenden, sitzenden Figuren, wie Gott (in der Gestalt des Sohnes) die Jungfrau Maria krönt, in herkömmlicher Darstellung. Ueber den beiden Figuren ist ein kurzer Wolkenbogen, auf welchem sieben kleine musicirende Engel in Brustbildern mit musikalischen Instrumenten angebracht sind.
An jeder Seite dieser Darstellung stehen auf dem Mittelstück an jeder Seite vier kleine Figuren in zwei Reihen übereinander, nämlich:
zur Rechten:
S. Anna, mit den kleinen Figuren Mariä und Christi ("selbstdritte")
S. Stephanus, in Diakonentracht, mit drei Steinen auf dem Arme;
S. Nicolaus?, ein segnender Bischof, ohne bezeichnendes Attribut, also schwer zu bestimmen;

1) Dieser Altar ist während der Restauration der Kirche als unbrauchbar in das Antiquarium zu Schwerin versetzt worden.
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S. Christina, eine schwer zu erkennende Figur, mit einem Mühlsteine;

zur Linken:

S. Georgius, mit einem Drachen neben sich;

S. Katharina?, eine gekrönte Jungfrau, ohne Attribut;

S. Johannes der Täufer, mit einem Lamm auf einem Buche im Arme;

S. Maria Magdalena, im Kopftuche, mit der Salbenbüchse.

In jedem Flügel sind sechs Apostel in je zwei Reihen über einander. Abweichend von den gewöhnlichen Bildern sind alle sitzend dargestellt. Die Attribute fehlen alle.

Alle Figuren sind flach und ausdruckslos, und nur mittelmäßig geschnitzt.

Außer dem Altar hat die Kirche an alten Geräthen noch einen sehr alten und großen Taufstein (aus Granit), in runder Kelchform, jedoch ohne alle Verzierungen, leider mit Oelfarbe überschmiert.

Ein noch im Gebrauche befindlicher "Belt" hat eine sehr geschnörkelte Figur und ist verhältnißmäßig jung und schlecht.

Am Westende der Kirche steht jetzt ein wenn gerade nicht ausgezeichneter, doch beachtenswerther, alter Predigerstuhl, welcher früher unter der Kanzel gestanden hat. Der Stuhl hat vorne eine Brüstung, welche vier Füllungen hat, und an jeder Seite eine Thür mit einer Füllung. Der ganze Stuhl ist mit Leimfarben bemalt und für die Zeit und die Geschichte der Pfarre nicht ohne Werth.

Auf der Füllung der Thür rechts steht ein Wappen und die Inschrift:

ANNO 1626.
I. K.
H. IOHAN KVCHMEISTER
ROSTOCHIENSIS
PASTOR.

Auf der Füllung der Thür links steht auch ein Wappen und die Inschrift:

ELISABETH
KVCHMEISTERS.
ANNO 1626.
CHM
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Der Pastor Küchmeister 1626 ist bisher unbekannt gewesen und in den Archiv=Acten und Visitations=Protocollen nicht zu finden.

Auf den vier Füllungen der Brüstung stehen folgende Bilder:

1) zuerst rechts neben der Thür rechts ein Crucifix, zu dessen Füßen der Pastor und seine Frau betend knieen; neben dem Pastor knieet ein kleiner Sohn; dann folgen der Reihe nach: 2) die Hochzeit zu Canaan; 3) die Himmelfahrt Christi; 4) das Abendmahl.

Eine Glocke ward nach dem Berichte des Herrn Dr. Crull zur Restauration im Jahre 1867 in Wismar umgegossen. Inschrift: Um den Hals las man in einer Zeile:

Inschrift

d. i. Anno domini mcccc hundert en unde lx. help got unde Maria.

G. C. F. Lisch.