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III.

Der Bildhauer Rudolph Kaplunger

und sein Bild.

Von
Dr. G. C. F. Lisch.

Um die Mitte und in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts herrschte in dem von den Herzogen neu erbaueten Residenzorte Ludwigslust ein sehr reges Kunstleben, welches vorzüglich durch die von dem Herzoge Friedrich (1756 † 1785) ausgeführten großen und vielen Bauten reiche Nahrung fand.

Zu den in dieser Zeit hier beschäftigten Künstlern gehört in erster Reihe auch der Bildhauer Rudolph Kaplunger, dessen Leben und Wirken bisher wenig bekannt gewesen ist. Die Hauptquelle sind die gleichzeitigen Nachrichten in den Anmerkungen des Uebersetzers von "Thomas Nugent's Reisen durch Deutschland und vorzüglich durch Meklenburg, aus dem Englischen übersetzt, 2 Theile, Berlin und Stettin bei Friedr. Nicolai, 1781 und 1782," namentlich die Anmerkungen zum 2. Theil, 1782, S. 313 flgd.

Hier wird Folgendes berichtet. Rudolph Kaplunger war am 2. April 1746 zu Bechin in Böhmen geboren. Sein Vater, ein Bildhauer, bestimmte auch seinen Sohn zu dieser Kunst und ließ ihn daher schon von früher Jugend an in der Zeichnenkunst unterrichten, so daß er sich bei zunehmenden Jahren nicht nur große Fertigkeit im Zeichnen, sondern auch nicht gemeine Kenntnisse in der Malerei erwarb. Endlich ging er zur Ausbildung in der Bildhauerei und den dazu nöthigen Wissenschaften auf Reisen, namentlich nach Prag, Dresden, Potsdam, Metz, Paris und Wien. Wenn auch auf diesen Reisen, auf denen er sich auch viele Sprach=

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kenntnisse erwarb, der Anblick vieler vortrefflicher Gemälde seine Neigung zur Malerei wieder erweckte, so wandte er sich doch endlich mit Eifer wieder der Bildhauerei zu, um in einem einzigen Fache etwas Tüchtiges zu leisten.

"So kam er im J. 1775 nach Ludwigslust," als sich eben der große Schloßbau seiner Vollendung näherte 1 ).

Nach den Anmerkungen zu Nugent a. a. O. S. 234 sind "die an diesem Gebäude befindlichen prächtigen Statuen und modernen Vasen 2 ) insgesammt von dem Hofbildhauer Kaplunger" 3 ), ungleichen, nach der Vorrede zum 2. Theil, die meisterhaft gearbeitete steinerne Gruppe auf der neuen Kaskade," welche 1780 fertig ward 4 ).

Nach den Anmerkungen zu Nugent a. a. O. S. 315 war er 1782? seit zwei Jahren mit Gehalt "engagirt." Am Ende des Jahres 1781 hatte er sich mit einer "Schwester "des berühmten Herrn Hofraths Karsten in Halle verheirathet." Ungefähr seit dieser Zeit hatte er auch eine Dienstwohnung in der neuen großen Straße 5 ).

Am 24. April 1785 starb, nach Vollendung der vielen großen Bauten, Kaplunger's großer Gönner Herzog Friedrich, welchem, der ebenso Kunst und Wissenschaft liebende und fördernde junge, lebhafte Herzog Friedrich Franz folgte.

Seit dieser Zeit finden wir Kaplunger im Staatskalender unter den "Hofkünstlern" als "Hofbildhauer" aufgeführt, zuerst im J. 1786 (im J. 1785 noch nicht) und von hier regelmäßig bis 1796.

Rudolph Kaplunger starb wohl am Ende des Jahres 1795, gegen 50 Jahre alt. Am 26. März 1796 bat die "verwittwete Kaplunger, geborne Karsten," um die beiden "Gnaden=Quartale," Ostern und Johannis 1796, von denen das erste Ostern fällig war, auch um Zahlung der "Fourage=Gelder." Daß Kaplunger noch im Staatskalender für 1796 aufgeführt ist, kommt ohne Zweifel daher, daß dieser Staatskalender am Ende des Jahres 1795 schon gedruckt war, als Kaplunger starb. Im J. 1797 wird er nicht mehr genannt.


1) Der Bau des Schlosses ward 1772 begonnen und 1776 vollendet. Nach Goß Geschichte von Ludwigslust in den Ludwigsluster Blättern 1846, Nr. 19 und 22.
2) Vgl. auch Goß a. a O. Nr. 36.
3) Bei genauer Forschung mögen sich noch mehr Werke Kaplunger's finden. So mag eine lebensgroße Büste des Herzogs Friedrich auch seine Arbeit sein.
4) Nach Goß a. a. O. Nr. 40.
5) Nach Goß a. a. O. Nr. 35.
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Im Ludwigsluster Kirchenbuche ist nach des Herrn Präpositus Danneel Mittheilung der Sterbetag Kaplunger's nicht verzeichnet, vielleicht weil er gar nicht in Ludwigslust gestorben und begraben ist oder weil er römisch=katholischer Confession war, wie aus andern Bemerkungen im Kirchenbuche hervorgeht.

Kaplunger's Bild.

In den ersten Zeiten unsers Jahrhunderts lebte in Wismar, im "Amtshauptmann Oldenburgschen Hause," ein altes Fräulein Kaplunger, welche ausgezeichnete Stickereien mit Seide in Plattstich machte, namentlich Bilder von Vögeln, "wahre Nadelmalerei." Später wohnte sie bei dem Dr. med. Pentzlin, bei welchem sie 1840 starb und welcher sie auch beerbte. Nach alten Ueberlieferungen sollte sie von einem Bildhauer abstammen. Dies bestätigt auch das Kirchenbuch der S. Marien=Kirche zu Wismar.

Hiernach

"verstarb 1840 Sept. 25 und wurde begraben Sept. 30 Johanna Kaplunger, Tochter des Hofbildhauers Rudolph Kaplunger und seiner Ehefrau geb. Karsten, gebürtig aus Ludwigslust, 56 Jahre alt."

Diese Johanna Kaplunger ist also die Tochter des Hofbildhauers Rudolph Kaplunger.

Nachdem der Dr. med. Pentzlin, der Erbe des Fräuleins Johanna Kaplunger, am 18. März 1870 gestorben war, kaufte der Herr Dr. med. Crull zu Wismar aus dessen Nachlaß in der Versteigerung einen schönen Reliefkopf in Lebensgröße, in Profil, in Marmor, welchen derselbe im J. 1875 dem Verein für Meklenburgische Geschichte, als dessen eifriger Beförderer, schenkte. Das gut gearbeitete Bild stellt im Relief den rechts gewandten Kopf eines jungen Mannes mit feinen Zügen und vollem lockigen Haar dar und ist (mit Hals) ungefähr 12 Zoll (28 Centimeter) hoch. Unten am Halsabschnitt ist ohne weitere Bezeichnung eingegraben

"Ipse fecit 1783."

Nach der Herstammung ist dieses Bild ohne Zweifel das eigene Bild des Bildhauers Rudolph Kaplunger, welcher es bald nach seiner Verheirathung und nach Vollendung seiner meisten und größten Werke selbst entwarf. Zu den Zügen stimmt auch das damalige Lebensalter Kaplunger's, welcher 1783 ein Alter von 37 Jahren hatte.

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Es bleibt für eine andere Annahme der Bestimmung dieses Bildes keine andere Deutung übrig. - Pentzlin hat ohne Zweifel das Bild von der Tochter geerbt und auf diesem Wege ist es in den Besitz des Vereins gekommen, für den es ein wertvolles vaterländisches Kunstwerk und Andenken geworden ist.


Nachtrag.

Die im Vorstehenden mitgetheilte Forschung über Kaplunger's Tod († Ende 1795) wird durch andere im Archive neu aufgefundene jüngere Nachrichten bestätigt. Am 27. Decbr. 1796 verschrieb der Herzog Friedrich Franz "dem an die Stelle des verstorbenen Hofbildhauers Kaplunger wieder angenommenen Bildhauer Busch" ein Jahresgehalt von 400 Thalern. Johann Busch, ohne Zweifel ein Sohn des um Ludwigslust im vorigen Jahrhundert sehr verdienten Hof=Baudirectors und Bauraths Busch zu Ludwigslust, war aber nicht ausführender Bildhauer in Ludwigslust, sondern lebte, mit Ausnahme eines Besuches in Ludwigslust 1801-1802, immer in Rom, wo er auch 1821 gestorben ist. Busch war also nur titulairer Hofbildhauer und sein Gehalt war wohl nur eine Gnadenbewilligung zum Zweck seiner Ausbildung. Nebenbei besorgte er in Rom auch Gypsabgüsse.

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