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IV.

Ueber

die Familie Grelle und von Grelle.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.


In den Untersuchungen über den meklenburgischen Adel ist oft von der Familie Grelle die Rede gewesen, welche eine gewisse Berühmtheit dadurch erlangt hat, daß es erwiesen ist, daß sie in der neuen Geschichte die erste bürgerliche Familie war, welche ohne Beschränkung mit adeligen Lehngütern belehnt ward; vgl. Extra Sendschreiben, 1843, S. 167.

Woher die Familie stammt, ist ungewiß; aber im 16. Jahrhundert war sie in Wismar ansässig und in Ansehen. Jürgen Grelle war 1530 † 1553 Burgemeister zu Wismar, eben so Hieronymus Grelle 1588 † 1591; vgl. (Crull) Verzeichniß der Bürgermeister zu Wismar.

Hermann Grelle kaufte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Gut Damekow, und dies ist die erste, bisher bekannt gewordene Erwerbung eines adeligen Lehngutes durch einen Bürger in der neuen Geschichte. Damekow war ein altes Lehn der adeligen Familie vom Sehe oder See. Diese wohnte im 16. Jahrh. in mehrern Gliedern auch in der Stadt Wismar, so z. B. 1546 Hans vom Sehe und 1534-1550 Joachim vom Sehe Rathmann zu Wismar. Hermann Grelle kaufte Damekow in zwei Theilen. Im J. 1570 kaufte "Hermann Grelle, Bürger in Wismar", von dem "Lehnmann Hans vom Sehe zu Damekow", damals zu Tatow wohnhaft", dessen väterliches Erb- und Lehngut im Dorfe Damekow, nämlich dessen "beide Höfe

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und Erb= und Lehngut", und ward am 15. März 1570 von dem Herzoge Johann Albrecht damit "zu einem rechten Mannlehn" ohne Beschränkung und in derselben Form, wie jeder andere Lehnmann, "belehnt". Am 15. Mai 1584 kaufte der Lehnmann Hermann Grelle "zu Damekow" von Burchard vom Sehe zu Eikhof, damals zu Wismar wohnhaft, den übrigen Theil von Damekow, nämlich "einen Bauhof und 6 Hufen Landes", welche Burchard vom Sehe von seinem Vetter Joachim vom Sehe, Rathmann zu Wismar, ererbt hatte, und am 29. Nov. 1584 gab der Herzog Ulrich zu diesem Verkaufe seinen "Consens". Seitdem wurden die Grelle immer als Lehnträger betrachtet. Hermann Grelle starb 27. Febr. 1615 und seine Söhne 1 ) Hermann, Joachim und Jacob mutheten am 4. Jan. 1616 das Lehn.

Am 29. März 1611 kaufte "Hermann Grelle zu Wismar wohnhaft und zu Damekow erbgesessen" von der v. Bülow' schon Vormundschaft das Lehngut Madsow, welches seit dem 15. Jahrh. im Besitze der Familie von Bülow gewesen war, und am 4. Jan. 1612 ward er von dem Herzoge Adolf Friederich damit als zu "rechtem Mannlehn" belehnt.

Es ist zwar mitunter behauptet, daß die Wismarsche Familie Grelle adeligen Ursprunges sei; dies läßt sich aber durchaus nicht nachweisen und wahrscheinlich machen, und die Familie selbst hat es nie behauptet. Es gab im Mittelalter in Westpreußen und Hinterpommern eine alte adelige Familie von Grell, welche im J. 1809 ausgestorben ist. Bagmihl im Pommerschen Wappenbuche, III, S. 176, welcher diese Familie behandelt, sagt, daß "diese Familie auch in Meklenburg begütert gewesen sei und dort 1628 die Güter Damekow und Madsow besessen habe, welches letztere nach 1775 "im Besitze eines Herrn von Grell" gewesen sei, und v. Penz sagt in seinem Verzeichniß des Meklenburgischen Adels (Jahrbuch XI, S. 467): "Grelle, ein alt Pomerisches Geschlecht, wovon 1628 hier zwey zu Damekow und Madsow wohnten. Da sie aber hiernächst ihren Adel verloren haben, so hat der jetzt zu Madsow wohnende die Renovation vor einigen Jahren vom Kayser wieder erhalten."


1) Beiläufig gesagt, hatte Hermann Grelle auch eine Tochter, Jungfrau Gertrud, welche augenkrank War. Am 17. Oct. 1586 schloß er mit dem Oculisten M. Valentin Rauschwurm zu Hamburg einen Contract über die Heilung seiner Tochter, den Herr Dr. Crull zu Wismar in Zehender's Zeitschrift für Ophthalmologie, 1867, hat abdrucken lassen. Gertrud Grelle, "eine reiche Erbin", ward aber blind und blieb blind und starb am Ende des dreißigjährigen Krieges.
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Diese Darstellungen beruhen aber auf rein willkührlichen Annahmen. Es läßt sich weder die Abstammung der Wismarschen Grelle von den pommerschen von Grell nachweisen, noch sind die Wappen beider Familien gleich, indem die Pommerschen Grell im rothen Schilde zwei ins Andreaskreuz gelegte silberne Lanzen und oben und unten einen goldenen Stern und auf dem Helme eine roth gekleidete gekrönte Jungfrau mit einem silbernen Ringe in jeder Hand führten. Auch haben die Wismarschen Grelle nie den Adel behauptet; sicher ist es, daß sie nie als Adelige angesehen und anerkannt sind.

Es ist jetzt das Adelsdiplom der Wismarschen Grelle aufgefunden, dessen Mittheilung Hauptzweck dieser Zeilen ist. Dieses beweiset unwiderleglich, daß sie erst im J. 1777 geadelt sind. Am 15. März 1777 wurden Otto Dieterich und Carl Ludwig Grell auf Madsow von dem Kaiser Joseph "in den Adelsstand erhoben." Sie hatten nur vorgebracht: ihre Vorältern hatten seit Jahrhunderten in dem Herzogthume Mecklenburg Güter besessen und solche seien unter die Adeligen mitgerechnet worden. Von einer Renovation eines alten oder verloren gegangenen Adels ist nicht die Rede. Auch ward ihnen nicht das Wappen der Pommerschen von Grell bestätigt, sondern ihr bisher gehabtes Wappen als adeliges verliehen.

Hier folgt das Diplom im vollständigen Auszuge.


Wir Joseph der Andere, von Gottes Gnaden
Erwehlter Römischer Kayser - - - -
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"Wann Uns von denen beyden Gebrüderen, Unseren und des Reichs lieben Getreuen Otto Dieterich und Carl Ludwig Grell allerunterthänigst vorgetragen worden, welcher gestalten ihre Voreltern, vermög deren Uns beygebrachten glaubwürdigen Zeugnißen, seit Jahrhunderten in dem herzogthum Mecklenburg Güther besessen und solche unter die Adeliche mitgerechnet worden seyen, der größte Theil ihrer Lehen=Güther aber wäre durch Brand und Unglücksfälle, besonders durch die dreysigjährige Kriegsdrangsale aus ihrem Eigen=

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thum gekommen, daß nun nach der Zeit das einige Lehen Guth Madsow annoch bey ihrer Famille geblieben, und von ihme Otto Dieterich Grell eigenthümlich besessen und bewohnet werde; Wie dann einer aus ihrem Geschlecht, derer Grell, die ansehnliche Bürgermeister=Stelle in der Stadt Wismar bekleidet, welcher im Jahr Fünfzehen hundert drey und Fünfzig gestorben und in Wismar begraben seye, auch ihre Voreltern und sie selbsten Uns und dem heiligen Römischen Reich ihre allerunterthänigsten Dienste ohnausgesezt geleistet, und sich jederzeit adelicher guter Sitten und Wandels beflissen hätten; Und Uns dahero sie beyde Gebrüdere allerunterthänigst gebetten, daß Wir sie, in Betrachtung ersterzehlter vorzüglich gegen Uns und das heilige Reich sich erworbenen Verdiensten, in des heiligen Römischen Reichs Adelstand aus Allerhöchster Kayserlichen Milde zu erheben geruheten, welche unschätzbare Gnade sie gegen Uns und das heilige Reich lebenslang mit allerunterthänigstem Dank zu verehren erbietig seyen, solches auch wohl thun können, mögen und sollen.

So haben Wir dem nach aus erstangeführten Unser Kayserliches Gemüth bewegenden Ursachen mit wohlbedachtem Muth, gutem Rath, und rechtem Wissen, ihnen, Otto Dieterich und Carl Ludwig, Gebrüderen Grell, die Kayserliche Gnade gethan, und sie samt ihren ehelichen Leibes=Erben, und derenselben Erbens=Erben, beyderley Geschlechts, absteigenden Stammens, für und für, in des heiligen Römischen Reichs Adelstand gnädigst erhoben, eingesezt, und gewürdiget, auch der Schaar, Gesell= und Gemeinschafft anderer adelichen Personen dergestalt zugesellet, zugefüget und verglichen, als ob sie von ihren Vier Ahnen, Vätter= und Mütterlicher Seits, in solchem Stand herkommen und gebohren wären."

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"Ferner, und zu mehrerer Gedächtnus dieser Unserer Kayserlichen Gnade haben Wir ihnen, Otto Dieterich und Carl Ludwig Gebrüderen Grell, ihren ehelichen Leibes=Erben, und derenselben Erbens=Erben, beyderley Geschlechts, ihr bishero gehabtes nachfolgendes adeliches Wappen verliehen, und in alle Zeit zu führen gnädigst gegönnet und erlaubet; Als einen gantzen rothen mit zwey silbernen Querbalcken belegten Schild, in dessen oberen Abtheilung rechts ein goldener Stern und zwey goldene Lilien, in der mitteren drey, und in der unteren Abtheilung abermahls zwey goldene Lilien neben einander zu ersehen; Auf dem Schild ruhet ein

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offener, adelicher, blau angeloffener, roth gefütterter, rechtsgekehrter, goldgecrönter, zur Rechten mit roth und silbernen, und zur Lincken mit roth und goldenen herabhangenden Decken, auch umhabenden Kleinoden, gezierter Turniershelm; Worüber zwischen zweyen mit roth und silber abwechselnden Adlers=Flügel mit einwärts gekehrten Sachsen, ein goldener Stern erscheinet; Wie solch=adeliches Wappen in Mitte dieses Unsers Kaiserlichen Gnaden=Briefs mit Farben eigentlichen entworffen und gemahlet ist.

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Wir haben über dieses noch zu mehrerer Bezeigung Unserer Kayserlichen Gnade ihnen, Otto Dieterich und Carl Ludwig Gebrüderen Grell, und ihrer ehelichen Nachkommenschafft, beyderley Geschlechts, gnädiglich gegönnet und erlaubet, daß sie nun hinführo in ewige Zeiten gegen Uns, Unsere Nachkommen, Römische Kaysere, deren Canzleyen, und sonsten männiglich, in allen ihren Reden, Schrifften, Handlungen und Geschäfften sich von Grell, wie nicht weniger von allen ihren mit rechtmäßigem Titul besitzenden oder künfftig noch überkommenden Gütheren, nennen und schreiben, von männiglich auch also genennet und geschrieben werden sollen und mögen."

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"Mit Urkund dieses Briefs, besiegelt mit Unserem Kayserlichen anhangenden Insiegel, der geben ist zu Wien, den Fünffzehenden Tag Monats Martii, nach Christi Unsers lieben Herrn und Seeligmachers gnadenreichen Geburt, im Siebenzehen hundert Sieben und Siebenzigsten, Unsers Reichs im Dreyzehenden Jahre.

Joseph.
V. R. Fürst Colloredo.

"Ad Mandatum Sac. Caes.
Majestatis proprium.

"Franz Georg von Leykamp.           
Collat. und registr.                   
M. H. Molitor mppr."       

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