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Die Kirche zu Lübsee bei Güstrow,

welche im J. 1866 restaurirt ist, ist nach den Berichten der ausführenden Architekten und Maler eine kleine, unbedeutende, ziemlich styllose junggothische Kirche (aus dem 15. Jahrb.), ein einfaches Oblongum im Grundriß, mit Balkendecke, und keiner besonderen Beachtung werth.

Von einiger Bedeutung ist der Altar, welcher im J. 1866 durch den Herrn Maler Greve in Malchin restaurirt ist. Der Altar ist ein kleiner Doppelflügelaltar aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Die Figuren sind etwas flach, aber hoch, und in Stellung und Gewandung sehr gut gehalten. Die Architektur ist einfach, aber geschickt ausgeführt.

Der Altar ist ohne Zweifel ein S. Annen=Altar.

Die Mitteltafel enthält eine durchgehende, große Gruppe. Zur Rechten ist Anna, im Matronen=Gewande und im Kopfschleier, sitzend dargestellt; zur Linken steht Maria und reicht das Christkind der Anna hin, welche demselben einen Apfel giebt, so daß das Christkind die Mitte bildet. Noch auf der Mitteltafel stehen an jeder Seite der großen Mittelgruppe über einander unter Baldachinen 2 Apostel:

Petrus Paulus
Johannes Matthäus.
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In den Flügeln stehen die übrigen Apostel.

Die Flügel enthalten in Malerei die Geschichte der H. Anna in Beziehung auf die Jungfrau Maria und Jesus oder vielmehr in zwei durch geschmackvolle Arabesken auf Goldgrund getrennten Reihen und in 8 gut gemalten Bildern oben die Geschichte der H. Anna, unten die Geschichte der Jungfrau Maria bis zu Christi Geburt. Die Darstellung gleicht also ganz den Malereien auf den Rückwänden des Altars von Bützow, welche, im Jahrb. XXIV, 1859, S. 324 flgd. ausführlich beschrieben sind und hier zur Erklärung dienen können. Die Gemälde sind in der Ansicht folgende, wobei zu bemerken ist, daß die chronologische Reihenfolge nicht immer richtig ist.

1. Joachims
Opferversuch.
 
2. Annens
Verkündigung.
 
3. (4.) Annens
und Joachims
Wiederfinden.
4. (3.) Joachims
Verkündigung.
 
5. (7.) Mariens
Verkündigung.
 
6. (5.) Mariens
Tempelbesuch.
 
7. (8.) Christi
Geburt.
 
8. (6.) Mariens
Verlobung
mit Joseph.

Auf der Rückwand der äußeren Flügel stehen in durchgehenden ganzen Figuren gemalt:

zur Rechten: Maria mit dem Christkinde auf dem Arme,

zur Linken: Joachim mit der Maria an der Hand: ein männlicher Heiliger mit Hut und Heiligenschein führt ein junges Mädchen mit Heiligenschein an der Hand.

Der Altar hat auch eine Predelle, welche auf Kreidegrund recht gut gemalt ist. In der Mitte der dornengekrönte Christus (Ecce homo) und zu beiden Seiten die 4 großen Kirchenväter der lateinischen Kirche mit ihren Attributen im Arm und mit Spruchbändern in der Hand. Auf den Spruchbändern steht:

1. S. Ambrosius:

Spruchbandinschrift

2. S. Gregorius:

Spruchbandinschrift

3. S. Hieronymus:

Spruchbandinschrift

4. S. Augustinus:

Spruchbandinschrift

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Der untere Theil ist aber bis auf die ziemlich beschädigten Köpfe und Spruchbänder, welche wohl verdeckt gewesen sind, im vorigen Jahrhundert mit brauner Oelfarbe überstrichen und mit Bibelsprüchen bemalt, so daß sich das Ganze nicht erhalten und restauriren läßt. Die Predelle gleicht also ganz der Predelle des Altars der Domkirche zu Güstrow (vgl. Jahrb. XXXV, S. 176).

Auf der Bekrönungsleiste hat, wie auf dem Altar von Bützow, eine auf Kreidegrund (Gold auf blau) gemalte Inschrift, wahrscheinlich mit der Jahreszahl, gestanden, von welcher jedoch kein Buchstabe mit Sicherheit mehr zu erkennen ist; jedoch glaube ich noch die Ziffern MCCCC . . . . . . . erkannt zu haben.

Der Altar zeigt also in vielen Stücken eine große Uebereinstimmung mit den großen, gleichzeitigen Altären der Kirchen zu Bützow und Güstrow. Es scheint hiernach um das Jahr 1500 eine große kirchliche Kunstthätigkeit in Güstrow oder Bützow geherrscht zu haben, da sich in der Gegend von Bützow in Landkirchen noch mehr Altäre dieser Art und Zeit finden, z. B. in Bernit, Cambs, Witzin. (Vgl. Jahrb. XXIV, 1859, S. 345). Die farbigen Franzen des goldenen Hintergrundes auf den Altären aus dieser Zeit fanden sich auch auf dem Altare von Lübsee.

G. C. F. Lisch.