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III.

Ueber

des Herzogs Magnus II. von Meklenburg

Lebensende.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.


Die Erkenntniß des Lebensendes bedeutender Manschen ist für die Beurtheilung ihres ganzen Lebens wesentlich wichtig. Das Lebensende eines Menschen ist, um einen bildlichen Ausdruck zu gebrauchen, der Besiegelung einer Urkunde zu vergleichen.

Einer der bedeutendsten Fürsten Meklenburgs war der Herzog Magnus II. († 1503), der Sohn Heinrichs IV. († 1477), der Stammhalter des jetzt blühenden Fürstenhauses und der erste Alleinherrscher aller Meklenburgischen Lande.

Rudloff in seiner Meklenburgischen Geschichte II, S. 891, urtheilt bei Gelegenheit von des Herzogs Tode: "Ihm war in dem Schoße seiner Familie die reinere Freude vor behalten, ein reiches Maaß häuslicher Glückseligkeit zu genießen." Allein ungetrübt war sein Lebensalter nicht. Er litt lange an einer unheilbaren Krankheit, an welcher er auch starb. Er litt an dem schrecklichen Aussatz (lepra), welcher damals auf dem ganzen Erdkreis grassirte. In seinem Epitaphium in der Kirche zu Doberan, welches von dem unten besprochenen kundigen herzoglichen Leibarzt Dietrich Ulsen verfaßt ist, heißt es, indem der Herzog sich selbst redend in etwas schwülstiger Sprache einführt:

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Dum magna paro, majora relinquo,
Injecere manus maxima fata mihi;
Nam dum saeva lues toto grassatur in orbe
Lichnica, crustosis ulcera stigmatibus,
Nulla meos potuit virtus superare dolores,
Quin perii, mortem nulla medela levat.

Während ich Großes bereite, das Größere aufgebend,
Ergriff mich das größte Schicksal.
Denn als jene wüthende Seuche auf dem ganzen Erdkreis grassirte,
Sich zeigend in Flechten mit räudigen Malen von Schwären,
Konnte keine Kunst meine Schmerzen stillen
Und kein Mittel meinen Tod verhüten.

Diese Krankheit kann nach meiner Ansicht nur der schreckliche Aussatz 1 ) ("räudiger Aussatz") sein. Sonst hat sich kein anderer Geschichtschreiber über die Ursache des Todes des Herzogs ausgesprochen, als Franck im Alten und Neuen Meklenburg VIII, S. 291, welcher nach dem Doberaner Epitaphium sagt, daß er an einer "ansteckenden Räudigkeit" gestorben sei.

Wahrscheinlich hatte der Herzog sich die Krankheit aus dem Orient und dem Süden geholt. Er hatte nämlich 1470- 1471 seinen Vetter, den Herzog Ulrich II. von Meklenburg=Stargard, den letzten seiner Linie, auf einer Wallfahrt nach dem Gelobten Lande, über Italien, wo er auch zwei Mal bei dem Papste war, begleitet 2 ).

In Ermangelung weiterer Nachrichten kann die Geschichte der herzoglichen Leibärzte den Gang der Krankheit des Herzogs aufklären helfen.

Dr. Conrad Schwestermüller.

In seiner Noth sah sich der Herzog Magnus nach geschickten und erfahrnen Aerzten in der Ferne um, da in den Archivnachrichten Leibärzte aus früherer Zeit nicht bekannt


1) Ueber den Aussatz vgl. "Virchow Zur Geschichte des Aussatzes und "der Spitäler", in dessen Archiv für pathologische Anatomie, Bd. XVIII, auch in 5 Heften als Separatabdruck weit verbreitet.
2) Vgl. F. Boll, Geschichte des Landes Stargard, II, S. 188 flgd.
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sind. Am 26. Decbr. 1493 beriefen 1 ) die Herzoge Magnus und Balthasar den Meister Conrad Schwestermüller, der Arzenei Doctor, auf zwei Jahre zu ihrem "Leibarzt", der seine eigene "Häusung" und Wagen und Pferde zu Wismar haben sollte. Eigentlich ward Schwestermüller nur auf Urlaub geliehen. Er war Leibarzt am Brandenburgischen Hofe. Am 5. April 1483 verschrieb der Markgraf, spätere Kurfürst, Johann Cicero von Brandenburg († 1499) dem Meister Conrad Schwestermüller, der Arzenei Doctor, gewisse Lehen und Güter in der Herrschaft Brandenburg zum Angefäll und Mannlehn 2 ). Auch besaß Schwestermüller ein eigenes Haus in Berlin (Cöln an der Spree), wie sich weiter unten zeigen wird. Man sollte daher annehmen, daß er nur hin und wieder zum Rath nach Meklenburg berufen sei; aber der Verlauf zeigt, daß er einige Jahre wirklich in Meklenburg gewohnt hat. Die Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg erzeigten dem Herzoge diese Gefälligkeit wohl aus verwandtschaftlicher Liebe, denn des Herzogs Mutter Dorothea von Brandenburg († 1491) war eine Vaterschwester des Kurfürsten Johann.

Am 26. Decbr. 1493 erhielt also Schwestermüller seine Bestallung von den Herzogen von Meklenburg. Er war aber schon vorher nach Meklenburg gegangen. Am 27. Sept. 1493 bat der Bischof von Havelberg 3 ), Busso von Alvensleben, zu Wittstock, den Herzog Magnus, ihm den Doctor Conrad noch eine Zeit lang zu vergönnen, bis seine Krankheit eine andere Gestalt gewinne. Aber der Bischof starb schon am l6.Octbr. 1493.

Schwestermüller blieb nun seit Anfang des Jahres 1494 einige Jahre in Meklenburg. Am 8. Jan. 1496 forderte aber der Kurfürst Johann, indem er selbst kränkelte, seinen geschwornen Leibarzt und Diener Dr. Conrad Schwestermüller von den Herzogen zurück, da derselbe nicht entlassen, sondern nur auf etliche Jahre beurlaubt sei. Die Herzoge verweigerten aber die Entlassung des Arztes, welcher "zwei Jahre in ihren Diensten gestanden" habe, da er ihnen abgetreten sei und bei ihnen zu bleiben zugesagt habe; sie wollten ihn aber gerne 2 bis 3 Wochen beurlauben. Am 4. April 1496 forderte der Kurfürst den Doctor mit Bestimmtheit zurück. Aber diese zweite Aufforderung hatte ebenfalls keinen Erfolg.


1) Die Bestallung im Concept im Schweriner Archive ist gedruckt in Dr. Blanck's Verzeichniß der "Mecklenburgischen Aerzte", S. 5.
2) Gedruckt in Riedel Cod. dipl. Brand. C, II, p. 290, Nr. 238.
3) Nach Archiv=Nachrichten.
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Nach dieser Zeit erscheint Schwestermüller nur selten in der Geschichte.

Der Herzog Magnus hatte am 17. Julii 1499 nach Schwestermüllers Abgang den Doctor der Medicin Nicolaus Scholle, welcher zu Wismar wohnte, auf halbjährige Kündigung zum Leibarzt angenommen und ihm dabei, wenn er es wünschen sollte, eine "Lectur in der Medicin" an der Universität Rostock in Aussicht gestellt. Von diesem Leibarzt ist aber weiter nicht die Rede.

Der Kurfürst Johann starb im Jahre 1499 und ihm folgte in der Regierung sein älterer Sohn Kurfürst Joachim I. Nestor († 1535), dessen Schwester Ursula mit des Herzogs Magnus ältestem Sohne Heinrich dem Friedfertigen vermählt ward.

Der Herzog Magnus lebte auch nicht lange mehr. Er starb an seinen Leiden, tief betrauert, am 20. Novbr. 1503 und ward in der Kirche zu Doberan begraben. Er hinterließ 3 Söhne: Herzog Heinrich (den "Friedfertigen"), Herzog Erich und Herzog Albrecht (den "Schönen"), von denen jedoch Erich auch kränklich war und schon 1508 starb.

Die Kurfürsten von Brandenburg hatten neben Schwestermüller noch einen andern Arzt, den Bruder Conrad Diell, Bruder des Barfüßer=Ordens, welcher nach dem Tode des Kurfürsten Johann um das Jahr 1499 seinen Dienst aufgab 1 ).

Schwestermüller war unter solchen Umständen, und vielleicht selbst alt, nach Berlin zurückgekehrt. Nach des Kurfürsten Johann Tode nahmen dessen Söhne, der Kurfürst Joachim und der Markgraf Albrecht, den "Meister Conrad Schwestermüller, der Arzenei Doctor, welchen ihr Vater löblicher Gedächtniß Kurfürst Johann die Zeit seines Lebens zu seinem Leibarzt gehabt hatte, zu ihrem Rath und Leibarzt wieder an 2 )". Riedel setzt die undatirte Urkunde in das Jahr 1503.

Jedoch ward Schwestermüller in schwierigen und bedenklichen Fällen in Meklenburg doch hin und wieder zu Rathe gezogen, namentlich wegen der Krankheit des Herzogs Erich, welcher vielleicht auch den Aussatz hatte. In den zuverlässigen Rechnungen des Rentmeisters Claus Trutmann zum Jahre 1505 heißt es:


1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand C, II, p. 428, Nr. 344.
2) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. C, III, p. 157, Nr. 131.
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"1505.
   "XXX gulden doctor Conrad Szwestermoller gegeuen, als he in myns g. h. h. Erichs kranctheyt to Szwerin was. In vigilia paschae (22. März)."
   "XX ß. gegeben Lorentz dem burgermester, die hatte doctor Conradt in seinem hause vertzert, als er bei Hertzog Erich in seiner kranckheit waß."

Im Jahre 1506 lebte Schwestermüller noch. Der Kurfürst Joachim und der Markgraf bestellten, ohne Datum, den Meister Albrecht Rademann, der Arzenei Doctor, zu ihrem Leibarzt 1 ), mit der Versicherung, nach Abgang und Absterben des Doctors Conrath Swestermüller ihm seinen Sold mit 50 Gulden rheinisch zu verbessern. Riedel setzt die Urkunde in das Jahr 1506.

Im Jahre 1522 war Conrad Schwestermüller aber todt. In diesem Jahre bestätigte der Kurfürst Joachim 2 ) seinem Kämmerer Jacob Salberger den Besitz des Hauses, welches "Doctor Conrad seliger", früher des Kurfürsten Johann "Leibarzt, inne gehabt" und worauf er "aus seiner Stube ein Studorium (wohl: Museum und Bibliothek) gebauet". Aus dieser Andeutung mag sich schließen lassen, daß Conrad Schwestermüller ein wissenschaftlich forschender Mann war.

Dr. Dietrich Uelsen.

Nach dem Tode des Herzogs Magnus († 1503) beginnt mit dem Anfange des 16. Jahrhunderts unter seinen Söhnen, den jungen Herzogen Heinrich, Erich und Albrecht, in Meklenburg eine neue Richtung und Strömung. Im Anfang ihrer Regierung treten zwei bekannte Männer, von auswärts berufen, auf, welche in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entscheidenden und nachhaltigen Einfluß haben: der Canzler Caspar von Schöneich und der Rath Dr. Nicolaus Marschalk. Caspar von Schöneich war schon seit 1503 als Rath und Gesandter für Meklenburg thätig und ward im Jahre 1507 nach dem Tode seines Vorgängers und Vetters Brandanus von Schöneich Canzler 3 ). Dr. Nicolaus


1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. C, III, p. 179, Nr. 152.
2) Vgl. Riedel daselbst p. 302, Nr. 254.
3) Vgl. Jahrb. IV, S. 95.
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Marschalk (Dr. Nicolaus Marschalcus Thurius), ein vielseitig gelehrter und gebildeter Mann, als Geschichtschreiber und Dichter viel besprochen und bekannt, kam 1505 als Rath und Gesandter in meklenburgische Dienste 1 ). Mit ihnen tritt der neue Leibarzt Dr. Dietrich Uelsen in die Erscheinung und zeigt sich als Freund Marschalks. Dietrich Uelsen, von Herkunft ein Friese, der freien Künste und der Medicin Doctor, war ein ausgezeichneter Arzt und gekrönter Dichter. In seinem zu Schwerin ausgestellten lateinischen Dienstrevers vom 7. Febr. ("dominica post Dorotheam") 1507 2 ) nennt er sich "Theodericus Ulsenius, artium "et medicinae doctor", und Nicolaus Marschalk sagt in seinen Annalen 3 ), daß "Udalricus 4 ) Ulsenius, Frisius, iatrus "excellens et poëta laureatus" geWesen sei. Ich habe geglaubt, den lateinischen Namen Ulsenius in Uelsen oder Uelzen verdeutschen zu müssen. Er soll früher, 1486, Stadt=Physikus in Nürnberg gewesen sein 5 ) und medicinische Schriften und Gedichte in lateinischer Sprache herausgegeben haben. In seiner von ihm entworfenen Dienstinstruction zu seinem Dienstrevers vom Jahre 1507 nennt er sich "kaiserlichen Leibarzt" ("Th. Vlsemus Caesareus Archiiatrius"). Vielleicht war er dies während seines Aufenthalts in der Reichsstadt Nürnberg geworden. Aber Uelsen wird nicht von Nürnberg nach Meklenburg gekommen sein. Man wird ihn unter einem andern Namen zu suchen haben. Auf der Rückseite seines Dienstreverses steht, anscheinend von der Hand des Herzogs Heinrich geschrieben: "Dochter Dytteriches Refersall". Man wird ihn also als "Leibarzt Doctor Dietrich " zu suchen haben. Und wirklich findet sich zu jener Zeit ein solcher in Lübek und Meklenburg. Er wird sich also von Nürnberg nach Lübek gewandt haben, wo damals reger medicinischer Verkehr herrschte und die Apothekerei 6 ) schon blühete. So viel ist gewiß, daß der Leibarzt Doctor Dietrich aus Lübek kam und zwar schon vor seiner Bestallung, seit dem Jahre 1505, dem herzoglichen Hofe diente. Wahr=


1) Vgl. Jahrb. IV S. 95 flgd. und 118.
2) Gedruckt in Blanck's "Meklenburgische Aerzte", S. 4.
3) Nicolai Marschalci Thurii Annales Herulorum etc. gedruckt in v. Westphalen Mon. ined. T. I, p. 314.
4) Marschalk a. a. O. nennt ihn irrtümlich mit Vornamen Ulrich: Udalricus Ulsenius, ein Fehler, der sich viel fortgepflanzt hat.
5) Nach Planck a. a. O.
6) In seiner Dienst=Instruction machte Uelsen sich auch zwei "Knechte" aus, von denen einer "der Apotheke vorstehen" sollte, und behielt sich vor, daß ihm die "Arzenei, wo nicht Apotheken wären", bezahlt würde.
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scheinlich vermittelte sein Freund Nicolaus Marschalk seinen Uebertritt nach Meklenburg, da dieser schon im Jahre 1505, gleich nach seiner Berufung, oft in Staatsverhandlungen als Gesandter vielfach mit Lübek in Verkehr stand 1 ).

Die Landes= und Hofrechnungen des Landrentmeisters Claus Trutmann, welche durchaus zuverlässig sind, geben hierüber willkommenen Aufschluß.

Es heißt hierin z. B.:

1505.
    II gulden Hanszen Barberen gedan vnnd geschickth na Lübeck to holen den doctor den liffartz, to Swerin (9. Septbr.).
    II ß. dem doctor to hofslage to Gadebus (16. Sept.).
    VI gulden gedan doctor Diderik vp die apteken to Lübeck to Gadebus vnnd to hulpe syner teringe (7. Oct.).
    II gulden doctor Diderik, de he vp der apteken to Lübeck hadde vthgegeuen (30. Octbr.).
    XII gulden doctor Diderike myner g. h. arste,ehn to Lübek vp die abteken geschicket vth beuel mynes g. h. h. B. to Szwerin (22. Novbr.).
1506.
    XV ßl. 1 Pfennig (Meckl.) Lorentz. Hadde doctor Didericks des artztes knecht verzehrt (Brandani).
    XXV gulden gegeben doctor Diderick dem liparzt vp sinen solt (26. Febr.).

Endlich erfolgte im Febr. 1507 die feste Anstellung Uelsens als herzoglicher Leibarzt in Schwerin. Veranlaßt ward diese Anstellung wohl durch die Kränklichkeit des Herzogs Balthasar, des Bruders des Herzogs Magnus, welcher schon am 16. März 1507 starb, und durch die Krankheit des jungen Herzogs Erich († 1508). Dies scheint aus folgenden Aufführungen in den Renterei=Rechnungen hervorzugehen:

1507.
    XV gulden doctor Diderik vp sin solt to Swerin (9. Jan.).
    XX gulden doctor Diderick dem artz vp sin Solt to Swerin (11. Decbr.).
    XIII gulden I Ort gegeuen to Lübeck vp die apoteke doctor Diderick witlick von wegen meines g. h. h. Erichs .


1) Vgl. Jahrb. IV, S. 95 flgd.
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Am 7. Febr. 1507 stellte er den oben erwähnten Dienst=Revers, auf halbjährige Kündigung lautend, aus, und machte den Entwurf einer Instruction für seinen Dienst.

"In der Jahresübersicht der Besoldung des Hofgesindes" vom Jahre 1507 heißt es:

I c VII gulden doctor Dittrich m. g. h. leipartzsten.

Von hier an kommt Doctor Dietrich nur wenig vor. Es heißt in den Renterei=Rechnungen:

1508.
    X gulden dem artzt von Lübeck ghein godebus gehalt wardt hertzog Eriche .
    VI gulden auf die apotek dem szelben artzt obberanthwurt.

Im August 1508 reisete die herzogliche Familie im Lande und mit derselben auch Herzog Erich. Aber schon am 22. Decbr. 1508 starb der Herzog Erich, erst 25 Jahr alt.

Seit dieser Zeit verschwindet Dietrich Uelsen aus der Geschichte. Er mag sich bei veränderten Verhältnissen wieder nach Lübek zurückgezogen haben. Es hat sich wenigstens keine Nachricht über ihn weiter finden lassen.

Johannis 1510 bestellten die Herzoge Heinrich und Albrecht den Johann Horn, der Arzenei=Doctor, zu Wismar, zu ihrem Leibarzt. Neben oder unmittelbar nach demselben kommen auch andere Leibärzte vor.

Der Doctor Dietrich Uelsen hat noch eine gewisse geschichtliche Bedeutung wegen des dichterischen

Epitaphiums auf den Herzog Magnus II.

in der Kirche zu Doberan, über seinem Grabe. Man sollte glauben, daß Nicolaus Marschalk dieses Epitaphium gemacht habe, da dieser für Geschichte und geschichtliche Denkmäler sehr thätig war, auch in der Kirche zu Doberan 1 ), wo er mehrere andere Inschriften und Epitaphien gemacht hat, welche aber leider alle um das Jahr 1750 "renovirt" sind. Aber Marschalk sagt selbst 2 ),

daß Dietrich Ulsenius, ein ausgezeichneter Arzt und gekrönter Dichter, welcher mit ihm unter seinen Söhnen


1) Vgl. Jahrb. IV, S. 118.
2) Nicolai Marschalci Thurii Annales Herulorum etc. gedruckt in v. Westphalen Mon. ined, T. I, p. 314.
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gedient habe, das Grab des Herzogs Magnus durch ein Gedicht verherrlicht hat,

und theilt dann das hier unten abgedruckte Gedicht mit, welches um so werthvoller ist, als Uelsen ein gleichzeitiger, erfahrener Arzt und zugleich Dichter war.

"Obiit vero (dux Magnus) diem post facinora
"egregia multa anno natali Christiano millesimo
"quingentesimo tercio X calendas Decembres, Do-
"berani tumulatus, cuius sepulchrum Udal-
"ricus 1 ) Ulsenius, Frisius, iatrus excellens et
"poëta laureatus, qui mecum post sub filiis illius
"militabat, carmine illustravit."

Das Original dieses Gedichts fand ich im Jahre 1860 in der Kirche zu Doberan bei dem Abbruch der alten im Jahre 1608 erbaueten Orgel. Es war eine große eichene Tafel mit goldenen Buchstaben auf schwarzem Grunde, wenn auch hin und wieder etwas ausgebessert, welche schon früh, vielleicht in der "Renovations"zeit, zu einer Staubklappe zum Schutze der Orgel benutzt war. Ich habe damals das Gedicht sorgfältig abgeschrieben und theile es hier nach dem Originale mit.

   Megapolensis eram dux magnus nomine Magnus,
Caesaribus gratus principibusque viris.
Pronus Apostolica Papae bis cernor in aula,
Austriacus fouit Caesar uterque meos;
Perpetuam dedit ille rosam, sacra bractea regum,
Hi[c] mihi feudorum gratia bina fuit.
Etheriae patriam Solymae peregrinus adiui,
Militiam Domini sancta per arua petens.
Gaudebunt ataui titulis, tellure nepotes
Proxima cura subit, relligionis honos.
Auximus his fines, sed stemmata iunximus illis.
Nostra reformatis stat pia turba choris.
Rostochiumque ferox domui, tibi, diue Jacobe,
Sanguine cum proprio Canonicos statuens.
Quod pepuli Uerpos, Christi bona sacramenta
Stellarum Montis secta cremanda ferit.
Haec (?) pietas, dum magna paro, maiora relinquo,
Iniecere manus maxima fata mihi.
Nam dum saeva lues toto grassatur in orbe


1) Irrthümlich statt Theodericus.
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Lichnica, crustosis ulcera stigmatibus,
Nulla meos potuit uirtus superare dolores,
Quin perii, mortem nulla medela leuat.
Induperatorum regumque ducumque potestas
Et cunctae stellis subpeditantur opes.
Eheu magna cadunt, paruum est, quodcunque uidemus.
Jamque ducis Magni nomina sola manent.
Pectoribus loquor haec doctis, indocta rogabunt.
Sit mea cum patribus mens bene grata Deo.

Die Lesung wird sicher sein. Nur das erste Wort (Haec) in der 17 Zeile ist im Originale undeutlich.

Gedruckt ist dieses Gedicht schon früher in folgenden Schriften:
1) David Chytraeus. Oratio de judiciis ecclesiasticis. Rostock, 1571. Anhang. (Epitaphium Magni ducis Megapolensis etc. sepulchro Doberani additum ab Virico Vlsenio, Frisio.)
2) Schröder's Wismarsche Erstlinge. 1734, S. 338.
3) V. Westphalen Monumenta ined. (in Marschalci Annales Herulorum). T. 1, 1738, p. 314.
4) Franck's A. und N. Meklenburg, Buch VIII, 1754, S. 296. (Nach Chytraeus).

 

 

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