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Gelegentlich einer Reise durch Jütland, im Sommer 1875, habe ich in Horsens nach Reminiscenzen an die vier Prinzen und Prinzessinnen von Braunschweig=Lüneburg geforscht, welchen die Kaiserin Katharina II. von Rußland i. J. 1780 ein Asyl daselbst verschaffte.
Die Schicksale derselben, ihrer Eltern, und ihres älteren Bruders, des Zars Iwan III. von Rußland, interessiren auch für die Meklenburgische Geschichte wegen der Verwandtschaft dieser Familie mit unserem Fürstenhause.
Bekanntlich war Herzog Karl Leopold von Meklenburg=Schwerin mit einer Nichte Peters des Großen, Großfürstin Katharina Iwanowna von Rußland, vermählt. Dieselbe nahm seit 1722 mit ihrer Tochter, Prinzessin Elisabeth Katharina Christine, ihren Aufenthalt in St. Petersburg, wo letztere demnächst zur griechischen Kirche übertrat, den Namen Anna annahm, sich mit dem Prinzen Anton Ulrich von Braunschweig=Lüneburg vermählte, und für ihren, i. J. 1740 gebornen, Sohn Iwan, den die Kaiserin Anna zu ihrem Nachfolger ernannt hatte, die Regentschaft übernahm. Schon i. J. 1741 durch Peters des Großen Tochter Elisabeth gestürzt, ward sie mit ihrem Gemahl und ihrer am 26. Juli 1741 gebornen Tochter Katharina zunächst in der Festung Dünamünde internirt, wo sie i. J. 1743 eine zweite Tochter, Elisabeth, gebar, und später nach Cholmogori, am weißen Meer, verbannt, wo sie die Prinzen Peter (1745) und Alexei (1746) zur Welt brachte, und bald nach ihrer letzten Entbindung starb.
Nachdem auch Prinz Anton Ulrich i. J. 1774 gestorben war, wurden 1780 seine genannten, in der Verbannung gebornen, Söhne und Töchter nach Horsens übergeführt woselbst sie, und zwar
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Prinzessin Elisabeth | am | 20. | Octbr. 1782, |
Prinz Alexei | " | 22. | Octbr. 1787, |
Prinz Peter | " | 30. | Januar 1798, |
Prinzessin Katharina | " | 7. | April 1807 |
gestorben und in der Klosterkirche beigesetzt sind.
Vgl. Russische Revue. Monatsschrift für die Kunde Rußlands. Jahrgang 1874. "Die Familie
Braunschweig in Rußland im 18. Jahrhundert."
Ich ermittelte in Horsens, daß sich ein Portrait der Prinzessin Katharina im Besitz eines Fräuleins Rosenkranz, im adligen Stift zu Roeskilde, deren Mutter Hofdame der Prinzessin gewesen war, befinde, und ließ einige Photographien von demselben (von der Größe des Originalportraits) nehmen. Ein Exemplar derselben hat Se. Königliche Hoheit der Großherzog von mir entgegen zu nehmen geruht, das beifolgende erlaube ich mir, dem Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zu überreichen.
Dömitz, den 29. Mai 1876.
Schlettwein, Amtmann.