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Kjökkenmödding von Sölager.

Bekanntlich gehört die Entdeckung der ,,Kjökkenmödding" (Küchenabfälle) an den Küsten des Kattegat und deren Bearbeitung zu den großartigsten wissenschaftlichen Eroberungen der neuesten Zeit, deren Mittelpunct die großen wissenschaftlichen Anstalten Kopenhagens bilden. Ohne hier tiefer auf das Wesen dieser merkwürdigen Erscheinungen eingehen zu können, sei nur bemerkt, daß die Kjökkenmödding ungeheure Hügel oder Bänke von weggeworfenen Speiseresten bilden, welche zum größten Theil aus Muschelschalen (eßbaren Meermuscheln), Thierknochen, Fischgräten und Feuersteingeräthen bestehen: die Muschelschalen gehören größtentheils den Austern und Herzmuscheln an; die Thierknochen stammen von wilden Säugethieren und zahlreichen Vögeln (von Hausthieren ist nur der Hund vertreten); die Feuersteingeräthe sind roh geschlagen und nicht polirt. Diese Ueberreste menschlicher Ansiedelungen gehören einer sehr fernen Zeit an, der Zeit des nicht polirten Feuersteins.

Während des glänzenden internationalen Congresses für vorhistorische Archäologie zu Kopenhagen (27. August bis 3. Septbr. 1869), aus welchem Männer der Wissenschaft aus ganz Europa versammelt waren und an welchem auch der Geh. Archivrath Dr. Lisch aus Schwerin Theil nahm und zu einem der Vicepräsidenten erwählt ward, war am 30. Aug. auch eine Fahrt nach dem zunächst liegenden Kjökkenmödding=Haufen bei Sölager veranstaltet. Sölager liegt am Ausgange der Roeskilde= und Ise=Fjords in das Kattegat, bei Lynaes, 6 Meilen nördlich von Roeskilde. Die glänzend ausgerüstete Expedition ging zuerst auf der Eisenbahn durch Extrazug bis Roeskilde, von Roeskilde auf einem großen Dampfschiffe 6 Meilen durch den Fjord nach Sölager und von hier auf vielen von den Landleuten der Umgegend gestellten Wagen zu den gegen 1/2 Meile von Sölager an der Küste liegenden Kjökkenmödding. Hier waren unter der Leitung der Herren Professor Steenstrup und Kammerrath Herbst einige Tage vorher geeignete Anstalten zur Untersuchung des innern, auf der Oberfläche schon bewachsenen, lang gestreckten und hohen Hügels getroffen, indem weite und tiefe Gräben auf und ab durch den Hügel gezogen waren, so daß das Innere des Hügels in den Seitenwänden der Gräben von der großen Gesellschaft genau durchwühlt und durchforscht werden konnte, was denn auch von Allen mit der größten Begier ausgeführt ward. Das ganze Innere

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des Hügels oder Berges stellte sich als eine ungeheure Masse von Millionen von uralten Muschelschalen dar, welche reichlich mit Thierknochen, Fischgräten, Feuersteingeräthen gemischt war. Die zahlreichen Funde bei der Ziehung der Gräben waren bei der Ankunft der Congreßmitglieder unter einem Zelte geordnet ausgestellt. Jeder der Anwesenden arbeitete, forschte und suchte selbst in wissenschaftlichem Verkehr. Bei der Rückkehr am Abend in Roeskilde ward die Gesellschaft durch Erleuchtung des eben restaurirten prachtvollen Domes und vollendetes Orgelspiel überrascht. Der ganze Tag war ein wahrer Festtag bei günstigem Wetter. Die Ausbeute, welche der Geh. Archivrath Dr. Lisch gewonnen und dem Vereine als Geschenk mitgebracht hat, besteht aus folgenden Stücken:

35  Austerschalen (Ostrea edulis);
48  Herzmuscheln (Cardium edule);
7  Miesmuscheln (Mytilus edulis);
4  Strandschnecken (Litorina (Turbo) littorea);
5  Säugethierknochen;
12  Vogelknochen;
2  polirte knöcherne Pfriemen, davon 1 von dem Herrn Jägermeister Bruun auf Humlebek bei Helsingör gefunden und geschenkt;
12  von Menschenhand scharfkantig geschlagene, unregelmäßige Feuersteinstücke;
1  Austernbrecher von Feuerstein;
1  "Schraper" von Feuerstein;
10  Messer und Pfeilspitzen von Feuerstein;
3  geschlagene Steine von andern Arten;
1  kleiner cubischer Granitstein, mit darüber gebogener Muschelschale beklebt.

 

 

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