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(Höhlenwohnung.)
Es ist für die Geschichte der Stadt Schwerin gewiß von Interesse, auch die zur Heidenzeit bewohnt gewesenen Stellen kennen zu lernen, und daher Alles zu sammeln, woraus man auf solche Stellen vermuthen kann. Es sind schon früher wiederholt Entdeckungen mitgetheilt, und zuletzt noch in Jahrb. XXXI, 1866, S. 63 und 60, über Wohnplätze aus der Bronzezeit bei der Leimsiederei und zu Zippendorf. Im Sommer 1867 haben sich wieder Spuren von Ansiedelungen aus der Steinzeit gezeigt, welche früher auch auf der Schloßinsel unter den Schloßfundamenten beim Bau beobachtet ward. Der "Ostorfer Berg", auf welchem die Artillerie=Kaserne steht, fällt gegen Norden hin ziemlich rasch, jedoch noch sanft in die Tiefe ab, wo der Ostorfer See in die sogenannte "Seke" (Sieche) am ehemaligen "Sekenbom" (Siechenhausbaum), jetzt Berliner Thor, oder den "Fließgraben" gegen Schwerin hin abfließt. Hier, unmittelbar rechts vor dem Berliner Thor, dicht beim Großherzoglichen Jägerhofe, an der Seke und dem Ostorfer See, wo der Berg in einer sanften Abdachung endigt, hat sich der Herr Maler Suhrland im Jahre 1867 bis 1868 ein Haus mit großem Atelier bauen lassen, welches an einem sehr schön und günstig gelegenen Punkte steht. Der Boden ist noch fest, Lehm und Sand, und hat nur an der "Seke" etwas schmales Gartenland von schwarzer Erde.
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Beim Ausgraben der Erde zu den Fundamenten wurden hier im festen Boden einige steinerne Alterthümer gefunden, welche Herr Suhrland dem Verein schenkte:
ein spanförmiges Feuersteinmesser, 4 1/2 Zoll lang, außerordentlich regelmäßig geschlagen, zweischneidig mit dem Schlagansatz, und
ein Feuersteinspan, eben so lang, auch mit einer Spur von Schlagansatz, zu einem einschneidigen Messer zu gebrauchen, beide von Menschenhand geformt. Leider ward der Fund zu spät bekannt, um genauere Forschungen anstellen zu können.
Die Stelle, welche bisher unbeachtet gewesen ist, ist für eine menschliche Ansiedelung außerordentlich günstig gelegen, und erst jetzt nach Jahrtausenden wieder zur Geltung gekommen. Es wird hier in der Steinzeit eine Höhlenwohnung gewesen sein. Pfahlbauten können hier nicht gestanden haben, da der Boden aus fester Erde besteht; jedoch können diese in den Niederungen an oder in dem nahen Ostorfer See oder dem ebenfalls nahen Burgsee oder dessen Moorufern Stelle gefunden haben.
Im April 1868.
G. C. F. Lisch.
Hierdurch aufmerksam gemacht, hat Herr Suhrland im Frühling 1868 während der Vollendung des Baues und des Gartens schärfere Beobachtungen angestellt und in der Erde noch 4 größere und 12 kleinere Feuersteinspäne, dreiseitig und vierseitig, gefunden, welche theils zu Schneidewerkzeugen, theils zu Pfeilspitzen gebraucht werden können. Alle sind regelrecht von Menschenhand geschlagen und zeigen größtentheils den muschelförmigen Schlagansatz, einige auch Spuren von Gebrauch. Es ist daher wohl ohne Zweifel, daß an dieser Stelle in uralter Zeit Feuersteingeräthe von Menschen gemacht wurden. Herr Suhrland hat auch diesen Fund dem Vereine geschenkt.
Im Juni 1868.
G. C. F. Lisch.
Im Herbst 1868 entdeckte Herr Suhrland während des Grabens beim Einärnten von Gemüse im Garten wieder 40 Feuersteinspäne, welche er gleichfalls dem Vereine schenkte. Alle sind ebenfalls sichtlich durch Menschenhand geschlagen,
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meistentheils Abfall, jedoch fast alle zu Messern oder Pfeilspitzen brauchbar, einige Stücke besonders gut gestaltet. Manche scheinen auch gebraucht zu sein, andere sind Bruchstücke von zerbrochenen regelmäßigen Messern.
Im November 1868.
G. C. F. Lisch.