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Die Kirche zu Bössow.

Das Ratzeburger Zehntenregister von 1230 führt das Dorf Burissowe, das heutige Bössow, unter den nach Damshagen eingepfarrten Ortschaften auf; in den Jahren 1309 bis 1311 und wahrscheinlich im letzten Jahre gründete der Ritter Johann Storm daselbst eine Pfarre (Mekl. Urk.=Buch 3491), zu welcher noch das bis dahin nach Grevesmühlen gehörige Torstorf und Großenhof gelegt wurden. Ob damals schon die heutige Kirche gebauet wurde, ist schwer zu entscheiden. Die Gesammtanlage wie die Details sind von einer so großen Einfachheit, man kann wohl sagen Rohheit, daß sie mehr dem Anfange des 16. Jahrh. entsprechen, als dem 14. Säculum, während doch manche Umstände auf letzteres hinweisen könnten. Die Kirche bildet eine längliche, im Osten dreiseitig aus dem Sechseck, wie es scheint, geschlossene Halle, die nicht gewölbt ist und auch nicht mit der Absicht sie zu wölben aufgeführt wurde. Beide Langseiten haben je zwei Fenster, die drei Chorseiten jede eins.

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Die Fenster sind in kurzen Blenden angebracht, die mit einem Bogen geschlossen sind, welcher sich stark dem Rundbogen nähert. Sie sind einpfostig und mit rohen Stäben eingefaßt. Fries und Gesimse fehlen dem Gebäude. Im Westen ist ein mit einem allerseits abgewalmten Dache bedeckter Thurm vorgelegt, der sich gegen die Kirche mit einem weiten Bogen öffnet. Eine Sacristei ist nicht vorhanden, auch nicht in Aussicht genommen.

Wenn es gestattet ist, hiernach die Kirche der ersten Hälfte des 14. Jahrh. zuzuweisen, so könnte möglicherweise die Vollendung in die Mitte desselben gesetzt werden, denn 1354 am 11. Mai bekannten sich Gottschalk Storm, Marquard vom Loo und eine Anzahl Bauern verschuldet mit 25 M. L., Martini zahlbar:

Lib. parv. civ. W. f. 134. Gotscalcus Storm, Marquardus de Lo, Conradus Assel, Johannes Kerkhof, Vicke Clatte de Borzowe, Hinricus Wittehoued, Godeke Danquardes, Henneke Rike tenentur iunctis manibus domino Volmaro Lewetzowen XXV m. Lub. d. in festo beati Martini episcopi nunc proximo affuturo sine briga persoluendas expedite. Actum LIIII °, Cantate.

am 8. December desselben Jahres mit 40 M. L., nächsten Martini zahlbar:

Lib. p. civ. W. f. 138, Gotscalcus Storm, Marquardus de Lo, Conradus Assele, Johannes Kerkhof, Hinricus Wittehoued, Vicke Klatte, et Gotfridus Danquardi et Henneke Rike tenentur iunctis manibus domino Volmaro Lewetzowen XL m. Lub. d. in festo beati Martini proximo affuturo sine omni protractione et briga persoluendas. Actum LIIII ° in die sancte concepcionis beate Marie.

und am 22. März 1361 mit 55 M. L., Michaelis zahlbar:

Lib. p. c. W. f. 170. Dominus Gotscalcus Storm et sui subditi de villa Borsowe Johannes Kerkhof, Gotfridus Danquardes, Johannes Rike, Hinricus Wittehoued, Johannes Werners, Vicko de Borsowe tenentur coniunctis manibus domino Volmaro Lewetzowe et Thidemanno de Sundis et eorum veris heredibus quinquaginta quatuor m. Lub. d. in festo sancti Michahelis nunc proxime

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affuturo ipsis expedite et sine briga persoluend[a]s. Antedicti sex debitores arbitrati sunt eoram domino Andrea Bukowen et me, quod post dictum festum sancti Michahelis, si non persoluerint, ut premittitur, quod nullo ducatu frui volunt neque debent propter debita premissa et pro domino Volmaro et Thidemanno de Sundis et eorum veris heredibus. Actum feria secunda post dominicam Palmarum.

Ohne Zweifel wurden diese Schulden im öffentlichen Interesse gemacht; bei Privatschulden würden Standesgenossen gebürgt haben. Möglicherweise könnten sie zum Behufe des Thurmbaues contrahirt worden sein.

Auch zwei andere Umstände können dafür sprechen, daß wir in der That einen Bau des 14. Jahrh. vor uns haben, nämlich die Existenz zweier Grabsteine, die beide letzterem angehören, und ein gemaltes Fenster, welches schwerlich später als aus dem Anfange des 15. Jahrh. zu datiren ist. Auf jene ist weniger Gewicht zu legen, da sie aus dem ersten Bau in einen jüngeren hinübergenommen sein könnten, wie das häufig der Fall war, aber die Fensterschildereien sind offenbar für diesen unseren gegenwärtigen Bau angefertigt worden und tragen bestimmt einen Charakter, der dem 14. Jahrh. sehr nahe steht, was ganz besonders von dem darin angebrachten Wappen gilt. In dem Bogen der heraldisch rechten Lucht ist ein rechts gekehrter Stechhelm mit einfach bogig ausgeschnittener rother Decke angebracht, der eine Art Rad oder Rosette trägt, welches mit drei Paar je von einander gekehrten weißgrauen Federn (?) besteckt ist. Die Nabe und die Felgen des Rades sind roth, der Speichenraum aber ist gleichmäßig acht Mal roth und weiß getheilt. In dem Bogen der linken Lucht sieht man einen gelehnten, unten spitz zulaufenden (dreiseitigen) weißen Schild mit drei (2.1) sechsspeichigen, rothen Rädern, das Wappen der Storm. (Der Wappenschild der Storm ist abgebildet im Mekl. Urk.=Buch, Bd. VI, zu Nr. 4008). Die Form des Helms, der Decke und des Schildes entsprechen bestimmt einer älteren Zeit. Weniger läßt sich das von den figürlichen Darstellungen sagen, da es bei diesen ihrer Seltenheit wegen an Erfahrung mangelt. Von sechs Tafeln haben sich vier, nämlich eine in der rechten, drei in der linken Lucht erhalten. Die Figuren sind weiß auf blauem Grunde, und die Glorien, Kronen, Attribute u. s. w. gelb gefärbt. Jede Tafel ist von einem Bogen überspannt und

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auf der ersten links sieht man auch eine Inschrift, die sich jedoch nicht entziffern ließ; ein Datum scheint sie nicht zu geben. Zeichnung und Composition sind ohne Verdienst, dennoch aber diese Reste bei ihrem Alter und der Seltenheit gemalter Fenster von großem Werthe. Der Inhalt ergiebt sich aus folgender Uebersicht:

Übersicht

Von den erwähnten beiden Grabsteinen hat der eine auf den Ecken die Evangelistensymbole und die Umschrift:

Umschrift

d. i. Anno domini MCCCLXXI in die Phylippi et Jacobi (Mai 1) obiit Johannes Kerchaf. Anno domini MCCCLXX (nicht ausgefüllte Lücke) obiit Walburgis vxor eius.

Die Lücke ist nicht ausgefüllt. Ueber Johannes Kerkhof vgl. oben das Wismarsche Stadtbuch.

Der andere Stein hat gleichfalls die Evangelistensymbole auf den Ecken und die Umschrift:

Umschrift
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d. i. Anno domini M°CCCXCVI in die beati Dyonisii episcopi (October 9) obiit dominus Johannes Storm, miles, . . . . . . . . . . Deedleuus, Johannes, filii eius. Orate deum pro ipsorum animabus.

Die zweite kurze Seite ist von dem Altarschrankwerke bedeckt. Auf der inneren Fläche des Steins sieht man einen gelehnten gespitzten (dreiseitigen) Schild mit drei (2.1) sechsspeichigen Rädern und über demselben einen Stechhelm mit bogig ausgeschnittener Decke, über dem sich drei Paar je von einander gekehrten Reiherfedern 1 ) erheben. Die minder reiche Ausstattung des Helmschmucks gegenüber demjenigen des Fensters scheint für das jüngere Alter des letzteren zusprechen.

Die Lucht rechts vom Altar enthält auf kleinen Scheiben in Farben die Wappen eines Henneke v. Plessen, eines v. Plessen und einer v. Bülow und ein v. Alefeld'sches und ein v. Bassewitz'sches. Letztere haben die Unterschrift:

Jvrgen v. Alefelt patron diser kirch mortvvs a° 1589

und

Dorotheia v. Basseviten (!) motva (!) a° 1610.

Die Kanzel stammt aus dem 17. Jahrhundert, der Altar in moderner Gothik sammt dem Taufständer aus dem gegenwärtigen. Auch die Glocke gehört der neueren Zeit an.

Dr. Crull.     



1) Ich gebrauche diesen Ausdruck auf die Autorität von Milde hin, der die gleiche Zierrath auf dem Siegel des Timmo Colre Meinerstorp, Holst, u. Lauenb. Siegel zu Taf. 9, N. 126, so nennt. Gleicher Gestalt sind die jetzt als herabhangende Lilien geformten Zierrathen an dem v. Lützow'schen Helme in der Kirche zu Gadebusch auf einem Glasgemälde, welche der Länge nach halb grün, halb gelb gefärbt sind.