zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 70 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VI.

Die Stadt Woldegk.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.


D er Herr Maurermeister Scheidling zu Malchin schenkte im Jahre 1868 dem Vereine einen gezeichneten Plan der Stadt Woldegk in Meklenburg=Strelitz, welcher im Jahre 1580 aufgenommen ist, in einer Copie vom Jahre 1780. Dieser Plan, wenn auch schon sehr zerrissen, giebt nun sowohl durch die Zeichnung, als durch die zahlreichen Eintragungen ein vollständiges Bild von der Einrichtung und Verwaltung einer kleinen, befestigten Stadt im Mittelalter und ist daher bei der großen Seltenheit solcher Ueberlieferungen von außerordentlichem Werth. Dieser Werth wird noch erhöhet durch die ungewöhnliche. und seltene Regelmäßigkeit der Anlage der Stadt, welche wahrscheinlich nach dem großen Brande im Jahre 1443 entworfen und durchgeführt ist, da alte Stadtanlagen nie so regelmäßig zu sein pflegen.

Der Plan enthält außer der vollständigen Zeichnung:

1) zu beiden Seiten ausführliche Nebenschriften vom Jahre 1580, welche über die Befestigung, Eintheilung, Hauptgebäude und Verwaltung der Stadt ziemlich vollständige, fast urkundliche Nachrichten geben, und

2) in dem Plane selbst vollständige Eintragungen der Namen der Straßen und besonderer Oertlichkeiten.

Die Nebenschriften werden im Folgenden wörtlich zur Mittheilung kommen.

Die Eintragungen vom Jahre 1580 werden aber unten, in Berücksichtigung der Nebenschriften, in einer verarbeiteten Uebersicht dargestellt werden.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 71 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueberschriften.

Die Ansehnlieche Stadt Woldegk.

Grundriß. Die oben gemeldete Stadt Anno 1580. Welches von J. C. Casime derzeit ist aufgenommen und anjetzo bey Regierung Sr. Hertzogl. Durchlauchten Adolpf Fridrich der IVte vor des A[mts=]Schlechter Mst. Lenh. Wilfarts Hause ist gefunden, und ist solches nach den alten Riß, so wie derzeit die Stadt mit Thürme, Wäll und Mauren befestiget gewesen, dernach durch den Amts=Maurer Meist. Joh. Joach. Saeger aufs neue abgezeignet. Woldegk 1780. den 18. Jän.


Auf der Rückseite.

Dieser Stadt[grund]riß soll nach meinem Tode an die Cämmerey - - geschencket - seyn. 1781. F. Brix junior Senat, et Camer. etc.


Dieser Plan ist mir 1837 von dem alten Ackerbürger Joachim Schütt geschenkt worden.

Runge, Pastor.


Nebenschriften.

Verzeichnisse neben dem Stadtplan.

[De] Stadt [Woldegk] mit Wall und [M]uren beste[ht aus 1]0 Grad=Höft=krütz=straten, 6 in [de] Länge und 4 in [de] depe. Se sind in 32 Eckstraten mit Namen to finden.

De Stadt het 3 Doppelt Wallthoren, de mit Fall und Gitter Angel thorn fest sind.


[Stadtmauer und Wikhäuser.]

De Mure besteit in 16 Wickhüser, da unna 4 verdeckte Höft=Wickhüsa na de 4 höft=winde. Da bi 1 Fang=torm und ehn torm, darin de Jungfer=Wippe de Minschen to tod to küssen. Ock sind 3 hohe Wallen vör de Fiende säcker gemackt mit 3 tohr=Zingel=Torm.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 72 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Not. De Stadt [=Brunnen].

1ten Marck[t=Brunn].
2ten Frie=B[runn].
3ten Crütz=[Brunn].
4ten Prester=[Brunn].
5ten Jungpfer=[Brunn].
6ten Blott=Brunn.
7ten Stern=Brunn.
8ten Stein=Brunn.
9ten Thor=Brunn.
10ten Closter=Brunn.
11ten Dependahl=Brunn.
12ten Goldtberg=Brunn.

Nachricht von den Thoren.

13te. Nieg=Thor mit Fall und Spies Tohr.
14te. Js de Wall und Angel Gitter Tohr.
15te. De Zingel torm.
16te. Borg=Tohr mit Fall und Angel Tohr.
17te. De Junfer Wippe bringt von Leben to dode.
18te. De Zingel torm.
19te. Branborg=Tohr, führt Stadt Adler, mit Fall und Angel tohr.
20te. De Fang=torm.
21te. Angel Tohr führt in de Stadt Märckt, darin ehn Kühl hängt.
22te. De Zingel Torm.
23te. Olt Burch=Tohr.
a. b. Schloß=Wall.
24te. Burch=Wall.
25te. Burch=Graben.
  NB. Wegen die Kühl in das Brandenbursche Thor befindet sich die Ausdrücke schriftlich zu lesen:
      Wer seinen Kinder giebet Brodt
Und leidet hernach selber Noth,
Den schlage man mit Küelen todt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

[To] Naricht is ok to weten.

De Stadt is in 4 Virtel ingedelet na de 4 Höft Wickhüser, de gerade Höft Stradt von ehn dohr na dat anna is de Hälfte Stadtscheidung, Und de höst Crütz=Stradt, da de Sellmarckt an fält, de mackt ut de 4 Virtel in de Stadt.

De Regimenters darin sind geset:

Twe Burgemeisters, davon ehn Jahr um dat anna dat wort het.
Ehn Stadt Richter.
Vihr Höft Wickhüser Rathmänna, davon is ehn Stadt Schriber.
Sösteigen Börger Wickhus alle Männa, da unna sind vier na de jede Virtel Höft Männa in gedelet, de dat Wort mit de 12 Bisitters führen.
Twe Prestern.
Twe Scholmans.
Ehn Köster.
Twe Kirchen Vorsteher.
Twe Nachtwächter, jede het de halbe Stadt Wacht.
Alle Festdage dromet de Kunstpiper Gott to ehren in de Petri=Kirch bi de Orgel, ock von dat Rathus torm.
Alle Stillen Fridag singen de Alle=Männa dat Lieden Christi ab in de Kirch.
Alle Nie Jahr singen de Scholmänna in de Stadt und de Kunstpiper piept in de Stadt und üb dat land, de [alle beyde sammlen se].


Von Häuser und Erben diese Stadt.

Darnach sind noch die Perdinenzen eingetheilet bey ein jedes haus oder stelle, so in ein Creutzstrase lieget, wen es verkauft wird, gehöret zum hause dabey ein hausgarten und eine wiese; die dazu auch vor alters gewesene Aecker Wörländer sind in der Kriegs und Pest Verwüstung gebracht und sind jetzo nicht beim Häuser zu suchen mehr.

(Neue Aufzeichnung: 1765. Durch ein Geschenck und Stiftung ist eingeführet und zum Ewigen Andencken, auf den Stillen Freytag nach Vesperzeit die Scheide Glocken des Gekreuzigsten Jesu zu ziehen. 1780. F. Brix j.)


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 74 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

[Oeffentliche Gebäude.]

A.
B.
C.
D.
E.
F.
G.
H.
J.
K.
L.
M.
N.
O.
P.
Q.
R.
S.
Margt=Platz.
Spritzen=Hus.
Dener=Hus.
Wage.
Brodscharrn.
Fleschscharrn.
Rathhus.
Petri=Kirch.
Prester=Hus.
Prester=Porden=thurn.
Kirch=thurn.
Köster=Hus.
Prester=Hus.
Fronerey.
Lustgarn und derren Hüser.
Arm=Hus.
Heilgeist=Kirch.
Scholl=hus.

Uebersicht

nach den Eintragungen.

Die Stadt Woldegk bildet ein regelmäßiges, an den Ecken abgerundetes, längliches Rechteck, mit den Seiten fast grade in der Richtung der 4 Hauptweltgegenden ("Hauptwinde").

Die Stadt war mit Mauern, Gräben und Wällen umgeben.

Das südöstliche Viertheil des Walles zwischen dem Neuen Thore und dem Burgthore hieß der "Burgemeisterwall", das nordöstliche Viertheil zwischen dem Burgthore und dem Neubrandenburger Thore hieß der "Rathmännerwall"; die westliche Hälfte vom Neubrandenburger Thore um die westliche Hälfte der Stadt herum bis an das Neue Thor hieß der "Bürgerwall". Dies sind die "3 hohen Wälle" zur Sicherung gegen die Feinde.

Die Stadt hatte drei Hauptthore, je eines in der Mitte der Stadtmauer nach einer Weltgegend hin: im Norden das Brandenburger Thor, im Osten das Burgthor, im Süden das Neue Thor. Gegen Westen, jedoch nicht grade in der Mitte, sondern mehr im Südwesten, war ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 75 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

viertes, einfaches Thor: das Alt=Burg=Thor ("Olt Burch=Tohr").

Die drei Hauptthore waren "Doppelthore", mit einer durch Seitenmauern geschützten sogenannten "Zingel" zwischen dem innern und äußern Thor; die innern Thore hatten "Fall= und Spießthore". Im Walle war ein "Angel=Gitter".

Neben jedem äußern Thore stand ein "Zingelthurm".

Neben beiden innern Thoren des Neubrandenburger und des Burgthores stand noch ein Thurm, welche Thürme von besonderer Merkwürdigkeit sind.

Neben dem innern Brandenburger Thurm, an welchem die bekannte Keule mit der merkwürdigen Inschrift hing, stand westwärts in der Mauer der "Fangthurm" (in andern Städten auch Fangelthurm genannt), wahrscheinlich sicheres Gefängniß für feindliche Gefangene (was bei Schlössern "Burgverließ" hieß). An diesem Thore war auch das Stadtwappen oder der "Stadt=Adler", da die Stadt Woldegk einen Schild mit dem Brandenburgischen Adler in einem Baume ("Wold") im Siegel führt.

Siegel

Neben dem innern Burgthor, nordwärts, stand in der Mauer ein Thurm, welcher die "Jungfernwippe" hieß. Hierüber sagen die Nebenschriften: "De Junfer=Wippe bringt vom Leben to dode" und: "De Jungfer=Wippe de Minschen to dode to küssen". Hier war also ohne Zweifel eine Maschine mit Schwertern zum Hinrichten im Geheimen; wahrscheinlich war in dem Thurm auf dem Fußboden eines Gemaches eine Fallthür ("Wippe"), durch welche der Verbrecher in Schwertern fiel, wahrscheinlich solche, wie sie früher im Burgverließ, dem Gefangenenthurm, des Schlosses zu Schwerin lagen und noch in der großherzoglichen Waffensammlung im Schlosse aufbewahrt werden. Die Woldegker Nachrichten sind nun von außerordentlicher Wichtigkeit, da sie zu den wenigen gehören, welche mit Bestimmtheit über das wirkliche Vorhandensein der viel besprochenen "Eisernen Jungfrau" reden, und zwar so bestimmt, daß an eine Täuschung gar nicht zu denken ist. Man vergleiche über die Eiserne Jungfrau Jahrb. XV, S. 357 flgd. Die Wahrheit dieser Nachrichten scheint dadurch bestätigt zu werden, daß die nächste Straße am Thor und an der Mauer

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 76 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

seit alter Zeit die "Blutstraße" 1 ) und der Brunnen in derselben, hinter dem Jungfernwippe=Thurm, der "Blutbrunnen" hieß.

In der Mitte der Stadt war der Marktplatz. Auf demselben stand das Rathhaus mit einem hohen Thurme. Vor der nördlichen Langseite des Rathhauses lagen an der Südseite des nächsten Häuser=Quartiers öffentliche Gebäude: in der Mitte das "Dienerhaus", östlich davon der "Fleischscharren", westlich der "Brotscharren". An der östlichen Ecke in der nächsten Straße (Marktstraße) war das "Spritzenhaus", an der westlichen Ecke in der nächsten Straße (Breiten=Straße) die "Waage". Hinter diesem Häuser=Quartier hieß die nächste Straße der "Sellmarkt".

Von Thor zu Thor gingen über den Marktplatz zwei Hauptstraßenzüge, deren einzelne Straßen durch die Häuser=Quartiere besondere Namen trugen: vom Neubrandenburger Thor nach dem Neuen Thor: Neubrandenburger Thor=Straße, Krämerstraße, Breitestraße, Marktplatz, Braustraße, Ringthorstraße; vom Burgthor bis gegen das Alt=Burgthor: Burgthorstraße, Poststraße, Marktplatz, Wasserstraße, Backstraße. Man sieht aus den Namen dieser Straßen, daß sich hier von Anfang an der reichere Hauptverkehr festsetzte.

Alle Straßen der Stadt durchschneiden sich nach den Hauptstraßenzügen in graden Linien rechtwinklig, und die Häusergruppen bilden rechtwinklig angelegte Gruppen oder Quartiere. Die Nebenschrift sagt: "De Stadt besteht aus 10 Grad=Höft=Krütz=Straten, 6 in de Länge und 4 in de Depe. Se sind in 32 Eckstraten mit Namen to finden".

Nach den Thoren und den Hauptstraßenzügen war die Stadt in vier Viertel getheilt und darnach die Verwaltung geregelt. Die Scheidung nach der Breite ging durch den Straßenzug vom Brandenburger Thor nach dem Neuen Thor über den Marktplatz. Die Scheidung nach der Länge ging aber nicht vom Burgthor über den Marktplatz, sondern, um wohl mehr Gleichmäßigkeit in der Bevölkerung zu erzielen, durch den Straßenzug über den Sellmarkt, dessen westliche Ecke als die Mitte der 4 Hauptquartiere in der Stadt galt. Eine Nebenschrift sagt: "De höst Crützstradt, da de Sell=


1) Auch in der Stadt Parchim heißt die nächste Straße an dem ehemaligen Kreuz (oder richtiger: Krüzener= oder Krüzer=)Thor: Blutstraße. Hier mag am Thor ein ähnlicher Thurm gestanden haben, wie in Woldegk.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 77 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

markt an fäll, de makt ut de 4 Viertel in de Stadt", d. h. wohl die Kreuzung am Sellmarkt und der Kramer= und Breitenstraße.

Die Verwaltung der Stadt war nach den Wikhäusern angeordnet. In der Stadtmauer standen 16 sogenannte Wikhäuser, in jedem Viertel 4. Grade nach jeder Hauptrichtung der 4 Himmelsgegenden stand ein Hauptwikhaus. Die Nebenschrift sagt: De Mure besteit in 16 "Wikhüser, dar unner 4 verdeckte Höft=Wikhüser na de 4 Höft=Winde". Es waren also in der Mauer 4 Hauptwikhäuser und 12 Wikhäuser. Die Hauptwikhäuser standen unter den 4 Rathmännern als Hauptleuten, welche das Wort führten, und die 12 Wikmänner waren ihre Beisitzer. Die Nebenschrift sagt: "De Stadt is in 4 Virtel ingedelet na de 4 Höft=Wikhüser. De Regimenter darin sind geset. Twe Bürgemeisters. Vihr Höft=Wikhüser=Rathmänner, davon is ehn Stadt=Schriber. Sösteigen Börger Wikhus alle Männer, dar unner sind vier na de jede Virtel=Höft=Männer ingedelet, de dat Wort mit de 12 Bisitters führen".

Um die Stadtquartiere herum gingen an der Stadtmauer entlang "Gänge", welche nur an der Stadtseite mit einer Reihe von Häusern bebauet waren, um die Verteidigung der Stadtmauer nicht zu hindern. Der Gang vom Neuen Thor nach dem Burgthor, um die Kirche und den Kirchhof herum, hieß der Todtengang, vom Burgthor nach dem Brandenburger Thor der Katergang, vom Neubrandenburger Thor nach dem Alt=Burgthor der Ziegengang ("Zegengang"), vom Alt=Burgthor nach dem Neuen Thore der Hundegang.

In dem südöstlichen Viertel (1. Wikhauptmannsschaft) war am Ende der Stadt, zwischen dem Neuen und dem Burgthore, am Todtengang, die Kirche, welche St. Petri=Kirche genannt wird, mit dem Kirchhof, zwei Predigerhäusern, dem Küsterhause, dem Schulhause, dem Priesterbrunnen. Die Längsstraße des Viertels hieß die Thurmstraße, die Querstraße die Mönchenstraße ("Mönken=Stradt"). Wovon diese Straße den Namen führt, läßt sich nicht ermitteln. Ein Mönchskloster war in Woldegk sicher nicht. Daß sie von den Priestern an der Kirche den Namen habe, ist auch grade nicht anzunehmen. Möglich ist es, daß irgend ein auswärtiges Bettelmönchskloster hier ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 78 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nebenhaus, eine Terminarei, nicht weit von den Pfarrhäusern hatte.

In dem nordöstlichen Viertel (2. Wikhauptmannschaft), zwischen dem Burgthor und Brandenburger Thor, am Katergang, war kein Institut von Bedeutung, vielmehr scheint sich hier die Bevölkerung der niederen Gewerbe angesiedelt zu haben. Die Längsstraßen sind: die Kronstraße und die Petersilienstraße, die Wurststraße ("Wuststradt", die einzige krumme Straße) und die Baustraße ("Buhstradt"), dann der Katersteig nach dem Katergang.

In dem nordwestlichen Viertel (3. Wikhauptmannschaft), zwischen dem Brandenburger und dem Alt=Burgthor, am Zegengang, lag westlich neben dem Brandenburger Thor in der Ecke an der Neubrandenburgerthor=Straße und der Klosterstraße die Kirche des Hospitals zum Heiligen=Geist mit Thurm, daneben an der Klosterstraße das dazu gehörende Armenhaus und hinter demselben und an der Kirche der Kirchhof. Die Längsstraße daneben hieß die Klosterstraße, wahrscheinlich nach dem Heil. Geist=Hospitale so benannt, obgleich dieses kein eigentliches Kloster war; der Brunnen am Ende der Klosterstraße hieß der Klosterbrunnen. Die übrigen Straßen sind: Längsstraßen: Fleischstraße und Brüderstraße; Querstraßen: Schmalzstraße ("Schmoltstradt") und Tiefenthal ("Dependahl"), und am westlichen Ende die lange Wollenweberstraße.

In dem südwestlichen Viertel (4. Wikhauptmannschaft) lag am Ende der Stadt an der Stadtmauer, innerhalb derselben, etwas südwestlich, und nicht dem Burgthor, sondern der Kirche gegenüber, auf einem weiten, mit Bäumen umgebenen Platze die "Burg" mit dem "Burgwall" und vor demselben stadtwärts der "Burggraben". Auf dem Burgwall, dicht neben dem "Alt=Burg=Thor", rechts am Ausgange aus demselben, lag das Fundament (wahrscheinlich Ruinen) der Burg, ein langes Quergebäude mit zwei vorspringenden Flügeln. In der Stadtmauer am Burgwall war das einfache "Old=Burg=Thor", ein Nebenthor, unmittelbar neben dem ersten Hauptwikhause; beide lagen der Längsstraße, der "Schloßstraße" gerade gegenüber, welche in den Hauptquerstraßenzug mündete. Wir haben hier also noch die vollständige Anlage einer fürstlichen Burg, welche in den Städten gewöhnlich an der Stadtmauer lag und einen eigenen Thoreingang in der Stadtmauer hatte. Wie sich dieses "Alt=Burg=Thor" zu dem gegenüber liegenden "Burgthor" verhält, ob sich zu verschiedener Zeit fürstliche Burgen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 79 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in verschiedenen Gegenden nachweisen lassen, kann nur eine genaue Untersuchung an Ort und Stelle an der Hand der Geschichte lehren. - Der leere dreieckige Zwickel im Süden zwischen dem Burgwall, der Stadtmauer und der Mündung der Schloßstraße hieß der Gänsewinkel, an welchem noch 2 Häuser der Stadt standen und in der Mauer ein Wikhaus. Die nächste Häuserreihe vor dem Burgwall und dem Burggraben hieß der "Grüne Gang", und hinter der westlichen Häuserreihe vor dem Burggraben war innerhalb des Häuserquartiers zwischen Schloßstraße, Backstraße und Schmiedestraße der "Lustgarten", mit einem Zugange von der Burg her, also schon ein alter Vergnügungsort im Freien innerhalb der Stadt. - Die Querstraße dahinter hieß die Schmiedestraße.

Endlich sind auch die 12 Brunnen der Stadt verzeichnet, welche abweichend vom niederdeutschen Sprachgebrauch "Brunnen" (nicht "Sode" oder "Pumpen") genannt werden. Die 12 Brunnen, welche alle Beinamen hatten, waren folgende:

In der ersten Wikhauptmannschaft:

1) "Marktbrunnen" (auf dem Markt neben dem Rathhause).

2) "Freie Brunnen" ("Frie Brunnen" am Sellmarkt).

3) "Kreuzbrunnen" (in der Poststraße nahe am Markt).

4) "Priesterbrunnen" (beim Predigerhause am Ende der Poststraße).

5) "Jungfernbrunnen" (am Ende der Jungfernstraße, nicht weit vom Kreuzbrunnen).

6) "Blutbrunnen" (in der Blutstraße bei der Jungferwippe nahe am Burgthor).

In der zweiten Wikhauptmannschaft:

7) "Sternbrunnen" (an der Kronstraße).

8) "Steinbrunnen" (an der Baustraße).

In der dritten Wikhauptmannschaft:

9) "Thorbrunnen" (dicht am Brandenburger Thor neben der Heil. Geist=Kirche).

10) "Klosterbrunnen" (am Ende der Klosterstraße im Anfange der Wollenweberstraße).

In der vierten Wikhauptmannschaft:

11) "Tiefenthalbrunnen" ("Dependahlbrunn" in der Tiefenthalstraße).

12) "Goldbergbrunnen" (an der Ecke der Schloß= und Schmiedestraße).

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 80 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nur eines ist auf dem alten Plane nicht zu finden: die alte Stelle der "Frohnerei", welche jedoch wohl in der Gegend der "Burg" gelegen haben wird. In den jungem Zeiten war die "Scharfrichterei" in dem vierten Hauptwikhause westlich nicht weit von dem Neuen Thore.


Dies ist das ziemlich klare und belebte Bild der Stadt Woldegk, welches wohl ein Vorbild zur Erkenntniß alter Stadtanlagen zu bieten vermag.


Hinterschriften.

Auf der Rückseite des Stadtplans sind in 6 Columnen gegen das Ende des 18. Jahrhunderts vom Anfange des Jahrhunderts an die Behörden und Beamten der Stadt verzeichnet, wie es scheint von der Hand des Burgemeisters Weichel. Darnach sind die Listen von andern Händen bis in das zweite Viertheil des 19. Jahrhunderts fortgeführt. Der Herr Burgemeister, Rath Wegener hat die Güte gehabt, die Listen bis auf die neuern Zeiten fortzuführen, wie die Eintragungen mit [ ] bezeichnet sind. Nach einer Mittheilung desselben reichen die Stadtacten nur bis zum Burgemeister Burchard zurück, welcher am 10. Januar 1702 beeidigt ward, da ein großer Brand im Jahre 1703 auch das Rathhaus mit allen Urkunden einäscherte.

De anno 1701
sind folgende Magistrats- und Amt . . . . . . . . . .
in dieser Stadt erwählet worden.


Burgemeister.

Gerven, Burgemeister.
1701. Burchard, Burgemeister et Oeconomus.
1749. Mercker, Burgemeister.
1768. Bartholdi, Burgemeister et Jud. et Oecon.
1772. Weichel, Burgemeister.
1792. Merker.
1813. Hartwieg.
1850. Wulfleff.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 81 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

[Bis auf Buchard reichen die Stadtacten zurück; er ist vereidigt am 10. Januar 1702; Burgemeister Gerven ist dabei zugegen gewesen.
Mercker als Hülfsburgemeister vereidigt am 4. Julii 1746.
Bartholdi 1764.
Mercker war bis 1814 Stadtsecretair und Senator, sowie des kranken Weichel Substitut. 1814 wird er zum Burgemeister ernannt.
Hartwig 1815 zweiter Burgemeister.
Wulffleff 1830 Burgemeister.
Wegener 1852.]


Senatores oder Rathmänner.

1701. Schmid, Rathmann.
Silberberg, Rath M. et Cämer.
R. Fischer, Rathmann.
1717. Evert, Secretair.
1720. Knüttel, Secr. et Senat.
1723. Müller, Rath M. et Cämer.
1739. Fr. Brix s., Rathmann.
1756. Spiegelberg, Rath M. et Cämer.
1758. Wietfeld, Rath M.
1762. Weichel, Secretair et B. M.
1764. F. Fischer, Rath M. et Cäm.
1772. Fr. Brix j., Rath M. et Cäm.
1773. Jacobi, Rath M. et Cäm.
(-) Mercker, Secretair et Sen.
(-) (. . . .)chmann (. . . . . .)
1778. Casbaum, Rathmann.
1779. Adermann, Rath M. et Cämer.
1796. Westfahl, R. M.
1811. Budde, (. . . . . .)
1816. Walter, Senat.
1820. Weichel, Secr. u. Senat.
1831. Pentzlien, Sen. u. Cäm.
1831. Hertzog, Sen.
1833. Randler, Sen.
[1842. Witte.
1852. Brasch.
1859. Horn.
1867. Kandler.]

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 82 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Judex oder Richter.

1606. Bagemühl.
1736. Rocks.
1760. Bartholdi.
1772. Colberg.
1783. Helm . . .
1809. v. Behmen.
1823. Müller.
1832. Held.
[1852. Wegener.]

Pastoren oder Prediger.

Präpositus Grantzien.
Pastor Bucholtz.
Past. Mercker.
Past. Wetzel.
Past. Müller.
Past. Fuchs.
Past. Schultz.
Past. Asmis.
Past. Reinholtz.
Runge 1833.
Kracht 1833.
[Bahr 1851.
Fischer 1859.]

Schull=Collegen.

1701. Rector Kämpfer.
1716. Cantor Jacobi.
1756. Cantor Sponholtz.
1758. Rector Kähler.
1760. Cantor Weinemann.
1773. Cant. Weichel Rector.
1781. Huth, Cant., Rector.
1782. Wietfeldt Cantor.
1808. Linde, Cantor, Rector.
1818. Tillemann, Cant., Rect.
1820. Hartwig Cantor.
1822. Jacobi Rector.
1824. Ruschel Cantor.
1829. Müller Rector.
1829. Asmis Cantor.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 83 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

(NB. Die Jahreszahlen vor den Namen der Lehrer sind meist unrichtig. Neuere Bemerkung von der Hand des Pastors Runge.)

[1843. Schönbeck, Rector.
1850. Otto, Rector.
1853. Voigt, Rector.
1860. Genzmer, Rector.
1864. Schulenburg, Conrector.
1868. Rieck, Cantor.]

Post[meister.]

1775. Jacobi Post.
1779. Adermann Post.
1811. Westphal.
Weichel.
1813. Brasch Secr.
1833. Kober Postmeister und Steuereinnehmer.

 

Vignette