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Die Kirche zu Kirchdorf auf Pöl.

Vgl. Jahrb. XV, S. 306.

Meine Beschreibung der vorgenannten Kirche a. a. O. bedarf, wie sich bei neuerlicher Untersuchung derselben fand, wesentlicher Berichtigung.

Zunächst ist das Stück Rundbogenfries am Thurme beiderseits neben dem Schiffe nicht der einzige Ueberrest der früheren Kirche, vielmehr ist von dieser auch erhalten die westliche Giebelseite, sowie der größere Theil der Sargwände, nämlich bis etwa zur halben Höhe der alten Fensteröffnungen. Bis dahin hat man bei der Erneuerung die erste Kirche abgebrochen, hat Strebepfeiler und Dienste aufgezogen, die Wände erhöht und statt der muthmaßlichen früheren Holzdecke Gewölbe eingespannt, auch die alten schmalen Fenster durch große zweipfostige Spitzbogenfenster ersetzt. Der Chor mit der Halle ist aber von Grund aus neu gebaut und die Ostwand des alten Schiffes demgemäß weggebrochen.

Dann aber ist der Thurm auch nicht ein Werk des 16. Jahrhunderts, sondern wenig jünger als das alte Schiff und wohl gleichzeitig mit diesem projectirt. Letzteres läßt sich daraus schließen, daß die westliche Wand des Schiffes durch einen weiten, jetzt vermauerten Bogen sich gegen das Erdgeschoß des Thurmes öffnet, und daß der Thurm jünger ist, ergiebt der Umstand, daß seine östliche Wand auf der westlichen der Kirche ruht; daß er wenig jünger ist, lassen die Bauformen erkennen.

Der Thurm hatte ursprünglich über dem Erdgeschosse zwei Stockwerke, von denen das untere dem Dachraume der alten Kirche entsprach, während das obere, die Glockenstube, an allen vier Seiten frei lag. Darüber wird sich vormals entweder ein Walmdach oder aber ein Satteldach mit zwei Giebeln, und zwar, da die Westfacade breiter ist als die seitlichen - 42 F.: 37 1/4 F. -, an der Nord= und Südseite, befunden haben. Der Thurm hat Ecklissenen, welche oberhalb des zweiten Stocks an der Süd= und Westseite durch einen Rundbogenfries, an der Nord= und Ostseite aber durch einen Zahnfries mit weiten Intervallen sich vereinigten. Von diesen Friesen ist jedoch nur der an der Ostseite erhalten, während man die übrigen abgehauen hat, als man Kirche und Thurm erhöhte und letzteren - um ihn auf der See sichtbar zu machen? - mit Schildgiebeln und einem hohen

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Helme versah. Die Thurmpforte ist den beiden jetzt vermauerten Pforten des alten Schiffes ganz gleich gebildet, nur weiter. Sie ist im Spitzbogen geschlossen und ihre Schmiege mit zwei halben zwischen zwei ganzen vollkantigen Steinen abgestuft profilirt, auch mit Fuß= und Kämpfergesims versehen. Das Erdgeschoß ist mit einem Gewölbe ohne Rippen überdeckt und empfing Licht durch zwei jetzt vermauerte Fenster, je eins in der Süd= und in der Nordwand, welche im Rundbogen geschlossen sind und schräge glatte Schmiegen haben. Sie sind hoch im Schildbogen angebracht, und unter und neben ihnen wie im Schiffe je zwei Spitzbogenblenden angeordnet. Das erste, dem früheren Dachraume der Kirche entsprechende Stockwerk hat an jeder Seite eine schmale, rechtwinklig durchgebrochene Luke, welche auswärts im Rundbogen, inwendig durch einen winkligen Sturz geschlossen ist, der auch über den Pforten an der Innenseite sich findet. Das frühere obere Stockwerk endlich hat an der Ostseite zwei, an den drei anderen Seiten aber nur je eine große, rundbogige Schallöffnungen, welche jede durch einen nicht in allen erhaltenen runden Pfeiler gedoppelt ist. Der Thurm gehört mithin, so weit er nicht erhöht ist, dem ältesten Uebergangsstyle an und ist also, da es an Turmbauten aus dieser Periode in Meklenburg fehlt, sehr beachtenswerth. -

Nachdem die oben angezogene Beschreibung veröffentlicht wurde, ist die Kirche inwendig aufs Neue getüncht worden, was Nachstehendes zur Folge gehabt hat.

1) Die allerdings nicht stylmäßige, aber doch nicht unschickliche Bemalung der Gewölbe ist überstrichen.

2) Auf den Schlußsteinen der Gewölbe waren geschnitzte Scheiben angebracht, eine mit einem j (= Jesus), eine mit dem Heilande mit dem Lamme, die dritte mit einer Madonna. Dieselben sind entfernt und in der Kirche nicht aufzufinden.

3) Der schön geschnitzte Chorstuhl mit den h. Nicolaus und der h. Katharina über dem Wappenschilde der Herrschaft Meklenburg ist weggebrochen, sein Verbleib unbekannt.

4) Das Crucifix ist aus der Mitte der Kirche entfernt und an der Wand befestigt. Die Figuren der Maria und des Johannes sind nicht mehr da.

5) Der merkwürdige Grabstein ohne Inschrift mit dem Vortragkreuze ist in die Vorhalle gelegt, dabei aber zerbrochen, und fehlt jetzt etwa das unterste Viertel. Derselbe besteht aber allerdings aus Kalkstein.

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6) Die beiden geschnitzten und vergoldeten Altartafeln sind mit Oelfarbe grün broncirt worden.

Nachzutragen ist dann noch, daß mehrere Weihkreuze, deren Arme schmal und nicht geschweift sind, auf runden Putzschildern in der Kirche zu bemerken sind.

Ferner ist die mittlere Glocke merkwürdig dadurch, daß ihre Haube nicht, wie gewöhnlich, platt, sondern gewölbt ist, und gleicht dieselbe - sie ist ohne Inschrift und bis auf ein paar schlichte dünne Reifen ohne Zierrath - in ihrer Gestalt ganz der Glocke von 1239, welche Otte, Glockenkunde, S. 54, Fig. 6, abgebildet hat. Die Inschrift der großen Glocke, welche inzwischen umgegossen wurde, ist bereits Jahrb. XL, S. 194 mitgetheilt, wo auch die Vermuthung, als sei der h. Nicolaus der Titelheilige der Kirche, berichtigt ist.

Wismar.

Dr. Crull.