zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber die Fassung der Steinkeile.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Cultur der Steinzeit in Norddeutschland und der in der Schweiz liegt in der Steinart des Keils, des Gerätes, welches in beiden Gegenden am häufigsten erscheint und zu den verschiedensten Zwecken gebraucht sein wird. Die Keile, welche in sehr großer Menge in der Schweiz gefunden werden, sind, da der Feuerstein in der Schweiz fehlt, alle aus grünsteinartigem Fels, aus Serpentin, Diorit und diesen verwandten Steinarten; dabei sind die Schweizer Keile am Bahnende zugespitzt. Die ebenfalls sehr zahlreichen Keile der nordeuropäischen Tiefländer sind vorherrschend aus Feuerstein und am Bahnende stumpf abgeschlagen, mit vierseitigem Durchschnitt; Keile aus Diorit werden auch gefunden, jedoch nur selten, und haben immer eine andere Gestalt, als die Feuersteinkeile, sind also wahrscheinlich aus der Fremde eingeführt.

Sehr merkwürdig ist nun die Befestigungsweise des Keils in den verschiedenen Ländern. So weit der Serpentinkeil reicht, werden sehr zahlreiche Fassungen oder Schäftungen von Hirschhorn gefunden; der Serpentinkeil ward zuerst in einem ausgehöhlten Ende Hirschhorn befestigt, und diese Fassung in einen Griff gesetzt. In den norddeutschen Tiefländern ist nie eine Keilfassung irgend einer Art für die Feuersteinkeile gefunden. Nur ein Mal ist in Meklenburg beobachtet worden, daß ein Feuersteinkeil in einen Holzklotz gesteckt war; leider ist das Werkzeug selbst nicht erhalten (vgl. Jahrb. XXVI. S. 131). Dieser auffallende und bedeutende Unterschied scheint seinen Grund in den verschiedenen Eigenschaften der Steinarten zu haben. (Vgl. Jahrb. XXX, S. 24 flgd.) Der Diorit und Serpentin ist sehr zähe und fest und kann den harten Widerstand des Hirschhorns ertragen. Der Feuerstein dagegen ist, wenn auch sehr hart und scharf, doch spröder und springt viel leichter, als der Diorit; daher findet man in Norddeutschland viel mehr beschädigte Keile, als in der Schweiz. Es war daher gerathen, den Feuerstein in ein elastisches Holz zu fassen, welches beim Schlage dem spröden Feuerstein nicht einen festen Widerstand leistete. Es werden daher in Norddeutschland auch wohl keine hörnerne Keilfassungen gefunden werden. Wahrscheinlich wurden die Keile unmittelbar in einen keulenartigen Holzgriff eingesetzt. In dem Pfahlbau von Wismar sind zwei Griffe von Holz, freilich sehr eingetrocknet, gefunden, welche zur Aufnahme eines kleinen Keils ausgehöhlt sind.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Hiemit übereinstimmend und sehr bemerkenswerth ist eine Erfahrung, welche in den zahlreichen Pfahlbauten des Untersees des Bodensees gemacht ist. Hier ward als große Seltenheit in dem Pfahlbau bei Bodman eine große Werkstätte von Feuersteinwerkzeugen gefunden, jedoch, wie überhaupt am Untersee, keine einzige Keilfassung aus Hirschhorn. So auch ist es in dem Pfahlbau von Wangen an demselben See. Dem Gemeinderath Caspar Löhle zu Wangen ist am Untersee bei seinen langjährigen Pfahlbauforschungen nur eine einzige Hirschhornfassung eines Keils zu Gesicht gekommen. Vgl. Keller Pfahlbauten, fünfter Bericht, S. 15 flgd., und Lindenschmit Hohenzollernsche Sammlungen, S. 179.

Es scheinen also die hirschhörnernen Keilfassungen sogleich zu verschwinden, sobald die Bearbeitung des Feuersteins auftritt, selbst wenn die Grenzen sehr nahe liegen.

G. C. F. Lisch.