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III.

Das heilige Moor bei Sanitz.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.


I n dem Kirchspiel Sanitz, zwischen Rostock und Tessin, hat eine Kirche gestanden, welche bisher ganz unbekannt gewesen ist. In dem noch von katholischen Beamten aufgenommenen Kirchen=Visitations=Protocolle vom Jahre 1534, von welchem mehrere Exemplare vorhanden sind, heißt es in einem einzigen Exemplare:

"Amt Ribnitz.

Sanntze. De kercke is ein furstlich Lehenn."
"Jtem darhenn hort ock de kercke tor Denschenborch".
"Jtem noch hort darhenn de kercke to deme hilligen More ."

Dies ist die einzige Nachricht über die Kirche; alle Versuche, sie sonst noch in den Urkunden und Acten des Archivs erwähnt zu finden, sind fruchtlos geblieben.

Ich wandte mich daher an den Herrn Pastor Voß in Sanitz, um wenigstens noch Ort und Stelle und Sagen aufzutreiben, und diesem ist es denn auch gelungen, einen sichern Anhaltspunkt zu finden. Der Herr Pastor Voß berichtet am 26. Mai 1866 folgendes: "Auf dem Felde des Gutes Vietow, zwischen Sanitz und Tessin, welches zu dem gräflich v. Bassewitzschen Seniorat und zum Kirchspiel Sanitz gehört, liegt rechts am Wege nach Weitendorf auf einer kleinen Anhöhe ein Sumpfloch, welches das "Hillige Moor" genannt wird. Nahe daran liegt der Kapellenberg, und nicht weit davon eine Wiese, genannt das Klosterbruch. Auf dem Kapellenberge hat noch bis

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vor ungefähr 20 Jahren das Fundament einer nicht allzukleinen Kreuzkapelle gestanden. Bei Gelegenheit des Baues der Chaussee nach Tessin hat der damalige Senioratsbesitzer Graf v. Bassewitz=Perlin die granitenen Fundamentsteine zum Chausseebau verkauft, die sehr schönen Ziegel aber sonst verwandt. Zum Andenken hat der Graf jedoch einen großen, ungefähr 6 Fuß langen und breiten, auf einer breiten Fläche ganz glatten Granitblock, welcher zur Schwelle gedient hat, aufrichten und mit kleineren Steinen stützen lassen. Weiter hat sich bis jetzt nichts finden lassen; nur wird gesagt, daß wegen dieser Kapelle an die Pfarre zu Basse noch eine geringe Abgabe gegeben wird, welche jetzt auf das Gut Niekrenz gelegt sein soll."

Der Name und die Stelle dieser Kirche sind also gesichert; das "Klosterbruch" mit einem kleinen Gewässer ist auch noch auf der großen Schmettauischen Karte bei Vietow an der angegebenen Stelle bezeichnet. Da sich weiter gar keine Nachrichten finden, so ist es wahrscheinlich, daß hier kein Dorf, sondern nur eine im freien Felde einzeln stehende Kapelle, vielleicht eine Votivkirche zum Andenken irgend einer Begebenheit, gestanden hat, welche wohl seit der Reformation wüst gestanden und im dreißigjährigen Kriege untergegangen ist. Aus welcher besondern Veranlassung aber die Kapelle erbauet sein mag und woher die Stelle das Heilige Moor heißt, ist völlig unklar. Sagen haben sich bisher auch nicht finden lassen. Eine heidnische mythologische Bedeutung möchte ich in dem Worte "Heilig" nicht suchen. Die Bezeichnung mit "Heilig" ("hillig") kommt auch sonst an Oertlichkeiten im Lande vor, z. B. an Seen. Ich finde darin nur eine Uebersetzung von "Sanct" (heilig), nämlich von dem Namen des Heiligen des Gotteshauses, welchem der Besitz gehörte, wie z. B. "Heiligenhagen" bei Schwan vollständig "Heiligengeisteshagen" hieß, nach dem Hospital zum Heiligen Geist zu Riga, welchem die Besitzung gehörte.


So weit war die Forschung bis zum Jahre 1866 gediehen, als im Frühling 1872 eine urkundliche Entdeckung über diese Kirche überraschendes Licht gab. Unter den Urkunden des St. Georgen=Hospitals vor Rostock, welche zur Benutzung für das Meklenburgische Urkundenbuch dem Staats=Archive auf einige Zeit anvertraut waren, befindet sich nämlich eine Urkunde vom 13. April 1435, durch welche "Guzlav v. Preen zum Hofe, d. i. Oberhof bei

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Sanitz, von dem Gotteshause der heiligen Jungfrau Sanct Katharinen zum Heiligen Moor und dessen Vorstehern und dem Henneke v. Kardorff zu treuer Hand 20 sundische Mark leihet, und demselben dafür eine Mark Geldes aus einem Erbe und Gericht und Dienst aus einem andern Erbe verpfändet" 1 ). .Dies ist nun ohne Zweifel die zur Frage stehende, zur Pfarre Sanitz gehörende Feldkirche zum Heiligen Moor zu Vietow. Henneke v. Kardorff übernahm die Verschreibung "zu treuer Hand", weil er Grundherr und wahrscheinlich auch wohl Patron war. Denn seit dem Jahre 1418 erscheint Henneke Kerkdorp lange als Besitzer des Gutes Vitekow, welches er von den York gekauft haben und mit welchem er 30. Mai 1418, freilich nach einer gefälschten Urkunde, von dem Herzoge Albrecht belehnt sein soll; vgl. auch Geschichte und Urkunden der Familie v. Kardorff, von Masch, S. 85 flgd. Später kamen die v. Preen in den Besitz des Gutes Vietow.

Die an die Kirche zum Heiligen Moor verpfändeten Grundstücke lagen wohl sicher in dem angrenzenden Gute Oberhof, welches früher: "to deme Hove" hieß. Außer Guzlav v. Preen hatten auch die Storm einen Antheil von Oberhof im Besitze. Daher war auch "Storm" Zeuge der Verschreibung. Dies wird Claus Storm gewesen sein. Denn am 5. Januar 1443 verpfändet "Claus Storm, knape, tome Haue" den Vorstehern zu St. Jürgen vor Rostock seinen Hof zum Hofe, "den katen mit der haluen houen vnd wurtstede", für 500 Mark, und am 26. August 1461 quittirt Claus Storms Wittwe Adelheid die Vorsteher des St. Jürgen=Hauses über die noch rückständigen 50 Mark von den 500 Mark und verläßt den Besitz dem Gotteshause zu St. Jürgen vor Rostock. Mit diesem Grundbesitze wird das St. Georgenhaus vor Rostock auch in den Besitz des Pfandbesitzes der Kirche zum Heiligen Moor und damit bis heute in den Besitz der hier mitgetheilten Urkunde gekommen sein. Denn auf der Rückseite dieser Urkunde steht von einer Hand aus der frühern Zeit des 16. Jahrhunderts geschrieben: "Dit heft S. Jürgen geioset". Und am 13. Dec. 1527 berichten die Vorsteher des Gotteshauses zu St. Jürgen vor Rostock, daß sie den Preenen gar keine Gerechtigkeit an dem Dorfe zum Hofe zugeständig seien.



1) Vgl. Anlage. Ich verdanke die Nachweisung dieser Urkunde dem Herrn Archivar Dr. Wigger.
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Anlage.

Guslav v. Preen zu Oberhof verpfändet dem Gotteshause St. Katharinen zum Heiligen Moor bei Vietow einen Katen und Gericht und Dienst von einem andern Katen (zu Oberhof) für 20 sundische Mark.

D. d. 1435. April 13.

Ik Gustlof Preen wônactich to deme Hôue bekenne vnde botûghe ôpenbâr an dessem brêue vôr alsweme, dat ik byn schuldich myd mynen rechten eruen deme godeshûse tôme hilghen môre der hilghen. iuncfrowen sunte Katerinen vnde den vôrstenderen, de dâr nv synt edder kômen môghen to tôkômen tyden, vnde Henneke Kerkdorpe to trûwer hant twyntich sundesche mark, dâr vôr hebbe ik settet deme vôrscreuen godeshûse vnde vôrstenderen êne mark gheldes an deme erue vnde acker, dat nû bewônt Bertol Went, vnde rychte vnde dênest an deme erue, dat nv bewônet Hans Scorlyen, des se scholen brûken vmbekummert to vmbenômeden iâren, vnde môghen dat panden edder panden lâten, wen den vôrstenderen des nôd is, sunder hynder, vnde ick Gustlof Preen myd mynen eruen schal vnde wil den vôrscreuen vôrstenderen disser vôrscreuen mark gheldes quyd vnde fryg wâren vnde den dênst vôr allen anval. Wortmer wen ik Gustlof Preen edder myne eruen willen lôsen disse vorscreuen mark gheldes vnde dênst edder de vôrstender disses vôrscreuen godeshûs willen wedder hebben dissen (dissen) vôrscreuen summen pennynghe, so schal een dem anderen tôsegghen to ême pâschen to deme nêgesten sunte Merten to berêdende een vnde tvyntich mark vnde des dênstes also langhe to brûkende sunder hynder. AI disse stukke vnde artykel lôue ik Gustlof Preen myd mynen eruen deme vôrscreuen godeshûs vnde vôrstenderen stede vnde vast to holdende sunder arch edder hulperede. To mêrer bekantnisse vnde lôuen so hebbe ik Gustlof Preen vôrscreuen myen ingheseghel vôr my vnde myne eruen (eruen) henghet vôr dissen breef, vnde to êner tûghenysse mede boseghelt hebben Claus Preen to Wenen-

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dorpe vnde Storm to deme Hôue. Screuen na godes bôrt ( M ° CCCC° iâr an deme XXXV iâr, des mydwekens vôr Pâschen.

Nach dem Original auf Pergament im Archive des Hospitals zu St. Georg zu Rostock. Angehängt sind 3 Pergamentstreifen, an deren 2 ersten 2 runde Siegel mit einem stehenden Schilde mit 3 Pfriemen hangen:

1) mit der Umschrift:
      Umschrift
2) Umschrift zerdrückt und unleserlich.
3) fehlt.

Auf der Rückseite steht eine Registratur aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts:

Guszloff Preen hefft vorkofft der kercken thom Hilligen Moor I mark vor XX mark in Wents k[oten] tho . . . . . . .

Dit heft S. Jurgen geloset.

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